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Full text of "Das becken. Topographisch-anatomisch mit besonderer berücksichtigung der chirurgie und gynäkologie"

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DAS  BECKEN. 

TOPOGRAPHISCH-ANATOMISCH 

MIT 

BESONDERER  BERÜCKSICHTIGUNG 

DER 

CHIRURGIE  UND  GYNÄKOLOGIE 

DARGESTELLT 

A  VON 

W/WALDETER, 

DR.  MED.  ET  PHIL.  O.  Ö.  PROFESSOR  DER  MEDIZIN  UND  DIREKTOR 
DER  ANATOMISCHEN  ANSTALT  IN  BERLIN. 


Mit  153  grösstentheils  in  Farbendruck  ausgeführten  Abbildungen. 


BONN 

VERLAG  VON  FRIEDRICH  COHEN 

1899. 


Sonderausgabe  aus  Jössel-Waldeyer,  Lelirbueh  der  topographisch- 


ehirurgiseheu  Anatomie. 


Das  Recht  der  Uebersetzun*?  in  fremde  Sprachen 
behalten  sich  Verfasser  und  Verleger  vor. 


0 

^ 


Vorwort. 


Mit  Rücksicht  auf  die  weitgehenden  Bedürfnisse  dier  medizinischen  Spezial- 
fächer, deren  Gegenstand  die  männlichen  und  weiblichen  Beckenorgane  sind, 
^nd  insbesondere  mit  Rücksicht  auf  die  Geburtshtilfe  und  Gynäkologie^  erschien 
^s  angemessen,  die  von  mir  bearbeitete  Abtheilung  „Becken"  des  von  meinem 
verstorbenen  Kollegen  und  Freunde  J.  G.  Joessel  begonnenen  Lehrbuches  der 
topographisch-chirurgischen  Anatomie  auch  in  einer  Sonderausgabe  erschei- 
nen zu  lassen.  Es  konnte  dies  geschehen,  weil  dieser  Abschnitt  von  mir  völlig 
selbständig  und  neu  bearbeitet  ist.  Aus  dem  Nachlasse  Joessels  sind  nur  die 
Figuren  12,  24,  55a,  55b,  56,  57,  58,  59,  60,  68,  71,  72,  72a,  74,  81,  94, 
95,  97  und  98  benutzt  worden. 

Wegen  des  ümfanges,  welchen  die  genannten  Spezialgebiete  erlangt  haben, 
schien  mir  eine  eingehende  Darstellung  nöthig  zu  sein;  auch  habe  ich  mich 
nicht  auf  das  rein  Topographisch-anatomische  beschränkt,  sondern  habe  alles 
das  aufgenommen,  was  für  eine  praktisch-medizinische  Verwendung  unmittel- 
bar brauchbar  erschien.  Doch  steht  überall  die  topographische  Darstellung 
im  Vordergrunde  des  Interesses.  Die  Anhangskapitel  über  die  Entwicklung  der 
Beckenorgane,  über  die  Missbildungen,  und  der  Hinweis  auf  die  für  die  einzelnen 
Operationen  wichtigen  Abschnitte  dürften  dabei  nicht  unwillkommen  sein. 

Auch  die  Litteratur  ist  tiberall  angegeben  worden;  einmal  zum  Belege 
rür  die  anderweit  entlehnten  Behauptungen,  dann  aber  auch  mit  der  Auswahl, 
dass  in  ihr  weitere  Nachweise  enthalten  sind. 

Stets  ist,  wo  es  irgend  anging,  die  von  der  Anatomischen  Gesellschaft 
festgestellte  neue  Nomenklatur  (BNA.)  eingehalten  worden;  einzelne  Abwei- 
chungen sind  im  Texte  begründet.  Es  war  unvermeidlich  auch  noch  neue 
Bezeichnungen  einzuführen;  sollten  sie  sich  brauchbar  und  erwünscht  erweisen, 
so  werden  sie  bestehen  bleiben;  sonst  mögen  sie  schnell  vergessen  sein! 

Da  die  Abfassung  des  Buches  längere  Zeit  in  Anspruch  genommen  hat, 
so  konnte  es  nicht  fehlen,  dass  während  der  Bearbeitung  späterer  Kapitel  neue 
Arbeiten  erschienen,    die  im  Reindrucke  schon  früher  festgelegte  Gegenstände 


IV  Vorwort. 

betrafen.  Ich  habe,  wenn  sich  passende  Gelegenheit  bot,  auch  solche  Arbeiten 
noch  später  benutzt  und  erwähnt.  Besonders  sei  in  dieser  Beziehung  HolTs 
eingehende  und  gründliche  Bearbeitung  der  Muskeln  und  Fascien  des  Becken- 
bodens genannt.  Auch  konnte  ich  die  Originalarbeit  Wilson 's  erst  später 
einsehen,  wodurch  eine  Berichtigung  des  S.  205  über  den  Wilson'schen  Muskel 
Gesagten  nöthig  wurde  (S.  408). 

Die  meisten  der  Figuren  sind  Originalzeichnungen  Dr.  Fr  oh  se 's  nach 
Präparaten  des  Berliner  anatomischen  Museum,  die  zu  diesem  Zwecke  theils 
von  mir,  zum  grössten  Theil  jedoch  von  den  Herren  prakt.  Arzt  Hein  und 
Dr.  Frohse,  Volontär^Assistenten  der  Berliner  anatomischen  Anstalt,  ange- 
fertigt worden  sind. 

Die  aus  dem  Nachlasse  JoesseTs  benutzten  Figuren  sind  in  der  Mehr- 
zahl nach  seinen  Präparaten  (im  Strassburger  anatomischen  Museum)  ange- 
fertigt worden;  ein  anderer  Tlieil  ist  offenbar  anderweitig  entlehnt;  wo  ich  die 
Quelle  aufzufinden  vermochte,  Labe  ich  dieselbe  angegeben;  wegen  der  etwa 
fehlenden  Angaben  bitte  ich  um  Entschuldigung.  Den  Herren  Kollegen 
G.  Schwalbe  und  W.  Pfitzner  sage  ich  besten  Dank  für  die  freundliche 
Erlaubniss,  die  Figuren  nach  den  Präparaten  des  Strassburger  Museum  haben 
benutzen  zu  können,  und  für  Nachrichten  über  dieselben! 

Zu  Dank  bin  ich  ferner  den  Herren  Testut  in  Lyon,  Dr.  Devy  in 
Paris,  G.  Fritsch,  Gusserow,  W.  Nagel,  Nitze,  Olshausen  und  W.  Krause 
(Berlin),  v.  Recklinghausen  in  Strassburg,  Fr.  Keibel  in  Freiburg  B., 
D.  Gerota  in  Bukarest,  v.  Gloeden  (Taormina)  für  die  Ueberlassung  von 
Figuren,  für  Mithülfe  bei  den  Korrekturen  (W.  Krause)  und  für  manche 
freundliche  Auskunft  verpflichtet. 

Die  Verlagshandlung  hat  keine  Mühe  und  Kosten  gescheut,  das  Buch 
würdig  auszustatten,  welches  ich  hier  mit  herzlichem  Danke  anerkenne. 

Insbesondere  aber  habe  ich  meinen  langjährigen,  treuen  Gehilfen,  den 
Herren  Dr.  Fr.  Frohse  und  prakt.  Arzt  Hein  für  manchen  guten  Rath,  für 
Anfertigung  des  grössten  Theiles  der  Zeichnungen  und  der  Präparate,  so  wie 
für  Beihülfe  bei  den  Korrekturen  und  für  die  Herstellung  der  Inhalts-,  Figurcn- 
und  Litteratur- Verzeichnisse  und  des  Registers  (Hein)  meinen  Dank  auszu- 
sprechen; ohne  ihre  unausgesetzte,  opferwillige  Mitwirkung  wäre  das  Buch 
schwerlich  zu  Stande  gekommen! 

Berlin,  Oktober  1898. 

Waldeyer. 


Inhaltsverzeichniss. 


Seite 


BegriflFsbestimmung. 


Abgrenzung  des  Beckens    ...  1 
Allgemeine     Charakteristik      des 

Beckens    2 

Gegenden 3 


Aeusseres  Bild  des  Beckens 

Grenzlinien  und  Grenzfurchen    . 

Vorderansicht.  Leistenbeuge.  Scham 
furche.  Schenk  elbeugungsfurche 
Genitofemoralfurche.  Inguinal- 
dreieck.   Rectuslinie      .... 

Rückenansicht.  Crcna  ani.  Nates. 
Hüftfurche.  Lendenraute.Kreuz- 
raute.  Suicus  glutaeus.  Tro- 
chantergrube.  Laterale  Glutaeal- 
furche.    Luftfigur 

Seitenansicht 

Untere  oder  Dammansicht.  Inter- 
femineum.  Anus.  Damm.  Sui- 
cus glutaeoperinealis    .... 

Verschiedenheiten  des  äusseren 
Beckenbildos  nach  Individuali- 
tät, Rasse,  Lebensalter  und  Ge- 
schlecht  

Individuelle  Verschiedenheiten 
Kassenverschiedenheiten  .  . 
Altersverschiedenheiten  .  .  . 
^eschlechtsverschiedenheiten  . 


5 
5 


7 
10 


10 


12 

12 
12 
14 
15 


Knöchernes  Becken.  16 

Allgemeines.   Hüftbein     ....  16 

Kreuzbein 21 

Steissbein     .,.,[[[[[  27 

Beckenbänder.  Beckengelenke.    .    .  28 

Beckenbänder.    Foramina  ischia- 

aica 28 

Articulatio  sacroiliaca*     ....  30 

Symphysis  ossium  pubis      ...  33 
Membrana  obturatoria.    Foramen 

obturatum.  Canalis  obturatorius  34 


Beckenstellung.   Beckenmaasse. 

Beckenebenen  und  Beckenlinien 
Beckeneingang      .... 

Beckenweite 

Beckenenge 

Beckenausgang     .... 
Beckenneigung,  Beckenaxe     . 

Beckenmaasse 

Symmetrie  und  Asymmetrie  des 

Beckens    

Statik  und  Mechanik  des  Bänder 
beckeus 

Schilderung  des  Bänderbeckens  in 
aufrechter  Stellung.     .    .    • 

Ansicht  des  Beckens  von  vorn 
Ansicht  des  Beckens  von  hinten 
Ansicht  des  Beckens  von  der  Seite 

Schilderung  des  Bänderbeckens  in 
seinen  üntersuchungs-  und  Ope 

rationslagen 

Seitenlage  (englische  Gebärlage) 

Knieellenbogeniage 

Rückenlage  (deutsche  Gebärlage) 
Trendelenburg'sche  Lage    .    . 

Uebersicht  der  Holotopie,  der  Idio 
topie  und  der  sieht-  und  fühl 
baren  Theile  des  Bänderbeckens 

Holotopie  des  Beckens    .    . 
Sichtbare  und  fühlbare  Theile  des 

Beckens    

Idiotopie  des  Beckens      .    .    . 

Beckenhöhle  und  ihre  Zugangs 
pforten 

Beckenhöhle 

Zugangspforten  zur  Beckenhöhle 

Muskelansätze  und  Muskelursprtinge 
am  Becken 

Gefässe  und  Neryen  des  Bänder- 
beckens  

Blutgefässe   des  Beckens.    Fora- 
mina nutricia 

Lymphgefässe 


Seite 
44 

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58 
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70 

70 
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72 
74 


76 
76 

76 

77 

78 

78 
81 

83 
87 


87 
88 


VI 


Inhaltsverzeichniss. 


Seite 
Lag'e  der  wichtig-creii  Blutg-efässe 

zu  den  Beckenknochen    ...      88 
Nerven •     .    .      89 

Individuelle  Unterschiede  am  Bän- 
derbecken  89 

Altersunterschiede     am      Bänder* 

becken 90 

Verknöcherungsweise 90 

Forinent Wicklung  des  Beckens    .  93 

Spätere  Alterserscheinungen    .     .  96 
Umwandlung  der  kindlichen  Bek- 
kenform    in    die    ausgebildete: 

Theorien  . 97 

Rassenunterschiede 99 

Geschlcchtsnnterschicde    am    Bän- 
derbecken  103 

Pathologisclie   Zustände    des    knö- 
chernen und  Bänderbeckens.    .     106 

Abnorme  Beckenneigung.  Abnor- 
me Beckenmaasse.  Abnorme 
Becken  formen 107 

Abnorme  Beckenneigung  .  .  .  108 
!•  Zu  starke  Beckenneigung  .  108 
2.  Zu  schwache  Beckenneigung     108 

Abnorme  Beckenmaasse.  Abnor- 
me Beckeni'ormen 108 

Ö.  Hohes  Becken 108 

4t.  Weites  Becken 109 

5«  Enges  Becken 109 

I.  Allgemein   gleiehmassig 

verengtes  Becken      .    .  109 

a)  Zwergbecken  .     .     .  109 

b)  Infantiles  und  vhües 
Weiberbecken      .     .  109 

II.  Ungleichmässig  vereng- 
te Becken 110 

a)  Gradverengte  Becken     110 

a)  Einfach       plattes 

Becken  ....  110 
ß)  Rachitisch  plattes 

Becken  ....  110 
y)  Spondylolistiieti- 

sches  Becken  .  .  111 
S)  Doppelluxations- 

becken    ....     113 

b)  Querverengte  Beck<Mi     113 

«)  KyphotischesBck- 

ken 113 

ß)  Trichterbecken    .     114 

7)  Osteomalaciscbes 
Becken    ....     114 

8)  Pseudoosteomala- 
cisches  Becken    .     115 

s)  Querankylotisches 
{Robert'sches)Bek- 
ken 115 

c)  Seil  rag  verengte  Bek- 
ken 116 

a)  Schrägankyloti- 

sches  Becken  .    .    116 


Seite 

ß)  CoxalgischesBek- 

ken      .....  118 
y)  Rachitisch-skolio- 

tisches  Becken    .  118 

6.  Besondere  Arten     .     .     .    .  119 

I.  Spaltbecken 119 

IL  Stachelbecken    .    .    .    .  119 

III.  Dislocationsbecken     .     .  119 

IV.  Callusbecken      ....  120 
V.  Geschwulstbecken      .    ,  120 

Diagnostik  der  abnormen  Becken- 
formen.   Praktische  Bedeutung 

derselben 120 

Missbildungen  des  knöchernen  und 

Bänderbeckens 122 

Spaltbildungen  am  Kreuzbeine  123 

Schwanzbildungen      ....  123 

Angeborene  Sakraltumoren    .  128 

Beckenfrakturen 130 

Beckenluxationen 132 

Entzündliche  Zustände  derBecken- 
knochen    und    Beckengelenke. 

Epiphysenlösungen.     Neurosen  132 

Geschwülste  am  Bänderbecken    .  133 

Weichgebilde  der  Becken- 
wand. 134 

Eintheilung  und  Uebersicht     .     .  134 

Aeussere  Haut  des-  Beckens  .  .  134 
Blutgefässe  u.  Nerven  der  Becken- 

haut 138 

Behaarung 143 

Vertex  coccygeus,  Glabella  coccy- 

gea,  Foveola  coccygea  .  .  .  146 
Pathologische  Zustände  der  Bek- 

kenhaut 146 


Beckenwandungen  des  Mannes 
nach  den  einzelnen  Gegenden.  148 

!•  Krcnzbeiiigegend  {Regio  sacralis).    148 

Grenzen  und  äussere  Form     .    .     148 

Schichtenfolge 148 

Präparat  und  Untersuchung  am 

Lebenden 150 

Schilderung  der  einzelnen  Thcile 

der  Kreuzbeingegend  ....    151 

A.  Hautschicht  mit  Zubehör  .    151 

B.  Muskel  und  Fascienschicht    151 

C.  Knochen-  u.  Bandapparat 
samt  Kreuzbeinkanal    .    ,     152 

D.  Die  Weichtheile  an  der 
vorderen  Kreuzbein-  und 
Steissbeinfläche     ....     155 

Pathologische  Zustä)ule  der  Regio 
sacralis 156 

11.  Oesägsgegend  (Regio  glntaea). 
Hüftgegend  (Regio  coxae).  Roll- 
iiUgelgegend  (Regio  trocliante- 
rica) 157 


Inbaltsverzeichniss. 


vn 


Seite 

Zugehörigkeit  dieser  Gegenden. 
Allgemeines 157 

Abgrenzung  dieser  Gegenden. 
Aeusseres  Bild 157 

Topographische  Uebersicht  der 
Regionos  glutaea,  coxae  und 
troehanterica.    Schichten  folge  .     158 

Weichtheile  an  der  inneren  Wand 
des  Hüftbeines  von  aussen  her 
gesehen 162 

Pathologische  Verhältnisse  der  Re- 
giones  coxae,  glutaea  und  tro- 
chanterica 167 

IIL  Leistengegend  (Regio  Ingnina- 
lis).  IJnterleisteugegend  (Regio 
snbinguinalis) 170 

Zugehörigkeit  dieser  Gegenden. 
Allgemeines 170 

Abgrenzung  der  beiden  Gegenden. 
Aeusseres  Bild 170 

Topographische  Uebersicht  der 
Regiones  inguinalis  und  subin- 
guinalis.  Schichtenfblge  bis  zum 
Beckenknochen 171 

A.  Hautgebiet   der  Regiones 
inguinalis  u,  subinguinalis     171 

B.  Tiefere  Schichten  der  Re- 
gio inguinalis 171 

C.  Tiefere  Schichten  der  Re- 
gio subinguinalis      .     .    .     173 

Lymphdrüsen  der  Regio  inguina- 
lis und  subinguinalis    ....  174 
Ligamentum  interfoveolare.  Falx 

inguinalis 175 

Arteria  epigastrica  lateralis     .     .  176 
Spatium  retroinguinale  (Bogrosi)  177 
Foramen  obturatum  nebst  zuge- 
hörigen Theilen 177 

N.  obturatorius         178 

A.  obturatoria 179 

V.  obturatoria 180 

Pathologische  Zustände  und  Vor- 
kommnisse in  der  Regio  ingui- 
nalis und  subinguinalis    .    .     .  180 

Bubonen    . 180 

Phlebektasien    und     Lymph- 

ektasien 181 

Hygrome 182 

Muskelhernien  u.  Reitknochen  182 

Hernia  obturatoria    ....  182 

Inhalt 187 

Diagnose 187 

Ursachen 187 

Bruchhüllen 188 

Operations-Anatomie      .     .     .  188 

IT.  Dainmgegend  (Regio  perinealis).    188 

Allgemeines 188 

Umgrenzung.  Eintheilung.  Aeusse- 
res Bild 188 

Aeussere  Untersuchung.  Präpa- 
ration     190 

Topographische  Uebersicht  der 
Regio  perinealis 192 


Seite 

Schichtenfolge 195 

Regio  urogenitalis     ....  195 

Regio  analis 196 

Regio  arogenitalig. 198 

A.  Haut,  Tunica  dartos.  Tela 
subcutanea 198 

B.  Fascia  perinei 198 

C.  Subfasciale  Nerven  und Ge- 
fässe 199 

D.  Subfasciale  Muskeln     .    .  201 

M.  transversus  perinei  .     .  201 

M.  bulbocavernosus  .     .     .  201 

M.  ischiocavernosus  .     .     .  202 

E.  Schwellkörper 203 

F.  Trigonum  urogenitale  .    .  203 

G.  Tiefes  (subseröses)  Lager 

der  Regio  urogenitalis     .  207 

Regio  analis .207 

A.  Haut.   Hautmuskeln     .    .  208 
ß.  Fettgewebe  der  Fossa  is- 

chiorectalis 208 

C.  Musculus  sphincter  ani  ex- 
ternus 208 

D.  OberjflächlicheGefässeund 
Nerven  der  Regio  analis  .  209 

E.  Diaphragma  pelvis  (M.  le- 
vator  ani,  M.  coceygeus)  .  209 

M.  levator  ani 209 

M.  coceygeus 211 

F.  Vasa  pudenda  interna.  Ner- 
vi regionis  perinealis   .    .  212 
Arteria  pudenda  interna  .  212 

Aa.  haemorrhoidales  inf.    ,  213 

A.  bulbi  urethrae      .     .     .  213 

A.  urethralis 214 

A.  profunda  penis     .     .     •  214 

A.  dorsalis  penis  ....  214 

Anomalien  der  A.  pudenda 

interna 214 

Vena  pudenda  interna       .  214 

Venöse  Beckenplexus  des 

Mannes 216 

Nerven  der  Regio  perinealis  217 

N.  pudendus 218 

N.  cutaneus  femoris  post. .  218 

Muskelzweige 219 

G.  Ceutrum  perineale    .    .    .  219 
Pathologische  Zustände  der  Regio 

perinealis 219 

Y.  Schoossgegend  (Regio  pubica)  und 
Schamgegend  (Regio  pudenda- 

lis). 220 

Regio  pubica 2i^0 

Schichtenfolge 220 

A.  Hautschicht 221 

B.  Fascien  der  Bauch  wand  im 
allgemeinen.  Fascia  super- 
ficialis    221 

Subfasciale  Gefässe  ...  222 

C.  Fasciaeintermuscularesab- 
dominis  und  Fascia  endo- 
abdominalis  (transversalis) 
mit  den  Spatia'suprapubi- 


Yni 


Inhaltsverzeichniss. 


Seite 
ca,    praefasciale,    retrofa- 
seiale     und     praevesicale 
(Retzii)  und  der  Telasub- 
peritonaealis 223 

D.  Symphysis  ossium  pubis  .    229 

E.  Die  hinter  der  Symphyse 
gelegenen  Theile,  insbe- 
sondere die  Vasa  retro- 
pubica 230 

Regio  pudendalis 241 


Innere  Topographie  des  männ- 
lichen Beckens:  Die  Weich- 
theile  der  inneren  Beckenwand 
und   die   von  ihnen    begrenzte 
Beckenhöhle   ==  Oavum   pelvis 

musculare.  233 

Uebersicht 233 

Die  Weichtheile  der  inneren  ßek- 

kenwand  im  gauzen     ....  233 

Die  Weichtheile  der  hinteren  Bek- 

kenwand 23G 

Die   Weichtheile    der    seitlichen 

Beckenwand 236 

Die    Weichtheile    der    vorderen 

Beckenwand 240 

Die  Weichtheile  der  unteren  Bek- 

kenwand 242 

Blutgefässe  der  inneren  Becken- 
wand      244 

1.  Vasa  iliaca   communia   et 
externa 244 

2.  Vasa  hypogastrica     .    .    .  247 

A.  umbilicalis 248 

Vasa    vesicalia    inf.      Vasa 

haemorrhoidalia  media    .  249 

Vasa  sacralia  lateralia  .     .  249 

3.  Vasa  sacralia  media  .    .    .  249 

4.  Vasa  spermatica  interna   .  250 
Lymphgefässe  und  Lymphdrüsen 

der  inneren  Beckenwand      .     .  250 

Nerven  der  inneren  Beckenwand  252 

Plexus  lumbalis 252 

Plexus  sacralis 253 

Nervi  glutaei 254 

Nn.  rotatorum  femoris  .     .     .  254 

N.  ischiadicus 254 

N,  cutaneus  femoris  post.  .     .  255 

Plexus  pudendus 255 

Plexus  coccygeus      ....  255 

Beckensympathicus   ....  256 

Truncus    sympathicus   pel- 

vinus  ........  256 

Primäre  sympathische  Bek- 

kengeflechte 256 

Periphere  sympathischeVer- 
zweigungen    (Sekundäre 

Geflechte) 257 


Beckeneingeweide 
des  Mannes. 


Seite 


259 


Hastdarm  (Rectum)  n.  After  (Anas).  261 

Theile  des  Rectum 262 

Fascia  recti.  Perirectales  Gewebe. 

Perirectale   Bindegewebsräume  268 
Beziehungen    des    Rectum    zum 
Bauchfelle  (Excavatio  rcctovesi- 

calis,  Recessus  pararectales)     .  270 

Befestigungen  des  Rectum  .    .    .  271 

Arterien  des  Rectum 271 

Venen  des  Rectum 272 

Lymphgefässe  des  Rectum  .    .     ,  274 

Nerven  des  Rectum 275 

Anus 275 

Lage  des  Rectum  und  Anus   .    .  276 

Syntopie  der  Pars  pelvina  recti  276 
Syntopie  der  Pars  perinealis 

recti 278 

Lage  des  Anus 279 

Maasstabelle 279 

Altersunterschiede  beim  Rectum  .  279 
Physiologische  Bemerkungen  .    .  280 
Pathologische  Zustände  des  Rec- 
tum und  des  Anus 281 

I.  Verletzungen 281 

II.  Anomalien  der  Kotlientlee- 

rung 281 

III.  Fremdkörper 281 

IV.  Entzündungsformen.       Ab- 
scesse 281 

V.  Fisteln 282 

VI.  Prolapsus  recti      ....  283 

VII.  Haemorrhoiden      ....  283 

VIII.  Neubildungen 285 

IX.  Behinderung     der    Entlee- 
rung.   Strikturen  ....  285 
X.  Anus  infundibuliibrmis  .     ,  285 
Untersuchung  des  Rectum.    Ver- 
schiedenes       285 

Harnorgane  des  Mannes«  286 

Harnblase  (Yesica  nrinaria). .    .    .  287 

Form  und  Theile  der  Harnblase  .  287 
Fassungsraum     (Kapacität)     der 

Blase 290 

Innere  Blasenwand  nebst  Bemer- 
kungen über  den  Bau  der  Blase  291 

Richtung  der  Blase 297 

Fascia  vesicae.  Perivesicale  Binde- 
gewebsräume      298 

Beziehungen  der  Blase  zum  Bauch- 
felle   298 

Befestigungen  der  Blase      .    .    .  301 

Gefässe  der  Blase 302 

a)  Arterien 302 

b)  Venen 303 

c)  Lymphgefässe 303 

Nerven  der  Harnblase     ....  304 

Lage  der  Harnblase 306 

Holotopie 306 


Inhaltsverzeichniss, 


IX 


Seite 

Skeletotopie 306 

Syntopie 309 

Idiotopie 311 

Untersuchung  der  Blase  bei  Le- 
benden. Operative  Zugäuge  zur 

Blase 311 

Altersunterschiede  der  Harnblase    313 

Maasstabelle 316 

Physiolo^'isclre  Bemerkungen  .    .    318 
Pathologische    Verhältnisse     der 

Harnblase 322 

I.  liücklauf  von  Harnröhren- 
inhalt in  die  Blase    .  • .     .    322 
II.  Rücklauf  von  Blaseninhalt 

in  die  Ureteren    ....     322 
ni.  Resorption  von  der  Blasen- 
schleimhaut aus    ....     323 
IV.  Neurosen    der    Blase,    Stö- 
rungen der  Harnentleerung     323 
V.  Blasenblutungen   ....     323 
VI.  Verletzungen     der     Blase; 

Blasenrupturen      .     .     ,     .     324 
Vll.  Lageanomalien      ....     324 
VIII.  AbnormoKommunikationen. 

Blasenfisteln 325 

IX.  Entzündliche     Veränderun- 
gen       325 

X.  Neubildungen 326 

XL  Blasensteino  u. Fremdkörper     326 

Uraclius.    Ligamentam   umbilicale 

medium 327 

Arteriae   umbillcales.      Ligamenta 

umbilicalia  lateralia.  ....    328 

Harnleiter  (Ureter) 328 

Beschreibend  anatomische  Vorbc- 

merkuno^en 328 

Gefässe  der  Ureteren 330 

Lage  der  Ureteren 330 

Physiolog-ische  und  pathologische 

Verhältnisse 334 

Maasstabelle     .    ,    . 334 

OeschleclitsorfirAne  des  Mannes.  335 

Prostata 335 

Beschreibend  anatomische  Vorbe- 
merkungen    336 

Gefässe  der  Prostata 338 

Nerven  der  Prostata 339 

Lage  der  Prostata 330 

Zugänge  zur  Prostata      ....  341 

Kapsel  der  Prostata 341 

Altersunterschiede  der  Prostata  ,  342 

Maass-  und  Zahlentabelle    .    .    .  342 
Physiologische  und  pathologische 

Verhältnisse 342 

Samenblasen  (Yesiculae  seminales). 
Ampullen  der  Ductus  deferen- 
tes  (Ampollae  ductunm  deferen- 
tiam).  Ansspritznnjirsgänge 

(Dnctog  ejaculatorii) 343 

Beschreibend  anatomische  Vorbe- 
merkungen    343 


Seite 

Kapsel  der  Samenblasen      ...  345 
Gefässe  und  Nerven  der  Samen- 
blasen  und   der  Ampullen  des 

Ductus  deferentes 345 

Altersverschiedenheiten   ....  346 
Lage  der  Samenblasen   und   der 

Ampullen 346 

Physiologische  und  pathologische 

Verhältnisse 350 

Samenleiter  (Ductus  deferens).  .    .  351 

Lage  des  Ductus  deferens  ...  352 

Männliclies  Glied  (Penis) 354 

Formbestandtheile  des  Penis.  Ge- 
stalt des  Penis      ••.••••  ?^5 
Corpora  cavernosa  penis     .    .    .  357 
Corpus  cavernosum  urethrae  .    .  358 

Glans  penis ^^^ 

Hüllen  des  Penis 360 

Ligamenta  penis 362 

Gefässe  des  Penis 3^2 

Arterien  des  Penis    ....  363 

Venen  des  Penis 363 

Lymphgefässe  des  Penis  .    .  364 

Nerven  des  Penis ^^^ 

Lage  des  Peilis 366 

Maasstabelle     . 367 

Physiologische  und  pathologische 

Verhältnisse ^^^ 

Hoden  (Testis).  Nebenhoden  (Epi- 
didymis). Samenstrang  (Funi- 
ciilus  spermaticus).  Hodensack 

(Scrotum) 370 

Hoden  und  Nebenhoden  (Gesamt- 
hoden)    371 

Struktur  des  Hoden 374 

Nebenhoden  (Epididymis)    ...  376 

Gefässe  des  Gesamthoden    ...  377 

Arterien     ........  377 

Venen 378 

Lymphgefässe 378 

Nerven  des  Gesamthoden    .    .    .  380 
Hodenanhänge  (Appendices  testis)  380 
Samenstrang   (Funiculus  sperma- 
ticus). Hodensack  (Scrotum)     .  382 
Hüllen  des  Hoden  und  Nebenho- 
den (Involucra  testis  et  epididy- 

midis) 382 

Samenstrang 384 

Hodenhüllen 386 

Hodensack  (Scrotum) 389 

Lage  des  Hoden  und  des  Neben- 
hoden.   Lage  des  Scrotum  und 

des  Saraenstranges 391 

Altersverschiedenheiten    ....  392 
Pathologische  Zustände   ....  392 
I.  Seröse  Ergüsse.  Eiteransamm- 
lungen. Blutergüsse     .     .     .  392 
II.  Spermatocelen 394 

III.  Varicocele 394 

IV.  Entzündliche  und  infektiöse 
Processe 395 


Inhalts  verzeichniss. 


Seite 
V.  Lageveräiiderungjen  des  Ho- 
denapparates    395 

VI.  Neubildungen      .....  396 

Mäunliche  Harnröhre  (Urethra  vi- 

rilis) .397 

Form  und  Haupttheile  der  männ- 
lichen Harnröhre.  Feste  und  be- 
wegliche Abschnitte  derselben  397 
Anatomie  der  einzelnen  Theile  der 

Urethra 400 

Pars  intramuralis  urethrae    .  400 

Pars  prostatica 400 

Pars  trigonalis  (membranacea)  402 
Pars    praetrigonalis.      Fossa 

buibi 402 

Pars  cavernosa 403 

Form,  Laufund  Kaliber  der  Harn- 
röhre      404 

Muskulatur  der  Harnröhre  .    .    .  405 

Feinerer  Bau  der  Harnröhre  .    .  408 

Gefässe  der  Harnröhre    ....  409 

Nerven  der  Harnröhre     ....  409 

Lagebeziehungen  der  Harnröhre  410 

Maasstabelle 412 

Altersverschiedenheiten    ....  413 

Pathologische  Zustände  ....  414 

Glandulae    bulbourethrales    (Coir- 

peri) 415 

Cavnm  serosiim  pelvis  maris.     .    .  417 


Beckenwandungen  des  Weibes 
nach  den  einzelnen  Gegenden.  418 

I.  Kreuzbelii^cgend  (Regio  sacra- 
lis) 418 

II.  Gesägggegend  (Regio  glntaea). 
Httftgegend  (Regio  coxae).  Roll- 
httgelgegend  (Regio  trochante- 
rica) 421 

III.  Leistengegend  (Regio  inguina- 
lis).  llnterleistengegend  (Regio 
subinguinalis) 421 

IT.  Bammgegend  (Regio periuealis).  422 

Allgemeines 422 

Regio  urogenitalis.    Damm  (Peri- 
neum)    422 

A.  Haut.  Tunica  dartos.  Tela 
subcutanea   ....         .  424 

B.  Fascia  perinei 424 

C.  Subfasciale  Nerven  und  Ge- 
lasse       425 

D.  Subfasciale  Muskeln     .     .  425 

Musculus  transversus  perinei  425 

Musculus  bulbocavernosus  .  425 

Musculus  ischiocavernosus  .  426 

E.  Schwellkörper 427 

F.  Trigonum  urogenitale  .    .  427 

G.  Tiefes  (subseröses)  Lager 

der  Regio  urogenitalis    .  429 


Seite 
Regio  analis 429 

A.  Haut.    Hautmuskeln      .    .    429 

B.  Fettgewebe  der  Fossa  is- 
chiorectalis 429 

C.  Musculus  sphincter  ani  ex- 
ternus 429 

D.  Oberflächliche  Nerven  und 
Gefässe  der  Regio  analis  .    430 

E.  Diaphragma  pelvis  (Muscu- 
lus levator  ani,  Musculus 
coccygcus 430 

F.  Vasa  pudenda  interna.  Ner- 
vi regionis  perinealis    .    .    431 

G.  Centrum  perineale    .    .    .    431 
Pathologische  Zustände  der  Regio 

perinealis 431 

y.  Sclioossgegend  (Regio  pubica)  und 
Schamgegend  (Regio  pudenda- 
lis) 431 

Regio  pubica 432 

A.  Hautschicht .432 

B.  Fascia  superficialis  u.  sub- 
fasciale Bildungen    .     .    .    432 

Regio  pndendalis.    ......    436 

Innere  Topographie  des  weib- 
lichen Beckens:  Die  Weichtheile 
der  inneren  Beckenwand  und 
die  von  ihnen  begrenzte  Höhle 
=  Oavum  pelvis  musculare.  436 

Die  Weichtheile  der  hinteren  Bek- 

kenwand 436 

Die  Weichtheile  der  seitlichen  Bek- 

kenwand 436 

Die  Weichtheile  der  vorderen  Bek- 

kenwand 437 

Die  Weichtheile  der  unteren  Becken- 
wand   .     .  • 437 

Beckeneingeweide 

des  Weibes.  438 

Mastdarm  (Rectum).  After  (Anus).    445 

Beziehungen  des  Rectum  zum 
Bauchfelle.  Excavatio  rectoute- 
rina,    Recessus  pararectales      .    445 

Syntopie  des  Rectum  beim  Weibe    448 

IJntersuchung  der  Beckenhöhle 
vom  Rectum  aus 450 

Pathologische  Zustände  des  Rec- 
tum beim  Weibe 450 

Harnorgrane  des  Weibes.         451 

Harnblase  des  Weibes  (Yesica  uri- 

naria  muliebris) 451 

Verhalten  des  Bauchfelles  zur 
Harnblase  beim  Weibe.  Exca- 
vatio vesicouterina 455 


InhaUsverzeichniss. 


XI 


Seite 

Harnröhre    des    Weibes    (Urethra 

mnliebris) 457 

Form,  Dimensionen 457 

Theile  der  weiblichen  Harnröhre  457 
Bau   der    weiblichen   Harnröhre. 

Muskulatur 458 

Verlauf  und  Lage  der  weiblichen 

Harnröhre 459 

Ge fasse   und    Nerven   der    weib- 
lichen Harnröhre 460 

Physiologische  Verhältnisse     .    .  460 

Pathologische  Zustände   ....  460 

Gebärmutter  (Uteras) 461 

Anatomische  Vorbemerkungen    .  463 
T.  Form  und  Theilo  des  Uterus  463 
n.  Bemerkungen  über  die  Struk- 
tur des  Uterus 467 

Beziehungen    des    Uterus     zum 

Bauchfelle 471 

Parametrium 472 

Gefässe  des  Uterus 472 

Arterien  des  Uterus      ....  474 

Venen  des  Uterus 476 

Lymphgcfässe  des  Uterus      .     .  477 

Nerven  des  Uterus 479 

Lage  des  Uterus 480 

Skeletotopie  des  Uterus    .     .     .  484 
Syntopie  des  Uterus     ....  485 
Befestigungen    des   Uterus.     Be- 
weglichkeit des  Uterus     .    .    .  486 
Altersverschiedenheiten    ....  488 
Rundes  Mutterband  (Ligamentum 

teres  uteri) 489 

Ligamenta   uterosacra.     Musculi 

rectouterini 495 

Maasstabelle 496 

Pathologische  Zustände  der  Gebär- 
mutter    497 

Mattertrompete  (Tuba  uterina  [Fal- 

loppii]) 502 

Anatomische  Vorbemerkungen     .  502 

Besondere  Verhältnisse  der  Tube  504 

Gefässe  der  Tube 504 

Nerven  der  Tube 505 

Maasstabelle 505 

Lage  der  Tube 505 

Eierstock  (Ovarinm) 506 

Anatomische  Vorbemerkungen    .  506 
Struktur  des  Ovarium.   Eifollikel. 

Eier 507 

Graafsche  Follikel.  Ei.  Ovulation. 

Corpora  lutea 509 

Gefässe  des  Ovarium 512 

Nerven  des  Ovarium 513 

Lage  der  Ovarien  und  der  Tuben  514 

Skeletotopie  des  Ovarium   .    .    .  516 

Syntopie  des  Ovarium     ....  516 
Topographie   der   Tube.     Bezie- 
hungen des  Ligamentum  latum 

zum  Ovarium -.517 

Altersverschiedenheiten   ....  520 


Seite 

Maass-  und  Zahlentabelle     ,    .    .    521 

Physiologische  und  praktisch-me- 
dizinische Bemerkungen  zu  Ute- 
rus, Tube  und  Ovarium  .    .    .    521 

Pathologische  Zustände  der  Ova- 
rien und  der  Tuben     ....    523 

Ovarium-  u.  Tubenanhänge.  Foe- 
tale  Reste 528 

Breites  Mutterband  (Ligamentum 
latum) 528 

Scheide  (Vagina).   Scheidenportion 

des  Uterus  (Portio  vaginalis).  534 

Allgemeines.   Form  und  Theile    .  534 

Bau  der  Scheide 535 

Fornix  vaginae,  Portio  vaginalis  536 

Gefässe  der  Scheide 537 

Nerven  der  Scheide 538 

Richtung  und  Lage  der  Scheide  539 

Altersveränderungen 541 

Maasstabelle 542 

Physiologische  Bemerkungen  .    .  542 

Pathologische  Zustände   ....  542 

Harnleiter  des  Weibes   (Ureter  fe- 

minae) 543 

Besondere  Verhältnisse 547 

Maasstabelle 548 

Aeussere   weibliche   tleschlechtsor- 

gane.     . 549 

Einleitende  Bemerkungen.  Ein- 
zelne Theile.   Nomenklatur  .    .    549 

Holotopic  und  Idiotopie  der  äusse- 
ren weiblichen  Geschlechtstheile    551 

Grosse  Schamlippen  (Labiamajora 
pudendi.  Schamberg  (Mons  pu- 
bis) 555 

Kleine  Schamlippen  (Labia  minora 
pudendi) 557 

Schamlippenkommissuren  (Com- 
missurae  labiorum).  Schamlip- 
penbändchen  (Frenulum  labio- 
rum). Fossa  navicularis.  Raphe 
perinei 558 

Orificium  urethrac externum.  Duc- 
tus paraurethrales.  Glandulae 
vestibuläres  minores.  Habenulac 
urethrales 560 

Glandula  vestibularis  major  (Bar- 
tholini   564 

Kitzler  (Clitoris) 565 

Vorhofszwiebel  (Bulbus  vestibuli)    567 

Altersverschiedenheiten   ....    568 

Pathologische  Zustände   ....    568 

Venöse  BeckenplesLus  des  Weibes.  .    571 
Cavum  serosnm  pelvis  feminae.      .    573 

Anatomische  Betrachtung  der  ge- 
schlechtsthätigen  Zustände  des 
Weibes:  Anatomia  menstrnatio- 
nis,  grariditatiSy  puerperü,  lac- 

tationis 574 

A.  Menstruationsanatomie     .    574 


XII 


Inhaltsverzeichniss. 


Seite 
579 


579 


584 
586 


588 


B.  Graviditätsanatomie      .    . 
Einbettung   des   Eies.    Ent- 
wicklung der  Eihäute  und 
der  Placenta        .... 
Topographie    der    Placenta 
nebst  beschreibend  anato- 
mischen   Vorbemerkungen 
Topographie  der  Eihäute    . 
Bau     der     übrigen    Wand- 
schichten des  schwangeren 
Uterus.  Cervix  uteri  gravidi 
Form,  Grösse  und  Lage  der 

Nabelschnur 589 

Form,  Grösse  und  Lage  dos 
Uterus   in    den  einzelnen 
Schwangerschaftsmonaton     592 
Hyntopie     des     schwangeren 

Uterus .     596 

Kindeslagen 600 

Anatomische  Veränderungen 

der    übrigen    Organe   des 

Weibes      während       der 

Schwangerschaft      .     .     . 

Dauer  der  Schwangerschaft 

Anatomie     des     Geburtsvor- 

g-ang'es 

Anatomie  des  Puerperium    . 
Patholoii'ische  Zustände 


606 
607 

608 
611 
612 


Maasstabelle 617 

Beckenfascien  (Fasciae  pelvis). 
Beckenbiude^ewebe  und  Uinde- 
geuebsräume  (Tela  conjunctiya 
et  Spatia  coujniictiYaliapelYis). 
Beckeiiabscesse  (Abscessus  pel- 
vl8) 618 


Seite 

Fascia  pelvis  parietalis    ....  620 

Fascia  pelvis  visceralis    ....  624 

Fascia  perinei 626 

Die  Specialfascien  der  Becken-  u. 

Dammmuskeln 628 

Beckenbindegewebe 630 

Viscerale  Bindegewebs! ager  .     .  631 
Parietale  Bindegewebslagcr  .     ,  631 
Verbindungen  des  Beckenbinde- 
gewebes nach  aussen     .     .     .  632 
Beckenabscesse 633 

Mittelfleischbrüche  (Heruiae   peri- 
neales)*   Innere  Beckenbrüche 

(Herniae  endopelvinae)«   .    .    .  634 


Anhang  I.    Entwicklung  der 
Beckeneingeweide.        637 

Descensus  testiculorum,    Descen- 
sus  ovariorum 657 


Anhang  II.   Missbildungen.  661 

Anhang  III.    Operations- 
anatomie. 668 

Gleiche    Operationen    bei    beiden 

Geschlechtern 669 

Operationen  beim  Manne     ...  670 

Operationen  beim  Weibe     .     .    .  672 


Fiffurenverzeiehniss. 


Seite 

Fig".  1.     Reg'iones  ventrales  pelvis.  (BNA.)^) 3 

„     2.     Reg'iones  dorsales  pelvis.  (BNA.) 3 

„     3.     Reg'iones  inferiores  pelvis  virilis.  (BNA.) 4 

^     4.     Regiones  inferiores  pelvis  inuliebris.  (BNA.) 4 

„  5.  Sulcus  pubis  et  Sulcus  genitofenioralis  —  Snlcus  inguinalis,  (Brücke.)  6 
„     6.      Sulcus   pubis   et  Sulcus  inguinalis.    Sulcus   genitofomoralis   et   Sulcus 

flexorius  femoris.  (Brücke.) 6 

^  7.  Sulcus  inguinalis.  Trigonum  inguinale.  Linea  nnisculi  recti.  (Brücke.)  7 
„      8.     Puella   africana   e   tribu   „Akka"   c.  XVIII.  ann.      Rhombus   lumbalis; 

Sulci  glutaei.  (Fritsch.) 8 

„  9.  Puer  sicilianus  c.  XV  ann.  Rhombus  sacralis.  Fossulae  lumbales  late- 
rales superiores.    Sulci  glutaei.  (v.  Gloeden.) 8 

^    10.     Interfemiueum  niuliebre.    Sulci.    a  v.  p.  11;  b  v.  p.  15;  n  v.  p.  10  et  11.  11 

„    11.     Interfemiueum  virile.     Sulci.    n  v.  p.  10  et  11 13 

„    12.     Pelvis  maris.    Positus  horizontalis.  (Joessel.)    x  v.  p.  84 16 

^    13.     Pelvis  feminae  a  fronte  visa.    Magn.  Vs-    i'  v.  p.  62;  x  v.  p.  84;  y  v.  p.  61; 

z  V.  p.  61.    .    . .     .^ 18 

„    14.     Pelvis  feminae  a  tergo  visa.    (Positus  normalis.)   Magn.  V2-    ^  v.  p.  67; 

u  V.  p.  66;  V  V.  p.  66 19 

„    15.     Pelvis  feminae   a  latere  sinistro   visa.    (Positus   normalis.)     Magn,  V2- 

p  V.  p.  85;  u  V.  p.  66;  +  V.  p.  86 22 

„    16a.  Sectio  transversa  articulationis  sacroiliacae  (Vertebra  sacralis  I).    xx 

V.  p.  32 31 

„    16  b.  Sectio   transversa   articulationis  sacroiliacae    (Vertebra  sacralis  II).    x 

V.  p.  32;  y  V.  p.  31 31 

„    17.     Sectio  frontalis  pelvis  maris.  (Lesshaft.) 32 

„    18.     Ischiopubicum  sinistrum   feminae.    Acetabulum.    Foramen  obturatum. 

Tubercula   obturatoria.     Sulcus   obturatorius.    Magn.  nat.     1  v.  p.  40; 

2  V.  p.  40 35 

yy    19.     Sectio  sagittalis  foi*aminis  et  canalis  obturatorii 36 

„    20.      Canalis  obturatorius  I.     Regio  femoralis  anterior;  Fossa  subinguinalis. 

C.  a.  =  Corpus  adiposum  obturatorium  v.  p.  38 37 

„21.     Canalis  obturatorius  11 39 

y,    22.     Canalis  obturatorius  IIT 40 

* 

f,    23,      Situs  membranae  et  arteriae  obturatoriae.   Facies  anterior,    a  v.  p.  229; 

b  v.  p.  86  et  229 42 


1)  s.  S.  3.  —  V,  p.  =  vide  pagina.  Es  wird  damit  auf  diejenig'en  Seiten  des 
Textes  verwiesen,  wo  die  aufgeführten  Buchstaben  und  Zeichen  erklärt  sind.  Also 
a  in  Fig.  10  ist  Seite  11  erklärt  u.  s.  f.  —  Alle  Figuren,  bei  denen  kein  Name  steht, 
siod  von  Dr.  Froh se  gezeichnet. 


XIV  I^igutetiVetzeicliniss. 

Seite 

Fig.  24.     Positüs  ot  Lineae  pelvis.  (Joessel.) *    *    .    .    .  45 

„     25.     Positus  et  Lineae  pelvis.    (Eyrich  del.) 46 

„     26.      Pelvis  feminae  a  fronte  visa.  (Positus  normalis.)   Magn.  V2*   pi  v.  p.  60; 

st  V.  p.  60;  sy  V.  p.  61;  z  V.  p.  61 59 

„     27.     Pelvis  feminae  a  tergo  visa.  (Positus  normalis.)   Magn.  Vg»   ^  v.  p.  67; 

u  V.  p.  66 64 

„     28.      Pelvis  feminae  a  latere  sinistro  visa.    Magn.  Vs-    P  v.  p.  85;  u  v.  p.  6ß; 

+  V.  p.  86 .  68 

„     29.     Pelvis  feminae  in  positu  laterali  (anglico)  a  tergo  visa.    Magn.  Vg«    •  '^^ 

„     30.      Pelvis  feminae  in  positu  dorsali  a  fronte  visa.    Magn.  V2 '73 

„     31.     Pelvis  feminae   desuper  visa.     Positus  operatorius  (Trendeleuburgi). 

Magn.  V2 75 

„     32.     Pelvis  feminae  XX  annorum.    Magn.  V2 ^^ 

^     33.     Pelvis  plana  simplex.    Schema.    (Schröder.) 110 

„     34.     Pelvis  plana  rachitica.    Schema.    (Schröder.) 111 

„     35.      Pelvis  rachitica.    (Schröder.) 111 

„     36.      Pelvis  cyphotica.    (Schröder.) 114 

„     37.     Pelvis  infundibuliformis.    (Schröder.) 114 

„     38.      Pelvis  osteomalactica.    Schema.    (Schröder.) 115 

^     39.      Pelvis  transverse  coarctata  (Roberti).    (Schröder.) 116 

^     40.      Pelvis  cum  ankylosi  oblique  coarctata.    (Schröder.) 117 

„     41.      Pelvis  rachiticoscoliotica.    (Schröder.) 118 

„  42.  Embryo  humanuslongit.  4mm.  Parscaudalis.  (Nach  K  ei  bei.  Eyrich  del.)  125 
p  43.  Embryo  humanus  longit.  11  mm.  (Mus.  anatom.  Berol.  Eyrich  del.)  125 
„  44.  Plexus  lumbalis,  sacralis,  pudendus.  Nervus  coccygcus.  Filum  ter- 
minale.   (W.  Krause  praep.;  Mus.  anatom.  Berolin.) 142 

„     45.     Regiones  inferiores  pelvis  virilis:  Plexus  pudendus  caeruleus.    Plexus 

sacralis  flavus. 144 

„     46.      Regiones  inferiores  pelvis  muliebris:  Plexus  lumbalis  viridis.    Plexus 

pudendus  caeruleus.    Plexus  sacralis  flavus 144 

„     47.      Regiones  ventrales  pelvis:   Plexus  lumbalis  viridis,    Plexus  pudendus 

caeruleus 145 

„     48.     Regiones  dorsales  pelvis:  Plexus  lumbalis  viridis,  Plexus  sacralis  nee 

non  Rami  posteriores  nervor.  sacral.  et  lumbal,  flavi 145 

„     49.      Regio  sacralis  feminae.    Canalis  sacralis 153 

B,  H,  Ko,  Kr,  R  v.  p.  386;  +  v.  p.  148 153 

„     50.     Regio  glutaea  sinistra.    (Joessel.) 159 

„     51.     Partes  parietis  lateralis  dextri  pelvis  virginis  XVIII  annorum.    Partes 

majores   ossis   ilium  nee  non  ossis  ischii  resectae.    =  Linea 

plani  horizontalis 163 

,,     52.      Organa  pelvis  virilis  a  latere  visa.    Plexus  venosi.    (Testut.)    .    .    .  166 

„  53.  Regio  subinguinalis  maris  sinistra.  Stratum  superficiale.  (Joessel.)  172 
„     54.      Pars  inferior   abdominis  nee  non   Pelvis   feminae;    Positus    dorsalis. 

Lineae  sceleti  adumbratae.    Magn.  1/2.    l  v.  p.  559 183 

„     55a.  Hernia  obturatoria  dextra.    (Joessel.) 185 

„     55b.  Hernia  obturatoria  sinistra.    (Joessel.) 185 

„     56.     Musculi  regionis  perinealis  maris.    Fascia  perinei  (caerulea).    Aponeu- 

rosis   trigoni    urogcnitalis,    Fascia    obturatoria.    Glandulae    bulboure- 

thrales.    (Joessel.)  ..    .- 197 

„  57.  Regiones  analis,  urogenitalis :  Fasciae,  Musculi,  Arteriae,  Nervi.  (Joessel.)  199 
„     57a.  Crura  penis.    Trigonum  urogenitale  ab  inferiore  parte  visum.    Situs 

vasorum  pudendorum  et  nervi  pudendi 204 


Pigutenverzeichniss.  XV 

Seite 
Pig.  58.     Regio  perinealis  (analis,  urogenitalis)  maris.    Situs  glandulae  bulbo- 

urethralis,   partis  membranaceae  urethrae,   prostatae,   vesiculae  seml- 

nalis.    Arteria  pudenda  interna.    (Joessel.) 206 

„      59.     Anomalia  arteriae  pudendae  internae.    (Joessel.) 215 

„     59  a.  Spatia  praefasciale,  retrofasciale  et  praevesicale.    Pascia  transversalis 

(caerulea).  Fascia  vesicae  (flava).  Sectio  sagittalis.  Schema.  .  .  .  225 
„     59  b.  Spatia  praevesicale  et  perivesicalia.    Fascia  vesicae,  Fascia  recti  (fla- 

vae).  Fascia  pelvis  parietalis  (caerulea).  Sectio  transversa.  Schema.  227 
„     60.     Sectio  transversa  pelvis  maris  per  Collum  femoris  ducta.    Planum  in- 

ferius.    (Joessel.) 235 

u     61.     Viscera  pelvis  maris  nee  non  Parietes  pelvis  posterior  et  lateralis  dextra.      237 

„     62.     Partes  parietis  lateralis  pelvis  peritonaeo  obtectae 239 

r     63.     Facies  anterior  cavi  pelvis.    (Joessel.) 241 

„     64.     Facies   interna   symphyseos   et   Vesica   urinaria.    Plexus  pudendalis, 

Venae  vesicales  anteriores  et  Ligamenta  puboprostatica.  (Testut.)  .  242 
^     65.     Musculi  diaphragmatis  pelvis.    Facies  superior.    Fascia  diaphragmatis 

pelvis  superior  dextri  lateris  reraota.    (Linea    punctis    notata   limites 

inferiores  ossium  pelvis  indicat.    (Testut.) 243 

„     66.      Sectio  mediana  pelvis  viri  XXII  annorum;  Pars  dextra.    Venae,  Mem- 

branae  serosae  et  Cavum  durae  matris  caerulea.   Membranae  mucosae 

et  Musculi  rubra.    Magn.  V2 ^^^ 

„     66a.  Pars  inferior  vesicae  urinariae.    Urethra  yirilis  (Pars  fixa).   Prostata. 

Vesicula  seminalis.    Trigonum  urogenitale.    Glandula  bulbourethralis. 

Bulbus  urethrae:  Sectio  mediana 264 

„     67.     Rectum   infantis   a   posteriore   parte    visum.    (Sectio  mediana  ossium 

sacri  et  coccygis.)  Fascia  recti.  Vasa  et  Glandulae  ly  mphaticae.  (G  e  r  o  t  a.)      266 

»     68.     Vesica  urinaria  repleta.    Punctio  vesicae.    (Joessel.) 288 

„     69.     Basis  vesicae  repletae  apertae  viri  XL  annorum  desuper  visa.  ...      291 

n     69  a.  Basis  vesicae  repletae  apertae  viri 292 

„     69  b.  Basis  vesicae  repletae  apertae  viri 292 

„     70.     Area  ureterica  vesicae.    (Nitze.) 293 

„     70a.  Area  ureterica  vesicae,    (Nitze.) 293 

„     70b.  Situs   vesicularum  seminalium,    ureteris    et    ductuum    deferentium    a 

posteriore  parte  visus.    Fascia  vesicularum  seminalium  sinistri  lateris 

remota.    Excavatio  rectovesicalis  massa  gipsea  repleta 347 

n     70c.  Situs  vesiculae  seminalis,   ductus  deferentis,  ureteris  a  dextro  latere 

Visus. 349 

n     71.     Sectio  corporis  penis  transversa.    (Joessel.) 354 

»     72.     Testis  sinister  cum  contento  funiculi  spermatici.    Superflcies  lateralis. 

(Joessel  —  Sappey.) 372 

r)     72a.  Testis  sinister  cum  contento  funiculi  spermatici.    Superficies  medialis. 

(Joessel  —  Sappey.) 373 

n     73.     Ligamentum  scrotale  testis,    (Testut.) 374 

n     74.     Sectio  sagittalis  testis.    (Joessel.) 375 

«     75.    Partes  genitales  externae  maris:   Sectio   scroti  sinistri  sagittalis,    Ca- 

nalis  inguinalis;  -\~  Facies  int.  tunicae  vaginalis  communis  reclinatae.  383 
n     75a.  Sectio   mediana   pelvis   viri  XXII   annorum:   Pars   dextra.    Urethra. 

(Venae,  Membranae  serosae  et  Cavum  durae  matris  caerulea,    Afem- 

branae  mucosae  et  Musculi  rubra.) 399 

n     75b.  Pars  inferior  vesicae  urinariae.     Urethra  virilis  (Pars  fixa).    Prostata. 

Vesicula  seminalis.    Trigonum  urogenitale,    Glandula  bulbourethralis. 

Bulbus  urethrae:  Sectio  mediana. 401 


XVI  Figurenverzeichniss. 

Seite 
Fig.  75c.  Urethra  rnascuUna,   pars   proximalis   (Sectio  mediana  cadaveris  con- 

gelati  hominis  XL  VI  annorum).    Magn.  nat.    (T  es  tut.) 411 

„     76.     Sectio   transversa   pelvis   feminae:   Cavum   pelvis.    Viscera,   Fasciae. 

(Museum  anatomicum  Berolin.) 420 

„     77.     Regio   perinealis   feminae   XXXH  annorum.    Musculi,  Venae,   Nervi. 

Magn.  Va 423 

„     78.     Regio  pubica  et  Pars  regionis  pudendalis  nulliparae  XXII  annorum. 

Planum  superficiale.    Integumentum    cum   Panniculo  et  Clitoridc  de- 

orsum  reclinatum 433 

„     79.     Regio  pubica  et  Pars  regionis  pudendalis  nulliparae  XXII  annorum. 

Planum  intermedium.    Vasa  obturatoria  et  Vena  dorsalis  clitoridis,    .      434 

„     80.     Situs  partium  retrosymphyticarum 435 

„     81.     Sectio  mediana  pelvis  feminae  multiparae.   Facies  sinistra.   (Praepa- 

ratum    Musei    anatom.    Argentoratensis,   Waldeyer   fec.) 

(Joessel.) 438 

„     81a.  Sectio    mediana   pelvis    feminae   multiparae.    Linea  peritonaei  nigra. 

Facies  dextra.    Magn.  ^/g.    (Mus.  anat.  Berol.) 439 

„  82.  Partes  pelvis  virginis  XVII  annorum  desuper  visae.  Magn.  V2-  •  •  441 
„     83.     Partes   pelvis   virginis   XVI    annorum    a  sinistro    latere   praeparatae. 

(Mus.  anat.  Berolin.) 443 

„     84.     Regiones  sacralis,  glutaeae,  analis  feminae.    Os  sacrum  ad  marginem 

superiorem  foraminis  ischiadici  majoris  resectum.    Rectum  fascia  pro- 

pria  obtectum.' 447 

„     84a.  Regiones  sacralis,  glutaeae,  analis  feminae.    Os  sacrum  ad  marginem 

superiorem   foraminis   ischiadici   majoris   resectum.    Vagina,   Rectum 

denudatum.    Recessus  pararectales  peritonaei,  quorum  sinister  apertus. 

Tuba  et  Ovarium  sinistra  in  situ.    xMagn.  2/3 449 

„     85.     Uterus  cum  Adnexis  virginis   XVI   annorum   in   situ    desuper   visus. 

Pars  figurae  82.    Magn.  naturalis 462 

„  86.  Sectio  mediana  abdominis  et  pelvis  virginis  XV  annorum;  Pars  si- 
nistra.   Magn.  V2-    (Museum  anat.  Berolin.) 464 

„     87.     Conspectus  organorum  genitalium  muliebrium  una  cum  Vasis.   Facies 

posterior.    Uterus,  Vagina,  Tuba  sinistra  aperta.    Ovarium  sinistrum 

demisectum,  Lamina  posterior  ligamenti  lati  sinistri  remota 466 

^     88.     Sectio  transversa  corporis  uteri.    Magn.  nat 468 

„  88a.  Fundus  uteri:  Sectio  transversa  per  ostia  tubaria  ducta.  Magn.  nat.  469 
„  88b.  Cervix  uteri.  Vesica  urinaria.  Ureteres.  Sectio  transversa.  .  .  .  469 
„     88  c.  Sectio  frontalis  pelvis  feminae.    Situs  organorum  genitalium,  ureteris, 

vasorum.   Fasciae  pelvis  et  perinei.   Trigonum  urogenitale.   Magn.  ^/s«      473 

„     88 d.  Lig.  teres  uteri.     Canalis  inguinalis.    1 489 

„     88  e.  Lig.  teres  uteri.    Canalis  inguinalis.    II 492 

„     88  f.   Lig.  teres  uteri.    Canalis  inguinalis.    III 494 

„     89.     Orificium  externum  uteri  infantis 535 

„     90  et  90a.    Orificium  externum  uteri  nulliparae 535 

„     90  b.  Orificium  externum  uteri  multiparae 535 

„     91.     Sectio  mediana  urethrae,  pudendi.  muliebris  et  vaginae  cadaveris  con- 

gelati  virginis  XXIV  annorum.    Magn.  nat.    (T  es  tut.) 540 

„  92.  •  Partes  genitales  externae,  Perineum  et  Anus  virginis  XX  annorum.  .  550 
„     93.     Partes  genitales  externae,  Perineum  et  Anus  virginis  XVII  annorum. 

Magn.  nat.    (P.  Günther  del.) 553 

^  94.  Sectio  pelvis  gravidae 3V2  mensium.  Facies  sinistra.  Magn.  Vs-  (Joessel.)  581 
„     95.     Sectio  mediana  gravidae  III  mensium.  Facies  dextra.  Magn.  %.  (Joessel.)      585 


Figurenverzeichniss.  XVII 

Seite 
^.  96.     Sectio  mediana  gravidae  IV  mensium.    Facies  dextra.    Magn.  fere  Vs» 

(Mus.  anat.  Berolin.) 587 

,     97.     Sectio  mediana  gravidae  mensisV— VI.    Facies  sinistra,    Foetu  remoto 

conspicua.  (Praepar.  mns.  anat.  Argentorat.  Joessel  fec.  1886.)  590 
j     98.      Sectio   mediana   gravidae   VI   mensium.    Facies   dextra.    (Praepar. 

mus.  Argentor.,  Joessel  fec.) 591 

)     99.     Sectio  mediana  gravidae  X  mensium.    Facies  dextra.    Sectio  foetus. 

(Praep.  mus.  anat.  Berolin.)  Magn.  V3.  (Nr.  Nr.  99-110  Eyrich  deL)  593 
,    100.     Sectio  mediana   gravidae   X  mensium.    Facies  sinistra  (vide  Fig.  99). 

Foetus  in  situ  a  parte  anteriore  visus.  (Praep,  mus.  anat.  Berolin.) 

Magn.  V.3 594 

r    101.     Sectio   mediana   gravidae   X  mensium.    Facies  dextra  (vide  Fig.  99). 

Foetus  in  situ  a  tergo  Visus.    (Praep.  mus.  anat.  Berolin.)   Magn.  Vs«      595 

102.  Sectio  mediana  gravidae  X  mensium.  Facies  dextra  (vide  Fig.  99). 
Foetus  remotus.    (Praep.  mus.  anat.  Berolin.) 597 

103.  Sectio  mediana  pelvis  puerperae  IV — V  hebdom.  Facies  dextra. 
Magn.  fere  Va-    (Praep.  mus.  anat.  Berolin.) 598 

104.  Sectio  frontalis  gravidae  V— VI  mensium.  Sectio  foetus  in  utero. 
Facies  posterior.    Magn.  Vs-     (Praep.  mus.  anat.  Berolin.)      .    .    .      599 

105.  Sectio  frontalis  gravidae  V— VI  mensium.  Foetus  in  situ.  Facies 
posterior.    (Praep.  mus.  anat.  Berolin.)    Magn.  fere  ^/4 600 

lOG.     Sectio    frontalis    gravidae   V— VI   mensium.    Foetus  remotus.    Facies 

posterior.    (Praep.  mus.  anat.  Berolin.)    Magn.  fere  V4 ^^^ 

107.  Sectio  transversa  gravidae  VI— VII  mensium  per  umbilicum  ducta, 
Facies  superior  partis  inferioris.  Magn.  fere  Va*  (Praep.  mus.  anat. 
Berolin.) 602 

108.  Sectio  transversa  gravidae  VI— VII  mensium  per  mediam  articulatio- 
nem  sacroiliacam  ducta.  Facies  superior  partis  inferioris.  Sectio  trans- 
versa abdominis  foetus.  Magn.  fere  Va-   (Praep.  mus.  anat.  Berolin.)      603 

109.  Sectio  transversa  gravidae  VI— VII  mensium  per  regionem  trochante- 
ricam  ducta.  Facies  superior  partis  inferioris.  Caput  foetus  sectum. 
Magn.  fere  Vs-    (Praep.  mus.  anat.  Berolin.) 604 

110.  Sectio  gravidae  VI — VII  mensium  per  regionem  trochantericam  ducta. 
Facies  superior  partis  inferioris.  Foetus  remotus.  Cavum  uteri  de- 
super  Visum.    Magn.  V3 605 

111.  Sectio  frontalis  pelvis  maris  per  vesicam  urinariam  et  partem  pro- 
staticam  urethrae  ducta.    (Mus.  anat.  Berolin.) 619 

112.  Sectio  pelvis  frontalis  per  rectum  ducta.  Fasciae  pelvis.  Fasciae 
fossae  ischiorectalis.    (Mus.  anat.  Berolin.) 621 

113.  Sectio  mediana  pelvis  maris.  Fascia  pelvis  parietalis  et  transversalis 
abdominis  (caeruleae).  Fascia  pelvis  visceralis  (flava).  Fascia  perinei, 
Fasciae  superficiales  abdominis  et  dorsi  (nigrfi) 623 

114.  Sectio  sagittalis  pelvis  maris.  Fascia  pelvis  visceralis  (flava).  Fascia 
pelvis  parietalis  et  Fascia  transversalis  abdominis  (caerulea).  Fascia 
abdominis,  Fascia  penis,  Fascia  perinei,  Fasciae  m.  bulbocavernosi  et 
m.  ischiocavernosi,  Aponeuroses  trigoni  urogenitalis,  Fascia  diapbrag- 
matis  pelvis  inf.,  Fascia  dorsi  superf.  (nigrae). 625 

115.  Sectio  frontalis  pelvis  feminae.  Situs  organorum  genitalium,  ureteris, 
vasorum.    Fasciae  pelvis  et  perinei.    Trigonum  urogenitale.    Magn.  ^/s-      627 

116.  Vesicula  cmbryonalis  mammiferi.  Extremitas  caudalis.  Schema.  .  .  639 
116a.  Extremitas  posterior  embrj^onis  mammiferi.  Sectio  mediana.  Stadium  I.  639 
116  b.  Extremitas  posterior  embryonis  mammiferi.  Sectio  mediana.  Stadium  II.      642 


XVTII  PlgTiränvetzeictiniss, 

Seite 

Fig.  117.      Schema  evolutionis  organorum  pelvis.  Stadium  primitivum  (ambiguum).  643 
^     117 a.  Situs  partium  pelvis  embryoiüs  mammiferi.  Plicae  serosae,  Ligamenta, 
Partes  genitales  externae.    Stadium  primitivum  ad  sexum  masculinum 

convergens^ 646 

„      117b.  Schema  evolutionis  organorum  pelvis  maris 648 

„      117  c.   Schema  evolutionis  organorum  pelvis  femin  ue 649 

„      118.      Gcnitalia  externa.     Stadium  ambiguum 647 

„      118a.   Genitalia  externa  maris  primitiva 648 

^      118b.  Genitalia  externa  feminae  primitiva 649 

j,     119.      Descensus  testis.     Stadium  I.    Schema 659 

„      119a.   Descensus  testis.     Stadium  IL     Schema 659 

„      119b.  Descensus  testis.    Stadium  IIL    Schema 659 


Litteraturyerzeichniss» 


Abel,  Portiokarcinom  u.  Uterusschleimhaut  501;  Mikroskopisch  gynäkolog.  Dia- 
gnostik 470;  Technik  <i.  vaginal.  Uterusexstirpation  673.  —   Aeby,  Symphyse  34. 

—  Ahlfeld,  Hymen  carnosus  micropcrforatus  5(33;  Missbildungen  129. —  d'Aju- 
tolo,  Anomalien  d.  Prostata  u.  Blase  066.  —  Alba r ran,  Blasentumoren  326.  — 
Alberti,  Hernia  pectinea  187.  —  Allingham,  Rektum krankheiten  286.  —  Al- 
masoff', Periurethral-Drüsen  d.  Weibes  501.  —  Amann  jun.,  mikroskopiseh-gynä- 
kolog.  Diagnostik  470.  —  Ampt,  Parovarium  528.  —  Apolant,  Ganglion  cili- 
are 319.  —  Arbuthnot  Lane,  Unterschied  der  Männer-  und  Weiberbecken  106. 
Asch  off,  Anatomie  d.  Harnwegeschleimhaut  297.  ~  Auerbach,  Hernia  obtu- 
ratoria  187. 

Babes,  Epitheliale  Einschlüsse  in  Myomen  501.  —  Bacca risse,  Sacrum  nach  Ge- 
schlecht u.  Rassen  99.  —  Baelz,  Pigmentfleck  d.  Kreuzbeinraute  146.  —  Baer, 
Stratum  granulosum  509.  —  B alandin,  Beckenmessung  51.  —  Balfour,  Deve- 
lopment of  thc  clasmobranch-fishes  660.  —  Ball,  Rectum  u.  Anus  286.  —  Ballan- 
tyne  a.  Williams,  Mesosalpinx  530.  —  Ballantyne,  Labia  minora  u.Hymen  571. 

—  K.  V.  Bardeleben,  Lage  d.  weibl.  Beckenorgane  520;  Impressio  uterina  451.— 
Bar  den  heuer,  Mastdarmresectiou  24.  —  Barkow,  Angiologie  246;  Harnblase 
290.  —  Bartels,  abnorme  Behaarung  145;  Bauchblasengenitalspalte664;  Menschen- 
schwänze 127;  Traumen  der- Harnblase  324.  —  Barrois,  Hodenhüllen  385.  — 
Barthelemy,  Beckenbrüche  131.  —  Baumgarten,  Luxatio  penis  370.  —  Ba^^er, 
Cervixfrage  u.  Placenta  praevia  608;  Morphologie  d.  Gebärmutter  468;  Uterus  u. 
unteres  Uterinsegment  608. -—  Becher,  Mastdarmfistelu 283.  —  Becker,  Flimmer- 
epithel d.  Geschlechtsapparates  529.  —  Beclard,  Beckenstichverletzung  131.  — 
Bechterew  u.  Mislawsky,  Hirncentren  d.  Harnblase  306.  —  Beigel,  WoIfTscher 
Körper  230;  Entwicklung  d.  Wollf sehen  Körpers660.  —  Benckiser  u.  Hofmeier, 
schwangerer  u.  kreissender  Uterus476.  —  Benda,  Hermaphroditismus  638. —  van 
Beneden,  Blätterbildung,  Chordakanal  u.  Gastrulation  060.  —  v.  Bergmann, 
Sakralgeschwülste  129.—  v.Bergmann  u.  Rochs,  Operationskursus^l77.  — Berger, 
Herniesl82. —  Bergh,  Symbolae  ad  cogn.  genital,  ext.  foemineorum57l.  --  Berry, 
Caecum,  Processus  vermiformis  260.  ~  Berry  Hart,  Rektumabschnitte  286;  Rektal- 
axcndruck  449.  —  Betscliler,  einfach  platte  Becken  110,  —  Beurnier,  Lig.  teres 
495.  —  Bischoff,  Untersuchung  äusserer  Genitalien  d,  Menschen  u.  Affen  571. — 
Black  er,  topogr.  Bemerkung,  zur  Fourchette  571.  —  Blanchard,  Steatopygie 
12.  —  Blum,  Schwanzmuskeln  d.  Mensclien  86.  —  Bogros,  Unterbdg.  d.  Aa. 
epigastr.  inf.  u.  iliaca  ext.  177.  —  Bonnet,  Cysten  d.  Glandulae  vuivo-vaginales 
564.  —  Borchardt,  Mechanismus  d.  Harnentleerung  367.  —  Born,  Blasenfunk- 
tionen 322.  —  Born,  G.,  in  „Ergebnisse  d.  Entwicklungsgesch."  660.  —  Bornhaupt, 
Entwickl.  d.  Urogenitalsystems  b.  Hühnchen  660. —  Bourgery  et  Jacob,  Anatom. 
Atlas  155.  —  Br amann,  Descensus  testiculorum  600.  —  Braun,  Entwicklungs- 
vorgänge am  Schwanzende  124;  Rudimentäre  Schwanzbildung  126.  —  Braune, 
Doppelbildung,  d.  Kreuzbeingegend  129;  Schwerpunkt  des  Körpers  56;  Topo- 
graphischer Atlas  455;  Veuensystem  176.  —  Braune  u.  Zweifel,   GefrierdurcU- 


XX  Litteraturverzeichiiiös. 

schnitte  einer  Schwangeren  610.  —  Breisky,  Kyphose  u.Beckengestalt  114;  Maass 
d.  ßeckenenge  51.  —  Breschet,  Systeme  lymphatiqxie  88.  —  Broeckacrt,  A. 
uterina  476.  —  Brösike,  Intraabdominale  Hernien  und  Bauchfelltaschen  637.  — 
Bro wn-S6quard  et  d'Arsonval,  Drüsenextrakte  u.  ihr  subkutaner  Gebrauch 
522.  —  Brücke,  Schönheit  und  Fehler  der  menschlichen  Gestalt  6.  —  Bruhns, 
Lymphgefässe  d.  weiblichen  Genitalien  478.  —  v.  Brunn,  Epithelnester  i.  d. 
Harnorganen  297.  —  Brunner,  herniologische  Beobachtung*en  187.  —  Budge, 
Centrum  genitospinale  368;  Levator  ani  280.  —  Lyniphwurzeln  d.  Knochen 
88;  Physiologie  275.  —  Budin,  Angulus  ischiadicus  80.  —  Bumm,  Kreislauf 
d.  Placenta  584. 

Cabot,  Ureter  335.  —  C ad iat,  Damm  212.  —  Cameron,  Foetuslage  606.  —  Carrard, 
Labia  minora  558. —  Gas  per,  Kathetcrismus  der  Uretereu312;  Prostatahypertrophie 
343.  —  Chalot,  Unterbind,  d.  Aa.  glutaeae  u.  pudend.  162.  —  Charpy,  Angu- 
lus lumbosocralis  u.  Symphysenneigung96;  Organes  genito-urinaires361;  Rectum- 
venen  286;  Kectusscheide  226.  ~  Chiari,  Spondylolisthesis  112.  —  Chipault,  Dorn- 
fortsätze u.  Rückenmark  24.—  Chr seh tschono witsch,  Vaginalschleimhautnerven 
539.—  Clado,  Appendice  coecal  530.—  Clark,  Corpus  luteum  des  Menschen  u- 
Sch Weines  511.  —  Claudius,  Fossa  ovarii  514.  —  Cleland,  Geschlechtsunter- 
schiede am  Becken  104.  —  Clocjuet,  Bauchhernien  224.  —  Coe,  äussere  weib- 
liche Genitalien  571.  —  Co  lies,  Dammfascienraum  194.  —  Cooper,  Hernien  224. 
Cordes,  Krankheitseinfluss  auf  Hoden  392.  —  Cruikshank,  Saugadern  88.  — 
Cullingworth ,  äussere  weibliche  Genitalien  571.  —  Cunningham,  lumbar 
curve  in  man  and  apes  14;  manual  of  practical  anatomy  176.  —  Cursch- 
mann,  Dickdarmanomalien  260. 

D a n c er  T h a n e,  surgical  anatomy  176.  —  D a g o n e t,  Nebennieren  382.  —  Davidsohn, 
A.  uterina  476.  —  Delbet,  Paul,  Blasenchirurgie  228.  —  Delbet,  Pierre,  Sup- 
purations  pelvienues  228;  Blase  u.  Urethra  290.  —  Den  man,  Formgestaltung 
d.  Beckens  97.  —  Denonvilli(irs,  Prostatafascie  341.—  Devos,  Ovariumnerven 
514.  —  Dickinson,  Schwangerscliaftsdiagnose  zwischen  2.-8.  Woche  592.  — 
Disse,  Blasenlage  306;  Spalträume  390.  —  Dittel,  StriUturen  d.  Harnröhre 
400.  —  Dock,  Appendix  vermiformis  260.  —  D  öder  lein,  Ergebnisse  von  Ge- 
frierdurchschnitten Schwangerer  606.  —  Dogiel,  Genitalhautnorveu  365.  — 
Dohrn,  Allgemein  zu  weites  Becken  109;  Gartner'sche  Kanäle  530.  —  Dou- 
glas Kenneth,  musc.  transv.  abd.  u.  Leistenhernie  176.  —  Drappier,  Cavum 
praevesicale  228.  —  Duchastelet,  Blasenkap acität  290.  —  Duchenne,  Physio- 
logie des  mouvements  14.  —  Dührssen,  Portio  vaginalis  537;  vaginaler  Kaiser- 
schnitt 673.—  Duplay,  Angeborene  Kreuzbeingeschwülste  129.  —  Durand,  Li- 
gament, ilio-ovarien  530.  —  Dur  et,  Rektunivenen  286.  —  Dürr,  Ki-euzbein  90.— 
Duval  et  Bical,  L'anatomie  des  maitres  9. 

Ebner,  Perinealhernien  637.  —  Ecker,  Embryoschwanz  123;  Körperbau  schwarzer 
Eunuchen  106;  Steisshaarwirbel,  Steissbeinglatze  u.  -grübchen  146.  —  Eckhard, 
Nervus  erigens  penis  365.  —  Edebohls,  Verkürzung  des  Lig.  teres  495.  —  Eg- 
geling,  Dammmuskiilatur  267;  Dammmuskulatur  der  Beutelthiere  207.—  Eisler, 
Ligamentum  teres  493;  Lumbosacralnerven  217.  —  Engel  mann,  Physiologie  des 
Ureter  335.  —  Englisch,  Hcriiia  obturatoria  182;  Divertikel  der  Harnblase 
325;  Missbildung  d.  Harnröhre  665.  —  Esmarch,  Gelenkneurosen  133;  Mastdarm 
u.  After  286. 

Falck,  überzählige  Eierstöcke  u.  Eileiter  667.  —  Falcone,  Nervenendignng  im  Ho- 
den 380.  —  Farabeuf,  Dystocie  du  Detroit  superieur  674;  Geburtsniechanismus610. 
Linea  ileotrochanterica  u.  Fessierc  161.  —  Farabeuf  et  Varnier,  Geburtshülfe 
610.—  Farre,  Uterus  u.  Anhänge  506.  ~  Faytt,  Verhalten  d.  Ureter  zu  Blase  u. 
Uterus  548.  —  Fehleisen,  Verschiebung"  der  Blase  308.  —  Fehiin^,  Becken- 
form 105.  —  Feldmanu,    Sakraltumoreu    130.  —  Felizet,    Inguinalhernien   des 


Litteraturverzeichniss.  XXI 

Kindes  5.  —  Fenwick,  Blasenvenen  303.  —  Fer6,  Beckenbrüche  131.  —  Fer- 
guson, Appendix  vermiformis  261.  —  Fick,  Lehrbuch  der  Anatomie  366.  — 
Finger,  Anatomie  u.  Physiologie  d.  Harnröhre  413;  Blasenhals  321.  —  Fisch el, 
Portio  vaginalis  537.  —  Fischer,  Hcrniae  foraminis  ovalis  39.  —  Flemming, 
Anlage  d.  Urogenitalsystenis  b.  Kaninchen  660.  —  Fol,  Caudalwirbelanlage  28.  — 
Förster,  Missbildungen  668.  —  Francjois-Franck,  vasomotorische  Nerven  des 
Penis  365.  —  Franken häuser^  Gebärmutternerven  479.  —  Frankl,  Hoden- 
hüllen u.  Involution  388.  —  v.  Franque,  Cervix  u.  unteres  Uterinsegmcnt  470; 
Urnierenrestc  im  Ovarium  527.—  Fredet,  Uterusarterien  476.;  Unterbindung  d. 
A.  uterina  673.  —  de  Fremery,  Formgestaltung  d.  Beckens  97.  —  Freund, 
W.  A.,  Beckenbindegewebe  630;  Gynaekologische  Klinik  9;  Hüftgelenkspfanne 
94;  kyphotisches  Becken  21;  Tubenoperationen  504.  —  Freund,  H.  W.,  Eier- 
stockstumoren 527;  Schwanzbildung  128.  —  Freund  u.  Joseph,  Harnleiter-,  Ge- 
bärmutterfistel  u.  normaler  Harnleiter  548.  —  Frey,  Beckenmessung*  51.  ™  Fried- 
rich, Knochenmarkräume  28.  —  Fritsch,  G.,  Eingeborene  Südafrikas  12.  — 
Fritsch,  II.,  Lageveränderungen  u.  Entzündungen  d.  Gebärmutter  497;  Krank- 
heiten d,  weibl.  Blase  298.  —  Fromont,  Verdauungstractus  261.  —  Froriep, 
normales  Becken 90.  —  Funke,  Verlauf  d.  Ureteren 335.  —  Für  bringe r,  Succus 
prostaticus  342.  —  Fürst,  Beckenmaasse  55.  —  Füth,  Harnblasenverdoppolung  664, 

Grally,  Rektalfalten  2G5.  —  Garr6,  Heniia  ischiadica  167.  —  Garson,  Dislokation 
d.  Blase  308;  Pelvimetry  99.  —  Gaule,  Blaseninnervation  322.—  Gawronsky, 
Nervenenden  i.  d.  weiblichen  Genitalien  480.  —  Gay,  Circumanaldrüsen  135.  — 
Gebhard,  glatte  Muskelfasern  i.  Epoophoron  528;  Uterusschleimhaut  b.  d.  Men- 
struation 579.  ~  Gegenbaur,  Anatomie  39;  Hüftgelenkspfanne  17.  91.  —  Ge- 
nouvillc,  Blasenkapacität  452.  —  Gerich,  Beckenneigung  d.  Estin  103.  —  Ger- 
lach, Harnröhre  403.  —  Gerold,  Processus  vermiformis  261.  —  Gerota,  Blase 
u.  Beckenfraktur  325;  Beckenfraktur  131 ;  Fascia  renalis  331;  Lymphgefässc  des 
Nabels  u.  d.  Blase  303;  Nierenbefestigung  226;  Rectumlymphgefässe  274;  Ureter- 
krümmungcn  329.  —  Geyl,  Hypertrichose  145.  —  Gillette,  Blasenvenen  303.— 
G 1  a  n  t  e  n  a  y,  Chirurgie  d.  Ureteren  335,  —  G  o  1  d  m  a  n  n ,  Krebsmassen  in  Venen 
285.  —  Goltz  u.  Ewald,  Hund  mit  verkürztem  Rückenmark  208.  —  Goltz  u. 
Freusberg,  Hundelendenmark  275;  Rückenmarkscentren  d.  Blase  319.  —  Gott- 
schalk, Deciduoma  malignum  615 ;  Sarcoma  chorion-deciduocellulare  615.  — 
Graf,  Urachusfisteln  327.  —  de  Graaf,  Zeugungsorgane  des  Weibes  507.  — 
Graser,  Unterleibsbrüche  224.  —  Griffiths,  Appendix  testis  u.  s.  w.  382; 
Blase  u.  Urethra  246.  322;  Hodenveränderung  im  Alter  392;  Ligaturen  d.  Vasa 
spermatica  u.  ihr  Effekt  377;  Veränderung  verlagerter  Hoden  395.  —  Gu^pin, 
Prostatavenen  339.  —  Guerin,  Falte  der  Harnröhre  404.  —  Günz,  Membrana  ob- 
turatoria  38.  —  Gussenbauer,  Gefässe  d.  äuss.  weibl.  Genitalien  556;  Melano- 
sarkoin  d.  Os  ilium  133.  —  Gussero w,  Carcinoma  uteri  501;  Menstruation  u.  Dys- 
menorrhoe 578;  schrägverengtes  Becken  117.  —  Guyon,  Blasenphysiologie  290; 
Uterusca vum  498.    —    Guyon  et  L  a  n  c  e  r  a  u  x  ,    Blasensphinkter  406. 

Halle,  Ureteritis  335.  —  H am  mar,  Sekretionserscheinungen  im  Nebenhoden  d.  Hundes 
377.  —  Har  ri  s  0 n,  Blase  314.  —  IIa rr i so n  C r ip p s,  Blasenfisteln 283.  —  Har  t,Be rr y, 
Entwicklung  d.  Clitoris,  Vagina,  Hymen  666.  ~  Hartmann,  Anatomie  6.  —  Hart- 
mann et  Toupet,  Chorioma  616.  ~  Hasse,  Nervengebiete  138;  Ungleichheit  d. 
Beckens  55;  Uteruslage  520.  —  Haus  er,  Drüsenschläuche  in  Myomen  501.  —  Haus- 
halter  u.  Jacques,  Ueberzählige  Ureteren  334.—  Hegar,  Diagnose  d.  Schwa)!- 
gerschaft  592.  ~  Hegar  u.  Kaltenbach,  Uretertastung  548;  Operative  Gynä- 
kologie 669.  —  Hei  necke,  Schleimbeutel  und  Sehnenscheiden  162.  —  Henke, 
Anatomie  d.  Kindesalters  14;  Beckenbindegewebe  630;  Topographische  Anatomie  7. 
He  nie,  Anatomie  189.  —  Hennig,  Beckenneigung  99;  Drüsen  der  Vagina  535; 
Eigenthümlichkeiten  der  Beckengefässe  573;    kindliches  Becken  93;    Krankheiten 


XXII  Litteratuiverzeichniss. 

der  Eileiter  642;  menschliche  Polymastie  147;  Rassenbecken  99;  Steatopygie  12; 
Uterus venen  477.  ~  Hennig  und  Raub  er,  Geschwänzte  Menschen  126.  — 
V.  Her  ff,  Eierstocksnerven  514;  Nerven  des  Uterus  und  des  Ovarium  480;  sym- 
pathisches Ganglion  im  Ovarium  514.  —  Herlizka,  Uterusinnervation  480.  — 
Herrmann,  Analsehleimhaut  267.  —  Hertwig,  Entwicklungsgeschichte  661.™ 
Herzog,  Superfoetatio  667.  —  Hesselbach,  Leistenbrüche  224.  —  Hewson, 
Processus  vermiformis  261.  —  Hey,  Drüsen  der  Harnblase  297.  —  Heyse, 
Eit'ollikelzahl  509.  —  Hildebrand,  Coccalbrüche  261.  —  Hildebrandt,  H.,  Ab- 
norme Haarbildung  145;  Krampf  des  Levator  ani  570.  —  Hirsch feld  et  Le- 
vel 11  e,  Nevrologic  252.  —  Hirst,  Human  monstrosities  668.  —  His,  Levator  ani 
209;  Lymphgefässepithel  379;  Eierstockslage  515;  Nomenklatur  176;  Säugethier- 
eierstock  513;  Embryonenschwanz  123;  Situs  viscerum  515.  —  Hodge,  Becken- 
ebene48.  —  Hoffmann,  Lehrbuch  der  Anatomie  290.  —  Hoffmann,  C.  K.,  Ent- 
wicklung d.  Urogenitalorgane  bei  d.  Anamnia  660.  —  Hofmeier,  gynäkologische 
Operationen  669 ;  normale  Uterusschleimhaut  470;  Placenta  586.  —  Hohl,  Patholo- 
gie d.  Beckens  117.—  Hol],  Muskeln  u.  Fascien  d.  Beckenausganges  406;  Muskeln 
d.  Beckenausganges  212;  weiblich.  Harnleiter  548.—  Holmes,  Sakralgeschwülste 
129.  —  Holst,  Beiträge  z.  Gynaekologie  99,  450;  Estin  102;  Rektaluntersuchung  450. 
-Home,  Lobus  medius  prostatac  336.—  Horovitz  u.  Zeissl,  Lymphgefässe  d. 
männlichen  Genitalien  352.  —  Husch kc,  Scheidenlänge  541.  —  Hyrtl,  Cavum 
praeperitoneale  226;  Blutgefässe  der  Nachgeburt  592;  Korrosionsanatomie  472; 
topographische  Anatomie  137. 

Jacques,  Tubennerven  505.  —  Jadassohn,  Paraurethrale  Gänge  561.—  Janosik, 
Urogenitalsystem  (hist.-embryol.)  660.—  Jarjavay,  menschliche  Urethra  412.  — 
Jarotsky-Waldeyer,  destruirende  Blasenmole  615.  —  Imlach  ,  Verkürzung 
des  Lig.  teres  494.  —  Jonnesco,  Colon  pelvinuni  261;  Herniae  retroperitoneales 
261;  Hysterectomie  totale  673;  Vcrdauungstractus  261.  —  Jürgens,  Beiträge  z. 
Anatomie  d.  Beckens  93. 

V.  Kahlden,  Uterusschleimhaut  bei  d.  Menstruation  579.  —  Kalischer,  Blasen- 
nerven 319;  Sphinkteren  d.  Harnblase  406.  —  Kehrer,  Formentwickl,  d.  Beckens 
93;  Nabelschnurfcstigkeit  590.  —  Keibel,  Erabryoschwanz  123;  Entwicklung  d. 
menschlich. Urogenitalapparates  660.  —  Keilmann,  Placentarboden  b.  deciduaten 
Thieren586.  —  Axel  Key  u.  Retzius,  Genitalnerven 366.  —  Kilian,  Neue  Becken- 
formen 119;  Spondylolisthesis  111.  —  Klaatsch,  Descensus  testiculorum660.  — 
Klebs,  pathologische  Anatomie  667.  —  Klein,  E.,  äussere  Genitalien  366;  Eichel- 
schleimhaut 135;  Harnröhrenepithel  408.  —  Klein,  Iliosacralgelenk  52.  —  Klein- 
wächtcr,  Beckenmessung52.—  Knotz,  Ureterenstichverletzung  170.  ~  Kobelt, 
Nebeneierstock  des  Weibes  381;  männl.  u.  weibl.  Wollustorgane  363.  —  Kocher, 
Operationslehre  669;  Krankheiten  der  Geschlechtsorgane  397.  —  Kocks,  Uterus- 
lage u.  Gestalt  486.  —  K  Dehler,  Prostatahypertrophie  u.  Resektion  d.  Vas  de- 
ferens353.—  Koeppe,  Pfortaderwurzeln  2vS4.  —  Kohlrausch,  Beckenorgane 265. 
—  v.  Kölliker,  Blasennerven  305;  Corpus  luteum  511;  Entwicklungsgeschichte 
91;  glatter  Hodenmuskel  389;  weibliche  Geschlechtsorgane  314;  Tyson'sche 
Drüsen361.—  Kollmann,  J.,  Levator  ani  u.  Coccygcus  86;  Plastische  Anatomie  9; 
— Kollmann, A.,  Photographie  d.  Harnröhreninneren  415.  —  Koniko  w,  Beckenent- 
wicklung 105.  —  König,  Lehrbuch  d.  Chirurgie  167;  Bindegewebsspalträume  u.  ent- 
zündl. Processe  im  Becken ;  perimetritische Exsudate  630.  —  Kons  tan  tino  witsch, 
Mastdarmgefässe  286.  —  Kossmann,  accessorische  Tuben  529;  Drüsenein- 
schlüsse i.  Adenomyomen499;  Gartner'sche  Gänge  561;  Parovarium-Bau  529.  — 
Kraske,  Mastdarmkrebs  24.— Kr  aus  e,W.,  Anatomie  54;  Pfannenknochenl7;  Ner- 
venendigung in  den  Geschlechtsorganen  366.  —  Krause,  E.,  u.  Felsenreich, 
Bauchhnut  bei  Gravidität  607.  —  Kreitzer,  Bau  des  Uterus  468.  —  Küchen- 
meister, Lithopädion   614.   —   Kueneke,   die  4  Faktoren   der   Geburt  610.  — 


Litteraturvei'zeictanisö.  XXTli 

V.  feupffer,  Entwickl.  d.  Harn-  u.  Geschlechtsystems  660.  —  Kusmin,  Becken- 
brüche 130.  —  Kussmaul,  Gebärmutter,  Mangel,  Verkümmerung  u.  s.  w.  666.  — 
Küstner,  Beckenmessung  51. 
Lacassagne,  Anus  infundibuliformis  285.  —  Lafforgue,  Appendix  vermicularis 
261.  —  Lahs,  Theorie  der  Geburt  610.  —  Laimer,  Mastdarm  265.  ~-  Lamb, 
Aeussere  weibliche  Genitalien  571.—  Landau,  L.,  Schwangerschaftsdiagnose  i.  d. 
ersten  Monaten  592.  —  Landau,  L.  u.  Th.,  vaginale  Radikaloperation  546.  — 
Landau  u.  Abel,  Gebärmutterhals  478.  —  Langen  buch,  Sectio  alta  subpu- 
bica  34L  —  v.  L  a  n  g  e  r,  Penisschwellkörper  359;  Riesenwuchs  26 ;  Harnorgane  307 ; 
GraviditHtsnarben607.  —  Langer-Toldt,  Anatomie  224.  ~  Langhans,  Entwickl. 
der  Placenta583.  —  Langley,  Innervation  of  the  pelvic  viscera  322.  —  Lannc- 
longue  et  Achard,  Sakralgeschwülste  129.  —  Launois,  Appareil  urinaire316. 

—  Lartschneider,  Damm  212;  Diaphragma  pelvis207;  Steissbeinmuskeln  86. — 
Lauenstein,  Hohe  Kastration  354.—  Lauro,  Formenentwicklung  d.  Beckens  93.— 
Leboucq,  Antiker  Schnitt  d.  Beckenlinie  5;  De  menschelijke  Staart  124.  — 
Leche,  Beckenregion  d.  Insectivoren  91;  Pfannenknochen  17.  —  Ledderhose, 
Chirurgische  Erkrankungen  d.  vorderen  Bauchwand  313.  —  Lee,  Uterusnerven 
479.  —  Legend re,  Anatomie  homalographique  454.  •—  Legueu,  Caecum  beim 
Kind  261.  —  Leichtenstern,  supernumeräre  Brüste  u.  Brustwarzen  147.  — 
Lejars,  Ureternierenvenen Verbindung  330.  —  Lentz,  Suspensionsuntersuchungs- 
lage74.  —  Leo,  sakrale  Totalexstirpation  d.  Uterus  673.  —  Leopold,  Implantirte 
Föten  614;  Lymphgefässe  des  Uterus  477;  skoliotisches  Becken  118;  Ueberwande- 
rung  der  Eier  522;  Uterus  u.  Kind  u.  s.  w.  586;  Uterusschleimhaut,  Menstruation 
u.  Ovulation  578.  —  Leopold  u.  Mironoff,  Menstruation  578.  —  Lesshaft, 
Beckenarchitektur  53;  Mm.  transversi  perinei  201;  Urethra  212.  —  Letz  er  ich, 
Nervenendigung  im  Hoden  380.  —  Lex  er,  Behandlung  d.  Uraehusfistel  664.  ~ 
Lewin  u.  Goldschmidt,  Beziehungen  von  Blase  u.  Harnleiter  322.  —  Lissner, 
Schwanzbildung  126.—  Littre,  menschliche  Urethra  408.  —  Litzmann,  Becken- 
formen 93;  schrägovales  Becken  117.  —  Lockwood,  Processus  vermiformis  261.— 
Lode,  Wanderung  des  Eies  zur  Tube  522.  —  Löhlein,  Fettschicht  d.  Regio  pu- 
bica 313;  Hautabgänge  bei  d.  Menstruation  579.—  Lop,  Symphyseotomie  674.  — 
Lossen,   Verletzungen    d.    unteren  Extremität  132.  —  Lott,    Cervix  uteri  470. 

—  L  0  v^n,  Arterienerweiterung  durch  Nervenerregung  368.  —  Ludwig  u.  Tomsa, 
Lymphwege  d.  Hoden  379.  —  v.  Luschka,  Anatomie  1;  Appendiculargebilde  d. 
Hoden  389;  Becken  362;  Beck enbindege webe 630;  Beckenbodenmuskulatur  428; 
Bursa  subcutanea  sacralis  137;  Fascia  pelvina  622;  Halbgclenkc  133;  Harnleiter- 
topographie d.  Weibes  548;  Hirnanhang  u.  Steissdrüse  154.-  Luther  Holden, 
Osteologie  57.  —  Lusk,  Gefrierschnitt  einer  Gebärenden  609. 

^aas,  Amputation  d.  Wirbelkanales  z.  Coeliectomia670.  —  Mackenrodt,  Uteruslage 
487.  —  Maier,  Blasennerven  305.  —  Manchot,  Hautarterien  138.  —  M  a  n  d  1, 
Ovariumnerven  514;  Uterusmucosa  b.  d. Menstruation  579.  —  Marchand,  Kaninchcn- 
placenta584;  Missbildungen  668;  Nebennierenfragmente  am  Eierstock 528;  Deciduale 
Geschwülste  616;  Chorionepitheliom 616.  — Marchant,Lymphgetässe  d.Penis364.  — 
Martin,  A.,  Beckenmessung  99;  Colpotomia  anterior  673;  Eierstockslage  520;  Ge- 
burtshülfl.  Maasse  55.  —  Mascagni,  Lymphgefässe  (Original)  201;  (übersetzt  v. 
Ludwig)  155.  —  Masius,  Anus  u.  Blasensphinkter275.—  Math  es,  Uretercnimplanta- 
tion  ind.  Darm  335.  —  Mauersberg,  Schleimbeutelhygrom  d.  Beckengegend  167. 

—  Mehnert,  Entwicklung  d.  Beckengürtels  91.  —  Meiseis,  Doppelbildung  d. 
männl.  Harnröhre  665.  —  Merkel,  sensible  Hautnervenendigung  366.  —  Metten- 
heimer,  Körperhöhlen  d.  Neugeborenen  314.  —  v.  Meyer,  Anatomie  262;  Miss- 
bildungen d.  Beckens  08;  Statik  u.  Mechanik  d.  Knochengerüstes  29.  —  Meyer, 
foetale  Uterusschleimhaut;469;  Cystadenome  u.  Adenomyome  502.  —  Miflet,  Art. 
testicularis  Endarterie  377.  —  v.  Mihalkovics,  Anatomie  d.Hodeiis379;  Entwicklung 


XXIV  Litteraturverzeichniss. 

d.  Harnapparats  660.  —  M  i  n  o  t,  Bibliography  of  vertebrate  embryologie  661 ;  Embryo- 
logie 507.  —  Miquet,  Appareil  rurinairc  316.  —  Mohnikc,  Geschwänzte  Menschen 
128. —  Mondiere,  Anamiten  99.—  Morau,  Lymphgefässe  d.  weibl.  Genitalorgane 
538.  —  Mo  r  est  in,  Dornfortsätze  n.  Rückenmark  51.  —  Morro  li.  Gabel  ein, 
Resorption  d.  Blasenschleimhaut  323.—  Moser,  Ovarialhernien  524.  —  v.  Müller,  J., 
Bildungsgeschichte  d.  Genitalien  660;  organische  Nerven  d.  männl.  erektilen  Ge- 
schlechtsorgane 368.  —  Müller,  F.,  Beckenniessung  122.  —  Müller,  Vitalis, 
Bartholin'sche  u.  Cowper'sche  Drüsen  416.  —  Müller,  W.,  Missbildung  a.  weibl. 
Urogenitalapparate  660.  ~  Müllerh  eim,  Aeussere  Untersuch,  d.  Gebärenden  120. 

Nagel,  Beitrag  z.  Anatomie  d.  weiblichen  Beckenorgane  476;  Entwicklung  d.  Uro- 
genitalsystemes  504;  Entwicklung  d.  weiblich.  Genitalien  668;  Gartner'sche  Gänge 
529;  Ligamentum  Suspensorium  ovarii  531;  Das  menschliche  Ei  510;  Uteruslage 
im  Embryo  451;  weibliche  Geschlechtsorgane  147.  ~  Nägele,  schräg  verengtes 
Becken  117;  weibliches  Becken  55.  —  Nehrkorn,  quergestreifte  Muskeln  im 
Uterus  467.  —  Neugebauer,  Nabelschnur  592;  Spondylolisthesis  112.  —  Ni- 
kolsky,  Nn.  erigentes  368.  — -  Nitze,  Kystophotographischcr  Atlas  294;  Lehr- 
buch der  Kystoskopie  311;  intravesicale  Operationen  313.~  Nussbaum,  Damm- 
präparation  192. 

Oberdieck,  Blasen- u.  Harnrohrenepithel  458.  —  Obersteiner,  Harnblase  305.  — 
Obolonsky,  Hermaphroditismus 667.  —  Olshausen,  Extrauterinschwangerschaft 
614;  Geburtsverlauf  610;  Ovarialkrankheiten  524;  schrägverengtes  Becken  117; 
Vaginalexstirpation  d.  Uterus  673.  —  Otis,  Mastdarminspektion  191. 

Paladino,  Werden  u.  Vergehen  d.  Eierstocksparenchym  508.  —  Panizza,  Plexus 
lymphaticus  urethrae  364.  ~-  Pantaloni,  Pars  pelvina  d.  weibl.  Ureter  548.  — 
Paradies,  Rektumresorption  286.—  Paterson,  Human  sacrum  21;  Sacralnerven 
217.  _  Paul  et,  Damm  212.  —  Pawlick,  Sondirung  der  Ureter  en  539.  —  Pel- 
lacani,  Bau  des  Samenstranges  389.  —  Perez,  Exploration  des  uret^res  335.  — 
Perier,  Venae  spermaticae  336.  —  Perrone,  Anastomosis  praepubica  378.  — ' 
Peters,  junges  menschl.  Ei  580.  —  Petersen,  Dislocation  d.  Blase  308.  —  Pfan- 
nenstiel, Erkrankungen  d.  Eierstocks  526;  Uteruscysten  499;  Tubengraviditäten 
614.—  Phisalix,  Caudalwirbelanlage 28.  —  Piatnitzky,  Schwanzbildung  127.— 
Pichert,  Hernia  obturatoria  182.  —  Picque  et  Poirier,   Hernie  obturatrice  39. 

—  Pinard,  Articulatio  sacroiliaca  32.—  Pirogoff,  Anatome  topographica455. — 
Planner,  Nervenendigung  i.  d.  Harnröhre  409.  —  Plien,  Extrauterinschwanger- 
schaft   614.    —    Ploss-Bartels,    das   Weib  12.    —    Ploss,    Beckenmessung  99. 

—  Poirier,  Anatomie  32;  Anatomie  pratique  175;  Anhänge  des  Rete  testis  381; 
Lymphbahnen  d.  weiblichen  Genitalorgane  478.  —  Pop  per  t,  Blasenhalsklappen 
414.  —  Posner,  Harnkrankheiten  294.  —  Posner  u.  Schwyzer,  Angeborene 
Penisfistel  665.  —  Pozzi,  Bride  masculine  du  vestibule  562.  —  v.  Preu sehen, 
Cysten  d.  Vagina  535.  —  Prochownik,  Anthropologie  d.  Beckens  99.  —  Proto- 
popow,  Ureteren  335.  —  Puech,  Ovarien  521.  —  Purser  a.  RenniC;  Processus 
vermiformis  261. 

Qu6nu,  Anuslymphgefässe  274.  —  Quenu  u.  Hartmann,  Rektumchirurgie  286.  — 
Quain,  Anatomy  152. 

Rabl,  Hans,  Histologie  d.  Eierstockes  510.  —  Rambaud  et  Renault,  Knochenent- 
wicklung 91.  —  Rathke,  Abhandlungen  z.  Bildungsgeschichte  u.  s.  w.  660.— 
Raub  er,  Anatomie  66;  geschwänzte  Menschen  126.  —  Rawitz,  Muskelhernien 
182.  ~  Recklinghausen  ,  Adenomyome,  Cystadenome  501 ;  Hoden  u.  Nieren- 
tumoren 397;  Lymphspalten  der  Hoden  379.  —  Rektorzik,  Hodenzotten  389.  — 
Rehfisch,  Blasenverschluss  u.  Entleerung  322;  Samenbla.sen  344.  —  Reich  el, 
Dammentwicklung 660;  Missbildungen  d.  Harnblase  u.  Harnröhre  664.  —  Rein, 
Nervenplexus  des  Uterus  479;  Befruchtung  d.  Säugethiereies  522.  —  Reliquet, 
Colique  spermatique  351.  —  Retter  er,  evolution  de  la  region  anogenitale  660; 


Litteraturverzeichniss.  XXV 

Eichel, Penis,  Clitoris 360.  —  Retzius,  A.,  Linea Douglasi  226.—  Ret z ins,  G.,  Blasen- 
nerven 319;  Genitalnervenkörperchen  366;  Nervenendig,  i. Hoden  380;  i.  Harnröhre 
409;  Ovarium  u.  Hodennerven 513.—  R  i  b  b  e  r  t,  kompensatorische  Hypertrophie  d. 
Geschlechtsdrüsen  372.  —  R  i  c  a  r  d,  A.  uterina  u.  Ureter  475.  —  Richard,  Tuben- 
anatomie 504.  —  R  i  c  h  e  r,  Anatomie  artistique  8.  —  Riebet,  Chirurg.  Anatomie  225. 

—  Ried  er,   Gärtnerischer  Kanal  b.  Weibe  660.  —   Riese,  Ovariuranerven  514. 

—  Robert,  Quer  verengtes  Becken  115.  —  Robin  et  Cadiat,  Harnröhren- 
schleimhaut u.  Drüsen  408.  —  Rochs,  Beckenringbrüche  131.  —  Roederer, 
Axis  conjugata  45.  —  Romary,  Blase  und  Peritonaeum  316.  —  Romiti,  Ge- 
schlechtscharakter  d.  Beckens  105.  —  Rose,  Beckenfrakturen  130 ;  Bruchschnitt 
38 ;  Coeliectomia  postica  24.  —  R  o  s  e  n  b  e  r  g,  Steisswirbel  27.  —  R  o  s  e  n  s  t  e  i  n, 
überzählige  Ovarien  528.  —  R  o  t  h  e ,  Behaarung  der  Frauen  145.  —  R  o  u  g  e  t, 
Bulbus  ovarii  512.  —  Rousseau,  Ureteritis  335.  —  R  o  u  x,  At'termuskulatur  des 
Menschen  208.  —  Roth,  Giraldes'sches  Organ  382;  Urniercnrestc  b.  Menschen  382; 
Vas-aberrans  d.  Morgagni'schenHydatide382;  Vasa  aberrantia  am  Rete  testis  381. 

—  Rückert,  Excretionsorgane  der  Selachier  660.  —  Rüdinge r,  Gelenk- 
nerven 133.  —  Rüge,  Erosionen  u.  Ektropium  537;  Nabelstranggebilde  582.  — 
Rumpe,   Beckenwachsthum  109.  —  Runge,  Russische  weibliche  Becken  102. 

a  a  1  f  e  1  d,  Tyson'sche  Drüsen  565.  —  Sabine,  mensehl  Nabelschnur  582.  —  S  a  1- 
1  er  o  n,  traumatische  Beckenluxationen  132.  —  v.  S  a  m  s  o  n ,  Flexura  sigmoides 
261.  —  Sänger,  Descensus  ovariorum  524;  Chorioma  615;  Tastung  d.  Harnlei- 
ters 548.  —  Sani t er,  Hernia  int.  retrovesicalis 637.  —  Sarasin  Brüder,  Wedda's 
auf  Ceylon  99.  —  Sarbo,  Blasencentren  306.  —  Sa  vage,  Chirurgie  d.  weibl. 
Beckenorgane  571.  —  S  a  p  p  ey,  Lymphgefässe  352.  —  Schatz,  Geburtsmecha- 
nismus 610.—  Scheube,  Filiariakrankheiten  147. —  S chieff er decker,  Rectum 
261.—  Schillbach,  Hernia  ischiadica  ovarii  168.  —  Seh  lagen  häuf  er,  Klappen 
d.  Pars  prostatica  414.  —  Schlesinger,  Exsudationen  im  Becken  630.  —  S  c  h  1  i e  p- 
hake,  Beckenform  105.  —  Schmor  1,  Hermaphroditismus  667.  —  Schönewald, 
Placenta  praevia  614.  —  Schreiber,  Gefrierdurchschnitt  e.  Wöchnerin  611.  —  v. 
S  c  h  r  e  n  k,  Schwangerschaft  99.  —  S  c  h  r  ö  d  e  r,  Geburtshülfe  44;  Portioeinteilung 
465;  Krankheiten  d.  weibl.  Geschlechtsorgane  555.  —  Schröder  u.  Stratz, 
schwangerer  u.  kreisender  Uterus  608.  —  Schröter,  Anthropolog.  Unter- 
suchung a.  Becken  99.  —  S  c  h  ü  1 1  e  r ,  weibliche  Harnröhre  458.  —  S  c  h  u  1 1  z  e,  B., 
Beckenwiderstände  108;  Eingeweidelage  im  weibl.  Becken  496;  Lageveränderungen 
des  Uterus  497;  Nabelbläschen  582;  Retroversion  u.  Retroflexion  482.497;  Uterus- 
lage bei  d.  Lebenden  496;  Versionen  u.  Flexionen  d.  Uterus  496.  —  Schnitze,  0., 
Entwicklungsgeschichte  639.  —  Schwalbe,  Lymphwege  d.  Knochen  88;  Nem*ologio 
218;  Ureteren  335.  —  Schwann,  Stratum  granulosum  509.  —  Schwegel,  Ossi- 
fikation d.  Becken  91.  —  Schweigger-Seidel,  Genitalnervenendigung  366;  Ty- 
son'sche Drüsen  361;  Vater'sche  Körp.  d.  grossen  Schamlippen  556.  —  Schweig- 
häuser, Gebären  56.  —  Sclavunos,  feinere  Nerven  d.  Genitalien  346.  —  Seelig, 
Ausbreitung  d.  Gebärmutterkrebses  478.  —  Semon,  Bauplan  d.  Urogenital- 
systems 660.  —  Seiler,  Mesorchiagogos  660.  —  Sem  per,  Urogenitalsystem  d. 
Plagiostomen  660.  —  S e r g i,  Index  iliopelvicus  99.  —  Sherrington,  Plexus 
lumbosacralis  322;  Motorische  Fasern  d.  Lumbosakralmarkes  275;  Reizung  d.  Lig. 
teres  bei  der  Katze  495 ;  Reizung  d.  Scheidensphinkteren  539.  —  S  i  c  k ,  Biasen- 
divertikel  325.  —  Simon,  Rektumerweiterung  286.  —  Simpson,  Menstruation 
578.  —  Skene,  Ductus  paraurethrales  561.    —    Skutsch,   Beckenmessung  51. 

—  Sobotta,  Befruchtung  d.  Mäuseeies  522;  Corpus  luteum  d.  Maus,  des  Ka- 
ninchen 511;  Uterusmuskulatur  468.  —  Solger,  Menschlicher  Harnapparat  335. 

—  Sonnenburg,  Perityphlitis  261.  — ■  Soulie,  Wanderung  d.  Testikel  b.  d.  Tliieren 
661.  —  S  o  u  1  i  g  o  u  X,  Gefässe  d.  Uterus  u.  d.  Eierstockes  476.  —  Spalteholz,  Blut- 
gefässe d.  Haut  143;  Hautarterien,  Tafeln  143.  —  v.  Spee,  Mensehl.  Keimscheibe 660. 


XXVI  Litteraturverzeichniss. 

~Spieg:el'berg-,  Corpora  lutea  510;  Geburtshülfe  55;  Keizuiio-  d.  Lig.  tcrcs  495. — 
Sprunck,  Tyson'sche  Drüsen  361.  —  Stein,  Geburtshülfe  374.  —  Steinbach, 
Caudalwirbel  28.  —  Stieda,  Arteria  circumflex.  iliuin  17G;  Tyson'sche  Drüsen 
361.  —  Stilling-,  Cowper'sche  Drüsen  416;  Atrophie  verlagerter  Hoden  395.  — 
St  Öhr,  Histologie  458.—  Strack,  Dorsalkyphotisches  Becken  114.  —  St  rass- 
mann, Fr.,  Gerichtliche  Medicin  145.  —  Strassmann,  Ovulation,  Menstruation, 
Konzeption  578.  —  Stratz,  die  Raute  von  Michaelis  120.  ~  S  tr  au  s  s-D  ü  r  ck - 
heim,  M.  iliococcyg-eus 430.  ™  Struthers,  Fascia  perinei  198;  Caecuni  u.  Pro- 
cessus vermiformis  261.  —  Stubenrauch,  Festigkeit  d.  Harnblase  324. —Sut ton, 
Ligamentum  sacrospinosum  95.—  Symington,  Topographie,  anatomy  of  thc 
child  14;  Rectum  and  Anus  152;  The  fold  of  the  natcs  136.  —  Synnestvedt, 
Bursae  mucosae  137. 
Takahasi,  Foetale  u.  Kinderblase  548.  —  Taren  etzky,  Anatomie  d.  Darm- 
kanals 261;  Topographie  d.  Regio  hypogastrica  548.  —  Taruf  f  i,  abnorme  Penis 
kanäle  665.  —  Teratologia  668.  —  T  e  s  t  u  t,  Anatomie  242;  Penisvenen  216;  Urethra 
fixa.  Topographie  410.  —  T  h  e  i  1  e,  Gefässlehre  138.  —  T  h  i  e  r  y ,  Pli  fessier  136.  — 
T  i  1 1  m  a  n  n  s,  Lehrb.  d.  spec.  Chirurgie  370.  —  T  i  1 1  a  u  x ,  Topogr.  Anatomie  33.— 
Timme,  Schräg  verengtes  Becken  118.  —  Timofeew,  Nervenendigungen  der 
männlichen  Geschlechtsorgane  346.  —  Toldt,  anatomischer  AtJas  475;  Anhangs- 
gebilde d.  Hoden  381  u.  382;  Lehrbuch  d.  Anatomie  385;  Musculus  cremaster  385; 
Paradidymis  381.  —  Tommas i,  Ursprung  d.  Hodenlymphgefässe  379.  —  To- 
pin a  r  d,  Thier-  u.  Menschenbecken  99.  —  T  o  u  r  n  e  u  r,  Ureteritis  335.  —  Tour- 
neux,  Tuberculum  genitale  u.  Prostataentwicklung  660;  Urethral(prostata)drüsen 
der  Frau  458.  —  Tourneux  u.  Herrmann,  Sakralgeschwülste  130;  Uterus  503. 

—  Tourneux  et  Legay,  Uterus-  u.  Scheidenentwicklung  660.  —  Träger, 
Tiefer  Douglas  beim  Manne  637.—  Treitz,  Hernia  retroperitonaealis  530;  Mus- 
culi rectococcygei  153,  -  Tr^lat-Bouchard,  Hernia  obturatoria  186.  — 
Trendelenburg,  Operationslage  74;  Unterbind,  d.  V.  saphena  magna  181.— 
Treves,  Darmkanal  u.  Peritonaeura  261.  —  Tschausso  w,  Damm  212;  Harn- 
röhrenmuskulatur 407.  —  Tuffier,  Appareil  urinaire  326.  —  Turner,  Index 
pelvis  99;  Rassenbecken  99;  Sakralindex  27.  —  Turquet,  Kinderbeckendurch- 
messer  105. 

V.  la  Valette  St.  George,  Hoden  388;  Genese  d.  Samenkörper  660.  —  Valiin, 
Eierstockslage  520.  ~  Varnier,  Geburtsmechanismus  610,  —  Veit,  Becken- 
form 93;  Beckenebene  48;  Eileiterschwangerschaft  614.  —  Velpeau,  chirur- 
gische Anatomie  225.  —  Verneau,  Rassenbecken  99.  —  Vernois,  Bourses 
sereuses  professionelles  137.  —  Verrier,  Rassenbeckenformen  103.—  Versari, 
Muskeltonus  der  Blase  406.  —  Vi  a  1 1  e  t  o  n,  Entstehung  der  Blasenexstrophie  664. 

—  Vinson,  Hernia  obturatoria  39.  —  Virchow,  R.,  Blasenmole  615;  Eier- 
stockseinflussauf die  Frau  461;  Hygroma  cysticum  glutaeale  congenitum  169; 
Peri-Parametrium  u.  s.  w.  467;  Prostataconcretionen  d.  Weibes  458;  Puerperale 
Metritis  u.  Parametritis  467;  Schwanzbildung  128;  Wirbelschwänze  126.  —  Vla- 
covich,  Musculus  ischiopubicus  407.  —  Vrolik,  Becken  bei  verschiedenen 
Rassen  99. 

Wagner,  Duralsack  24.  —  Warkalla,  Absperrung  d.  Harnleiter  548.  —  Wal- 
deyer,  Arteria  obturatoria  87;  Atlas  der  Haare  145;  Deciduazellen583;  Eier- 
stock u.  Ei  381;  Fossa  ovarica  474;  Hottentottenschürze  551;  Lage  der  inneren 
weiblichen  Beckenorgane  bei  Nulliparen  520;  Lage  d.  inn.  weibl.  Geschlechtsor- 
gane 520;  Lage  d.  weibl.  Beckenorgane  u.  Frontalschnitt  d.  Uterus  gravidus  520; 
Medianschnitt  e.  Hochschwangeren  112;  Menschen-  u.  Affenplacenta  584;  Myxom  d. 
Samenstranges  397;  Seitenwand  der  Beckenhöhle  u.  Fossa  ovarica  520;  Schnitte 
von  Schwangeren  454;  Topographie  d.  Uterus  520;  Trigonum  vesicae  295;  Ueber 
Krebs  501 ;  Ureterenscheide  335.  —  W  a  1  d  ey  e  r  u.   I  z  q  n  i  e  r  d  o,    Nervenenden 


Litteraturverzeichniss.  XXVII 

der  Glaus  clitoridis  566.  —  W  a  I  d  e  y  c  r  in  Langenbuch :  Sectio  alta  subpubica 
571.  —  Walther,  Sakralgeschwülste  130.  —  Wanjura,  Hypertrichose  und 
Spina  bifida  123.  ~  Warkalla,  Absperrung  der  Harnleiter  548.  —  Wassi- 
lieff,    ürogenitaldrüsen    416.     —     Weber,    Schädel-    und    Beckenformen    90. 

—  Weber,  S.,  Entwickl.  d.  uropoetischen  Apparates  661.  —  Webster,  Ek- 
topische  Schwangerschaft  614;  Nervenenden  der  Labia  min.  und  der  Klitoris 
Ö58;  Ovarium-Hochlage  518;  Rotatio  uteri  484.  —  Weigert,  Bildungsfehler 
der  Ureteren  334.  —  Wendeler,  Tubenentwicklung  504.  —  Werner, 
Hernia  obturatoria  188.  —  Wernich,  Urethralpapille  d.  Japanerinnen  560.  — 
Werth,  Extrauterinschwangerschaft  613.  —  Westphalen,  Physiologie  der 
Menstruation  579.  —  Wiedersheim,  Menschenschwänze  128;  Schulter-  und 
Beckengürtel  91.  —  Wieg  er,  Entstehung  d.  Bänder  d.  weibl.  Genitalapparates 
661.  —  V.  Win  ekel,  Frauenkrankheiten  667;  Lehrbuch  d.  Geburtshülfe  579; 
Weibl.  Dammbrüche  688.  —  Win  kl  er,  Lymphgefässe  d.  Beckenbindegewebes 
917.  —  Windle,  Teratologische  Litteratur  637.  —  Wilson,  Urethralmuskeln  408. 

—  Winter,  Gynäkolog.  Diagnostik  470;  Utcruskrebs  500.  —  Winterhalter, 
Elisabeth,  Ganglion  symp.  im  Ovarium  514.  —  Wood,  Pelvis  99.  —  Wyder, 
Extrauterinschwangerschaft  522. 

Young,  A.  sacralis  med.  Abnormitäten  419. 

Zaaijer,  Javanische  Frauenbecken  100.  —  Zahn,  Tubo-Ovarialcysten  525.— 
Z  e  i  s  s  1,  Blasenverschluss  322.  —  Ziegenspeck,  Anheftungen  d.  Gebärmutter 
495.—  Zuckerkandl,  E.,  Beckenvenen  286;  Ovarialtasche  520;  Processus 
vaginalis  493.  —  Zuck  er  k  a  n  d  1,  0.,  Brüche  im  Douglas  299.  —  Zweifel, 
Krankheit,  d.  äusseren  weibl.  Genitalien  u.  Dammrisse  571;  Mündung  der  Bar- 
tholin'schen  Drüsen  564;  Gefrierdurchschnitte  Gebärender  610. 


Becken  (Pelvis). 

Begriflfebestimmung.    Abgrenzung.    Allgemeine 
Charakteristik.    Gegenden. 

Man  versteht  unter  „Becken"  denjenigen  Theil  des  Körpers,  welcher  den 
unteren  Abschluss  des  Rumpfes  bildet  und  die  unteren  Extremitäten  trägt. 
Das  Becken  setzt  sich  zusammen:  aus  dem  knöchernen  Beckenringe,  den 
ihn  von  aussen  und  innen  bekleidenden  weichen  Beckenwandtheilen, 
einem  von  diesen  in  Verbindung  mit  dem  knöchernen  Ringe  umschlossenen 
Hohlräume,  der  Becken  höhle,  und  endlicli  aus  den  in  dieser  Höhle  gelagerten 
Becken  ei  nge  weiden. 

Abgrenzung  des  Beckens. 

Eine  genaue  topographische  Abgrenzung  des  menschlichen  Beckens  ist 
nicht  zu  geben.  Nach  oben  kann  man  in  der  hinteren  Mittellinie  von  dem 
leicht  bestimmbaren  Dornfortsatze  des  V.  Lendenwirbels  ausgehen,  von  da 
seitlich  an  den  oberen  Schenkeln  der  „Kreuzraute"  (s.  über  diese  S.  7  fif.)  zur 
Spina  iliaca  posterior  superior  und  längs  der  Crista  iliaca,  die  eine 
gute  obere  Grenze  bildet,  bis  zur  Spina  iliaca  anterior  superior  weiter 
schreiten.  Von  der  Spina  iliaca  anterior  superior  an  lässt  sich  vorn 
^ben  die  Grenze  in  der  Leistenbeuge  ziehen;  nur  muss  man  nicht  von 
^er  Leistenbeuge  durch  den  Sulcus  genitofemoralis  weiter  zum  Damm 
gehen,  sondern  etwa  von  der  Mitte  der  Leistenbeuge  ab  dem  Sulcus  pubis 
(pli  de  Venus  der  französischen  Autoren)  folgen,  welcher  dicht  oberhalb 
des  Mons  pubis,  diesen  vom  Bauche  trennend,  von  einer  zur  anderen 
Seite  hinüberläuft.  Die  untere  Grenze  würde  ich  im  Anschlüsse  an 
V-  Luschka^)    nicht   in   die  Ebene   der  unteren  Enden  der  Sitzhöcker  legen, 

1)  v.  Luschka,  H.,  Die  Anatomie  des  Menschen,  IL  Bd.  2.  Ahth.  Die  Anatomie 
tles  menschlichen  Beckens,  Tübingen  1864.    S.  2. 

Waldoyer,  Das  Becken.  ^ 


2  Allgemeine  Charakteristik  des  Beckens. 

sondern  durch  die  Gesässfurche  (Sulcus  glutaeus).  Diese  Abgrenzung 
bringt  freilich  noch  das  Trochanterengebiet  des  Obersehenkels  —  bis  zum 
Troehanter  minor  hinab  —  zum  Becken;  sie  ist  aber  äusserlich  gut  gekenn- 
zeichnet und  zieht  das  ganze  Oesäss,  wie  es  allgemein  üblich  ist,  mit  hierher. 
Nach  oben  hin  geht  das  Hecken  in  den  Baueli,  nacli  unten  in  die  unteren  Ex- 
tremitäten, deren  GUrtel  es  mit  unifasst,  über.  Wie  man  unmittelbar  feststellt, 
ist  durch  die  angeführten  Grenzlinien  nicht  überall  eine  genaue  Abscheidung 
gegeben.  An  dieser  ünvollkommenheit  leiden  alle  unsere  Abgrenzungen ;  prak- 
tisch ist  dies  indessen  belanglos. 


Allgemeine  Oharakterietik  des  Beckens. 

Schärfer  als  sonst  irgendwo  an\  Rumpfe  prägt  sich  die  seitliche  Sym- 
metrie am  Becken  aus,  indem  an  ihm  die  Zweitheilung  der  unteren  Extremi- 
tät äusserlich  bereits  angedeutet  ist  (Crena  ani,  Perinealfurchen).  Dies  Verhalten 
hat  seine  praktisch  wichtige  Seite  (bei  Anlegung  von  Verbänden,  bei  Opera- 
tionen u.  s.  w.).  Da  aber  die  Zweitheilung  nicht  völlig  durchgeht,  so  gewinnen 
wir  eine  natürliche  Dreitheilung  in  der  Gesammtanordnung  der  Beckenorgane: 
zwei  seitliche  symmetrische  Massen  von  verhältnissmässig  mäch- 
tigem Ausbaue  fassen  einen  schmalen  mittleren  Bezirk  mit  unpaaren, 
jedoch  ebenfalls  symmetrisch  angelegten  Bildungen  zwischen  sich. 
Die  seitlichen  Massen  sind  wesentlich  knöcherne,  ligamentöse  und  muskulöse 
Bildungen;  sie  gehören  zum  mechanischen  Apparate  der  unteren  Extremität; 
die  medianen,  z.  Th.  unpaaren  Organe  sind,  wenn  wir  zunächst  nur  das  äusser- 
lich Wahrnehmbare  anführen,  die  äusseren  Harn-  und  Geschlechtsorgane  und 
der  After  mit  der  zugehörigen  Muskulatur. 

Dasselbe  Verhalten  findet  sich  in  der  Beckenhöhle;  die  Eingew^eide  sind 
hier  zumeist  unpaar  und  nehmen  die  Mitte  des  Cavum  pelvis,  einem  medianen 
Septum  vergleichbar,  ein ;  eine  Anzahl  Eingeweide  sind  paarig  und  liegen  lateral 
(üreteren  —  bei  beiden  Geschlechtern  — ,  Vasa  deferentia  mit  ihren  Anhangs- 
gebilden beim  Manne,  Tuben,  Eierstöcke,  Nebeneierstocksgebilde  beim  Weibe). 
In  dieser  Anordnung  der  Eingeweide  nähert  sich  das  Becken  dem  Kopfe  und 
Halse;  nur  haben  wir  im  Becken  noch  einen  erheblichen  Theil  der  serösen 
Höhle,  welche  am  Kopfe  und  Halse  fehlt. 

Aber  noch  in  einer  anderen  Beziehung  findet  sich  eine  Annäherung,  ins- 
besondere zwischen  Kopf  und  Becken:  ich  meine  das  Vorhandensein  von 
äusseren  Oeffnungen  für  die  grossen  Schleimhauttractus,  sowie  den 
Umstand,  dass  diese  Oeffnungen  und  die  zunächst  anstossenden  Schleim- 
liautrohrtheile  auch  am  Becken  nicht  von  Fortsetzungen  der  Serosa  um- 
geben, sondern  in  Fettkörper  und  in  Muskeln,  die  vielfach  in  die  Haut 
ausstrahlen,  fest  eingelassen  sind.  Auch  diese  Disposition  erfordert  in  prakti- 
scher Beziehung,  wie  im  Schlusskapitel  hervorgehoben  werden  soll,  die  grösste 
Berücksichtigung. 


Goofenden  des  Beckens. 


Gegenden. 


Die  BNA.^)  nehmen  folgende  Gegenden  am  Becken  an  (s.  die  Figg.  1, 
2^  ?)  und  4):  1.  Regio  pubica,  2.  Regio  pudendalis,  3.  Regio  perine- 
^Hs,  4.  Regio  sacralis.  Diese  Regionen  sind  unpaar.  Paarig  sind:  5.  Re- 
giones  inguinales,  6.  Regiones  subinguinales,  7.  Regiones  coxae, 
8-  Regiones  trochantericae,  9.  Regiones  glutaeae.  Nach  der  hier 
^angenommenen  Abgrenzung  des  Beckens  fallen  die  meisten  dieser  Gegenden, 
wie  ein  Blick  auf  die  angezogenen  Figuren  lehrt,  ganz,  die  Regiones  pubica 
Und  inguinales  zum  Theil  hinein.    Die  Regio  pudendalis  umfasst  die  äusseren 


Fig.  12). 
/    R.epig.    \R.hypock 


Fig.  22). 


Regiones  ventrales  pelvis. 


Regiones  dorsales  pelvis. 


^eschlechtstheile.  Die  Regio  perinealis  wird  (s.  Figg.  3  u.  4)  noch  in  zwei 
Untergegenden:  Regio  analis  und  urogcnitalis  eingetheilt.  Bei  der  Be- 
schreibung werden  wir  diesen  Namen  und  dieser  Eintheilung,  so  weit  es  das 
pmktische  Bedürfniss  erheischt,  folgen. 


1)  ENA.  (Baseler  Nomina  anatomica)  ist  die  Abkürzung  für  die  Festsetzung  der 
^-natomischen  Nomenklatur,  wie  sie  im  April  d.  J.  (1895)  auf  der  Anatomenversamm- 
lung in  Basel  angenommen  worden  ist.  Sie  ist  hier  überall  zu  Grunde  gelegt.  Wo 
^ii*  für  Dinge,  die  in  den  BNA.  nicht  aufgeführt  sind,  besondere  Namen  erforderlich 
^i'schienen,  habe  ich  sie  entweder  aus  dem  vorhandenen  Wortschätze  entnommen 
*^<ier  neu  gebildet.  Sie  sind  dann  mit  dem  Namen  des  Autors  oder  mit  „m**  bezeichnet, 
^a»  wo  ein  bestimmter  Autor   nicht    zu    ermitteln    war,    habe   ich    in    üblicher  Weise 


i»ftUtt.**  hinzugefügt. 

2)  Kopien   nach   Fig.  1 
Biologie  1895,  Supplem. 


2,   Taf.  I  u.  II  der  BNA.    Arch.    f.   Anat.   und  Phy- 


Oeg-enden  des  Beckens. 


Fig.  S. 


Reg'ionos  inferiores  pelvis  virilis. 


Fiff.  4. 


Monspnhis 

Symph.  -    - ,_ 

Orif.urelhr.ixt.-..^ 
Lah.muf 

Orificüim^  /i'üT. 
Tahepjisch 


Li/f.  saeretab. 


Re^iones  inferiores  pelvis  muliebris. 


Vorderansicht  des  Beckens.    Grenzlinien  und  Grenzfurchen. 


Aeusseres  Bild  des  Beckens.    Grenzlinien 
und  Grenzfurchen. 

Vorderansicht. 

Leistenbeuge  (Leistenfurche).    Schamfurche.     Schenkel- 

beugungsftirche.  Genitofemoralfurche.  Inguinaldreieck.  Rectuslinie. 

Das  äussere  Bild  des  Beckens  wird  am  besten  nach  vier  verschie- 
denen Ansichten  geschildert:  nach  der  Vorderansicht,  Ettckenansicht,  Seiten- 
ansicht und  Dammansicht. 

In  der  Ansicht  von  vorn  fallen  die  äusseren  Geschlechtsorgane 
mit  ihrer  nach  Eintritt  der  Pubertät  erlangten  Behaarung  am  meisten  ins  Auge. 
Zu  ihnen  gehört  der  Seh  am  b  er  g  (Mons  pubis),  der  die  stärkste  Behaarung 
zeigt,  die  an  den  Geschlechtstheilen  immer  mit  der  stärksten  Fettablagerung 
zusammenfällt.  Der  Schamberg  ist  durch  die  Schamfurche  (Sulcus  pubis) 
von  der  ünterbauchgegend  abgesetzt.  Ausser  der  Schamfurche  i)  müssen  noch 
unterschieden  werden:  die  Inguinal-  oder  Leistenfurche  (Leistenbeuge, 
Sulcus  inguinalis),  die  Schenkelbeugungsfurche  (Sulcus  flexorius 
femorism.)  und  die  Genitofemoralfurche  (Sulcus  genitoferaoralis  m.). 
Die  Schamfurche  tritt  bei  der  Beugung  immer  deutlich  hervor,  insbesondere  bei 
etwas  fettleibigen  Erwachsenen  und  gut  genährten  Kindern.  Sie  läuft  seitlich 
meist  in  die  Inguinalfurche  aus,  die  sie  nach  mehr  oder  minder  weitem 
selbständigen  Zuge  erreicht. 

Die  Inguinalfurche  oder  Leistenbeuge  folgt  dem  Laufe  des  Liga- 
mentum inguinale  (Pouparti)  und  ist  daher,  wie  dieses,  leicht  gebogen.  Sie 
beginnt  an  der  Spina  iliaca  anterior  superior  mit  einem  mehr  horizontal  streichen- 
den Anfangssttieke  (Fig.  5,  6),  welches  nach  hinten  in  die  Httftfurche,  s.w.  u., 
tibergeht  und  bei  vielen  Figuren  der  antiken  Künstler  besonders  ausgebildet  er- 
scheint (Fig.  7);  vorn  läuft  sie  steil  nach  abwärts  zu  den  äusseren  Geschlechts- 
theilen hin  in  die  Genitofemoralfurche  aus.  Beim  Manne  scheidet  die  Genito- 
femoralfurche das  Scrotum  nebst  dem  Mons  pubis  vom  Oberschenkel  ab,  beim 
Weibe  die  Labia  majora  und  den  Mons  pubis. 

Beim  Weibe  kommt  nun  oft  noch  eine  dritte  Linie  hinzu,  die  auch  bei 
^wohlgenährten  Kindern  beider  Geschlechter  sich  zeigt,  beim  Manne  aber  seltener 
^st2),    clie    Schenkelbeugungsfurche,    Sulcus  flexorius   femoris.     Sie 

1)  „Hypogastriumfurche",  „Hypogastriumlinie",  Leboucq,  Ueber  den  antiken 
Schnitt  der  Beckenlinie,  Bericht  der  Anatomen- Vers,  in  Basel,  1895,  S.  88.  —  „Pli  de 
Vdnus"  der  französischen  Autoren;  vgl.  z.B.  Felizet,  G.,  Les  hernies  inguinales  de 
l'enfance,  Paris,  1894.  8.  Massen. 

2)  Leb  DU cq,  1.  c.  gibt  an,  dass  sie  beim  borghesischen  Fechter  zu  sehen  sei, 
^nd  zwar  mit  den  beiden  anderen  Linien  zusammen.  Ich  linde  alle  drei  Furchen 
oezw.  Linien  auch  beim  Aj)oxyomenos, 


Grenzfurchen.    Beckenlinie. 


Fig.  5. 


geht  ebenfalls  von  der  Genitofemoralfurche  aus,  zieht  aber  dann  nicht  steil 
nach  oben,  wie  die  Inguinalfurche,  sondern  mehr  quer  nach  aussen  auf  der 
vorderen  Oberschenkelfläche  dicht  unterhalb  der  Inguinalfurche  hin. 

Fig.  5  zeigt  die  Schauifurche  und  die  Genitofemoralfurche  von  einem 
jungen  Manne;  beide  Furchen  laufen  in  die  Leistenfurche 
aus,  so  dass  damit  die  Dreiecksform  des  Mons  pubis  gegeben 
ist.  Diese  Configuration  ist  die  häufigste  bei  jugendlichen^ 
nicht  fetten  männlichen  Individuen.  Selten  bleiben  Scham- 
furche und  Inguinalfurche  beim  Manne  getrennt.  Eine 
andere  häutige  Anordnung  der  Linien  zeigt  F'igur  6  von 
einem  jungen  Mädchen:  die  Schamfurche,  welche  nach 
oben  in  die  Leistenfurche  ausläuft  und  die  von  beiden 
getrennt  bleibende,  in  die  Genitofemoralfurche  übergehende 
Schenkelbeugungsfurche.  Bei  wohlgenährten  Männern  zeigt 
sich  dasselbe;  zwischen  den  beiden  getrennten  Furchen 
springt  dann  ein  deutlicher  Wulst  vor,  der  auf  den  Mons 
pubis  und  das  Scrotum  zuläuft;  in  ihm  fühlt  man  den 
Samenstrang.  Beide  Figuren,  5  und  6,  habe  ich  nach 
den  in  Brücke's  vortreflBiehem  Büchelchen ^  enthaltenen  Figuren  Nr.  15  und 
20  wiedergegeben.     Sie  beruhen  auf  Photographien  von  Lebenden. 

Mitunter  zeigt  sich  noch,  s.  Fig.  6,  eine  geringer  aus- 
geprägte dritte  Furche  oberhalb  der  Schamfurche,  sie  ist 
auch  in  R.  Hart  mann 's  Fig.  240  angedeutet ^j. 

Viel  besprochen  3)  ist  die  charakteristische  Form  der  Tii- 
g'uinalfurche  (auch  „Beckenlinie"  genannt)  bei  manchen  antiken 
Bildwerken ;  es  springt  hier  der  Winkel  zwischen  beiden  Fur- 
chenschenkelu  weit  nach  vorn  vor  und  der  obere  Schenkel  der 
Furche  liegt  auffallend  horizontal  und  ist  ungewöhnlich  lang. 
Vergl.  Fig.  7.  Kopienach  Brücke.  Nach  abwärts  theilt  sich  auch 
hier  die  Inguinalfurche  in  die  Schamfurche  und  die  Genitofemo- 
ralfurche. Ich  habe  stets  den  auffälligen  queren  oberen  Schen- 
kel als  Ausdruck  einer  Muskel  marke  angesehen,  und  zwar 
des  Ueberganges  des  unteren  vorderen  Theiles  des  Muskel- 
fleisches vom  Obliquus  externus  abdominis  in  seine  Sehnenfasern. 
Jüngst  hat  Leboucq  (gegen  Brücke's  Meinung,  der  den  in 
Rede  stehenden  Schenkel  auf  ein  abnorm  nach  vorn  sich  er- 
streckendes Stück  des  Darmbeinkamnies    zurückführen  wollte) 


Fig.  6. 


1)  Brücke,  E.,  Schönheit  und  P'ehler  der  menschlichen  Gestalt,  Wien  1891. 
W.  Braumüller. 

2)  Als  Beispiele  einer  getrennten  Furchenbildnng:  zusammenhängende  Inguinal- 
+  Schamfurche  oben,  Genitofemoral-  +  Schenkelbeugungsfurche  unten,  mit  dazwischen 
liegendem  Wulst,  wie  dies  so  häufig  bei  Weibern  erscheint,  mögen  noch  die  beiden 
Figuren  240  und  241  in  R.  Hart  mann 's  Handbuch  der  Anatomie  des  Menschen, 
Strassburg  1881,  erwähnt  sein.  —  Bei  Kindern  ist  diese  Bildung  ebenfalls  häufig;  es 
steht  hier  die  Schamfurche  meist  höher;  man  vgl.  z.  B.  die  im  Vatikau  befindliche 
Kopie  der  berühmten  Gruppe  des  Boethos  „Knabe  mit  der  Gans". 

3)  Vgl.  u.  A.  Brücke  und  Leboucq  1.  c, 


Rectuslinie.    Inguinaldreieck.     Rückenansicht.    Crena  ani.    Lendenraute.  7 

dem  Ausdruck  gegeben,  1.  c,  und  Kollmann  und  Schwalbe  haben  sich  in  gleichem 
^inne  ausgesprochen.  Nicht  genau  der  Wirklichkeit  entsprechen  kann  aber  bei  diesen 
a^ntiken  Bildwerken  das  absteigende  Stück  der  Inguinalfurche  (Fig.  7). 

An  der  Fig.  7  bemerken  wir  noch  als  topogra- 
phisch wichtige  Dinge  die  Rectnslinie  (Linea  mus-  ^^^'  ^• 
culi  recti  m.)  —  entsprechend  dem  lateralen  Rande  des 
Musculus  rectus  abdominis  —  und  das  zwischen  dieser  und 
<iem  absteigenden  Theile  der  Inguinalfurche  bezw.  Scham- 
furche liegende  dreieckige  Feld.  Es  ist  dies  W.  Henke 's  V) 
Inguinaldreieck  (Trigonum  inguinale)  —  „meplat 
sus-inguinal"  der  französischen  Autoren  —.  Beide  Bildungen 
sind  wichtig,  sowohl  die  Rectuslinie,  als  auch  das  Inguinal- 
dreieck,  letzteres  als  die  schwächste  Stelle  der  Bauch- 
wand;  wir  haben  hier  von  muskulösen  Theilen  nm*  dünne 
Partien  des  Musculus  obliquus  internus  abdominis  und  des 
Transversus  abdominis.  In  das  unterste  Ende  des  In- 
guinaldreieckes  fällt  der  subcutaneLeistenring. 

Wenn  man  dem  Sprachgebrauche  folgt  —  der  sich  in  diesem  Falle  mit 
den  anatomischen  Thatsachen  deckt  — ,  dass  der  Bauch  mit  der  Leistenbeuge 
aufhört  und  der  Oberschenkel  mit  ihr  beginnt,  so  ist  bei  der  Betrachtung 
von  vorn  her  vom  Becken  und  seinen  Theilen,  abgesehen  von  den  äusseren 
Geschlechtstheilen,  Nichts  zu  sehen.  Die  von  uns  angenommene  untere  Grenze, 
d-  i.  die  Gesässfurche,  gestattet  jedoch,  das  oberste  Sttick  der  vorderen  Ober- 
schenkelfläche hinzuzunehmen. 


Rückenansicht.    Orena  ani.    Nates.    Hüftfurche.    Lendenraute. 

Kreuzraute.    Sulcus  glutaeus.    Trochantergrube.    Laterale 

Glutaealfurche.    Luftfigur. 

Bei  der  Ansicht  vom  Rücken  treten  als  am  meisten  auflfällige  Theile  die 
durch  die  Crena  ani  geschiedenen  Hinterbacken  hervor,  die  so  recht  dem 
Becken  angehören.  Nach  oben  markirt  sich  der  D  a  r  m  b  e  i  n  k  a  m  m ;  ihm 
entlang  läuft  die  Hüftfurche.  In  der  Gegend  der  Lendenwirbel  und  des 
Kreuzbeines  tritt,  namentlich  bei  Streckung  des  Rumpfes,  eine  rautenförmige 
Depression  hervor,  die  Lendenraute.  Die  dem  Kreuzbeine  entsprechende 
iintere  Hälfte  dieser  Figur  bildet  eine  auch  ohne  stärkere  Muskelaction  wahr- 
nehmbare, leicht  gewölbte  Abflachung,  die  ebenfalls  rautenförmig  gestaltet  sein 
kann  —  Kreuzraute —  öfters  aber  auch  als  ein  Dreieck  mit  unterer  Spitze 
■^  Kreuzbeindreieck  —  erscheint. 

Der  obere  Winkel  der  L  c  n  d  e  n  r  a  u  t  e  liegt  verschieden  lioch ;  vom 
12.  Brustwirbeldorn  bis  3.  Lendenwirbeldorn  kann  er  in  seiner  Lage  schwanken. 
W'enn  die  beiden  Musculi  sacrospinales  in  Action  treten,    so   markirt   sich 

1)  Henke,  W.,  Topographische  Anatomie  des  Menschen.    Berlin,  1884.    S.  287. 


8  Kreuzraute.    Fossulae  lumbales. 

beiderseits  die  Linie  des  Ueberganges  ihres  Fleisches  in  die  Sehnen.  Diese 
Muskelfleischmarken  convergiren  nach  oben;  da,  wo  sie  einander  treffen,  liegt 
der  obere  Winkel  der  Lendenraute,  je  nach  der  Ausbildung  der  Muskeln 
höher  oder  tiefer,  spitzer  oder  stumpfer.  Der  untere  Winkel  wird  durch  das 
Zusammentreffen  der  beiden  Nates  hergestellt  und  entspricht,  je  nach  der  Stärke 
des  Gesässpolsters,  dem  unteren  Ende  des  4.  oder  (meist)  des  5.  Kreuzwirbels. 
Er  ist  für  beide  Rauten  derselbe.  Die  oberen  Winkel  sind  für  beide  Rauten 
verschieden.  Der  obere  stumpfe  Winkel  der  Kreuzraute  wird  oft  durch  ein 
Grübchen  markirt,  welches  sich  dicht  unterhalb  des  Processus  spinosus  des 
5.  Lendenwirbels  zeigt.  Oberhalb  der  Spina  iliaca  posterior  superior  bleibt  ein 
kleines  ovales  Knochenfeld  frei  von  Muskelfleisch.  In  Folge  dessen  entsteht 
jederseits  ein  Grübchen,  welches  die  beiden  Seitenwinkel  der  Kreuzraute 
markirt,  und  insbesondere  bei  Frauen  deutlich  ist.  Sonach  markirt  sich  die 
Kreuzraute  durch  folgende  Knochenpunkte :  oben  durch  den  Processus  spi- 
nosus des  5.  Lendenwirbels,  unten  durch  den  Zusammenstoss  der  Hinterbacken, 
dem  Ende  des  Kreuzbeines  entsprechend,  links  und  rechts  durch  je  ein  Grüb- 
chen,   welches  mit  der  Spina  iliaca  posterior  superior  correspondirt. 

Beim  Manne  findet  sich  nicht  selten,  ausser  diesem  Grübchen,  noch  ein  zweites 
höher  oben  an  der  Dannbeincrista  gelegenes,  welches  dem  lateralen  Ansatz- 
punkte des  Musculus  sacrospinalis  entspricht.  Jedes  dieser  beiden  seitlichen 
Grübchen  kann  den  lateralen  Winkel  der  Lenden-  wie  der  Kreuzraute  bilden  *). 
Bei  Weibern  fehlt  meist  das  obere  Grübchen,  doch  habe  ich  es  in  einem  Falle 
sicher  feststellen  können. 

Bei  gut  genährten  kräftigen  Personen  berühren  sich  die  beiderseitigen 
Hautflächen  in  der  Crena,  in  deren  Tiefe  die  Steissbeinspitze  verborgen  liegt. 
Die  Tiefe  der  Crena  kann,  bei  starkem  Gesäss,  sehr  beträchtlich  werden  und 
hat  dieser  Umstand  auch  seine  praktische  Bedeutung  (Hautaffectionen,  Intertrigo, 
Berücksichtigung  bei  Operationen,  Verbänden  u.  a.). 

Die  Steissbeinspitze  liegt  erheblich  tiefer  als  der  untere  Winkel  der  Kreuz- 
raute. In  der  Mitte  der  Raute  fühlt  und  (hei  Mageren)  sieht  man  die  Pro- 
cessus spinosi  des  Kreuzbeines  (Crista  sacralis  media). 

Die  Configuration  der  Kreuzraute  hat  ein  nicht  unerhebliches  Interesse, 
insbesondere  für  die  Beurtheilung  der  Beckenneigung  und  für  die  äussere 
Beckenmessung.    Ich  komme  später  darauf  zurück. 

Die  beiden  oberen  Schenkel  der  Kreuzraute  sind  kürzer  als  die  unteren. 
Bei  Weibern  liegt  die  obere  Rautenspitze,  i.  e.  der  Processus  spinosus  Jumbalis  V., 
3—4  cm  oberhalb  der  Verbindungslinie  beider  unteren  seitlichen  Grübchen,  i.  e.  beider 


1)  Das  der  Spina  iliaca  posterior  supc^rior  entsprechende  Grübchen  wird  von  den 
Franzosen  als  „fossette  lonibaire  laterale  inferieure",  das  am  Sacrospinalis-Ansatze 
liegende  als  „fossette  lombaire  laterale  superieure"  bezeichnet.  (Fossulae  lumbales 
laterales  superior  et  inferior.)  Die  oberen  Winkel  der  Lenden- bezw.  der  Kreuzraute 
könnten  als  „Fossula  lumbalis  (sacralis)  medialis  superior",  der  untere,  beiden 
Rauten  gemeinsame  als  „Fossula  lumbalis  medialis  inferior"  auf^*eführt  werden.  Vgl. 
hierzu:  P.  Rieh  er,  Anatomie  artistique.    Paris,  1890,  H.  E.  Plön,  Nourrit  et  Comp. 


Ffir.  B. 


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Kreuzraute.    Glutäalfurcheu.    Trochantergrube.    Luftfigur.  9 

Spinae  iliacae  posteriores  superiores.  Die  Kreuzraute  ist  in  ihrer  Ausbildung  vielen 
Schwankungen  unterworfen.  Bei  Anspannung  der  Rtickenstrecker  wird  sie  etwas 
verwischt,  indem  letztere  dann  als  zwei  zur  Crena  ani  hin  zugespitzte  Wülste  vor- 
springen. —  Die  Abbildung  Fig.  8  zeigt  die  Lendenraute  sehr  regelmässig  und 
deutlich  von  einem  der  durch  Dr.  Stuhlmann  in  Berlin  vorgeführten  Akka-Mädchen 
(nach  einer  Photographie  von  Prof.  G.  Fritsch).  Weniger  deutlich,  aber  immerhin 
Erkennbar,  tritt  die  Kreuzraute  in  Fig.  9  (junger  Sicilianer,  nach  einer  Photographie 
von  W.  von  Gloeden)  hervor.  Hier  lässt  sich  auch  die  dem  3.  Kreuzwirbel  ent- 
sprechende hintere  Vor  Wölbung  des  Sacrum  erkennen.  Bei  fettleibigen  Personen  — 
man  vergleiche  Taf.  XXTI  der  „Gynäkologischen Klinik"  von  W.A.Freund,  Strass- 
burg,  Trübner,  1885,  —  kann  sich  ein  querer  Fettwulst  (Weichenwulst,  Bourrelet 
graisseux  du  flanc,  P.  Rieh  er)  von  einem  Darmbeinkamme  zum  anderen  durch 
die  Lendenraute  hindurchziehen.  Oefters  sind,  wie  erwähnt,  die  beiden  oberen, 
Itürzeren  Schenkel  der  Kreuzraute  undeutlich;  wir  erhalten  dann  eine  Dreiecksfigur, 
>^elche  dem  unteren  grösseren  Theile  der  Raute  entspricht.  Brücke,  1.  c.  S.  95, 
spricht  nur  von  einem  solchen  Dreiecke  „Kreuzbeindreieck**  i). 

Je  nach  der  grösseren  oder  geringeren  Fettablagerung  tritt  der  Darm- 
beinkamm als  Knochenrelief  weniger  oder  mehr  hervor.  Bei  starker  Fettpol- 
sterung kann  er  selbst  kaum  zu  fühlen  sein.  Die  grossen  individuellen  Ver- 
schiedenheiten in  der  Bildung  der  Nates  sind  bekannt. 

Wichtig  ist  dieSchenkelgesässfurche,  Sulcusglutaeus;  wir  nahmen 
sie  vorhin  als  untere  Grenze  des  Beckens  an.  Bei  aufrechtem  Stehen,  gleich- 
Daässig  auf  beiden  Beinen,  verläuft  sie  völlig  quer.  Sind  die  Oberschenkel  und 
das  Becken  gut  gebildet  und  gut  genährt,  so  schliessen  sie,  namentlich  bei 
Frauen  dicht  zusammen;  die  Crena  ani  verläuft  dann  geradewegs  in  die  Ober- 
schenkelschlussfurche aus;  beide  Glutäalfurchen,  die  etwa  von  derselben  Länge 
smd,  wie  die  Crena  ani,  bilden  mit  dieser  und  der  Schenkelschlussfurche  ein 
Kreuz  (s.  Fig.  8).  Stellt  man  sich,  wie  gewöhnlich,  mit  Standbein  und  Spiel- 
bein auf,  so  sinkt  die  Glutäalfurche  am  Spielbeine  hinab  und  nimmt  einen  mehr 
schrägen  Verlauf;  am  Standbeine  bleibt  sie  quer  und  tritt  etwas  mehr  nach  oben 
(s.  Fig.  9).  Noch  ein  anderes  Relief  und  eine  andere  Furche  sind  zu  er- 
mähnen, der  Trochantervorsprung  mit  der  dahinter  liegenden  Tro- 
chantergrube und  der  sich  anschliessenden  lateralenGlutäalfurche 
(s.  Fig.  9). 

Falls  beide  Oberschenkel  nicht  zum  Schlüsse  zu  bringen  sind,  bleibt  zwi- 
schen ihnen  ein  Spalt,  die  sogenannte  ^Luftfigur".  Auch  deren  Berücksich- 
tigung hat  für  die  Diagnostik  gewisser  Becken-  und  Schenkelfehler  Bedeutung. 

1)  Die  Lenden-  und  Kreuzraute  in  ihrem  Verhalten  zur  in  voller  Aktion  befind- 
lichen Muskulatui',  sowie  die  Trochantergrube,  sind  in  vortreflTlicher  Weise  zu  sehen 
in  der  von  Kollmann  mitgetheilten  Figur  eines  nackten  Kriegers  von  Michelangelo 
(Plastische  Anatomie  S.  389)  und  in  einer  Zeichnung  Raffaello  Santi*s,  mitgetheilt 
von  M.  Duval  et  Bical  (L*Anatomie  des  maftres,  Paris  1890,  Fl.  IV. B).  Auch  die 
Heueren  Meister  verstehen  sie  zu  bilden,  vgl.  die  in  der  Rückenansieht  gemeisselte 
'^^'eibliche  Figur  in  Carpeaux'  vielbesprochener  Tanzgruppe  an  der  Grossen.  Oper 
2U  Paris.  —  Die  in  Schröder'«  Lehrbuche  wiedergegebene  Rückenansieht  der  Capitoli- 
Hischen  Venus  zeigt  eine  auffallend  grosse  Lendenraute;  Brücke,  I.e.  S.  96,  tadelt 
<iiese  Form. 


10  Seitenansicht.    Dammansicht. 


Seitenansicht. 


Von  der  Seite  her  gewahrt  man  (von  hinten  nach  vorn  gehend,  den 
Körper  in  aufrechter  Stellung  gedacht)  oben  noch  ein  Stück  der  Kreuz- 
raute mit  dem  Vorsprunge  der  Rückenstrecker,  die  Hüftfurche,  Sulcus  coxae, 
mit  der  oberen  Grenzlinie  des  Darmbeinkammes,  und  ihrem  so  charakte- 
ristischen höchsten  Punkte,  der  (bei  herabhängendem  Arme)  in  die  Axillarlinie 
und  ungefähr  auch  in  die  Linie  des  Trochanter  major  fällt.  Wird  der  Arm 
gerade  nach  vorn  rechtwinklig  zur  Körperaxe  ausgestreckt,  so  rückt  der  untere 
Schulterblattwinkel  fast  genau  über  den  höchsten  Punkt  der  Crista  iliaca.  Nach 
hinten  und  unten  haben  wir  die  Wölbung  des  Gesässes;  nach  vorn  fällt  die 
Linie  des  Darmbeinkammes  ziemlich  steil  ab  und  endet  mit  der  deutlich  vor- 
springenden Spina  iliaca  anterior  superior.  Von  dieser  aus  sieht  man 
den  Verlauf  der  Leistenbeuge,  der  Schamfurche,  des  Sulcus  genitofemoralis,  mit 
dem  leicht  bogenförmigen  vorderen  Grenzcontur  des  Oberschenkels. 
Dieser  verbirgt,  abgesehen  vom  Mons  pubis,  beim  gut  genährten  und  normal 
gebauten  Weibe  gänzlich  die  äusseren  Geschlechtstheile.  Deutlich  ist  ferner 
die  flache  Trochantergrube. 


Untere  oder  Dammansicht.    Interfemineum.    Anus.    Damm. 
Sulcus  glutaeoperinealis. 

Da  von  oben  sich  der  Bauch,  von  unten  her  beide  Oberschenkel  an  das 
Becken  ansetzen,  so  ist  (abgesehen  von  dem  bisher  beschriebenen)  von  aussen 
an  diesem  nur  noch  das  schmale  Gebiet  zwischen  beiden  Oberschenkeln,  das 
„Interfemineum"^)  wahrzunehmen.  Letzteres  umfasst  von  hinten  nach  vorn 
gerechnet,  den  Anus,  den  Damm  (Perineum)  und  beim  Manne  noch  die 
Wurzel  des  Scrotum  (nebst  einem  Theile  der  Unterfläche  des  Penis);  beim 
Weibe  die  grossen  und  kleinen  Schamlippen  mit  dem  Vorhofe  und  den  in  letz- 
teren führenden  Oefliiungen  der  Scheide,  der  Harnröhre  und  der  Bartholini'schen 
Drttsen,  so  wie  die  Clitoris  und  selbst  noch  einen  Theil  des  Mons  pubis.  Dass . 
alles  dieses  noch  in  das  von  beiden  Oberschenkel-Ansätzen  umfasste  Gebiet 
fällt,  lehrt  ohne  Weiteres  die  Betrachtung  eines  jeden  Medianschnittes  (vgl. 
hierzu  die  später  abgedruckten  hierauf  bezüglichen  Figuren).  Nur  betreffs  der 
Analöffnung  und  des  grössten  Abschnittes  des  Dammes  ist  noch  ergän- 
zend hinzuzufügen,  dass  diese  Theile  nicht  unmittelbar  zwischen  den  Ober- 
schenkeln, sondern  zwischen  den  Hinterbacken  liegen,  welche  letztere  sich 
zwischen  beide  Oberschenkel  einschieben.  (Vgl.  die  genannten  Abbildungen.) 
Durch  das  Vordringen- eines  Theiles  der  Nates  (Fig.  10  und  11  w.)  zwischen 
die  Oberschenkel  kommen  sogar  noch  das  Scrotum  und  die  Labia  majora  mit 
den  Hinterbacken  in  Zusammenhang. 


1)  Vom  veralteten  „Femen**  (statt  Femur). 


h    hm    ^^vinaHii     .dir-'    Lria-    IS!    ^i.     tr.Hohi.üHi.     hn    ^«i;uiiiku,k.t:isHieii 


II    pjijir;-     -iiiil:iJ*'>     rxlti'iuit'' 


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Jen,!  -Tni/i  ilm  ilif  <  HiiFiiiirüiiTlM'  vmii  UbrrM'lM'iiki^l  mJ>: 
y,ni>r!ini  iliiiii  iiiii!  «Inii  Fhtiifiüf  iiimI  ^u"iit'iiniMkiii  Srr.i- 
il   >idij}iiili|i|M'i}    Mi-li    imnurkiirnk/    lMiridit\    Hiileiis   -In 


'    UM 


12  Individuelle  und  Eassenverschiedenheiteu.    Steatopygie. 


Verschiedenheiten  des  äusseren  Beckenbildes 
nach  Individualität,  Rasse,  Lebensalter  und  Geschlecht. 

Individuelle  Verschiedenheiten. 

Wie  beim  übrigen  Körper,  so  wechselt  auch  beim  Becken  das  äussere 
Bild  beträchtlich  nach  den  einzelnen  Individuen.  Grössere  Breite  des  knöcher- 
nen Beckens,  eine  grössere  oder  geringere  Beckenneigung,  Magerkeit  oder 
Wohlbeleibtheit,  geringere  oder  stärkere  Ausbildung  der  Muskulatur,  und  die 
verschieden  starke  Entwicklung  der  äusseren  Genitalien  bedingen  vorzugsweise 
die  Unterschiede.  Wichtig  insbesondere  ist  die  Beckenneigung;  wir  kommen 
später  darauf  zurück. 

Verlassen  wir  das  Gebiet  des  Normalen,  dessen  Abgrenzung  vom  Patho- 
logischen hier  wie  überall  nicht  scharf  zu  bestimmen  ist,  so  stossen  wir  auf 
noch  grössere  Verschiedenheiten  des  äusseren  Beckenbildes  bei  den  einzelnen 
Individuen;  auch  für  diese  Verschiedenheiten  verweise  ich  auf  einen  späteren 
Abschnitt. 


Bassenverschiedenheiten. 

Die  Rassen  Verschiedenheiten  sind  gerade  beim  Becken  sehr  beträchtlich. 
Zum  grossen  Theile  sind  sie  durch  das  Verhalten  des  knöchernen  Beckens 
bedingt  und  werden  bei  der  Besprechung  des  letzteren  ihre  Erledigung  finden. 
Weiter  kommt  für  das  äussere  Beckenbild  die  Neigung  der  betreffenden  Völker- 
schaften zu  grösserer  oder  geringerer  Fettbildung  in  Betracht,  und  ist  hier  die 
Steatopygie^)  besonders  hervorzuheben.  Die  charakteristische  Steatopygie 
(Fettsteissbildung),  wie  sie  bei  den  Weibern  der  Hottentotten  und  der  Buschleute 
beobachtet  wird,  zeigt  eine  monströse  Entwicklung  des  Gesässfettpolsters  der- 
art, dass  die  Nates  sehr  stark  gerade  nach  hinten  vorspringen,  so  dass  zwischen 
ihnen  und  der  Lendengegend  eine  scharf  abgesetzte  fast  rechtwinklige  Einbiegung 
entsteht.  Diese  Form  scheint  nach  den  mir  bekannt  gewordenen  Abbildungen  in  der 
That  fast  nur  bei  den  genannten  südafrikanischen  Völkerschaften  vorzukommen. 
Will  man  aber  auffallend  starke  Fettbildung  in  der  Gesässgegend  überhaupt  hierher 
rechnen,  so  käme  Steatopygie  auch  noch  bei  anderen  Rassen,  wenn  auch  merk- 
würdiger Weise  am  häufigsten  wieder  bei  Afrikanern  vor  (Bongo- Weiber  nach 
Schweinfurth  und  R.  Hartmann,  Bomu- Weiber  nach  Nachtigal,  Somali- 

1)  Vgl.  hierzu:  G.  Fritsch,  Die  Eingeborenen  Südafrikas.  Breslau,  1872,  Hirt. 
R.  Blanehard,  Etüde  critique  de  la  Steatopygie,  Meulan,  1883.  —  Ploss-Bartels, 
Das  Weib,  4.  Aufl.  S.  153,  Leipzig,  1895.  Hennig  C,  Steatopygie  bei  Kaukasierinnen. 
Correspbltt.  d.  deutsch,  anthrop.  GeseUsch.  1886,  Nr.  4. 


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^i'  Aiis,;iiiiiitl{!ii,t:-(ui  vr/Aniii'vii  vhiv  ;iiiir.'tJltii<I'e  l>rt'il!iiiiii,i>:ki.iL  je<ic,  iiJier  liiiliu'"" 

in  :ui<iercr  l-'ürui.  \on  jiiillliJli^X'i-  Fi-ltiiliL-t-'r'ritii^u'  in  iU'r  'rrocfiiiiilt'rtMi'- 
^'H<1  z'ihi  M  IL-trli'ls  i^iiH'  sehr  c^tiaraktiii-lisrln*  Alihikliiii.!:-  Ii:ii4i  tlrr  FIkiIo- 
r»!»i<^  tillirr  ,iiii{p,ii    IkilU'Jil'iffiii,   L  c,   |i.    UhK    Vlix.   1\K 

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k'i'lirr  tlir'  ri\v;lip'li  Il.^iS'siitVrrsrlHi'ik'lliHilcil  iti  dvi'  <  Jrstall  ilUU'  <iii'  kt*-' 
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liis.<i_i^-«.s  lit'kniiii!:  Hill'  fk-is  eiui'  tiiau'  ti'W^iiliiil  st^ii.  da.ss  hei  iiiaiii'lii'ii  Vt">lker- 
nlUm,  z.  li  Xt'piTiL  Aii,siniii*i*ii.  von  «iii»i'  i-kirkt-ii  \k'rlirriiiti:*  lii^r  Kniiz 
k"ii.i:-ei:Hinl  ili*'  iifilf  ^^f:  dcilH-i  sjHrll  .ik<i'  dii;  ik'M'kiiiiu'i^'iiii.i:'  diri'  I{<dlt/. 
^vii"  di'r  <;nid  ik'r  KiiiniiiuiüM:'  (Ivr  lyr-iidiiiwirlH'l^iiidf.     iJiirlif ihh'  hIc   I'km 


14  Ensellure  lombosacr^e.    Altersverschiedenheiten. 

logne)  bezeichnet  mit  dem  Namen  ^ensellure  lombosaer^e  physiologique" 
den  höchsten  Grad  der  Lendenkrtimmung  der  Wirbelsäule,  der  noch  als  phy- 
siologisch betrachtet  werden  kann;  er  soll  nach  ihm  ein  Rassencharakter  sein, 
und  insbesondere  den  Andalusierinnen  zukommen*).  Cunningham^)  fand  eine 
starke  Einsattelung  bei  einigen  „Hottentot-Bushnien",  wie  er  sie  nennt;  auch 
lag  sie  hier  viel  tiefer  (am  letzten  Lendenwirbel)  und  war  erheblicher,  als  bei 
einigen  Iren,  die  sie  auch  zeigten,  jedoch  am  2,  Lendenwirbel.  —  Topinard 
(Anthropologie  generale  1885)  nimmt  an,  dass  die  „ensellure"  bei  den  braunen 
romanischen  Rassen  Südeuropas  stärker  sei,  als  bei  den  blonden  Nord-Euro- 
päern; das  würde  mit  Duchenne 's  Angaben  stimmen. 


Altersverschiedenheiten. 

Ich  bringe  hier  nicht  das  zur  Sprache,  was  Jugend  und  Alter  im  allge- 
meinen kennzeichnet,  wie  z.  B.  das  Verhalten  der  Hautgebilde;  auch  übergehe 
ich  hier  das  knöcherne  Becken  und  die  äusseren  Geschlechtstheile,  flir  welche 
sich  bei  den  betreffenden  Kapiteln  Platz  finden  wird. 

Bei  Neugeborenen^)  bestehen  die  auffallendsten  Verschiedenheiten  in  der 
geringen  Breite  des  gesammten  Beckens,  welches  damit  den  Ein- 
druck des  noch  vollkommen  Unfertigen  macht,  in  der  geringen  Entwick- 
lung der  Nates,  denen  die  untere  Rundung  noch  abgeht,  und  die  sich 
nach  abwärts  abgestumpft  verjüngen,  ferner  in  dem  damit  zusammenhängenden 
starken  Hervortreten  des  gesammten  Interfemineum  nach 
aussen.  Besonders  trifft  dies  für  die  äusseren  Geschlechtstheile  zu.  —  Die 
Schamfurche  ist  bei  gutem  Ernährungsstande  meist  sehr  deutlich,  ebenso  die 
Schenkelbeugungsfurche;  dagegen  ist  die  Kreuzbeinraute  kaum  wahrzunehmen, 
was  mit  der  geringeren  Entwicklung  des  Knochen-  und  Muskelapparates  nament- 
lich dieser  Gegend,  sowie  mit  der  geringen  Lumbalkrtimmung  zusammenhängt. 

Mit  der  fortschreitenden  Entwicklung  bildet  sich  vor  allem  das  zu  Tage 
treten  des  Interfemineum  zurück,  und  die  Nates  erreichen  auch  schon  im 
Kindesalter  ihre  normale  Rundung  —  guter  allgemeiner  Körperzustand  voraus- 
gesetzt. —  Das  schlankere  Bild  der  Gesammtbeckenform  bleibt. 

Mit  Eintritt  der  Geschlechtsreife  gelangen  wir  zu  dem  vorhin  geschilderten 
Bilde  des  Beckenäusseren,  welches  im  höheren  Greisenalter  durch  die  Erschlaf- 
fung der  bindegewebigen  Bildungen,  den  Schwund  des  Fettes,  sowie  durch 
den  Rückgang  der  Muskulatur  die  bekannten  Aenderungen  erfahrt;  eine  be- 
sondere Schilderung  derselben  ist  hier  unnöthig. 


1)  Duchenne,  Physiologie  des  mouvements.    1867, 

2)  Cunningham,  D.  J.,  The  lumbar  curve  in  man  and  the  apes.  Memoirs  of 
the  Royal  Irish  Academy  („Cunningham  Memoirs"  Nr.  II).  Dublin,  1886,  4  (hat  die  voll- 
ständige Literatur  bis  1886,  aus  der  ich  insbesondere  die  Arbeiten  von  Aeby,  Fr. 
Merkel  und  Parow  hervorhebe. 

3)  Vgl.  hierzu:  Henke,  W.,  Anatomie  des  Kindesalters,  2.  Aufl.  Tübingen,  1881. 
—  Symington,  J.,  The  topographical  anatomy  of  the  child.    London,  1887. 


Öeschlechtsverschiedenheiten.  15 


Geschlechtsverschiedenheiten. 

Die  Geschlechtsverschiedenheiten  im  äusseren  Bilde  der  Beckengegend 
sprechen  sich,  abgesehen  von  den  äusseren  Geschlechtstheilen  selbst,  in  Fol- 
gendem aus:  Beim  Weibe  haben  wir  relativ  grössere  Breite,  wesentlich  durch 
<lie  stärkere  Fettentwicklung  bedingt^),  und  insbesondere  auffällig  durch  den 
Clegensatz  zur  schlanken  Taillengegend,  grössere  Fülle  und  Rundung  der  Nates, 
des  Schamberges  und  der  Oberschenkel,  wodurch  die  vorhin  aufgeführten  Fur- 
chen vertieft  und  bei  geschlossenen  Schenkeln  die  äusseren  Geschlechtstheile 
ßammt  einem  Stücke  des  Mons  pubis  völlig  verdeckt  werden.  Dies  ist  be- 
®<>nders  bei  stärkerer  Beekenneigung  der  Fall. 

In  Folge  dieser  bedeutenderen  Fettentwicklung  treten  auch  die  Knochen- 
J'eliefs  der  Darmbeincrista,  der  Spinae  iliacae,  des  Tuberculum  pubicum  weniger 
deutlich  hervor,  als  beim  Manne.  Das  obere  laterale  Lendengrübchen  fehlt 
^eist,  s.  S.  8;  die  Gesässwölbung  setzt  sich  nach  oben  in  die  Weichen- 
engend  fort. 

Von  den  vorderen  Furchen  ist  die  Schenkelbeugungsfurche  beim  Weibe 
häufiger  gut  ausgeprägt,  ebenso  die  Schamfurche:  anderes  wurde  bereits  vorhin 
bemerkt,  so  das  auf  die  beiden  Eauten  bezügliche.  Die  Trochantergrube  ist 
l^eim  Manne  besser  ausgebildet,  desgleichen  die  seitliche  Glutäalfurche.  All- 
gemein bekannt  ist  die  grössere  Breite  des  weiblichen  Interfemineum,  welches 
^i^h  namentlich  bei  der  Vergleichung  des  weiblichen  und  männlichen  Dammes 
^^^gt;  dagegen  ist  der  erstere  in  der  Richtung  von  vorn  nach  hinten  erheblich 
kürzer.  Die  vorhin  gegebene  Schilderung  des  Laufes  der  Furchen  in  der 
Dammgegend  bezieht  sich  insbesondere  auf  das  Weib.  Beim  Manne  sind  noch 
™gende  Aenderungen  zu  merken  (s.  Fig.  11):  Die  Crena  ani  hört  mit  der 
Afteröffnung  auf,  während  sie  sich  beim  Weibe,  insbesondere  bei  geschlossenen 
^<5henkeln,  ohne  Unterbrechung  in  die  Schamspalte  fortsetzt.  Die  Raphe  perinei 
^st  beim  Manne  meist  sehr  deutlich*).  Die  Glutäoperinealfurche  geht  nicht  in 
^lö  Crena  tiber^  sondera  umkreist  die  Wurzel  des  Scrotum. 


1)  Die  Differenz   der  Knocheubreitenmaasse  (Distantia  cristarum  und  trochan- 
erum)  ist  nicht  erheblich  (5  mm  für  die  Cristae  und  9  mm   für   die  Trochanteren   zu 

Gunsten  des  Weibes  nach  Sappey).    Ich  meine,  dass  auch  das  im  Durchschnitte  noch 
«n  hoch  gegriffen  sei.    S.  w.  u.  „Beckenmaasse". 

2)  Die  starke  Raphe  in  Fig.  80,  sowie  deren  vordere  Fortsetzung  in  die  beiden 
Usläufer  (6)  ist  eine  ungewöhnliche,  jedoch  nicht  selten  vorkommende  Bildung,  von 
^^  beim  Kapitel:  „Aeussere  weibliche  Geschlechtstheile**  noch  die  Rede  sein  wird. 


16 


Knöchernes  Becken.    Allgemeines.    Hüftbein. 


Knöchernes  Becken. 

Allgemeines.  Hüftbein. 
Aus  praktischen  Gründen  schreiten  wir  in  der  Schilderung  des  Beckens 
nicht  streng  nach  den  Gegenden  und  nach  der  topographischen  Schichtung 
fort,  sondern  lassen  auf  die  Beschreibung  des  äusseren  Beckenbildes  zunächst 
eine  topographisch-anatomische  Betrachtung  des  knöchernen  Beckens  mit  seinen 
Bändern  folgen.  Während  die  beschreibende  Anatomie  zum  knöchernen  Becken 
nur  das  Hüftbein,  Kreuzbein  und  Steissbein  zieht,  müssen  für  die  topographi- 
sche Anatomie  noch  die  beiden  letzten  Lendenwirbel  und  das  obere  Stück  des 
Femur  (bis  zum  Trochanter  minor  einschliesslich)  hinzugenommen  werden. 

Fig.  12. 


Spin,  iliaca 
ant,  8up, 

Spin,  iliaca 
ant  inf. 


Crist,  ohturatoria 


Pect,  oss, 

puhis 

Tuherc.  pubic. 


Spin,   ischiadica 


Pelvis  maris.    (Positus  horizontalis.) 

Die  relative  Lage  dieser  Knochen  bei  aufrechter  Stellung  und  mittlerer 
ßeckenneigung  ist  folgende:  Das  Kreuzbein  liegt  nach  hinten  und  oben;  ihm 
nach  oben  angefügt  sind  die  Lendenwirbel,  nach  unten  das  Steissbein.  Die 
Hüftbeine  nehmen  die  beiden  Seiten  ein,  indem  sie  zugleich  vorn,  in  der  Sym- 
physis ossium  pubis  spangenartig  zusammentreten.  Seitlich  sind  im 
Hüftgelenke,  ungefähr  der  Mitte  der  Hüftbeine  entsprechend,  beide  Ober- 
schenkelbeine angesetzt.  Die  Hüftbeine  (Ossa  coxae)  sind  ihrerseits 
aus  drei  Stücken ^)  zusammengefügt:  dem  Darmbeine  (Os  ilium),  demScham- 


1)  Von  den  zwölf  Verknöcherungscentren  des  Hüftbeines  erhält  sich  eins,  wel- 


Hüftbein:  Isthmtis  coxae.    Hüftpunkt.    Sitzpunkt.  17 

^öine  (Ospnbis)  und  dem  Sitzbeine  (Osisehii),  von  denen  das  Dannbein  nach 
ooen,  das  Sitzbein  nach  unten  und  hinten  und  das  Schambein  nach  unten  und 
'^oni  liegt,  so  dass  es  mit  seinem  symmetrischen  Gegenstücke  den  erwähnten 
Spangenschluss  bildet  (vgl.  Figg.  12,  13  u.  14). 

Das  Os  ilium  bildet  den  dorsalen,  das  Ischiopubicum  den  ventralen 
Theil  des  Hüftbeines;  da,  wo  der  dorsale  mit  dem  ventralen  Theile  zusammentrifft, 
7*  die  Pfanne  für  den  Oberschenkelknochen.  Diese  Stelle  liegt,  wie  bemerkt,  etwa 
^^  der  Mitte  des  Hüftbeines  (richtiger  ein  wenig  unterhalb  derselben),  indem 
die  Pfannenmitte  vom  höchsten  Punkte  des  Os  ilium  weiter  entfernt  ist,  als 
"^om  tiefsten  Punkte  des  Os  ischii;  ersteres  ist  also  länger. 

Zugleich  ist  das  Os  ilium  breiter.  Die  grösste  Breite  hat  es  zwischen 
^^^  Spina  iliaca  anterior  superior  und  der  Spina  iliaca  posterior  superior,  wäh- 
^<5nd  die  des  Ischiopubicum  zwischen  dem  vorderen  oberen  Symphysenrande 
^öd  der  Spitze  der  Spina  ischiadica  liegt.  Bei  der  richtigen  Beckenneigung 
("osittts  norraalis)  liegen  freilich  weder  die  beiden  oberen  noch  die  beiden 
''üteren  Messpunkte  in  einer  Horizontalen,  sondern  die  beiden  hinteren  Punkte 
''tehen  ein  wenig  höher  (etwa  gleich  viel)  als  die  vorderen;  doch  gibt  es 
Becken,  wo  sie  nahezu  in  gleicher  Höhe  stehen.  Das  Gebiet  der  Pfanne  ist 
"er  schmälste  Theil  des  Hüftbeines.  Der  geringste  Breitendurchmesser,  die 
^^telle  des  Istlimus  coxae,  wie  ich  sie  nenne,  entspricht  fast  genau  dem 
*^öeren  Pfannenrande,  und  liegt  zwischen  der  Incisura  iliaca  major  (Henle) 
^ä  der  Incisura  ischiadica  major;  die  Verbindungslinie  läuft  hier  bei  richtiger 
Beckenneigung  fast  horizontal. 

Der  höchste  und  tiefste  Punkt  des  Beckens  liegen  bei  aufrechter  Stellung 
^^  Lebenden  meist  senkrecht  untereinander;  der  höchste  Punkt,  Hüftpunkt 
(Punctum  coxale  m.)  liegt  etwa  in  der  Mitte  der  Crista  iliaca;  der  tiefste  ist 
"<^r  Sitzpunkt  (Punctum  ischiadicum  m.)  am  Tuber  ischiadicum  (Fig.  15). 

Das  Os  ilium  ist  bekanntlich  normaler  Weise  eine  einzige  undurchbrochene 
^öochenschaufel,  während  das  Ischiopubicum,  von  einer  grossen  ovalen 
^wming,  dem  Foramen  obturatum,  durchbrochen  ist,  und  so  zum  Knochen- 
i'inge  wird.    Die  Oeffnung  liegt  jedoch  nicht  in  der  Mitte  des  Ringes;   son- 

*es  zwischen  Darmbein  und  Schambein,   da,  wo  diese  in  der  Pfanne  zusammen- 

ossen,  gelegen  ist,  längere  Zeit  als  selbständig  bleibendes  Stück ;  es  führt  dann  den 

*uien:  Os  acetabuli   (Os   cotyloideum,  Os  coxae  quartum),  Pfannenknochen, 

•  Krause.    Beim  Menschen   tritt  der  betreffende  Knochenkern  im  12.  Lebensjahre 

li  K  ^^^  verschmilzt  mit  den   benachbarten  Kernen  bis  zum    18.  Jahre.    Bei  jugend- 

.  ^*J®ß  Säugethieren  ist  er  als  selbständiges  Glied  des  Hüftbeines  häufiger  zu   finden, 

besondere  bei  Affen  (Hylobates,  Cynocephalus)   und  Nagern  (Lepus  cuniculus  und 

*«iidu8)  u.  a.     Vgl.  W.  Krause,   Ueber   den   Pfannenknochen,  Centralblatt   für   die 

Q^^^*- Wissenschaften  1876,  Nr.  46  u.  Internat.  Monatsschr.  f.  Anat.  u.  Physiol.  1885.  — 

•  viegenbaur:  Ueber  den  Ausschluss  des  Schambeins   von    der  Pfanne   des   Hüft- 

^*enks.    Morphol.  Jahrb.  IL  1876.—  Poirier,  Traitö  d^anatomie  humaine  T.  L  p.  194. 

j     ""^^uibaud   et  Renault,    Origine   et   D^veloppement    des    os.     Paris,    1864.   — 

/^che,  W.,  Internat.  Monatsschr.  f.  Anat.  u.  Physiologie,  1884.  —  Schon  B.  S.  Albin 

*^»te  den  Pfannenknochen  (1737). 

^»Meyor.  Das  Becken.  2 


20  Hüftbein:  Sitzbeinbalken.    Schambeinbalken.    Tubera  glutaea. 

dern  mehr  nach  vorn  und  unten :  ihr  Längsdurchmesser  zieht  nahezu  horizontal 
(bei  richtiger  Beckenneigung).  Bei  einzelnen  Individuen,  namentlich  im  höheren 
Alter,  erscheint  aber  auch  das  Os  ilium  von  einer  grösseren  oder  kleineren 
Lücke  durchbrochen;  diese  liegt  dann  an  der  Stelle,  wo  die  Iliumschaufel 
stets  am  dünnsten  ist,  d.  i.  mehr  in  derem  hinteren  Abschnitte.  (Fig.  13.  Pars 
ten,  oss.  ilium.) 

Die  massivsten  Stellen  des  Hüftbeines  sind  etwa  in  der  Form  zweier  Kreuz- 
balken angeordnet.  Der  eine  dieser  Balken  geht  vom  Sitzpunkte  durch  den 
Eamus  superior  ossis  ischii  und  den  hinteren  Pfannenumfang  zur  Spina  iliaca 
anterior  superior:  Sitzbeinbalken,  der  andere  von  der  Symphyse  im 
oberen  Schambeinaste,  der  Linea  terminalis  entlang,  durch  die  Gegend  der  Facies 
auricularis  zur  Spina  iliaca  posterior  superior:  Schambeinbalken.  Unge- 
fähr da,  wo  diese  beiden  Balken  in  der  Pfanne  sich  kreuzen  (etwas  tiefer),  liegt 
der  Drehpunkt  des  Hüftgelenkes. 

Der  Sitzbeinbalken  ist  von  ziemlich  geradem,  nahezu  senkrechtem  Ver- 
laufe, der  Schambeinbalken  ist  zm*  Beckenhöhle  hin  concav  gekrümmt.  Oben 
sind  beide  Balken  durch  die  Spange  der  Crista  iliaca,  unten  ebenfalls  durch 
eine  Spange,  den  dünnsten  Theil  des  Ischiopubicum,  verbunden.  Der  Sitz- 
beinbalken ist  der  stärkere,  oben  namentlich  ist  er  breit;  er  reicht  dort  mit 
seiner  starken  Knochenmasse  bis  zu  einem  Punkte,  der  ungefähr  senkrecht 
über  der  Pfannenmitte  (bei  richtiger  Beckenneigung  und  aufrechter  Stellung) 
liegt  und  der  sich  auch  an  der  Aussenfläche  des  Beckens  durch  einen  starken 
Vorsprung  —  hier  wurzelt  eine  besonders  kräftige  Portion  des  Glutaeus  medius, 
die  senkrecht  zum  Trochanter  major  hinabläuft  —  markirt.  Dieser  Vorsprung 
—  man  könnte  ihn  als  „Tuber  glutaeum  anterius"  bezeichnen  —  liegt 
etwas  vor  dem  Hüftpunkte.  (Figg.  14  u.  15.) 

Durch  den  unteren  Theil  des  Sitzbeinbalkens  wird  wesentlich  die  Rumpf- 
last in  sitzender  Stellung  des  Körpers  getragen,  durch  den  Schambeinbalken 
findet  die  Uebertragung  der  Rumpflast  auf  die  untere  Extremität  beim  Stehen 
statt.  Der  obere  Theil  des  Sitzbeinbalkens  ist  wohl  ein  Verstärkungsstück, 
welches  den  vom  Oberschenkel  ausgehenden  Gegendruck  zu  tragen  hat.  Auch 
dem  Schambeinbalken  kommt  ein  oberes  Verstärkungsstück  zu,  welches  sich 
theils,  in  dem  genannten  Bogen  weiterlaufend,  an  die  Massae  laterales  der  oberen 
Kreuzwirbel  anlehnt  —  allerdings  von  diesen  durch  den  Spalt  der  Articulatio 
sacroiliaca  getrennt  —  theils  jedoch,  im  Darmbeine  selbst  weiter  gehend, 
in  der  starken  Knochenmasse  endet,  der  die  Spinae  iliacae  posteriores  superiores 
angehören.  Es  ist  bemerkenswerth,  dass  sich  an  diesem  Theile  des  Darm- 
beines, an  dessen  Aussenfläche,  unweit  der  Spina  iliaca  posterior  superior,  ein 
ähnlicher  Vorsprung  findet,  wie  wir  ihn  vorhin  am  Sitzbeinbalken  als  Tuber 
glutaeum  anterius  feststellten.  Er  dient  einem  ansehnlichen  Theile  des 
Musculus  glutaeus  maximus  zum  Ursprünge,  wie  der  erstgenannte  einer  Portion 
des  Musculus  glutaeus  medius;  daher  mag  er  als  „Tuber  glutaeum  poste- 
rius" unterschieden  werden.  (Vgl.  Figg.  14  und  15.)  So  gestaltet  sich  im 
Wesentlichen    die   Massenvertheilung  der  Knochensubstanz   im  Hüftbeine;    auf 


Kreuzbein.  21 

die  Präge  nach  den   mechanischen  Leistungen  des  Beckens  komme  ich  später 
zurück. 

W.  A.  Freund^)  hat  auf  die  Stellen  des  stärksten  Widerstandes  im  Becken 
ebenfalls  aufmerksam  gemacht  und  die  zwei  Bögen,  die  beim  Stehen  und  beim  Sitzen 
^ie  Rumpflast  zu  tragen  und  fortzupflanzen  haben,  angegeben.  Er  führt  sie  aber 
beide  nur  bis  zum  Kreuzbeine;  die  oberen  sehr  starken  Fortsetzungen  dieser  Bögen 
oder  Balken  im  Darmbeine  sind,  wie  mir  scheint,  bislang  nicht  berücksichtigt  worden. 
Sie  sind  jedoch  sehr  beständig  und  augenfällig.  Die  Tubera  glutaea  sind  an 
Jedem  Darmbeine  leicht  zu  sehen;  das  hintere  ist  oft  ausgesprochen  dreieckig.  Selbst- 
verständlich verkenne  ich  nicht  den  Antheil,  den  die  Muskelursprünge  an  ihrer  Ent- 
^ickelung  haben. 

Die  knöcherne  Hinterwand  des  Beckens  wird  von  dem  Kreuzbeine  und 
dem  Steissbeine  gebildet.  Letzteres  ist  die  unmittelbare  Fortsetzung  des 
^rsteren  und  verdankt  seine  Bezeichnung  als  besonderer  Knochen  nur  den  beiden 
Umständen,  dass  es  während  eines  grossen  Theils  des  Lebens  sich  beweglich 
gegen  das  feste  Kreuzbein  abgliedert  und  dass  ihm  eine  Fortsetzung  des  Wirbel- 
kanales  fehlt. 


Kreuzbein. 

Das  Kreuzbein  ist  eine  der  kräftigsten  Stützen  des  Skeletes.  Durch 
die  Verwachsung  seiner  namentlich  oben  sehr  breit  gewordenen  fünf  Wirbel- 
glieder zu  einer  einzigen  Masse,  gibt  es  einen  ausserordentlich  festen  und 
widerstandsfähigen  Knochen  ab.  Da,  wo  die  ebenfalls  nach  unten  immer 
massiger  werdenden  Lendenwirbel  auf  den  ersten  Kreuzwirbel  stossen,  in 
der  Gegend  des  Promontorium,  ist  so  zu  sagen  das  Massencentrum  der 
gesammten  Wirbelsäule  gelegen.  Gleich  unterhalb  dieses  Punktes  gliedert  sich 
^uch  der  Htiftbeinring  mit  der  unteren  Extremität  an.  Die  Angliederung  trifft 
^er  Regel  nach  die  drei  oberen  Sacralwirbel;  der  grösste  Antheil  davon  fällt 
gemeinhin  auf  den  ersten  und  zweiten,  ein  viel  kleinerer  auf  den  dritten  Kreuz- 
Wirbel.  Falls  der  erste  Kreuzwirbel,  wie  nicht  gar  selten,  seinen  ursprüng- 
lichen Charakter  als  Lurabalwirbel  mehr  oder  weniger  bewalii-t,  sich  also  gleich- 
sam aus  dem  Kreuzbeine  frei  zu  machen  strebt,  kann  der  zweite  die  grösste 
Verbindungsfiäche  aufweisen.  Nach  Paterson^),  dessen  ausgezeichneter  Arbeit 
*^h  im  Nachstehenden  —  gestützt  auf  die  eigene  Untersuchung  von  etwa 
100  Kreuzbeinen  der  L  Berliner  anatomischen  Anstalt  —  folge,  articulirten 
^it  dem  Os  ilium  unter  265  Fällen: 


1)  Freund,  W.  A.,  lieber  das  sogenannte  kyphotische  Becken  nebst  Unter- 
suchungen über  Statik  und  Mechanik  des  Beckens.  „Gynäkologische  Klinik.*  Bd.  I^ 
^trassburg,  Karl  J.  Trübner,  1885.  8. 

2)  Paterson,  A.  M.,  The  human  Sacrtim.  The  scientific  Transactions  of  the 
^*^yal  Dublin  Society.    Vol.  V.  (Series  II).    Dublin  &  London,  Williams  &  Norgate,  1893. 


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Krenzbeinkrümmimg.  ^3 

üebertrag  266  mal 

S—  2+3 3  „ 

S- 2+3+4 3  „ 

L5+S1+2 1  „ 

L6+S 1+2+3 4  „ 

L6+S1+2 2  „ 

L6+S 1+2+3 1  „ 

280  mal. 

Man  sieht  aus  dieser  Tabelle,  dass  der  2.  Wirbel  stets  an  der  Artiku- 
lation betheiligt  ist;  der  erste  fehlte  nur  in  6  Fällen,  der  dritte  dagegen  in 
^4  Fällen;  6 mal  betheiligte  sich  der  4.  KreuzwirbeL 

Die  nicht  artikulirenden  Wirbel  zeigen  eine  rasche  Abnahme  ihre?  Grösse, 
Aiud  so  gewinnt  das  Kreuzbein  die  ihm  eigene  Form  einer  sich  von  oben  nach 
öQten  in  der  Breite  und  Dicke  verjüngenden  Platte.  Diese  Platte  ist  nun  in  den 
weitaus  meisten  Fällen  noch  kyphotisch  gekrümmt;  der  Scheitelpunkt 
der  nach  hinten  konvexen  Kreuzbeinkrümmung  liegt  im  dritten  KreuzwirbeL 

Die  Kreuzbeinkrümmung  stellt  einen  der  wichtigsten  Punkte  in  der 
pJ'aktisehen  Anatomie  des  Beckens,  namentlich  des  weiblichen  Beckens  dar;  denn, 
^e  ohne  weiteres  ersichtlich  ist,  hängt  die  Gestalt  des  Beckenraumes  und  seine 
wösse  wesentlich  mit  von  dieser  Krümmung  ab.  Cunningham  1.  c.  (S.  14)  und 
^aterson  1.  c.  (S.  21)  haben  jüngst  die  eingehendsten  Untersuchungen  über  die- 
»ßlbe  veröffentlicht.  Sie  ist  bereits  beim  Fötus  vorhanden  und  ist  in  guter 
Ausbildung  eine  besonders  hervorstechende  Eigenthümlichkeit  des  menschlichen 
Sacrnni,  wenn  sie  auch  den  Anthropoiden  nicht  ganz  fehlt  (Cunningham  1.  c). 
Jfach  Paterson's  Untersuchungen  betrug  das  Maximum  ihrer  Tiefe*)  44  mm,  ihr 
Minimum  4  mm.  Die  Berliner  Sammlung  hat  ein  Kreuzbein  eines  Erwachsenen, 
*^i  welchem  eine  Krümmung  fast  vollständig  fehlt.  Im  Mittel  beziffert  sie  sich 
*^'  18,8  mm.  Die  Kurve  ist  oberhalb  der  tiefsten  Stelle  meist  flacher  als 
''öterhalb  derselben;  auf  diese  Weise  nimmt  sie  eine  ganz  charakteristische 
Gestalt  an. 

Der  tiefsten  Stelle  der  Kurve  entsprechend,  (also  etwa  der  Mitte  des 
dritten  Kreuzwirbelköi-pers),  nimmt  man  bei  der  Abtastung  des  Rückens  Bm 
labenden  leicht  eine  deutliche  Hervoiragung  in  der  Crista  sacralis  media  wahr; 
^^^igermassen  ist  dies  an  der  Fig.  9  zu  erkennen.  Die  Grösse  dieser  dorsalen 
"ervorragung  gestattet  jedoch  keinen  Rückschluss  auf  die  Tiefe  der  Con- 
^vit&t.  Sehr  tiefe  Kurven  lassen  das  Kreuzbein  wie  eingeknickt  erscheinen 
(Kreuzbeinknickung).  Meist  ist  es  der  untere  Kurvenschenkel,  welcher  durch 
Witzliche  Vorwärtsbiegung  den  Knick  erzeugt. 

.  1)  Zieht  man  eine  Gerade  von  der  Mitte  des  Promontorium  zur  Mitte  des  un- 

^f^  Randes  des  5.  Kreuz  wirbeis,  so  ist  dieses  die  Sehne  der  Kreuzbeinkurve;  die 
»Ti^iefe«  der  Kurve  wird  durch  die  grösste  Entfernung  dieser  Sehne  vom  Kreuzbeine 
Ä^iiaessen. 


.  24  Kreuzbein:  Incisura  sacralis.    Duralsack. 

Die  Verjüngung  des  Kreuzbeines  von  oben  nach  unten  schreitet  nicht 
immer  gleiehmässig  fort,  häufig  ist  der  zweite  Kreuzwirbel  schmäler  als 
der  obere  Theil  des  dritten,  welcher  dann  gegen  das  Darmbein  hin,  ebenso 
wie  der  stets  breitere  erste  vorspringt.  Es  entsteht  dadurch  die  sogenannte 
Incisura  sacralis  (Cunningham,  Paterson  1.1.  c.  c).  Da  von  Seiten  des 
Os  ilium  den  genannten  Hervorragungen  des  Saerum  Vertiefungen  entsprechen 
und  umgekehrt,  so  kommt  durch  diese  Disposition  eine  stärkere  Befestigung 
beider  Knochen  an  einander,  in  Gestalt  einer  ächten  „Verzahnung"  zu  Stande. 
Bei  den  Anthropoiden  ist  sie  die  Regel. 

Wie  bemerkt,  nimmt  die  Verjüngung  des  Saerum  vom  Ende  seiner  Ver- 
bindung mit  dem  Os  ilium  an  sehr  schnell  zu.  Die  Wirbelsäule  hat  mit  dem 
Verlassen  des  Os  ilium  ihre  Hauptaufgaben  erfüllt  und  strebt  nun,  beim  Men- 
schen \^nigstens,  rasch  ihrem  Ende  zu.  Dies  letzte  Stück  Kreuzbein  bildet 
noch  ein  Stück  Wandgebilde  am  Becken,  jedoch  nur  unvollkommen ;  zu  beiden 
Seiten  bleibt  ein  zum  Steissbein  hin  sich  schnell  verbreiternder  Zugang  offen; 
die  Knochen  werden  hier  indessen  noch  ausgiebig  durch  die  starken  Ligamenta 
sacrotuberosum  und  sacrospinosum  ergänzt.  Noch  einige  dünne  Nerven  ziehen 
im  Reste  des  Kreuzbeinkanales  abwärts ;  sonst  fällt  diesem  Theile  des  Saerum, 
sowie  dem  Steissbeine  wesentlich  wohl  nur  die  Rolle  einer  Befestigungsstättc 
von  Muskeln  und  Bändei*n  zu. 

Eine  vollständige  knöcherne  Umgrenzung  hat  das  Becken  nur  unmittel- 
bar unterhalb  der  Linea  terminalis  in  einer  Höhe  von  2 — 3  cm. 

Gestützt  auf  den  Umstand,  dass  der  untere  Kreuzbeinabschnitt  nur  eine  ge- 
ringe Bedeutung  hat,  entschliesst  man  sich  in  Fällen,  wo  es  gilt  hoch  im  hinteren 
Beckenraume  operativ  vorzudringen,  z.  B.  bei  hochsitzenden  Mastdarmtumoren,  zur 
Resection  dieses  Theiles  des  Saerum  i).  Maassgebend  für  die  Höhe,  bis  zu  welcher  man 
hier  vordringen  darf,  ist  das  Ende  des  offenen  Duralsackes.  Nach  den  Untersuchungen 
von  R.  Wagner^)  erstreckt  sich  derselbe  bei  Kindern  meist  bis  in  das  Gebiet  des  dritten, 
bei  Erwachsenen  bis  in  das  des  zweiten  Kreuzwirbels  hinein ;  in  einigen  Fällen  wurde 
das  Ende  des  dritten  Kreuzwirbels  erreicht.  Da  das  Ende  des  Duralsackes 
zugespitzt  ist,  könnte  man  im  Nothfalle  nach  Entfernung  der  beiden  letzten  Kreuz- 
wirbel im  Gebiete  des  dritten  seitlich  noch  weiter  nach  oben  vordringen.  Chipault^) 
fand,  dass,  auf  die  Sacraldornen  bezogen,  das  Sackende  dem  1.  Dorne  entspricht.  — 
Rose*)  nennt  das  Stück  Wirbelsäule,  welches  die  drei  letzten  Kreuzwirbel  und  die 
Steisswirbel,  also  gewöhnlich  7—8  Wirbel  umfasst,  wegen  seiner  Beziehungen  zum 
Mastdarm,  den  „Mastdarmdockel**.  Rose  macht  noch  auf  eine  nicht  selten  zu 
beobachtende  ansehnliche  Verbreiterung   der  letzten  Kreuzbeinwirbel  diclit 


1)  K  r  a  s  k  e,  Zur  Exstirpation  hochsitzender  Mastdarmkrebse.  Arch.  f.  klin.  Chir. 
ßd.  33.  S.  563.  Bardenheuei-,  Die  Resection  des  Mastdarms.  Klinische  Vorträge, 
herausgegeben  von  R.  Volk  mann.  Nr,  298. 

2)  Wagner,  R.,  Die  Endigung  des  Duralsackes  im  Wirbelkanal  des  Menschen. 
Arch.  f.  Anat.  u.  Physiologie.  Anat.  Abth.  1890.  S.  64  (Aus  dem  I.  anat.  Institute  der 
Berliner  Universität). 

3)  Chipault,  A.,  Rapports  des  apophyses  6pineuses  avec  la  moelle,  les  racincs 
m^duUaires  et  les  m^ninges.    Paris,  1894,  L,  Bataille  et  Comp. 

4)  Rose,  E.,  Die  Coeliectomia  postica.  Archiv  für  klinische  Chirurgie  Bd.  L. 
Heft  2,  1895. 


Kreuzbein:  Uebergang^swirbel.    Promontorium.  25 

"ör  der  Spitze  des  Sacrum  aufmerksam;  diese  flügelähnlichen  Verbreiterungen  nennt 
^  »^i^euzspitzflügel^;  sie  hindern  sehr  den  Zugang  zum  Becken  von  hinten  her. 

^  können  auch  zu  Täuschungen  bei  operativer  Entfernung  des  Kreuzbeines  Veran- 
^ssung  geben,  indem  man  sie,  vom  Steissbeine  nach  oben  vordringend,  mit  dem  hinteren 

heil  der  Darmbeinschaufeln  verwechseln  kann.  Die  Breite  des  Kreuzbeines  an  der 
«chirurgischen  Durchtrennungsstelle  (zwischen  2.  und  3.  Kreuzwirbel)  beträgt  8— 11  cm. 
Der  1,  Sacralwirbel  trägt  sehr  oft,  und  zwar  in  verschiedenem  Grade, 
«le  Merkmale  eines  üebergangswirbels,  er  hat  so  zu  sagen  die  Tendenz 
*^<5h  aus  der  Kreuzbeinmasse  freizumachen  —  richtiger  ausgedrückt,  ist  er 
öiehr  oder  weniger  frei  geblieben.  Von  allen  Theilen  des  Wirbels 
Weibt  das  ihm  eigenthümliche  Rippenelement  am  häufigsten  mit  dem  übrigen 
^euzbeine  —  und  dann  auch  mit  dem  Dannbeine  —  verbunden,  während  der 
"ocessus  transversus  sich  auch  bei  sonst  vollständig  einverleibtem  Wirbel  meist 
*i^i  erhält  imd  in  chara^kteristi8cher  Weise  nach  oben  vorragt;  er  gibt  dann 
^ine  ausgezeichnete  Befestigungsstelle  für  Bandmassen  der  Ligamenta  sacro- 
»Haca  ab. 

Der  Domfortsatz  des  1.  Kreuzwirbels  ist  meist  frei  und  ragt  deutlich 
fühlbar  hervor;  nicht  selten  zeigt  sich  eine  unvollkommene  Vereinigung  oder 
8ar  völlige  Spaltung  desselben. 

Durch  die  besondere  Art  der  Vereinigung  des  letzten  Lendenwirbels  mit 
^em  ersten  Kreuzwirbel,  welche  Vereinigung  etwas  vorspringt  und  durch  eine 
^nr  stark  entwickelte  Bandscheibe  ausgezeichnet  ist,  während  der  erste  Kreuz- 
^irbelkörper  alsbald  in  der  Linie  der  vorhin  besprochenen  Kurve  zurückzu- 
reichen beginnt,  kommt  das  so  ausserordentlich  wichtige  „Promontorium*^ 
^^  Stande.  Dasselbe  bedingt  einestheils  die  charakteristische  Form  des  Becken- 
^»ganges,  ist  in  seiner  verschiedenen  Entwicklung  eines  der  wesentlichsten 
Faktoren  der  Beckendimensionen  und  einer  der  wichtigsten  Orientirungspunkte 
^1  der  Untersuchung  des  Beckeninneren.  Der  bei  der  Exploration  am  deutlichsten 
fühlbare  Punkt  ist  die  Verbindungsstelle  der  genannten  Bandscheibe  mit  dem 

•  Kreuzwirbelkörper,   oder,   besser  gesagt,   der   obere  Rand   dieses  Körpers; 

^^  am  meisten  vorspringende  Punkt  liegt  jedoch   in  der  Bandscheibe  selbst. 
Fügen  wir,  um  Irrthümern  zu  begegnen^   gleich  hinzu,    dass  im  Promontorium 

<^ht  etwa  der  am  meisten  nach  vorn  vorspringende  Punkt  der  Lendenwirbelsäule 
«egeben  ist;   dieser  —   er  ist  zugleich   der  vorderste  Punkt  der  gesamten   Wirbel- 

Ule  —  liegt  zumeist  im  4,  Lendenwirbelkörper,  oder  (seltener)  auch  in  der  Band- 
scheibe  zwischen  3.  und  4.  oder  4.  und  5.  Lendenwirbel. 

Wenn  der  1.  Kreuzwirbel  frei  oder  nahezu  frei  ist  und  die  Charaktere 
^lües  Lendenwirbels  angenommen  hat,   dann   entsteht  meist   das   sogenannnte 

pPpelte  Promontorium,  indem  wir  die  Synchondrosis  sacralis  I  ähnlich 

r^die  Synchondrosis  lumbosacralis  vorspringen  finden;  jedoch  ist  das  untere 

*^montorium  weniger  ausgebildet  als  das  obere.     Paterson  fand  es  33 mal 

l^ter  265  Fällen;   es  ist  häufiger  bei  Männern  als  bei  Weibern  —  namentlich 

8**J  dies  fftr  die  Fälle  von  vermehrter  Kreuzwirbelzahl.    Bei  den  von  mir  beob- 

«teten  Fällen  der  Berliner  Sammlung  ziehen  von  beiden  Promontorien  aus 

faickte  Knochenstrecken  zur  Linea  terminalis  hin,  so  dass  dann  also  deren 
^^  sacralis  ebenfalls  doppelt  ist. 


36  Kreuzbein:  Hiatus  lumbosacraüs.    Kreu^Ewirbelzabl. 

Je  freier  der  erste  Sacralwirbel  wird,  desto  tiefer  rückt  die  Anheftnng 
des  Os  ilium  am  Sacrum  hinab;  somit  kann  dies  Verhalten  auf  eine  Steigerung 
der  Eörperlänge  einwirken  (P  a  t  e  r  s  o  n). 

Die  oberen  Gelenkfortsätze  des  1.  Sacral wirbeis  sind  immer  frei  empor- 
gerichtet und  auffallend  stark;  die  Form  ihrer  Gelenkfläche  ist  äusserst  vari- 
abel Sehr  bemerkenswerth  ist  eine  tiefe  Grube  an  ihrer  Basis,  welche  zum 
Theil  noch  von  der  Gelenkkapsel  umfasst  wird,  und  in  welche  sich  das  untere 
Ende  des  Gelenkfortsatzes  vom  fünften  Lendenwirbel  bei  Streckung  der  Wirbel- 
säule (s.  Fig.  84,  Fossa  subglenoidalis  lumbosacralis)  versenkt  i). 

Zwischen  letztem  Lendenwirbelbogen  und  erstem  Sacralwirbelbogen  findet 
sich  immer  ein  grosser  Hiatus  intercruralis,  der  Hiatus  lumbosacralis,  wie 
ich  ihn  nennen  möchte.  Beim  Lebenden  natürlich  mit  Bandmasse  verschlossen, 
stellt  er  jedoch  mit  den  grösseren  übrigen  Hiatus  intercrurales  (H.  atlanto- 
occipitalis,  H.  atlantoepistrophicus  und  Hiatus  sacralis)  eine  derjenigen  Stellen 
dar,  an  welcher  der  Rückenmarkskanal  und  sein  Inhalt  besonders  leicht  zu- 
gängig sind.  Bei  gestreckter  Haltung  schliesst  sich  der  Hiatus  lumbosacralis, 
der  Hiatus  sacralis  bekanntermassen  jedoch  nicht.  —  Von  diesen  beiden  Stellen 
aus  kann  sich  ein  dauerndes  Offenbleiben  des  Kreuzbeinkanales  in  grösserer  oder 
geringerer  Ausdehnung  nach  abwärts,  bezw.  nach  aufwärts  entwickeln,  bis  es 
in  den  extremsten  Fällen,  die  bereits  an  das  Pathologische  streifen,  zum  Offen- 
bleiben des  ganzen  Kreuzbeinkanales  kommt.  Dies  ist  selbstverständlich  am 
Lebenden  nachweisbar*). 

Die  drei  ersten,  gewöhnlich  mit  dem  Os  ilium  verbundenen  Sacralwirbel 
zeigen  drei  sehr  deutlich  ausgeprägte  Bändermarken  in  Gestalt  tiefer 
Gruben,  die  zur  Tuberositas  iliaca  hingewendet  sind;  gewöhnlich  ist  die  dem 
ersten  Kreuzwirbel  angehörige  die  grösste,  mitunter  aber  die  zweite.  In  ihnen 
haftet  der  mächtige  Bandapparat  des  Lig.  sacroiliacum  interosseum. 

Die  Zahl  der  Kreuz wirbel  ist  bekanntlich  der  Regel  nach  fünf;  kann 
aber  (seltener)  auf  4  sinken,  oder  (häufiger)  auf  6  steigen;  es  ist  selbstver- 
ständlich, das«  mit  diesen  Aenderungen  die  Gestalt,  Länge  und  Krümmung 
des  Kreuzbeines  Abänderungen  erfahren  müssen  oder  können,  weshalb  dies  hier 
nicht  übergangen  werden  durfte. 

Sehr  wichtig  ist  die  in  etwa  8**/o  vorkommende  Asymmetrie  des  Kreuz- 
beines;   sie  kommt  dadurch  zu  Stande,    dass    ein  Kreuzwirbel   sich   zu  einem 


1)  Meines  Wissens  hat  insbesondere  W.  A.  Freund  auf  diese  Grube  aufmerk- 
sam gemacht  1.  c.  p.  62  u.  Anm.  35.  S.  110.  Langer  erwähnt  sie  ebenfalls  in  seiner 
Abhandlung  über  den  Riesenwuchs,  Wien  1871,  an  allen  Abschnitten  der  Wirbelsäule. 
—  Ich  kann  die  Freund 'sehen  Angaben  durchaus  bestätigen;  nicht  an  allen  Becken 
ist  jedoch,  wie  auch  schon  Freund  angibt,  die  Grube  gleich  gut  entwickelt.  Man  be- 
obachtet sie  in  geringerer  Entwicklung  auch  an  den  Lendenwirbeln.  Die  mir  zu- 
gängigen Handbücher  —  auch  die  neuesten  von  Poirier,  Quain  (Dancer  Thane), 
Testut,  Romiti,  Gegenbaur  erwähnen  diese  Grube  nicht. 

2)  Paterson  bezeichnet  dies  Verhalten  als  „extremely  rare**;  er  hatte  nur  2  Fälle 
unter  265;  unser  Museum  weist  unter  etwa  100  Fällen  völlig  ausgewachsener  Kreuz- 
beine 4  auf. 


Sacraiindex.    Steissbein.  27 

'^«bergangswirbel  ausbildet;  dies  trifft,  wie  bekannt,  die  beiden  Grenzgebiete 
(tambosacraler  oder  sacroeoecygealer  üebergangswirbel).  Solche  Umformungen 
bedingen  Beckenabnormitäten,  insbesondere  Schiefheit 

Sir  W.  Turner^)  hat  sich  um  die  Aufstellung  und  anthropologische 
Verwerthung  eines  sogenannten  „Sacraiindex"  verdient  gemacht.  Man 
versteht  darunter  den  procentisehen  Werth  der  grössten  Breite  des  Sacrum, 
^e  Länge  desselben  gleich  100  gesetzt,  nach  der  Formel  L  :  lOO^^B :  x=Ind,  s., 

Voraus  sich  ergibt:  — ~r^— =x=Index  sacralis.    Der  mittlere  Sacraiindex  be- 

**%t  nach  Paterson  106,7,  also  das  menschliche  Sacrum  hat  in  der  Breite 
seinen  grössten  Durchmesser;  das  Sacnim  der  Weiber  ist  relativ  breiter  als  das 
^er  Männer.  Schmale  Kreuzbeine  mit  einem  Index  unter  100  werden  von 
T'Jrner  und  Paterson  als  dolichohierische^),  Mittelformen  mit  Indices 
von  100—106  als  subplatyhierisch  e,  breite,  mit  Indices  über  106,  als 
platyhierische  bezeichnet. 


Steissbein. 

Die  wichtigsten  vom  Steissbeine  hier  hervorzuhebenden  Punkte  sind : 
^iöe  starke  Verjüngung,  seine  Krümmung,  welche  die  untere  Kreuzbeiji- 
*^rümmung  fortsetzt,  so  dass  der  Apex  ossis  coccygis  wieder  nach  vorn  sieht, 
^ine  bewegliche  Verbindung  mit  dem  Kreuzbeine  und  die  auch  häufig  er- 
**^lten  bleibende  Beweglichkeit  der  einzelnen  Steisswirbel  unter  sich. 
Diese  Beweglichkeit  erlaubt  ein  Zurtickbiegen  der  Steissbeinspitze  bis  zu  2  cm 
^öd  mehr;  sie  ist  daher  ein  für  den  normalen  Geburtsverlauf,  nicht  weniger 
ft^ch  fftr  die  Ausführung  mancher  Operationen  bedeutsamer  Faktor. 

Die  Beweglichkeit  beruht  auf  zwei  Dingen:  die  Hauptsache  ist  die  sich  lange 
^rhaltende  synchondrotische  Verbindung  zwischen  Sacrum  und  Steissbein;  dazukommt 
^ie  ElasticitMt  der  Knochensubstanz,  welche  selbst  bei  der  schon  früh  (vom  12.— U. 
^bensjahre  an)  beginnenden  knöchernen  Verschmelzung  der  Steisswirbel  unter  sich, 
eine  gewisse  Biegung  des  dünnen  Steissbeinstabes  gestattet.  Sehr  häufig  besteht 
auch  noch  die  Beweglichkeit  in  dem  Gelenke  zwischen  1.  und  2.  Steisswirbel  (arti- 
f^ation  m6dio-coccygienne)  Mores t in,  cit.  bei  Chip ault.  I.e.  (S.24).  Man  muss  sich 
«ier  vor  Verwechslungen  hüten.    S.  darüber  noch  beim  Kapitel:  Beckenmessung*. 

Erwähnt  müssen  noch  werden:  die  wechselnde  Zahl  der  Steisswirbel, 
'örner  ihre  oft  unregelmässige  Aneinanderftigung  und  die  verschiedenen  Grade 
^^r  Krümmung  desSteissbeines;  auch  laterale  Ausbiegungen  kommen  vor.  Sechs 
Steisswirbel  dürfen  nach  Rosenberg's^)  Untersuchungen  wohl  als  sichere 
^Oibryonale  Anlage  in  der  Mehrzahl   der  Fälle   beim   Menschen   angenommen 

1)  Turner,  W.,  Report  on  the  human  Crania  and  other  Bones  of  the  Skeleton 
f^Uected  during  the  voyage  of  H.  M.  S.  „Challenger^  P.  II.  „The  bones  of  the  Ske- 
^^'^    Challenger  Reports,  Zoology,  vol.  XVL 

2)  tsQdg  =  sacer. 

^)  Rosenberg,  E,,  lieber  die  Entwickelung  der  Wirbelsäule  und  des  Os  centrale 
^^^  des  Menschen.    Morphol.  Jahrb.  Bd.  1.  1876.  S.  120. 


28  Beckenbänder.    Beckengelenke. 

werden 5  FoP)  und  Phisalix^)  fanden  noch  höhere  Zahlen  (im  Ganzen  38 
Wirbel,  also  9  Caudal wirbelanlagen),  dieselben  erhalten  sich  jedoch  keineswegs 
in  ihrer  vollen  Zahl  Steinbach ^)  sah  6  Caudalwirbel  sehr  selten;  5  ist  nach 
ihm  die  regelmässige  Zahl  bei  Männern,  4  oder  auch  5  bei  Weibern.  Diese 
stärkere  Reduktion  der  Steisswirbelzahl  beim  Weibe  darf  wohl  mit  Rücksicht 
auf  die  Adaptirung  des  Beckens  an  die  Funktion  der  weiblichen  Geschlechts- 
organe hervorgehoben  werden.  Beispiele  der  unregelmässigen  Verschmelzung 
bringt  ebenfalls  Steinbach 's  sorgßlltige  Arbeit  bei. 

Die  Krümmung  kann  so  weit  gehen,  dass  das  Steissbein  fast  rechtwink- 
lig sich  zum  Kreuzbeine  stellt;  meist  sind  das  aber  rein  pathologische  Fälle 
(Spondylolisthesis  oder  Kyphose).  Ist  ein  solches  Steissbein  ankylosirt,  dann 
kann  es  störend  auf  den  Geburtsverlauf  einwirken. 

Das  Steissbein  enthält,  wie  bekannt,  keinen  Abschnitt  des  Wirbelkanales 
mehr,  die  letzten  Nerven  treten  durch  den  Hiatus  sacralis  aus.  Dasselbe  ist 
beim  Lebenden  leicht  abzutasten;  seine  Spitze  liegt  der  Regel  nach  bei  rich- 
tiger Stellung  des  Beckens  ein  wenig  tiefer  als  der  obere  Symphysenrand, 
etwa  einen  Daumen  breit  über  dem  oberen  Rande  der  Afteröffnung,  in  der 
Crena  ani  verborgen. 

Bezüglich  aller  das  Becken  zusammensetzenden  Knochen  ist  es  wichtig 
zu  merken,  dass  sie,  besonders  das  Kreuzbein,  vorwiegend  aus  spongiöser 
Substanz  bestehen^). 


Beckenbänder.  Beckengelenke. 

Beckenbänder.    Foramina  ischiadica. 

Diejenigen  Bänder  des  Beckens,  welche  auf  die  Gestaltung  und  Lagerung 
desselben  Einfluss  haben,  sind  die  Ligamenta  iliolumbale,  sacroili- 
aca,  sacrotuberosum,  sacrospinosum,  der  Bandapparat  der  Scham- 
fuge und  der  des  Foramen  obturatum.  Gelenkspalten  finden  sich 
an  der  Articulatio  sacroiliaca  und  (nicht  immer)  an  der  Schamfuge. 
Das  Hüftgelenk  ist  bereits  in  Bd.  I  bei  der  unteren  Extremität  besprochen 
worden.  Die  Bänder  und  Verbindungsweisen  zwischen  Kreuz-  und  Steissbein 
bedürfen  hier  keiner  besonderen  Darstellung. 

Die  Ligamenta  iliolumbale,  sacroiliaca,  sacrospinosum  und  sacrotuberosum 
sind  die  mächtigen  Bandmassen,  welche  die  Darmbeine  und  damit  den  beweg- 


1)  Fol,  H.,  Sur  la  queue   de  Tembryon   humain.    Compt.  rend.   de    TAcad.   des 
Sc.  Paris,  1885.  T.  100.  p.  1469. 

2)  Phi Salix,  C,   Sur   Tanatomie  d'un  embrvon  humain  de   trente-deux  jours. 
Ibid.  T.  104.  p.  799. 

3)  Steinbach,  E.,  Die  Zahl  der  Caudalwirbel  beim  Menschen.  Diss.  inaug.  Ber- 
lin, 1889.  4.  3  Taff.  (L  anat.  Institut.) 

4)  Vgl.  H.  Friedrich,  Üie  Markräume  in  den  Extremitätenknochen  eines  25 jähr, 
und  eines  82jähr.  Mannes.    Inaug.-Dissert.  Rostock  1890. 


Foramina  ischiadica.  ^ 

liehen  Theil  des  Beckenringes  an  den  festen  Theil  desselben  und  damit  an 
die  Wirbelsäule  heften  i). 

Die  oberen  und  vorderen  Abschnitte  dieser  Bänder,  die  Ligamenta  ilio- 
lumbale,  sacroiliaea  interossea  und  sacroiliaca  anteriora  gehen,  zumeist  in  ge- 
sonderten Bündeln  entspringend,  von  den  Querfortsätzen  der  beiden  unteren 
Lendenwirbel,  ^on  den  drei  vorhin  (S.  26)  erwähnten  Bändergruben  am  Kreuz- 
beine und  von  der  Basis  und  den  Seitenflächen  der  drei  oberen  Kreuzwirbel  zur 
'^edianen  und  (die  anteriora)  vorderen  Fläche  des  Darmbeines,  wo  sie 
sieh  in  einer  zusammenhängenden  compakten  Masse  befestigen.  Am 
stärksten  sind  weitaus  die  vom  fünften  Lumbalquerfortsatz  kommende  Portion  und 
die  Ligamenta  sacroiliaca  interossea;  von  diesen  meist  auch  die  obere  Portion. 
Die  unteren  Bandmassen:  Ligamenta  sacroiliaca  posteriora,  sacrotuberosum 
^d  sacrospinosum  dagegen  inseriren  an  der  hinteren  Fläche  des  Os  ilium 
^öd  fast  durchweg  in  gesonderten  Bündeln  an  getrennten  Knochen- 
punkten (Spina  iliaca  posterior  superior  und  inferior,  Spina  ischiadica  und  Tuber 
ischiadicum),  während  ihre  Ursprünge  am  Kreuz-  und  Steissbeine  in  einander 
übergehen.  In  Folge  dieser  Anordnung  müssen  einmal  bei  den  Bewegungen  des 
Httftbeinringes  gegen  das  Kreuzbein  oder  umgekehrt  beide  Bändergruppen  sich 
emander  unterstützen,  und  zum  anderen  ist  Gelegenheit  zum  Durchtritte  verschiede- 
ner Theile  durch  die  zwischen  den  unteren  Bändern  bleibenden  Lücken  gegeben. 

Wird  das  Kreuzbein  bei  stärkerer  Belastung  in  den  Iliosacralgelenken  so 
gedreht,  dass  sein  vorderer  oberer  Theil  herabsinkt,  der  hintere  dagegen  sich 
hebt,  so  müssen  sich  sowohl  die  oberen,  wie  die  unteren  Bandapparate  spannen; 
der  gesammte  mächtige  Bändercomplex  wirkt  also  dann  als  befestigender,  hemmen- 
der Theil  *);  bei  der  umgekehrten  Bewegung  tritt  natürlich  eine  Erschlaffung 
^in;  ersteres  trifft  beim  Stehen,  letzteres  beim  bequemen  Sitzen  zu. 

Von  durchtretenden  Theilen  und  vom  Bandapparate  gebildeten  bezw. 
begrenzten  Oeffnungen  sind  folgende  zu  nennen:  Oeffnungen  zwischen  den 
■Oieilen  des  Ligamentum  iliolumbale,  welche  den  vorderen  Aesten  des  4.  und 
ö*  Lumbalnerven  nebst  Gefässreisem  zum  Durchtritte  dienen,  Oeffnungen  zwi- 
schen den  Bündeln  der  Ligamenta  sacroiliaca  posteriora,  durch  welche  die 
mnteren  Aeste  der  Kreuznerven  ziehen,  die  beiden  grossen  Foramina  isehia- 
dieum  majus  und  minus.  Das  Foramen  ischiadicum  majus  wird  von  dem 
ümdurchtretenden  Musculus  piriformis  wieder  in  eine  obere  Abtheilung, 
*  oramen  suprapiriforme  m.  und  in  eine  untere,  Foramen  infra- 
P^J^iforme  m.  zerlegt.    lieber  die  hier  ein-  und  austretenden  Theile,    deren 

1)  Wenn  hier  von  einem  festen  und  einem  beweglichen  Theile  des  Becken- 
^^ges  die  Rede  ist,  so  kann  das  natürlich  nur  in  relativem  Sinne  verstanden  werden. 
,  ei  sämmtiichen  beweglichen  Verbindungen  des  menschlichen  Körpers  kann  jedes 
^lied  derselben  bald  als  das  feste,  bald  als  das  bewegliche  funktioniren.  Meist  über- 
JJJttunt  aber  eines  vorwiegend  die  Rolle  des  festen,   das   andere   die  des  beweglichen 

^  2)  S.  a.  H.  V.  Meyer,  Statik  und  Mechanik  des  menschlichen  Knochengerüstes, 
^^P2ig,  1873.   S.  286. 


30  Processus  faldforrois.    Articnlatio  sacroiliaca. 

topographische  Betrachtung  von  besonderer  Wichtigkeit  ist,  wird  weiter  unten 
bei  Besprechung  der  weichen  Beckenwandungen  gehandelt  werden.  Vieles 
hierhergehörige  ist  auch  bereits  in  Joes  sei,  Lehrb.  d.  top.-chir.  Anatomie, 
I.  Theil  (Extremimten,  S.  138—148,  Fig.  40)  besprochen  worden. 

Von  den  Ligamenta  sacrotuberosum  und  sacrospinosum  entspringen  eine 
Anzahl  Bündel  auch  an  der  Vorderfläche  des  Sacrum.  Das  Ligamentum  sacro- 
tuberosum setzt  sich  eine  Strecke  lang  am  inneren  unteren  Rande  des  unteren 
Sitz-  und  Schambeinastes  fort  gegen  den  Schambogen  hin;  sein  oberer  Rand 
geht  hier  in  die  Fascia  obturatoria  interna  über.  Der  ganze  Fortsatz  führt  den 
Namen  Processus  falciformis;  er  bildet  mit  dem  Knochen  eine  Rinne,  in  wel- 
cher der  untere  Theil  des  Musculus  obturator  internus  sich  einlagert.  Bemerkens- 
werth  ist  die  Lageänderang  der  Flächen  des  Ligamentum  sacrotuberosum  (Dr. 
Frohse):  das  obere  Stück  (Kreuzbeinflügel)  ist  gegen  das  untere  (Sitzbeinflügel) 
so  gedreht,  wie  die  beiden  Flügel  einer  SchiffBschraube,  ähnlich  also,  wie  das 
Darmbein  gegen  das  Scham-Sitzbein  (Poirier);  die  Flächen  des  Kreuzbeinflügels 
sehen  nach  hinten,  bezw.  nach  vorn,  die  des  Sitzbeinflügels  nach  lateral  bezw. 
medial.  Mit  andern  Worten :  der  Kreuzbeinflügel  steht  mehr  in  einer  frontalen, 
der  Sitzbeinflügel  mehr  in  einer  sagittalen  Ebene.  Auf  der  Beckenfläche  des 
Ligamentum  sacrospinosum  liegt  der  Musculus  coccygcus,  eng  mit  dem 
Ligamente  verbunden.  Das  Ligamentum  sacroiliacum  anterius  liegt  bei  der 
richtigen  Beckenneigung  nicht  so  sehr  nach  vorn,  als  vielmehr  nach  unten 
gewendet, 

Articulatio  sacroiliaca. 

Die  Besprechung  der  Articulatio  sacroiliaca  wird  am  besten 
mit  der  Betrachtung  der  vorstehend  aufgeführten  Bänder  verbunden.  Ich  er- 
innere zunächst  daran,  dass  die  Gelenkspälte  nach  vorn  und  unten  von  dem 
Ligamentum  sacroiliacum  interosseum  gelegen  ist;  dieses  schliesst  die  Spalte 
nach  hinten  ab  5  vorn  geschieht  dieses  durch  das  ausserordentlich  viel  dünnere 
Ligamentum  sacroiliacum  anterius.  Von  hinten  her  ist  das  Gelenk  somit  sehr 
geschützt  und  kaum  einer  Gefährdung,  es  sei  denn  durch  Schussverletzungen 
oder  Stiche,  ausgesetzt;  von  der  Beckenhöhle  ist  es  leicht  zugänglich  und  kann 
bei  Operationen,  z.  B.  Exstirpation  festsitzender  Tumoren,  eröfi^net  werden. 
Umgekehrt  werden  Erkrankungen  des  Gelenkes  am  leichtesten  auf  die  Becken- 
höhle übergreifen.     Vgl.  Figg.  16a  und  16b— y. 

Mit  Recht  wird  die  Gestalt  der  Gelenkfläche  als  eine  „ohrförmige"  bezeichnet; 
wie  bemerkt,  nehmen  am  häufigsten  drei  Kreuzwirbel  an  ihrer  Bildung  theil; 
dem  ersten  fallt  der  grösste  Antheil  zu.  Der  weitaus  dickste  Knorpelüberaug 
kommt  auf  das  Sacrum. 

Die  Schnittfläche,  welche  man  in  der  Verbindung  zwischen  Kreuz-  und 
Darmbein  parallel  der  Ebene  des  Beckeneinganges  durch  den  ersten  Kreuzwirbel 
legt,  zeigt:  1)  dass  im  Gebiete  des  Ligamentum  sacroiliacum  interosseum  das 
Kreuzbein  concav,  das  Darmbein  entsprechend  convex  erscheint,  2)  dass  die 
Gelenkspaltlinie  leicht  gekrümmt  verläuft;   das  zum  Beckenraume  gewendete 


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Symphysis  ossium  pubis.     Maasse  der  Schamfug'e.  33 

Symphysis  ossium  pubis. 
Nicht  minder  wichtig,  wie  die  Articiilatio  sacroiliaca  ist  die  Symphysis 
ossium  pubis  mit  ihrem  Bandapparate  und  ihrer  (accessorischen)  Gelenkspalte. 
*-*ie  besehreibende  Anatomie  unterscheidet  an  ihr  ein  Ligamen  tum  pubi- 
^ttnisuperiuSj  arcuatum  pubis  und  dicLamina  f i  br  ocartila- 
Smea  inte r pubica.  Die  Festigkeit  dieser  Bandmassen  ist  eine  sehr  er- 
hebliche. Von  vorn  gesehen  erscheint  die  Schamfuge  infolge  der  grösseren 
Bi*eite  der  Lamina  interpubica  sowohl,  wie  auch  der  grösseren  Ausdehnung 
W'er  Bandmasse  auf  die  Vorderfläche  der  Knochen  fast  doppelt  so  breit  als  von 
hinten  her  gesehen;  am  Arcus  pubis  ist  sie  gemeinhin  etwas  breiter,  als  am 
oberen  Rande;  in  der  Mitte  ist  sie  am  schmälsten  (an  beiden  Flächen).  An 
^^r  hinteren  Fläche  springt  im  oberen  Drittel  der  Fuge  der  Faseiknorpel  in 
^iner  länglich-rundlichen  Erhabenheit,  Eminentia  retropubica  m.,  mehr  oder 
Weniger  stark  vor.  Dieser  Vorsprung  ist  von  der  Scheide  aus  und  auch  vom 
^heren  Rande  der  Symphyse  her  zu  fühlen ;  er  erlangt  eine  gewisse  Wichtigkeit 
dadurch,  dass  man  von  ihm  zum  Promontorium  die  Conjugata,  den  geraden  Durch- 
ßiesser  des  Beckeneinganges,  nimmt.  Die  Maasse  der  Symphyse  fand  ich  wie  folgt: 

1,  Schwangere  von  25  Jahren,  Erstgebärende,  5.  Monat. 

a)  längster  Durchmesser,  Bänder  eingerechnet  =  5,4  cm 

h)        „  ^  Knorpel  allein  =  4  cm 

c)  „  „  Höhle  =  2,5  cm 

d)  grösstes  Maass  von  vorn  nach  hinten  mit  Bändern  =  2,4  cm 

e)  „  „  „       „         „  „       Knorpel  =  2  cm 
1)        „            „          „       „         „          „       Höhle             =  1  cm. 

2.  Schwangere  von  38  Jahren,  Mehrgebärende,  9.  Monat. 

a  =  5,6  cm  d  =  2,6    „  (Mitte) 

b  =  4,3    „  e  =  2,l    „ 

c  =  2,8    „  f  =  1,1    „ 

3.  Jungfrau  von  20  Jahren;  Schnitt  lief  etwas  lateral, 
a  =  4,6  cm  d  =  1,9    „  (etwas  oberhalb  der  Mitte) 

b^3,4    „  e  =  l,4   „ 

Eine  Höhle  war  nicht  vorhanden. 

4.    Mann  von  25  Jahren. 

a  =  5,0  cm  d  =  2,4   „ 

b=:3,9    „  e=:l,8    , 

Eine  Höhle  war  nicht  vorhanden. 

Im  Mittel  wird  die  Länge  der  Schamfuge  zu  5,4  cm  beim  Manne  und  zu 

?ö  cm  beim  Weibe   angegeben^).     Hier    sind    wohl    die  Bänder   eingerechnet. 

1)  Die  Länge  der  Schamfuge  muss  wegen  der  Beckenneigung    wohl    von  ihrer 

Wäkalen  Höhe  unterschieden  werden;   letztere   ist    beim  Weibe   geringer   als   beim 

^^anne  und  misst  etwa  3  cm.    Tillaux  (Traite  d'anatomie  topog-r.  V.  edit.  1887.  p.  747) 

^*'irt  eine  Angabe  von  Malgai^ne,   dass  die  Symphyse  des  Weibes  nach  der  Meno- 

l^^^so,  l-Uio-or  werden  solle. 

^''aUleyer,  Das  Becken.  S 


34  Symphysenspalt.    Topographie  der  Symphyse.    Foramen  obturatuin. 

Da  die  Lamina  interpubica  hinten  nur  schmal  ist  und  die  beiden  Schambeine 
bei  intakten  Iliosacralgelenken  gut  aneinander  schliessen,  so  ist  bei  der  Durch- 
trennung der  Schamfuge  genau  die  Mitte  einzuhalten  und  auch  kein  breitrückiges 
Messer  zu  wählen;  ein  solches  klemmt  sich  ein. 

Was  die  Existenz  einer  6c lenkhöhle  innerhalb  des  Symphysenknorpels 
anlangt^  so  ist  dieselbe  keineswegs  beständig.  Man  kann  auch  nicht  von  einer 
regelrechten  Gelenkhöhle  sprechen,  denn  eine  Synovialhaut  mit  Synovialzotten 
fehlt.  Zottenähnliche  Bildungen,  die  man  wohl  findet,  sind  Reste  des  der 
Verflüssigung  widerstehenden  Faserknorpels  (Aeby,  Henle).  Die  Spalte  liegt 
der  Beckenfläche  näher,  ist  von  sehr  verschiedener  Ausbildung,  kommt  bei 
beiden  Geschlechtem  vor,  beim  Weibe  indessen  häufiger  und  in  geräumigerer 
Ausbildung;  indessen  ist  sie  kein  konstantes  Attribut  des  schwangeren  Weibes, 
wie  wohl  behauptet  worden  ist.  Aeby^)  fand  sie  unter  solchen  Umständen 
mitunter  nicht.    Bei  jungen  Kindern  ist  sie  noch  nicht  vorhanden. 

Die  topographischen  Beziehungen  der  Symphyse  sind  äusserst  wich- 
tige: Vor  ihr  liegt  der  Mons  pubis  mit  seinem  Fettpolster,  dann  kommen  die 
Ligamenta  suspensoria  penis  s.  clitoridis  ^  unter  ihr  her  ziehen  in  unmittel- 
barer Nachbarschaft  der  Nervus  und  die  Vasa  dorsalia  penis  s.  clitoridis,  hinter 
ihr,  jedoch  noch  durch  ein  Fascienblatt  und  einen  Fettkörper  von  ihr  getrennt, 
finden  wir  nach  unten  den  Plexus  venosus  pudendalis,  darüber  das  untere 
Blasenvenengeflecht,  dahinter  die  Harnblase.  Die  Ligamenta  pubovesicalia  um- 
schliessen  eine  mediane  Vertiefung  mit  Venen,  die  zum  Plexus  pudendalis  gehören. 
Unmittelbar  hinter  dem  Symphysenknorpel  haben  wir  nur  sehr  unbedeutende 
arterielle  und  venöse  Gef ässreiserchen,  die  oben,  hinter  dem  Adminiculum  lineae 
albae,  von  der  Arteria  epigastrica  inferior  abgehen  und  regelmässig  anastomosiren, 
in  der  Mitte  der  hinteren  Symphysenfläche  vom  Ramus  pubicus  der  Arteria  ob- 
turatoria,  unten,  am  Angulus  pubis  von  der  Arteria  pudenda  interna.  Die 
Venen  sind  die  gleichnamigen.  Die  genannten  Gefksse  an  der  Hinterfläche 
der  Symphyse  sind  sämtlich  von  der  Beckenfascie  (genauer:  Uebergang  der 
Fascia  transversalis  zur  Fascia  obturatoria  interna)  von  innen  her  gedeckt. 
Zwischen  Tuberculum  pubicum  und  Symphyse  erstreckt  sich  der  Ansatz  des 
Musculus  rectus  abdominis. 

Membrana  obturatoria.    Foramen  obturatum. 
Oanalis  obturatorius. 

Das  Foramen  obturatum  ist  grösstentheils  durch  eine  fibröse  Membran 
verschlossen  und  führt  daher  auch  seinen  Namen;  es  ist  dies  die  Membrana 
obturatoria.  Oben  bleibt  für  den  Durchtritt  des  Nervus  und  der  Vasa  ob- 
turatoria eine  Oeffnung  zwischen  Membran  und  Knochen,  so  weit  ungefähr, 
dass  ein  kleiner  Finger  hindurchgeführt   werden   kann.    Des   eigenthümlichen 


1)  Aeby,  Chr.,  Ueber  die  Symphysis  ossium  pubis  des  Menschen  nebst  Beiträgen 
zur  Lehre  vom  hyalinen  Knorpel  und  seiner  Verknöcherung.  Zeitschrift  f.  rationeUe 
Medizin,  TIT.  Reihe,  Bd.  4.  1858.  S.  1. 


Vin'iiuivn  ciliUiraiiiiii.     So  {(tu.-  r.Jn!ir;iii.riii,s.  ."iD 

^ '^'liialtiiis  i|t',s  <Li.s  Fi)i'::iiiNii  iibliiniiiiiii    Iwisvinvu^nihni   Kiiiifliciiriiip^s    iiml    ilvr 

v<'Jiii    lH',mii|in.  tiessi'jlH'!!   in  flrr  li<»lili'  <li,'<   kii«»i"l!t'riirii  liiM/kfiis  Im  ziiiii  Kii<l<*  ;iti 


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'^''*^'^»'»H'iii;iiii|er  VffiiNiliinfiii.  ;iist>  ti\\;i  wie  tili  Sciiliiissr'lriiiu",  ilrsstii  Kiiilni  litis 


<?li<i'rii  SrIiiiiiilH'iiiasK  7,ii  ili'iti  >!r  ;j'<-li<irf,i  yiid  ;}i!  i|i/s^iii  I 'iih'tiliit'lii'  >ii'  in 
FtHlü  '/Uiit*r  Li'iisirli  ihUt  Jii)>|n'ii  \rrl:iiHii:t  \  rrliüiii !ru.  iiiiil  ^M  l!-ii;:1  i|rr  ubiTr 
Sri!:iiiibriii:i>l    i  iiir   iiiwU    iiiiir'iL   /tiin    FHr;ii!i<ij   ohf tiniiiiiii    hiit  oftriiT    IlMlbriitiif. 

li>*'     l'«'lr;trii!  Ihr',     niii'-    f...  i  i» ,-.'!  tr  r.-M-L     P.»  ■«•:..,.•  !!'•    ."■!••};!      :<i;|h      i.'ii'h!      4n-r    A\ifV*h\\l]i'S 
'N'f'-'i'.     lila     ;«ni    'riiibrrrffii'nii    f»  li  iiirii  üi    /ji    ;'iiih-i(:    -i    i     r.;iih'r.'   i  ,'i  h  •_' •'•'! -^'h  !.  •  * ;    \i-viu-vt    >ti",'i, 


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*»f»i  iira  I  ui'i  ;j    III, ^i    i|<'r«ii    \'iT>l;M'kii}t,L:'s/iiLr<'it.     >^n^ii'     v<»ii    d«ii    biiiNi!    Mii>^'iili 
'*  ^M  M  IM,  1  <,  r,.'^,    i:vir!i<h'!:    ;\ih<k'r*h:ui    btl}|rlll,:i1    >i<*ll    ii;t,r:i||    lliH'l!  i'ili     I'' P  I  I  k  <:»  l' |M'' l' 


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38  Membrana  obtaratoria.    Canalis  obturatorius. 

und  einen  Ausgang  an  der  Schenkelfläcfae  des  Sehamsitzbeinrahmens  haben. 
(Figg.  19  u.  22.)  Sein  Dach  ist,  wie  bemerkt,  knöchern  und  wird  ausschliess- 
lich vom  Schambeine  gebildet,  die  Seitenwände  und  der  Boden  sind  häutig  und 
zugleich  muskulös,  indem  sich  an  die  beiden  oberen  Sehenkel  der  Membrana 
obturatoria  der  Musculus  obturator  internus  bez.  extemus  anlegen  und  von 
ihnen  entspringen. 

Die  beiden  Y-Schenkel  der  Membrana  obturatoria  sind  fast  regelmässig 
verstärkt  durch  besondere  Faserbtindel,  die  von  einem  Rande  der  Knochenum- 
rahmung zum  anderen  ziehen;  nicht  selten  lösen  sich  der  eine  oder  der  andere 
Schenkel  über  eine  grössere  Strecke  von  dem  Verbände  mit  dem  unteren  ein- 
fachen Theile  der  Membran  ab,  so  dass  sie  wie  selbständige  Bänder  oder  Mem- 
branzüge erscheinen.  Kleinere  Unterbrechungen  finden  sich  stets,  sie  erscheinen 
als  Löcher  oder  Lücken,  durch  die  man  von  der  Aussen-  oder  Innenfläche  des 
unteren  einfachen  Theiles  'der  Membran  in  den  Raum  zwischen  den  beiden 
Y-Schenkeln,  d.  h.  also  in  den  Canalis  obturatorius  gelangen  kann;  diesen 
Lücken  oder  Spalten  folgen  Aeste  der  Vasa  obturatoria  und  des  Nervus  obturatorius. 

Ausgefällt  ist  der  Canalis  obturatorius  mit  den  ebengenannten  Gefäss-  und 
Nervenstämmen  (s.  Figg.  19  u.  21)  und  mit  dem  genannten  Fettkörper,  der  von  dem 
die  Vasa  iliaca  begleitenden  Fettgewebe  (Fig.  20  —  Lamina  adip.  retrovasc.  de- 
nndata)  zu  den  zwischen  den  Adductoren  des  Oberschenkels  befindlichen  Fett- 
ablagerungen zieht,  wo  er  sich  verliert.  Nimmt  man  das  knöcherne  Dach  des 
Canalis  obturatorius  durch  einen  Sägeschnitt  fort,  so  sieht  man  als  oberste  Lage 
im  Kanäle  diesen  Fettkörper,  der  genau  die  Modellirung  des  Kanaldaches  zeigt 
(s.  Fig.  20).  Dann  folgen  die  Gewisse  und  Nerven,  dann  wieder  Fett,  welches 
die  Spitze  zwischen  den  beiden  Y-Schenkeln  ausfüllt.  (Fig.  19  —  Corp.  adip.  IL) 
Dieses  unterhalb  der  Gefässe  und  Nerven  gelegene  Fett  begleitet  deren  Aeste 
und  setzt  sich  in  die  Lücken  fort,  von  denen  vorhin  die  Rede  war. 

Endlich  ist  darauf  hinzuweisen,  dass  auch  im  Gebiete  der  einfachen 
Membran,  also  dem  unteren  Theile  derselben  entsprechend,  noch  besondere 
fibröse  Züge  vorkommen  können,  die  ihr  von  aussen  aufgelagert  sind  (Fig.  23), 
so  dass  die  Membrana  obturatoria,  wenn  diese  Züge  breit  sind,  als  ein  doppeltes 
Blatt  erscheint ;  das  Fett  setzt  sich  dann  zwischen  die  eigentliche  Membran  und 
die  aufgelagerten  Züge  hin  fort,  so  dass  in  solchem  Falle  beide  Musculi  obtura- 
tores  durch  eine  Fettlage  getrennt  erscheinen  (Fig.  19  —  Corp.  adip.  III,  IV); 
von  diesen  Zügen  entspringen  gleichfalls  Bündel  des  Musculus  obturator  extemus. 

Der  wichtigste  Verstärkungszug  der  Membrana  obturatoria  ist  der 
innere,  derselbe,  welcher  den  oberen  inneren  Y-Schenkel  auf  dem  Durchschnitte 
hauptsächlich  bildet.  (Fig.  19  —  Crus  tendin.  int.  —  Fig.  14.)  Günz^)  hat  dieses 
Bündel  wohl  zuerst  beschrieben;  Edm.  Rose*)  nennt  es  daher:  „Ligamentum 


1)  Günz,   J.  G.,   Observationum   anatomico-chirurgicarum   de   herniis   libellus, 
Leipzig,  1744.    Cap.  18. 

2)  Rose,  Edm.,  Weitere  Beobachtungen  über  den  Bruchschnitt.    Deutsche  Zeit- 
schrift für  Chirurgie.    XXXV.  Bd.  1892.  S.  24,  Anm. 


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^''i.si.|H,,,.  j,"||j,t  ,.ni  'riilMTiMihiiii  ul.nir.'inTirnii  >iiirfriu.  tiiid  iitiVrMis  :uil: 
'^^is  rrMi.,v  lii'-v  iiii-H;i{ir  :ii.  «Tri'  MltU'  .Irr  liin.tin.  ;mm.I:iIhiIl  .!;iv  imvrlu^  -v-vii 
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'^-'«"iiKTiT  \-|ii",j. rillt  n'^   itfMl   MM''li  tJ'i«'!»!  inniiiT  ,:riti  Ii;iiim|:i%   ..HMlrni  ^^pILsf  .mr  4vr  i,us'^i-vvu 

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^'^"HrlM..     ,,tw;i     :;     i;   mm     ih'U'V    ntu     |.:;.imI."     ^<^"-^     F.H'Miiirii     oitiMrriitn.i     s<'!1h.|*  J,!.'-! ,, 
^''^'»'1    tu     i};t>     lA.niiiii'ii     hiiiriii     v(H-spr5fi-f.       PrrirHM-    ihmiiiI     d:i:.     oIh^it'     drr^     I  iili*'r 


'•'i'^.rln>r'>    itiiid     Jii'jilc's  'ri}!ii'rt"iihltiJ    i»liiiir;iN»riinn    Hii|.'«'r!iis 


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M'rh    Xti;!*«"   m'i*«.    Trii-    h.'hj!!!i*'nh5   ♦" '•Ji'i'üiih;     ■^.    <l;,'.JM^Nr   v.i^iiT    nn!«'!,;    ri!t    il  ir/'.'HK'ii    :in', 

"■    ^-^l^r.   --*»'■       //'Al.-^ht'ü     dri:i     j:'Mr;iM    ;n  !  f  • '  TI  U  .--       Li'.     P'»MMir'r:    T  i!  !  h  ■ ;  .  ■  ||  i' i  II  ii     Min'ilf.'fl.'.nillü 

'•''•'^•''^«Hifj     lind    jiH'iiirus  TifiM-r^-ühnn    .^Ji! 't^^,  :.-;'■;  üi.i    ;;d.-i-;,;*'    H!iM.r:ij>.    h.-!i!ri'>!    ^:('h«•!|lr 
Vrilliu^ki'    if.ri-     Ihn.    ihiivb    . i^r-    hiiH(f|!h.T    ;urt'illi    \'ri,tM;.{M    -  IM'    I  M;l!n!r    /  ir-Jj' ,      l^^iniM 


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Crura  tendinea  obturatoria.    Musculi  obturatores.  41 

.^  superius  und  inferius  zu  zerlegen  sind.  Das  Tuberculum  obturatorium  ante- 
^^  BNA.  wird  dann:  Tuberculum  obturatorium  mediale  heissen  müssen.  S.  hierzu 
%  18. 

Der  innere  Verstärkungszug  (Ligamentum  posterius  canalis 
^oturatorii  Poirier)  strahlt  nun  medianwärts  gegen  das  Tubercultun  obtu- 
^atdrium  mediale  m.  hin,  wie  ich  mit  R.  Fischer  sehe;  *er  findet  aber  auch 
^ö  benachbarten  Stellen  des  Knochenrandes  seine  Anheftung;  lateral,  am 
^feunenrande  des  Foramen  obturatum,  kommt  sein  Hauptbündel  vom  Tuber- 
^ölam  obturatorium  laterale  inferius.  —  Der  äussere  Verstärkungszug 
^ötspringt  mit  seinem  Hauptbttndei  vom  Tuberculum  obturatorium  laterale  su- 
P^rius  und  hängt  mit  den  Verstärkungsbändern  des  Hüftgelenkes,  insbesondere 
'^it  dem  Ligamentum  pubocapsulare,  zusammen^  namentlich  die  oberen  Faser- 
^&ß;  bei  Abduction  des  Oberschenkels  spannen  sie  sich  an.  Am  medialen 
^ande  des  Foramen  obturatum  setzt  er  sich  in  grösserer  oder  geringerer  Aus- 
^ehnung  auf  die  Aussenfläche  des  Kamus  inferior  ossis  pubis  fort  und  zieht  auch, 
Jallg  ein  solches  vorhanden,  gegen  das  Tuberculum  obturatorium  mediale  hin, 
^0»  sieh  an  ihm  zu  inseriren. 

Ich  möchte  vorschlagen,  die  beiden  Verstärkungszüge,   da   von  ihnen  Bündel 

er  Musculi  obturatores  entspringen,  im  Anschlüsse  an  eine  von  Roman  Fischer 
'^^  den  inneren  gewählte  Bezeichnung:  Crus  tendineum  (obturatorium)  inter- 

Um  und   extern  um   zu  benennen.    Das   Crus   externum   ist  meist   aus  mehreren 

Äpfeln  zusammengesetzt;  unter  diesen  zieht  einer  (c  in  Fig.  23)  ständig  vor  der  Inci- 
^y^^  acetabuli  her  und  hat   nach  Prohse   die  Bedeutung,   den   bei  Bewegungen  des 

"erschenkels  aus  der  Incisur  vorquellenden  Fettklumpen  zurückzuhalten. 

Beide  Musculi  obturatores  haben  Ursprünge  von  den  entsprechen- 
^f*^  Flächen  der  Membrana  obturatoria  und  von  deren  Verstärkungszügen.  Da 
^^  letzteren  aber  von  einander  getrennt  sind,  indem  sie  zu  den  beiden  Y-Schen- 
^ta  gehören,  so  tritt  der  Musculus  obturator  internus  nur  mit  dem  inneren  Zuge 
v^rns  tendineum  intemum)  in  Verbindung,  der  Musculus  obturator  externus  da- 
S^gen  nur  mit  den  äusseren  Verstärkungszügen. 

Die  oberen  Ränder  der  beiden  Crura  tendinea  werden  wieder  dünner ;  sie  sind 

^>  welche  den  Eingang  und   den  Ausgang  des  Canalis  obturatorius  unmittel- 

^^  von  unten  her  begrenzen,  und  diese  Oeffnungen  zusammen  mit  dem  knöcher- 

^^  Dache  des  Kanales   umrahmen.    Sie  erscheinen   als   bogenföimige   Züge 

^Arkaden),  von  denen  Muskelfasern  entspringen;  an  der  Beckenöffnung  Fasern 

^s  Musculus  obturator  internus,  an  der  Schenkelöffnung  Fasern  des  Musculus 

"türator  externus.    Bedenkt  man  nun,  dass  beide  Musculi  obturatores  eine  nicht 

^^rhebliche  Dicke  haben,  so  müssen  ihre  oberen  Ränder  zu  einem  ansehnlichen 

«eile  mit  zur  Bildung  des  Bodens  des  Canalis  obturatorius  beitragen,   aller- 

y^®  nur    mittelbar,    da  ja  diese  Ränder  noch  von  den  betreffenden  oberen 

-Schenkeln  der  Membrana  obturatoria  gedeckt  sind.    Diese  Schenkel  schlagen 

^h  nach  hinten  (beckenwärts)    auf   den    Musculus    obturator   internus   und 

^<5h  vom  (schenkelwärts)  auf  den  Musculus  obturator  externus  um  und  gehen 

,^  Fascia  obturatoria  interna,  bezw.  in  die  Fascia  obturatoria  externa  konti- 

^J'hch  über.    Der  Uebergang  liegt   an   der  Stelle   der   genannten  Arkaden. 


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Crura  tendinea  obturatoria.    Musculi  obturatores.  43 

'ölt  erscheint  jeder  Musculus   obturator    mit  seinem   oberen   Rande  in   den 

J^Kel  zwischen  seiner  Fascie  und  dem  betreffenden  Schenkel  der  Membrana 

"^ratoria  eingeschoben.    Die  Fascie  des  Musculus  obturator  internus  wird  noch 

^rstärkt  durch  den  bogenförmigen  sehnigen  Ursprung  des  Musculus  levator  ani 

u^^^  *®^dineus  musculi  levatoris  ani  BNA.),  der  wohl  bis  zum  Aditus  canalis 

öratorii  internus  hinaufreichen  kann^  und  dessen  untere  Umrahmung  sonach 

öoch  mehr  festigen  hilft.  (Fig.  19.)   Die  oberste  Portion  des  Musculus  obtnrator 

*emus,   diejenige  also^   welche   sich  an  die  arkadenförmige  Umsäumung  der 

nenkelöffhung  des  Canalis  obturatorius  anlegt  und  von  da  weiter  zum  Scham* 

^me  streicht,  ist  sehr  dünn;  die  mittlere  Portion  (Poirier)  ist  weit  stärker;  sie 

ommt  wesentlich  von  dem  Crus  tendineum^  extemum ;  die  dritte  vom  Os  ischii 

ommende  Portion  ist   die  grösste.    Mehrfach   sind   ttbrigens   die  vom  oberen 

cnambeinaste  kommenden  Portionen  des  Musculus  obturator  externus  auch  so 

7^k?  dass  die  äussere  (Schenkel-)  Oeffnung  des  Canalis  obturatorius  verdeckt 

^<1  und  die  Gefässe  und  Nerven  sich  sämmtlich  den  Weg   zwischen   den 

melbündeln  hindurch  bahnen  müssen.  —  Die  Beckenöffnung  des  Canalis  ob- 

^»•atorius  ist  mehr  rundlich,  die  Schenkelöffnung  mehr  länglich  und  schmäler. 

^  Alle  diese  genannten  Punkte  haben  ihre  Bedeutung   für  die  Anatomie   und 

^  das  Zustandekommen  der  Hemiae  obturatoriae  (s.  w.  u.)  und  es  musste  des- 

auf  die  mancherlei  Einzelheiten  hier  eingegangen  werden. 

Meine    hier   gegebene   Beschreibung    ist    nach    der   Untersuchung    zahlreicher 

sener  Präparate,  die  über  den  Lauf  der  Arteria  obturatoria  (s.  w.  u.)  Aufschluss  er- 

mT  ^^^^*®°'  ^^^  ^^^^  Präparaten  von  Hein,  Dr.  Frohse  und   Dr.  Brösike   ent- 

II  J*       '   ®^®   stimmt  am  meisten  mit  Poirier 's   Schilderung  überein.    Im  Thatsäch- 

^    en  besteht  wohl  kaum   eine  Differenz,   dagegen   in   der  Auffassung   der   äusseren 

^'^^^^gszüge.    Wir  sahen,   dass  deren  mehrere   sind;   sie    bilden  kein  grösseres 

de  *^"*^^^^^ff®»<i^s  ßlatt;   es   sind   auch   hauptsächlich   Ursprungssehnenblätter  für 

Ubturator  externus.    Somit  möchte  ich  mich,  wie  gesagt,  nicht  entschliessen,   mit 

H     ^^  Fischer  und  Poirier  das  Ganze  dieser  Züge  als  eine  zweite,  sog.  äussere 

es  ri  k  ^*  obturatoria  (Membrana  obturatoriaexterna)  aufzufassen.    Mir  scheint 

einf  ^  ^^^^  zu  sagen,  wie  vorhin  geschehen,    dass  die  Membrana   obturatoria  unten 

ach  sei,  sich  jedoch  oben   in   zwei   divergirende   blattförmige  Schenkel,  zu  denen 

^    ^e  Verstärkungszüge  kommen,  spalte.    Uebrigens  gebraucht  auch   Poirier  die 

^^Dg,  dass  die  Membrana  obturatoria  nach  oben  hin  sich  gabele  oder  doppele^). 

Das  Crus  tendineum  externum  ist  abgebildet  in  Fig.  13  an  dem  linken 

tarnen  obturatum  (der  mit  „Membrana  obturatoria"  bezeichnete  Strich  ftthrt 

gerade  darauf)  und  in  Fig.  23;    das  Crus  tendineum    internum  ist  in  Fig.  14 

^ ^öergegeben  und  bezeichnet  worden;    eine   untergeschobene  Sonde  trennt  es 

der   übrigen  Membrana    obturatoria.     An   derselben    Figur   ist   auch   die 

cxenöffnung   des   Canalis  obturatorius   gut   zu  sehen    (Sulcus  obturatorius). 

^*  18   zeigt   das  Verhalten   der  beschriebenen  Knochentubercula  in  der  üm- 

™  tog  des  Foramen   obturatum,    sowie   die  Bildung   des  Sulcus  obturatorius; 

tro  *^^  ?'  ^*  '^^*^*^  d'anatomie  humaine,  T.  T.  p.  190:  „Sur  Tos  frais,  ce  trou  (v.  le 
Q  u  f  **  *^"P^^i®ii)  ßst  obture  par  une  mem braue  fibreuse,  la  membrane  obturatrice, 
Ä*_^®  d6double  dans  sa  moitie  superieure  pour  former  le  canal 
••««■pubien.« 


44  Beckenstellung.    BeckenmaaBse. 

in  Fig.  23  sind  die  betreffenden  des  Crus  tendineum  externum  und  die  durch- 
tretenden Gefiässe  wiedergegeben.  Fig.  20  zeigt  den  Fettkörper  im  Canalis 
obturatorius,  wie  er  nach  einfacher  Wegnahme  der  knöchernen  Decke  erscheint, 
Fig.  21  den  Verlauf  des  Nervus  und  der  Vasa  obturatoria  durch  den  Kanal  nach 
Wegnahme  der  oberen  Fettdecke,  Fig.  22  den  Boden  des  Kanales.  In  Figur  20 
sind  auch  die  Umgebungen  des  Kanales  wiedergegeben,  um  die  Topographie  der 
DurchtrittssteHe  der  Hemiae  obturatoriae  möglichst  übersichtlich  zu  gestalten. 
Siehe  jedoch  hierüber  später  bei  Besprechung  der  Weichtheile  der  Beckenwand 
und  der  Hemia  obturatoria.  Fig.  19  gibt  das  Bild  des  Canalis  obturatorius, 
wie  es  sich  auf  dem  senkrechten  Durchschnitte  ausweist. 

Bei  den  Beckenbändem  sind  noch  aufzuführen  die  Ligamenta: 
inguinale  (Pouparti),  lacunare  (Gimbernati)  und  pubicum 
(Cooperi),  von  einer  weiteren  Beschreibung  derselben  kann  hier  Abstand 
genommen  werden.  Auch  werden  wir  noch  im  Folgenden  bei  Besprechung 
der  Zugänge  zur  Beckenhöhle  kurz  darauf  zurückkommen.  —  Das  Gleiche  gilt 
für  die  Ligamenta  sacrococcygea. 


Beckenstellung.    Beckenmaasse. 

Beckenebenen  und  Beckenlinien. 

Beim  normalen  lebenden  Menschen  nimmt  das  knöcherne  Becken  eine  für 
jede  Positur  und  Lage  des  Gesammtkörpers  genau  bestimmte  Stellung 
ein,  welche  sich  in  engen  Grenzen  hält;  diese  Stellung  wird  im  Wesentlichen 
bedingt  durch  die  Beckenneigung. 

Man  versteht  unter  „Beckenneigung"  den  Winkel  (a,  Fig.  24),  welchen 
die  Ebene  des  Beckeneinganges  mit  der  Horizontalebene  bildet,  d.  i.  den  Winkel, 
welchen  die  in  der  Ebene  des  Beckeneinganges  zwischen  Promontorium  und 
Symphyse  gezogene  Mittellinie  (A,  Fig.  24)  mit  der  in  derselben  Verticalebene 
liegenden  Horizontalen  (E,  Fig.  24)  einschliesst. 

Um  uns  bei  Besprechung  der  Beckenneigung  kurz  fassen  zu  können, 
müssen  wir  zuvörderst  die  am  Becken  unterschiedenen  Orientirungslinien, 
Messlinien  und  Orientirungsebenen  aufführen.  Ich  folge  hier  dem 
z.  Z.  wohl  am  meisten  verbreiteten  Lehrbuche  der  Geburtshülfe,  dem  von 
Karl  Schröder,  welches  nach  dessen  Tode  vonOlshausen  und  J.Veit 
fortgeführt  wurde,  und  von  dem  jetzt  die  12.  Auflage  vorliegt^).  Jedoch  habe 
ich  überall  da,  wo  eine  genauere  Fassung  wünschenswerth  erschien,  dieselbe 
zu  gewinnen  gesucht,  indem  ich  für  die  Linien  ganz  bestimmte  Ausgangs- 
und  Endpunkte   bezeichnete,     üeberall   ist   im   Folgenden   bei   den 


1)  Karl  Schröder *s  „Lehrbuch  der  Geburtshülfe"   12.  Aufl.,  neu  bearbeitet 
von  R.  Olshausen  und  J.  Veit.    Bonn,  Friedrich  Cohen,  1893.  8. 


Beckenebenen.    Beckenlinien. 


45 


^gebezeichnungen  angenommen,   dass    das  Becken  in   der 
^J^'^^^^ö    Durchschnittsneigung    stehe.     Man    unterscheidet   — 

^-  %g.  24  und  25  — 

g       ^'  Die  Ebene  des  Beekeneinganges,   Apertura  pelvis  superior 
^ A.  (Aditus  pelvis  autt.) ;  sie  läuft  durch  das  Promontorium,  den  oberen 

^rderen  Rand  der  Kreuzbeinflügel,  die  Linea  terminalis,  den  Kamm  des  Scham- 

ines  und  den  oberen  Rand  der  Symphysis  ossium  pubis.    Freilich  kann  mit 

lesen  Grenzen  keine  Ebene   im   mathematischen  Sinne  erhalten  werden;  das 

yomontorium  z.  B.  liegt  immer  nicht  unerheblich   höher,    als  eine   durch   die 

'iiea  terminalis  laufende  Ebene.  —  In  der  Ebene  des  Beckeneinganges  zieht 

^^  nachstehende  Linien: 

a)  Den  geraden  Durchmesser  des  Beckeneinganges  (Con- 

J    Sata  Vera,  C.  v.)*).    Es  ist  dies  die  kürzeste  Linie  zwischen  Promon- 

^^^  und  Symphyse.      Besteht  ein  doppeltes  Promontorium,    s.  vorhin  S.  25, 

^ii'd  das  obere  oder  wahre  Promontorium  angenommen.    Die  kürzeste  Linie 


Fiff.  24. 


'"^i 

:-.. 

iVr-^- 

A    =  Conjugata  anatomica. 

B     =  Conjugata  normalis. 

C     =  Diameter  recta  exitus. 

D    =  Axis  pelvis. 

E    =  Linea  horizontalis. 

III  =  Centrum  vertebrae  sacr.  III. 

P     =  Promontorium. 

S     =  Symphysis  ossium  pubis. 

a  ==  IncUnatio  pelvis  sup.  (60**). 

ß  =  IncUnatio  pelvis  norm.  (30<*). 

y  ==  Inclinatio  pelvis  inf.  (12**) 


nh     ^**!^*  ^.wischen  Mitte  des  Promontorium   und  oberem  Rande  der  Sym- 

od         ^^^  ^^^n  am  Promontorium,  insbesondere  bei  Asymmetrie  des  Beckens, 

^  bei  lokalen  Knochenverdickungen  etwas  seitlich  abweichen  und  sie  trifft  die 

ere  Fläche  der  Symphyse   in    der  Mittellinie  auch  stets  unterhalb   des 

^ß  Randes,   etwa  an   der  Grenze  zwischen   oberem  und  mittlerem  Drittel, 


betra  h   ^^^^  «conjugata,  Roederer  (Elementa  artis  obstetric.    Gottingae  1753).    R. 
kleini»    ^*^  ^^^  Ebene  des  Beckeneingang-es  als  eine  EUipse  und  gab  demgemäss  der 
Axe  die  übliche  mathematische  Bezeichnung:  ^Conjugata". 


't'j  DiircliiiH'.'-^<*r  dv^   i*»'i'k<'ii<'iii,u'aii--i"^. 

niii>tni    hl    ii;i'-*    r>crk</iiiiirM'i"f    \  iii"<|iiiii:rl  - '., 


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l'ai's   it-fiuf'«  o,s>i>   uitiiii. 
i*;ir>    tri!  luv,    arrl,ihiili. 

<  'oiTfü _!:'.'!  1.1    ;i!i:.ifotiii«'a. 

<  '!>tij't},L:';ita    iMiritiMJ!>, 

I  n.iiiiri.i'i'  i-'<'ii?i  ;i}t,ijini  II dl, Uli 
1  H.*tiin'ii'r   ri'r|;i   ,'iii,e'ii>ii;if". 


liiriHi.'ili«»  |M»I\  i.s  fMiriü,  il^fi 
Iisfliitaihi  |N-i\'is  iiif.  I  \'2 
l'f'i'iiiiiiiis  .•iiili*rii»r  di;uiN 
.ihlhjiiac'    II, 

"i'V'niiiiiiis  ii'h'xiri  irilri 
b;iM'<>-  ?iiiilH>t'iiiij  I  ri,;i}i,L,';ii 
riiiti   <'\iuis   jH''l\'i>. 

"r*'riUiiil|S     |Hl>liTi'f,i|'    lÜMIi 


1,!  XmcIi  df.y  l'J*iiiiif!"liiii;j;<'ii  l)r.  I'' r  o  h  >  f  \s  stdii-im  Ihn  ;\|;iiiiH'rji  <lt'r  l}«'l"< 
Staiid   di'li'f   \  or'/4iJ."»i!ii!j<»tiL   Im/i    WriliiTii   «d-r   }ir,||t'rr. 

„'■  l'^riifiKT  wiinli"  ilif  { '  o  11  j  iii  -' ,'!  I  ;i  \  <•  r  ;j  vun  <it*r  .\lili«'  il«*s  Proiiii.nloi-ii 
zillü    «ü  li  r  f  r  li   S\  i!ijp|!\  si''nr;iHiff    -"i-zi  s-^.«ii    iiimI    y/way   dnliiii.    \\  o   *I«-j-   olirrr^  I»m  !m,{   ritii 


D^cbmeaser  der  BecUenwelte  u  es   (Dia- 

„  B.rebtae.ser  des  Beck   »-»g^  ^  ,,^ 

b)  Den  qu e r en  D B T «  p  tr.  ad.)  ==  der  laug  terminalw 

meter\raBSversa  -^^^^^^J    i^-^^^^'^'^^r^^f  a^  d  r  Grenze   des 
in  querer  Riebtung  ^^-f^^^e^  befindet  «-^  »^^nrnttelbar  binter  der 
bestebt.    Dieser  gr»«»*«^"!!!  des  Beckeneinganges,  um» 
binteren  und  mittleren  Dntteis  D^rebmesser  (Dia- 

Hüftgelenkpfanne,  recbten  scbräge»  die  Linea  ter- 

e)  Den  ersten  ode^   rec  ^^^^^         f  Jf ^^^entia  iUopectiBea 

meter  obliq«a  prima,  V  ^^^^^  ^^^„^t,  x«r  t-n» 

minaüs  die  Articnlatio  sacroüiaca  Dnrcbmesser  (Dia- 

Binistra.  ,  ,  Unken  ßC^^^^^^^Lutio  sacroiliaea  sim- 

d)  Den  zweiten  oder  U«^^^  ^^^^  ^^^  ^er  Articulatto  sa 

meter  obliqua  B^cunaa      •  j^^tte  des 

.tra  zur  Eminentia  ^^i^trc^cotyloidea  (D.  s^-^^^^^^^  ,,^i,,Us  er- 

e)  Die  Di«*»?*^:X  mopectine».  wo  diese  die  U 
Promontorium  zur  Emmentia  rr^fange,  welcben  die 

reiebt^),  links  oder  reebts.  dem  erbebUcben  ümfa^^;  ^.^^,  ,,nig 

Die  Linien  c,  d  «»Vlrin  ibren  vorderen  EodptmK  ^.^^^^^^  iu«- 
Eminentia  ü-pectin^^  ^^^^te  ,,uen  da  ^ef  >  -  ^.^,  ,,,  diese  Stelle 
scbarf  bestimmt.    Die  EböP™  (Pig.  25  +);  "  orte,  wo  der 

pectineae  an  die  Linea  .t^^^^^^tbar;    sie   entspricbt  dem 
uiit  genügender  G^^^f^^^t  den  oberen  Übergebt  «^         U- 

Tordere  umfang  der  P^T'^     «ite  (»«Wecbtbm  „B e c R  ^  ^^etabulum, 

2.  Die  Ebene  d«'^  ^'^^^^^Tlegt  durcb  den  MittelpunM 
tudo  pelvis,  genannt)     Sie  -    gejcg^.^  ^^^^  ^^  ^fdÄ^em  umgrenzten 
die  Synostosis  sacralis  \+f'      .eräumigsteu  Tbeil  der 

Diese  Ebene  bezeicbnet  ««  ^^    purcbmesser:  mjameter 

recta  amplitudinis  pe\Y   '  ,jj 


recta  amplitudinis  P^^V   'jji. 
Mitte  der  Synostosis  sacralis 

■ j.       Micl 


Hintere  Symphysenu»".-  -  anttoropoi"»— -  atomica",  »•"•"- "„ 

CoBiugata  4a  ein.    Anatom^^  un     ^^^^  .v«  "^TderPromontorintn  von  Jer  Ge 
Terwendet;  man  bezeichnet  dies?  a  „Entfernung  des  «  des  BeckenB  m 

1)  Schröder's  Lehrbuch  sag  »^tr^der  hi^t^^^tj!^- 

gend  .iber^  der  Pfanne  •  ^^^  J^ber  der  Pfanne  &Bt  an         ^^^^^  ^^  ßeeken 
normider  Neigung  liegt  d»e  ^^«^^^^^  werth  haben  und  m         ^^^.^,„3  sich  be- 
brtnfi&che.    loll  das  Maass  praW^^«^      ^^^^^^w  »'^J^^^^;^  «^  der  hier  m  Texte 
«nganges  Uegen,  so  muss  dy  »;*         p^^^t  gemeint  sex». 

Är-^  ^^^  '"  tl  .ehrbuche  ist  auch  --tÄ^t  ^S 
.eHen\i^t^ts1^i^rS^«-.r.S-^^^^^^ 


48  Durchmesser  des  Beckenausganges. 

b)  Den  queren  Durchmesser  der  Be]ckenweite  (D.  transversa 
amplitudinis  pelvis,  D.  tr.  ampl.)  zwischen  den  Mittelpunkten  beider  Pfannen. 

3.  Die  Ebene  der  Beckenenge  (schlechthin  „Beckenenge",  Angustia 
pelvis),  wird  bestimmt  durch  das  untere^  Ende  des  Kreuzbeines,  die  Spitzen  der 
Spinae  ischiadicae  und  den  Scheitel  des  Schambogens  (Angulus  pubis).  Auch 
hier  zieht  man: 

a)  Den  geraden  Durchmesser  der  Beckenenge  (Diameter 
rectaangustiaepelvis,  D.  r.  ang.)  von  der  Mitte  des  unteren  Randes 
des  letzten  Kreuzwirbels  zum  Scheitel  des  Schambogens  und 

b)  Den  queren  Durchmesser  der  Beckenenge  (Diameter 
transversa  angustiae  pel vis,  D.  tr.  ang.);  zwischen  den  Spitzen  der 
beiden  Spinae  ischiadicae. 

4.  Den  Beckenausgang,  Apertur a  pelvis  inferior  (Exitus 
pel  vis  autt.).  Dieser  bildet  keine  einheitliche  Ebene,  sondern  stellt  sich  in  der 
Form  zweier  dreieckiger  Flächen  dar,  die  an  ihrer  gemeinsamen  Basis  unter 
einem  nach  oben  offenen  stumpfen  Winkel  zusammenstossen.  Die  gemeinschaft- 
liche Basislinie,  Linea  interischiadica,  verbindet  die  Mitte  der  hinteren 
Ränder  beider  Tubera  ischiadica;  der  Scheitelpunkt  des  vorderen  Dreieckes 
liegt  im  Scheitel  des  Schambogens,  der  des  hinteren  in  der  Steissbeinspitze. 
Beide  Dreiecke  sind  ziemlich  gleich  gross.    Man  nimmt  hier: 

a)  Den  geraden  Durchmesser  des  Beckenausganges  (Dia- 
meter rectaexitus  pelvis,  D.  r.  ex.),  von  der  Spitze  des  Steissbeines 
zum  Angulus  pubis;  s.  C.  in  Fig.  24.  Zurttckdrängung  des  Steissbeines  ver- 
grössert  dies  Maass  um  2  cm;  hierbei  stemmt  sich  das  Cornu  coccygeum  an 
das  Kreuzbein  (Fig.  25). 

b)  Den  queren  Durchmesser  des  Beckenausganges  (Dia- 
meter transversa  exitus  pelv.,  D.tr.  ex.)  zwischen  beiden  Tubera  ischi- 
adica; als  Messpunkte  gelten  die  Mittelpunkte  der  hinteren  Ränder  an  den  Innen- 
flächen der  Tubera  (Fig.  25  +  +). 

Hodge^)  legt  aus  praktisch  geburtshülflichen  Gründen  Gewicht  auf  eine  Ebene, 
welche  durch  den  Scheitel  des  Schambogens  und  die  Mitte  des  2.  Kreuzwirbels  parallel 
zur  Ebene  des  Beckeneinganges  gelegt  wird.  Die  neue  Ebene  nennt  er  kurz  die 
„zweite  Parallele**,  mit  Eücksicht  darauf,  dass  er  die  Ebene  des  Beckeneinganges  als 
»erste  Parallele"  bezeichnet.  J.  Veit^)  sucht  nach  einer  Ebene,  in  der  auch  die  an 
der  inneren  Beckenwand  belegenen  Weichtheile  möglichst  wenig  Raum  einnehmen. 
Diese  Ebene  geht  ähnlich  der  H  o dg e 'sehen  durch  den  Angulus  pubis  und  nahezu 
parallel  dem  Beckeneingange,  so  aber,  dass  sie  vor  allem  keine  grösserenMuskel- 
bäuche  trifft;  sie  muss  also  unterhalb  des  Iliopsoas  und  oberhalb  des  Piriformis 
durchschneiden;  hinten  traf  sie  an  dem  Veit 'sehen  Präparate  den  1.  Kreuzwirbel. 
Ein  kleines  Segment  des  Iliopsoas  wird  sich  kaum  vermeiden   lassen;   von   sonstigen 


1)  Hodge,  The  principles  and  practice  of  obstetrics,  Philadelphia  1866.  (Citirt 
nach  J.  Veit:  Anat.  d.  Beckens.    Berlin,  1887.) 

2)  Veit,  J.,  Die  Anatomie  des  Beckens  im  Hinblick  auf  den  Mechanismus  der 
Geburt,  Stuttgart,  Enke,  1887.  (Die  betreffenden  Schnitte  wurden  im  I.  Berliner  ana- 
tomischen Institute  nach  den  Angaben  Veit 's  angefertigt.) 


Haat)tebene*    Ooi\}Ugaiae  externa,  diä^önalis,  obstetricia.  4d 

^Kenwandmuskeln  wird  nur  ein  dünner  Theil  des  Obturator  internus  getroffen* 
ese  Ebene  hat  eine  charakteristische,  nahezu  kreisförmige  Gestalt  und  liegt  wohl 
^^^  geräumigsten  Stelle  der  kleinen  Beckenhöhle;   Veit  nennt  sie,   aus  gleich 

^^gebenden  Gründen,  die  „Haupt ebene**.    Sie  kommt  der  Hodge^schen  zweiten 

*^*rallele  sehr  nahe. 

Der  Kopf  des  Kindes  soll  nach  Veit  bei  normalen  Verhältnissen  zum  Ende  der 
wangerschaft  bereits  bis  an  die  Hauptebene  herantreten;  von  hier  ab  beginne  erst 

_^w  Einfluss  der  Configuration  der  Beckenhöhle  auf  die  Stellung  und  Bewegung   des 
Jiaeskörpers  (insbesondere  des  vorangehenden  Kopfes),   nicht   schon  in   der  Ebene 

^es  Beckeneinganges. 

Von  anderen  am  Becken  gemessenen  Linien  sind  noch  folgende  zu  nennen: 

1)  Die  Conjugata   externa  (Diameter  Baudeloequii;   C.  e. 
/*^i'  D.  B.)  =  der  Entfernung  der  oberen  Kante  der  Symphysis  ossium  pubis 

ön  der  Spitze  des  Processus  spinosus  des  letzten  Lendenwirbels.  Hinterer  Mess- 
P'^ökt  ist  die  Grube  am  Processus  spinosus  des  letzten  Lendenwirbels,  also  die 
pitze  der  Kreuzraute;  falls  diese  nicht  zu  sehen  sein  sollte,  wählt  man  eine 
Jitfernung  von  3—4  cm  oberhalb  der  Verbindungslinie  der  beiden  seitlichen 
^utenpunkte  (s.  vorhin  S.  8),  oder  zählt  die  Processus  spinosi  von  oben 
^i^ab.  Vorderer  Messpunkt  ist  die  Stelle  der  Symphyse,  welche  das  grösste 
Maass  liefert  (oberer  Rand  der  Schamfuge).  Werthe  der  C.  e.  unter  19  cm, 
^1  der  Lebenden  gemessen,  lassen  auf  Beckenenge  schliessen.  (Vgl.  Schrö- 
^^^•'s  Lehrb.  1.  c.  S.  577). 

2)  Die  Conjugata  diagonalis  (C.  d.)  =  der  Entfernung  des  Schei- 
**l8  des  Schambogens  von  dem    zunächst   liegenden  Punkte  des  Pro- 

ontorium.    Dieselbe  lässt  sich  am  lebenden  Weibe  direkt  messen  (s.  unter  Ab- 
^tz  3)  und  ist  deshalb  von  besonderem  Werthe.     Bei  asymmetrischen  Becken 
öicht,  wie  bei  normalen,  die  Mitte  des  Promontorium  der  nächste  Punkt, 
ködern  dieser  weicht  nach  der  engeren  Seite  ab.     Sind  gröbere  Beckenfehler 
ornanden,  so  kann   er   auch   in   der  Synostosis  sacralis  I  +  II  liegen   (soge- 
nanntes 2.  Promontorium). 

Für  praktisch  geburtshülfliche  Zwecke  ist  es  vor  allem  von  Werth,    die 

^^jugata  Vera  bei  der  Lebenden  zu  bestimmen;  diesen  kürzesten  Durch- 

csser  des  Beckeneinganges  nennt  man  wegen  seiner  geburtshülflichen  Wichtig- 

^®it  auch  wohl   die  geburtshülfliche  Conjugata   (Conjugata  ob- 

ctrieia,  C.  o.)^).     Sie  wird  bei  der  Lebenden  zusammen  mit  der  Conjugata 

*gonalis  vom  Angulus  pubis   ab   genommen.    Als  vordere   Messmarke 

^  C«  d,   dient   der  scharfe   Rand   des  Ligamentum  arcuatum 

P^bis,  welcher  beim  Andrücken  des  Eadialrandes  des   mit  dem  Mittelfinger 

"^gteich  in  die  Scheide  eingeführten  Zeigefingers  deutlich  gefühlt  wird. 

°^^  normalen  Verhältnissen,   sowohl   des  Beckens  der   zu  Untersuchenden  als 

d  ^V^*^®^  Hand   des  Messenden,   erreicht  man  wohl  stets,  wenigstens  mit  der  Spitze 

Mittelfingers,  das  Promontorium,   sicherlich  dann,   wenn  eine  merkliche  Verenge- 

toe«         *®^*'    Bis  zu  13  cm  und  etwas  darüber  kann  man  unter  günstigen  Umständen 

^^^»    Um  nun  C.  o.  aus  C.  d,  zu  bestimmen,  hat  man  durchschnittlich  1,75— 2.  cm  von 

1)  Sehr  öder 's  Lehrbuch,  1.  c.  S.  4  und  S.  578. 
^•^deyer,  Das  Becken.  4 


50  Coojugata  normalis.    Distantiae  spinamm,  cristarum,  trochanterutn. 

der  letzteren  abzuziehen;  je  spitzer  der  Winkel  zwischen  C.  d.  und  Symphyse  ist,  und  je 
höher  die  letztere  ist,  um  so  mehr  muss  abgezogen  werden.  (Schröder*8  Lehrb.  d. 
Geburtshüife  1.  c.  S.  580.)  Bei  Mehrgebärendeu  ist  die  Messung  leichter  als  bei  Erst- 
gebärenden; eine  kurze  enge  Scheide  und  ein  hoher  straffer  Damm  erschweren  die- 
selbe; selbstverständlich  sollen  Blase  und  Reetuin  vor  der  Messung  entleert  worden. 
Näheres  haben  die  Handbücher  der  Geburtshüife  anzugeben. 

3)  Die  Normalconjuga'ta  (Coiijugata  normalis,  C.  n.,  nach 
H.  V.  Meyer)  =  der  Verbindungslinie  zwischen  Innenrand  der  oberen  Sym- 
physenfläche  mit  der  Knickungsstelle  des  Kreuzbeines.  Diese,  der  „Kreuzbein- 
knick", liegt  gewöhnlich  (s.  S.  23)  in  der  Mitte  des  dritten  Kreuzwirbels. 
(Vgl.  Figg.  24,  B  u.  25,  C.  n.).  Die  Normalconjugata  soll  einen  mehr  beständigen 
Winkel  {ß,  Fig.  24)  mit  der  Horizontalen  bilden,  als  die  C.  v.  und  deshalb 
nahm  sie  H.  v.  Meyer  behufs  einer  besseren  Bestimmung  der  Beckenneigung  an. 

Alle  diese  als  „Conjugatae"  bezeichneten  Linien  sollen  in  der  Median- 
ebene des  Beckens  liegen. 

4)  Die  Distantia  spinarum  (Sp.  iL)  =  der  Entfernung  des  unter  der 
Haut  am  meisten  vorspringenden  Punktes  der  einen  Spina  iliaca  anterior  superior 
von  dem  gleichen  Punkte  der  anderen*). 

5)  Die  Distantia  cristarum  (Cr.  il.)  =  der  grössten auflSndbaren Ent- 
fernung der  beiden  Cristae  iliacae  von  einander.  Man  setzt  die  Tasterzirkel- 
knöpfe  am  besten  am  Aussenrande  beider  Spinae  iliacae  anteriores  superiores 
auf  und  gleitet  am  Rande  der  Crista  entlang,  bis  man  die  grösste  Entfernung 
antrifft. 

6)  Die  Distantia  trochanterum  sc.  majorum  (Tr.).  Man  setzt  die 
Tasterzirkelknöpfe  unter  gutem  Andrücken  auf  die  beiden  grossen  Rollhügel 
auf  und  tastet  die  grösste  Entfernung  ab.  Diese  Stelle  ist  bei  der  Lebenden 
leicht  aufzufinden  und  entspricht  gewöhnlich  der  Mitte  der  äusseren  Trochanter- 
fläche  (s.  das  Zeichen  +  in  Fig.  15).  Das  Maass  schwankt  sehr;  nur  bei  auf- 
fallend geringem  Werthe  desselben  lässt  sich  ein  Schluss  auf  quere  Verengung 
des  Beckens  machen.  Dieser  Schluss  wird  um  so  sicherer,  wenn  auch  Sp.  il. 
und  Cr.  il.  kleine  Werthe  geben;  aber  ein  direktes  Abhängigkeitsverhältniss 
zwischen  Tr.  und  den  eben  genannten  Maassen  besteht  nicht.  —  Nr.  5 — 7  werden 
bei  der  Lebenden  gemessen. 

Am  Beckenausgange  sind  bei  der  Lebenden*)  der  gerade  Durch- 
messer und  der  quere  von  aussen  zu  messen. 

Der  gerade  Durchmesser  des  Beckenausganges  wird  hierbei  nicht 
von  der  beweglichen  Steissbeinspitze,  sondern  vom  unteren  Kreuzbeinende  aus  ge- 
nommen.    Man  hat  dasselbe  an  der  oberen  Grenze  der  Grena  ani   zu   suchen, 


1)  Man  soll  mit  den  Knöpfen  des  Tasterzirkels  am  Aussenrande  der  Musculi 
sartorii  hinaufgleitcn,  bis  man  an  den  hervorragendsten  Punkt  der  betreffenden  Spina 
kommt.  Bekanntlich  liegt  die  Urspruugsstelle  des  Musculus  sartorius  unterhalb 
der  Spina  iliaca  anterior  superior. 

2)  Selbstverständlich  lässt  sich  ein  Theil  dieser  Maasse  auch  bei  lebenden 
männlichen  Personen  nehmen ;  es  ist  nur  mit  Rücksicht  auf  die  geburtshülfliche 
Wichtigkeit  stets  von  »der  Lebenden"  die  Rede  gewesen. 


Durchmesser  des  Beckenausganges.    ßeckenumfatig^.  Kl 

J^teprechend  der  unteren  Spitze  der  Kreuzraute  (s.  S.  8).  Indem  man  den 
^igefinger  in  das  Rectum  einführt  und  den  Daumen  von  aussen  auf  das  Steiss- 
^^JH  legt,  kann  man  bei  Bewegungsversuchen  die  Artikulationsstelle  zwischen 
ö^yeuz-  und  Steissbein  leicht  finden;  jedoch  hüte  man  sich  vor  Verwechslungen 
Jöit  der  Artikulationsstelle  zwischen  erstem  und  zweitem  Steisswirbel  (Articu- 
wion  m^dio-coccygienne,  Morestin)*),  welche  auch  lange  beweglich  zu  bleiben 
P"^gt  (s.  S.  27).  Vorderer  Messpunkt  ist  der  scharfe  Rand  des  Lig.  arcuatum 
*Qi  Angulus  pubis.  Man  kann  aus  diesem  Maasse  den  geraden  Durchmesser  der 
^eckenenge  (D.  r.  ang.)  bestimmen,  indem  man  1,5  cm  abzieht*).  Die 
Messung  ist  bei  der  Lebenden  in  der  Seitenlage  vorzunehmen  (s.  Fig.  29). 

Der  quere  Durchmesser  des  Beckenausganges  wird  bei  der 
gebenden  mit  dem  Osiander'schen  Zirkel  3)  in  der  Rückenlage  mit  erhöhtem 
grenze  und  massig  gebeugten,  gespreizten  Oberschenkeln  ermittelt.  Man  kann 
'^  <lieser  Lage  die  inneren  Ränder  der  Tubera  ischiadica  abtasten;  um  das 
nchtige  Knochenmaass  zu  erhalten,  müssen  1,5  cm  hinzuaddirt  werden. 

Der    Querdurchmesser    des    Beckeneinganges    ist    an   der 

gebenden  direkt  nicht  zu  messen;  von  der  Schätzung  desselben  aus  den  Maassen 

P*  iL,  Cr.  iL  und  Tr.  war  vorhin  schon  die  Rede.    Eine  andere  Abschätzung 

'^^fd  durch  das  Abtasten  der  Seitenwände   des  kleinen  Beckens  unter  EinfÜh- 

^^S  von  Zeige-  und  Mittelfinger,   oder   der   sogenannten  „halben  Hand"  (vier 

'öger  ohne  Daumen)  in  die  Scheide  oder  in  das  Rectum  gewonnen. 

Die  direkte  Messung  des  Querdurchmessers  der  Beckenenge 

^*  tr.  ang.)  führt  Küstner*)   dadurch  aus,   dass   er   den   einen  Arm  eines 

**^onders  geformten  Zirkels  mit  2  Fingern  der  einen  Hand  in  die  Vagina,  den 

ködern  mit  zwei  Fingern  der  anderen  Hand  in  das  Rectum  einführt  und   die 

^^'kelknöpfe  an  die  leicht  zu  fühlenden  Spinae  ischiadicae  legt. 

Genannt  sollen  noch  werden  die  Messung  des  äusseren  Becken- 

oifanges  (Circumferentia  pelvis  externa,  Cf.  p.  e.),  nach  dem  älteren  Krause 

ny    dem  Bandmaasse  vom  Processus  spinosus  des  letzten  Lendenwirbels,  zwischen 

^'ochanter  major  und  Darmbeinkamm  hindurch,  von  beiden  Seiten  bis  zur  Sym- 

genommen.   Die  gesonderte  Messung  der  Peripherie  beider  Beckenhälften 

1)  Mo  restin,  citirt  bei  Chipaul t:   Rapports  des  apophyses  ^pineuses  avec  la 
™oelle.  Paris,  1894. 

2)  Breisky,  Medizinische  Jahrbücher,  Band  XIX,  Heft  1.  Wien  1870.  S.  3. 

d  T?^^  Breisky,  l.  c.  Siehe  auch  F.  Skutsch,  Die  ßeckenmessung  an  der  leben- 
^ön  Fran^  Jena  1887.  Taf.  I.  Fig.  4.  —  Das  Buch  von  Skutsch  hat  die  genauesten 
Ahkn  ^^cr  die  Vornahme  der  Beckenmessung  an  der  Lebenden  mit  zahlreichen 
auii  '^^^^  ^^^  betreffenden  Instrumente.  Für  die  Beckenmessung  überhaupt  ist 
^^**^dem  wichtig:  Bai  an  diu.  Klinische  Vorträge  aus  dem  Gebiete  der  GeburtshtLlfe 
^  ^^Gynäkologie.  Hft.  I.  St.  Petersburg  1883.  —  Ein  besonderes  Verfahren  empfiehlt 
ÄU  '  ^^^*  ^^®  Dissertation  von  A.  Frey:  fitude  de  mensuration  du  Bassin 

jj         y®'^  de  tiges  flexibles  avec  un  essai  sur   l'histoire  de  la  pelvim6trie.    Stras- 

^^g,  Alsace,  1880,  8.    2  Taff. 
^,  ^)  Küstner,  Instrument  zur  Messung  der  Querdurchmesser  des  kleinen  Beckens, 
^  tt^r  Rectovaginalbeckenmessung.    Archiv  f.  Gynäkologie  Bd.  XX.  1882, 


bi  fieckenneigang.    Beckenaxe. 

kann  nach  Kleinwächter*)  zur  Erkennung  von  Asymmetrie  des  Beckens 
führen.  Femer  die  äusseren  Schrägmaasse  (von  der  Spina iliaea anterior 
superior  der  einen  zur  Spina  iliaea  posterior  superior  der  anderen  Seite). 

Praktisch  haben  diese  drei  zuletzt  aufgeführten  Maasse  nach  den  Angaben 
der  Geburtshelfer  wenig  Werth.  Als  die  wichtigsten  Maasse^  die  am  lebenden 
Weibe  gewonnen  werden  können,  müssen  gelten:  die  Conjugata  externa, 
die  Conjugata  diagonalis,  die  Messungen  von  Breisky  am 
Beckenausgange  und  die  Messung  des  Abstandes  beider  Spinae 
ischiadicae  von  Küstner. 

Ausser  diesen  Distanzen  und  Durchmessern  ist  es  noch  von  Wichtigkeit, 
die  Länge  des  Kreuzbeines  und  den  Abstand  seines  oberen  Bandes  von 
der  Verbindungslinie  der  Spinae  iliacae  posteriores  superiores  zu  kennen.  Dies 
letztere  Maass  kommt  ungefähr  auf  die  Bestimmung  der  Höhe  des  oberen  Drei- 
eckes der  Kreuzraute  hinaus.  Dieselbe  beträgt,  wie  bereits  angegeben  worden 
ist,  im  Mittel  3 — 4  cm.  Eine  merklich  geringere  Höhe  wird  häufig  bei  engen 
Becken  gefunden. 

Die  normale  Kreuzbeinlänge  über  die  Crista  sacralis  media  gemessen, 
(Longitudo  sacralis  dorsalis,  L.  s.  d.)  beträgt  im  Mittel  12^2  cm;  an  der  Lebenden 
dienen  die  obere  und  untere  Spitze  der  Kreuzraute  als  Messpunkte.  Ist  die 
obere  Spitze  nicht  deutlich,  so  verfährt  man  zur  Bestimmung  derselben  nach 
den  bereits  erwähnten  Angaben. 

Bezüglich  der  Maasse  der  Symphyse  siehe  S.  33. 

Wegen  der  Beweglichkeit  des  Hüftbeines  in  den  lüosacralgelenken  (Drehung 
am  eine  transversale  Axe,  und  leichte  Verschiebung)  und  wegen  der  Elasticität  der 
Knochen  haben  namentlich  die  Conjugata  vera,  aber  auch  der  Querdurch- 
messer  des  Beckeneinganges  keine  unveränderliche  Grösse.  Die  Con- 
jugata vera  kann  (durch  Hebung  und  Senkung  der  Symphyse,  Vorschiebung  der- 
selben und  Elasticitätswirkung)  bis  zu  1  cm  in  der  Länge  schwanken.  Vergrössert 
wird  sie  beim  Abwärtsrücken  der  Symphyse;  dies  findet  in  der  Rückenlage  bei  herab- 
hängenden Beinen  statt.  In  gewissen  Fällen  könnte  die  Beachtung  dieser  Thatsache 
geburtshülflich  von  Nutzen  sein.  (Klein,  Zur  Mechanik  des  liiosacralgelenkes.  Zeit- 
schrift f.  Geburtsh.  u.  Gynäkologie.  Bd.  XXI.  1881.  S.  74.) 


Beckenneig  unff.    Beckenaxe. 

Dass  die  Ebene  des  Beckeneinganges  gegen  den  Horizont  geneigt  sei, 
wurde  zuerst  aus  der  Schule  von  J.  J.  Fried  in  Strassburg  um  die  Mitte 
des  vorigen  Jahrhunderts  bekannt*).  Es  sind  verschiedene  Neigungswinkel 
im  Laufe  der  Zeit  angegeben  worden,  von  denen  hauptsächlich  drei  zu  berück- 
sichtigen sind.  Dieselben  sind  in  Fig.  24  u.  25  mit  a,  ß  und  y  bezeichnet.  Den 
Winkel  a  (Inclinatio  pelvis  superior,  I.  p.  s.)  macht  die  Conjugata 
anatomica   mit   der   Horizontalen;   in  den  Figuren   ist   diese  Conjugata  durch 


1)  Kleinwächter  in:  „Realencyclopädie  d.  ges.  Heilkunde^  Bd.  VI. 

2)  Siehe  darüber  die  Bemerkungen  in  Schröder*»  Lehrbuch,  1.  c.  Seite  7. 


Beckenneigung.  58 

^  bez.  C.  a.  bezeichnet;  C.  a.  läuft  vom  Promontorium  (P.)  zum  oberen  Rande 
^^Y  Symphyse  (S.).  Nägele  bestimmte  an  Lebenden  und  an  trockenen  Becken 
^ie  Grösse  des  <  a  zu  60o  im  Mittel  (55—65«»).  Fürsti)  gibt  das  Mittel 
bei  Männern  zu  45**,  bei  Weibern  zu  54**  an.  Lesshaft*)  gewinnt  einen 
ej'heblich  höheren  Werth:  bei  acht  Männern  zwischen  56  und  82<*,  bei  zwei 
Weibern  69  bezw.  74o.     Das  Mittel  aus  seinen  10  Bestimmungen  ist  71  <>  24^3), 

Der  Winkel  ß^  Inclinatio  pelvis  normalis  (L  p.  n.)  wird  von 
"er  H.V.Meyer 'sehen  Normalconjugata  (B  Fig.  94,  C.  n.  Fig.  25)  mit  derHori- 
Zf>ntalen  gebildet,  er  beträgt  fast  constant  30  <>.  Der  Winkel  y,  Inclinatio 
Pulvis  inferior  (L  p.  i.)  besteht  zwischen  dem  geraden  Durchmesser  des 
Beckenausganges  (C  Fig.  24)  und  der  Horizontalen;  er  misst  im  Mittel  12<*. 

Die  Symphyse  bildet  mit  der  Conjugata  vera  beim  Weibe  einen  Winkel 
von  etwa  100  Grad  (Fig.  25);  die  Kenntniss  dieses  Winkels  ist  wichtig  fftr 
"en  Gebnrtsmechanismus,  indem  der  vorausgehende  Kindstheil  eine  seiner  Haupt- 
^rehungen  um  die  Symphyse  herum  auszuführen  hat. 

Bei  mittlerer  normaler  Beckenneigung  steht  das  Promontorium  9,5  cm 
höher  als  der  obere  Symphysenrand. 

Die  Rejrel  H.  v.  M«yer*s,  dass  die  beiden  Spinae  anteriores  superiöres  mit  den 
pitzen  der  beiden  Tubercula  pubica  in  eine  Vertikalebene  gebracht  werden  sollen, 
^  dem  betreffenden  Becken  die  richtige  Neigung  zu  geben,  erscheint  mir  zutreffend, 
^^  alle  in  der  Breite  des  Normalen  liegende  Fälle  ausreichend  und  praktisch  gut 
^«^rwendbar.  —  Die  Beckenneigung  ändert  sich,  abgesehen  von  den  individuellen 
^chwankungen,  mit  der  Haltung  der  Schenkel.  Am  kleinsten  ist  sie  bei  geringer 
Dotation  medianwärts  und  geringer  Abduction  und  wächst  mit  der  Verstärkung  dieser 


1)  Fürst,  C,  Die  Maass-  und  Neigungsverhältnisse  des  Beckens.    Leipzig  1875. 

2)  Lesshaft,  P.,  Die  Architektur  des  Beckens.  Anatomische  Hefte,  heraus- 
ß'^^eben  von  Merkel  und  Bonnet.  Heft  8  (HI.  Bd.  Heft  I).  Wiesbaden,  Bergmann, 
1893.    Seite  173  ff. 

3)  Lesshaft  hängt  bei  seinen  Bestimmungen  den  betreffenden  Leichnam  am 
J^pfe  auf,  so  jedoch,  dass,  wie  er  sagt,  die  Extremitäten  gerade  gestellt  werden  und 

^^  Fusssohlen  auf  dem  Boden  stehen.   Ein  Senkblei  trifft  den  hinteren  Rand  der  äusse- 

^u  Gehörgangsöffnung,   die  Spitze  des  Trochanter  major  und   einen  18—24  mm   vor 

*;r  Spitze  des  Malleolus  lateralis  gelegenen  Punkt,  entspricht  also  den  Centren  beider 

^ftgelenke.    Nach  der  Richtung  des  Senkbleies  werden  die  Weichtheile  bis  auf  den 

pochen  durchschnitten   und  die  Senkbleilinie   auch    an   letzterem   fixirt.     Die  Ober- 

^uenkel   werden  dann  in  der  Mitte  durchsägt,   die  Weichtheile  entfernt,   das  Becken 

'ra  zwischen  4.  und  5.  Lendenwirbel  ausgelöst  und  nun  mit  den  anhängenden  Ober- 

enkelsttimpfen  wieder  aufgehängt,   so   dass  die  Senkbleilinie  wieder   stimmt.    Die* 

^'i'^elstümpfe  stehen  wieder  auf  einer  Horizontalen.    In  dieser  Lage  wird  dann  die 

***^feenneigung  bestimmt. 

Nach  diesem  Verfahren  ist  es  meines  Erachtens   unmöglich,    die  Wirkung   der 

'^ere  auszuschliessen,   wenn   auch  die  Füsse,   bezw.  bei  der  zweiten  Aufhängung 

Oberschenkel  auf  einer  Horizontalen  aufstehen.    Sowie  aber  die  Schwere  auf  ein 

dl   \  ^^^ßßtigtes  Becken  ohne  den  normalen  Gegendruck  einwirkt,  so  vergrössert  sich 

oeckenneigung.    Ich  kann  deshalb   meine  Bedenken   gegenüber   den  Le.sshaft- 

^  Zahlen   nicht  unterdrücken;   sie   erscheinen   mir  für  lebende  Personen  in  auf- 

^^öter  Normalstellung  zu  hoch. 


M 


Beckenaxe.    Tabelle  der  BeckenmaasBe. 


beiden  Bewegnngen;  sie  ist  stark  bei  der  sogenannten  militärischen  Haltung,  schwach 
beim  Sitzen;  sie  soll  zwischen  40—100^  schwanken  können.  Aus  diesem  Grunde  hat 
ihre  Bestimmung  für  die  Geburtshülfe  nur  geringen  Werth. 

Auf  das  äussere  Beckenbild  beim  Lebenden  hat  indessen  die  Becken- 
neigung grossen  Einfluss.  Zu  grosse  Beckenneignng  lässt  den  Bauch  gegenüber 
dem  Becken  stark  vortreten,  das  Kreuzbein  sich  vorwölben,  die  obere  Spitze 
der  Ereuzraute  tief  erscheinen.  Femer  bewirkt  sie,  dass  die  Adductorenwöl- 
bung  sich  abflacht,  weil  sich  die  Muskeln  nach  hinten  verschieben.  Die  Ober- 
schenkel schliessen  dann  oben  nicht  zusammen  (Luftfigur) ;  die  Genitalien  liegen 
nach  hinten  verborgen.  Ein  schlechter  Schluss  der  Oberschenkel  mit  Luftfigur 
wird  auch  bei  zu  grosser  Beckenbreite  beobachtet. 

Umgekehrt  bringt  eine  zu  geringe  Beckenneigung  alle  vorderen  Becken- 
partien, insbesondere  die  Genitalien,  auffällig  zu  Tage;  das  Kreuzbein  springt 
dagegen  zu  wenig  vor,  so  dass  die  untere  Rückengegend  abgeflacht  erscheint. 
Die  Adductorengegend  ist  stark  gewölbt,  die  Oberschenkel  schliessen  gut. 

Führungslinie.  Verbindet  man  die  Mittelpunkte  der  verschiedenen 
geraden  Durchmesser  der  Beckenhöhle  durch  eine  Linie,  so  erhält  man  die 
sogenannte  Führungslinie  oder  Beckenaxe  (Axis  pelvis).  Dieselbe  läuft 
(siehe  Fig.  24,  D.)  der  Kreuzbeinkrümmung  parallel  in  der  Mitte  des  Becken- 
raumes und  bleibt  somit  in  gleicher  Entfernung  von  der  vorderen  wie  von  der 
hinteren  Wand  und  von  der  rechten  wie  von  der  linken  Seitenwand.  Zwischen 
der  Gonjugata  vera  und  normalis  (siehe  Fig.  24)  läuft  diese  Linie  als  eine 
gerade,  weiter  abwärts  als  eine  gekrümmte.  Im  Steissbeingebiete  hat  sie  wegen 
der  Beweglichkeit  des  Os  coccygis  keine  bestimmte  Lage  mehr. 

Beckenmaasse  ^). 


Bezeichnung 


Aditus  pelvis  (Apertura pelvis  sup.) 

Conjugata  vera 

Diameter  transversa       

Diameter  obliqua       

Distantia  sacrocotyloidea  .... 


Abkürzung* 


ad. 

C.  V. 

D.  tr. 

D.  obl.  I  u.  ir 
D.  s.  cot. 


Maass  in  Centim. 


Mann 

10,5 

12,5 

12 


Weib 

11 
13,5 
12,75 

9 


1)  Die  Maasse  sind  überall  in  abgerundeten  Zahlen  gegeben,  die  weiblichen 
'meist  nach  Schröder* s  Lehrbuch;  die  übrigen,  bei  denen  besondere  Citate  fehlen, 
sind  dem  Handbuche  der  menschlichen  Anatomie  von  C.  Krause,  3.  Aufl.  1879  besorgt 
von  W.  Krause,  entnommen;  hier  findet  sich  auch  eine  sehr  vollständige  Zusammen- 
stellung der  Beckennmasse.  Die  Maasse  wurden  von  C.  Krause  an  frischen  von  den 
Weichtheilen  befreiten  Becken  genommen.  —  Die  schrägen  Durchmesser  der  Becken- 
weite, der  Beckenenge  und  des  Beckenausganges  sind,  weil  sie  zum  Theil  auf  Weich- 
gebilde stossen  und  deshalb  nicht  genau  zu  nehmen  sind,  weggelassen  worden.  Die 
schrägen  Durchmesser  der  Becken  weite  z.  B.  laufen  von  der  Mitte  des  Foramen  ischi- 
adicum  majus  der  einen  zur  Mitte  des  Foramen  obturatum  der  anderen  Seite.  Ihre 
Länge  wird  (beim  Weibe)  zu  13,5  cm  angegeben^  sie  sind  tun  7—14  mm   erweiterbar. 


Tabelle  der  Beckenmaasse.    Symmetrie  und  Asymmetrie  des  Beckens. 


&5 


Bezeichnung 


Abkürzung 


Maass  in  Centim. 


Amplitude  pelvis 
Diameter  recta      .... 
Diameter  transversa       .    . 

Angustia  pelvis 

Diameter  recta 

Diameter  transversa  .    .    . 

Exitus  pelvis  (Apertura pelv 
Dianieter  recta  ..... 
Diameter  transversa  .    . 


is  Inf. 


Conjugata  externa*  .    .    . 
Conjngata  diagonalis*  .    . 
ConJTigata  normalis    .    .    . 
Distantia  spinarum  *      .    . 
Distantia  cristarum  *      .    . 
Distantia  trochanterum  ♦    . 
Circumferentia  pelvis  externa 
Longitudo  sacralis  dorsalis 
Longitudo  sacralis  ventralis 
Latitudo  sacralis  superior 
Altitudo  symphyseos  pubis 
Inclinatio  pelvis  superior**) 
Inclinatio  pelvis  normalis  . 
Inclinatio  pelvis  inferior    . 
Angulus  pubis 


ampl. 
D.  r. 
D.  tr. 

ang, 
D.  r. 
D.  tr. 

ex. 
D.  r. 
D.  tr. 

C.  e. 

C.  d. 

C.  n. 
Sp.  iL 
Cr.  il. 

Tr. 
Cf.  p.  e. 
L.  s.  d. 
L.  s.  V. 
Lt.  s.  s. 
A.  s.  p, 
T.  p.  s. 
I.  p.  n. 
I.  p.  i. 
Ang.  p. 


11 
11 

9,5 

8 

7,5  (9,5) 
8 

18«) 

13,9 

2(> 

26 

31,5*) 


13,5 

10,8 
5,5 


750 


12,75 
12,5 

11,5 
10,5 

9  (H)») 
11 

20 

13 

13,78) 

26 

29 

315 

895) 

12,5 

12 

10,8 

4,5 

600 

300 

120 

950 


Symmetrie  und  Asymmetrie  des  Beckens. 
Vollkommen  symmetrische  Becken  sind  selten,  ja  nach  den  neueren  sorg- 
^Ältigen  und  interessanten  Untersuchungen  C.  Hasse's^)  gar  nicht  vor- 
"*aden.  Die  rechte  Beckenhälfte  ist  ein  wenig  grösser  als  die  linke  und 
^^^  zusammen  mit  der  rechten  Körperhälfte  etwas  vor;  dagegen  steht  die 
**Jike  Beckenhälfte  etwas  höher,  was  mit  der  grösseren  Länge  des  linken 
^wies  zusammentrifft.   Diese  Asymmetrie  ist  jedoch  nur  eine  Theilerscheinung 

1)  Die  Ziffern  9,5  u.  11  stellen  das  Maass  bei  zurückgedrängter  Steissbeinspitze  dar. 

2)  Spiegelberg,  Lehrbuch  der  Geburtshülfe.  2.  Aufl.  1882, 

3)  Fürst,  Maass-  und  Neigungsverhältnisse  des  Beckens.  Leipzig,  1875. 

4)  Nach  eigenen  Messungen. 

^  ,      &)  Nach  C.  Martin:  Geburtshülfliche  und  gynäkologische  Maasse  und  Gewichte. 
**o*iiÄtsschr.  f.  Geburtskunde,  Bd.  30.  S.  415.  • 

6)  Nach  Nägele,  F.  C,  Das  weibliche  Becken.    Karlsruhe  1825. 
^        7)  Hasse,  C,   Ungleichheit  der  beiden  Hälften  des   erwachsenen   menschlichen 
^««kens.  Arch.  f.  Anat.  u.  Physiologie.  Anat.  Abth.  1891.  S.  244  u.  390.  (Spolia  anatomica.) 

*)  Die  mit  einem  Sterne  bezeichneten  Maasse  sind  an  Lebenden  genommen 
forden. 


66  Statik  und  Mechanik  des  Bänderbeckens. 

der  von  Hasse  im  allgemeinen  nachgewiesenen  und  genauer  studirten 
Ungleichheit  der  beiden  Körperhälften  überhaupt. 

Nicht  in  diese  Kategorie  von  Erscheinungen  gehört  dagegen  die  schon  von 
Schweighäuser ^)  geraachte  Erfahrung,  dass  der  rechte  schräge  Durchmesser 
merklich  länger  ist,  als  der  linke;  umgekehrt  soll  es  bei  der  Distantia^ sacro- 
cotyloidea  sein. 

Ziemlich  häufig  sind  femer  die  aus  dem  Vorkommen  von  lumbosacralen 
und  sacrococcygealen  üebergangswirbeln  sich  ergebenden  Asymmetrien,  an 
welche  sich  die  aus  Störungen  in  den  Uiosacralgelenken  erfolgenden  anschliessen. 
Letztere  stehen  schon  im  pathologischen  Gebiete.  Die  Asymmetrien  in  Folge 
von  üebergangswirbeln  wurden  bereits  vorhin  berührt  (S.  26);  sie  können 
Hindernisse  beim  Geburtsverlaufe  bedingen.  Vgl  auch  das  Kapitel:  „Abnorme 
Beckenformen". 


Statik  und  Mechanik  des  Bänderbeckens. 

Es  sollen  im  folgenden,  da  eine  eingehende  Betrachtung  zu  weit  führen 
würde,  nur  die  wichtigsten  Punkte  der  statischen  und  mechanischen  Verhält- 
nisse des  Beckens  berührt  werden.  Vorerst  sei  hervorgehoben,  dass  bei  auf- 
rechter Stellung,  und  zwar  bei  allen  drei  Hauptvarianten  derselben,  der  nor- 
malen*), der  bequemen  und  der  militärischen,  der  Schwerpunkt 
des  Gesammtkörpers  in  die  Mitte  des  Beckenraumes  fällt.  Beider 
Normalstellung  liegt  er  genau  unter  dem  Promontorium,  in  der  Höhe  der  Spina 
iliaca  posterior  inferior  und  des  3ten  Kreuzwirbels.  Die  Schwerlinie  geht  durch 
die  Mitte  des  Hüftgelenkes  und  des  Trochanter  major,  und  durchsetzt  nach  oben 
das  Promontorium;  sie  läuft  am  hinteren  Ende  des  von  mir  hervorgehobenen 
vorderen  Balkens  des  Hüftbeines  entlang.  In  der  bequemen  Haltung  rückt  der 
Schwerpunkt  ein  wenig  nach  hinten,  in  der  militärischen  ein  wenig  nach  vom ; 
die  Höhenlage   ändert  sich  kaum^). 

Durch  den  Beckenring  wird  die  Rumpflast  auf  die  untere  Extremität, 
die  sie  zu  tragen  bestimmt  ist,  überpflanzt.  lieber  den  Mechanismus  dieser 
üeberleitung  herrschen  noch  verschiedene  Vorstellungen.    Ich  knüpfe  an  die  vorhin 

1)  Schweighäuser,  Das  Gebären  nach  der  beobachteten  Natur.  Strassburg 
i.  Eis.  1825. 

2)  Als  Normalstellung  bezeichne  ich  mit  Braune-Fischer  1.  c.  i.  diejenige,  in 
welcher  die  Mittelpunkte  aller  Hauptgelenke,  Schulter-,  Hüft-,  Knie-,  Fussgelenk,  und 
die  zwischen  diesen  liegenden  Schwerpunkte  der  einzelnen  Körperabschnitte  (Kopf, 
Brust,  Bauch  etc.)  in  ein  und  dieselbe  Frontalebene  fallen. 

3)  W.  Braune  und  0.  Fischer,  Ueber  den  Schwerpunkt  des  menschlichen 
Körpers  mit*Rücksicht  auf  die  Ausrüstung  des  deutschen  Infanteristen.  Abhdl.  der 
Königl.  Sachs.  Gesellsch.  der  Wissensch.  Bd.  XV.  Nr.  VH.  Leipzig  1889.  —  Bei  der 
Angabe  über  die  Höhenlage  des  Schwerpunktes  bei  der  bequemen  Stellung  ist,  nach 
einer  mir  zugegangenen  brieflichen  Mittheilung  0.  Fischer's,  ein  Druckfehler  stehen 
geblieben ;  anstatt  7,3  cm  muss  es  heissen :  4,3  cm,  das  stimmt  auch  mit  der  Zeichnung 
Taf.  XVn. 


Statik  und  Mechanik  des  Bünderbeckens.  67 

•  30 ff.  gemachten  anatomischen  Angaben  an,     H.  v.  Meyer  (1.  c.  S.  29)  wies 

^aw  hin,  dass  das  Kreuzbein  nicht  wie  ein  gewöhnlicher  Schlnssstein  in  dem 

^wölbe  des  knöchernen  Beckenringes  stecke,  da  es  nicht,  wie  ein  solcher,  oben 

M  hinten  breiter  werde,  sondern  vielmehr  schmäler;  es  könne  sich  also  nicht 

^  Qie  beiden  Gewölbestreben  der  Hüftbeine   einkeilen   und   so  den  Druck  auf 

^^  unteren  Extremitäten  direkt  übertragen,  sondern,  durch  die  Rumpflast  ge- 

^uckt,    gleite  es,    seiner  Gestalt  wegen,    zwischen  den  Darmbeinen   hindurch 

ach  abwärts;    hierbei    werde   es    durch    die    starken   Ligamenta   sacroiliaca 

^^rossea  aufgehalten  und  an  diesen  aufgehängt ;  zugleich  mache  es  in  den  Ilio- 

^™gelenken  eine  leichte  Drehung  um  eine  Queraxe,  indem  das  vordere  obere 

^w  sich  senke,  das  Steissbeinende  sichr  hebe.   Dabei  geschehe  nun  zweierlei: 

^nmal  werden  durch   diese  Drehung   die  Ligamenta   sacrospinosa    und   sacro- 

^i'osa  gespannt  und  hemmen  dieselbe;    dann   aber,    was   das  wichtigste  ist, 

^men  durch  die  Spannung  der  Ligamenta  sacroiliaca,  in  denen  ja  das  Kreuzbein 

^   der  ganzen  Rumpflast  hängt,    die  beiden  Darmbeine   mit   ihren    hinteren 

uberositäten  von  beiden  Seiten  her  an  das  Kreuzbein  stark  herangezogen;  dieser 

"g  findet  in  der  Symphyse  seine  Hemmung  und  es  sieht  darin  H.  v.  Meyer 

*öe  wesentliche  Bedeutung  der  letzteren.     Zugleich  werde  aber   durch  diesen 

J^?  die  Rumpflast  auf  die  Darmbeine  übertragen  und  pflanze  sich,   soweit  sie 

^^ht  durch  die  Symphysenspannung  aufgehoben  ist,  auf  das  Oberschenkelbein 
^^«    Der  Dnick  der  Rumpflast  werde  also  zunächst  in   eine  Zugkraft   über- 

e^tührt   und    dann   in   zwei  Komponenten    zerlegt,    von  denen  die  eine  durch 
andspannung  in  der  Symphyse    aufgehoben   wird,    die   andere   sich   auf  den 

A>ber8cbenkel  fortpflanzt. 

Diese  Lehre  hat   etwas  Bestechendes,   kann  aber  unmöglich   als  in  allen 
'inkten  gültig  angesehen  werden.     Schon  vorhin  wurde  gezeigt  (S.  32),    dass 

*arabeuf,  Lesshaft  u.  A.  —  ich  füge  noch  Luther  Holden  an*),  und 
^88  mich    auch  hierzu  bekennen   —   nachwiesen,   dass  man   auf  passend  ge- 

.  ^"^Itön  Schnitten  sieht,    wie  in  der  That  das  Kreuzbein   an  manchen  Stellen 

^   S^wöhnlicher  Weise   dem  Schlusssteine   eines  Gewölbes   gleicht 

TO  somit  die  Rumpflast  direkt  auf  das  Darmbein  übertragen  kann;  s.  Figg.  16 

^M  b  und  Fig.  17;  die  Symphyse  wirkt  dann  der  Schubspannung  entgegen. 

Sonach  bin  ich  der  Ansicht,  dass  die  üebertraguug  der  Rumpflast  durch 

2^  Becken  auf  die  unteren  Extremitäten  nicht  in  der  verhältnissmässig  einfachen 

j^  ^ise  erfolge,   wie  es  H.  v.  Meyer  gelehrt  hat;  jedenfalls  findet  durch  das 
^^zbein  auch  direkte  Gewölbeübertragung  statt. 

Das  gilt  insbesondere  vom  Stehen;    beim  Sitzen   ruht   der  Rumpf  auf 

V^ö  Tubera  ischiadica  und  den  breiten  üntei-flächen  der  Oberschenkel;  es  wurde 

^^  auf  die  stärkere  Entwicklung  der  Knochensubstanz  in  der  Richtung  der 

^terstützungslinie,  auf  den  von  mir  sogenannten  Sitzbalken,   aufmerksam 

.?^»iacht. 

I^ie  Gewölbeform  bezeichnet  Lesshaft,  1.  c,  S.  203,   als  eine  ellip- 
^)  Luther  Holden,  Human  osteology.  VHth  edit  London  1887. 


68  Ansicht  des  Beckens  von  vom. 

tische  oder  auch  sphärische.  Die  Bänder^  Gelenke  and  Knorpelfngen  dienCQ 
wesentlich  zur  Milderung  der  Stösse  und  Erschütterungen,  denen  das  Becken- 
gewölbe ausgesetzt  ist.  Die  Widerstandsfiihigkeit  ist  eine  sehr  beträchtliche, 
im  Mittel  =  1250  Kilogramm,  d.  h.,  das  Gewölbe  zerbarst  der  Regel  nach  bei 
dieser  Belastung  (Lesshaft). 

Was  die  Fortpflanzung  des  Druckes  von  der  Lendenwirbelsäule 
auf  das  Kreuzbein  angeht,  wobei  man  fast  ausschliesslich  an  die  Körper 
der  Wirbel  gedacht  hat,  so  muss  ich  auf  die  gleichfalls  vorhin  schon  berührten 
Ausführungen  W.  A.  Freund 's  verweisen.  Freund  betont,  dass  bei  aufrechter 
Haltung  die  starken  unteren  Gelenkfortsätze  des  letzten  Lendenwirbels  auf  die 
Bögen  des  ersten  Kreuzwirbels  sich  fest  stützen,  wobei  sie  in  die  beschriebenen 
Gruben,  Fossae  subglenoidales  lumbosacrales  m.  (s.  Fig.  14),  hinab- 
steigen. Wie  ebenfalls  erwähnt,  können  sich  dabei  auch  die  entsprechenden 
Domfortsätze  fest  aufeinanderlegen.  Ich  meine  demnach,  dass  die  Fortpflanzung 
der  Bumpflast  von  der  Lendenwirbelsäule  zum  Kreuzbeine  nicht  bloss  auf  dem 
Wege  der  Körper  geschieht,  sondern  bei  gewissen  Haltungen  auch  durch  die 
Gelenkfortsätze  und  Bögen  und  stimme  hierin,  nach  eigenen  Untersuchungen, 
Freund  vollkommen  bei. 

Beim  Weibe  kommt  nun  noch  eine  ungemein  wichtige  mechanische  Leistung 
des  Beckens  hinzu,  dass  es  nämlich  als  Geburtskanal  dient.  Kleinere  me- 
chanische Einflüsse  des  Gesamtbeckens  machen  sich  auch  bei  der  Entleerung 
von  Rectum  und  Blase  geltend.  Bei  allem  diesen  spielen  jedoch  auch  die 
Weichtheile,  insbesondere  die  Muskeln,  eine  Rolle;  ich  verschiebe  daher  die 
einschlägige  Besprechung  bis  nach  Kenntnissnahme  der  Weichtheile. 


Schilderung  des  Bänderbeckens  in  aufrechter  Stellung  0. 

Ansicht  des  Beckens  von  vorn. 

Betrachtet  man  ein  Becken  von  vom  in  richtiger  Stellung  und  Neigung, 
und  stellt  sich  so,  dass  die  Visirlinie  den  oberen  Rand  der  Symphyse  streift 
(Fig.  26),  so  sieht  man  in  voller  Ausdehnung,  jedoch  mit  ihren  Vorderflächen 
etwas  nach  unten  gewendet,  die  beiden  letzten  Lendenwirbel  mit 
den  betrefFenden  Bandscheiben. 

Ihre  Processus  transversi  springen  deutlich  zu  beiden  Seiten  vor, 
insbesondere  die  des  4.  Lendenwirbels;  sie  sind  halb  rückwärts  gewendet.  Die 
Spitzen  der  Processus  transversi  IV  liegen  ziemlich  daumenbreit  und  mehr  ober- 
halb des  höchsten  Punktes  der  Darmbeincrista.  Die  Processus  transversi  V. 
sind  der  Regel  nach  kleiner. 

Die  Facies  pelvina  des  Kreuzbeines  ist  in  ihrer  ganzen  Ausdeh- 
nung zu  überblicken,  und   man  nimmt  die  Kreuzbeinkrtimmung    deutlich  wahr. 

1)  Wie  eingangs  bemerkt,  werden  hier  bei  allen  Beschreibungen  die  beiden 
letzten  Lendenwirbel  und  die  oberen  Enden  der  Ossa  femoris  zum  Becken  gerechnet. 


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60  Ansicht  des  Beckens  von  vorn. 

Der  Kreuzbeintheil  der  Linea  teiminälis  tritt  nur  gut  hervor,  wenn  die  Liga- 
menta sacroiliaca  anteriora  entfernt  sind  (s.  rechte  Beckenhälfte  Fig.  26). 

Die  Foramina  sacralia  anteriora  lassen  sich  alle  tibersehen. 
Man  gewahrt,  dass  sie  nach  unten  an  Grösse  abnehmen  und  näher  zusammen- 
rticken,  und  erkennt  die  von  ihnen  lateralwärts  sich  fortsetzenden  flachen 
Sulci  nervosi,  Nervenrinnen.  Nicht  selten  sieht  man  Marken  für  die  Ur- 
sprünge des  Musculus  piriformis  in  Form  flacher  Gruben  (s.  Fig.  26,  pi),  zuweilen 
auch  als  Knochenzacken  (Fig.  26,  st). 

Vom  Steissbeine  gewahrt  man  nur  die  2—3  oberen  Wirbel,  die 
übrigen  bleiben  hinter  der  Symphyse  versteckt. 

Beide  Hüftbeine  lassen  ihre  eigenthümliche,  schifFssehraubenähnliche 
Form  (Poirier)  sehr  gut  erkennen.  Die  beiden  Schraubenflügel  vereinigen 
sich  in  der  Gegend  der  Eminentia  iliopectinea,  welche  letztere  bei 
dieser  Ansicht  sehr  deutlich  erscheint.  Sie  bestimmt  uns  zugleich  den  vorderen 
Umfang  der  Htiftgelenkspfanne,  ferner  die  Vereinigungsstelle  zwischen  Os  ilium 
und  Os  pubis.  Nicht  selten  kommt  es  hier,  meist  dem  Ansätze  des  Musculus 
psoas  minor  entsprechend,  zur  Entwicklung  abnormer  Knochenstacheln,  (ein 
kleines  Exemplar  dieser  Art  siehe  bei  x  Figg.  12,  13  u.  26). 

Ist  das  Oberschenkelbein  mit  dem  Hüftbeine  noch  verbunden  und  sind  die 
Bänder  erhalten,  so  ist  der  Pfannen  ran  d  zwar  durehzuffthlen,  jedoch  nicht 
zu  sehen,  da  die  mächtigen  Kapselbänder  ihn  fast  ringsum  verhüllen.  Hinten 
zwar  (siehe  Fig.  27),  wo  die  Bänder  schwächer  sind,  lässt  sich  der  Pfannenrand 
auch  durch  das  Gesicht  einigermaassen  wahrnehmen. 

In  dieser  Centralgegend  der  Hüftbeine  sieht  und  fühlt  man  noch  den 
oberen  Beginn  desPecten  ossis  pubis  medianwärts  von  der  Eminentia  ilio- 
pectinea; lateralwärts  von  ihr  die  Spina  iliaca  anterior  inferior  (Fig.  26). 

Unter  ihr  und  dicht  an  ihr  liegt  der  höchste  Punkt  des  Limbus 
acetabuli,  der  auch  etwas  vorspringt  und  von  Anheftungen  des  Liga- 
mentum iliofemorale  gewöhnlich  rauh  und  verdickt  erscheint. 

Nach  oben  breitet  sich,  in  voller  Entfaltung  sichtbar,  die  Darmbein- 
schau fe  1  aus.  Es  markiren  sich  an  ihrem  oberen  Rande:  1)  ihr  höchster  Punkt, 
näher  zur  Wirbelsäule  gelegen;  2)  der  sich  verdickende  und  abgerundete  vor- 
dere Rand  in  der  Spina  iliaca  anterior  superior  endend;  letztere  sieht 
etwas  nach  abwärts.  Ferner  gewahrt  man  die  dünnste  Stelle  der  Darm- 
beinschaufel, meist  etwas  näher  dem  Kreuzbeine  gelegen  (siehe  Fig.  26, 
Pars  ten.  oss.  ilium  und  Fig.  25  t),  und  die  beiden  früher  beschriebenen 
massiven  sie  umschliessenden  Knochenpfeiler.  Sind  die  Bänder  entfernt,  so 
kann  man  auch  einen  Theil  der  Tuberositas  iliaca  erkennen,  der  in  ziem- 
lich beträchtlicher  Ausdehnung  hinten  und  lateral  die  Seitentheile  des  Kreuz- 
beines überragt.  Zwischen  Spina  iliaca  anterior  superior  und  inferior  hat  man 
die  Incisura  iliaca  minor  und  darunter  die  Incisura  iliaca  maior 
(zwischen  der  unteren  Spina  und  der  Eminentia  iliopectinea)  vor  sich. 

Das  untere  Stück  des  Os  coxae,  das  Ischiopubicum,  sieht  man  in 
seiner  vorderen  Fläche  nahezu  mit  allen  seinen  Theilen.     Die  vordere  Scham- 


Ansicht  des  ßeckens  von  vorn.  61 

k    .  » 

weinpartie  ist  fast  völlig  sichtbar;  die  Oberfläche  der  Scharafuge  liegt 

reit  vor 5   man  sieht   noch   ein   wenig  sogar  von  der  hinteren  Fläche. 

J^  die  Schamfuge  grenzt   von    beiden  Seiten  her   die  Pars  suprapnbica 

^f  ^^bambeines  (Raub er),  welche  hier  in  ihrer  oberen  Fläche  breit  vorliegt 

^  *&•  26,  z).     Diese  Fläche  verschmälert  sich  lateralwärts  zwischen  dem  Pecten 

^w  pubis  und  einer  meist  nur  sehr  schwach  angedeuteten  Linie,  welche  auch 

.      eine  Fortsetzung  der  Linea  terminalis  erscheint  und  dicht  an  der  Symphyse 

J^   einem    ganz  flachen  rundlichen  Vorsprunge  (Fig.  26,  sy)   endet.     Ist   diese 

^tztere  Linie  angedeutet,    so  hat  man  den  Eindruck,    als  ob  die  Linea  termi- 

alis  von  der  Eminentia  iliopectinea  an  sich  in  2  Schenkel  spalte,   deren  vor- 

erer  als  Pecten  ossis  pubis  die  Circumferenz  des  Beckeneinganges  ver- 

«ßßt  und  nach  vorn  in  das  Tuberculum  pubicum  ausläuft,  während  der  hintere 

le  eigentliche  Fortsetzung  der  Linea  terminalis  darstellt,  und  den  Umfang  des 

^keneinganges  vorn  schliesst,   indem  er  erst  dicht  neben  dem  hier  schmalen 

^ymphysenknorpel  in  der  erwähnten  flachen  Erhabenheit  (Fig.  26,  sy)  endet  — 

Wischen  dieser  Linie  und  dem  Pecten  ossis  pubis  liegt  nun  ein  dreieckiges 

^*d  des  oberen  Schambeinastes  vor,  dessen  Spitze  sich  an  der  Eminentia  ilio- 

Pectmea  verliert  und  dessen  breiteren  Basistheil  die  Pars  suprapnbica  (z)  bildet. 

,  ^     Diese  hintere  Grenzlinie  der  Pars  suprapubica  erscheint  nur  selten  als  deutliche 

le,  meist   vielmehr  als  stumpfe  abgerundete  Kante,  mit  welcher  die  hintere  Sym- 

V  ysenfläche  in  deren  obere,  bezw.  die  hintere  Wand  des  Schambeines  in  dessen  obere 

ergeht.    Diese  Kante  erweist  sich  aber  bei  der  Betrachtung  des  Beckens  von  vorn 

<*«e  eigentliche  Umfangslinie  des  Beckeneinganges  in  dieser  Gegend, 

Der  der  Symphyse  benachbarte  Theil  der  Pars  suprapubica  (s.  Fig.  26,  z) 

rauh   und   mit   vielen  Gefösslöchern  versehen.    Auf  der  Strecke   zwischen 

yöaphysenknorpel  und  Tuberculum  pubicum  inseriren    bekanntlich   die   oberen 

Jider  der  Symphyse  und  die  Musculi  rectus  und  pyramidalis  abdominis. 

*^  Entfernung  des  Tuberculum  pubicum  von   dem    genannten   Symphysenvor- 

^P^'unge  (Fig.  26,  sy)  beträgt  2—2^2  cm.    Das  Tuberculum  pubicum  ist  nach 

^)  abwärts  und  ein  wenig  lateralwärts  gewendet. 

Vom  Tuberculum  pubicum  aus  zur  Eminentia  iliopectinea  (schärfer  gefasst: 

zum  Tuberculum  obturatorium  laterale  superius)  zieht  die  Crista  obtura- 

^'la  anterior;  mit  ihr  überdeckt  der  Kamus  superior  ossis  pubis  bei  dieser  ßecken- 

•'^sicht  die  vordere  (Schenkel-Öffnung)  des  Foramen  obturatum,  sowie  einen  Theil 

_   ^  Membrana  obturatoria  und  des  Musculus  obturator  externus.    Zwischen  dem 

^^ten  und  dieser  Crista  bildet  nun  die  obere  Wand  des  ßamus  superior  ossis 

*     ^s  wiederum  ein  dreieckiges  Feld,  welches  nach  vom  und  abwärts  geneigt 

)   seine  Spitze    im  Tuberculum  pubicum   und    seine  Basis   an  der  Eminentia 

^J^n^^*'*^^   hat    (Fig.  26,  y;    besser   an   der   rechtseitigen  nicht  bezeichneten 

*^^^Ue  zu  erkennen). 

st  unteren   Scham-  und  Sitzbeinäste   sind  bei  dieser  Becken- 

J^g;  ebenso  wie  die  Symphyse  stark  nach  rückwärts  gewendet;    man 

ö  nicht  vergessen,   dass  bei  normaler  Beckenneigung  und   aufrechtem  be- 

?j  ^^^  Stehen  die  vordere  und  hintere  Symphysenfläche  mehr  in  der  horizon- 

*Is  in  der  frontovertikalen  Ebene  stehen  (vergl.  das  vorhin  ttber  die  Becken^ 


62  Ansiebt  des  Beckens  von  vom. 

< 

Beigung  gesagte).  —  Den  Angulus  pabis  kann  man  noch  wahrnehmen^  des- 
gleichen links  und  rechts  die  Synostosis  ischiopubica.  Am  meisten 
nach  hinten  von  allen  Theilen  des  unteren  Httftbeinabschnittes  liegen  die 
Spitzen  beider  Spinae  ischiadicae^  die  man  über  die Eminentia  ilio- 
peetinea  hinweg,  in  deren  Ebene  sie  ungefähr  sich  befinden,  eben  noch  ge- 
wahren kann,  und  die  Tubera  ischia^ica,  deren  vordere  Fläche  man  sieht. 

Wie  das  ganze  Ischiopubicum,  so  hat  auch  dessen  Ringöffnnng,  das 
Foramen  obturatum,  eine  sich  der  horizontalen  nähernde  Lage  und  er- 
scheint bei  der  Vorderansicht  stark  in  der  Verkürzung.  Vom  Oberschenkel- 
beine, soweit  es  zum  Bereiche  des  Beckens  gezogen  werden  muss,  sind  Kopf 
und  Hals  in  der  Ansicht  von  vorn  ganz  in  die  Bandmassen  des  Ligamentum 
iliofemorale  und  pubofemorale  (s.  Fig.  26)  eingehüllt.  Man  sieht  aber  den  ge- 
samten Trochanter  major,  dessen  oberes  Ende  leicht  hakenförmig  um- 
gebogen ist,  ein  Stück  des  Trochanter  minor  und  die  Linea  inter- 
trochanterica. 

Grosses  und  kleines  Becken  sind  gut  zu  unterscheiden;  die  Höhle  des 
kleinen  Beckens,  mit  Ausnahme  des  vorderen  Abschnittes,  ist  bequem  zu  übersehen. 

Bei  erhaltenen  Bändern  sieht  man  oben  an  der  Lendenwirbelsäule  (siehe 
Fig. 26)  das  Intervertebralloch  zwischen  viertem  und  fünften  Lenden- 
wirbel (zum  Austritte  des  vierten  Lumbalnerven).  Unmittelbar  nach  hinten  davon 
2  Lücken  für  den  Durchtritt  seiner  hinteren  Aeste;  es  folgt  dann  die  Austritts- 
öffnung für  den  fünftenLumbalnerven.  Dieselbe  wird  durch  Band- 
massen der  Ligamenta  sacroiliaca  und  iliolumbalia  zu  einem  nach  vom  schauenden 
Loche  ergänzt;  unter  diesen  Bandzügen  zeichnen  sich  longitudinal  verlaufende 
Fascikel  aus,  die  von  den  Querfortsätzen  der  beiden  unteren  Lendenwirbel  und 
der  Darmbeincrista  gegen  den  oberen  Umfang  der  Incisura  iscfaiadica  major 
absteigen.  Für  den  fünften,  sehr  starken  Lumbalnerven  wird  durch 
dia»e  Züge  und  den  Vorsprung  der  Linea  terminalis  eine  Ait  flacher  Hohl- 
rinne, Sulcus  nervosus,  gebildet,  welche  den  Nerven  zum  oberen  Um- 
fange der  Incisura  ischiadica  major  hinleitet  (s.  Fig.  26).  Der  Boden  dieser 
Rinne  ist  von  den  Ligamenta  sacroiliaca  anteriora  austapezirt. 

In  weitem  Abstände  und  in  einer  ganz  anderen  Ebene  gelegen,  durch  die 
Linea  terminalis  abgetrennt,  folgt  nun  das  Foramen  sacrale  primum, 
dicht  diesem  angeschlossen  das  secundum  und  tertium.  Auch  von  ihnen 
gehen,  wie  schon  vorhin  erwähnt,  flache  Rinnen  aus,  die  nach  dem  oberen, 
inneren  Umfange  des  Foramen  ischiadicum  majus  convergiren.  Durch  diese 
Rinnen  ist  die  Lage  des  Haupttheiles  des  Plexus  sacralis  scharf  gekenn- 
zeichnet; sie  bilden  auch  einen  beachtenswerthen  Schutz  für  die  Nerven,  ins- 
besondere dann,  wenn  die  knöchernen  Zwischenleisten  rippenartig  vorspringen, 
wie  dies  nicht  selten  der  Fall  ist  (r,  Fig.  13). 

Die  Ligamenta  sacrospinosum  und  sacrotuberosum  liegen 
als  ein  wichtiger  Theil  der  hinteren  und  seitlichen  Beckenwand  in  grosser 
Ausdehnung  vor.  Sie  sind  vollständig  nur  an  der  linken  Seite  der  Figur  ge- 
s&eichnet.    Das  Foramen  ischiadicum  majus  erscheint  als  eine  ansehn- 


ABsicht  des  BeckenR  von  hinten.  $3 

^«e  mit  dem  längsten  Durchmesser  senkrecht  gestellte  länglich  eirunde  Oeffnung. 
ODa  Poramen  ischiadicum  minus  gewahrt  man  nur  ein  winziges  Stück, 
*cht  unter  der  Spitze  der  Spina  ischiadica. 

Da   die  Steissbeinspitze   sich   bei  Einstellung   der  Gesichtslinie  auf  den 

^^^  Schambeinrand  hinter  der  Symphyse  versteckt,  so  sieht  man  den  Becken- 

ösgang  in  Gestalt  zweier  (rechts  und  links)  neben  dem  Steissbeine  gelegenen,  von 

Mosern,  dem  Ligamentum  sacrotuberosum  und  dem  oberen  Schambeinrande  be- 

gJ-enzten  Oeffnungen. 

Briugt  man  die  Gesichtslinie  höher,  so  hebt  sich  vor  allem  die  Steissbein- 

P"Ze,   man   übersieht  den  ganzen  Raum   des  kleinen  Beckens   und  auch  den 

eekenausgang,  der  nunmehr  ungetheilt  erscheint  (s,  Fig,  13).  Die  Spinae 

uiadicae  treten  mehr  hervor,  ebenso  sieht  man  ein  grösseres  Stück  von  den 

oramina  ischiadica  minora;  auch  der  nach  der  Beckenhöhle  gerichtete  wulstige 

,  ^''Sprung  des  Symphysenknorpels,    Eminentia   retropubica,    kommt   jetzt 

Sicht    In  der  hier  angezogenen  Figur  13   sind  die  Ligamenta  iliolumbalia 

.     sacroiliaca  anteriora  grösstentheils  fortgelassen,  um  das  Bild  der  Promonto- 

lumgegend,  wie  es  am  knöchernen  Becken  erscheint,  klarer  darzustellen. 

Ansicht  des  Beckens  von  hinten* 

In  Figur  14  und  27  ist  das  Bild  eines  weiblichen  Bänderbeckens  in  der 

ösicht   von   hinten   her  gegeben.     Die  Gesichtslinie  ist  auch  auf  den 

^  Deren  Rand  der  Schamfuge  eingestellt  gedacht;   nur  der  fünfte  Lendenwirbel 

■    ^Aalten.    Links  sind  die  Ligamenta  iliolumbale  und  sacroiliaca  interossea 

*^  posteriora,  ferner  die  Ligamenta  sacrococcygeum  articulare   (He nie)  und 

*^i^coccygeum  laterale  erhalten;  rechts  sind  dieselben  entfernt,  um  das  Knochen- 

des  Kreuzbeines  hervortreten  zu  lassen. 

^     Man  sieht  die  obere  nGelenkforts  ätze  des  fünften  Lumbal- 

Übels  noch  über  die  Höhe  der  Darmbeincrista  hervorragen,  was  jedoch 

^)cht  immer  der  Fall  ist.    Die  unteren  Gelenkfortsätze  des  fünften  Lendenwirbels 

öu  sehr  stark  und  dem  entsprechend  auch  die  oberen  des  ersten  Kreuzwirbels; 

ztere  werden  jedoch  fast  vollständig  von  den  ersteren  verdeckt;  insbesondere 

^1  erhaltenen  Bändern  (s.  linke  Seite  d,  Fig.  14  u.  27).   An  der  Basis  der  oberen 

e^zbeingelenkfortsätze   gewahrt   man  die  Fossa  subglenoidalis   lumbo- 

^J^alis,   von   der  vorhin  S.  58  und  bei  der  Kreuzbeinbesprechung  die  Rede 

^»    Zwischen  letztem  Lendenwirbel  und  ei*stem  Kreuzwirbel  haben  wir,  me- 

^Dwärts  von  den  Gelenkfortsätzen,  das  grosse  Spatium  intercrurale  Inmbo- 

<^rale  (Hiatus  lumbosacralis),  links  noch  durch  das  betreffende  Ligamentum 

vum  verschlossen.  Bei  der  sogenannten  militärischen  Haltung  rückt  meist  der 

^n  des  fünften  Lendenwirbels  soweit  hinab,  dass  der  Hiatus  lumbosacralis  ver- 

toi  K    ^^^^  ^"^  ^^^  Dornfortsatz  des  fünften  Lendenwirbels  den  des  ersten  Kreuz- 

^bels  berührt;  dabei  tritt  der  untere  Gelenkfortsatz  des  fünften  Lendenwirbels 

_     le  eben  genannte  Fossa  subglenoidalis  und  kann  sich  hier  fest  auf  das  Kreuzbein 

wzen.    Das  schlaffe  Kapselband  gestattet  eine  recht  ausgiebige  Bewegung. 


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Ansicht  des  Beckens  von  hinten. 


Ansicht  ^.^^^  g^^^^^g 

4e8  Beckens  nach  Entfernmg  ^^^'^.^^  Lendenwirbels  «nd  ^e»  d^J  "^^'^ 
zwischen  dem  Qnerfortsatee  des^J^J^^en  Tbeile  des  D-««^J»^X 
Km^wirbels  nebst  dem  an«cbliessendenj»n  ^^^.^  ^^     «eb^ 

Kacb  oben  wird  dieser  «J«^',  "J^rüiolumbale  gedeckt  und  ist  auch 
findet,  yon  einem   Zage  des  L'S«^*         ^^^  ^„«gefüllt. 
BOBst  (s.  linke  Seite  der  Figur  27)  toct  "^"^\\^l!:bUten  ^ 

Zwischen  der  Darmbemcnsta  "Jl^^^'^^^^^oiliaca^),  ^^^^^^^tuMi^  ^ 
die  tiefe  Kreuzdarmbeingrube  (^o««*  ^^.^  ^^  «cb  »Hein  arf  ö^ 

flacher  wird  und  von  der  ^V^-^^^^^^^T^^J^.  posterior*  «^«^^  "^^f  J, 
Kreuzbein  beschränkt.  Läng«  ^^J^^^  ,on  der  Crista  «-«'^«^^  *^Xu8 
ferner  eine  flache  F-^J;,,tsa"  ^^^^^^ 

undlateralwärtsvon  der  Crista  sacr  ^^^  "*  ^'^     t  tlincntum 

sacralis  dorsalis^)  g^^r^T" kch  auf  der  lückenfläche  des  L^S»^^^ 
grübe  über,  nach  unten  verliert  ««  ««^J/^^^den,  dass  im  Bereiche  ^^^^^^^ 
saerotuberJsum.    Es  verdient  bemerkt  xu  wer      '^^^^^^^^^  4,,  ,e«chn^^ 

drei  Kreuzwirbel,  da,  wo  die  «"«^^^^^''^^  ^  stärker  werden    so  dass  das 
»men  Bögen  und  die  Crista  "t^*^"^*"'  "!^  meiner  mittleren  Partie  einen  bre^B 
Kreuzbein'  oberhalb   des  Hiatus  ^^^^X^r^^ms  des  Sulcus  sacr^^«  d 
flachen  Buckel  bildet,  der  ««^'^«^^^^^ii  fioL  sich  (s.  Fig.  2^,  '^^J^^ 

«itis  beiträgt.    Auf  dem  Sf  »"'^^c  "sta  L^ralis  articularis  schräg  »^«^^Xt 
«wischen  Crista  sacralis  media  und  Cn^as^^^^^  ^^^  Un^nXn.  r^i^^^^ 

F«em,  welche  wohl   ^^^^^^^f^::^.r...  dorsalis  «^b^;^;^^^^ 
«piuae  abzuleiten  sind.    Auen  aer       ^^^^^^^  Bündeln  in  Yeröinanug 
*tlgen  austapezirt,  die  mit  den  eo      6  aufgenommen.)  , 

(IHese  Fa.e?n  sind  in  Figg.  ^^    .ostT'  ora  sind  gut  ^«  ü^^^^i^^^  '^ 
Die  Foramina  ^^^\^^'^  L\%^ ^nUrior^,  s.  Figg.  26  und  2^, 
Vergleich  mit  den  Foramina  «»;'*J^*,,\ittellinie  näher  stehen,  als  die 
ergibt,  dass  die  letzteren  weiter  sina  ^ 

P«*eriora.  ..ov^eum  laterale  und  sacrococcygeumarti 

Wenn  die  Ligamenta  ^^^'l'^T,  l,  Seitenthei^n  des  e-^  ^^- 
«üare  erhalten  sind,  dann  bilden  «^  ™^  g^eralis  dorsal«;  j^ier^üna 

WirbeU  einen  unteren  Abschluss  f'^^^^J^  gulcus  correspondirt  unter  ^en 
^  das  Foramen  sa^alejn^^^^^^^^  ,,^  «^^^  Ä^- 

Wden  genannten  Bändern  her  me  gacrotuberosum.    (Uiese  vc 

«it  der  dorsalen  Fläche  des  Lig^ß^eoi  ^^^^^  >^ 

treten  in  Figg.  U  und  27  --  Uj^^-^  ^^  J,,^,en-,  seine  Spitze  deckt 
Das  Steissbein  ist  vousiamug 
■     obersten  Theü  der  Symphyse.     ,.      .  .  ^heile  erkemien.   l^^«^^"*?^^!^- 
Das  Hüftbein  lässt  fast  alte  ^me  ™  ^^^  ^g,  «,eh  mit  zahl 

ta«be  springt  aU  Mittelpunkt  des  Ganzen  stark 

A    a«r  ftanaösischen  Autoren.   S.  a-  »• 
1)  Gouttifere  sacrfee  der  tranzo»  ^ 

*«nie  humaine.  T.  I,  p-  311. 


Waldeyer,  Das  Becken. 


öö  Ansicht  des  Beckens  von  hinten. 

reichen  Gefässlöchern  durchsetzt.  Unmittelbar  über  derselben  markirt  sich  die 
stÄrke  Einschnürung  des  Darmbeines  (Isthmus  coxae)  zwischen  der  Incisura 
ischiadica  major  und  der  Incisura  iliaca  minor;  darüber  liegt  die  hintere  FJäclie 
der  Darmbeinschaufel  in  ihrer  vollen  Ausdehnung.  Die  Spina  iliaca  anterior 
inferior  tritt  nur  wenig  heraus.  Oberhalb  der  Incisura  iliaca  minor  findet  sich 
öfters  ein  kleiner  Voi-sprung  (Figg.  14  und  27,  v),  welcher  das  obere  (vordere) 
Ende  der  Linea  glutaea  inferior  bezeichnet.  Alle  übrigen  Reliefs  der  hinteren 
Darmbeinfläche  sind  gut  zu  sehen,  insbesondere  sei  auf  die  Tubera  glutaea 
hingewiesen.  Deutlich  sind  auch  die  beiden  massiven  Pfeiler  des  Darmbeines  zu 
erkennen.  In  dieser  Stellung  steht  an  dem  den  Figg.  14  und  27  zu  Grunde 
liegenden  Becken  die  Spina  iliaca  anterior  superior  tiefer  als  die  Spina 
iliaca  posterior  superior.  Sie  erscheint  auch  ein  wenig  tiefer  als  die  Spina 
iliaca  posterior  inferior,  so  dass  eine  Verbindungslinie  beider  Spinae  iliacae 
anteriores  superiores  noch  durch  das  obere  Ende  der  Foramina  ischiadica 
majora  geht^). 

Als  topographischer  Merkpunkt  wichtig  ist  der  muskelfreie  Theil 
der  Crista  oberhalb  der  Spina  iliaca  posterior  superior.  Letztere  selbst  bildet 
die  obere  Begrenzung  der  Incisura  semilunaris;  der  muskelfreie  Theil  liegt 
1  bis  2  cm  darüber  und  ist  leicht  beim  Lebenden  durchzufühlen. 

Vom  Ischiopubicum  sieht  man  die  Spina  ischiadica,  den  hinteren  Umfang 
des  Tuber  ischiadicum,  beide  in  voller  Grösse.  Unmittelbar  unter  dem  Limbus 
acetabuli,  zwischen  diesem  und  dem  Tuber  ischiadicum,  befindet  sich  ein  deutlich 
ausgesprochener  Sulcus,  welcher  zur  Incisura  acetabuli  hinleitet,  und  mehrfach 
mit  dem  Verlaufe  des  Musculus  obturator  externus  in  Verbindung  gebracht 
worden  ist,  jedoch  mit  Unrecht^);  ich  nenne  ihn  Sulcus  tuberoglenoidalis. 
Unterhalb  dieses  Sulcus  fällt  am  Tuber  ischiadicum  hinten  eine  etwas  ver- 
tiefte Stelle  auf,  zu  welcher  sich  sehnige  Ursprungsfasern  der  Flexoren  er- 
strecken; das  eigentliche  Ursprungsfeld  der  Beugemuskeln  liegt  jedoch  noch 
weiter  unten  (Figg.  27  und  28,  u). 

Man  sieht  ferner  in  dieser  Ansicht  die  ganze  innere  Fläche  der  Symphyse 
mit  der  Eminentia  retropubica  (gerade  unter  der Steissbeinspitze  in  der 
Figur  27),  dann  den  Angulus  pubis,  der  an  dem  gezeichneten  Becken 
(Fig.  27)  sehr  stumpf  war,  und  die  Synostosis  ischiopubica. 

Vom  Oberschenkelbeine  zeigen  sich  ein  Theil  des  Kopfes  (durch  die 

1)  Diese  Lagebeziehungen  sind  individuell  verschiedene;  bei  beiden  Geschlech- 
tern liegt  die  Spina  iliaca  anterior  superior  manchmal  noch  im  Niveau  der  Incisura 
ischiadica  major,  manchmal  höher,  jedoch  scheint  es,  als  ob  die  höheren  Lagen  häufiger 
bei  Männern  vorkamen.  Wohl  immer  aber  liegt  die  Spina  iliaca  anterior  superior 
tiefer  als  die  Spina  iliaca  posterior  superior. 

2)  Henle  bezeichnet  ihn  in  Fig.  238,  Lehrbuch,  3.  Auflage,  Seite  270,  mit  einem 
Sternchen.  Rauber,  Lehrbuch,  4.  Auflage  von  Quain-Hoffmann's  Anatomie,  nennt 
diese  Bildung  (Bd.  1.  S.  212)  Impressio  obturatoria.  Seite  445  spricht  er  jedoch  von 
einem  Sulcus  obtnratorius  des  Sitzbeines  und  lilsst  den  Musculus  obturator  externus 
darin  verlauten. 


Ansicht  de«  Beckens  von  der  Seite,  67 

^nder  hindurchschimmernd);    dann  der  Hals,   beide  Trochanteren,   die  Crista 

*^rtrochanterica  und  die  Fossa  trochanterica. 

Von  Bändern  gewahrt  man  ausser  den  schon  beim  Kreuzbeine  geschilderten, 
^  Ligamentum  sacrotuberosum  in  seiner  ganzen  Grösse  mit   dem   Pro- 

^^ssus  falciformis.  Das  Band  verdeckt  einen  Theil  der  Beckenöffnung  des 
analis  obturatorius  und  einen  kleinen  Theil  der  äusseren  und  unteren  Partie 
^^  Membrana  obturatoria.  An  der  rechten  Seite  der  Figur  27  ist  das  Crus 
^ödineum  internum  durch  eine  untergeschobene  Sonde  bezeichnet. 

Von  den  ins  Beckeninnere  führenden  Wegen   erscheint  der  Beckenaus- 

o^ög  in  seinem  ganzen  Umfange,  und  zwar  sehr  in  die  Breite  gezogen;  nach 

^^n  hin  ist  er  vom  hinteren  unteren  Rande  des  Ligamentum  sacrotuberosum  um- 

**^nit.    Das  Steissbein  theilt  ihn  von  oben  her  unvollständig  in  zwei  Hälften. 

Die  Incisura  ischiadica  major  erscheint  in  derselben  Form   und 

»"osse,  wie   bei    der   vorhin   geschilderten  Vorderansicht.     Von   der   Lichtung 

^^  Incisura  ischiadica  minor  zeigt  sich  nur  eine  kleine  dreieckige 
*^"e,   ähnlich  wie  bei  der  Vorderansicht.     Jedoch   sieht   man  zwischen  Liga- 

^ntum  sacrotuberosum  und  Ligamentum  sacrospinosum  den  schlitzförmigen 
'igang  zu  dem  gedachten  Foramen  (Fig.  27,  o).  Der  Knochen  an  dieser 
^lle  ist  glatt  und  bezeichnet   die  Rolle  für  den  Musculus  obturator  internus. 


Ansicht  des  Beckens  von  der  Seite. 

Sehr  instructiv  für  die  Topographie  des  Beckens  ist  die  Seitenansicht 

^en,  welche  in  Fig.  28  wiedergegeben  ist. 

Indem  ich  mir  vorbehalte,  am  Schlüsse  dieser  Beschreibung  auf  die  topo- 

^JjP"^schen  Beziehungen  der  wichtigsten  Theile  des  Bänderbeckens  zu  einander 

^    lotopie  des  Beckens)  ^)  in  kurzem  übersichtlichen  Zusammenhange  zurückzu- 

Hamen,  sollen  hier  nur  die  Hauptsachen,  welche  in  der  Seitenansicht  sichtbar 

®^^d,  an  der  Hand  der  Fig.  28  aufgezählt  werden. 

TV     ^'^^^hst  sieht  man  den  4ten  Lumbaiwirbel  fast  ganz,  die  Synchondrosis 
V  zum  grössten  Theile  und  vom  fünften  Lendenwirbel  ein   kleines  Stück 
n  Darmbeinkamm   überragen.     Es  sei  bemerkt,    dass  der  4te  Lendenwirbel 
^^8  höher  oder  tiefer  stehen  kann,  als  es  hier  gezeichnet  ist. 

Sehr  gut  markiren  sich  die  Tubera  glutaea  anterius  und  posterius, 
^e  der  höchste  Punkt  der  Darmbeincrista  (Punctum  coxale)  gerade  unter 
^  Foramen  intervertebrale  IV — V  gelegen,  in  derselben  Höhe  wie  der  untere 


^    ^)  Man  kann  die  Lage  Verhältnisse  eines  Körpertheiles  schildern:  a)  in  ihrer 

lehung    zum    Gesamtkörper,    b)  zum  Skelet,     c)  zu  den  unmittelbar  an- 

*.    J^^^'iden  Theilen  (Nachbar organen).    Hierzu   kämmt   d)  bei  grösseren  Körper- 

^n,   wie   z.B.    beim    Becken,   noch   die   topographische  Beziehung   seiner 

^     2eiii^^   Stücke   unter   sich.    Der  Kürze  halber    bezeichne    ich   im  Folgenden 

^*®  »^olotopie",  b  als„Skeletotopie%  c  als  „Syntopie%  d  als  „Idiotopie** 

""de  auch  die  bezüglichen  adjektivischen  Namen:  „holotopisch**  u.  s.  w. 


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Aiisii'lit"  ih*s  Beckens  v<»ri  «ifr  seiiiv 


l'Ijüil  cic'^  Froees^iiiK  siiiiiHsiiB  liiiiihiilis  JV,  Hlvr  sui  luwb  lun-xm-'^vhalMnu  thim 
liie  littiiii  LiCbiiidi'*'»  .i^'iit  rrkctiriiuire  il  il  l'tfii  rc*  In*,  iiiflil  iii  ilireiii  '^nu/Ani  \"i'i*l;iiil"e 
klein  iAienm  Umule  dii*  (Jiista  ili.i.rii  tMitH|irieli1/;  letziüi-i:*  iHH'i'i':i,t;;l  \i<»l!iiclir  in 
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l^riiisfiiiiiliiit  Ijill  iltiilÜ'f'li  liiTvor.  iiisln'soinh'i'i'  \\\\v\\  \ 
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Ansicht  des  Beckens  von  der  Seite.  69 

Nieder  als  das  Centrum  des  Ganzen.  Das  Oberschenkelbein,  insbesondere 
sein  Trochanter  major,  der  in  seiner  vollen  Breite  gesehen  vrird,  verdeckt 
^W  einen  guten  Theil  des  Ischiopubicum.  Immerhin  sieht  man  jedoch  nach 
vorn  vom  Trochanter  das  Schambein  in  spitzer  Dreiecksform  und  hinter  dem 
Trochanter  das  stumpfe  Dreieck  des  Sitzbeines,  dessen  Convexität  von  dem 
^ehr  stark  vorspringenden  Tuber  ischiadicum  eingenommen  wird;  an  letzterem 
^8t  in  der  Figur  der  tiefste  Punkt,  Sitzpunkt  (Punctum  ischiadicum)  markirt. 
Dieser  liegt  mit  dem  Trochanter  minor  ziemlich  in  gleicher  Höhe. 

Von  der  Membrana  obturatoria  ist  nur  ein  kleines  Stück  am  hinteren 
Oberschenkelumfange  zwischen  Trochanter  major  und  minor  zu  sehen;  vor  dem 
Trochanter  major  ist  von  ihr  nichts  wahrzunehmen,  wegen  des  stark  vor- 
springenden Lig.  iliofemorale;  deutlich  treten  der  Sulcus  tuberoglenoidalis  und 
^ie  Spina  ischiadica  hervor. 

Vom  Os  sacrum  ist  bei  erhaltenem  Ligamentum  sacrotuberosum  nur  der 
untere  Theil  der  Crista  sacralis  media  zu  gewahren ;  dagegen  liegt  das  S  t  e  i  s  s- 
'^  ß  i  n  dicht  hinter  dem  Ligamentum  sacrotuberosum  frei,  üebrigens  kann  man 
^wch  den  unteren  Theil  der  Kreuzbeinkrtimmung  durch  das  letztgenannte  Band 
hindurch  erkennen;  durch  punktirte  Linien  ist  in  den  Figuren  der  nicht  sicht- 
bare Theil  des  Kreuzbeines  samt  dem  Kreuzbeinkanale  ergänzt  worden.  Man 
gewahrt,  dass  das  Promontorium  etwas  unterhalb  des  Tuber  glutaeum  anterius 
gelegen  ist,  während  der  Dornfortsatz  des  zweiten  Kreuzwirbels  mit  seiner 
oberen  Spitze  dem  Tuber  glutaeum  posterius  entspricht. 

Das  Ligamentum  inguinale  steht  senkrecht;  zwischen  ihm  und 
^^ni  Knochen  erscheint  die  Lücke  auffallend  gross.  Nahezu  senkrecht  steht 
'^wch  das  Ligamentum  sacrotuberosum,  dessen  Flächendrehung  sehr 
S^t  zu  sehen  ist.  Vom  Ligamentum  sacrospinosum  kommt  nur  ein 
v^rhältnissmässig  kleiner  Theil  in  Sicht;  es  läuft  fast  horizontal. 

In  ganzem  umfange  stellen  sich  die  Foramina  ischiadica  dar. 

Der  Musculus  piriformis,  welcher,  aus  dem  Foramen  ischiadicum  majus 
hervortretend,  mit  seinem  Laufe  zur  Spitze  des  Trochanter  major  in  richtiger 
Stellung  gezeichnet  ist,  scheidet  das  Foramen  suprapiri forme  m.  vom 
^oramen  infrapiriforme  m.  Das  obere  erscheint  halbmondförmig,  und 
'l^gt  zwischen  Knochen  und  Muskel;  das  untere  erscheint  schlitzfönnig  und 
hegt  grösstentheils  zwischen  Muskel  und  Band  (Lig.  sacrospinosum).  Nicht 
selten  sieht  man  am  hinteren  umfange  des  Foramen  ischiadicum  majus  einen 
kleinen  Knochenvorsprung,  von  dem  eine  Zacke  des  Musculus  piriformis  kommt 
(^ig.  28,  p). 


70  Untersuchungs-  und  Operationslagen  des  Beckens.    Seitenlage. 

Schilderung  des  Bänderbeckens  in  seinen  Unter- 
suchungs- und  Operationslagen. 

Für  die  Zwecke  geburtshtilflieher  Untersuchung,  sowie  zur  Einnahme  einer 
geeigneten  Stellung  für  den  Gebärakt  selbst,  endlich  zur  Vornahme  von  Ope- 
rationen am  Becken  und  am  Bauche,  werden  die  betreffenden  Personen  in 
bestimmter  Weise  gelagert.  Diese  Lagerungen  haben  im  wesentlichen  den 
Zweck,  die  Zugänge  zum  Inneren  des  kleinen  Beckens,  sowie  auch  zu  Theilen 
des  grossen  Beckenraumes  möglichst  frei  zu  halten  und  dem  Untersuchenden  oder 
Operirenden  bequem  erreichbar  zu  machen. 

Folgende  vier  Stellungen  sind  die  wichtigsten^): 

1.  Die  Seitenlage  (sogenannte  englische  Gebärlage). 

2.  Die  Rückenlage   mit  gespreizten    Oberschenkeln    (deutsche  Ge- 
bärlage). 

3.  Die  Rückenlage  mit  bedeutend  erhöhtem  Becken  (Trendelen- 
b  u  r  g  'sehe  Operationslage). 

4.  Die  Knie- Ellenbogenlage. 

Im  Folgenden  geben  wir  an  der  Hand  von  drei  Figuren  in  halber  Lebens- 
grösse  eine  Schilderung  von  der  Lage  der  Haupttheile  des  Beckens,  welche 
bei  den  aufgeführten  Stellungen  dem  Untersuchenden  zugewendet  sind  und 
von  ihm  leicht  erreicht  werden  können. 


Seitenlage  (englische  Gebärlagö). 

Bei  der  Seitenlage  steht  der  Untersuchende,  bezw.  der  Operateur  oder 
Geburtshelfer  so,  dass  ihm  der  Beckenausgang  zugewendet  ist,  also  hinter  der 
zu  untersuchenden  Person.  Die  ganze  Apertura  pelvis  inferior  liegt 
dann  frei  vor  und  gestattet  leichten  Zugang  für  manuelle  und  instrumenteile 
Eingriffe.     S.  Fig.  29. 

Der  Austritt  des  Kindeskörpers  im  Gebären  ist  bei  dieser  Lage  unbehin- 
dert und  leicht  zu  überwachen;  insbesondere  begünstigt  sie  den  Dammschutz 
im  kritischen  Momente.  Zur  Unterstützung  für  die  Patienten,  sowie  für  die 
bessere  Freihaltung  des  Beckenausganges,  dient  ein  zwischen  die  leicht  gebeugten 
Eniee  geschobenes  rundes  Kissen. 

Die  Figur  ergibt,  dass  wegen  der  Krümmung  des  Steissbeines  gerade  der 
letzte  Kreuzwirbel  als  vorspringender  Theil  erscheint.  Das  Steissbein  kann 
seine  Beweglichkeit  ungehindert  entfalten.  Leicht  lässt  es  sich  in  dieser  Lage 
zwischen  Daumen  und  den  in  den  Mastdarm  eingeführten  Zeigefinger  bringen. 


1)  Die  Lagerungen  zum  Gebären  anlangend  sei  bemerkt,  dass  bei  den  euro- 
päischen Kulturvölkern  zur  Zeit  die  unter  1  und  2  aufgeführten  die  gewöhnlichen 
sind.  In  älterer  Zeit  und  bei  anderen  Völkern  finden  wir  noch  viele  andere  Lagen 
und  Stellungen.    S.  darüber:  Ploss-Bartels,  1.  c.  IV.  Aufl.  Bd.  11  S.  147  ff. 


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72  Seitenlage.    Knieellenbogenlage.    Rückenlage  des  Beckens. 

Die  Umrahmung  des  Beckenansganges  ist  nngefähr  znr  Hälfte 
(nach  vorn)  eine  knöcherne:  Ramus  inferior  ossis  pubis  +  Ramns  inferior 
ossis  ischii  +  Tuber  ischiadicum  —  zur  anderen  Hälfte  (nach  hinten)  eine  1  i  g  a- 
mentöse:  Ligamentum  sacro tuberosum.  Der  Spitze  des  Steissbeines  liegt  der 
Angulus  pubis  mit  seinem  scharfen  Rande  gegenüber.  An  stark  vorspringenden 
Knochenpunkten  haben  wir  oben  und  unten,  etwa  der  Mitte  der  Umrahmung 
des  Beckenausganges  entsprechend,  die  Tubera  ischiadica.  Von  diesen  nach 
oben  bez.  unten  in  senkrechter  Richtung  fortgehend,  kommen  wir  zu  den 
grossen  Trochanteren.  Zwischen  Tubera  ischiadica  und  Trochanteren,  in 
dieser  Lage  tief  versteckt,  haben  wir  das  Hüftgelenk  und  die  Gegend 
des  Foramen  obturatum.  Die  Crista  intertrochanterica  und  der  Trochanter 
minor  liegen  vor. 

Am  meisten  nach  hinten,  das  Kreuzbein  zwischen  sich  fassend,  springen 
die  Spinae  iliacae  posteriores  superiores  vor;  von  da  kann  man,  zu 
den  Trochanteren  hin,  die  Cristae  iliacae  abtasten.  Der  hintere  Rand  des 
Hüftbeines  zwischen  Tuber  ischiadicum  und  Spinae  iliacae  posteriores  ist  durch 
die  Ligamenta  sacrotuberosum  und  sacrospinosum  (letzteres  ist  ziemlich 
verborgen)  fast  ganz  verdeckt. 

Das  Promontorium  liegt  in  dieser  Beckenstellung  so,  dass  es  etwa  die 
Mitte  des  übersehbaren  Beckenraumes  einnimmt.  Die  beiden  ersten  Foramina 
sacralia  anteriora  sind  sichtbar. 

Die  Symphyse  ist  in  allen  ihren  Theilen  bequem  zugänglich;  auch  die 
Tubercula  pubica  und  Ligamenta  inguinalia  sind  leicht  zu  erreichen. 

Knieellenbogenlage. 

Dreht  man  die  Figur  29  so  um,  dass  man  die  Symphyse  nach  unten  hat, 
so  ergibt  sich  ohne  weiteres  das  Bild,  wie  es  das  Becken  in  der  Knieellen- 
bogenlage  bietet.  Eine  besondere  Beschreibung  der  Lage  der  einzelnen 
Beckentheile  ist  nicht  .erforderlich. 

Bückenlage  (deutsche  Gebärlage). 

Um  sich  über  die  idiotopischen  Verhältnisse  des  Beckens  bei  der  deut- 
schen Gebärlage  zu  unterrichten,  wolle  man  nebenstehende  Fig.  30  so  stellen, 
dass  man  das  Steissbein  nach  unten  und  vor  sich,  die  Symphyse  nach  oben, 
und  die  Oberschenkel  je  nach  rechts  und  links  hat.  In  dieser  Lage  treten 
beide  Hüftbeine  ziemlich  in  der  Gestalt,  wie  wir  sie  bei  der  üblichen  Be- 
trachtung des  Beckens  von  vom  gewohnt  sind  zu  sehen,  deutlich  hervor.  Die 
Spinae  iliacae  anteriores  superiores  mit  der  in  der  Verkürzung  sichtbaren 
Darmbeinschaufel  überragen  oben  und  seitlich  den  Schenkelhals;  unten  und 
seitlich  springen  jederseits  die  Trochanteren  vor. 

Das  Hüftgelenk  wird  sehr  bequem  zugänglich,  namentlich  der  Schenkel- 
kopf, da  das  diesen  sonst  bergende  Supercilium  acetabuli  ganz  ausser  Sicht 
kommt,  und  diejenige  Stelle,   welche  den  leichtesten  Zugang  zum  Hüftgelenke 


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74  Trendelenburg'sche  Operationslage. 

gewährt,  die  Ineisura  acetabuli,  vortritt.  Ebenso  frei  entfaltet  sich  das 
Ischiopubicum  mit  dem  von  ihm  umschlossenen  Foramen  obturatum;  der 
Ausgang  des  Canalis  obturatorius  ist  unverdeckt.  Völlig  zu  Tage  treten  auch 
die  vordere  Symphysengegend  mit  beiden  Tubercula  pubica,  sowie  die 
unter  dem  Ligamentum  inguinale  liegenden  weiten  Zugangspforten  zum  grossen 
Becken:  die  Lacuna  musculorum  und  die  Lacuna  vasorum. 

Die  Tubera  ischiadica  schauen  gerade  nach  unten;  der  Sitzpunkt,  mehr 
aber  noch  die  unmittelbar  über  ihm  gelegenen  Theile,  werden  üntersttUzungs- 
punkte  für  das  Liegen  (Liegepunkte).  Das  Tuber  ischiadicum,  die  Ineisura 
acetabuli  und  die  Eminentia  iliopeetinea  liegen  bei  dieser  Stellung  ziemlich  in 
einer  Verticalen  übereinander. 

Unten,  zwischen  Steissbein  und  Tuber  ischiadicum,  tritt  das  ausgespannte 
Ligamentum  sacrotuberosum  vor;  über  ihm,  ebenfalls  deutlich  entfaltet, 
das  Ligamentum  sacrospinosum,  über  diesem  die  Gegend  der  Articulatio 
sacroiliaca  in  grosser  Ausdehnung.  Beide  grossen  Oeffnungen  der  seitlichen  hinte- 
ren Beckengegend  (Foramina  ischiadicum  majus  und  minus)  liegen  frei. 

Fast  die  ganze  vordere  Kreuzbeinfläche  ist  zu  sehen,  insbesondere 
die  drei  grösseren  Foramina  sacralia  anteriora  (T,  II,  III).  Wenn  man  bei  dieser 
Stellung  gerade  von  der  unteren  Apertur  aus  in  die  Beckenhöhle  hineinschaut, 
so  gewahrt  man  das  Promontorium  so,  als  wenn  es  dicht  unter  der  Sym- 
physe läge,  so  dass  die  ganze  Hinterwand  des  Beckens  wie  knöchern  ge- 
schlossen erscheint. 

Trendelenburg'sche  Lage  *). 

Man  stelle  sich  für  die  Beurtheilung  der  Idiotopie  des  Beckens  bei  der 
Trendelenburg'schen  Lage  so  zur  Figur  31  hin,  dass  man  an  der  linken 
(oder  auch  der  rechten)  Seite  derselben  steht,  den  Kopf  zum  Beckeneingange 
gewendet. 

Man  gewahrt  dann,  dass  der  Beckeneingang  in  seiner  ganzen  Ausdehnung 
frei  wird,  indem  die  Eingeweide  zurücksinken  müssen.  Promontorium,  untere 
Lendenwirbel,  Kreuzbeinflügel,  Articulationes  sacroiliacae,  Darmbeinschaufeln, 
innere  Ränder  der  Cristae  iliacae,   Spinae  anteriores  superiores,   Ligamenta  in- 


1)  Den  Namen  „Trendelenburg'sche  Lage"  wählte  ich,  weil  er  üblich  ge- 
worden ist  und  weil  Trendelenburg  („Ueber  Blasenscheidenfisteloperationen  und 
über  Beckenhochlagerung  bei  Operationen  in  der  Bauchhöhle",  Sammlung  klinischer 
Vorträge,  herausgeg.  von  R.  v.  Volkmann,  Nr.  355,  Leipzig,  1890)  als  der  Erste  diese 
Lage  allgemein  für  Bauch-  und  Beckenoperationen  empfahl  und  selbst  in  ausgedehnter 
und  methodischer  Weise  verwerthete;  er  konstruirte  auch  einen  passenden  Operations- 
tisch zur  leichten  Herstellung  derselben.  Der  Erste,  welcher  diese  Lage  (Suspensions- 
lage) für  gynäkologische  Untersuchungen  zielbewusst  in  Anwendung  brachte, 
war  W.A.Freund.  (Vgl.  die  Inaug.-Dissertation  von  N.  Lentz:  Beitrag  zur  gynäkolo- 
gischen Untersuchung.  Die  Untersuchung  in  Suspension.  Strassburg,  Elsass,  1880.) 
Gelegentlich  mag  sie  schon  von  manchem  Arzte  früher  verwerthet  sein,  zumal  sie 
(bei  den  Versuchen  zur  Reduction  von  Hernien)  auch  im  Volke  bekannt  ist. 


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76  Holotopie  des  Beckens.    Sichtbare  und  fühlbare  Theile. 

gninalia  mit  der  Bruchpfortengegend,  die  Peetines  ossium  pubis  und  der  obere 
Symphysenrand  werden  vollständig  zugängig,  ebenso  aber  auch  die  Höhle 
des  kleinen  Beckens.  Der  Beckenausgang  ist  nach  vom  von  Knochen- 
vorsprtingen  und  Bändern  ganz  frei  und  weit  offen,  nach  hinten  springt  in 
der  Mitte  das  Steissbein  vor;  seitlich  davon  hat  man  zunächst  die  Ligamenta 
sacrospinosa,  an  denen  entlanggehend  man  leicht  die  Spinae  ischiadicae 
tasten  kann;  hinter  den  Ligamenta  sacrospinosa  liegen  die  Ligamenta  sacro- 
tuberosa;  über  diesen  kommt  man  auf  die  Foraraina  ischiadica  majora, 
zwischen  der  Spina  ischiadica  und  der  Articulatio  sacroiliaca  gelegen.  Von 
den  Foramina  ischiadica  minora  ist  wenig  wahrzunehmen;  man  suche  sie  in 
dieser  Lage  des  Beckens  unmittelbar  vor  den  Spinae  ischiadicae. 

Die  Gegend  des  Tuber  ischiadicum,  das  Foramen  obturatum  und  das 
Hüftgelenk  sind  in  dieser  Stellung  der  Untersuchung  entrückt.  Zu  den  grossen 
Trochanteren  gelangt  man  unterhalb  der  Spinae  iliacae  anteriores  superiores. 


Uebersicht  der  Holotopie*),  der  Idiotopie*)  und  der 
sieht-  und  fühlbaren  Theile  des  Bänderbeckens. 

Nach  der  gegebenen  ausftthrlichen  Beschreibung  des  knöchernen  Beckens, 
seiner  Bänder  und  Gelenke  an  sich,  sowie  mit  Rücksicht  auf  verschiedene 
Stellungen  desselben,  dürfte  es  geboten  erscheinen,  noch  einmal  in  kurzer  Ueber- 
sicht die  topographisch  wichtigsten  Verhältnisse  aufzuzählen. 

Wir  überblicken  hier  der  Reihe  nach:  L  die  Holotopie  des  Beckens, 
2.  die  sieht-  und  fühlbaren  Theile  und  3.  die  Idiotopie  des  Beckens. 

Holotopie  des  Beckens. 

Der  grösste  Theil  des  knöchernen  Beckens  entspricht  der  Hüft-  und  Ge- 
sässgegend.  In  der  -Hüftgegend  liegt  das  Darmbein,  in  der  Gesässgegend  das 
Sitzbein.  Das  Schambein  und  der  vordere  Theil  des  Sitzbeines  gehören  dem 
Oberschenkel  an.  Das  Kreuzbein  bildet  eine  besondere  Gegend  und  tritt  drei- 
eckig zwischen  und  oberhalb  der  Nates  hervor.  Die  untere  Beckenöffnung  ent- 
spricht den  Regiones  pudendalis  und  perinealis. 

Sichtbare  und  fühlbare  Theile  des  Beckens. 

Als  äusserlich  leicht  festzustellende  sieht-  und  fühlbare  Punkte  des  knö- 
chernen Beckens  sind  folgende  zu  nennen: 

1.  Der  Dorn  des  letzten  Lendenwirbels,  häufig  gekennzeichnet  durch 
das  Grübchen  im  oberen  Winkel  der  Kreuzraute. 

2.  Die  Crista  sacralis  media. 


1)  Vgl.  die  Anmerkung  zu  Seite  67. 


Sichtbare  und  fühlbare  Theile  des  Beckens.  77 

3.  Das  Steissbein  und  die  Steissbeinspitze  mit  der  Articulatio 
^crococcygea  und  mediococcygea^).  Zur  Feststellung  dieser  Punkte 
^Ät  theils  die  äussere  Betastung  in  der  Crena  ani,  theils  die  Exploratio  per 
^ctum  (8.  vorher  S.  70). 

4.  Die  vorspringende  Stelle  oberhalb  der  Spina  iliaca  posterior 
^P^Tior.  Aeusseres  Kennzeichen:  das  Grübchen  im  lateralen  Winkel  der 
^euzraute. 

5.  Die  Crista  iliaca. 

6»  Die  Spina  iliaca  anterior  superior. 

«•  Das  Tuberculum  pubicum  und  der  obere  Symphysenrand. 

8.  Die  vordere  und  hintere  Symphysenfläche,  sowie  der  Angulus 
PUDis.  Beim  Weibe  ist  letzterer  durch  die  Exploratio  per  Vaginam  bei  stark 
S^enktem  Ellenbogen  gut  zu  fühlen,  ebenso  die  hintere  Symphysenfläche;  beim 
Planne  hilft  die  Exploratio  per  Rectum  aus. 

9-     Das  Tuber  ischiadicum. 

10.  Die  Spina  ischiadica-,  sie  ist  durch  die  Exploratio  per  Vaginam 
^<ler  per  Rectum  zu  erreichen. 

11.  Das  Promontorium.     Dasselbe  lässt  sich  bei  ei-schlalften  und  nicht 
litten  Bauchdecken  von  aussen  abtasten,    insbesondere  jedoch   per  Rectum 

^^  per  Vaginam. 

^       12.  Die  vordere  Kreuzbeinfläche;   sie  ist  durch  die  Exploratio   per 

*^«etum  zugängig. 

13.  Die  übrigen  seitlichen  Beckenwandungen  und  die  Linea  ter- 
***inali8. 

Ein  ansehnlicher  Theil  der  inneren  Darmbeinschaufelfläche  lässt  sich  meist 
och  von  aussen  abtasten.    Die  Linea  terminalis   sowie   die  Seitenwände   des 
^luen  Beckens   sind   zugängig   durch   die   Exploratio  per  Vaginam  und  per 
*^<5tum  mit  eingeführter  halber  oder  ganzer  Hand. 

14.  Das  Ligamentum  inguinale,   von   aussen   leicht  fühlbar.     Femer 
^  Ligamenta  sacrotuberosum  und  sacrospinosum,  durch  die  wiederholt 

Scannten  inneren  Explorationen  der  Beckenhöhle  erreichbar. 

15.  Der  Trochanter  major. 

16.  Der  Gelenkkopf  des  Femur  ist  zu  einem  Theile  bei  mageren 
.  uividuen  gut  wahrzunehmen.  Er  liegt,  von  vorn  her  gerechnet,  unter  dem 
U\A  ^^^^^^^  ^^^  Iliopsoas  bei  dessen  üebertritte  auf  den  Oberschenkel  ge- 
Wdet  wird  (m6plat  du  Psoas  iliacque,   Richer  1.  c.  [S.  8]  p.  187).    Von  der 

^  her  dient  der  Trochanter  migor  als  Orientirungsmarke.    Man  bewegt  bei 
Untersuchung,  wenn  es  angeht,  den  Oberschenkel  in  seiner  Pfanne. 

Idiotopie  des  Beckens. 
^       Promontorium.    Das  Promontorium  liegt  9,5 — 9,9  cm  über  dem  oberen 
y*^physenrande;   die  durch  dasselbe  gelegte  Frontalebene  trifft  die  Mittel- 

1)  S.  vorher  S.  27. 


78  Idiotopie  des  Beckens.    Beckenhöhle. 

punkte  beider  Hüftpfannen  und  schneidet  nahe  hinter  dem  Angulus  pubis  durch. 
Die  Cristae  iliacae  überragen  das  Promontorium;  letzteres  liegt  ungefähr  in 
gleicher  Höhe  mit  der  Spina  iliaca  posterior  superior  und  mit  dem  Spatium 
interspinosum  zwischen  erstem  und  zweitem  Kreuzwirbeldome. 

Darmbeine r ist a.  Die  grösste  Höhe  der  Darmbeincrista  entspricht 
der  Synchondrosis  lumbalis  IV — V,  kann  auch  bis  zum  unteren  Rande  des 
IV.  Lendenwirbelkörpers  reichen.  Hinten  gibt  der  untere  Rand  des  IV.  Lenden- 
wirbeldornes  die  Höhe  an. 

Spina  iliaca  anterior  superior.  Die  Spina  iliaca  anterior  supe- 
rior steht  beim  Weibe  in  der  Mehrzahl  der  Fälle  in  gleicher  Höhe  mit  dem 
am  meisten  vorspringenden  Theile  der  Crista  sacralis  media,  d.  h.  mit  der  Mitte 
des  dritten  Kreuzwirbels  (dem  „Knickpunkte"  des  Os  sacrum).  In  derselben 
Höhe  liegt  auch  der  Punkt,  wo  die  Linea  terminalis  die  Articulatio  sacroiliaca 
erreicht.  In  gleicher  Höhe  findet  sich  beim  Weibe  meist  auch  der  obere  Rand 
der  Incisura  ischiadica  major.  Beim  Manne,  s.  a.  S.  66,  liegt  in  der  Mehrzahl 
der  Fälle  die  Spina  iliaca  anterior  superior  1 — 2  cm  höher.  Letztere  liegt  ferner 
in  einer  Frontalebene  mit  der  Spitze  des  Tuberculum  pubicum  (H.  v.  M  e  y  e  r). 

Spina  ischiadica.  Die  Spina  ischiadica  liegt  ein  wenig  tiefer  als 
die  Pfannenmitte  und  entspricht  in  der  Horizontalebene  der  Articulatio  medio- 
coccygea.    Sie  steht  1,5  cm  höher  als  der  obere  Symphysenrand.   (S.  Fig.  28.) 

Tuber  ischiadicum.  Dasselbe  liegt  in  einer  Frontalebene  mit  den 
Querfortsätzen  der  unteren  Lendenwirbel.  Die  Mitte  desselben  steht  von  der 
Mitte  der  Pfanne  nahezu  ebensoviel  nach  hinten  ab,  wie  das  Tuberculum  pubi- 
cum bezw.  die  Spina  iliaca  anterior  superior  nach  vorn.  Die  Entfernung  des 
Tuber  ischiadicum  ist  meist  jedoch  etwas  grösser.     (S.  Fig.  28.) 

Angulus  pubis  und  Foramen  obturatum.  Der  Angulus  pubis 
steht  in  einer  Horizontalebene  mit  der  Mitte  des  unteren  knöchernen  Randes 
des  Foramen  obturatum  und  der  Mitte  der  hinteren  Fläche  des  Tuber  ischia- 
dicum. Das  Foramen  obturatum  grenzt  unmittelbar  von  unten  und  vom  an 
die  Incisura  aeetabuli. 

Steissbein.  Die  Spitze  des  Steissbeines  steht  1,5 — 2  cm  oberhalb  des 
Angulus  pubis,  sodass  sie  von  dem  oberen  Drittel  der  Symphyse  überragt  wird. 


Beckenhöhle  und  ihre  Zugangspforten. 

Beckenhöhle. 

An  dieser  Stelle  kann  nur  von  demjenigen  Hohlräume  die  Rede  sein, 
welcher  vom  Bänderbecken  umschlossen  wird.  Da  mit  dem  Worte  „Becken" 
bereits  der  Begriff  eines  Hohlraumes  verbunden  ist,  so  hat  man  sich  auch  ge- 
wöhnt einfach  zu  sagen:    „dieser  oder  jener  Theil  liegt  im  Becken".     Man 


Beckenhöhle. 


ttöterscbeidet  die   grosse   und   die  kleine  Be  ckenhöhle  (grosses  nad 
kleines  Becken),  welche  durch  die  Linea  terminaiis  getrennt  werden. 

Die  grosse  Beckenhöhle  gehört  zur  Bauchhöhle.  Denkt  man  sich  m 
der  Höhe  der  Linea  terminaiis  einen  Verschluss,  so  würde  der  «*««'  ^es  grossen 
Beckens  ein  flach  schüsseiförmiger  sein,  in  den  von  hinten  her  die  Wirbelsäule 
einen  starken  Vorsprang  macht  and  der  vorn  weit  offen  ist. 

Der  kleine  Beckenraum,  den  man  gewöhnlich  im  Sinne  hat,  wenn  man 
schlechthin  von  einer  Beckenhöhle  spricht,  gleicht  im  ganzen,  namentlich  beim 
erwachsenen  Weibe,  einem  kurzen  rundlichen  Rohre,  bei  Männern  und  Dei 
Kindern  einem  Trichterrohre,  dessen  verjüngtes  Ende  nach  unten  hegt. 

Wegen  der  Beckenncigung  wendet  sich  das  Rohr  vom  Beckeuemgangc 
her  zunächst  nach  hinten,  um  am  Ausgange,  in  Folge  der  Kreuzsteissbem- 
kfümmung,  wieder  nach  vorn  umzubiegen.  Diese  vordere  ümbiegung  lübit 
ttuter  dem  Arcus  pubis  nach  aussen.  Die  Fuhrungslinie  des  Beckens,  s.  i?ig.  ^4, 
gibt  diesen  Weg  an.  .    , 

Man  unterscheidet  -  vgl.  das  Kapitel  von  den  Beckenmaassen  -  vier 
besonders  wichtige  Stellen  am  Beckenraume:  den  Beckeueingang,  die  liecten- 
weite,  die  Beckenenge  und  den  Beckenausgang;  die  Lage  der  Becfeen- 
Weite  und  der  Beckenenge  ist  S.  47  u.  48  angegeben  worden. 

Die  hintere  Wand  der  kleinen  Beekenhöhle,  vom  Kreuzbeine  mit  dem 
Steigsbeine  und  den  Ligamenta  sacrotuberosum  und  sacrospiaosum  gebildet,  ist 
efheblieh  höher  als  die  vordere,  insbesondere  beim  Weibe.  Legt  man  eine 
*>ontalebene  bei  richtiger  Beckenncigung  durch  die  Spinae  ischiadicae,  so  zer- 
ÄUt  dadurch  die  kleine  Beckenhöhle  in  einen  hinteren  Abschnitt  von 
vorwiegend  q u e r  e r  Ausdehnung  und  einen  vor  deren  rundlichen,  meiir 
eingeschränkten;  diese  Einschränkung  wird  aber  durch  den  Angulus  pubs 
compensirt,  woraus  sich  die  Wichtigkeit  einer  nicht  zu  hohen  Schamfuge  tar 
<ien  Geburtsverlauf  und  für  operative  Eingriffe  ergibt. 

Der  vordere  Abschnitt  zeigt  im  Bereiche  des  Sitzbeines  zwei  weitere 
l^merkenswerthe  Abtheilungen.  Von  der  Spina  ^^ff^l^'  '^'^LaZ 
aamlich,  8.  Fig.  32,  eine  stumpfe  Kante  über  die  zur  Beekenhöhle  gewendete 
breite  Sitzbeinfläche  hinweg  zu  den  Tubercula  obturatoria  lateralia  (b.  4U)  hin, 
welche  ein  Planum  supraspinosum  m.  von  einem  Planum  i»^'-»;?^;^«"^^^ ' 
^  Sitzbeine  absehneidet.  Das  Planum  supraspinosum  streicht  leicht  media«^^"»^ 
8«  das»  das  rechte  mit  dem  liuken  convergirt,  während  beide  ^1»"»  »"^^«^ 
spinosa,  die  in  die  Tubera  ischiadica  auslaufen,  leicht  dijergiren.  Uie  ge- 
»»»»nte  Kante  entspricht  daher  einem  (sehr  stumpfen)  Winkel  des  Sitzbeines 
Aagnlus  ischiadicus  m.;  sie  bezeichnet  auch  die  Beckenenge  welche 
richtiger  hierhin  zu  verlegen  ist,  als  in  die  gewöhnlich  angenommene  (8.b.4») 
ßbene,  und  ist  daher  für  die  gebuitehülfliche  Betrachtung  des  Beckens  be- 
sonders wichtig. 

^  Es  scheint,  dass  in  dem  Verhalten  dieses  Winkels  und  des  Planum  suprasp^^^^^^^^^ 
*»d  intraspinosum  Verschiedenheiten  wischen  dem  Mänuerbecken  nm  We^erhe.k^^^ 
oWalten;   beim  Weibe  wendet  sich  das  Planum  infrnspniosum  mehr  lateral  als  bei 


Zugaagspf orten  zttr  ßeckenhohle.  81 

^*i  auf  dessen  geburtshülfliche  Bedeutung   aufmerksam   gemacht.    Der  Winkel  ist 

Srebildet  Fig.  5  Taf.  IV  meiner  Abhandlung  über  die  Lage  der  weiblichen  Becken- 

*^'gaue  vom  Jahre  1892 1)   und  in  Fig.  32.    Er  entspricht  ungefähr  auch  dem  später 

^'^'w^ähnenden  Winkel   des   Musculus  obturator  internus.    In  den  mir  bekannt  ge- 

>*denen  geburtshülflichen  und  anatomischen  Lehrbüchern  (abgesehen  von  Budin's 

^che)  ist  diese  wichtige  Stelle  der  Beckenhöhle  nicht  erwähnt. 

Die  kleine  Beckenhöhle  ist,   wie  (S.  24)   bemerkt  wurde,    nur  in  einem 
ömalen,    etwa    daumenbreiten  Ringe   unmittelbar   unter  der  Linea  terminalis 
^^llständig  knöchern  begrenzt. 


Zugangspforten  zur  Beckenhöhle. 

In   praktischer  Beziehung   wichtig   ist   die  Betrachtung   der  ZugangSu 

P  orten  zum  Beckenraume.     Dass  der  grosse  Beckenraum  noch  zur  Bauch- 

"1^  gehört   und   gegen   diese   keine  bestimmte  Grenze  hat,  wurde  mehrfach 

^ähnt;  sonach  steht  der  Zugang  von  oben  her  weit  offen.    Nach  vom  findet 

^  Abschluss  des   grossen   Beckenraumes   nur   durch  Weichtheile   statt;    die 

^.uchmuskeln  bilden  hier  allerdings  eine  sehr  widerstandsfähige  Wand,  so  lange 

intakt  sind.    Insbesondere  fest  wird  diese  Wand  im  unteren  vorderen  Winkel 

®  grossen  Beckenraumes  längs  des  Ligamentum  inguinale,  in  welfchem 

^   Fascien   dieser   Gegend   zusammentreffen.     Zur  Verstärkung   dienen   hier 

^"   das  Ligamentum   pubicum   Cooperi   autt.,    welches  eine  Art 

g<in2ung  des  Pecten  ossis  pubis   darstellt,    und   das  Ligamentum  lacu- 

^^  (Grimbernati).    Aber   unterhalb    des   Ligamentum   inguinale   besteht 

*,  ^'^^serst  wichtige  Zugangspforte   zum  grossen  Beckenraume,    die  in   zwei 

^"^^gen,    die   Lacuna   musculorum   und   dieLacuna  vasorum 

^**t,  letztere  zugleich  eine  der  bemerkenswerthesten  Bruchpforten. 

Vom  grossen  Beckenraume  zum  kleinen  führt  die  Apertura  pelvis 

r    P^^^or.    Von  unten  und  vorn  her   steht   der  Zugang  zur  kleinen  Becken 

den 

ambogens,  durch  das  vordere  Dreieck  der  Apertura  pelvis  inferior. 


^  frei  einmal  links  und  rechts  durch  das  Foramen  obturatum,  bezw. 
Hanaus   obturatorius,    und   in   der  Mitte   (unpaar),    unterhalb  des 

I  *^"^g<^n8,  durch  das  vordere  Dreieck  der  Apertura  pelvis  inferior. 
Anschlüsse  daran  haben  wir  unten  und  hinten  den  Zugang  durch  das 
tere    Dreieck    der    unteren    Apertur;     beide    zusammen    stellen    den 

'*     ^Kenausgang"  dar,  der  zur  Entleerung  von  Rectum  und  Blase,  beim  Weibe 


,  ^m  zum  Austritte  des  Menstrualblutes,  zur  Begattung  und  zur  Entbindung 
nnH  '  ^^iÜich   und   hinten   finden   sich   die   Foramina   ischiadica  majus 

^inus;  hinten  wären  dann  noch  die  Foramina  sacralia  zu  erwähnen, 
al  V  di^sc  Zugänge  bezw.  Ausgänge  sind  durch  Weichtheile,  die  entweder 

erschlussmittel  dienen  oder  durchtretende  Bildungen  darstellen,  verschlossen 
""^^^  auggefüllt. 

Orifa        ^*^*löyer,  W.,   Beiträge   zur  Kenntniss   der  Lage   der   weiblichen  Becken- 
«*ne.    Bonn,  1892.    Fr.  Cohen. 
^*l<leyer,  Das  Becken.  6 


82  Zngangspforten  zur  Beckenhöhle. 

Die  Laeuna  musculorura  wird  ausgefüllt  durch  den  Musculus  ilio- 
psoas  und  den  Nervus  femoralis,  die  Laeuna  vasorum,  abgesehen  vom 
Ligamentum  lacunare  und  pubicum  Cooperi,  die  zum  Theil  als  Verschlussmittel 
dienen,  durch  die  Va s a  f e m o r a  1  i a,  den  Nervus  lumboinguinalis  und 
die  sog.  Rosenmüller'scbe  Lymphdrüse,  die  zu  den  Lymphoglandulae 
subingiiinales  profundae  gehört. 

Der  Nervus  cutaneus  femoris  lateralis  gehört  noch  in  das  Bereich  der 
Laeuna  miisculorum,  indem  er  unterhalb  der  Spina  iliaca  anterior  superior  das 
Becken  verlässt.  Er  durchbohrt  eine  mit  dem  Ligamentum  inguinale  und  mit  der 
Rectussehne  zusammenhängende  aponeurotische  Lamelle,  welche  zwischen  der  Spina 
iliaca  anterior  superior  und  inferior  angeheftet  ist. 

Das  Foramen  obturatum  wird  grösstentheils  durch  die  Membrana 
obturatoria  und  die  beiden  Musculi  obturatores  verschlossen.  Der  übrig 
bleibende  Canalis  obturatorius  wird  verlegt  dm-ch  den  Nervus  und  die  Vasa 
obturatoria  und  durch  einen  besonderen  Fettkörper,  das  Corpus  adiposum 
obtu rat or iura  m.     S.  Figg.  19  und  20,  C.  a. 

Durch  die  Foramina  sacralia  treten  die  Nervenstämme  des  Plexus 
saeralis  und,  zum  Theil,  des  Plexus  coccygeus,  ferner  Blutgefässe  von  den  Vasa 
sacralia  lateralia.    Ein  weiches  Fettgewebe  füllt  die  noch  bleibenden  Lücken  aus. 

Der  Beckenausgang  findet  seinen  Verschluss  durch  die  Muskeln  und 
Fascien  des  Diaphragma  pelvis  und  des  Trigonum  urogenitale  (Levator 
ani,  Coccygeus  und  Transversus  perinei  profundus).  Diese  lassen  OeflFnungen 
zum  Durchtritte  der  Vena  dorsalis  penis  (clitoridis),  der  Harnröhre  und  des 
Rectum,  beim  Weibe  noch  der  Scheide.  Durch  diese  Schleimhautrohre  wird  zwar 
der  direkte  Zugang  zum  Cavum  pelvis  sicher  abgeschlossen,  indem  die  genannten 
Muskeln  überall  dicht  den  betreffenden  Rohren  anliegen  und  in  deren  Wand 
übertreten  5  aber,  indem  dieselben  hinreichend  weit  sind,  kann  durch  Einführen 
von  Fingern,  ja  der  ganzen  Hand  (Rectum,  Vagina),  von  Speculis,  Sonden  und 
anderen  Instrumenten,  der  Beckenraum  indirekt  in  einer  Weise  zugängig  gemacht 
werden,  wie  keine  andere  Körperhöhle.  Dieser  Umstand  und  die  Ausübung 
der  Geburtshülfe  haben  denn  auch  dazu  geführt,  dass  wir  schon  seit  den  alten 
Kulturzeiten  1)  für  das  Becken  gut  ausgebildete  üntersuchungsverfahren  und  ein 
namhaftes  Instrumentarium  besitzen. 

An  den  Zugängen  können  auch  Verletzungen  des  Beckeninneren  durch 
geringfügigere  Einwirkungen  geschehen;  sie  bilden  ferner  Pforten  für  Hernien, 
für  Vorfälle,  für  Eiterwanderungen  und  für  andere  Ergüsse,  endlich  für  vor- 
wachsende Neubildungen.  Bei  der  Aktion  der  Bauchpresse  und  insbesondere 
bei  der  Geburtsthätigkeit  werden  die  Weichtheile  hervorgedrängt,  vor  allem 
die  an  den  Oeffnungen  als  Verschlusspolster  dienenden  Fettkörper;  lässt  der 
Druck  nach,  so  treten  letztere  wieder  an  ihren  Platz  zurück. 


1)  Ich  erinnere  insbesondere  an  das  Werk  des  Soranus  von  Ephesus:  y^jisQ^ 
yvvaixdcov  jia&wv^,  und  an  die  in  Hereulanum  und  Pompeji  aufgefundenen  ärztlichen 
Instrumente,  die  im  Museo  nazionale  zu  Neapel  aufbewahrt  Averden. 


Muskelansätze  und  Muskelursprüage.  B3 


Muskelansätze  und  Muskelursprünge  am  Becken. 

Es  kann  für  yerschiedene  praktiBche  Beziehungen  wichtig  sein,  die  Ursprünge 
^^d  Ansätze  von  Weichtheilen  am  knöchernen  Becken  genau  zu  kennen.  Die 
Länder  wurden  bereits  im  Vorhergehenden  besprochen;  es  erübrigen  demnach 
^^ch  die  Muskeln. 

Der  obere  Rand  des  Os  ilium  —  die  Crista  iliaca  —  wird  in  ihrer 
SJ'Össeren  vorderen  Hälfte  besetzt  (von  aussen  nach  innen  gezählt)  durch:  1)  den 
Üi^prung  des  Tractus  iliotibialis  (Maissiati),  der  besonders  stark  am 
Tuber  glutaeum  anterius  wurzelt,  2)  den  Musculus  obliquus  ex- 
^^J^nus  abdominis,  3)  den  Musculus  obliquus  internus  abdominis, 
*)  den  Musculus  transversus  abdominis.  Die  kleinere  hintere  Hälfte 
^^^  Crista  nehmen  ein  (in  derselben  Weise  gezählt):  1)  der  Musculus  latissi- 
^^^  dorsi,  2)  das  tiefe  Blatt  der  Fascia  lumbodorsalis,  3)  der  Musculus 
9*iadratu8  lumborum.  Die  hinterste  obere  Ecke  dient  noch  dem  Musculus 
^'^ocostalis  lumborum  zum  ürspnmge.  Die  laterale  Grenze  dieses  Muskel- 
^/^pninges  liegt  genau  da,  wo  der  hintere  aufsteigende  Theil  der  Crista  iliaca 
^^^h  unter  einem  mehr  oder  minder  ausgesprochenen  Winkel  (,, angle  rentrant" 
_^^  französischen  Autoren)  nach  vorn  und  lateral  umbiegt.  Dies  ist  auch  die 
^ßUe  der  Fossula  lumbalis  lateralis  superior.    Siehe  S.  8. 

An  der  Aussenseite  des  Beckens  finden  wir  am  Os  ilium,  zumeist 

öach  hinten  und  oben,  und  mit  besonders  starker  Portion  am  Tuber  glutaeum 

P^^terius  haftend,   den  Ursprung   des  Musculus   glutaeus  maximus.    Die 

send  der  beiden  Spinae  iliacae  posteriores  wird  durch  Bandmassen  einge- 

^JjQimen.    Vor  und   unter  dem  Glutaeus  maximus   besetzt  in  halbmondförmiger 

^S^r  das  Feld   zwischen   Linea  glutaea  posterior,   anterior   und  Crista  iliaca 

^^  Musculus   glutaeus  medius;   ihn   deckt,   so  weit  er  nicht  unter  dem 

^^sculus  glutaeus  maximus  liegt,  der  Tractus  iliotibialis.   In  der  Konkavität 

^^ses  Muskelhalbmondes,  unterhalb  der  Linea  glutaea  anterior,  haben  wir  die 

Posse,  fast  ebenso  hohe  wie  breite  Ursprungsfläche  des  Musculus  glutaeus 

^'^imus.    Dieselbe   reicht   am   Isthmus   coxae   vom   hinteren  zum  vorderen 

^oehenrande,   d.  i.   von   der  Incisura  ischiadica  major  bis  zur  Ineisura  iliaca 

löor  (Fig,  28).     Hinten  trifft  also  die  Arteria  glutaea  superior  bei  ihrem 

^^tte  aus  der  Beckenhöhle  auf  das  Muskelfieisch  des  Glutaeus  minimus. 

.        Vorn  am  Beckenrande,  unmittelbar  nach  aussen  und  hinten  von  der  Spina 

*ca  anterior  superior,  liegt  der  Ursprung  des  Musculus  tensor  fasciae 

^^;  dicht  unter  diesem  und  unter  der  genannten  Spina  der  des  Musculus 

torius.    Das  vordere  schmale  Ende  des  Glutaeus  medius   schiebt   sich 

iseheu  die  beiden  letztgenannten  Muskeln  und  den  Glutaeus  minimus  ein.    Da, 

alsbald   nach  ihrem  Ursprünge  der  Sartorius  und  der  Tensor  fasciae  latae 

I  ^^oander  weichen,   markirt   sich   zuweilen   ein  Hautgrübchen  —  Fossula 

JjJ^^'^^lis^-  (fossette  fömorale,    Richer,  1.  c.  (S.  8),  p.  187).    Unter  dem- 

^  lißgt  die  ürsprungssehne  des  Musculus  rectus  femoris. 


84  Maskelansätze  nnd  Muskelursprünge. 

Unterhalb  des  Glutaeus  minimus  bleibt  um  den  oberen  und  hinteren  Um- 
fang des  Acetabulum  herum  ein  etwa  daumenbreites  Knochenfeld  fast  frei  von 
Muskelansätzen;  auf  ihm  finden  die  Kapselbänder  des  Hüftgelenkes  ihren  Platz, 
mit  ihnen  nur  die  beiden  sehnigen  Ansätze  des  Musculus  rectus  femoris: 
der  vordere  an  der  Spina  iliaca  anterior  inferior,  der  hintere  gerade 
auf  der  Höhe  des  Acetabulum-Randes  (das  Becken  in  richtige  Stand-Neigung 
gebracht)  ^). 

Die  Spitze  der  Spina  isehiadica  nimmt  mit  dem  Ligamentum  sacro- 
spinosum  der  Musculus  coccygeus  ein;  am  unteren  Umfange  derselben  sitzt 
der  Musculus  gemellus  superior  fest,  am  oberen  Umfange  des  Tuber 
ischiadicum  der  Musculus  gemellus  inferior;  zwischen  ihnen  ist  die 
Incisura  isehiadica  minor  zur  glatten  Trochlea  für  die  Sehne  des  Musculus  ob- 
turator  internus  ausgekehlt.  Unter  dem  Musculus  gemellus  inferior  zeigen  sich 
vier  Muskelursprünge  dicht  beisammen:  zumeist  nach  vorn  der  Ursprung  des 
Musculus  quadratus  femoris,  dann  —  in  der  Reihenfolge,  wie  sie  hier 
aufgezählt  sind,  kleinere  Felder  einnehmend  —  die  Musculi:  semimem- 
branosus,  biceps  femoris  und  semitendinosus;  an  der  unteren  Grenze 
dieser  vier  Muskeln  hin  zieht  das  hintere  starke  Ursprungsfeld  des  Musculus 
adductor  magnus. 

Aussen,  am  Umfange  des  Foramen  obturatum,  so  weit  es  nicht  an  die 
Hüftpfanne  grenzt,  entspringen  in  drei  concentrischen  (Dreiviertel)-Kreisen  die 
Adductoren  und  der  Obturator  externus,  der  ja  nach  Funktion  und  Innerva- 
tion zu  den  Adductoren  gehört.  Dem  äusseren  Kreise  fallen  zu,  der  Reihen- 
folge nach  von  oben,  vorn  nach  unten,  hinten  gezählt,  die  Musculi:  pectineus, 
adductor  longus,  gracilis  und  adductor  magnus,  dem  mittleren  Kreise 
der  Adductor  brevis  und  der  Adductor  minimus;  den  inneren  Kreiß 
bildet  der  Obturator  externus  allein.  Das  Feld  zwischen  der  Symphysis 
ossium  pubis  und  dem  Tuberculum  pubicum  besetzen  vorn  der  Musculus 
pyramidalis,  dahinter  der  Musculus  rectus  abdominis. 

An  der  Innenfläche  des  Os  coxae  nehmen  die  Ursprünge  des  Mus- 
culus iliacus  und  des  Obturatorinternus  fast  die  gesamte  Knochen- 
fläche ein,  der  erstere  die  Darmbeinschaufel,  der  letztere  fast  das  ganze 
Ischiopubicum.  Die  Hauptmasse  des  Iliacus  besetzt,  nahezu  halbmondförmig, 
die  oberen  zwei  Drittel  der  Schaufel;  unten,  unmittelbar  oberhalb  der  Linea 
terminalis  findet  man  keine  Ursprünge  von  Muskelbündeln  mehr,  doch  ist  diese 
Stelle  vom  vorbeiziehenden  Psoas  bedeckt.  Der  Iliacus  reicht  hinten  bis 
unmittelbar  an  die  Facies  auricularis  und  an  das  Ligamentum  sacroiliacum 
anterius. 

An  der  Eminentia  iliopectinea,  da  wo  sie  mit  der  Linea  terminalis  zu- 
sammentrifft, finden  wir  den  Ansatz  des  Musculus  psoas  minor,  oft  als 
kleinen  Knochenstachel  markirt  (Figg.  13,  26  u.  31  a?). 


1)  Manche  der  mir  bekannt  gewordenen  Abbildungen  verlegen  diese  ürsprungs- 
stelie  des  Kectus  femoris  zu  weit  nach  hinten;  sie  ist  am  Knochen  durch  eine  deut- 
liche Marke  gekennzeichnet. 


QJfL 

Muskelansätsse  und  Muskelursprünge. 

Am  ümfanee  der  Ineisura  ischiadica  major  greift  der  Musculus  glu- 
taeus  minTnTs   noch   etwas  auf  die  Innenfläche  des  Hüftbe.nes  über    und 
4icht  unter  der   Facies   auricularis,  nahe   der  Spina  iliaca   posterior  infenor 
setzt  häufig   noch  eine  Zacke  des  Musculus  piriformis  an.    (Jig.  28  pO 
Aehnlich  wie  der  Musculus  iliacus   verhält   sich   der  M«scu  us  obtu- 
'ator  internus.    Oben  hinten  am  Sitzbeine,  'l«» Pf^""«"^«^^ .^1?^! ' 
hat  er  seinen  Hauptursprung;    dann  lässt   er   einen  grossen  Theil   des  Ramus 
««perior  ossis  isch.i  bis  zum  unteren  Theile  des  Tuber  ischiadicum  fie^.  diese 
frei  bleibende  Knochenfläche  ist  glatt  und  dient  als  Gleitflache  für  den  Muskel 
unten  an  der  Innenfläche  des  Tuber  ischiadicum  beginnt  er  wieder  und  geht 
am  Knochenrahmen   des  Foramen   obturatum   herum,   bis   fast  zum   eben  ge- 
»»aunten   oberen  Sitzbeinnrsprunge   -zurück,    indem   er   den  Ausschnitt  fü     d^ 
Beekenmündung  des  Canalis   obturatorius   umkreist.     Hier   entspringt   vor  ihm 
der  Levator   ani,    hinten    kommt    dieser    mit    einer    '^^«f \/;f;'  J^ 
Mnsculus  coccygeus  von  der  Spina  ischiadica,  diese  beiden  Zacken  s.nd 
durch  den  Arcus  tendineus  musculi  levatoris  am,  von  welchem  die 
»mittlere  Levatorportion  entspringt,  verbunden.  .  ,      ^ 

Unterhalb  des  Musculus  levator  ani,  an  der  '^^^''^'S^''^''^l^^?^l 
'«ehii  mit  dem  Os  pubis,  entspringt  mit  dem  Corpus  cavernosum  pen  s  usamme« 
(letzteres  deckend)  der  Musculus  ischiocavernosus,  vor  und  übe 
diesem,  vom  Ramus  inferior  ossis  pubis  bis  fast  zum  Angulus  pubis  hin  der 
^sculuB  transversus  perinei  profundus,  ^^l^^^/!^  .^^^^^^ 
l'i«  transversus  perinei  superficialis  autt.  am  Tuber  ischiadicum 
«'et  befestigt.    Vgl.  das  Kapitel:  Dammmuskeln.  M„«P.,lns 

.        An   der  Hinterfläche   des  Kre-'^^«i°^%^"?r'  ,    ^  und  med  an 
'«ngi««i™,,  dorsi  und  der  Musculus  multifidus  («"»^r  und  med  an 
^^ri.  „eben   ihm);    die   Crista  media  des  Kreuzbeines   (vermöge   dei   F^sm 
l»mbodorsalis),    die   Crista  articularis  der  letzten  Kreuzwirbel,   die  Mhede 
des  Steissbeines  und  das  Ligamentum  sacrotuberosum  dienen  dei  Hauptmasse 
des  Musculus  glutaeus  maximus  zum  Ursprünge. 
^       An  der  Vorderfläche  des  Kreuzbeines,   auf  der  Costalportion   des   ersten 
K'-euzwirbels,   treffen  wir  ein  starkes  Bündel  vom  Musculus  >  '*«««  '^"^ 
f«terhalb   des   Foramen  sacrale  I  beginnend,   das  Foramen  «^«'•^1«  "  ""^  "^ 
l/teralwärts  umfassend,    die  drei  Hauptursprungszacken  des  f«;«"   ^«^11^^^^ 
'«'mis.    Nicht  seltei  sieht  man  kleine  Knochenstacheln  als  üj  Pin^^s^^^^^^^^^^ 
dieses  Muskels  (Fi-.  26,  vi.);  seine  ürsprungsbündel  erhoben  noch  den  Schute, 
flehen  die  Suld  neLsi  L  Kreuzbeines   den  austretenden  vorderen  Aes^  n 
t«'  Nervi  sacrales  II  und  III  gewähren.    Den  äusseren  «-«d  des  fünften 
«»•euzwirbels  und  des  Steissbeines  besetzt  der  Musculus  coccygeus,  de 
y  binten  her   durch   das  Ligamentum  sacrospinosum  gedeckt  ^ird.    In  dei 
M^br^hl  der  Fälle   findet   man    auch  einen  Musculus  ^^^^'^lll'/^J^ 
«^«terior   mit   einem  Ursprünge    am   dritten   oder  vierten    f  r««'«"  «^^  f 
''»Aerius  und  Ansätze  an  der  Vorderfläche  der  Steisswjbel  und  a    dem  Liga 
»»«ntum  sacrococcygeum  anterius.     Die   betreffenden  Muskelbündel   laufen   an 


86  Muskelansätze  und  Muskelursprünge. 

der  ventralen  Seite  des  Musculus  coecygeus  hinab,  von  diesem  durch  ein 
Fascienblatt  getrennt  ^), 

An  der  Steissbeinspitze,  und  zwar  mehr  ventral,  befestigen  sich  Bündel 
des  Musculus  levator  ani  und  des  Musculus  sphincter  ani  externus. 
Dorsal  verlaufen  zwischen  Steissbein  und  Kreuzbein  die  rudimentären,  zuweilen 
aber  noch  recht  ansehnlich  entwickelten  Musculi  sacrococcygei  po- 
steriores. 

Lartschneider  (I.  c.)  vermochte  bei  ihnen  noch  die  Homologa  der  Musculi 
extensor  coccygis  lateralis,  extensor  coccygis  medialis  und  abductor  coccygis  dorsalis 
der  Säugethiere  nachzuweisen;  sie  liegen,  gedeckt  von  der  oberflächlichen  Portion 
des  Ligamentum  sacrotuberosum,  im  Sulcus  sacralis  dorsalis  (s.  S.  65).  Die  am  mei- 
sten medial  gelegenen  ßündelchen,  die  dem  Extensor  coccygis  medialis  entsprechen, 
sind   die  letzte  Fortsetzung  des  Musculus  multifidus. 

Aus  der  vorstehenden  Aufzählung  geht  hervor,  dass  folgende  Theile  des 
knöcheraen  Beckens  musk elf r ei  bleiben,  d.h.  sowohl  frei  von  Muskelur- 
sprtingen  als  von  Muskelbedeckungen :  Am  Kreuzbeine:  dieCristasacra- 
lis  media  und  der  mittlere  Bezirk  der  gesamten  Vorderfläche- 
Das  gleiche  gilt  vom  Steissbein e.  Am  Hüftbeine:  Der  äussere 
Rand  der  Crista  iliaca,  die  Spina  iliaca  anterior  superior,  ein 
ovales  Feld  oberhalb  der  Spina  iliaca  posterior  superior  (ent- 
sprechend der  Fossula  lumbalis  lateralis  inferior),  die  Kante  des  der  L  a  c  u  n  a 
V  a  8  0  r  u  m  entsprechenden  Schambeinsttickes,  die  ganze  Hinterfläche 
der  Symphysis  ossium  pubis  und  der  untere  Theil  der  vorderen  Fläche; 
vgl.  Fig.  23,  b.  S.  42. 

Von  diesen  Stellen  liegen  subcutan:  Die  Crista  sacralis  media,  die 
hintere  Steissbeinfläche,  der  äussere  Rand  der  Crista  iliaca,  die  Spina  iliaca 
anterior  superior,  und  das  Feld  oberhalb  der  Spina  iliaca  posterior  superior. 
Das  untere  Stück  der  Vorderfläche  der  Symphyse  wird  durch  den  Penis  (Cli- 
toris)  bedeckt. 

Hierher  wären,  nach  unserer  Abgrenzung  des  Beckens,  noch  zu  setzen : 
die  Spitzen  der  Dornfortsätze  der  beiden  letzten  Lendenwirbel 
und  das  vorspringende  Stück  des  T  r  o  c  h  a  n  t  e  r  m  a  j  o  r.  (S.  Fig.  28,  +,  S.  68.) 


1)  Lartschneider,  J.,  Die  Steissbeinmuskeln  des  Menschen  und  ihre  Bezie- 
hungen zum  Musculus  levator  ani  und  zur  Beckenfascie.  Denkschriften  der  K.  Akad. 
d.  Wissensch.  zu  Wien.  Mathem.  naturw.  Classe.  LXII.  Bd.  1895.  —  Kollmann,  J., 
Der  Levator  ani  und  der  Coecygeus  bei  den  geschwänzten  Affen  und  den  Anthro- 
poiden. Verhandl.  der  Anatomischen  Gesellsch.  zu  Strassburg  i.  E.  1894.  —  Blum,  F., 
Die  Schwanzmuskulatur  des  Menschen.  Anatomische  Hefte,  L  Abth.  Heft  XIII  (IV. 
Bd.  Hft.  3).  Wiesbaden,  J.  F.  Bergmann.  1894.  (Auch  als  Inauguraldissert.  Freiburg 
1.  B.,  1894.) 


Blutgefässe  des  Beckens.    Foramina  nutricia.  87 


Gefässe  und  Nerven  des  Bänderbeckens. 

Blutgefässe  des  Beckens.    Foramina  nutricia. 

Folgende  Arterien   geben  Zweige   an   die  Knochen    und   Bänder   des 
ß^ckens  ab: 

1.  Die  Arteria  glutaea  superior  von  ihrem  oberen  Aste  —  Ramus  superior. 
r  »etreffende  Zweig  tritt  durch  das  grosse  Foramen  nutricium,  Avelches  an  der 
^senfläche  der  Darmbeinschaufel  unterhalb  der  Mitte   der  Linea   glutaea   anterior 

^^ßu  ist.     Richtung :  schräg  von  oben  nach  unten  und  vorn. 

2.  Die  Arteria  glutaea  inferior;   kleine  Aestchen  zu  den  Bändern  an  der 
**interfläche  des  Kreuzbeines. 

3.  Die  Arteria  sacralis  lateralis. 

4-  Die  Arteria  sacralis  media.     Die  Arteriae  sacrales  verzweigen  sich  an 
J*  Vorderfläche  des  Kreuzbeines.    Die  Arteriae  sacrales  laterales  sind  die  weitaus  be- 
ratenderen, insbesondere  durch  ihre  in  den  Kreuzbeinkanal  tretenden  Rami  spinales. 
5.  Die  Arteria  iliolumbalis,  durch  ihren  Ramus  iliacus.    Eintritt  in  eines 
r**  das  andere  der  Ernährungslöcher,   welche  sich  theils  oberhalb,    theils   unterhalb 
^  Linea  terminalis  in  der  Gegend  ihres  hinteren  Drittels  befinden.    Richtung:  nach 
7^^}^'  aber  auch  nach  aufwärts.    Es  kommen  hier  mehrere  (2— 3)  grössere  Foramina 
^icia  vor,  die  eine  verschiedene  Richtung  haben. 

^      6-  Die  Arteria  obturatoria.    Sie  ist  die  Hauptarterie  des  Ischiopubicum. 

rossero  Eintrittslöcher   findet   man  für  sie  an  der  Innenfläche  des  Os  ischii,  etwa  in 

ohh  der  Spina  ischiadica^):  kleinere  an  der  Aussenfläche  rings  um  das  Foramen 

turatum  herum,    so   wie  in  der  Nähe  der  Symphysis  ossium  pubis,    welche  letztere 

^  ^  der  Arteria  obturatoria  im  Bunde  mit   der   7.  Arteria   epigastrica   inferior 

«»rsorgt  wird.    Ausserdem  gibt  die  Arteria   obturatoria   einen   beständigen  Ast   zum 

^^tgelenke  ab.    S.  darüber  S.  40  und  Fig.  23. 

j       .  ^*  ^^^  Arteria  pudenda   interna.    Diese   gibt   kleine  Zweige   zu  den  Rami 

r^^ores  ossis  ischii  und  pubis,  während  sie  an  diesen  Knochenstücken  entlang  läuft. 

,         9.  Die  Arteria  circumflexa  femoris  medialis  durch  ihren  Ramus  profun- 

^"d  Ramus  acetabuli  zum  Sitzbeine  und  zum  Hüftgelenke. 
^         10.  Die  Arteria  circumflexa  femoris  lateralis  durch  ihren  Ramus  ascen- 
®*^s  zu  den  Hüftgelenkbändern. 

Demnach  ist  die  Hauptarterie  des  knöchernen  Beckens  und  seiner 
*öder  die  Arteria  hypog as tri ca;  ein  geringer  Theil  fällt  auch  der 
*'teria  femoralis  zu.  Das  Os  ilium  wird  im  Wesentlichen  von  der 
^teria  glutaea  superior  und  von  der  Arteria  iliolumbalis 
gespeist,  das  Ischiopubicum  von  der  Arteria  obturatoria,  das 
''^Uzbein  und  das  Steissbein  von  den  Arteriae  sacrales. 

Die   Venen   folgen   den    gleichnamigen    Arterien.       Die    Hauptaus- 

''l^tslöcher   finden   sich    an    folgenden  Stellen:    1.    An   der  Crista  iliaca, 

besondere  an  der  Tuberositas  iliaca.     2.  Ringsum  am  8upercilium  acetabuli; 

^^  grösseres  Venenloch  findet  sich  hier   häufig   etwas   hinter  der  Spina  iliaca 

'^'^rior  inferior.    3.  Im  Pfannenboden  oberhalb  der  Cornua  acetabuli,  besonders 

^         ^)  Waldeyer,  W.,  Bemerkungen  zur  Anatomie   der  Arteria   obturatoria.    Ver- 
<ier  Anatom.  Gesellsch.  auf  der  neunten  Versammlung  in  Basel.     1895.  S.  100. 


88      Lymphgefässe  des  Beckens.     F^age  der  Blutgefässe  zu  den  Beckenknochen. 

oberhalb  des  hinteren  Hornes.  4.  An  der  Vordei*fläche  der  Ossa  pubis  im  oberen 
Drittel,  zwischen  der  Symphyse  und  dem  Tuberculum  pubicum.  5.  Am  Tuber 
ischiadium.  6.  Am  Kreuzbeine,  insbesondere  an  dessen  vorderer  Fläche  und 
am  Boden  der  die  Foramina  sacralia  anteriora  und  posteriora  verbindenden 
sagittalen  Kreuzbeinkanäle. 

Lymphgefässe. 

Dass  die  Knochen  überhaupt  in  ihrem  Saftltlckensysteme  (Knochenlücken 
und  Knochenkanälchen)  ein  reichgegliedertes  Lymph wurzelgebiet  besitzen,  dass 
dieses  Kanalsystem  mit  periVasculären  Lymphscheiden,  welche  die  Blutgefässe 
der  Havers'schen  Kanäle  umgeben,  in  Verbindung  steht  und  durch  diese  in  die 
Lymphgefässe  des  Periostes  übergeht,  ist  seit  den  Untersuchungen  von  G. 
Schwalbe^)  und  Albr.  Budge*)  bekannt;  ich  kann  nach  eigenen  Unter- 
suchungen deren  Angaben  bestätigen.  Zu  welchen  Lymphdrüsen  aber  und  auf 
welchen  Bahnen  die  Lymphgefässe  der  einzelnen  Knochen  verlaufen,  darüber 
haben  wir  nar  sehr  spärliche  und  noch  der  Bestätigung  bedürfende  Angaben  **). 
Sie  betreffen  Wirbelkörper  und  Tibia.  Die  Lymphgefässe  sollen  mit  den 
Blutgefässen  durch  die  Gefässlöcher  der  Knochen  austreten,  üeber  die 
Beckenknochen-Lymphgefäss  e  ist  Nichts  bekannt.  —  Sappey 
läugnet  überhaupt  das  Vorkommen  von  Knochenlymphgefässen*). 

Lage  der  wichtigeren  Blutgefässe  zu  den  Beckenknochen. 

Die  Arteria  und  Vena  femoralis  liegen  unmittelbar  medianwärts 
neben  der  Eminentia  iliopectinea,  zwischen  dieser  und  dem  Anfange  des  Pecten 
ossis  pubis.  Die  obere  Schambeinfläche  ist  hier  glatt  und  mit  einer  ganz  flachen 
Rinne  versehen.  Die  Arterie  liegt  lateral  wärts  von  der  Vene;  beide  Gefässe 
können  an  dieser  Stelle  mit  Erfolg  leicht  gegen  den  Knochen 
angedrückt  werden. —  Die  Arteria  hypogastrica  mit  ihren  Venen 
steigt  unmittelbar  vor  der  Articulatio  sacroiliaca  in  das  kleine  Becken  hinab. 
Die  Arteria  circumflexailium  profunda  folgt  mit  ihrem  Hauptaste 
dem  Labium  internum  cristae  iliacae;  die  Arteria  iliolumbalis  kreuzt 
die  Linea  terminalis  vor  der  Articulatio  sacroiliaca.  —  Am  oberen  Rande  der 
Incisura  ischiadica  major  treffen  wir  dicht  am  Knochen  die  Vasa  glutaea 
superiora.  —  Die  Arteria  obturatoria   tritt   im    Canalis  obturatorius 


1)  Schwalbe,  G.,  üeber  die  Lymphwege  der  Knochen.  Zeitschrift  für  Anatomie 
und  Entwicklungsgesch.  Bd.  II.  1876. 

2)  Budge.  A.,  Die  Lymphwurzeln  der  Knochen.  Archiv  f.  mikrosk.  Anat.  Bd. 
XIIL  S.  87.  1877. 

3)  Vgl.  unter  anderen:  Cruikshank,  Geschichte  und  Beschreibung  der  Saug- 
adern. Leipzig,  1789.  —  Bresche  t,  Le  systfeme  lymphatique.  Paris,  1836.  —  He  nie, 
Gefäsßlehre,  2.  Auflage.  1876.    S.  439. 

4)  Sappey,  Ph.  C,  Anatomie,  Physiologie,  Pathologie  des  vaisseaux  lymphati- 
ques.    Paris,  1874.  Delahaye.  Fol.  pag.  12. 


Nerven  des  Beckens.    Individuelle  Unterschiede  am  Bänderbecken.  89 

öahe  Nachbarschaft  zum  Ramus  superior  ossis  pubis,  und  ihre  Endäste  um- 
eisen  das  Foranien  obturatum,   indem   sie   sich    dicht   am  Knochen    halten. 
(S.  42,  Fig.  23.) 

Einen  langen  Lauf  am  Knochen  nehmen  die  Arteriae  pudenda  in- 

.    ^^^}  sacralis  media  und  s a c r a  1  i s  lateralis.     Die  Arteria  pudenda 

^nia   entfernt   sich   auf  ihrem  Wege  um  die  Spina  ischiadica  herum,    dann 

p  der  Innenfläche  des  Os  ischii  und  des  Ramus  inferior  ossis  pubis,   bald 

"f  bald  weniger  vom  Knochen ;  dicht  an  liegt  sie  der  Spina  ischiadica  und 

^  Ramus  inferior  ossis  pubis.     Auch  ihr  Endast,  die   Arteria  dorsalis 

^^liis  (clitoridis),  kommt  dem  Ligamentum  arcuatum  pubis  recht  nahe.  —  Die 

,     *f^iasac  raus  lateralis  läuft  vor  den  Foramina  sacralia  a  n  t  e  r  i  o  r  a 

y  indem  sie  sieh  dabei  an  der  medialen  Seite  der  Nervenstämme 

Plexus   sacralis   hält.     Die  Arte ria  sacralis  media   kann   von  ihrer 

nnalen  Lage  in  der  Mittellinie  des  Kreuz-  und  Steissbeines  mehr  oder  weniger 

Wichen ;  sie  liegt  auf  ihrem  ganzen  Wege  dem  Knochen  dicht  an. 

Angefügt  möge  werden,  dass  die  fünfte  L  u  m  b  a  1  a  r  t  e  r  i  e,  namentlich, 
ö  sie  von  der  Arteria  sacralis  media    entspringt,    dem  Beckengerüste  auch 
J  nahe  kommt   (zwischen   oberer   Fläche  des  Kreuzbeines  und   dem  Quer- 
^»^satze  des  fünften  Lendenwirbels). 

Nerven. 

Von  den  Nerven  der  Knochen  und  Bänder  des  Beckens  gilt  dasselbe, 

jur  die  Lymphgefässe.     Wir  wissen,  dass  das  Periost,    die   grösseren  Ge- 

anale  und  das  Mark  Nerven  führen  —  die  meisten  sind  wohl  Gefössnerven, 

,      ^ynipathischer  Art  — ;  aber  es  fehlt  uns,  für  das  Becken  wenigstens,  noch 

Sichere  Nachweis  der  Herkunft  und  des  Verlaufes  dieser  Nerven. 


Individuelle  Unterschiede  am  Bänderbecken. 

'^»>ge8ehen  vom  Schädel,  dürften  wohl  an  keinem  Knochentheile  (die  Bänder 

Be  t^^    ^^^^^^  so  viele  individuelle  Unterschiede  sich  zeigen  wie  am 

Kn    ^     ^^^^    erklärt   sich   zum  Theil   aus   dem  Aufbaue    aus   verschiedenen 

«en,  zum  Theil  auch  aus  den  hier  mehr  als  anderswo  am  Skelete  aus- 

P^%ten  Geschlechtsunterschieden. 

y^      Die   Unterschiede   liegen   in   der   Grösse   des   Gesamtbeckens,    in   der 

Kn    v  ^  ^^^^^^  Höhle,  in  seiner  verschiedenen  Neigung,  in  der  Stärke  der 

ciufl    ^^   ^°^   ^^^^^  Stellung  zu  einander,    wodurch  ja  die  Gesamtform  be- 

dem  n     ^^^^ '  endlich  in  kleinen  Formverschiedenheiten  und  Abweichungen  von 

Grad   ^^^^^^'^t^ii  ^ei  den  einzelnen  Knochen.    Dass  alle  Becken  einen  geringen 

Äechf  ^^^   -Asymmetrie   zeigen,   wurde   bereits   vorhin   (S.  55)    ei-wähnt.    Mit 

Wird   in    Schröder's  Lehrbuch,  S.  11  (1.  c.  S.  44)   angegeben,   dass 


90  Individuelle  Unterschiede  am  Bänderbecken.    Altersunterschiede. 

schöne,  d.  h.  der  Idealform  entsprechende  Beckenformen  beim  Weibe  sehr  selten 
seien;  dies  gilt  auch  fftr  den  Mann. 

Stein  der  jüngere^)  unterschied  nach  der  Gestaltung  des  Becken- 
einganges beim  Weibe  vier  Hauptformen  von  sonst  normalen  Becken: 

1.  Die  abgestumpfte  Kartenherz  form. 

2.  Die  elliptischeForm  mit  dem  queren  Durehmesser  als  „grosser  Axe". 

3.  Die  elliptische  Form  mit  der  Conjugata  vera  als  „grosser  Axe". 

4.  Die  runde  Form  ^). 

Es  wären  noch  manche  Zwischengestalten  zu  verzeichnen,  deren  Unter- 
scheidung jedoch  keinen  praktischen  Werth  hat  und  die  zum  Theil  schon  in 
das  pathologische  Gebiet  hinüberspielen.  S- w.  u.  das  Kapitel:  „Pathologische 
Verhältnisse". 

Wichtiger  ist  die  Unterscheidung  der  Becken  nach  dem  Hochstande 
und  Tiefstande  des  P  romon  torium,  was  neuerdings  von  A.  Froriep^) 
hervorgehoben  wurde.  Es  handelt  sich  hierbei  um  die  Stellung  des  Promon- 
torium zur  Ebene  der  Linea  terminalis,  zur  „Terminalebene",  wie  Fro- 
riep  sie  nennt.  Das  oberhalb  dieser  Ebene  befindliche  „hochstehende"  Pro- 
montorium schliesst  sich  an  die  typische  kindliche  Form  an.  Das  S.  25  bereits 
erwähnte  Becken  mit  doppeltem  Promontorium  wäre  eine  Zwischenform.  —  Ein 
Becken  mit   hochstehendem  Promontorium   ist  ceteris  paribus  das  geräumigere. 

Gleichfalls  wichtig  sind  die  Varianten,  welche  durch  eine  grössere  oder 
geringere  Krümmung  des  Kreuzbeines  bedingt  werden  —  Becken  mit  verschie- 
denem S  a  c  r  a  1  w  i  n  k  e  1,  Dürr*). 


Altersunterschiede  am  Bänderbecken. 

Verknöcherungsweise. 

Das  Wichtigste  bei  Besprechung  der  Altersunterschiede  zu  behandelnde 
ist  die  Verknöcherungsweise  des  Beckens.  Das,  was  später  am  Becken 
knöchern  ist,  ist  alles  entweder  hyalinknorplig  präformirt  gewesen  und  auf 
dem  Wege  der  metaplastischen  chondralen  Ossifikation  knöchern  geworden,  oder 
es  ist  durch  periostale  Verknöcherung  erworbener  Zuwachs. 


1)  Stein,  G.  W.,  Lehre  der  Geburtshülfe  als  neue  Grundlage  des  Faches  u.  s.  f« 
Eiberfeld,  1825-1827. 

2)  Weber,  Maurus  Ififn.,  Die  Lehre  von  den  Ur- und  Rassenformen  der  Schädel 
und  Becken  des  Menschen.  Düsseldorf,  1830,  unterschied  die  runde,  die  ovale  und 
rundovale,  die  viereckige  und  die  keil  förmige  Gestalt  des  Beckeneinganges. 

3)  Froriep,  A.,  Zwei  Typen  des  normalen  Beckens.  „Beiträge  zur  Geburtshilfe, 
Gynäkologie  und  Pädiatrik".    (Festschrift  für  Cred6.)     Leipzig,  1881.  Engelmann. 

4)  Dürr,  Ueber  die  Assimilation  des  letzten  Bauch  wirbeis  an  das  Kreuzbein. 
Zeitschrift  für  rationelle  Medizin.  III.  Reihe.  Bd.  VIII,  1860.    Seite  185,  insbes.  S.  194. 


Verknöcherungsweise  des  Bänderbeckens.  81 

^    Die  eingehenden  neueren  Untersuchungen  von  Mehnert*),  Leche*)  und 

^  1  ^ d e r s h e i m ^)  ergeben,  dass  sich  die  drei  Hauptstücke  des  Hüftbeines 

1  Säugethieren  als   ursprünglich   getrennte  Knoi^pel   anlegen,   und   zwar   der 

iTttmknorpel   später  als   der  Pubis-   und   der   Ischiumknorpel.     Zunächst  ver- 

öielzen  dann  Ilium-  und  Ischiumknorpel  miteinander.     Das  erste  Stadium,  in 

^*chem  nur  zwei  Knorpelstücke,    ein   Pubisknorpel   und   ein  Ischiumknorpel 

Swennt  vorhanden  sind,   hat   bereits  E,  Rosenberg  beim  Menschen   beob- 

ötet  (s.  C.  Gegenbaur:   Ueber  den  Ausschluss   des  Schambeins   von   der 

Jjaöne   des  Hüftgelenkes.    Morphol.  Jahrbuch  Bd.  II,  S.  238).    Am  spätesten 

^^n  sich  die  Theile  der  Pfannenregion  aus,  und  zwar  wesentlich  vom  Ilium- 

^'pol  her.     Die  Incisura  acetabuli  bleibt   dabei   als  Lücke   übrig,    entweder 

eschen  Ischium  und  Pubis,   oder   zwischen  Ischium  und  Ilium   (Mehnert). 

dft    tj"   ^^^  ^^^  zahlreichen  Ossifikationspunkte  und  den  Verknöcherung:smodus 

-üüftbeinknorpel   geben   die   Beobachtungen   von  SchwegeH),   Rambaud   und 

»p      ftultS)  und  KöUiker^)  Aufschluss;  auch  bei  Poirier,  Trait6  d'anatomie  humaine, 

*   1,  ®^^^  detaiUirte  Angaben.    Wir  haben  nicht  weniger  als  zwölf  Ossifikations- 

Ilii  Ricrher  gehören  in  erster  Linie  drei  primäre  Hauptkerne,  einer  im 

p  , .    '^^^^P^l  (3.— 4.  Monat),  der  zweite  im  Ischiumknorpel  (4—5.  Monat),  der  dritte  im 

sknorpel  (5.-7.  Monat).     Beim  Neufieborenen  sind  diese  drei  Hauptkerne  in  der 

ne  durch  einen  Y-förmigen  Knorpel  getrennt,   und  dieser  Knorpel  erhält  sich  in 

gj^^^.^^^J'istischer  Form  bis  zur  Pubertätszeit,  ja,  erst  im  17.— 18.  Jahre  findet  die  voU- 

ob      ^^^.^^^^*^^"^*^l'''-iii^g  ii^  der  Pfanne  statt.    Der  eine  Strahl  des  Y  zieht  nach  vorn 

?  seine  spätere  Marke  ist  die  Eminentia  iliopectinea,  der  andere  nach  vorn  unten, 

tu    ^^^^^^^  Grenze  der  Incisura  acetabuli  entsprechend,   und  läuft  ins  Foramen  ob- 

j.    .     ^  ^us.     Er  setzt  sich  unten  in  die  Verknöcherungsgrenze  zwischen  Ramus  in- 

ein   ^  ^^^^^  pubis  und  ossis  ischii  fort;  hier  ist  seine  Marke  auch  später  noch  in  Gestalt 

^.    ^  *^^<^chenrauhigkeit  (Synostosis  ischiopubica  in  Fig.  26,  S.  59)  zu  erkennen.    An 

tinH  f  ^^^®   entspringen   die   Corpora  cavernosa  penis   bezw.    clitoridis.    Der  dritte 

Sb*       .  ^®^^  Strahl  zieht  nach  hinten   und   trennt   in  der  Mitte  der  Strecke  zwischen 

y      ^^^^hiadica  und  höchstem  Punkte   der  Incisura   ischiadica   major   das  Os  ilium 

BüftK  •  ^^^^^^'    Auch  die  Stelle  dieses  Knorpelstrahles  ist  am  vollständig  verknöcherten 

^        ^}^^  noch   zu   erkennen,    und   zwar   als    eine   fingerbreite,  flache,   etwas  rauh 

Von   ^^'^^'^^^^  Verdickung  der  hinteren  Wand  der  Pfanne ;  von  der  Pfannenhöhle,  sowie 

ihok  ßeckenhöhle  aus  ist  dagegen   keine  Spur   dieser   früheren  Trennungsstelle 

"*^*^r  wahrzunehmen. 


eil*  ^  ^®^^^^rt,  E.,  Untersuchungen  über  die  Entwickelung  des  Beckengürtels  bei 
ÄH  ^^  Säugethieren.  Morphologisches  Jahrbuch,  herausgegeben  v.  C.  Gegenbaur. 
^^-  XV.  1889. 

re  •    ^^  Leche,  W.,  1.  c.  (S.  301,  Pfannenknochen)  und:   Zur  Anatomie   der  Becken- 
8?ion  der  Insectivora.    K.    Schwedische  Akad.    der   Wissenschaften   Bd.  XX.   Stock- 
'****^,  1883. 

ß  ..  ^^^iedersheim,  R.,  Das  Glieflmaassenskelet  der  Wirbelthiere  mit  besonderer 
<ihi«  ^  ^^*^^*%^^^g  des  Schulter-  und  Beckengürtels  bei  Fischen,   Amphibien  und  Sela- 

^'    Jena,  G.  Fischer.  1892. 
■Ext       •  ^chwegel,  Die  Entwickelungsgeschichte  der  Knochen  des  Stammes  und  der 
^^»aitäten.    Wiener  akademische  Sitzungsberichte,  Bd.  30.  1858.  S.  337. 

^)  Rambaud,  A.  et  Renault,  Gh.,  Origine  et  d^veloppement  des  os.  Paris,  1864. 
•jy       '  ^öUiker,  A.  v.,   Entwickelungsgeschichte   des  Menschen  und   der  höheren 
^®-    Leipzig,  1879.  Engelmann.    S.  499. 


92  VerknöcheruDgsweise  des  Beckens. 

Sonach  stossen  (beim  Menschen)  alle  drei  Hauptknochen  des  Beckens  in  der 
Pfanne  zusammen  und  nehmen  Antheil  an  ihrer  Bildung:  oben  und  vorn  das  Os  iliumi 
unten  und  vorn  das  Os  pubis  (mit  dem  kleinsten  Antheile),  unten  und  hinten  das  Os 
ischii  (mit  dem  grössten  Antheile). 

Zu  den  drei  primären  Hauptkernen  kommen  drei  sekundäre  Ossifikations- 
p unkte  (Epiphyses  acetabuli  Seh we gel)  im  Bereiche  des  dreistrahligen  Trennungs- 
knorpels. Der  erste  liegt  zwischen  Os  ilium  und  Os  pubis,  er  erscheint  gegen  das 
zwölfte  Lebensjahr  und  verschmilzt  mit  seinen  beiden  Nachbarknochen  im  achtzehnten 
Jahre;  er  stellt  das  bereits  (S.  17)  besprochene  Os  acetabuli  dar.  Die  beiden  an- 
deren kleineren  Kerne  entstehen  um  dieselbe  Zeit  wie  der  eben  genannte,  auch  wohl 
früher  oder  später,  und  verschmelzen  mit  den  Nachbarknochen  im  fünfzehnten  bis 
sechszehnten  Jahre. 

Endlich  treten  noch  6  Nebenkerne  in  Form  von  Epiphyscn  an  anderen  Stellen 
des  Hüftbeines  auf:  1)  an  der  Crista  iliaca,  an  deren  ganzer  Länge,  Epiphysis  mar- 
ginalis  (15.— 16.  Jahr,  Verschmelzung  21.— 25.  Jahr),  2)  an  der  Spina  iliaca  anterior  in- 
ferior (15.— 16.  Jahr,  Verschmelzung  16.— 17.  Jahr),  3)  am  Tuberculum  pubicum  (18.— 20. 
Jahr,  Verschmelzung  20.  Jahr),  4)  am  Angulus  pubis  (18.— 20.  Jahr,  Verschmelzung 
20.— 21.  Jahr),  5)  an  der  Spina  ischiadica  (15.— 16.  Jahr,  Verschmelzung  17.-18.  Jahr), 
6)  am  Tuber  ischiadicum  (15.— 16.  Jahr,  Verschmelzung  17.-22.  Jahr  beim  Weibe,  21. 
bis  24.  Jahr  beim  Manne). 

Die  Epiphysis  marginalis  erhält  sich  also  am  längsten;  am  frühesten  (7.— 8.  Jahr) 
verschmelzen  das  Schambein  mit  dem  Sitzbeine  in  der  Synostosis  ischiopubica,  die  vor- 
hin als  die  Ursprungssteile  der  Corpora  cavernosa  penis,  bezw.  clitoridis  gekennzeichnet 
wurde. 

Am  Kreuzb  eine  treten  für  jeden  der  drei  bis  vier  oberen  Wirbel  8  Ossifikations- 
punkte  auf,  davon  6  genau  entsprechend  denen  der  übrigen  Wirbel:  einer  für  den 
Körper,  je  einer  (rechts  und  links)  für  den  Bogen,  Querfortsatz,  Gelenktheil,  Dorn- 
fortsatz ;  dazu  kommen  2  Epiphysenstücke  für  den  Körper  und  ein  Zuwachsstück  für 
den  Processus  spinosus.  Wichtig  ist,  dass  für  die  drei  bis  vier  oberen  Wirbel  jeder- 
seits  ein  Costalstück,  einer  rudimentären  Rippe  entsprechend,  als  besonderer 
Ossifikationspunkt  hinzutritt.  Schliesslich  treten  jederseits  noch  zwei  Epiphyses 
marginales,  je  eine  obere  und  eine  untere  auf;  die  obere  gehört  zur  Facies  auri- 
cularis,  die  untere  zu  den  beiden  letzten  Kreuzwirbeln;  sie  erscheinen  erst  im  17.— 18. 
Lebensjahre,  während  die  Ossifikationscentren  für  Körper,  Bogen  und  Costalstücke 
schon  vom  4.-8.  Fötalmonate  an  sich  zeigen.  Die  Epiphysen  der  Körper  und  des 
Processus  spinosus  kommen  im  10.— 15.  Jahre  zum  Vorscheine.  Zwischen  den  Epi- 
physen der  Körper  bestehen  anfangs  Bandscheiben,  wie  bei  den  übrigen  Wirbeln. 

Die  Verschmelzung  der  Sacralwirbelanlagen  beginnt  mit  den  Querfortsätzen  und 
Costalstücken  (8.— 10.  Jahr).  Die  Verschmelzung  der  Körper  untereinander  (also  die 
Verknöcherung  der  Synchondrosen)  und  die  der  Marginalepiphysen  mit  den  übrigen 
Theilen,  vollzieht  sich  mit  dem  18.— 20.  Jahre,  und  zwar  von  unten  nach  oben,  so 
dass  die  beiden  oberen  Kreuzwirbel  am  spätesten  zur  Vereinigung  kommen  —  nach 
einigen  (ich  führe  K  ö  1 1  i  k  e  r's  Lehrbücher  der  Entwickelungsgeschichte  an)  erst 
nach  dem  25.  Jahre;  ich  finde  in  den  von  mir  bestimmten  Fällen  das  24.-25.  Jahr. 
Die  marginalen  Epiphysen  sollen  nach  Kölliker  auch  erst  mit  dem  25.  Jahre  zur 
Vereinigung  kommen. 

Die  Angaben  über  die  Verkuöcherungsweise  des  Steissbeines  weichen  z.  Th. 
sehr  von  einander  ab.  Im  ersten  Wirbel  soll  ei  n  Knochenkern,  der  Hauptkern,  noch 
vor  der  Geburt  entstehen,  im  zweiten  zwischen  dem  5.— 10.  Jahre,  im  dritten  etwas  früher, 
im  vierten  kurz  nach  Eintritt  der  Geschlechtsreife  (Kölliker).  Steinbach  (I.e.  S.  312) 
fand  mit  Cruveilhier  und  Rambaud  et  Renault,  dass  der  Knochenkern  im  ersten 
Steisswirbel  meist  im  ersten  Lebensjahre,  also  nach  der  Geburt,  auftritt;  bei  Mädchen 
häufiger  früher  als  bei  Knaben.    Bei  Poirier  (I.e.  S.  17,  T.  I,  p.  323)  heisst  es  sogari 


Formentwicklung  des  Beckens.  93 

8  aer  Knochenkem   des  ersten  Steisswirbels  erst  im  4.-5.  Lebensjahre  erscheine. 

erwähnt  noch  accessorische  Knochenkerne,  und  zwar  je  zwei  epiphysäre  für  die 

ftt  ^  ^^®*6Q  Steisswirbel,  und  einen  (oberen)  für  den  fünften,  dazu  zwei  weitere  Kerne 

<lie  Cornua  coccygea  des  ersten  Steisswirbels.  —  Die  Verschmelzung  erfolgt,   wie 

Dl  Kreuzbeine,  vom  distalen  Ende  an,  und  zwar  spät;  der  fünfte  ist  mit  dem  vierten 

roel  meist  mit  dem  Beginne  der  Pubertät  verschmolzen;  die  knöcherne  Vereinigung 

ersten  Steisswirbels  mit  dem  letzten  Kreuz wirbel  geschieht  erst  nach  dem  40.— 50. 

^^^^'    S.  auch  das  S.  27  Gesagte. 

Die  Kenntniss  dieser  Knochenpunkte,  der  Zeit  ihres  Auftretens  und  ihrer 

p  f^^  ^^'^^^&  ^^^  werthvoU   zur  Beurtheilung   des  Alters   eines  Beckens,   zur 

Klärung  gewisser  pathologischer  Vorkommnisse  (KnorpelgeschwOlste,  Epiphysen- 

osung  in  Folge  von  Verletzungen,  Osteomyelitiden  u.  a.),  sowie  für  geburts- 

fliche  und  sonstige  operative  Eingriffe.     Wir  kommen  hierauf  zurück. 


Formentwicklung  des  Beckens. 

Die  fötalen  Becken,  sowie  die  Becken  von  Neugeborenen  und  Kindern 
zum  Eintritte  der  Geschlechtsreife  zeigen  eine  Reihe  von  Formverschie- 
^  ö  e  i  t  e  n  gegenüber  den  Becken  Erwachsener,  welche  am  gründlichsten  von 
niingi)  und  neuerdings  auch  von  Jürgens^)  erörtert  worden  sind.  Auch  die 
«er  unten,  Kapitel:  „Geschlechtsunterschiede",  citirten  Arbeiten  von  Schliep- 
^^  Und  Turquet   sind    hier   heranzuziehen,    ferner  sind   die  Arbeiten  von 

^ennigs)^  J.Veit*),  Kehrer^),  Litzmann^)  und  Lauro')  anzuführen.    Nach 

*uen  eigenen  Untersuchungen,  über   welche   an   einem  anderen  Orte  genauer 

Hebtet   werden   soll,    kann   ich    die  Angaben  Fehling's,  Jürgens'  und 

rquet's  im  wesentlichen  bestätigen  und  führe  bezüglich  des  fötalen  Beckens 

^^leendes  an: 

Im  dritten  Fötalmonate  tiberwiegt  bereits  der  Querdurchmesser  des  Becken- 

li  if^"^^^  ^^^^^^j^g^^^i  ^i^^  ausgesprochene  Curvatura  lumbosacralis  mit  deut- 

vorspringendem  Promontorium  fehlt  noch.    Dies  Fehlen  eines  Promontorium 

*■  <iie  nur  geringe  Andeutung  desselben   ist  das  Hauptcharakteristicum    der 

ß    .    ^  •f'ehling,  H.,  Die  Form  des  Beckens  beim  Fötus  und  Neugeborenen  und  ihre 

Ziehung  zu  der  beim  Erwachsenen.    Arch.  f.  Gynäkologie,  Bd.  X.  S.  1.  1876. 
jj^.      ^  Jürgens,  R.,  Beiträge  zur  normalen  und  pathologischen  Anatomie  des  mensch- 
H^J^  Reckens.   In:  „Festschrift  zur  Feier  des  70.  Geburtstages  Rudolf  Virchow's**. 
^'^'l^n,  1891.  Georg  Reimer. 

Ij^       ^  Mennig,  C,   Das   kindliche  Becken.    Archiv  f.  Anatomie  und  Physiologie, 

*^8g.  von  His,  Braune  und  du  Bois-Reym  ond,  Anat.  Abtheilung.  1880.  S.  31. 

^öd  a  '  *^''  ^^^  Entstehung  der  Form  des  Beckens.    Zeitschrift  für  Geburtshilfe 

Gynäkologie,  Bd.  IX.  S.  347.  1883. 
^j^,    ^  Kehr  er,  F.  A.,  Beiträge  zur  vergleichenden  und  experimentellen  Geburts- 

^®-    Oiessen,  1869-1875.    (Heft  3  u.  5.) 
^chen  p     ^*'^'^*'^'^j  C.  C.  F.,  Die  Formen  des  Beckens,  insbesondere  des  engen  weib- 

^eckens,  nebst  einem  Anhange  über  Osteomalacie.    Berlin,  1861.  4. 
ft^ntiU      ^^^0*   Sulla  forme  e  sulle  dimensioni  del  distretto  superiore  nei  bacini  in- 
^'    Annali  di  Obstetricia.    Milano,  1887. 


94  Formentwicklung  des  Beckens. 

fötalen  Becken  und  der  Kinderbecken  bis  zum  zweiten  Lebensjahre.  Je  jünger 
das  Becken,  desto  geringer  ist  im  allgemeinen  das  Promontorium  entwickelt. 
Ein  weiterer  Hauptunterschied  des  Beckens  der  Neugeborenen  von  dem  der  Er- 
wachsenen liegt  darin,  dass  bei  dem  ersteren  der  gerade  Durchmesser  der 
Beckenweite  geringer  ist,  als  der  des  Einganges,  bei  Erwachsenen  ist  das  Um- 
gekehrte der  Fall.  Die  Becken  von  Fötus,  Neugeborenen  und  auch  noch  von 
jungen  Kindern  haben  also  eine  Trichterform.  Ferner  sind  die  queren  Durch- 
messer gegen  die  geraden  verkleinert.  Nach  den  von  J.  Veit  mitgetheilten 
Maassen  ist  das  Verliältniss  der  Conjugata  vera  adulti :  Diameter  transversa 
adulti  =  100  :  129,  das  der  Conjugata  vera  neonat! :  Diameter  transversa  neonati 
=  100  :  107,  das  Verhältniss  von  D.  r.  exitus  adulti  :  D.  tr.  exit.  adulti  = 
100  :  115,  dasselbe  Verhältniss  beim  Neugeborenen  aber  =  100  :  74  (!). 

Im  vierten  Monate  beginnen  die  Spinae  posteriores  superiores  die  Lendenwir- 
belsäule nach  hinten  zu  überragen  (Fehling);  im  fünften  Monate  tritt  im  dritten 
Kreuzwirbel  die  erste  Spur  der  Abknickung  auf,  so  dass  man  nunmehr  mit  H.v.  Meyer 
eine  Pars  peivina  (die  3  oberen  Sacralwirbel)  von  einer  Pars  perinealis  am 
Kreuzbeine  unterscheiden  kann.  Die  Geschlechtsunterschiede  machen  sich  bemerklich 
(grössere  Querspannung  und  grösserer  Angulus  pubis  bei  weiblichen  Fötus).  Im 
sechsten  Monate  werden  sie  deutlicher  und  treten  auch  in  der  geringeren  Höhe  der 
Symphyse  und  grösseren  Breite  derselben  bei  den  $  Becken  hervor.  Der  Becken- 
eingang ist  beim  $  Fötus  und  Neugeborenen  mehr  queroval,  beim  ^  mehr  drei- 
eckig mit  der  schmaleren  Partie  nach  vorn.  Hingegen  stehen  die  Darmbeinschaufeln 
bei  den  Becken  mehr  senkrecht,  und  andererseits  behält  das  Kreuzbein  bei  den 
^  Becken  noch  bis  zur  Geburt  eine  grössere  Breite.  Bei  Fötus  und  Neugeborenen 
stehen  die  Iliosacralgelenke  weit  hinter  der  Verbindungslinie  der  Pfannendächer; 
sie  rücken  später  nach  vorn.  Die  Hüftgelenkspfannen  sind  anfangs  längsoval, 
später  runden  sie  sich  ab.    W.  Freund,  Gynäkologische  Klinik  1.  c.  S.  81. 

Das  Kreuzbein  der  Neugeborenen  zeigt  sich  noch  fast  vollständig  flach, 
denn  auch  die  Knickung  im  dritten  Wirbel  ist  nur  gering  und  eine  Querkrüm- 
mung ist  kaum  angedeutet;  die  beiden  oberen  Kreuzwirbel  sehen  noch  nach 
vorn,  während  sie  beim  Erwachsenen  nach  abwärts  schauen. 

Nach  Jürgens  sind  zwei  Bildungsperioden  des  Beckens 
bis  zu  dessen  völliger  Ausgestaltung  zu  unterscheiden:  Die  erste  reicht  bis  zum 
vierten  oder  fünften  Lebensjahre,  kann  aber  auch  schon  früher  abgeschlossen 
sein.  Sie  ist  charakterisirt  durch  die  vorhin  bereits  betonte  geringe  Lenden- 
kreuzbeinkrümmung  und  die  damit  im  Zusammenhange  stehende  g e- 
ringe  Entwickelung  eines  wahren  Promontorium.  Statt  des 
einen  gut  vorspringenden  wahren  Promontorium  (oberer  Rand  des  ersten  Sa- 
cra! wirbeis)  sind  vielmehr  zwei  schwache  Vorsprünge  (doppeltes  Promontorium) 
Vorhanden,  indem  die  Linea  terminalis  auf  die  Synchondrose  zwischen  dem 
ersten  und  zweiten  Kreuzwirbel  trifft  und  dadurch  ein  zweites  (unteres)  Promon- 
torium erzeugt  wird.  Je  weiter  diese  beiden  Promontoria  von  einander  entfernt 
sind,  desto  mehr  trägt  das  Becken  den  fötalen  Charakter  (Jürgens).  An  den 
Becken  dieser  ersten  Bildungsperiode  sind  demnach  auch  zwei  Conjugatae 
verae  zu  unterscheiden,  eine  vera  superior  und  eine  vera  inferior  (Kehr er). 
Bis  zum  zweiten  Lebensjahre  haben  die  beiden  Promontoria  denselben  Abstand; 


Formentwicklang  des  Beckens.  95 

J*e  beim  Neugeborenen;  von  dieser  Zeit  an  nimmt  er  allmählicb   ab,   bis  mit 
^lö  vierten  bis  fünften  Lebensjahre  das  obere  Promontorium  mit  dem  hinteren 
^öö  der  Linea  terminalis  zusammenfilllt.    Dann  beginnt  die  zweite  Bildungs- 
P^^'iode  des  Beckens. 

Von  den  Veränderungen  des  Beckens   während   dieser  zweiten  Bildungs- 

P^'iode  wissen  wir  noch  sehr  wenig;  der  Grund  davon  muss  wohl  in  der  ver- 

wnissmässig  geringen  Anzahl   von  Leichen   gefunden  werden,    die   aus  dem 

^ftben-  und  Mädchenalter  und  auch   aus   dem   ersten  Pubertätsalter  für  eine 

l^öauere  Untersuchung  zu  Gebote  stehen.     Turquet  (1.  c.  S.  105)  und  Koni- 

^^  (1.  c.  S.  105)    liefern    einiges    Material.    Konikow,    der    120  Lebende 

^tersuchte,  konnte  nur  die  vier  äusseren  Maasse  (Sp.  iL,  Cr.  iL,  Tr.  und  C.  -e. 

•  «»  55)  bestimmen.    Er  fand  für  die  Periode  vom  sechsten  bis  elften  Jahre  eine 

ativ  grosse  Zunahme  der  Conjugata  externa  und  eine  mehr  oder  weniger  gleich- 

,^ige  Vergrösserung  aller  dieser  Maasse;  bei  den  beiden  Geschlechtern  zeigten 

Wenig  Verschiedenheiten.     Turquet  wie  Konikow   fanden   die  Quer- 

*Ä88e   schwankend,   —   Vom   elften   bis  fünfzehnten   Jahre    übersteigen   die 

^^^en  weiblichen  Maasse   die   männlichen   in   erheblicher  Weise,    besonders 

^T  im  vierzehnten  bis  sechszehnten  Jahre;  für  die  männlichen  Maasse  wurde 

^  sciemlich  gleichmässige  Zunahme  festgestellt. 

Von   der  Verknöcherungsweise   des  Beckens  war   schon   vorhin, 

V  n.,  die  Rede;  setzt  man,  wie  billig,  den  Abschluss  der  gesamten  Becken- 

Wickelung  in   den  Termin  der  vollendeten  Verknöcherung,   so  fällt  derselbe 

j^     ^  ^^'  ^^^  '^^'  Lebensjahr,  trifft  also  mit  dem  Abschlüsse  der  progressiven 

""perentwicklung    überhaupt    zusammen.      Die    Formentwicklung   des 

j  ^^^^s  ist  indessen   erheblich  früher   beendet;    sie  dürfte  mit  dem  18.— 20. 

®»  zur  Zeit,    wann   die   Verknöcherung   des  Kreuzbeines   im  grossen  und 

2eii  abgeschlossen   ist,   fertig   sein.      Die  Verknöcherung   des   öteissbeines 

^ö^t  hierfür  kaum  in  Betracht. 

f,      ^^^Qv  die  Entwicklung  derBänder  und  Gelenke  des  Beckens 

Hi  h^  ^^^^  genauere  Untersuchungen ;  sie  kommen  aber  für  die  Formgestaltung 

^i^der  in  Betracht,  wie  die  Knochen,   an  welche   man  sich  bislang  fast 

«öscbliesslich  gehalten  hat.     Der  Gelenkspalt  im  Iliosacralgelenke  zeigt 

bereits    im    sechsten    Monate   des   Fötallebens  (Fehling).    Der   Sym- 

^yseüspaH  erst  mit  dem  6. — 7.  Jahre.  —  Zwei   der  grössten  Bänder   des 

zufflK^^^  ®^Qd  phylogenetisch  und  ontogenetisch  auf  Muskelreduktionen  zurttck- 

Mn  /^.^*    ^^^  Ligamentum   sacrotuberosum    auf    eine  Sehnenpartie   der 

'm  biceps  femoris  (caput  longura)  und  semitendinosus,  und  das  Ligamen- 

w      ®*^^'08pinosum  auf  eine  fibröse  Reduktion   der   hinteren  Schichten   des 

^ulus  coccygeus^). 

by  »p    ^  ^^*-  hierzu:  Button,  B.,  The  natura  of  Ligaments.  The  Journal  of  anatomy 
^in^*^^^^'  Humphry  &  JVfc.  Kendrick.    Voü.  XVIII,  XIX,  XX,  XXI,  XXIl,  und: 
hittr  l  anatomy  lOth  edit.  by  E.  A.  Schaefer  &  G.  D.  Thane.  Vol.  IL  P.  II.  Arthro- 
*y»  V  a.  D.  Thaue. 


96  Spätere  Altersverändeningen  am  Becken. 

Spätere  Altersverändeningen. 

Hat  das  Bänderbecken  mit  dem  25.  Lebensjahre  (im  Mittel)  seine  volle 
Ausbildung  erreicht,  so  pflegen  an  ihm  bis  zum  hohen  Alter  nur  wenige  Ver- 
änderungen einzutreten,  wenn  wir  hier  von  denen,  die  vorgerückte  Jahre  für 
die  Knochen,  Knorpel  und  Bänder  im  allgemeinen  mit  sich  bringen,  absehen 
(grössere  Brüchigkeit  durch  Verminderung  der  Compacta  und  Ausdehnung  der 
Spongiosa,  und  durch  Rarefaction  der  letzteren,  senile  Veränderungen  an  den 
Gelenken  und  Knorpeln  der  Articulatio  sacroiliaca  und  der  Symphysis  ossium 
pubis).  —  Verknöcherungen  der  Bänder  werden  selten  beobachtet,  häufiger  da- 
gegen Knochenauflagerungen  an  der  Articulatio  sacroiliaca,  welche  die  an  sieh 
schon  geringe  Beweglichkeit  dieses  Gelenkes  völlig  aufheben.  (S.  Fig.  30,  s, 
S.  73.)  Man  kann  diese  Dinge  nicht  ohne  weiteres  als  pathologisch  bezeichnen; 
die  Grenze  ist  hier  wie  ttberall  schwer  zu  ziehen. 

Die  Verschmelzungen  der  oberen  Steisswirbel  unter  sich  und  die  knöcherne 
Verschmelzung  des  Steissbeines  mit  dem  Sacrum  gehören  auch  unter  die  späteren 
Altersveränderungen,  denn  sie  fallen,  wie  vorhin  berichtet,  zum  Theil  in  das 
4.  bis  5.  Decennium,  ja  mitunter  ins  Greisenalter  hinein. 

Schwund  des  Knochens  an  den  dünnen  Stellen  (Iliumschaufel  und  Pfanneu- 
boden)  ist  im  höheren  Alter,  indessen  auch  bei  jüngeren  Personen,  zuweilen 
beobachtet  worden. 

Beachtenswerth  sind  die  vonCharpy^)  studirten  Veränderungen  des  An- 
gulus  lumbosacralis  und  der  Symphysenneigung  im  höheren  Lebensalter. 
Alle  Krümmungen  der  Wirbelsäule  treten  bei  Greisen  bekanntlich  stärker  hervor. 
Der  Lumbosacralwinkel  (Winkel  des  Promontorium)  misst  —  Mittel  von  fünf 
Fällen  —  98**  (Maximum  =  110**,  Minimum  =  90**),  während  er  bei  Erwachsenen 
mittleren  Lebensalters  108**  beträgt.  Die  Symphysenneigung  —  Inclinaison 
pubienne  Charpy  — ,  d.  i.  der  Winkel,  den  die  Längsaxe  der  Symphyse  bei 
aufrechter  Stellung  mit  der  Vertikalen  bildet,  deren  Messung  Charpy  einen 
höheren  Werth  beilegt,  als  der  Messung  der  Neigung  des  Beckeneinganges  — - 
vermindert  sich  bei  Greisen  gleicherweise  von  58,5**  auf  45**.  Die  unteren  Lenden- 
wirbel springen  stark  gegen  die  Beckenhöhle  vor,  so  dass  sie  bei  horizontaler 
Rückenlage  fast  in  das  Niveau  der  Symphyse  kommen  und  daher  bei  nicht  zu 
fettbauehigen  Individuen  leicht  durchzufühlen  sind.  Dabei  findet  jedoch  keine 
Compensation  (bei  aufrechter  Haltung)  durch  eine  Drehung  des  Sacrum  statt; 
das  Becken  wird  vielmehr  mit  der  Wirbelsäule  nach  vorn  geschoben,  und  das 
Gleichgewicht  wird  durch  die  gebeugte  Haltung  der  Kniegelenke  hergestellt. 
So  kommt  die  charakteristische  Fonn  der  Greisenbeckengegend  zu  Stande,  die 
bei  starker  Lendeneinsattelung  doch  ein  flaches  Gesäss  und  vortretende  äussere 
Genitalien  sehen  lässt.  Ausnahmen  kommen  vor,  wenn  eine  starke  Einsattelung 
höher  oben  im  Bereiche  der  letzten  Brust-  und  ersten  Lendenwirbel  besteht. 


1)  Charpy,  A.,  feudes  d'anatomie  appliqu6e.    Paris,  1892.  Baüliöre  et  fils.  p. ! 
„De  la  courbure  iombaire  et  de  rinclinaison  du  bassin." 


Theorien  der  Üniwan<ilung  cler  kindüchen  Beckenf<#m  In  die  ausgebildete.     d7 

Umwandlung  der  kindlichen  Beckenform  in  die  ausgebildete: 

Theorien. 

Das  Problem  der  Formgestaltung  des  Beckens  hat  schon  seit  einem  Jahr- 
^^nderte,  seit  Denman^)  und  de  Fremery^),  zur  Lösung  herausgefordert. 
^€  es  doch  gerade  hier  nahe,  einfache  mechanische  Principien  heranzuziehen ; 
*^eh  die  praktische  Wichtigkeit  der  Sache  Hess  manchen  hier  sein  Heil  ver- 
^'ichen. 

Soviel  dürfen  wir  wohl  als  sicher  ansehen,  dass  mit  mechanisch  wirken- 
^^Ä  Kräften  der  Art  wie  Einfluss  der  Rumpflast,  Gegendruck  von 
*^iten  der  Oberschenkel  und  Symphysenspannung  (H.  v.  Meyer, 
Jl*  1 1 2  m  a  n  n ,  Schröder  u.  A.)  die  Umwandlung  der  fötalen  Beckenform  in 
J|*e  ausgebildete  allein  nicht  erklärt  werden  kann.  Ebenso  wenig  ist  dies  mög- 
^^0  durch  die  vorwiegende  Betonung  der  Wirkung  des  Muskelzuges  (Kehr er'» 
*heorie).  Auch  haben  die  Vertreter  dieser  Ansichten,  insbesondere  nenne  ich 
^^hröder,  dies  nicht  verkannt  und  nebenbei  einen  Vererbungsfactor, 
^^^  den  Beckenknochen  „durch  Erbschaft  innewohnende  Wachsthumsrichtung^', 
^gelassen;  sie  haben  jedoch  jene  mechanischen  Principien  in  den  Vordergrund 
«stellt. 

Nach  Schröder  (Lehrbuch,  12.  Aufl.  S.  13)  ist  das  wichtigste  mechanische  Mo- 

■^ut  für  die  von  der  Geburt  bis  zur  Pubertät  erfolgenden  Becken  Veränderungen  der 

*    ^Uck  der  Rumpflast".    Indem   Schröder   mit   H.  v.  Meyer   betont,   dass   die 

k  ^  ^^^  (untere)  Fläche  des  Kreuzbeines  überall  schmäler  sei,  als  die  hintere  (obere), 

^t!  er  das  Kreuzbein  durch  den  Druck  der  Rumpflast,  der  mit  den  ersten  Versuchen 

^  ®  Kindes  sich  aufzurichten,   zu  stehen  und  zu  gehen,   wirksam  wird,    tiefer  in  das 

^ken  hineingedrängt  werden.    Diesem  wirken  die  Ligamenta  sacroiliaca  posteriora, 

^  iusbesoridere  die  starken  Ligamenta  interossea  entgegen,   indem  das  Os  sacrum 

Ihnen  im  Beckenringe  aufgehängt  ist.    In  diesen  Ligamenten  liegt  also  der  Unter- 

tzungspunkt  des  Kreuzbeines  und  es  fällt  die  Schwerlinie  des  Rumpfes  vor  diesen 

t^rstützungspunkt.     Folglich   müsse   sich   nun   das   Kreuzbein   bei  seiner   Hinab- 

Ängung  durch  die  Rumpf  last   auch   um   eine  Queraxe   drehen,   so  dass  das  Pro- 

Jitorium  tiefer  in  das  Becken  hinabsinkt.    Dieser  Drehung  wirken  wieder  die  Liga- 

j^  utasacrotuberosa  und  sacrospinosa  entgegen;  daraus  resultire  dann  die  stärkere 

,    ]?&8krümmung   des   Kreuzbeines   beim   Erwachsenen.     Die   geringere  Quer- 

.  *^uiung,   so  wie   die   grössere  Höhe  der  Wirbelkörper   vorn   erkläre   sich 

g^  l^iherweise  durch  den  Druck  der  Rumpflast,  denn  diese  müsse  die  Körper  aus  den 

^      '^^heilen,  mit  denen  sie  zu  der  Zeit  nur  knorpelig  verbunden  sind,  etwas  heraus- 


und  gleichzeitig  hinten  mehr  comprimiren  als  vorne.  ™  Endlich  erkläre  sich 

uenselben  Faktoren   noch  die  Biegung  der  Hüftbeine  über  der  Gelenkfläche 

-      dem  Kreuzbeine.    Hinten,   an  der  Tuberositas  iliaca,   zieht   das  in  den  Bändern 

fefttf  ^^*^^  Kreuzbein,  vorn,  in  der  Symphyse,  sind  beide  Hüftbeine  gegeneinander  be- 

^     ^f   dazu  kommt  vorn  noch    der   beim  Stehen  und  Gehen  wirksame  Gegendruck 


-»     wj    MWAu,  Kommi  vorn   nocn    uer    oeim  öienen  una  u-enen  wirKsauie  v^regeiiurucK 
^    Oberschenkelbein  köpfe:    diese   beiden   an   entgegengesetzten   Enden  wirkenden 
'     ^^  müssen  das  Hüftbein  biegen,  und  zwa"  *""  floi«oi»  anhixrdohatan  SfAii*»   wa1/»>ia  in 
he  der  Facies  auricularis  liegen  soll. 


^•«^  müssen  das  Hüftbein  biegen,  und  zwar  an  seiner  schwächsten  Stelle,  welche  in 


1)  Denman,  Th.  D.,  Introduction  to  the  practice  in  midwifery.  London,  1787—1795, 

2)  de  Fremery,  Nie.  Cornelis,   De  mutationibus  figurae  pelvis,  praesertim  iis, 
,        ®x  ossium  emollitione  oriuntur.    Diss.  inaug.  Lugd.  Batav.,  1793. 

^*ldeyer,  Das  Becken.  '^ 


d8       1?heorien  der  Ümwanüung  dar  kindlictien  Beckenform  in  die  ausgebildete. 

Alles  dieses  wird  auf  die  Wirkung  der  Rumpflast  und  auf  die  Gegen- 
wirkung der  Oberschenkelknochen  und  der  Bänder,  also  auf  mechanische 
Faktoren  zurückgeführt. 

Dem  Vererbungsfaktor  schreibt  Schröder  das  Breiten  wachsthum  des  Kreuz- 
beines und  das  Wachsthum  der  Schambeine  zu,  wodurch  die  Räumlichkeit  —  insbe- 
sondere des  weiblichen  Beckens  —  eine  bedeutendere  werde. 

Konikow  (l.  c.  S.  105)  sieht  den  Druck  der  Rumpf  last,  insbesondere  für  die 
Zeit  vom  2.— 11.*  Jahre,  als  wirksamen  Faktor  an,  lässt  aber  auch  die  ererbte  Anlage 
und  die  Beckeneingeweide  —  diese,  wie  wir  weiter  unten  sehen  werden,  zur  Erklärung 
der  geschlechtlichen  Verschiedenheiten  ~  als  gestaltgebende  Momente  gelten. 

Wie  ich  schon  vorhin  (S.  56)  angeführt  habe,  kann  nach  den  neueren  Unter- 
suchungen von  Lesshaft,  Farabeuf  u.  A.,  denen  ich  mich  anschliesse,  die  Wirkung 
des  Kreuzbeines  auf  das  Becken  durch  Hängezug  an  den  Ligamenta  sacroiliaca 
interossea  (H.  v.  Meyer)  nicht  als  die  alleinige  angesehen  werden.  Ferner  kann  ich 
mich  nicht  damit  einverstanden  erklären,  dass  die  schwächste  Stelle  der  Hüftbeine 
in  der  Nähe  der  Facies  auricularis  sich  befinde,  da,  wo  wir  die  Biegung  der  Hüft- 
beine beim  Erwachsenen  sehen.  Die  Beweiskraft  der  Koniko  waschen  Messungen, 
die  nur  äussere  Maasse  betreffen,  wird  auch  nicht  als  eine  zwingende  anerkannt  werden 
können. 

Müssen  wir  nun  die  rein  mechanischen  Faktoren:  den  Druck  der  Rumpf- 
last, oder  den  von  Kehr  er  betonten  Muskelzug,  oder  auch  beides  zusammen, 
als  die  Hauptmomente  bei  der  Umgestaltung  des  Beckens  zu  seiner  definitiven 
Form  ansehen?  Ich  kann  mich  dazu  nicht  entschliessen  und  stelle  mich 
auf  die  Seite  von  Fehling  und  W.  A.  Freund.  Das  uns  noch  unbe- 
kannte Entwicklungsgesetz,  welches  den  ganzen  mensch- 
lichen Körper  formt,  gestaltet  auch  dessen  Becken;  Muskel- 
zug und  Rumpflast  spielen  zwar  ihre  Rolle,  aber  nur  als 
Nebenfaktoren.  Das  geht  hervor  aus  der  Thatsache,  dass  wir  bereits 
bei  fötalen  Becken  die  Anlagen  der  verschiedenen  Formen  des  erwachse- 
nen Beckens  finden  (Schliephake,  Fehling,  1.  1,  c.  c.  S.  105),  aus  der  That- 
sache der  Rassenverschiedenheiten,  aus  der  Thatsache  der  Geschlechts- 
differenzen schon  beim  fötalen  Becken. 

Mit  dieser  Meinung  rücken  wir  allerdings  die  Aussicht  auf  eine  Lösung 
des  Problemes  weit  zurück;  indessen  müssen  wir  uns  vor  allem  der  Tragweite 
unserer  Erklärungsversuche  bewusst  werden,  wenn  wir  auf  den  richtigen  Weg 
gelangen  wollen.  Dabei  ist  jeder  Beitrag,  der  irgend  einen  Punkt  aufhellt,  von 
Werth.  Ich  will  damit  gesagt  haben,  dass  ich  das  Verdienst  der  bislang 
aufgestellten  mechanischen  Theorien  nicht  geringschätze.  Insbesondere  scheinen 
mechanische  Einflüsse  bei  der  Entwicklung  pathologischer  Becken- 
formen  eine  grosse  Rolle  zu  spielen,  wie  dies  an  bestimmten  Beispielen  ins- 
besondere H.  v.  Meyer  nachgewiesen  hat^). 


1)  H.  V.  Meyer,  Missbildungen  des  Beckens  unter  dem  Einflüsse  abnormer  Be- 
lastungsrichtung.    Jena,  Fischer,  1886.    Ferner  H.  v.  Meyer  l.  c.  (S.  29). 


kassenunterschiede.  9d 


Rassenunterschiede- 

Die  Rassenunterschiede  *)   sind   bis  jetzt  genauer  nur  am  Weiberbecken 

mrt  worden.    Wir  können  uns  mit  wenigen  Angaben  und  mit  dem  Hinweise 

die  wichtigste  Literatur  begnügen.     Von  letzterer  habe   ich   nur   die   um- 

*^nderen,  das  Allgemeine  berücksichtigenden  Werke  und  Abhandlungen   an- 

ff  ^"^'   Die  zahlreichen  Mittheilungen  über  die  Becken  einzelner  Völker  konnten 

f  nicht  in  Betracht  kommen.   Doch  sei  es  gestattet,  in  dieser  Beziehung  auf 

le  Werke  von  Gustav  Fritsch,  1.  c.  (S.  12),  Mondiere  (Anamiten,  Mem.de 

JSoci6t6d' Anthropologie.  T.  II,  1882),  Holst  (Beiträge  zur  Gynäkologie  etc., 

i^^bingen,  1867),    v.  Seh  renk  (Studien   über   Schwangerschaft,   Geburt  und 

<>chenbett  bei  der  Esthin  etc.  Dorpat,  1880)  und  der  Brüder  Sarasin  („Die 

Jlda  s  auf  Ceylon'^,  III.  Band   ihres  Werkes :    Ergebnisse  naturwissenschaft- 

ITh    ^^^^^^^^S^^  ^^f  Ceylon.  Wiesbaden,  1887—1893.   Kreidel.   gr.  Q.)  hier 

besonders  aufmerksam  zu  machen. 

^       M.  J.  Weber  (Die  Lehre   von  den  ür-  und  Rassenformen   der  Schädel 

Becken  des  Menschen)   unterschied  seine    vorhin   (Anm.  zu  Seite  90)  an- 

^    orten  vier  Hauptformen  auch  als  Rassenformen  des  Beckens.     Seither  hat 

sich  vielfach  bemüht,  Verhältnisszahlen,  sogenannte  Indices,  aufzustellen, 

^lie  die  Form   des  betreffenden  Beckens  in  Kürze  zum  Ausdrucke  bringen 

hum  •  ^^l^l^i  S.,  Consid6rations  sur  la  diversit6  des  bassins  de  dilf^rentes  races 
■^  w'^^^  ^  ^^'  Amsterdam,  1826.  (Erste  zusammenfassende  Darstellung;  Hauptwerk.) 
Vqj  v^  *^''  '^^^^^el:  „Pelvis"  in  Todd's  Cyciopaedia  of  anatomy  and  physiology, 
^ftSfi  ^^^'^don,  1859.  r-  Martin,  C,  Beckenmessung  an  verschiedenen  Menschen- 
^^X%^  ^^»atsschr.  f.  Geburtshülfe  etc.  1866.  —  Verneau,  R.,  Le  bassin  dans  les 
»teUu  ^^  ^^"^  ^^^  ^^^^^'  ^^  P^'  ^^^^'  ^^^^'  ^'  ßai^li^re  et  fils.  (Eingehende  Dar- 
^*»ez  Pk  ^^^  I^itteratur  bis  1875.)  —  Topinard,  P.,  Des  proportions  g^n^rales  du  bassin 
l^-^e  <>nime  et  dans  la  sArie  des  mamraifferes.  Bullet,  de  la  Soci6t^  d' Anthropologie 
Thfes  tf^^  ^*  ^^^'  —  Baccarisse,  Du  sacrum  suivant  le  sexe  et  suivant  les  races. 
8iQj  *  ^'^i®*  1B73.  —  Garson,  J.  G.,  Pelvimetry.  The  Journal  of  anatomy  and  phy- 
Mc  K  ^^^^^l  and  pathological  cond.  by  G.  M.  Humphry,  Wm.  Turner  and  J.  G. 
ani'ß  ^^«Irick.  Vol.  XVI.  1882.  -  Schröter,  P.,  Anthropologische  Untersuchungen 
a  3^7^^  ^^  lebender  Menschen.  Dorpat,  1884.  S.  a.  Archiv  f.  Gynäkologie,  XXV.  Bd. 
resp/jJ^"*  Mennig,  C.,  lieber  die  Beckenneigung  bei  verschiedenen  Völkern.  Cor- 
U.^  2u  v^^^***^***®^  deutschen  anthropol.  Gesellsch.  15.  Jahrgang,  1884.  Nr.  1.  —  Pl'oss, 
^'  Anth  ^^®*'^^*^ig'^ug  über  ein  gemeinsames  Verfahren  zur  Beckenmessung.  Arch. 
f.  ^J^^^Pölogie,  1884.  Bd.  XV,  Heft  3.  -  Hennig,  C,  Das  Rassenbecken.  Arch. 
h.,  ß  .  ^P^logie  Bd.  XVI.  1885.  S.  161-228.  (Ausgiebige  Litteratur.)  -  Prochownik, 
1^  g^^^g®  zur  Anthropologie  des  Beckens.  Archiv  f.  Anthropologie.  Bd.  XVII. 
yac^  n  ~"  Sergi,  G.,  L'indice  ilio-pelvico  o  un  indice  sessuale  del  bacino  nelle 
I^Urn  *^^*  Bullet,  della  R.  Accad.  Medica  di  Roma.  Anno  XIII.  Fase.  3.  1887.  — 
of  g  j>-  '  ^^r  Wm.,  Report  on  the  bones  of  the  skeleton  coUected  during  the  voyage 
eluggL  •  »Challenger**  I.e.  —  S.  auch:  The  index  of  the  pelvic  brim  as  a  basls  of 
by  Q  \r  ^^®  Journal  of  anatomy  and  physiology  normal  and  pathological  cond. 

tlttA»«^'  Sumphry,  Wm.  Turner  and  Mc.  Kendrick.  Vol. XX.  1886.   (Mit  weiteren 
««^«tur-Angaben,) 


ibö  ttassenantersckiecie. 

sollen,  ähnlich  wie  es  von  A.  R  e  t  z  i  n  s  für  den  Schädel  mit  der  Anfstellnng 
der  Dolichocephalie  und  Brachycephalie  geschehen  ist.  Wie  beim  Schädel,  so 
begegnet  man  auch  beim  Becken  und,  naturgemäss,  bei  jeder  so  verwickelte» 
organischen  Form  einer  fast  unüberwindlichen  Schwierigkeit  das  Wesentliche 
derselben  in  einer  kurzen  „Formel"  zusammenzufassen.  T  o  p  i  n  a  r  d  stellt  einen 
Höhenbreitenindex  (Indice  gen^ral  du  bassin)  auf,  indem  er  die  grösste  Breite 
(B)  zwischen  den  Cristae  iliacae  mit  dem  Höhenmaasse  (H)  zwischen  dem  Sitz- 
punkte und  Htiftpunkte  in  Beziehung  bringt.  Setzt  man  mit  Topinard  H 
=  100,  so  beträgt  B: 

bei  Europäern 126,6 

„    Negern 121,3 

„    Polynesien! 122,7 

„    Europäerinnen 136,9 

„    Negerinnen 134,2 

„    Polynesierinnen 129,0 

„    Anthropoiden 105,0 

„    Wiederkäuern 77,2 

„    Känguruhs 66,0. 

Die  Breite  im  Verhältniss  zur  Höhe  des  Gesamtbeckens  wächst  also  über 
das  Doppelte  in  der  Reihe  vom  Beutelthiere  bis  zum  Menschen.  Nur  die  gan^ 
grossen  Thiere,  wie  der  Elephant  und  das  Nashorn,  machen  eine  Ausnahme,  in- 
dem sie  sehr  breite  Becken  haben. 

Die  Frauen  der  Südeuropäer  sollen  einen  grösseren  Höhenbreitenindex 
haben,  als  die  blonden  Nordeuropäerinnen  ^).  Zaaijer  (Untersuchungen  über 
die  Form  des  Beckens  Javanischer  Frauen,  Abhandlungen  der  Holländischen 
Gesellschaft  zu  Haarlem,  Deel  XXIV,  1866.  S.  auch  „Archives  neerlandaises  des 
Sciences  exactes  et  naturelles.  T.  I.  La  Haye,  1866),  dem  hierin  Topinard 
und  W.  Turner  folgten,  bestimmte  die  Beckenform  durch  einen  Index  des 
Beckeneinganges.  Er  drückt  die  Conjugata  anatomica  des  Einganges  durch 
ihr  Verhältniss  zur  Diameter  transversa  aditus  aus,  wenn  letztere  =  100  gesetzt 
wird.    Es  ist  dies   der  Beckeneingangsindex  =  J.  ad.,   und   zwar  ist 

J.  ad.  =  —p. — ^ — -  nach  dem  angenommenen  Verhältnisse: 

D.  tr.  :  100  =  C.  a. :  J.  ad. 

W.  Turner  1.  c.  verdanken  wir  die  eingehendsten  Berechnungen  dieses 
Index  nach  eigenen  und  fremden  Untersuchungen.    Becken  mit  J.  ad.  über  9ö 


1)  Gewöhnlich   setzt   man   bei   diesen  Indexbestimmungen  die  Breite  (B)  =  lOO 

und  drückt  dann  die  Höhe  in  Procenten  der  Breite  aus  nach  der  Formel:  B  :  100 =H  • 

100  H 
Index,  woraus  sich  berechnet:  — —  =  Index;    hierbei  bleibt    die   Indexziffer  meist 

unter  100.  Niedrige  Ziffern  für  die  so  gewonnenen  Indices  bedeuten  dann  niedrige» 
relativ  breite  Becken,  höhere  relativ  schmale  und  hohe  Becken.  Die  Brüder  Sarasio 
bedienen  sich  eines  auf  diese  Weise  berechneten  Index. 


RaBsenuüterschiede.  101 

nnA     ^^  jj^Jolichopelische",   mit  J.  ad.   zwischen  95  und  90    „mesatipelische", 
^^  nait  Index  unter  90  „platypelische^  i). 

Dolichopelisch,  also  mit  relativ  schmalem  (längsovalen)  Beckenein- 
£^^  ^^i^ehen,  sind  nach  Turner  die  Australier,  Buschmänner,  Hottentotten, 
^^^,  Andamanen,  viele  Polynesier,  Malayen. 

Mesatipelisch,  also  mit  nahezu  kreisförmigem  (runden)  Beckenein- 
f.  ^S^  ausgestattet,  erweisen  sich  die  Neger,  Tasmanier,  Neu-Caledonier  und 
^^I^  Melanesier. 

Platypelisch,  also   mit  relativ  breitem  (querovalen)  Beckeneingange 
^^ön  wir  die  Europäer,  Mongolen  und  Indianer. 

Rfiw-      ^^^^^^  Klassifizirung   ist   aber  nur  auf  das  männliche  Becken 

^KSicht  genommen.    Bei  keinem  der  bis  jetzt  untersuchten  Völ- 

^  haben  die  Weiber  dolichopelische  Becken.     Sind   die  Becken 

Männer  eines  Volkes  dolichopelisch,  so  zeigen  sich  die  Becken  der  betref- 

^n  Frauen  mesatipelisch ;  zu  mesatipelischen  Männern  gehören  platypelische 

tten,  zu  platypelischen  Männern  Weiber  mit  einem  noch  höheren  Grade  der 

ypelie.    Eine  Ausnahme  machen  die  südamerikanischen  Indianer,    wo  sich 

platypelischen  Männern  Weiber  mit  Neigung  zur  Mesatipelie  gesellen,  gewiss 

^^  sehr  bemerkenswerthe  Thatsache. 

vo  K-    ^^^  besondere  Beachtung  verdient  das  Kreuzbein.     Ich  habe  schon 

j     y^  (S.  27)  der  Tujrner'schen  und  Paterson'schen  Eintheilung  der  Ossa  Sacra 

^'ichohierische,    subplatyhieris(?he   und   platyhierische 

acht.    Dolichohierische  Kreuzbeine  (mit  einem  Index  unter  100)  haben  die 

^  geborenen  Südafrikas,  subplatyhierische  (I.  zwischen  100—106)   die   Anda- 

Bind^^'  "^^"^anier,  Chinesen,  Australier  und  Neger,  platyhierisch  (I.  über  106) 

j       ^^  übrigen  Rassen,   insbesondere  also   die  Europäer.    Nach  Paterson, 

Qeiili*      ^^^  ^^*  ^^^  Durch  schnittsind  ex  aus  allen  Rassen  und  beiden 

g._^  7^btern  =  106,7 ;  das  menschliche  Sacrum  ist  also  breiter  als  lang.    Man 

.     jedoch  zu  diesen  Messungen  nur  die  Kreuzbeine  mit  fünf  Sacralwirbeln 

^^  en  uini  in  gleicher  Weise  messen,    die  Länge   von   der  Mitte   des  oberen 

^      ^®  ^es  ersten  Kreuzwirbels  zur  Mitte  des  unteren  Randes  des  fünften,  in- 

Mt  iT^^^  entweder  mit  dem  Bande  misst,  die  Krümmung  also  mitnimmt,  oder 

efti»»,^^  2iAel,  wobei  ein  geringeres  Maass  erhalten  wird.    Die  Bandmessung 

W*  ^ir  als  die  richtige. 
^    p        ^^^  ßassenunterschiede  der  Sacralkrümmung  anlangt,  so  haben 
(j>   ^''^Päer  die  stärkste,  die  Neger  und  Polynesier  die  schwächste  Krümmung 
^^son  I.  c.).    Bemerkenswerth  ist  auch  das  Verhalten  der  von  Cunning- 

»Plntv  .y^^^e^^scht  nach  den  englischen  Worten:  „dolichopellic**,  ^mesatipellic**  und 
^Be  t  *  "^^^^X^s  =  lang,  fieaahatog  =  mittelster,  TtXarvs  =  breit,  yiiXkis,  niXig  =  pelvis 
gcgi^.  ®'**  pie  Verdeutschung  „dolichopelisch*  u.s.  f.  klingt  wenig  gut;  ich  hätte  lieber 
*ber  d'  ^^^*^^^P®1»  mesatipel,  platypel;  aber  die  Brüder  Sara  sin  in  ihrem  Werke 
^^  jg  ^  "^*^*l<iÄ'8  haben  die  Endigung  auf  „isch**  bereits  gebraucht  und  dem,  sowie 
'^«rtsch«'^^^^^^''*^*^^®  nachgebend,  habe  ich  schon  vorhin  (S.  27)  die  Worte:  dolicho- 
**    u.  8.  f.  angewendet. 


102  Rassenunterschiede. 

ham  und  Paterson  studirten  Incisurasacralis  (s.  S.  24),  welche  fllr 
die  Anthropoiden  die  Eegel  ist;  sie  wird  unter  den  Menschen  am  häufigsten 
bei  den  Andamanen  und  Negern  gefunden. 

Dass  auch  bezüglich  der  Beckenneigung  Rassenverschiedenheiten 
vorhanden  sind,  darf  angenommen  werden;  die  wenigen  vorliegenden  Angaben, 
8.  insbesondere  bei  P.  Schröter  1.  c.  (S.  99),  gestatten  aber  noch  keine  ein- 
gehendere Besprechung.  Prochownik  1.  c.  (S.  99)  schlägt  vor,  zur  Be- 
stimmung der  Neigung  am  Lebenden  den  Neigungswinkel  der  Conjugata  ex- 
terna festzustellen;  leider  ist  aber  daraus  ein  sicherer  Rückschluss  auf  den 
Neigungswinkel  der  Conjugata  anatomica  nicht  zu  ziehen. 

Sollen  bezüglich  einzelner  Völkerschaften  noch  einige  Daten  angeführt  werden, 
so  hat  sich  ergeben,  dass  die  Becken  der  Weiber  kaukasischer  Rasse  im  all- 
gemeinen die  geräumigsten  zu  sein  scheinen;  unter  ihnen  zeigen  die  Englände- 
rinnen und  Holsteinerinnen  die  grössten  Querdurchmesser.  G.  Runge^)  fand 
nach  Untersuchungen  von  50  skeletirten  Becken  von  Russinnen  das  Durchschnitts- 
verhältniss  von  C.  v.  zu  D.  tr.  ad.  =  1  :  1,18.  Die  Esthinnen  haben  nach  den  Unter- 
suchungen von  J.  V.  Holst^)  sehr  breite  Becken  bei  geringer  Beckenneigung  (36,5® 
im  Mittel),  ^ 

Bezüglich  aussereuropäischer  Völker  will  ich  nur  die  Angaben  der  Brüder  Sa- 
rasin  L  c.  (S.  99)  über  die  so  interessanten  Wedda's  auf  Ceylon  hier  anführen,  da 
sie  in  den  mitgetheilten  Tabellen  Turn  er 's  und  Topinard's  noch  nicht  enthalten 
sein  konnten.  Die  grösste  mittlere  Höhe  des  Wedda-Männerbeckens  betinig  192,5  mm» 
die  grösste  Breite  237,9  mm.  (Die  Durchschnittsmaasse  bei  Europäern  sind:  220  und 
279.)  Das  Wedda-Männerbecken  steht  an  der  Grenze  zwischen  der  platypelischen 
und  mesatipelischen  Form,  dad  Wedda-Weiberbecken  ist  platypelisch.  Die  Maasse 
stehen  denen  der  Andamanen  und  Buschmänner  nahe.  Die  Lichtung  nimmt  nach  der 
Schamfuge  hin  rasch  ab,  so  dass  der  Beckeneingang  keilförmig  erscheint.  (Die  Wedda's 
sind  kleiner  Statur.) 

Vergleichen  wir  das  menschliche  Becken  mit  dem  ihm  am  nächsten  ste- 
henden, dem  Becken  der  Anthropoiden,  so  ergeben  sich  folgende  Hauptunter- 
schiede: Bei  den  Anthropoiden  stehen  die  Darmbeinschaufeln  senkrecht  und  sind 
hoch  und  schmal;  die  Fossa  iliaca  schaut  nach  vorn;  das  ganze  Becken  hat 
eine  ausgesprochen  dolichopelische  Form,  weit  mehr  als  irgend  ein  normales 
menschliches.  Beim  Menschen  erscheinen  die  Darmbeinschaufeln  verkürzt,  breiter 
und  lateralwärts  geneigt,  so  dass  die  Fossae  iliacae  medianwärts  und  nach  oben 
schauen;  die  Form  ist  gegenüber  dem  Anthropoidenbecken  platypelisch.  DaßS 
diese  Form  mit  der  Erwerbung  des  aufrechten  Stehens  und  Gehens  zusammen- 
hängt, kann  nicht  bezweifelt  werden;  das  Becken  wird  durch  sie  beftlhigt,  die 
Rumpf  last  und  namentlich  auch  die  Last  der  Eingeweide  in  der  aufrechten 
Haltung  zu  tragen. 

Praktische  und  wissenschaftliche  Bedeutung  wird  die  Kenntntss  der  Rassen- 
unterschiede erst  gewinnen,  wenn  sie  in  Beziehung  zu  etwaigen  Formverschieden- 


1)  Runge,  G.,  Das  russische  weibliche  Becken  in  anthropologischer  Beziehung* 
Zeitschrift  für  Geburtskunde  und  Gynäkologie.    XVI.  Bd.  1889.  S.  131. 

2)  V.  Holst,  J.,  Die  Estin   in   gynäkologischer  Beziehung.    Beiträge  zur  Gynä- 
kologie und  Geburtskunde,  herausgeg.  von  J.  v.  Holst.    II,  Hft.    Tübingen,  1867. 


Geschlechtsunterschiede. 


103 


nen  des  fötalen  Schädels  gebracht  werden  kann,  oder  wenn  sich  herausstellen 

^^^j  dass  gewisse  Rassenformen  des  Beckens  auf  die  Haltung  und  Bewegung 

^  Körpers,  auf  den  Geburtsverlauf  oder  auf  die  Entwicklung  gewisser  patho- 

gischer  Veränderungen  (Lageveränderungen  der  Beckeneingeweide,  insbeson- 

\u  ^^^  Gl^härmutter)   merkbaren  Einfluss  haben  sollten.     Andere  Fragen,  die 

.  "  oier  anschliessen  und  deren  Beantwortung  den  betreffenden  Untersuchungen 

^^  wissenschaftlichen  Werth   sichern   würde,    sind   die   nach   den   etwaigen 

^OTssen,  welche  die  Lebensweise  der  Völker  auf  die  Gestaltung  ihrer  Becken 

'^^ben  könnte. 

j^      *^s  sind  einige  Arbeiten  vorhanden,  die  sich  mit  der  praktischen  Bedeutung  der 
bft  ^.^^^^^®^f<>rnien  beschäftigen;   ich  nenne  E.  Verrier,  Nouvelle  Classification  du 


j  ^^i'^ant  les  races  au  point  de  vue  de  Tobst^trique,  cons^quences  qui  en  d6cou- 

Q^\  ^^^^f^tin  de  la  soci^t^  d' Anthropologie  de  Paris,  T.  VII,  1884,  p.  317.  und  0. 
y  '^^  Ueber  die  Beckenneigung  bei  der  Estin  und  ihre  Beziehung  zu  der  Retro- 
iet  /  .^^^^  uteri.  Jurjew,  1893.  Dissert.  inaug.  Letztere  Schrift  konnte  ich  mir  bis 
üa  K  ^^^^^  verschaffen.  Verrier  schlägt  eine  neue  Eintheilung  der  Rassenbecken 
dip  '^  Flächeninhalte  des  Becken einganges  vor  und  will  nach  der  Grösse 
Flä  k  ^^^^^^  ^i'^i  Gruppen  von  Becken  aufstellen.  In  die  erste  Gruppe  mit  einem 
engehalte  von  mindestens  110  Quadratcentimeter  gehören  die  Europäerinnen  mit 
fra     -  .  ^'  ^^^  Lappinnen,   die  Klein-Asiatinnen,  Aegyptierinnen,   die  Negerinnen  des 

zosischen  Westafrika  und  von  Guadeloupe,  die  Bewohnerinnen  von  Neuguinea, 
rech  ^^^^^^'^  Abtheilung  mit  einer  Eingangsfläche  von  95—106  Quadratcentimeter 
Mo  ^^^y'  ^^^  Perserinnen,  Syrieriimen,  Australierinnen,  Kanakinnen,  Peruanerinnen, 
^üt  ^^  '^^^j  Lappinnen  und  Samojedinnen.  Die  Weiber  mit  einem  Flächeninhalte 
die  ^  •  Q^^-dratcentimeter  (vielleicht  muss  es  96  Quadratcentimeter  heissen?)  bilden 
Und  I^  Abtheilung:  Negerinnen  von  Centralafrika,  die  Negritofrauen,  Papuafrauen 
|j^.,  ^^  ^^schmänninnen.  Verrier  meint,  dass  beim  Gebären  der  Weiber  aus  den 
KinH  ^  ^^^ten  Abtheilungen  wegen  des  relativ  grösseren  Längsdurchmessers  der 
g^    ^skopf  sich  vorwiegend  im  letzteren  Durchmesser  (Conjugata)   einstellen   werde. 

®  Angaben  sind  sehr  fragmentarisch. 


Q-eschlechtsunterschiede  am  Bänderbecken. 

di    ^    ^^^^^S^^  ^Is  die  Rassenunterschiede  sind  für  die  topographische  Anatomie 
e  , .    ^^^^hlechtsunterschied  e   des  Beckens. 


Einige  dieser  Unter- 

.  ___^__  o^-o den,  doc 

dieselben  mit  den  übrigen  in  tabellarischer  Form  zusammen: 


,       *^  sind  bereits  im  Vorigen  gelegentlich  erwähnt  worden,  doch  stellen  wir 


Beckentheil 

Mann 

Weib 

^^*^ii2bein 

relativ    schmäler    (mittlerer 
Sacralindex  =  103,5) 

relativ  breiter. 

Rreuzbeinkrüm- 
mung 

im  ganzen  stärker 

im  ganzen  geringer;  im  obe- 
ren Abschnitte  jedoch  häu- 
fig stärker  (Paterson). 

104 


Geschlechtsunterßchiede. 


Beck  entheil 

Mann 

Weib 

Promontorium 

stärker  vorspringend 

weniger  vorspringend. 

Steissbein 

häufiger  5  Wirbel;  die  Ver- 
knöcherung derSynchon- 
drosen  tritt  früher  ein 

häufiger  4  Wirbel,  die  Syn- 
chondrosen  bleiben  länger 
erhalten. 

Symphyse 

höher 
bei  Neugeborenen  schmä- 
ler  als  hoch   oder  gleich 
(Fehling) 

niedriger, 
bei  Neugeborenen  breiter 
als  hoch  (Fehling). 

Gelenkspalt 

seltener 

häufiger. 

Angulus  pubiö 

steiler    (70-70,950),     mehr 
einem  Winkel    gleich  — 
Angulus  pubis 

weniger  steil,  mehr  einem 
Bogen  gleich  (90—1000)  — 
Arcus  pubis. 

Tubercula  pubica 

näher  beisammen 

weiter  abstehend. 

Ansätze  der  Mus- 
culi gracilcs 

näher  beisammen 

weiter  von  einander  abste- 
hend (Clelandi). 

Rami  inferiores 
ossis  pubis 

mehr  gerade  laufend 

nach  aussen  (vorn)  umgelegt. 

Foramen  obturatum 

höher,  mehr  eiförmig,  Cana- 
lis  obturatorius  enger 

niedriger,  fast  dreieckig;  Ca- 
nalis   obturatorius  weiter. 

Os  ilium 

steiler  gestellt,  höher,  schmä- 
ler ;  Neigung  der  vorderen 
Ränder  beider  Ossa  ilium 
gegen  einander  =  530 

weniger  steil  gestellt,  niedri- 
ger, breiter;  Neigung  ge- 
geneinander =  500. 

Cristae  iliacae 

dicker,  rauher 

schmäler,  weniger  rauh. 

Acetabula 

näher   beisammen,   weniger 
nach  vorn  schauend 

weiter  auseinander  stehend, 
mehr  nach  vorn  schauend. 

Eingang  zum  kleinen 
Becken 

mehr   dolichopelisch,    Quer- 
durchmesser des  Eingan- 
ges   geringer    (geringere 
Querspannung) 

mehr  platypelisch ,  Quer- 
durchmesser des  Eingan- 
ges grösser  (grössere  Quer- 
spannung). 

Beckenausgang 

schmäler;     Kreuzbein     und 
Steissbcin    mehr     vortre- 
tend ;    Tubera    ischiadica 
einander  näher  stehend 

breiter;  Kreuzbein  und  Steiss- 
bein  mehr  zurücktretend; 
Tubera  ischiadica  weiter 
von  einander  abstehend. 

1)  Cleland,  On  ccrtain  distinctions  of  form  hitherto  unnoticed  in  the  human 
pelvis,  characteristic  of  sex,  age  and  race.  Memoirs  and  Memoranda  in  anatomy. 
Vol.  L   London,  1889.   p.  95. 


Geschlechtöunterschiede. 


105 


ßeckentheil 


Mann 


Incisura  ischiadica 
major 


im  ganzen  enger  und  höher 
nach  unten  mehr  trichter- 
förmig gestaltet 


niedriger,  mehr  oval  geformt 


Weib 


im  ganzen  weiter  und  nie- 
driger, nicht  merkbar  trich- 
terförmig. 


höher,   mehr  rundlich   ge- 
formt. 


Weib 


*ör  die  Verschiedenheit  der  einzelnen  Maasse  des  Beckens  bei  Mann  und 


^olle  man  die  Seite  54  mitgctheilte  Tabelle  einsehen. 

n       ^^^h  dem  Angeführten  kann  man  in  kurzer  Fassung  den  Unterschied  des 

ens  bei   beiden  Geschlechtern   angeben   wie   folgt:    Das   Becken   des 

fel.^  ist  niedriger  und  geräumiger,  seineDarmbeinschau- 

Stn       ^^^^^    flacher,    der    Schambeinwinkel    ist    erheblich 

®ser,  mehr  einem  Bogen  als  einem  Winkel  gleich. 
sind  .  ^^  die  Ursachen  der  Geschlechtsunterschiede  des  knöchernen  Beckens 
diff  ^^^*.  ^^^^^^  ™  reinen,  ebensowenig  wie  tiber  die  Ursachen  der  Geschlechts- 
Und  ^'^^^^^^^S  überhaupt;  offenbar  sind  diese  letzteren  Ursachen  die  wesentlichen 
Ra  ^?^^^^^^^j  das  beweisen  die  Arbeiten  von  Fehling^),  Schli  ephake*), 
ßch*  A^^^^^  Turquet^)  u.  A.  Ihnen  zufolge  sind  fast  alle  Geschlechtsunter- 
jj  ^  schon  während  des  fötalen  Lebens  vorhanden;  schon  vom  fünften 
XmW  ^^  fi^^den  wir  eine  grössere  Querspannung  und  einen  grösseren  Angulus  . 
^8  beim  weiblichen  Fötus  (Fehling). 

TT 

^^^chi  ^'^^^^^^)  zieht  zur  Erklärung  der  geschlechtlichen  Differenz! rung  des  Beckens 

^öter  ? .  ^^  Momente  heran,  erklärt  aber  nicht  die  bereits  beim  Fötus  bestehenden 
J^j.  f  ^^  ^^^  Umgestaltungsursache  des  Beckens  von  der  Geburt  bis  zum  fünften 
Uö^  G  h  *  ^^^*^^*^*'  ^^  ^^  beide  Geschlechter  mit  Schröder  in  der  mit  dem  Stehen 
des  vr  f^  wirksam  werdenden  Rumptlast.  Das  geringe  Ueberwiegen  der  Maasse 
keit  u  T^^^^^^kens  in  dieser  Zeit  sei  vielleicht  die  Folge  der  grösseren  Lebhaftig- 
^ater  k*  ^*^^^^^*^hkeit  der  Knaben.  Bis  zum  10—11.  Jahre  bestehen  nur  geringe 
^'^^linell  ^^^^  ^^^  beiden  Geschlechtern.  Dann  beginnt  das  weibliche  Becken  merklich 
(15  j  /*  ^^  wachsen,  was  besonders  um  die  Zeit  des  Eintrittes  der  Menstruation 
n  hervortritt.    Es   könne  hier,    meint  Konikow,  wohl  die  periodische  stär- 


Be^fnv        ^'hiing,  H.,  Die  Form  des  Beckens  beim  Fötus  und  Neugeborenen  und  ihre 


äl^f  ^^  ^^^  ^^^^  Erwachsenen.    Arch.  f.  Gynäkologie,  Bd.  X.  S.  1.  1876. 
Bd.  xv   Q  *]J^^^'Phake  F.,  Ueber  pathologische  Beckenformen  beim  Fötus.    Ebendas. 


1892: 


3)Ro 
«Sui 


435.  1882. 

'^iti,  G.,   Atti  della  societÄ  Toscana  dl  Scienze  naturali,  Vol.  VIII.    Pisa, 
caratteri  sessuali  nel  bacino  del  neonato*'. 


d^tpoit        ^^^^®t>  E.,  Du  bassin  infantile  consid^r^  au  point  de  vue  de  la  forme  du 
IV.  fiA  ^^P^rieur  et  du  rapport   de   ses  diam6tres.    Thöse.    Paris,  1884.   Ollier  Henry, 

^pp^xxyiiip,. 

*^^lechH-  k^"  '  ^'^  ^^^  Lehre  von  der  Entwickelung  des  Beckens  und  seiner  ge- 

"ichen  Differenzirung.    Arch.  f.  Gynäkologie,  Bd.  XLV.  1894.  S,  19. 


106  Pathologische  Zustände  des  knöchernen  und  Bänderbeckens. 

kere  Blutzufuhr  zu  den  Beckenorganen  auch  für  die  raschere  Entwicklung  des 
Beckens  selbst  verantwortlich  gemacht  werden.  Man  kann  das  zugeben,  gewinnt  aber 
mit  allem  diesen  noch  keine  befriedigende  Einsicht  in  die  Ursachen,  welche  dem  weib- 
lichen Becken  gerade  seine  charakteristische  Form  geben;  es  kommen  hier  doch 
nicht  nur  Grössen  Verhältnisse  in  Betracht.  —  Arbuthnot  Lane^)  spricht  den 
Umstand,  dass  das  Weiberbecken  dazu  bestimmt  sei,  längere  Zeit  den  Fötus  zu  tragen 
und  als  Geburtskanal  zu  dienen,  als  die  wesentliche  Ursache  der  sexuellen  Differenz 
an;  er  lässt  also  hauptsächlich  Vererbungskräfte  wirksam  sein. 

Wenn  angeführt  wird  (s.  z.B.  Sehr  öder 's  Lehrbuch,  S.  10),  um  zu  beweisen, 
dass  das  Wachsthum  der  inneren  weiblichen  Genitalien  einen  entschiedenen  Einfluss 
auf  die  Beckenräumlichkeit  habe,  es  fände  sich  häufig  allgemeine  Beckenenge  bei 
Frauen  mit  unentwickelten  Geschlechtstheilen,  so  ist  doch  weit  eher  anzunehmen,  dass 
hier  beides:  die  Beckenenge  und  die  unentwickelten  Geschlechtstheile,  coordinirte 
Folgen  einer  und  derselben  Ursache  sind,  nicht  einander  subordinirte  Dinge.  Ebenso 
kann  die  Sache  bei  dem  anderen  dort  aufgeführten  Beispiele :  grosser  Querdurchmesser 
von  16  cm  bei  einem  Falle  von  Uterus  duplex,  aufgefasst  werden.  Hiermit  soll  keines- 
wegs ein  primärer  Einfluss  der  Entwicklung  und  der  normalen  Functionirung  der 
Geschlechtsorgane  auf  die  Ausgestaltung  der  Beckenform  gänzlich  in  Abrede  gestellt 
werden.  Das  ergibt  sich  aus  den  ebenfalls  bei  Schröder  citirten  Beobachtungen 
von  Roberts,  dass  bei  weiblichen  Castraten  unter  den  Hindus  der  Schambogen  sehr 
eng  sei.  Nach  A.  Eck  er  2)  sollen  in  analoger  Weise  die  Becken  schwarzer  Eunuchen 
sich  der  weiblichen  Form  nähern.  Auch  die  S.  33  erwähnte  Angabe  Malgaigne'ß 
wäre  hier  heranzuziehen. 


Pathologische  Zustände  des  knöchernen  und  Bänder- 
Beckens. 

Herkömmlicher  und  wohlberechtigter  Weise  finden  in  den  Hand-  und 
Lehrbüchern  der  topographisch-chirurgischen  Anatomie  diejenigen  pathologischen 
Zustände,  welche  sich  unmittelbar  an  die  normalen  anschliessen,  oder  aus  den 
letzteren  ganz  oder  theilweise  ihre  Erklärung  finden,  ebenfalls  ihren  Platz. 
Hier  sollen  folgende  besprochen  werden: 

1.  Die  abnormen  Beckenformen  einschliesslich  der  abnormen 
Beckenneigung  imd  der  abnormen  Beckenmaasse. 

2.  Die  Beckenmissbildungen. 

3.  Die  Becken  fr acturen. 

4.  Die  Beckenluxationen. 

5.  Entzündliche  Zustände  an  den  Beckenknochen.     Epiphy- 
senlösungen. 

6.  Die  Geschwülste  am  Bänderbecken. 


1)  Arbuthnot  Lane,  What  are  the  chief  factors  which  determine  the  diffe- 
rences  which  exist  in  the  form  of  the  male  and  female  pelvis.  Transact.  obstetr.  Soc 
London,  1888.    Vol.  XXIX. 

2)  Ecker,  A.,  Zur  Kenntniss  des  Körperbaues  schwarzer  Eunuchen.  Abhand- 
lungen der  Senckenbergischen  Gesellschaft  zu  Frankfurt  a.  M.  Bd.  V.  S.  101. 


*>öonne  Beckenneigung.    Abnorme  Beckenmaasse.    Abnorme  Beckenformen.    107 

Abnorme  Beckenneigung.    Abnorme  Beckenmaasse. 
Abnorme  Beckenformen  ^). 

Die   abnormen  Beckenformen   sind   vorzugsweise    beim  Weibe  studirt 
i*<len,  wo  sie,  wegen  ihres  hohen  geburtshülflichen  Interesses  wohl  die  wich- 
^ten   pathologischen    Zustände    darstellen,    welche    am    Becken    vorkommen 
Den.    Da  sie  mehr  oder  minder  mit  Veränderungen  der  Beckenneigung 
üer  Beckenmaasse  verknüpft  sind,  so  werden  diese  Veränderungen  am 
eu  an  dieser  Stelle  mit  besprochen.    Ich  stelle  die  fehlerhafte  Beckenneigung 
3,n  und  zähle  im  Anschlüsse  an  Litzmann's  Eintheilung  folgende  B ecken- 
der auf,  indem  ich  insbesondere  das  Weiberbecken  in  Betracht  ziehe: 

1.  Das  stark  geneigte  Becken. 

2.  Das  seh  wach  geneigte  Becken. 

3.  Das  hohe  Becken. 

4.  Das  weite  Becken. 

5.  Das  enge  Becken: 

I.  Enge    Becken    ohne    Formabweichung     (allgemein  gleich- 
massig  verengte  Becken): 

a)  Allgemein  gleichmässig  verengte  Becken  minde- 
ren Grades. 

b)  Zwergbecken. 

Anhang:  Infantile  und  virile  Form  des  Weiberbeckens. 
II.  Enge  Becken  mit  Form abweichung  (ungleichmässig  verengte 
Becken) : 

a)  Geradverengte  Becken: 

a)  Einfach  platte  Becken. 
ß)  Rachitisch  platte  Becken. 
t)  SpondJ^lolisthetische  Becken. 
h)  Doppelluxationsbecken. 

b)  Querverengte  Becken: 

a)  Kyphotische  Becken. 
ß)  Trichterbecken. 

f)  Osteomalacische  Becken. 

b)  Pseudosteomalacische  Becken. 
€)  Querankylotische  Becken. 

c)  Schrägverengte  Becken: 

a)  Schrägankylotische  Becken. 
ß)  Coxalgisehe  Becken. 
---— ._____^  t)  Skoliotisch-rachitische  Becken. 

bfiAk  ^^  *ler  Bearbeitung  dieses  Kapitels  habe  ich  mich  besonders  an  die  Lehr- 
di^  e'f  ^*^^  Schröder  (Olshausen-Veit),  Runge  und  Zweifel  gehalten,  ferner  an 
^M  ^^^^^  ^riginalarbeiten  von  Litzmann,  Breisky,  W.A.Freund  U.A.  Auch 
der  ß^.^.^  ^^^^ch  die  Freundlichkeit  meines  Kollegen  Olshausen  die  Beckensammlung 
^^liner  FrauenkUnik  zu  Gebote. 


108    Abnorme  Beckenneigung.    Abnorme  Beckenmaasse.    Abnorme  Beckentbrmen. 

C.  Besondere  Arten  des  abnormen  Beckens: 
I.  Spaltbecken, 
IL  Stachelbecken. 

III.  Dislocationsbecken. 

IV.  Callusbecken. 

V.  Geschwulstbecken. 


Abnorme  Beckenneigung. 

Wir  haben  vorhin  (S.  52)  gesehen,  dass  die  Beckenneigung  in  gewissen 
Grenzen  schwanken  kann,  ohne  dass  man,  bis  zu  diesen  Grenzen  hin,  sie  als 
fehlerhaft  bezeichnen  darf.  Werden  jedoch  diese  Grenzen  überschritten,  so 
tritt  ein  störender  Einfluss  bei  Geburten  ein.  Eine  zu  starke  Becken- 
neigung erschwert  den  Eintritt  des  Kindeskopfes  in  das  kleine  Becken,  eine 
zu  schwache  Neigung  erschwert  seinen  Austritt  aus  dem  Beckenausgange. 

Durch  zweckmässige  Lagerung  können  diese  Fehler  verbessert  werden.  Die 
Neigung  wird  vermindert,  wenn  die  betreffende  Person  eine  halbsitzende  Stellung 
einnimmt,  so  dass  der  Steiss  und  der  Oberkörper  erhöht  werden,  während  die  Lenden- 
gegend am  tiefsten  zu  liegen  kommt  i).  Wird  bei  tiefer  liegendem  Steisse  die  Lenden- 
gegend stark  unterstützt,  so  vermehrt  sich  die  Neigung. 

Man  kann  eine  zu  grosse  und  eine  zu  geringe  Beckenneigung  schon  aus 
der  Haltung  der  betreffenden  Personen  erkennen;  vgl.  darüber  A.  Charpy, 
1.  c.  (S.  96)  und  das  S.  54  Gesagte. 


Abnorme  Beckenmaasse.    Abnorme  Beckenformen. 

Wir  behandeln  die  abnormen  Beckenmaasse  und  die  abnormen  Becken- 
formen in  einem  und  demselben  Abschnitte,*  weil  in  der  Mehrzahl  der  Fälle 
Formfehler  auch  mit  Maassfehlern  verkntlpft  sind. 

Das  hohe  Becken.    (Pelvis  alta.) 
Ein  zu  hohes  Becken  ist  besonders  dann  anzunehmen,  wenn  die  Kreuz- 
beinlänge und  die  Höhe  der  Symphyse  das  Mittelmaass  in  erheblicherer  Weise 
(um  2  cm  und  mehr)  überschreiten;  die  Austreibung  des  Kindes  kann  dadurch 
verzögert  und  operative  Eingriflfe  können  dadurch  erschwert  werden. 


1)  Schnitze,  B.,  Erleichterung  der  Geburt  durch  Verminderung  der  im  Becken 
gegebenen  Widerstände.  Jenaische  Zeitschr,  f.  Medizin  u.  Naturw.,  Bd.  III.  Leipzig» 
1867.    S.  272. 

2)  Es  dürfte  vielleicht  von  Interesse  sein,  hier  dieMaasse  von  den  beiden  Riesen 
anzuführen,  deren  Skelett  sich  in  der  I.  Berliner  anatomischen  Anstalt  befinden: 

Riesenskelet  Nr.  I,  J:  Gesamthöhe  (Scheitel  — Fusssohle)  =  216  cm;  Sp.  iL  = 
29  cm;  Cr.  iL  =  34  cm;  Tr.  =  35  cm;  C.  v.  =  15,2  cm;  D.  tr.  ad.  =  16  cm. 

Riesenskelet  Nr.  II,  $:  Gesamthöhe  =  223  cm;  Sp.  iL  =  30  cm;  Cr.  iL  = 
34  cm;  Tr.  =  37  cm;  C.  v.  =  16,8  cm;  D.  tr.  ad.  =  16,5  cm. 


Weites  Becken.    Enges  Becken.    Infantiles  und  viriles  Weiberbecken.        109 

Das  weite  Becken.    (Peivis  ampla.) 

_        Wenn  sämtliche  Beckenmaasse   in   annähernd  gleichem  Verhältnisse  den 

^  Oi'chschnitt   um    1 — 3  cm   tiberechreiten  —  höhere  üeberschreitungen  werden 

*^öi  beobachtet —  dann  liegt   ein  zu   weites  Becken  vor^).     Vollständig 

o  ^ichmässige  Erweiterungen   gibt   es   wohl   kaum*).     Bei  höheren  Graden 

**  Erweiterung   kann  diese  Abnormität  zu  sogenannten  „Sturzgeburten"  Ver- 

3*8ung  geben.     Auch  Lageabweichungen  des  Kindes  kommen  dabei  häufiger 

.  ^   sind   aber  bei   der  Geräumigkeit  des  Beckens  nicht  von  Belang  für  den 


Das  enge  Becken.    (Peivis  angusta.) 
Wir  schildern  zunächst  kurz  die  einzelnen   tabellarisch  aufgeführten  For- 
^>  um  am  Schlüsse  des  Kapitels   auf  deren   geburtshtllfliche  und  operatiye 
eutung  im  allgemeinen  hinzuweisen. 

Das  allgemein  gleichmässig  verengte  Becken. 
(Peivis  aequabiliter  angusta.) 
Bei  diesen  Formen,  welche  übrigens  seltener  sind,  als  die  ungleichmässig 
^gten,    handelt    es    sich    nur  um  Maassanomalien;    die  normale  Form  des 
Kens  ist  erhalten;  die  sämtlichen  Maasse  sind  aber  gleichmässig  verkleinert, 
selten  zeigt  sich  eine  geringe  Kreuzbeinkrttmmung. 

Das  Zwergbecken.     (Peivis  nana.) 
oinkt  die  Conjugata  obstetricia   unter   6  cm    hinab    bei    relativ    gleicher 
usse  an  den  übrigen  Durchmessern,    so  pflegt   man  von   einem  „Zwerg- 
^^^ken'^  zu  sprechen, 
inj  w  ^"  theile  hier  einige  Maasse  von  dem  Becken  eines  Zwerges  mit,  dessen  Skelet 

^seum  der  I.  Berliner  anatomischen  Anstalt  aufgestellt  ist: 
Qy  .,  ^^^rg  von  66  Jahren:   Gesaratgrösse   des   Skeletes  =  109  cm;   Sp.il.  =  18,3; 
^*  -  20,4;  Tr.  =  24,3;  C.  v.  =  5,0;  D.  tr.  ad.  =  10,2  cm. 

Anhang:  Das  infantile  und  das  virile  Weiberbecken. 
(Peivis  infantilis,  Peivis  riraginalis.)  ^) 

i^^i-  ^^^^  erwachsene  Weiber,  deren  Becken  mehr  oder  weniger  die  kind- 

^"^^^  Form 

aben  eine  mindere  Geräumigkeit,  besonders,  bei  meist  schmälerem  Kreuz- 


Si    1     '^  bewahrt  hat;  wir  nennen  solche  Becken  infantile  Weiberbecken. 

aben  eine  mindere  Geräumigkeit,  besonders,  bei  meist  schmälerem  Kreuz- 
de  u  *^  ^^^  Quere,  umgekehrt  finden  wir  auch  Weiberbecken  vom  Habitus 
4e  Q    ^'^^^'^^*^k^ii;    die  Knochen   sind   massiver,    die  Darmbeine  stehen  steil, 

^*^^^l*ogen  ist  eng,  die  Beckenhöhle  hat  eine  Trichterform.    In  praktisch 


kolost\  '^'^»  ^ur  Kenntniss  des  allgemein  zu  weiten  Beckens.    Archiv  für  Gynä- 

4uj  B   .  ^***^^^^>  S.  47.  —  ßumpe,  B.,  Ein  Beitrag  zn  den  Wachsthumsverhältnissen 
8  ^<^^^^  normaler  Gestaltung.    Zeitschrift  für  Geburtshülfe  u.  Gynäkologie.  Bd.  X, 
■  ^^-    1884. 

)  Von  ^virago"  neugebildet,  wie  „virginalis*  von  „virgo**. 


HO    Ungleichmässig  enges  Becken.  Ginfach  plattes  ßecken.  Rachitisch  plattes  ßecken. 

geburtshülflicher  Beziehung  fallen  die  infantilen  wie  die  virilen  Weiberbecken 
unter  die  engen  Becken.  Meist  haben  die  betreflFenden  Frauen  auch  in  ihrem 
Übrigen  Körperhabitus  entweder  etwas  kindliches  oder  männliches  (Viragines). 
Doch  braucht  dies  nicht  der  Fall  zu  sein.  Auf  die  infantilen  Beckenformen 
hat  neuerdings  insbesondere  W.  A.  Freund  die  Aufmerksamkeit  gelenkt. 
Siehe  1.  c.  (S.  21). 

Das  nngleichmässlg  verengte  Becken. 
(Pelvis  inaequabiliter  angusta.) 

Mit  Litzmann  1.  c.  (S.  93)  theilen  wir  diese  Formen  von  engen  Becken, 
welche  für  die  Geburtshtilfe  weitaus  die  wichtigsten  sind,  nach  den  Haupt- 
maassen  des  Beckeneinganges  ein  (siehe  die  Tabelle  S.  54).  Ist  vorwiegend 
oj^er  allein  die  Conjugata  obstetricia  verkleinert,  so  resultiren  die 
geradverengten  Becken;  die  Verjüngung  der  Diameter  transversa  liefert 
die  querverengten,  die  Verkürzung  eines  der  schrägen  Durchmesser 
die  schrägverengten  Becken. 

Die  geradverengten  Becken  zerfallen  in  die  1)  einfach  platten 
Becken,  2)  rachitisch  platten  Becken,  3)  spondylolisthetiscben  Becken  und 
4)  Doppelluxationsbecken. 


Das  einfach  platte  Becken.     (Pelvis  plana  simplex.) 
Bei  dieser  Beckenform  haben  wir  als  Kennzeichen  verkürzte  Conju- 

gaten   in  allen   Beckenebenen- 
Fig.  33.  Die  übrigen  Durchmesser  sowie  die  Kno- 

chen sind  normal.  Sie  ist  die  häufigste 
abnorme  Form.  Ihre  Ursache  ist  unbe- 
kannt; schon  beim  Fötus  ist  sie  gefunden 
worden  ^). 


Das  rachitisch  platte  Becken. 
^Pelvis  plana  rachitica.) 
Zur  Verkürzung  der  Conjugata 
aditus  pelvis  gesellen    sich  beim  ra- 
chitisch platten  Becken  ein  vergrösser- 
ter  Querdurchraesser,  flache  Darm- 
beinschaufeln und  als  besonders  cha- 
rakteristisch die  sehr  auffallende  Grösse  des  Schambogen s. 

Das  Kreuzbein  steht  tief  und,  wegen  einer  Drehung  um  seine  Queraxe,  mit 
dem  Promontorium  weit  nach  vorn,  so  dass  die  Spinae  iliacae  posteriores  superioree 
stark  das  Os  sacrnm  überragen;    ausserdem   treten   die   Kreuzbein wirbelkörper  her- 


Pelvis  plana  simplex  (Schema) 2). 


1)  Betschier,  H.,  Annalen  der  klinischen  Anstalten.  Bd.  I.  und  Bd.  II.  Breslau, 
1832,  hat  zuerst  diese  Form  von  der  rachitischen  bestimmt  unterschieden. 

2)  Fig.  8,  S.  16  des  Schröder'schen  Lehrbuches. 


^'■;^**  M'M.iHi>;nii  aus   nhivii   St^iu^tif iH'ilni   lH"nni>,    so  d;t>s  .«uii   d^m    i  lurr.^'hmiiv  iIh^   ilni 


iVii'   -ro>M 


'"'^»«iiiirü   dii'   rfirhiiiM'lM'it    Vrraiidri'Uii-i'rt   riii   ;uiih'n/!i   <.krii'!jlii'iH'!L 

^'*'"  ^ViiliI   ,||)^,  hjiiifi-'^h/  jiliiiHriin' :   ilirf  Fjtl- 

^^''^''^'^lii^'    uinl  \c*rsl;iiidln-li.     wriiii    wir   iiii> 

'^"''"^'•*'''*»^'  '«Inss  di/r  -in\r,liii!ii-li  iii  d^-n  cishi) 

'^'  '><*'i'KJ;ilii"iii  4i}iirii,«,'iidi'     r:ir-liilisrli<'    Pr*»^ 

^^'^'''^''^  iiis>t    Ha  kkniiivii  ituii  bi,^»  ilcii  civfr-ii 

^^''"'''"""^"iHi!  /.Il  sil/.ni.    /Ji    slf  Ihü    Hlid   /ll  L'vltVil 

'  '*'"'  ^■^'liiiii  ••i-\uitiiitrn  iiii*<'li:{iiiN«'liiit  M^i- 
*^''''^''^^'  '^^Mr  Im-Iuh,::-  kniiiiiH'ti.  1  Ht'«  -o  t-r- 
'^""''^^'^'ii^ii    l'ur}ii\i;.nitiiltTiiimv!i    blrihiii    ^»i         % 

''^•^^   ^Hsidivii.  ^'  •^'"'■- 

^''^'^    '^^^''J»    Miiski,.tzii-r*     1,1/!    lief    l'Jtl 
^^^^^^^^^^^  'i,»>      r.rhin^rl,*:!!      lkM"k.i|. 

j'*'''^      *^^''      ^<'i'Wit»;i;i'tif{r      |k,'«iril!  IUI-- 
^*'''^^    ^■i'X\i>S<'    l-'ur5iM-!-V5iÜsliliiÜH<k<!k 

l[''''^^^''^-'U   |, lau, MI    lM-rk^•;l    ^|^H^tl    ^h-v  ^^^^'^ 


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T'^'*'"^^      litMdu'ils      kr.|iiiiHil      iiooli 
^'^'"•l''ll   MiiWrirlliildt'   iMii'iHt'll    Vnr, 

^!^^^^^^^^     tkU'liilisrlii''     Ik'ckHi    ';-. 

'"^^  '*'kk    ilrtiiii  il\i>    i:i>fyi:kw{i/Mi!i:i- 

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^"^'^   ^'"i.u'.    lok,   S.  kkij  <lr^   Si'h  rrMlr'f'-i'hi'ii    Lt'hrbui'!M-,<^ 

'■'?''i'<Vr;„,,/  Wki'ki'i,     /iA/o/^i.o/c       •■    lih'il'Cii        Dil'     r.r'/rlfiijisiüi:    ^hw'M'     dir     Aui 


i\  i  li.'i  il    hri-   'l^**   st-ninlv 


Ij,^      ^^*;'-^*  'In^v,.,-   iM-i^kfiilHnii    m!>    i'iiit*,   krs,iii<k-'f,    niijrf    \'^)ii 


lld  Spondylolisthetische  feeckeü. 

ein  langsam  sich  vollziehendes  Vor-  nnd  Abwärtsgleiten  des  letzten  Lenden- 
wirbelkörpers (einschliesslich  der  daran  nach  oben  sich  ansetzenden  Wirbel- 
säule) auf  dem  ersten  Kreuzwirbelkörper  zu  Stande.  Dieses  Gleiten  geschieht 
im  Bereiche  der  allmählich  gelockerten  Symphysis  lumbosacralis.  Dabei  ver- 
schiebt sich  entweder  der  letzte  Lendenwirbel  im  ganzen,  oder  es  bleiben 
der  Processus  spinosus  lumbalis  V  mit  dem  die  Processus  articulares  lumbales 
inferiores  V  tragenden  hinteren  Bogenstticke  in  ihrer  richtigen  Lage  und 
Verbindung,  während  allein  der  fünfte  Lendenwirbel körp er  mit  dem  vorderen 
Bogenstticke  und  den  an  ihm  sitzenden  Processus  articulares  super ior es  die 
Dislocation  erfährt.  Die  untere  Fläche  des  herabgeglittenen  Lendenwirbel- 
körpers kann  später  mit  der  vorderen  Fläche  des  ersten  Kreuzwirbels  synosto- 
tisch  verbunden  werden. 

Die  Conjugata  obstetricia  wird  bei  solchen  Becken  vom  vorspringend- 
sten Punkte  der  Lendenwirbelsäule  zum  einspringendsten  Punkte  der  Symphyse 
gezogen;  iq,  schweren  Fällen  sinkt  sie  unter  6  cm  und  indicirt  damit  den 
Kaiserschnitt.  Vom  kyphotischen  Becken,  mit  dem  das  spondylolisthetische 
manches  gemeinsam  hat  (geringe  Verlängerung  der  Conjugata  vera,  Verkür- 
zung der  Durchmesser  des  Beckenausganges),  unterscheidet  sich  das  letztere 
dadurch  (nach  Breisky),  dass  mau  bei  ihm  die  Seitenflügel  des  ersten  Kreuz- 
wirbels über  den  oberen  Rand  des  herabgesunkenen  fünften  Lendenwirbel- 
körpers hinauftastend  verfolgen  kann.  In  der  sonstigen  Erscheinung  fällt  bei 
Personen  mit  diesem  Beckenfehler  auf:  der  verkürzte  Bauch,  die  sehr  breit 
sich  ausladenden  Hüften  und  die  geringe  oder  vollständig  fehlende  Becken- 
neigung. Die  Vemngerung  der  Beckenneigung  ist  als  eine  Compensations- 
erscheinung  aufzufassen,  um  eine  zu  weit  nach  vom  gehende  Verschiebung  des 
Schwerpunktes  zu  verhindern.  Bei  dem  starken  Herabsinken  der  Lendenwirbel- 
säule hat  man  bei  der  Vaginaluntersuchung  die  Theilungsstelle  der  Aorta  er- 
reicht (Olshausen). 

Traumen  können  die  veranlassende  Ursache  dieser  seltenen  Beckenanomalie  sein. 
Fracturen  des  Kreuzbeines  können  ähnliche  Deformitäten  erzeugen,  s.  den  von  mir 
beschriebenen  ^)  und  hier  weiter  unten  abgebildeten  Fall.  Solche  Fälle  dürfen  jedoch 
mit  der  ächten  Spondylolisthesis  nicht  verwechselt  werden,  bei  der  es  sich  um  einen 
chronisch  ablaufenden  Vorgang  handelt.  Die  genauesten  Untersuchungen  lieferten 
Neugebauer  jun.  2)  und  H.  Chiari^).  Ich  schliesse  mich  gern  den  Ausführungen 
des  Letzteren  an,  wenn  er  meint,  dass  in  den  Fällen,  wo  der  ganze  V.  Lendenwirbel 
ins  Gleiten  gekommen  ist,  als  sicher  gestellte  primäre  Ursache  nur  eine  mangel- 


1)  Waldeyer,  W.,  Medianschnitt  einer  Hochschwangeren  bei  Steisslage  des 
Fötus  nebst  Bemerkungen  über  die  Lage-  und  Formverhältnisse  des  Uterus  gravidus 
etc.    Bonn,  Cohen.  1886.    Fol. 

2)  Neugebauer  jun.,  Aetiologie  der  sogenannten  Spondylolisthesis.  Archiv 
für  Gynäkologie,  Bd.  XX.    1882. 

3)  Chiari,  H.,  Die  Aetiologie  und  Genese  der  sogenannten  Spondyloüsthesis 
lumbosacralis.  Zeitschrift  für  Heilkunde,  herausgegeben  von  v.  Hasner,  Gusse n- 
bauer  etc.,  Fortsetzung  der  „Prager  Vierteljahrsschrift  für  praktische  Heilkunde**. 
XnLBd.   Berlin,  1892.    (Mit  vollständigem  Litteraturverzeichniss.) 


t^oppeliuxattonsbecken.    Querverengte  ßecken.    Kyphotisches  decken.        Jlä 

^*fte  Entwicklung  der  lumbo-sacralen  Gelenkfortsätze  anzunehmen  sei.  Beweisende 
*j®obachtungen  von  krankhaften  Zerstörungen  oder  Frakturen  oder  Luxationen  dieser 
^'ortsätze  als  Ursache  einer  Spondylolisthesis  liegen  wenigstens  noch  nicht  vor.  Her- 
^«Jrgehoben  wurde  vorhin  schon  (S.  26)  die  starke  Entwicklung  und  das  feste  In- 
einandergreifen der  lumbosacralen  Gelenkfortsätze  in  der  Norm. 

Bei  der  partiellen  Gleitverschiebung  des  V.  Lendenwirbels  ist  als  primäre 
Ursache  gleichfalls  eine  Entwicklungsanomalie  sichergestellt  (Neugebauer), 
^ö<i  zwar  das  Bestehenbleiben  einer  Trennung  im  Bereiche  der  Pars  inter- 
*rticularis  des  Wirbelbogens;  der  Spalt  läuft  so,  dass  die  oberen  Gelenkfortsätze 
^^t  dem  Wirbelkörper,  die  unteren  mit  dem  Processus  spinosus  in  Verbindung  bleiben. 
Beim  Gleiten  werden  dann  die  im  Spalte  vorhandenen  Bandmassen  mehr  oder  minder 
lang  ausgezogen;  diese  Bandmassen  können  später  verknöchern.  Eine  solche  con- 
§'önitale  Trennung  wird  ,,SpondyIolysis**  genannt.  Ich  habe  sie  (ohne  Spondylolisthesis) 
^i^mlich  häufig  beobachtet.  —  Auch  durch  ein  Trauma  kann  eine  derartige  Trennung 
^ntstehen  und  später  zur  Spondylolisthesis  führen.  Als  secundäre  (veranlassende) 
Ursache  muss  aber  in  allen  Fällen  eine  vermehrte  Belastung  des  Rumpfes  (Tragen 
^<^n  Lasten  etc.)  hinzukommen.    Auch  einseitig  kommt  die  Spondylolisthesis  vor. 

Doppelluxationsbecken.  (Pelvis  luxatione  bilaterali  deformata.) 
Bei  angeborener  doppelseitiger  Htiftgelenksluxation  wagen  sieh  die  Kinder 
^Pät  ans  Stehen  und  Gehen.  Man  meint,  dass  der  unter  diesen  Umständen 
Während  der  ersten  postfötalen  Entwicklungszeit  fehlende  Gegendruck  der 
^berschenkel  eine  Abplattung  des  Beckens  von  vorn  nach  hinten  zu  Wege 
^omnaen  lasse  (Sitzbecken).  Neben  der  nicht  bedeutenden  Verengerung  der 
^^öjugata  Vera  findet  sich  eine  starke  Beckenneigung  und  Steilstellung  der 
Darmbeinschaufeln;  die  Querdurchmesser  sowohl  des  Beckeneinganges  als  auch 
besonders)  des  Beckenausganges  sind  vergrössert. 

Die  querverengten  Becken  zerfallen  in  die:  1)  Kypho tischen 
^^cken,  2)  Trichterbecken,  3)  Osteomalacischen  Becken,  4)  Pseud- 
^steomalacischen  Becken  und  5)  Querankylotischen  Becken. 

Das  kyphotische  Becken.  (Pelvis  cyphotica.) 
Man  findet  die  kyphotischen  Becken  bei  Personen,  deren  Wirbelsäule  in 
^inem  ihrer  Abschnitte  vom  Brusttheile  an  abwärts  eine  kyphotische  Ver- 
^«•ümmung  aufweist.  Je  tiefer  unten  die  Kyphose  ihren  Sitz  hat,  desto  auf- 
alliger  ist  die  Veränderung  der  Beckenform,  die  sich  der  Trichterform,  also 
^^  kindlichen  Beckenform  nähert.  Der  Beckeneingang  zeigt  sich  in  den 
S^raden  und  schrägen  Maassen  erweitert ;  in  der  Beckenhöhle  beginnt  eine  bis 
^}^  Ausgange  sich  allmählich  steigernde  Verengerung,  die  insbesondere 
^^  Querdurchmesser  betrifft. 

,  Dabei  findet  man  das  Kreuzbein  länger,  schmäler  und  häufig  weniger  gekrümmt 
...®  firewöhnlich,  und  in  seiner  oberen  Partie  nach  hinten  verschoben,  so  dass  die  Spinae 
^aeae  posteriores  superiores  nahe  beisammen  stehen  und  die  Tuberositates  iliacae 
^^ig  vorspringen.  Sp.  iL  ist  gross,  die  Distantiae  spinarum  ischiadicarum  et  tuberum 
^^  kurz;  das  kleine  Becken  ist  hoch,  der  Schambogen  ist  eng,  die  Beckenneigung 
^^nng.  Die  höchsten  Grade  (Pelves  obtectae)  nähern  sich  dem  spondyiolisthetischen 
^*l<leyer.  Das  Becken.  ^ 


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ifnM  Ir'hiiiTikf.  rjjii'   s^'hr   iiikr    Pro;j:ii<'k'M'. 

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0!       ik'T    t'',rki;ir!lj;,;i'-    M'uu-r    ImüI  s.{  •■isiiiii:'    :i  ül'  <'!ikL:'*'w '«'i'' 

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iiiiiL    iN'i  .kc'iM'ii  <k'fM' <  M/tM'Sf  iiirkl    yjif  ri'H«'!!    kriläli- 
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«ii-  ,'ni!'  "Ii^r  l'kiak'ii  \\\\A  \\\\;\\\\'\\v\\  Yi^nw  'A^'\^i^\^  h.i'fi-nrti.  iriMi.  d;L->  «lies,  yjfiü  IMn'il 
«hiii'k  lk;ii  V.  ii'l',,  üii^l:'  '',\\\>^:■^i'^^'K'\'  \  rr:iii!;iH>iiii-^'i-iL  ^i-k,  iHiMkr  zur  |\  y  |.f!<i<»i*  fk-r  hr.ltrr  ;^'t 
ii',L:'<'!ii'$i  .\  ki-i-füjin;/  «ki'i'  \VhiH'k-ii!t!<"  liilifi«-.  V'wc  ;li'<'H'j,ssi'  Ikaik'  wir«!  iin'iü  \\"<ilii  <lk'»* 
«Mt!i%  i'iir  ;ifM'k-j-!'  -kn'  ;;iMi<i'i'  l'jif -.; <'li ii !!;!'>, w  <'i-r  ;i i:7JiiH'!! iii«'ii  li.'iki'ii.  --  liii  <'in\  .'iliiH* 
,'tus  (h'T  !k!<,';M-iir  iinrh  <li<'  1  >i:^Si'r!iii  i»)ti  \  ni!  Slr?i»*k.  wf^'-lir  <'iiir  ;:4'<"i!.'UH'  Si'kikfi'' 
niiitj;  ikiiif,:-  k\  filiM'l  !>(:*k.*^ii  rMTk:*'!!*^  k<'{  kiJu-ih  SlaiHic  A^-Y  \\'!,ilH'(;-;iulf!ti\  \  iikifsr  ;ii*,il"t 
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Pas  "r  ri  eil  f  I'  liH'p  k  cui, 
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'lVirlti'r'iTkii*!iii^-,;t    i>i'i:*ki:!i    koiiiüitii    .Uli"  \t'i'- 
Hfllirdtiif     \\  %^\<K\     ZI!    S|;tii«it*      und      }lil<it"!l      llalH'i* 

kiik''i*  ln*soiii|iT<;'  riiii'rii!i|lfti'likti,r :  ItiiT  snlliii 
>w  mir  üurh  <*i]ii!i:i!.  \\'<',t:'i'ii  drr  W'iüliliiiiit'il 
<!rr  l^^mii,  Iviii-y.  yjisniiiisini^'i'sii'lll  wrnii'ii. 
l'rH-liUiitHiii  hiibi^ji:  \\i%s  i  ii  t'aJi  i  t  !*'  Ili^rkfii, 
djis  virile  i'MM'ki'ii  und  d;is  ky  |j  It  nl  i'srliM* 
V  v\\\^  I  ti  k  II  im!  i  b  11 1  i  fo  rill  ks  'k-      ^  **■'*"  i"^^^*  ^^• 


\)w   i^'<iriiiivfr;,iiiik'i'iiii,^r  '*!*>>  <>sle<i:iiiäiia*'!sidiiii  Ikn'kciis  /j/j,Lti   i*i;*f*lil    kliir  dit" 
U'irkiiiii:*.    wid^iH"    dt*!*   Üritcdv    du*    liiijii|ifki.st    iinil    il^r  I  lei^'i^iidiiiidi   dn-  ilbttr- 


1'   k'iir-   Mtk  H.  t;i7  tii'.-^  Si"}ti'iblt!r'>('!N/ti    l,/t'liriuic-lH's. 

2i  l>ri'!,sky,  TelH*!'  <l<'ii  f-üiifliis:-  ihn-  Ky |j|!I\s<'  ;fui*  <ij<'  r»iTk(ii.::i'i,'Nl,'ill.  Zcilsclirift 
i\vv  (b's^kJ.M'lj.'in    drr   \S\v\w\'   Ai'rzb%    ksbia,    L   'S„i!L 

'-\:  i'kr«' tf  fKL  \\.  \..  W'iwx  «ki.s  s^»;4;i"iiMii!iH'  k)  ftfiol iscIh'  kk'd'.nt  tirk^i,  rfiN-r- 
siirhilfkt!*»'}}  Wmn'  Slafik  inid  Mt*i*katnk  <!<">  rii»irk<'iiH.  I  ly  ii'iki)i<»^ist'f!<"  Klinik,  Ink.  I. 
K|r.M;s.-.iHir,i:',   K.  .1,   'i'rkilfii<M\    l'^'^A^. 

\\  S«,r;ick,  ki.,  V'\\\  f'kkll  \-<'iii  (bM-i-;il'!v\  |fknk!M'lii»ifi  r»i'i'ix<*ii  ;rii,s  Avr  Sf r;iH:sk>iii'^'i'i'r 
ki<'rk<*iis;iiiiiii)yijp'.     Sl  {■:{.s;sifiii-;L:',  l^-TI.     f  b-^-.  iii;}ii.:j\     i,\ii>   d«'r  <  J  ii  >sr  r  <i -a '■-.rkiiTi  fkkjikkkl 

kl)  i'l;:'.   k.'l!k  •^.  ^'r\\  «b'h  Si.*  In'kMlür'si'lii'ii  I  .rliiiHitdH's. 


^geudosteomalacisches  Öecken.    (^nerankyiotisches  decken.  llo 

**^enkelbeinköpfe  beim  Stehen  und  Gehen,  so  wie  der  Gegendruck  beim  Sitzen 
^^f  das  Becken  üben.  Die  Osteomalacie  trifft  meist  vollkommen  ausgebildete 
decken,  deren  Knochen  unter  ihrem  Einflüsse  wieder  weich  werden.  Die 
K^mpflast  treibt  unter  diesen  Verhältnissen  das  Kreuzbein  mit  seinem  oberen 
'J'heile  in  die  ßeckenhöhle  hinein,  der  Oberschenkeldruck  drängt  von  beiden 
Seiten  die  Pfannengegend  nach  oben,  medianwärts 
'^^d  hinten;  zugleich  wird  durch  den  Sitzdruck  das  Fig-  38. 

^^'euzbein  stark  nach  vorn  abgeknickt.  Die  da- 
durch entstehende  Formveränderung  ist  ungemein 
^charakteristisch :  die  Symphysengegend  wird  schna- 
belförmig eingeengt  (Schnabelbecken)  und  der 
^^ckeneingang  erscheint  kartenherzförmig,  während 
^ÄS  Kreuzbein  mit  dem  Steissbeine  stark  nach  vorn 
Vorspringt;  bei  den  höheren  Graden  erlangt  der 
Arcus  pubis  die  sogenannte  „Omegaform". 

Die   Osteomalacie    bewirkt    wohl    die    höchsten 
Wade  der  Beckenverengerung;  bei  weitem  am  meisten      Pelvis  osteomalactica 
^^d   dabei   die   queren  Durchmesser  im  vorderen  (Schema)  *). 

betroffen. 


Das  pseudosteomalacische  Becken.  (Pelvis  pseudosteomalactica.) 
Das  pseudosteomalacische  Becken  ist  aetiologisch  ein  rachitisches.  Es 
entsteht  in  denjenigen  Fällen,  wo  die  Rachitis  zu  bedeutender  Erweichung  der 
Krochen  führt,  lange  besteht,  und  wo  trotzdem  die  Betreffenden  viel  standen, 
^^^n  oder  gingen.  Es  sind  ja  dann  dieselben  mechanischen  Verhältnisse  vor- 
handen, wie  bei  der  Osteomalacie.  Diese  Becken  sind  von  den  osteomalaci- 
s<^hen  mitunter  schwer  zu  unterscheiden,  namentlich  dann,  wenn  die  Darmbein- 
^liaufeln  auch  mit  der  Einne  versehen  sind,  wie  sie  bei  den  osteomalacischen 
Backen  häufig  ist.  Sonst  spricht  die  Kleinheit  der  Schaufeln  und  das  Fehlen 
^^^  Rinne  für  Rachitis. 

Das  querankylotische  Becken  (Robert'sches  Becken)  *). 
(Pelvis  cum  ankylosi  transverse  coarctata.) 
Diese  anomale  Beckenform  beruht  auf  einer  mangelhaften  Ausbildung 
.  ^ider  Seitentheile  des  Kreuzbeines  im  Bereiche  der  Articulatio  sacroiliaca, 
^ßsbesondere  also  der  Costalstticke ;  diese  können  sogar  gänzlich  fehlen.  In  faßt 
^^^  bis  jetzt  beobachteten  Fällen  bestand  stets  beiderseitige  vollständige 
^^Mose. 

^  Bei  diesen  Becken  ist  indessen  ein  erheblicher  Tiefstand  des 
^^^uzbeines  vorhanden,  demnach  kann  die  Ankylose  nicht  die  primäre  Ver- 
*^derung  gewesen  sein,   sondern  man  muss  eine  ursprüngliche  Bildungfl- 

A)  Fig.  10,  S.  17  des  Schröder'schen  Lehrbuches. 
Q        2)  Von  F.  Robert  1842   zuerst   beschrieben.    (Beschreibung  eines  im  höchsten 
^*de  quer  verengten  Beckens.    Karlsruhe  und  Freiburg,  1842.) 


II«; 


Stiit'aun  «'reii'i!'!.«'    i**'rkrii.     S<'|irj<2'!Jtil\*i  !'Hl.iMiH^,8   ri«'ck«i! 


ii  liiHiiri  I  f  1'  ;iiiii<*liiiiiii,  ilii*  fiti  I1r'l<i's{iiktii  ilrs  KriMi/.lbriiiiN  iN^iiii  t'i'-j^leii  l'jiiwirkiil 
<|rr  Iiiiiiijifla:sl  iH\^"iiiisii,i:ii'    iit:iii-"<ilinrti'  i'J'it^ui'kliiii-'  ili-r  Kinh'Iüü.  4«?I'  KäiHitT ?;. 

\\"rNli:tlli  iiiiii   ilUvi'  ^li'is  lUv  hv'ulvr^ 
■'"'--•'''*•  st^iii,!::*'   Aiikvlnsf  LMiifnif;.    sditiiit 

it'lil  :iill*i!'fkl:ii1.  E>  isl 
\*i*Nliiinllii*li  iiitil  iliirrli 
limi'  i  •t!l4iiki*  li'u  irstii. 
'   Stfiliiiipii   zur   \uk} 

jiilii-r  in  lii^lfii  l''iilk'ii 
lii's  rtiiä'li  iiir'lit :  st'Ik>1 
liniKii  kili'k'ii  sirh  j.i 
'11   ans. 

1i:ir;ikhi*islisrli«*    itifsr? 

dir  lioikilt^iiik'    flilt'!'" 

I  II  .U'     !ti    il  I  !  1'  II     Ik'C'kt'il' 

aiH'lnil     tillili*!     Slf'll     C'ilH' 

ti'kriiiuijiüii.::"  dvs  Iweiu- 
I  <k'r  i'inwm fir-  iiinI  iiii 

I  T  \'iii:itit"ln'i<ier  lliilfUi! 

•niiiiiitJis:  dvr  'Tii'lslainl 

lies   Kriii/Jiii'iMs  wiirttt*  s^'Ikhi   Vi*iiiiii  'iiivifhiit, 

I  Hl*  s  <'  !j  r  ii  -'  V  i'  r  t/  ii  ::•  I  ^  ii  l>  i»  i*  k  i;  ii  zi^rfalliii  in  die:  1  ,?  S  </  li  r  l\  t:  ;i  ii  k  v- 
1' <H  i  s  c  h  I' II  Ih'ckiMi.  l^'ä  t '  fi  X  :t  I  ,iiM  >  c*  Ij  (Ml  Urrkctj  iiml  Jk-  8  k  <i  li  <>  t  i  sr  li- 
r  ;i  t'  Ii  i  I  i  s  c  li  i'  ii    |>  t;  t*  k  i'  ii. 

IHi'  si'lirä^^*  \i'ri'ii^'t<'ii  !>r{*kt!ii  liaiirii  <kis  t  »tiiiiiiisaiiii*,  ihiss  diT  liiit;  iki' 
srlirilü'iüi  Iliir<*li}itiessrr  kiirzii'  is{  als  iIit  niMtii*i\  ikihh  dir  riuiju-'jit.i  vii'*i 
idH"iiil:ills  ritiiii  srlirii^i:'!'!!  \'(/rhiiil*  li,iL  iiiid  d:i>>.  iiiaji  fiiM'  tii.u'tTi'  und  riiif 
wrili'iv  AiitlHiltiii-'  itiitcixiKi'ik'ii  k^uiti;  dn>  F!"onM>iiii>rniiii  i^l  ii;ir!i  der  ti:i«i:'crtii. 
dk'  Sv'iii|di\;s<,*  iiatdi  ilt'T  \v<-ilrri"n  iH'M-ktiijiklli'nhin,::'  hin  viTMiifibrii.  Mmü 
,s|jrirlii  \ui}  stdirä,::'  v<.i'»'it,;!li'ii  llfid\iii  iiiir  daiui,  \\iiiii  div<v  l'''iiiiii;diuiiidiili!t:' 
111  hrdi^Ttiii  r.radi!  krslrdil.  <u  d.i»  <iv  d:i^  r')i,'tr:,d,Uii'Jski'-rlir  iU>  lirf n'llvndrii 
i><^rkrii>  jtii^iijjirhi:  iz'i'iiitrvft*  <innk'  \'<,Hj  Sfdiiil'lii'ii  k^tiiiiiii'ii  kfiiili.ü-  \»»r.  iii>- 
lifHiiiidcTt;    bi'i    r,i<diil,isidii'ii    Bi-idvcii, 

lhj<  s.|' ll  i'ii^MJi  k  }"  lol  ksf*  1h^  iM'i'kclL  i:l'NH\i>  nun  ;i.iik\l*»>j  nlirii)iir  i'oarfijil,'!,;) 
Iki  diii  sidinlu'ank}  liiliS'idHni  Irpidvni  k<i'iiiitil  ikir  1  H'kfriiiilitl  d.idiind'i  zii 
SiMiidf,  d;ish  itii^  nddiii  HjirniKvirk*/k  d,.  k.  d!*;jiiii.!:iii.  wtdtdii'  itdl  dtiii  khirm- 
l'Niiif  \i'rhi!iid«ii  ^iiid,  jiii  'riiMT  SviU^  dii'i-kt  :iii.i:id«\ui  wi'rdriiL  m»  dasn  Id'tT  tjic 
l\ri'iiyji<diil'liii,i:'t'l  uwUl  m  ihr  t^U^u-ln-u  ;\ii>kdfki|}i::*  kHiiiiiKiL  wii*  ;tid'  dcT  aiidtTiii 
iSiili\  l^s  piiilul  zur  i^ütu'irkkiii.i:'  i'iiii\M  ^cdiiij.^:  M'nniL^Uni  Ik^'dvtiis  lidiii.ki'tii 
UfMdi'N,  wiiiii  drr  idirn-  KriMizwirin"!  ^'üi  lutiikHS.Ki'.dii'  lj4''iH;i\L;'aii,:^>wiiiiid  isK 
doi'li   kjiiiii    imliT  d'iesrii  'kiiisliiiidiii   riin-   iiii*rkl'iai'f   I  »ftVniidlJii    .'iiiidi   iiii^klidbiii. 


I''i;r.    1  l^^,   S,    iH.s   ,|,.v  Srhro.h' r\s,r{H-!i    L^lirliiN'Ji.'v 


S«'lii-ii;j\-illk  v'uf  !;<'rh»-i,    {"Ji'rkl'IL 


117 


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^■'■'Ukkirii   Sciri"   iiarfi    lihifrji,     V:\\\>    <-iiM'    Tt  iil'i/jkka:t;     {»niH.iri-    l'Ai  t  z  ki  im!  ü  y  ,t:; 


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'^'^>^'-    l'ft^rdl'i     ilni'h     isi.'lil     :il!<-^    rUlirnvUU'^ii^l     i.i,        \''j\,iUr    Hn  I  iM-M  l  !l :;'     iHllli     ^t^^'^Hlk}  I*' 

\\  ir<l    wiilirfit'il   (U/v  lli'rkvui-iilwh.'lliin-  i'iiu-'  iiiiIiti*  F.xlrriitiijii    ln-iiH  Sirlini 

tliiini  iiitih'l  («in  i  f'hr-rilrtK'k  iint  1 1  !!l'ip''|i'ifkr  ilrr  ;-' r  ^*  ii  iif!  i' u  Hrifp  >f;i!f  iifjii 
i'>  Vfillzif'liiii  s'ifli  fk'ftui  {kirx'lib«'!/  \'rr:i!iä|t'rii!i--i'ii  jin  i|  i  ♦•  ^;r  r  Si/i!i\  nii*  !jt*i  iIiT 
\iiii,i;iii    F^triii   :tii   nji-r   |friiii:ir   «-rkiMiik  tni. 

^  n<'  Aiiks  Invt  ,h-;  f|i-»ii  hniik'vi-  /fi;--;.-M':/h^ii  I Jioj.nri'ai'-vu-iiki'^-  Irhk  liirr  ii-utfi-'vr 
iiK  kri  «liT  \r,n._Tfi  Iw^rio.  .'iiirl:  t,-,,'  (sif  \  ^T:-«'!!  liiit  hTün -;  .i  I,',.  I  mmIk,.  !]i'|,m|sM!  lirrij/Jiriu 
t!ti;j.'l',-  n's-lii  ,^«)  ,i!T">-.  h'{','  l\»!.-i{-n..'i;  diM-  rrkr;iiils!rtt  >iMjr  >iiid  ;ff  roi,|;i-(':}.  f^^  k^'ii!iij<"ii 
,si-}«r  \-f-i'>rli,irfi*'}ir  <,|-Mlr  nti^;  \Mf:ni)./ii  ÜH-i  dir'M'ir  rk-r'ki.|;i<,r;!i  \r.v,  |  k/iiir!-kfi?vUTri  k 
k-f  k^-,(,iädf'r-  dii-  \kM-k;ik4.|!  .k->  lkM'krii;Mis:2'ai!-i-  üimi  <k-r  'Viiin^rn  !.r|ri.iukr;j.  Mi-j^! 
i>t  <5:i'^  x;i  il^iii  ;.rf,Mi:i*k-ii  nknnM'<tii"  t;t.:ikn;4's^  'Vv/in-v  um  (k-t-  ünfHM'üH'  .'m'Hj-!:  nnvli 
"k<",y    und    iin'kii'ürw  / 1  l~    \  «Tvr'kikH-ti:    ']ii'>ki    ;4'ik|    i'>    l-";ijfi-.    wo    dki--    !rhk, 

Mik;"   ki;i  11  k -■../;  I-    rr-;i(k.iN*   ik-r    MriM^rükk-ji    k-^t.  ik,iM'  r',.x;:ns  m  in"  r  r  ü  !  i»  ,s  ;^    ^k-ihr-r 

^il*'     kk:'/,riri:!il|r!.j;    ..  n  >X  a  1 -'.M-kM-    Ik-i'k»-srk       hc^iki    k.illfl    j*MkiT    aitdVr«'    l'rkk-r    <MlHT    Ulih'- 

r«-ii  k.Mrriiikkf.  fk-r  liiarkaiiiNak  iikiiiiaki'  Ziihlkiiik*  kMajjü-i^^^  \u<*  ikiic,  T^oa  ki-,  ikeh»'|k<'i! 
i^'c)f,i:a'!i    haki'ii, 

Fi-x  -IL 

tK'is   r;H*!i  1  f  i;>^«' li '"six  o!  ia»  1  i  si'Ih''    iMarkt^ii. 

.  I  'ah  |s    raak5iaa?.^f(a!M;  !<a(^    -': 

iF'ti'liilis  h'Ai  liiiiüi-'  Sk«'lio>''  <i«i"  k>n!>FvirlH.|skiii!< 

ihm!     cillf     i,aP!ii|Hiisirtinlt^    NktJld'iai.'    t\vr     I  .alHlcil- Friil/- 

uirln/Füiili"  zur  Fidaxa     l-i   ilia>   iit  kN^hMTkaiisu, liiliciii  ^ 

<  ir;i<ir  iliT  F;ilk  ^^'^  rv^'UUhi  viii^rhrivs  M-rviv^ivH^  FM'a'k<ii 

Ulli    tit/r    \  i^n^nL^cnui^j:    nu    <k'r    rni»  \ ,/ xcii    St^ift» 

<h'i'  li«"iMi<i!- l\ri'ii/>kHifM<ia      Fhk*    rka'ki/ijlarnii   uml  ik^i« 

i^h'i^iaiiiaiiiiH    ilircf   Ixiik^dafiiiii^a*    <triil    iiii   ir;}!!'/.!;-!!    dio-^ 

;Si'lk«'i|i.    \\u>    baiiti   *aax:i|^t:TS''lH"}|    Farkfii;    nur    iFlili    <|jk> 

Atro|iiiir  :iii    ih-r  aimii  Saiiaa    iiihI    rs  >^iiiii  «kifilr  lüa: 


K  l'kiir  .Im-  ri.kai-x.  f 'la.^aia?  aa^^.  da-H  !■  jan  k,.!n;ik;,a!Mai  ikM-kriUiaxa  i^t  vur  Akk"ii 
Falziiiaiüt  aü/ailkka-.ai  k<a.^  Idk  kialh"  in  kVr  <  »  ii  v  ,, ..  m  ^ 'sriaai  ixku'?!..  au  Ni  t^'i->lall!'-' 
'*  ***'^<k~'^^!^'*''^' -  *'ni  kia-aiaia-«-^  jkaak^ai  aiaafi  aiH*a*>a./k.ai  au  k.''inu'U:  ak-«>.a,ikr  i<\  ha- 
'f^'^*Jin'''-i''<^n  niut  Hh-^vUllih^i  m  liar  na-~<ia-an>ai  \  nrt  'rininw:  „Srkraa:  '.  *'T<aiX:1r>  l'.rM'ki'ii 
tu    l'ka'.ü'a   aira^taü;:''«"!-   i'^xa  ri  km^a-aa' "X   :-k  i  a  ^v|a;ja-;a    i.xjk    Li'i|."xi2X    I"^T*k 

-'"  F«'^'/ I' <' Ak  has  vkai,i'.|{^,:ai  mal  L- \  pkt>-a'kio|  isikiaxiikiil  i>rka  I  k  a-kaia  Frkpzii;*, 
IH7ik     Sitk'N'-  aihki   kirrki\-   I'.  <  rxaiiik'.'ksjak',    Ikk,   ?\\'k  ,s.    Ik 

k'    l'k-x    Ik'k  S,  *»al    ki-a   Sr  h  r^Mla  {•"sakai!    F^akriaickax. 


Spaltbecken.    Staclielbecken.    Dislocationsbecken.  119 

i*achitischen  Veränderungen  vorhanden.    Auch  ist  die  Verschraälerung  des  Kreuz- 
*>einflügels  an  der  engeren  Seite  oft  nicht  erheblich. 

Das  Spaltbecken.  (Pelvis  fissa.) 
„Spaltbecken"  nennen  wir  Becken,  deren  Schamfuge  fehlt,  bei  denen 
^*so  eine  mehr  oder  minder  weite  Diastase  beider  Schambeine  besteht.  Ent- 
^^der  finden  sich  mm,  an  Stelle  der  festen  faserknorpeligon  Bandmassen,  breitere 
^^d  nachgiebigere  einfach  bindegewebige  Partien,  oder  die  Fuge  klafft  völlig, 
^^d  man  kommt  hinter  den  äusseren  Geschlechtstheilen  sofort  auf  das  prävesi- 
cale  Bindegewebe  und  die  Harnblasenwand.  In  weiter  entwickelten  Fällen 
"^steht  Ektopie  der  Blase  mit  oder  ohne  Spaltung  derselben.  —  Die  Spaltbecken 
sind  angeboren.  —  Als  Formveränderungen  sind  zu  merken :  Tiefstand  des  Pro- 
montorium (wegen  Herabsinken  und  Vorwärtsneigung  des  Kreuzbeines)  und  ver- 
mehrte Querspannung.  Wegen  des  Klaffens  der  Symphyse  ist  das  Becken  im 
S^^hurtshtilflichen  Sinne  aber  eher  zu  den  weiten  als  zu  den  engen  zu  zählen. 
*^^  zeigt  sich  auch  Neigung  zu  Prolapsus  uteri  nach  einer  eingetretenen  Entbindung. 

Das  Stachelbecken.  (Acanthopelis.)  i)] 
Stachelbecken  entstehen  durch  Bildung  von  spitzigen,  stacheligen  Kno- 
^henauswüchsen.  Solche  können  sich  an  verschiedenen  Stellen  des  Beckens 
nden;  meistens  begegnet  man  ihnen  an  rachitischen  Becken.  Je  nach  ihrer 
grosse  und  nach  ihrem  Sitze  können  sie  beim  Kreissen  durch  Druck  auf  den 
*-^terus  und  die  Scheide  (Druckbrand)  gefährlich  werden;  bei  grösserem  Volumen 
«^hindern  sie  auch  den  Geburtsverlauf. 

Ich  finde  derartige  Stacheln,  Schärfen  und  auch  stumpfe  Hervorragungen 
^ö  pathologischem  Charakter,  hauptsächlich  an  folgenden  Stellen:  Eminentia 
e^ropubica,  s.  S.  33.  Crista  pectinea,  Spina  am  Ansätze  des  Musculus  psoas 
*^or,  Spinae  am  Promontorium^),  Spinae,  Leisten  und  Rauhigkeiten  an  der 
orderen  Fläche  der  Articulatio  sacroiliaca,  Spinae  für  die  Kreuzbeinansätze 
^ßs  Musculus  piriformis.  (S.  d.  Figuren  12,  13  und  26,  x,  —  30,  s,  —  26,  p.) 

Das  Dislocationsbecken.     (Pelvis  dislocatione  deformata.) 

Als  „Dislocationsbecken"  mögen   diejenigen  abnormen  Becken  bezeichnet 

^rden,  bei  denen  es  in  Folge  von  Frakturen  zu  Verschiebungen  der  Knochen 

^^  Verheilung  derselben  in  der  falschen  Stellung  gekommen  ist.    Bemerkens- 

^''th  sind  hier  die  Fälle  von'  Bruch   des  Pfannenbodens  mit  Vortreibung  des- 

"^ö  in  den  Beckenraum  durch  den  Oberschenkelbeinkopf. 

j         1)  Der  Name  rührt  von  Kilian  her.    (H.  F.  Kilian,  Schilderung:  neuer  Becken- 
luien.    Mannheim,  1854.)  —  axav&og  Stachelpflanze,  Tiihg  Becken. 

2)  Neugebauer  und  Hofmeier  haben  g'ezeigt,    dass  die  Spinae  am  Promon- 
rium  sich  in  Verwachsungsbändern  zwischen  Uterus  und  hinterer  Beckenwand  ent- 

"^ickeln  können. 


120    Callusbecken.    Geschwulstbecken.    Diagnostik  der  abnormen  Beckenformen. 

Das  Callusbecken.  (Pelvis  callo  deformata.) 
Callusbecken  sind  solche,  bei  denen  nach  voraufgegangenen  Frakturen 
bei  der  Heilung  derselben  eine  Übermässige  Calhisbildung  eingetreten  ist,  welche 
zu  localer  Verengerung  des  Beckenraumes  führt,  ohne  bleibende  Dislocation 
der  Bruchenden.  Diese  Beckenanomalie  nähert  sich  der  folgenden  und  dem 
Stachelbecken. 

Das  Geschwulstbecken.  (Onkopelis.) *) 
Geschwülste,  die  von  den  Beckenknochen  und  den  zugehörigen  Knorpeln 
ausgehen  und  eine  Verengerung  des  Beckenraumes  zu  Wege  bringen,  sind  nicht 
gerade  häufig.  Wir  finden  hier  Osteome  —  einige  der  beschriebenen  von  be- 
trächtlicher Grösse  —  Chondrome,  Fibrome,  Sarkome  und  Misch- 
geschwtilste.  Am  häufigsten  fand  ich  das  Os  ilium  betroffen.  Die  Chon- 
drome, die  nicht  selten  in  Mischformen  vorkommen,  gehen  meist  von  den  Epi- 
physenknorpeln  aus.  S.  über  diese:  Seite  91—93.  Auch  das  Kreuzbein  ist  a,b  und 
zu  der  Ausgangsort  einer  Neubildung.  Alle  diese  Geschwülste,  ebenso  natürlich 
diejenigen,  welche  von  den  Weichtheilen  ausgehen,  und  von  denen  später  die 
Rede  sein  soll,  geben  in  manchen  Fällen  sehr  ernste  Geburtshindernisse  ab, 
denen  zuweilen  nur  durch  den  Kaiserschnitt  oder  den  künstlichen  Abortus  be- 
gegnet werden  kann. 

Diagnostik  der  abnormen  Beckenformen. 
Praktische  Bedeutung  derselben. 

Anhaltspunkte  für  die  Diagnose  der  fehlerhaften  Beckenformen  ergeben 
sich  in  erster  Linie  aus  der  vorstehenden  Beschreibung  derselben.  An  amne- 
stische Daten  können  insbesondere  bei  rachitischen  Störungen  werthvoU  sein; 
vor  allem  kommt  es  auf  eine  genaue  Beckenmessung  an;  die  wichtigsten 
Maasse  sind  angegeben  worden,  s.  S.  44—55,  dabei  auch  die  genauen  Mess- 
punkte; die  Praxis  der  Messung  selbst  haben  die  Lehrbücher  der  Geburtskunde 
zu  schildern. 

Auch  der  Hochstand  und  eine  grosse  Beweglichkeit  des  Kindes 
am  Ende  der  Schwangerschaft,  die  gesamte  Körperform,  Körperhaltung 
und  die  Configuration  des  Bauches  bei  Schwangeren,  endlich  die  Confi- 
guration  der  Lendengegend  geben  wichtige  Merkmale  ab^). 

Es  ist  bereits  S.  8  darauf  hingewiesen  worden,  dass  seit  Michaelis  die  Figur 
der  Kreuzraute  als  ein  Erkennungszeichen  für  fehlerhafte  Beckenformen  benutzt 
worden  ist.  Sehr  öd  er's  Lehrbuch,  12.  Aufl.,  S.  577,  sagt,  dass  bei  fehlerhaften  Becken, 
namentlich  bei  rachitischen  Becken,  der  obere  Rautenwinkel  stumpfer  werde,  oder 
in,  oder  sogar  unter  die  Verbindungslinie  der  beiden  Spinae  iliacae  posteriores 
superiores  fallen  könne.  C.  H.  Stratz:  „Die  Raute  von  Michaelis",  Zeitschrift  für 
Geburtshülfe  und  Gynäkologie,  Bd.  33.  S.  94.  1895,  gibt  an,  dass  ein  normaler  Abstand 
der  beiden  lateralen  Grübchen  (Fossulae  lumbales  laterales  inferiores),  bezw.  der  Spinae 

1)  oyxog  =.  Geschwulst,  Tiüig  =  Becken. 

2)  Vgl.  hierüber  R.  Müller  heim:  Die  äussere  Untersuchung  der  Gebärenden. 
Berlin,  1895.   0.  CobJentz.    (Aus  der  Universitäts-Frauenklinik  zu  Strassburg  i.  Eis.). 


Diagnostik  der  abnormen  Beckenformen.  121 


posteriores   superiores  untereinander   (9—10  cm)    auf   ein   normales  Becken 
lessen  lasse,  Tiefstand  des  oberen  Rautenwinkels  mit  starker  Abstumpfung  auf  eine 
i'KUrzung  der  Conjugata  obstetricia  durch  stärkeres  Vorspringen  des  Promontorium. 
^  ^ird  das  durch  Untersuchung  mehrerer  Fälle  belegt. 

.  ^^^  Raute  sonach  einen  gewissen  topographisch-anatomischen  und  diagnosti- 

en  Werth  erlangt  hat,  so  mag  hier  unter  Beziehung  auf  das  S.  7  ff.  Erörterte  noch- 

s  darauf  hingewiesen  werden,  dass  die  Annahme,  es  entspreche  der  obere  Winkel 

g.'^  ^^-^t^  stets  dem   Processus  spinosus  lumbalis  V   (Michaelis,   Schröder, 

^^tz,  Müllerheim  1.1.  c.c),  nicht  richtig  ist. 

Wenn  die  Raute  sich  der  Form  eines  Quadrates  nähert,  also  derjenigen  Form, 
da  .^^^^^^  ^^s  *ii^  normale  und  ein  gut  geformtes  Becken  anzeigende  ansieht, 
A  ^^^^  ^^^  obere  Rautenspitze  meist  nicht  am  Processus  spinosus  des  V., 
ka  ^^  ^^  ^^^  des  IV.  oder  III.  Lendenwirbels,  oder  zwischen  diesen  beiden;  ja,  sie 
tifi  h  ^^^^  höher  liegen.  Es  würde  also  zu  Irrthümern  führen,  wenn  man  bei  quadra- 
W  11  ^^  -^^^t^i^form  die  Conjugata  externa  vom  oberen  Winkel  der  Raute  ab  messen 
So  *f '  ^^^  ^^^*  daher  sich  nicht  auf  den  oberen  Rautenwinkel  verlassen, 
ami  i?*^'^  ^^^  Processus  spinosus  lumbalis  V  abzählen.  Uebrigens  ist  letzterer 
^^    ebenden  Menschen  wie  an  der  Leiche  auch  ohne  Abzählen  leicht  zu  erkennen,  ins- 

sondere,  wenn  man  abwechselnd  den  Rumpf  beugen  und  strecken  lässt. 
©ck  15^^^^  ^^®  Raute  oben  stark  abgestumpft  ist,  oder  statt  der  Raute  gar  ein  Drei- 
dem  p  ^^^^'^  Sacraldreieck,  erscheint,  dann  entspricht  allerdings  der  obere  Winkel 
j.  /^^'^^essus  spinosus  lumbalis  V.  Ich  unterschied  deshalb  S.  7  eine  „Lenden- 
letzt^  ^^^  ^^^  «Kreuzraute** ;  erstere  gibt  die  quadratische  Form  —  s.  auch  Fig.  8  — 
^eb'M^  *^^®  abgestumpfte,  die  in  das  Dreieck  übergeht.  Bei  der  von  Schröder  ab- 
^^  1  deten  Raute  der  capitolinischen  Venus  liegt  die  obere  Spitze  offenbar  in  der 
Bild^*^*^  ^^^  untersten  Brustwirbeldornes,  und  Brücke  hat  ganz  Recht,  wenn  er  diese 
ScK^"^  ^^  einem  Kunstwerke  tadelt.  Stratz  bemerkt  diese  hohe  Lage  an  der 
^«röder'schen  Figur  ebenfalls. 

j^j  "^^^  seitlichen  Rautenwinkel  oder  Rautengrübchen  (Fossulae  lumbales 
^iei  ^^^^^i<5i*es)  entsprechen  auch  nicht  genau  dem  Orte,  wohin  Stratz  in  seinen 

^^ren  1,  2  und  3  den  Markirpunkt  legt,  sondern  der  muskelfreien  Stelle  dieser 
^&end;   sie   liegen  also  1— 2  cm   höher,    als   der   Stratz*sche   Markirpunkt;  s.  S.  8. 

P  vorhin  wiederholt  diese  Stelle  als  der  Spina  iliaca  posterior  superior  zugehörig 

lehnet  wurde,  so  ist  das  nur  der  Kürze  wegen  geschehen. 
Ri   h    ^^  Entstehung  der  beiden  oberen  Rautenschenkel  tragen  beim  Weibe  die  von 
öin      TT    ^*  ^'    ^^'  ^^   ^J^wähnten  Fettwülste   bei,   namentlich   zur   oberen   Begrenzung 
^st  b^-  '  wenn  diese  deutlich  als  solche  erscheint;  die  obere  Rautenpartie 

^ick^i  ^^"^^'''^  ^^^^^  ^^  deutlich,  weil  bei  ihnen  dieser  Fettwulst  schwächer  ent- 
Str  f  ^^*"  "^^^  Bündel  des  Musculus  transversospinalis  und  sacrospinalis,  welche 
hl^j.^/^^^  Erklärung  der  seitlichen  oberen  Umwallung  der  Raute  heranzieht,  können 
Ij^     ^    ^^^  beitragen,  wenn  die  obere  Rautenspitze  am  Processus  spinosus  lumbalis  V 

een  soll;  bei  einer  hochgezogenen  Lendenraute  dagegen  sehr  wohl  (s.  S.  7). 
^J'eu  h  ^^  J^endenraute  fehlt  auch  dem  Manne  nicht;  auch  eine  Kreuzraute  und  das 
^eist'^h      ^^^^^^^  kommen  vor  (s.  Fig.  9);   also  können  diese  Bildungen,   wenn   auch 
^öseh  ^^^^  Weibe  ausgeprägt,  doch  nicht  als  für  letzteres  charakteristisch  an- 

^On  TT -^  werden.  —  Beide  Fossulae  lumbales  5ieigt  das  Gipsmodell  eines  jungen  Mannes 
«ynito  ^^'  ^^*^^^^^^  ^^^  Situs  viscerum.  Bei  Weiberleichen  fand  ich  einige  Male  zwei 
Com  ^*'^^®^^^'  ^^^^  deutliche  Grübchen  zur  Seite  des  untersten  Kreuzwirbels,  den 
sich  H^  *^^^^ygea  und  sacralia  lateral  anliegend;  in  den  genannten  Fällen  berührten 
lese  Cornua  nicht.   Ich  bezeichne  diese  Grübchen  als  Fossulae  sacrales. 

be'  ^^^^  praktische  Bedeutung  des  engen  Beckens  tritt  vor  allem 

^^  Grebärakte  zu  Tage.    Die  Behandlung  der  Geburt  beim  engen  Becken 


122  Praktische  Bedeutung  der  abnormen  Beckenformen.    Missbildungeu. 

bildet  den  Schwerpunkt  der  wissenschaftlichen  und  praktischen  Geburtshülfe. 
Die  Gefahren  der  engen  Becken,  sowie  einige  Grundsätze  für  die  Leitung  der 
Geburt  bei  bestehender  Beckenenge,  welche  sich  unmittelbar  aus  den  anatomi- 
schen Verhältnissen  des  Beckens  und  aus  den  gewöhnlichen  Grössendimensionen 
des  Kindes  ergeben,  seien  hier  angeführt: 

Die  Gefahren  für  die  Mütter  liegen  in  der  Begünstigung  von  üterusrupturen, 
in  den  Quetschungen  der  Weichtheile,  Zerrungen  derselben  und  in  Läsionen  der 
Symphyse  und  der  Iliosacralgelenke,  die  bis  zur  Sprengung  derselben  gehen  können; 
die  Symphyse  ist  am  häufigsten  gefährdet.  Dazu  kommen  die  üblen  Folgen,  die  ein 
zu  lang  hingezogener  Entbindungsverlauf  und  die  vielfach  nöthigen  manuellen  Ein- 
griffe mit  sich  bringen.  —  Die  Kinder  sind  Quetschungen,  die  zu  grossen  Cephal- 
hämatomen  führen,  Luxationen  und  Frakturen  ausgesetzt,  insbesondere  bei  forcirter 
Entbindung  durch  Kunsthülfe. 

Platte  Becken  mit  grosser  Querspannung  und  asymmetrische  Becken  geben 
leicht  zu  Nabelschnurvorfall  und  Vorfall  kleiner  Kindestheile  Veranlassung.  Bedenk- 
lich ist  auch  der  Einfluss  lange  sich  hinziehender  Geburten  auf  den  Placentarkreislauf 
(theihveise  Lösung  der  Placenta).  Wichtig  für  die  Beurtheilung  des  Falles  ist  die 
Entscheidung  der  Frage,  ob  der  Kindeskopf  überhaupt  in  das  kleine  Becken 
noch  eintreten  kann  oder  nicht. 

Man  kann  diese  Entscheidung  herbeiführen  durch  genaue  Beckenmessung 
und  Herabdrängen  des  Kopfes  durch  äussere  Handgriffe,  sodass  man  dessen 
Dimensionen  zu  erkennen  im  Stande  ist  (P.  Müller)^).  Unter  Umständen  ge- 
lingt es  auf  diese  Weise  auch  den  Kopf  in  das  kleine  Becken  einzuleiten. 

Eine  Conjugata  obstetricia  von  7,5 — 8  cm  lässt,  falls  der  Kopf  noch 
eindringen  kann,  eine  günstige  Vorhersage  zu.  Bei  5  cm  Conjugata  und  da- 
runter können  nur  noch  der  künstliche  Abortus  oder  der  Kaiserschnitt  die  Ent- 
bindung bewerkstelligen,  —  Wichtig  ist  zur  Erleichterung  einer  Entbindung  auf 
natürlichem  Wege  (bei  nicht  zu  bedeutender  Beckenenge)  die  Lagerung  der 
Kreissenden;  sie  muss  auf  diejenige  Seite  gelegt  werden,  wo- 
hin der  vorliegende  Kindestheil  abgewichen  ist.  Der  Fundus 
uteri  sinkt  dann  nach  derselben  Seite  und  dadurch  wird  der  vorliegende  Kindes- 
theil mehr  in  die  Mitte  des  Beckeneinganges  gebracht.  Liegt  der  Kopf  derart 
vor,  dass  das  breitere  Hinterhaupt  in  der  Conjugata  steht,  dann  lagere  man  auf 
diejenige  Seite,  wo  das  Gesicht  steht.  Dieses,  als  der  kleinere  Theil,  wird  dann 
leichter  in  das  Becken  hineinrücken,  während  das  Hinterhaupt  in  den  weiteren 
Seitentheilen  des  Beckens  (beim  platten  Becken)  noch  Platz  findet. 

Als  operative  Eingriffe  kommen  in  Betracht:  Die  Wendung  auf  die  Füsse, 
die  Zange,  die  Embryotomie,  der  Kaiserschnitt,  die  künstliche  Früh- 
geburt und  der  künstliche  Abortus;  die  Anzeigen  für  dieselben,  wie  die 
Darstellung  ihrer  Ausführung  gehören  nicht  hierher. 

Missbildungen  des  knöchernen  und  Bänderbeckens. 

Von  den  bei  Synipodie,  bei  Doppelmonstren  (Pygopagie,  Ischiopagie)  be- 
stehenden Missbildungen  kann  hier  abgesehen  werden.    Eine  andere  Reihe  von 


1)  P.  Müller,  Sammlung  klinischer  Vorträge.    Leipzig,  1885. 


123 
beitxe    SchwanzbildungeB. 
SpaltbUdungeu  am  Exeu.         •  ,  ,_  ^ou  Knoebenkeme«, 

M-  K-u  wie  Verkümmerung  oder  fehlend^  ^^^f|^^^,„bieiben  auf  der 

(bei  den  ankylotiscben  »f  ^^°^'  S  sind  «cbon  ^or^  als  FeWer 
kindlieben  Formstufe.  üebergangsw^^el  s        ^^  ^  ^    iTbildungen 

dauernden  Beckendefom  täten  Jf  >^' J,„,teine,  die  S«bwan.büdu  g 
b^preeben:  ^- SpaUbildung  »  amJC^    ^.^  ^,,,   ,,eb  am  besten 
tmd  die  angeborenen  Sacraitum 

gestellt  werde«.  ,^,,,,„,,„,en  a»  Ereu^^«J-  ,^,,     deren 

leb  babe  ^s  erw.bnt,^- -  ^^:  ^  geseUossenJ«^  ^«  J, 
Bögen  auf  eine  ^^^^^^^^rT^^-^e  Länge  desKnoeV^n  du  cbse^^^  ^. 
einem  vollständigen  Spalte   der  me  g  ^.^^  ^^  ^     Falle  der     v^ 

den  Kreuzbeinkanal  offen   f  ^  J^mtänden,  namentUcb  ^^^J^'^Z.   obne 
fida  oeeulta  an  und  kann  unterem  Stränge  der  Caudaeq^ 

Abscbnitte  des  Kreu/^emes^   wo  dann    beacbtenswertb  sem     d  rW^belsäule, 
knöebemen  Scbutz  bleiben,   prakusc  ^^^scbm «en  der  w 

ist,  da«8  vielfacb  bier,  wie  -««^^^^  j"effenden  Stelle  »"  dem  Besteben 
eine  abnorme  Behaarung  an  der  betre       ^,^^   diagnostische  Bedeutjg  g^_ 

Spina  bifida  oeeulta  verknüpft  J*'   «  .^'^..„«en   angewiesen   ba^M      ^^ 

winnt^),   woi.uf  ^^^w   di^e  abnormen  Behaarui^--^:,  ^^.ebendere 
aeicbnet  nach  R.  Virenow  a„craltriebo8i8.    ^^^^^  ..  „    paHe  von 

Kreuzbeingegend  als  Lumbal- bezw.Sacr^^^^^.^^^^      verknüpft  n   Falle 

Bespreebung   der  mit   ^««««'^^^«^f.  ^'^^  hier  nicht  eingegangen  werden 
Spina  bifida  lumbosaeralis  kann 

SchMranzbiWnngen.  ^^.^  dem  Vorkommen 

geschwänzten  Säugethieren  ausgehen,  ^^^ 

gehörige  Stücke,  -fordert  -;^-         ^^^^^^  ,i,  dritten  Monate  ^«es^^  ^^^ 

Dass  der  menschliche  Embryo  .^^  ,,,t   den   Ar 

einen    äusserlicb    voi-stehenden  Schw;^^^     ^^^^^^^.^  ^^^,k,„^t. 
W.  His»),  A.  Ecker»)  und  Fr.  Kei  ^^^  ^_^^^^^^^^ 

gelegenen  circumscripten  Hypertrichose  „  P„l,ryonen.    Archiv  für 

BerUn.  1892.  _,      ...wanzende  der  menschlichen  |™  gois-Beymond. 

2)  Eis,  W.,  Ueber  das  Schwänzen     ^  ^^^^^^  ^„^  E.  du 
Anatomie  und  Physiologe   V««  ^- "^    '  «chwanz?  Ebendas.  S.421. 

Femer:  Ecker  und  His:  Bephk  und         P  ^^^^.^  j,, 

Anatomie  und  Physiologie,  Anat.  adi 
«eiger«,  VI.  Jahrg.  1891-  S.670. 


124  Schwanzbildungen. 

M.  Braun  ^)  macht  den  Vorschlag,  da  auch  bei  Thieren  noch  einige 
hinter  dem  Befestigungspunkte  des  Hüftbeines  liegende  Wirbel  verborgen 
bleiben,  einen  inneren  Schwanz  und  einen  äusseren  Schwanz,  zu  unter- 
scheiden. Keibel  zieht,  s.  Figur  42,  die  Grenzlinie  für  das  proximale  Ende 
des  Schwanzes  von  der  Mitte  des  30.  Segmentes  zum  hinteren  Ende  der  After- 
membran 2).  Hinter  diese  Linie  fielen  bei  einem  ganz  jungen  Embryo  von 
4,2  mm  3  Segmente  und,  an  der  sogenannten  „Endknospe"  —  das  ist  der  in 
Fig.  42  hinter  dem  33.  Segmente  gelegene  Theil  —  noch  ein  ungesonderter 
Zellenrest,  aus  dem  noch  weitere  Cau  dal  Segmente  hervorgehen  konnten.  Dass 
dies  in  der  That  der  Fall  sein  muss,  zeigten  die  älteren  Embryonen,  für  welche 
Keibel  6  Caudalsegmente  zählte.  Leboucq^)  und  Steinbach  1.  c.  (S.  28) 
haben  in  der  That  je  einen  Fall  von  6  Steisswirbeln  beschrieben.  Die  vorhin 
(S.  28)  erwähnten  Beobachtungen  von  Phisalix  und  Fol  machen  es  wahr- 
scheinlich, dass  in  vereinzelten  Fällen  noch  mehr  vorkommen  können,  worauf 
u.  a.  eine  bei  den  älteren  Embryonen  noch  undiflferenzirte  Endknospe  hinweist. 

Keibel  machte  ferner  die  wichtigen  Funde,  dass  in  das  Caudalstück  der 
menschlichen  Embryonen,  abgesehen  vom  MeduUarrohre  und  der  Chorda, 
deren  Vorkommen  hier  bereits  bekannt  war,  auch  der  Darm  übergeht  (Schwanz- 
darm), und  dass  das  Caudalstück  hinter  der  Aftermembran  beginnt,  ganz  genau 
wie  bei  denjenigen  Thieren,  die  dauernd  einen  äusseren  Schwanz  behalten. 

Der  äussere  menschliche  Embryonalschwanz  (Fig. 43)  besteht  nach  dem 
Beginne  der  Wirbelentwicklung  aus  einem  wirbelhaltigen  und  aus  einem  wirbelfreien 
Abschnitte,  in  welchen  letzteren  sich  jedoch  noch  Chorda  und  MeduUarrohranlagen 
fortsetzen  (s.  Fig.  42).  Dieser  Abschnitt,  der  mitunter  die  Gestalt  eines  feinen 
Fadens  hat  —  Schwanzfaden*  His  —  geht  normaler  Weise  alsbald  zu  Grunde. 
Dann,  im  3 — 4 ten  Fötalmonate,  ragt  noch  der  wirbelhalt^ge  Theil  wie  eine 
kleine  flache  dreiseitige  Erhabenheit,  nur  von  der  Haut  bedeckt,  etwas  hervor 


1)  Braun,  M.,  Entwicklungsvorgänge  am  Schwanzende  bei  einigen  Säugethieren 
mit  Berücksichtigung  der  Verhältnisse  beim  Menschen.  Archiv  für  Anatomie  und 
Entwicklungsgeschichte,  3882.  S.  207. 

2)  Bekanntlich  sind  die  bei  den  Wirbelthierembryonen  zu  beiden  Seiten  der 
Chorda  auftretenden,  eine  homodyname  Längsgliederung  des  Körpers  anzeigenden 
Stücke,  die  früher  sogenannten  ürwirbel,  nicht  nur  die  Wir  bei  an  lagen,  sondern 
u.  a.  auch  Muskelanlagen.  Statt  des  Namens  „ürwirbel"  ist  daher  jetzt  „Segmente" 
oder  „Ursegmente"  üblich  geworden.  Die  Abgliederung  der  anfangs  knorpligen,  später 
knöchernen  Wirbel  erfolgt  erst  geraume  Zeit  nach  dem  Auftreten  der  Ursegraente. 
Jede  Wirbelkörperanlage  reicht  von  der  Mitte  eines  Segmentes  bis  zur  Mitte  des 
nächstfolgenden.  Dies  ist  leicht  verständlich,  wenn  man  in  Betracht  zieht,  dass  die 
Muskelfasern  doch  auf  die  Wirbel  wirken  sollen.  Demnach  müssen  wir  den  Anfang 
des  ersten  Halswirbels  durch  die  Mitte  des  ersten  Segmentes  legen;  er  reicht  dann 
bis  zur  Mitte  des  zweiten  Segmentes.  Der  7.  Halswirbel  reicht  von  der  Mitte  des 
7.  bis  zur  Mitte  des  8.  Segmentes,  der  29.  Wirbel  (letzter  Kreuzwirbel)  von  der  Mitte 
des  29.  bis  zur  Mitte  daa  30.  Segmentes;  dort  also  beginnt  die  Anlage  des  ersten 
Schwanzwirbels. 

3)  Leboucq,  H.,  De  menschelijke  Staart  etc.  Natura,  maandschrift  voorNatuur- 
wetenschapen.  HL  1885.  p.  337.    Gent,  1886. 


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1.   \';irli   Fr,   Kt'iijcL   Arcli,   f.  Aii:if.   iL   l'}i\,^.   1M»K  T.'if.  XIX.,   Fiir^    F 


126  Schwanzbildungetl. 

und  bildet  so  den  Steisshöcker,  Ecker.  Später  wird  auch  dieser  SchwanZ- 
theil  zu  einem  inneren  infolge  seiner  ümkrtimmung  nach  vom  und  der  bedeu- 
tenden Entwicklung  der  Glutäalmassen ;  das  Verschwinden  des  äusseren  Schwanzes 
ist,  wie  K  ei  bei  treffend  sagt,  einem  „Untertauchen"  vergleichbar.  Nach  allem 
diesen  besteht  nicht  der  mindeste  Zweifel,  dass  das  Steissbein  des  Menschen 
mit  den  zugehörigen  Weichtheilen  als  ein  dem  Schwänze  der  Thiere  homologes 
Caudalstück  zu  betrachten  ist  und  dass  der  Mensch  also  einen  inneren 
„Wirbelschwanz"  besitzt  ^).  Vgl.  hierzu  auch  das  S.  86  über  die  Schwanz- 
muskulatur Mitgetheilte. 

Bei  der  Frage,  ob  dem  Menschen  ein  Schwanz  zukomme,  wird  eine  Ant- 
wort hauptsächlich  darauf  gewünscht,  ob  er  zu  irgend  einer  Zeit  seiner  Existenz 
einen  äusseren  Wirbelschwanz  habe,  insbesondere  ob  es  Fälle  gäbe,  iö 
denen  auch  erwachsene  Menschen  noch  einen  äusseren  Wirbel- 
schwanz gehabt  hätten,  und  ob  es  geschwänzte  Menschenstämme 
gäbe,  oder  gegeben  habe? 

Dass  der  Mensch  während  einer  gewissen  Zeit  seines  Embryonallebens 
einen  äusseren  Wirbelschwanz  habe,  kann,  wie  wir  soeben  feststellten,  nicht 
bezweifelt  werden.  Aus  dem  späteren  Lebensalter  liegen  einige  bemerkens- 
werthe  Fälle  vor,  so  die  von  M.  ßraun^),  Lissner^),  Hennig  und  Eauber^)* 

Braun's  Fall  betrifft  einen  erwachsenen  jungen  Mann,  dessen  Steissbein  gerade 
gerichtet  war,  so  dass  dessen  letztes  Ende  schwauzähnlich  vorsprang.  Lissner  fand 
bei  einem  neugeborenen  Mädchen  einen  schwanzförmigen  Anhang  in  direkter  Fort- 
setzung der  Wirbelsäule,  in  welchem  fingerphalangenähnliche  harte  Körper  zu  fühlen 
waren.  Als  das  Kind  13V2  Jahre  zählte,  war  der  Anhang  auf  I2V2  ^^  gewachsen  und 
zeigte  noch  die  harten  Körper.  Diese  Caudalbildungen  dürften  wohl  als  äussere 
Wirbelschwänze  bei  Erwachsenen  angesehen  werden.  Freilich  wissen  wir  nicht,  ob 
hier  die  Zahl  der  Schwanzwirbel  vermehrt  war.  Letzteres  gilt  auch  für  den  sehr 
genau  anatomisch  untersuchten  Fall  von  Hennig  und  Kauber.  Bei  einer  neuge- 
borenen Peromela  waren  in  dem  30  mm.  langen  Schwänze  zwei  Knochenstücke,  die 
der  Form  nach  ebenfalls,  s.  Lissner,  Fingerp  halangen  glichen;  Raub  er  spricht  sie 
jedoch  für  veränderte  Steiöswirbel  an. 

Ausser  den  normalen  Embryonalsehwänzen  mit  Segmentirung  und  Wirbel- 
Muskel-,  Chorda-  und  Darmanlagen  und  den  höchst  wahrscheinlich  als  solche 
anzusprechenden  Wirbelschwanzbildungen,  die  Braun,  Lissner  und  Raub  er. 
beschrieben  haben,  gibt  es  noch  eine  grössere  Zahl  von  Caudalanhängen  in 
zuweilen  sehr  frappanter  Schwanzform,  die  beim  Menschen  beobachtet  wurden, 


1)  Virchow,  R.,  Correspondenzblatt  der  deutschen  Gesellschaft  f.  Anthropol. 
Ethnol.  und  Urgeschichte.  XL  Jahrg.  1880.  (Verhandlungen  der  XL  allgem.  Vers,  der 
Gesellschaft  zu  Berlin.  S.  45.)  R.  Virchow  schlug  hier  vor,  die  Schwanzanhänge  mit 
Wirbelstücken  als  „Wirbelschwänze",  die  ohne  solche  Stücke  als  „weiche  Schwänze** 
zu  benennen. 

2)  Braun,  M.^  Ueber  rudimentäre  Schwanzbildung  beim  erwachsenen  Menschen. 
Archiv  für  Anthropologie,  Bd.  13.  1881. 

3)  Lissner,  Schwanz bildung  beim  Menschen.  Arch.  f.  patholog.  Anat,  herausg. 
von  R.  Virchow,  Bd.  99.  S.  191.    1885. 

4)  Hennig,  C.  und  Raub  er,  A.,  Ein  neuer  Fall  von  geschwänzten  Menschen. 
Ebendas.  Bd.  105.  S.  83.    1886. 


Schwanzbildungen.  1^ 

^^  in  denen  keine  harten  Wirbelgebilde  sich  fanden.    Man  bezeichnet  sie  mit 
^•Virchow  (s.S.  126,  Note  1)  als  „weiche  Schwänze". 

M.  Bartels,   welcher  die  genauesten  Untersuchungen  über  diesen  Gegenstand 
*^gestellt  hati),  gibt  folgende  Uebersicht  über  alle  hierher  gehörenden  Formen: 

1)  Angewachsene  Schwänze. 

2)  Freie  Schwänze: 

a)  Die  durch  Atavismus  entstandenen  Schwänze,  echte  Thierschwänze 

b)  freie  Schwänze,  durch  Bildungshemmung  entstanden 

c)  freie  Schwänze,  durch  Wachsthumssteigerung  entstanden. 

Als  „angewachsene  Schwänze"    bezeichnet    Bartels   eine  von  ihm   zuerst 

^schriebene  sehr  merkwürdige  Bildung,    bei  welcher    sich    ein  dreieckiges  Hautfeld, 

^^  Kreuzbeine  und  Steissbeine  entsprechend,   durch   zwei   seichte   nach  unten  con- 

^rgirende,   in   der   Crena  ani    zusammentreffende   Hautfurchen   umgrenzt,   von   der 

**^igen  Hautpartie  der  Kreuzgegend  abhebt;   die   untere  Spitze   dieses    Hautstückes 

^Jin,  einem  kleinen  Schwänze  gleich,  über  den  Anus  ein  wenig  überhängen.    Bartels 

pochte  diese  Bildung   als   eine  Persistenz   des  Steisshöckers  (s.  S.  126)  ansehen,    also 

^  eine  Hemmungsbildung.    Dies  ist  wohl  nicht  zutreffend,  da  nach  den  Zeichnungen 

^^  Angaben  von  Bartels  dies  Hautteld  die  Kreuzbeinregion,  oder  doch  einen 

«nxten  Theil   derselben   mit   umfasst.    Ehe   nicht   präparirende   und   genauere  ünter- 

«chungen   über   die  Entwicklung  auch  der  Kreuzbeinregion  vorliegen,    werden   wir 

®^  diese  sonderbare  Bildung  nichts  Sicheres  aussagen  können. 

Zur  Anerkennung  eines  Thierschwanzes   verlangt  Bartels   den  Nachweis 

gütlich  differenzirter  und  vermehrter  Schwanzwirbel.    Ein  solcher  Fall  ist 

*  Sicherheit   beim   Menschen    noch   nicht    erwiesen.    (Die  Fälle   von   Braun  und 

*ssner   wurden   nur   durch   die  Haut  hindurch   untersucht,   und  es  ist  nicht  fest- 

«  stellt,  ob  mehr  als  6  Caudalwirbel  vorhanden  waren.) 

Freie,    durch    Bildungshemmung    bedingte   Menschenschwänze 

^üen  der  Periode   vor   der  Bildung   des  Steisshöckers   entstammen   und   auf  dem 

^bleiben  der  Bildung  knorpliger  und  knöcherner  Wirbeläquivalente  in  dem  embryo- 

^len  Schwänze  beruhen.    Es  sind   kurze  gedrungene,   konisch  geformte  Bildungen, 

^^  Bartels   hierher   zählt.    Sicher   in   ihrer  Entstehung   sind   sie   auch    noch  nicht 

^^iesen. 

Die  durch  Wachsthumssteigerung   entstandenen   freien  Schwänze  sind 

ach  Bartels  .die   häufigste  Form.    Tritt   die   gesteigerte   Gewebsbildung   vor  der 

irbeldifferenzirung  ein,  dann  entsteht  der  freie  weiche  Schwanz  in  der  sogenannten 

i»öchweineschwanzform*'.    Von  dieser  Art  Schwanzbildung  haben  wir  beim  Menschen 

***®  ganze  Anzahl   wohl   verbürgter  Beispiele;   ich   habe   noch  jüngst   ein   mir   von 

*i^tels  zur  Verfügung  gestelltes  Exemplar  dieser  Art  fast  von  der  Stärke  und  Länge 

aes  kleinen  Fingers   zu  untersuchen  Gelegenheit   gehabt.    Gewöhnlich   findet  man, 

^  einer  öfters  stärker  behaarten  Haut  umhüllt,   als  Füllungsmasse  Fett  und  binde- 

«^^ebige  Stränge,   welche   zur  Steissbeinspitze    oder   zu   den  angrenzenden  Theilen 

ses  Knochens  gehen,   auch   zuweilen   sich   lang  an  dessen  Vorderfläche  hinziehen, 

Uj.,^^^2elnen   Fällen   wurden   in   einem   axialen   festeren   Strange   solcher   Schwanz- 

*<iungen   auch   Nerven,   gestreifte  Muskelfasern«)  und  zahlreiche  Gefässe  mit  stark 

l88l  ^'  Bartels,  M.,  lieber  Menschenschwänze.  Archiv  für  Anthropologie,  Bd.  13. 
Ein  ^'^'  ~~  ^^^^^'^^  ^^^  geschwänzten  Menschen.  Ebendaselbst,  Bd.  15.  1884.  S.  45. — 
Ein  ^^^^  "^^'^  ^^^  angewachsenem  Menschenschwanz.  Ebendas.,  Bd.  13.  1881.  S.  411.  •— 
ji»k  .^®^^<io8chwanz  beim  Menschen  (Lipoma  penduium  caudiforme).  Deutsche  Zeit- 
^^^  für  Chirurgie,  Bd.  XX. 

jr^^  2)  Einen  sehr  bemerkenswerthen  Fall  dieser  Art  theilt  mit:  Piatnitzky,  J.  J., 
r^  ^'rage  über  die  Schwanzbildung  beim  Menschen.  Diss.  inaug.  Moskau,  1893, 
^     ^^^iflcher  Sprache.) 


128  Angeborene  Sacraltümoren. 

muskulöser  Wand  gefunden  i),  auch  von  Bewegungen  auf  Reize  und  von  einer  Art 
Erection  dieser  Anhänge  wird  bestimmt  berichtet;  das  würde  sich  daraus  erklären. 

Tritt  erst  nach  begonnenerWirbelbildung  eine  Wachsthumssteigerung  ein» 
welche  zur  Vergrösserung  der  einzelnen  Wirbel  führt,  ohne  dass  es  jedoch  zu  ver- 
mehrter Wirbelbildung  kommt,  dann  liegt  eine  andere  Form  von  Schwanzbildung 
vor.  Dahin  gehören  meines Erachtens  vielleicht  die  Fälle  von  Braun,  Lissner  und 
Raub  er  so  wie  auch  ein  Fall  von  Ornstein.  Diese  Formen  können  den  Thierschwänzen 
homologisirt  werden,  denn  auf  die  Zahl  der  Wirbel  kommt  es  bei  dem  Entscheide,  ob 
eine  Schwanzbildung  vorliegt,  nicht  an.  Man  könnte  übrigens,  falls  sich  die  Wirbel 
nicht  vermehrt  zeigten,  diese  Form  auch  zu  den  Bildungshemmungen  rechnen,  indem 
es  nicht  zu  der  normalen  Vorwärtskrümmung  des  Steissbeines  gekommen  wäre. 

Der  Annahme  Bartels',  dass  die  freien  weichen  Schwänze  sich  aus  einem  ver- 
mehrten Wachsthume  der  bindegewebigen  und  Hautanlagen  des  embryonalen  Schwanzes, 
bevor  es  noch  zur  Wirbelbildung  gekommen  sei,  erklären,  steht  nichts  entgegen. 
Fälle,  wie  die  von  Piatnitzky  beschriebenen,  wo  sich  Nerven  und  gestreifte  Musku- 
latur finden,  die  also  auf  Segmentbildungen  schliessen  lassen,  reihen  sich  den  Thier- 
schwänzen an.    Auch  die  äussere  Form  erinnert  oft  auffallend  an  solche  2). 

Die  Frage,  ob  Mensehenstämme  mit  freien  Wirbelschwänzen  existirt 
haben  oder  noch  existiren,  muss  nach  unserem  heutigen  Wissen  verneint  werden^). 

In  praktischer  Beziehung  soll  hervorgehoben  werden,  dass  in  einzelnen 
Fällen  die  schwanzförmigen  Anhänge  ihren  Inhabern  lästig  wurden  und  zur 
Abtragung  Veranlassung  gaben.  Gefahr  ist  damit  wohl  kaum  verbunden,  ob- 
wohl ein  Todesfall  berichtet  wird;  doch  können  bei  grossem  Gefässreichthume 
unangenehme  Blutungen  entstehen.  Zieht  von  dem  Anhange  ein  Fortsatz  hoch 
zum  Becken  hinauf,  so  ist  Vorsicht  wegen  etwaiger  Verbindungen  init  anderen 
Theilen,  insbesondere  auch  mit  dem  Sacralkanale  geboten.  —  Häufig  sind  mit 
Schwanzbildung  noch  andere  Bildungsanomalien  vergesellschaftet^). 

Angeborene  Sacraltnmoren. 
Die  angeborenen  Sacraltumoren  (Sacralteratome)  erweisen  sich,  wenn 
wir  von  den  Doppelbildungen,  insbesondere  den  parasitären  Formen  — 
bei  denen  der  eine  Zwilling  ganz  verkümmert  ist  und  als  caudaler  „Parasif* 
dem  besser  entwickelten  Genossen  „Autositen",  ansitzt  —  und  von  den  vor- 
hin besprochenen  schwanzförmigen  Anhängen  absehen,  als  Neubildungen  vom 
Charakter  der  Mischgeschwülste,  indem  sie  verschiedene  Gewebe,  u.a.  auch 


1)  Virchow,  R.,  Ueber  Schwanzbildung.  Archiv  für  pathol.  Anatomie.  Berlin, 
1880.  Bd.  79.  S.  176. 

2)  Vergl.  hierzu  den  bei  R.  Wiedersheim:  Der  Bau  des  Menschen  als  Zeug- 
niss  für  seine  Vergangenheit,  2.  Aufl.,  Freiburg  i.  B.  und  Leipzig,  1893.  S.  25,  abge- 
bildeten Fall  von  Howes  (Scientific  American,  11.  Mai  1889). 

I  Z3  3)  Vergl.  hierzu:  Bartels  11.  cc,   Ecker  I.e.  (S.  40?)  und   Mohnike:  Ueber  ge- 

schwänzte Menschen.   Münster,  Westfalen.  1878. 

4)  S.:  H.W.Freund,  Ueber  Schwanzbildung  beim  Menschen.  Virchow's Arcb. 
f.  pathologische  Anatomie.  Bd.  104.  S.  531.  188(5.  (Diese  Arbeit  enthält  auch  die 
interessante  anatomische  Untersuchung  eines  weichen  angewachsenen  Schwanzes. 
Das  fünfwirblige  Steissbein  war  durch  ein  unpaares  medianes  Gelenk  mit  dem  Kreuz- 
beine verbunden  und  war  nach  hinten  gekrümmt.) 


Parasitäre  Doppelbildungen.  129 

''Ösenschläuche  und  cystische  Bildungen,  vielfach  mit  Flimmerepithel  versehen, 

önren.    Dieser  bunte  Bau  erklärt  sich  daraus,  dass  einmal  an  der  Schwanzspitze 

^^ie,42)  noch  undifferenzirtes  Material  vorhanden  ist,  welches  sich  bei  weiterer 

Ucherung  in  die  verschiedensten  Gewebsformen  umzubilden  vermag,  und  dass 

^ödererseits  MedullaiTohr,  Chorda  und  Darm  (Schwanzdarm)  nebst  Muskel-  und 

keletanlagen    hier   dicht  aneinander  stossen  (Fig.  42),  sodass  von  verschiede- 

^D  Bildungen   aus    Stücke   in   ein  sich    entwickelndes  Neoplasma ,  übergehen 

<>önen.   So  dürfen  z.  B.  drüsenschlauchähnliche  Bildungen  von  dem  Schwanz- 

^^nne  abgeleitet  werden;  Muskelfasern  lassen  sich  auf  die  im  Caudalstticke  des 

*-öibryo  vorhandenen  Ursegmente  beziehen,  Zellenhaufen  von  epithelialem  Cha- 

^kter  auf  die  Chorda-,   Darm-  und  MeduUarreste;    zu   allem  diesem   tritt  das 

^  der  Anlage  ebenfalls  vorhandene  Bindegewebe. 

Von  parasitären  Doppelbildungen,  die  nicht  immer  leicht  von  einem 

^ttiplicirt   gebauten    congenitalen  Sacraltumor   unterschieden   werden   können, 

P^cht  man,  sobald  irgend  ein  als  solcher  erkennbarer  Körpertheil,  wie  Hand, 

ttss,  Wirbelstück  u.  s.  f.  vorliegt.    Ist  der  Parasit   auf   das  äusserste  zurück- 

S^bildet,  oder  unentwickelt   geblieben,   so  ist  die  Unterscheidung  in  der  That 

^^ht  leicht.    Einzelne,   wie  u.  a.  Ahlfeld ^),  möchten  fast  alle   angeborenen 

teisggeschwtilste,  namentlich  die  Cystosarkome,  als  wenig  differenzirte  parasi- 

**^ö  Doppelbildungen  ansehen. 

In  praktischer  Beziehung   ist   auf   folgendes  zu  achten :    Zunächst  muss 

^^enostisch   festgestellt  werden,   ob  man  es  mit   einer  parasitären  Bildung  zu 

^n  hat,  oder  ob  ein  kongenitales  Neoplasma  vorliegt,  was  freilich,  s.  das  vor- 

^^  Angegebene,    in  manchen  Fällen  nicht  möglich  sein  wird.     Bei  den  para- 

*wen  Bildungen  muss  man,  falls  zur  operativen  Entfernung  geschritten  werden 

^''*e,  immer  daran  denken,  dass  die  Gefahr  einer  Eröffnung  des  Wirbelkanales 

^steht;   aber  auch  die   echten  Neoplasmen  reichen  mit  ihrer  Wurzel  oft  sehr 

<^ch  an  der  vorderen  Kreuzbeinwand  hinauf,  oder  in  den  Kreuzbeinkanal  hinein. 

^^  Entwicklungsweise   aller   dieser   Dinge   erklärt  dies    Verhalten.     Sitz   der 

^^^schwülste  hinten  lässt  eine  Verbindung  mit  dem  Wirbelkanale  annehmen; 

lese  ist  bei  cystischen  Neubildungen  erwiesen,  wenn  durch  Druck  auf  letztere 

^ötanellenspannung   und  Erscheinungen  von  Hirndruck  auftreten.  —  Bei  den 

ö'^osseren  Tumoren  dieser  Art  kann  die  Arteria  sacralis  media  stark  entwickelt 

;  sie  versorgt  die  Geschwülste  2). 


^        1)  Ahlfeld,   Fr.,   Die  Missbildungen   des   Menschen.     Leipzig,   Grunow,   1880. 
^^*  l  S.  53. 

2)  Weiteres  über  die  Sacral-  und  Steissbeingeschwülste,   insbesondere  über  die 

geborenen,  s.  bei  Braune,  W.,  Die  Doppelbildungen  und  angeborenen  Geschwülste 
j.f '^,  ^^euzbeingegend.  Leipzig,  1862.  —  Duplay,  S.,  Des  tumeurs  cong^nitales  de  la 

gion   sacrococcygieune.    Arch.  g^n.  de  m6d.  T.  XIL    1868.    —   Holmes,    Surgical 


^  ent  of  the  diseases  of  infant  and  child.  London,  1868.  —  Lannelongue  et 
j^^^nard,  Traite   des  kystes   cong^nitaux.    Paris,   1886.    —    v.  Bergmann,   E.,   Zur 

^gnose    der    angeborenen    Sacralgeschwülste.      Berliner   klin.   Wochenschr.    1884. 

^'  ^Ö  u.  49.  —  Duplay,  S.  et  R6clus,  P.,  Traite  de  Chirurgie.  T.  VII,  Article: 
^Äldeyer,  Das  Becken.  ^ 


130  Beckenfrakturen. 

Beckenfrakturen. 

Die  anatomischen  Verhältnisse  lassen  uns  die  Beekenfrakturen  in  zwei 
Gruppen  theilen: 

1.  Die  Beckenringbrüche^). 

2.  Die  Beckenstückbrtlche  m. 

Das  Wesentliche  der  Beckenringbrüche  liegt  darin,  dass  die  Bruchlinie 
an  irgend  einer  Stelle  den  knöchernen  Beckenring  völlig  durchtrennt;  Die 
Existenz  eines  knöchernen  Beckenringes,  innerhalb  dessen  wichtige  Weichtheile 
gelegen  sind,  schafft  in  Bezug  auf  die  Frakturen  ähnliche  Verhältnisse,  wie  sie 
beim  Schädel  und  beim  Thorax  vorhanden  sind.  Das  heisst,  es  kommen  hier 
Sprengbrtiche  durch  Kompression  des  gesamten  Beckenringes  zu  Stande,  und 
zwar  wie  beim  Schädel  auch  durch  den  sogenannten  „Contre-coup",  an  einer 
der  unmittelbaren  Einwirkung  entgegengesetzten  Stelle,  und  es  kompliziren 
sich  mit  der  Fraktur  nicht  selten  Verletzungen  der  Beckeneingeweide. 
Da  die  Dislokation  der  Bruchstücke,  falls  die  veranlassende  Gewalt  nicht 
geradezu  Zertrümmerungen  zu  Wege  brachte,  den  anatomischen  Verhältnissen 
nach,  meist  eine  geringe  ist,  so  sind  die  Verletzungen  der  inneren  Becken- 
organe in  praktischer  Beziehung  vielfach  die  Hauptsache. 

Eine  gewöhnliche  Form  des  Beckenringbruches  ist  der  Malgaigne'sche 
„doppelte  Vertikalbruch''.  Hierbei  findet  man  meist  zwei  im  ganzen  ver- 
tikal verlaufende  Bruchlinien,  von  denen  die  eine  hinten  im  Kreuzbeine 
sich  an  die  Foramina  sacralia  hält,  die  andere  vom  im  Ischiopubicum  ent- 
weder das  Foramen  obturatum  durchsetzt,  oder  neben  demselben  gelegen  ist. 
In  der  unteren  Begrenzungsspange  des  Foramen  obturatum  läuft  die  Bruchlinie 
gern  durch  die  Synostosis  ischiopubica.  Im  Kreuzbeine  ist  meist  nur 
eine  Bruchlinie  vorhanden,  im  Ischiopubicum  kommen  nicht  selten  mehrere  vor. 
Ausnahmsweise  nur  ist  das  Iliosacralgelenk  eröffnet. 

Kusmin*)  fand  durch  experimentelle  Prüfung  bei  einer  sagittalen  Kom- 
pression sehr  häufig  diese  Bruchform  eintreten,  bei  einer  frontalen  Kompression, 
zwischen  beiden  Darmbeinen  oder  zwischen  beiden  Trochanteren,  dag;egen  nur  die 
vordere  Längsfraktur  im  Schambeine  und  dazu  noch  eine  Darmbeinfraktur.  —  Auch 
schwere  Geburten  bei  engem  Becken  können  zur  Sprengung  des  Beckenringes  führen.  — 


„Bassin**  par  Ch.  Walther,  p.  452.  Paris,  1892,  Massen.  —  Tourneux,  F.,  et  Herr- 
mann, G.,  Sur  la  persistance  de  vesti^es  medullaires  coccygiens  pendant  toute  la 
Periode  foetale  chez  Thomme  et  sur  le  röle  de  ces  vestiges  dans  la  production  des 
tumeurs  sacro-coccygiennes  conj^^nitales.  Journ.  de  l'anatomie  et  de  la  physiologie. 
T.  XXIII,  1887,  p.  498.  —  Feldmann,  0.,  Beitrag  zur  Kenntniss  der  congenitalcn 
Sacraltumoren.  Diss.  inaug.  Berlin,  1895,  8^.  (Mit  Litteratur.)  —  Virchow,  R.,  lieber 
einen  Fall  von  Hygroma  cysticum  glutaeale  congenitum.  Arch.  f.  pathol.  Anat. 
Bd.  100,  1885,  S.  571. 

1)  Rose,  Edm.,  Beiträge  zur  Kenntniss  der  Verletzungen  des  Rumpfes.  Die 
Diagnostik  der  einfachen  Beckenfrakturen,  Charite-Annalen,  Bd.  XIII,  Heft  2.  Berlin, 
18G5.    (Hier  wird  zuerst  die  Bezeichnung  „Brüche  des  Beckenringes**  gebraucht.) 

2)  Kusmin,  Wiener  medicinische  Jahrbücher,  1883,  Heft  IL 


Beckenfraktoren.  131 

_^»nen  gut   beschriebenen  Fall    eines   Beckenringbruches,  wie   er  sich   bei   sagittaler 
^Kompression  einzustellen  pflegt,  veröffentlichte  (mit  Abbildung)  jüngst  Rochs^). 

Von  Weichtheiien  werden  am  häufigsten  betroffen:  die  Harnblase,  die 
**arnröhre  und  das  Rectum;  Befunde,  die  sich  unmittelbar  aus  den  topo- 
S'^aphisch-anatomischen  Verhältnissen  erklären. 

Einen  merkwürdigen  Fall  von  Einklemmung  der  vorderen  Harnblasenwand  in 
me  Prakturspalte  des  Schambeines  beobachteten  wir  jüngst  auf  dem  Berliner  anato- 
mischen PräparirsaaleS). 

Zur  Diagnose,  sowie  zur  Einrichtung  von  etwaigen  Dislokationen 
^^nn  die  Untersuchung  per  Vaginam  und  per  Rectum  wichtig  sein.  Man  lagere 
^'^  zu  untersuchenden  Leute  auf  die  gesunde  Seite  und  in  nach  vorn  ge- 
p^gter  Stellung  (zur  Erschlaffung  der  Bauchmuskeln  und  des  Iliopsoas.)  — 
^^  die  Hüftpfanne  gebrochen,  dann  kann  der  Oberschenkelkopf  durch  den 
^^sprengten  Pfanuenboden  in  das  kleine  Becken  vorstossen,  wobei  dann  eine 
^^rkttrzung  der  betreffenden  Extremität  eintritt.  —  Symptome  einer 
ertetzung  vonseiten  der  Harnblase  sind:  Harnverhaltung  (meist  unmittel- 
^r  nach  dem  Unfälle  eintretend),  Blutungen  aus  der  Harnröhre,  erschwerte 
'^atheterisirung,  Harninfiltration;  von  Seiten  des  Mastdarmes:  Koth- 
^^fhaltung,  Blutabgang,  lokale  Schmerzempfindung,  besonders  bei 
^»"euz- und Steissbeinbrttchen.  Hierzukommen  häufig  noch:  Lateral-Rotation 
^8  Fusses  (wegen  Lähmung  der  Adductoren),  und  Schmerzen  im  Verlaufe 
^8  Nervus  obturatorius,  dessen  langer  Lauf  im  Becken  dicht  an  den  ge- 
wöhnlichen Bruchstellen  vorbeiführt,  s.  Figg.  20  und  5L 

Von  den  Beckenstückbrüchen  d.  h.  den  Brüchen,   welche   nicht  den 

^Öchernen  Ring  eröffnen,    sondern  nur  ein   umschriebenes  Stück  des  Beckens 

abtrennen,   können  wir  hier  absehen;   nur  auf  die  Schussfrakturen  ist  auf- 

^rksam  zu  machen ;  bei  diesen  ist  aber  die  Weich theilverletzung  weitaus  das 

^«sentlichere. 

Stichinstrumente  und  kleinkalibrige  Kugeln  können,  den  anatomischen  Verhält- 

ssen  zufolge,  durch  die  verschiedenen  Beckenzugänge  eindringen,  ohne  den  Knochen 

^  auch   ohne   einen   der  Weichtheile   des  Beckeninneren  zu   verletzen;   auch   die 

^/^uzbeinlöcher  sind  hier  mitzurechnen.    B6clard  (citirt  bei  Riebet,  A.,  Trait6  pra- 

(^r^  *^'^oatomie  mödico-chirurgicale,  IV  6dit.  S.  245)    beobachtete  einen  solchen  Fall 

g   **^liyerletzung  durch  ein  Foramen  sacrale).    Der  Hiatus  lumbosacralis  und  der  Hiatus 

*^^*'^s  bieten  —  der  erstere  freilich  nur  bei  gebeugter  Haltung  —  bequemere  Zu- 

nge.  —  Stumpf  einwirkende  Gewalten  können  bei  der  spongiösen  Beschaffenheit  des 

^  ^euzbeines  zu  Quetsch brüchen  und  Zermalmungen  führen.    Bei  Quer-  und  Schräg- 

^chen  des  Kreuz-  und  Steissbeines   wird    das   untere  Bruchstück   stets  nach   vom 

In  P^^^°'   <ia   die   betreffenden  Muskeln  so  laufen,   und  da  das  obere  Stück  fixirt  ist. 

,      <^lge  dieser  Dislokation  kann  die  Defäkation  behindert  sein.  —  Steissbeinbrüche 

^öien  wohl  nur  bei  älteren  Leuten  vor  3). 

1)  Rochs,   Zur  Casuistik   der  Beckenrinffbrüche.     Berliner   klinische  Wochen- 
schrift, 1894,  Nr.  25. 

Srt   ^  ^)  ^erota,  D.,    lieber  einen  Fall  von  Beckenfraktur.    Arch.  f.  klin.  Chirurgie. 
''^^  ö2.  S.  701.   1896. 

Qu       ^^  Ueber  Beckenbrüche  vergl.  noch:  F6r6,  6tude  experimentale  et  clinique  sur 
^  Piques  fractures  du  bassin.   Progr^s  m6d.  1880.  P.  363,  385, 403, 421.  —  Barth^lemy, 


132  Beckenluxationen.    Entzündliche  Zustände  der  Beckenknochen. 

Beckenluxationen. 

Bei  den  Beckenluxationen  ist  wegen  der  bedeutenden  Gewalt,  die  ein- 
wirken muss,  um  eine  Verrenkung  zu  Stande  zu  bringen,  meist  auch  die  Weicb- 
theilverletzung  die  Hauptsache.  Man  muss  die  Diastase,  d.h.  die  einfache 
Trennung  ohne  Verschiebung,  von  der  vollständigen  Sprengung  der  Gelenke 
mit  Dislokation  wohl  unterscheiden.  Die  Diastasen  kommen  nicht  selten  bei 
engen  Becken  durch  eine  Geburt  zu  Stande;  auch  operativ  —  bei  der  Symphyseo- 
tomie —  wird  das  Iliosacralgelenk  diastatisch  eröffnet  (Farabeuf)^  ich  komme, 
hierauf  bei  der  anatomischen  Schilderung  der  Operationen  zurück. 

Am  häufigsten  zeigt  sich  die  Symphysis  ossium  pubis  betroffen,  dann 
die  Articulatio  sacroiliaca,  sowie  die  Symphysis  sacrococcygea. 
Entsprechend  dem  anatomischen  Verhalten  muss  die  Verschiebung  in  den  luxirten 
Gelenken  meist  gering  sein;  stets  ist  auf  die  lokale  Schmerzhaftigkeit  zu  achten 
und  die  normale  Beweglichkeit  des  Hüftgelenkes  zu  prüfen.  Es  sei  hier  eine 
Bemerkung  über  die  Verschiebungen  des  Beckens  bei  Coxalgie,  welche  Til- 
laux*)  eingehend  erörtert,  angefügt.  Bei  fixirtem  Oberschenkel  kann  sich  das 
Becken  um  drei  Axen  in  der  zugehörigen  Hüftpfanne  drehen;  um  eine  Quer- 
axe,  um  eine  sagittale  Axe  und  um  eine  vertikale  Axe  (Rotation  des  Beckens). 
Nach  allen  diesen  Bewegungen  treten  in  dem  erkrankten  Gelenke  Verschie- 
bungen auf:  das  Femur  ist  gegen  das  Becken  gebeugt,  das  Becken  neigt  sich 
ferner  auf  die  kranke  Seite,  und  in  späteren  Stadien  tritt  auch  eine  Einwärts- 
rollung  des  Femur  mit  Adduktion  ein^). 

Entzündliche  Zustände  der  Beckenknochen  und  Beckengelenke. 
Epiphysenlösungen.    Neurosen. 

Bei  den  entzündlichen  Zuständen  des  Knochens  und  der  Weichtheile  können 
sich  eitrige  Produkte,  wie  aus  den  zahlreichen  Zugangspforten  zum  Becken  er- 
sichtlich ist,  die  verschiedensten  Ausgänge  bahnen-,  es  sei  hierfür  auf  S.  81 
und  auf  das  Kapitel  „Beckenabscesse"  verwiesen.  Tuberkulöse  Ostitis  kommt 
verhältnismässig  häufig  an  dem  dicken  spongiösen  hinteren  Pfannenrande  vor^). 
Erkrankungen  der  Schaufel  des  Darmbeines  werden  an  der  Schwellung  des 
Knochens,  die  gut  durchzufiihlen  ist,  leicht  erkannt. 

Chronische  Entzündungen  mit  Ausgang  in  Ankylose  finden  sich  sehr  häufig 
am   Iliosacralgelenke.   —   Stets   muss   bei  jedem  Verdachte    auf    eine 


Des  complications  viscerales  des  fractures  du  bassin.  Bullet,  de  la  Soc.  elinique. 
Paris,  1878.  —  L essen,  H.,  Die  Verletzungen  der  unteren  Extremität.  Deutsche  Chi- 
rurgie.  Lief.  65.   1880. 

1)  Tillaux,  P.,   Traite   d'anatomie   topographique   avec  applications  ä  la  Chi- 
rurgie.   V  6dit,    Paris,  1887. 

2)  Ueber  Beckenluxationen  im  allgemeinen   vergl.  man:   Sali  er  on,   Luxations 
traumatiques  du  bassin.    Arch.  g6n.  de  m6d.  1871. 

3)  König,  Fr.,  Lehrbuch   der   speciellen  Chirurgie.    IV.  Aufl.    Bd.  III,  S.  261. 
Berlin,  1886. 


Geschwülste  am  Bänderbecken.  Iä3 

^^ckenknochen-Erkrankung  derZustand  des  Hüftgelenkes  geprüft 
^^rden,  um  Verwechslungen  zu  vermeiden. 

Bei  der  grossen  Menge  der  Epiphysenstücke  am  Becken  wird  man 
"^i  den  verschiedensten  Knochen-Erkrankungen  jugendlicher  Personen  eine 
^der  die  andere  Epiphysenlösung  erwarten  dürfen;  eine  solche  kann,  z.  B.  an 
^^^  Darmbeincrista,  noch  in  späteren  Jahren  (24. — 25.  Jahr)  vorkommen. 
S.  Seite  90. 

Wegen  der  an  den  Beckengelenken  —  das  Hüftgelenk  sei  hier, 
^^  diese  Verhältnisse  in  Bd.  I  nicht  besprochen  worden  sind,  mit  einbegriflfen  — 
^^^ht  selten  vorkommenden  Neurosen,  die  den  Nervenbahnen  entlang  aus- 
®t»*ahlende  Schmerzen  veranlassen,  sollen  auch  die  Gelenknerven  beschrieben 
^^rden,  welche  besser  gekannt  sind,  als  die  Knochennerven.    (S.  S.  89.) 

Für  die  Articnlatio  sacroiliaca  werden  die  Nerven  von  den  hinteren 
^^sten  der  drei  oberen  Sacralnerven  abg^egeben.  Von  der  Schamfuge  sind 
**ie  Nerven  noch  nicht  bekannt. 

Zum  Hüftgelenke  gelangen  die  Nerven  aus  vier  Quellen:  1)  von  der  Portio 
^hialis  des  Nervus  ischiadicus  und  2)  vom  Nervus  glutaeus  inferior  zur 
hinteren  Wand,  3)  von  den  tiefen  Muskelästen  des  Nervus  femoralis,  insbe- 
®^ödere  vom  Aste  für  den  Musculus  rectus  femoris,  zum  lateralen  Theile,  4)  vom 
^Ättius  posterior  des  Nervus  obturatorius,  unter  dem  Musculus  pectineus  hin, 
^Um  medialen  Theile  der  vorderen  Wand.  Falls  ein  sogenannter  Nervus  ob- 
^ratorius  accessorius,  welcher  vor  dem  Schambeine  zum  Oberschenkel  zieht, 
**8teht,  kann  auch  dieser  Zweige  zum  Hüftgelenke  abgeben  i). 


Geschwülste  am  Bänderbecken. 

Am  häufigsten  wurden  von  Geschwülsten  des  knöchernen  Beckens  gefun- 
^^^'  die  Osteome,  Myeloidsarkome  undEnchondrome.  Letztere  gehen 
^ohl  meist  von  den  zahlreichen  Epiphysenknorpeln  und  deren  Resten  aus.  Da 
^ie  Beckenknochen  fast  durchweg  spongiös  sind,  so  erklärt  sich  auch  das  häu- 
"8^^e  Auftreten  der  Myeloidsarkome.  Die  angeborenen  Sacraltumoren  wurden 
bereits  vorhin  abgehandelt;  auch  wurde  auf  die  geburtshülfliche  Bedeutung 
^^  Beckentumoren  aufmerksam  gemacht. 

Öie  bösartigen  Neubildungen  können  auf  die  Spur  der  zu  den  Beckenknochen 

S^hörigen   Lymphdrüsen    (regionäre   Lymphdrüsen    des  knöchernen  Beckens) 

^*^ren.    in  einem  von  Gussenbauer  (Prager  Zeitschr.  f.  Heilkunde  Bd.  XI)  beschrie- 

^nen  Falle  —  Melanosarkom  des  Os  ilium  —  waren  die  Inguinal-,   Iliacal-  und 

'^öibaldrüsen  ergriffen. 

^  1)  ßüdingcr,  N.,  Die  Geienknerven  des  menschlichen  Körpers.  Erlangen,  1857. 
r"  Luschka,  H.,  Die  Halbgelenke  des  menschlichen  Körpers.  Berlin,  1858.  S.  136.  — 
^-smarch,  F.,  Ueber  Gelenkneurosen.   Kiel,  1872.   S.  12  und  13. 


IM  t)ie  Weichgebilde  der  Beckenwand.    Eintheilung  und  Uebersicht. 


Die  Weichgebilde  der  Beckenwand. 

Eintheilung  und  Uebersicht. 

Im  Vorhergehenden  wurde  nach  einer  Besprechung  des  Beckens  im  all- 
gemeinen, nach  der  Aufzählung  seiner  Regionen  und  seiner  äusseren  Form- 
verhältnisse  (S.  1—15)  zuerst  die  knöcherne  Beckenwand  mit  den  zuge- 
hörigen Bändern,  kurz,  das  „Bänderbecken^  abgehandelt  (S.  16—133).  Von 
der  Ansicht  ausgehend,  dass,  wenn  irgendwo  im  Körper  eine  genaue  Kenntniss 
des  Knochen-  und  Bändergerüstes  für  die  topographische  und  praktisch-medizi- 
nische Betrachtung  nöthig  ist,  dies  beim  Becken  der  Fall  sei,  habe  ich  diesen 
Abschnitt  ausführlich  berücksichtigt.  Auch  Hessen  sieh  nicht  immer  die  Weich- 
gebilde von  den  Knochen  trennen  und  musste  schon  manches  von  den  ersteren 
mit  besprochen  werden. 

Im  folgenden  sind  nun  die  Weichgebilde  des  Beckens  im  besondern  ab- 
zuhandeln, und  zwar,  der  eingangs  angegebenen  Grundeinthcilung  gemäss: 

1)  Die  Weichgebilde  der  Beckenwand, 

2)  Die  Weichgebilde  der  Beckenhöhle. 

Wie  bei  der  Besprechung  der  knöchernen  Gebilde  der  Beckenwand  ein 
Abschnitt  der  Schilderung  der  knöchern  begrenzten  Beckenhöhle,  Cavum 
pelvis,  gewidmet  wurde,  so  muss  auch  im  folgenden  die  Beckenhöhle,  wie  sie 
sich  unter  Berücksichtigung  der  Weichtheile  gestaltet,  besonders  be- 
handelt werden.  —  Bei  der  Darstellung  des  Bänderbeckens  brauchten  wir,  un- 
geachtet mancher  wichtigen  Verschiedenheiten,  die  beiden  Geschlechter  nicht 
zu  trennen;  dies  wird  aber  im  folgenden  nöthig  sein.  Ferner  müssen  wir  uns 
an  die  Regionen  binden,  was  beim  Bänderbecken  unnöthig  war,  ja,  wider- 
sinnig gewesen  wäre.  Wir  treten  somit  nunmehr  in  eine  streng  topographisch 
gehaltene  Darstellung  ein. 

Nur  bei  einem  Kapitel,  welches  naturgemäss  jeder  Besprechung  der 
Weichtheile  voraufgehen  muss,  können  wir  noch  von  einer  Scheidung  nach 
den  Regionen  und  nach  den  Geschlechtern  absehen:  das  ist  die  Schilderung 
der  äusseren  Haut  des  Beckens. 

Aeussere  Haut  des  Beckens. 

Wenn  wir  das  Becken  in  der  Weise  abgrenzen,  wie  es  hier  S.  16  ge- 
schehen ist,  dann  gibt  es  keine  Gegend  des  Körpers,  in  welcher  die  Haut 
so  viele  Verschiedenheiten  zeigte,  wie  am  Becken.  Das  Corium  weist  die 
dicksten  Stellen  (Gesäss,  2— 3  mm)  und  die  dünnsten  (Glans  penis,  0,3 mm 
—  innere  Fläche  der  Labia  minora,  0,6  mm  —  Penis  und  Scrotum,  0,7 — 1,0  mm) 
auf,  die  es  überhaupt  gibt.  Die  Dicke  der  Epidermis  schwankt  freilich  nicht 
so  sehr.  Dagegen  zeigt  der  Panniculus  adiposus  wieder  die  erheblichsten 
Unterschiede:  am  Gesässe  haben  wir  das  stärkste  Fettpolster  des  Körpers,  am 
grössten  Theile  des  Penis  und  des  Scrotum,    an  den  Labia  minora  und   dem 


Aeussere  Haut  des  Beckens.  136 

tauteren  medialen  Theile  der  Labia  majora^)   fehlt  es   gänzlich;   dazwischen 

"öden  sich  alle  erdenklichen  Mittelstufen. 

Die  Haut  ist  zart,   glatt  und  weich  am  Penis,  Scrotum,   an  den  Labia 

^^jora   und   minora,    sowie   an   der  Innenfläche   der  Oberschenkel,   fester  und 

fauher  am  Gesässe   und   an   der   Trochantergegend,   besonders  bei   Männern; 

8»6  ist  (bei  den  hellfarbigen  Rassen,  namentlich  bei  den  Weibern)  fast  weiss 

^^  der  Innenfläche  und  Vorderseite   des   hierher  zu  rechnenden  Oberschenkel- 

gebietes  und  am  Gesässe,    dagegen   mehr   oder   weniger   pigmentirt,    auch 
ei  hellfarbigen  Rassen,  an  den  äusseren  Geschlechtstheilen,  am  After  und  am 
amme;   sie   hat   drüsen reiche,   drüsenarme   und  drüsenlose  Be- 
irke,   desgleichen  haarreiche,  haararme  und  haarlose. 

Af     ^^''^senreich  ist  die  Umgebung'  des  Afters;  hier  findet  sich  1— 1,5cm  von  der 
»^«röffnung  entfernt  ein  1—1,5  cm  breiter  Ring  zahlreicher  grosser  Knäueldrüsen 

■p  Glandulae  circumanales  Gay2).  zahlreiche  Talgdrüsen  hat  die  Glans  penis, 

ainentlich  um  die  Corona  glandis  herum,  im  Sulcus  retroglandularis  und  in  den  seit- 

oen  Grübchen  am  Frenulum  praeputii  (Fig.  75).   Man  hat  diese  Drüsen  mit  einem  be- 

pnderen  Namen,   Tyson'sche  Drüsen,    belegt  (Glandulae  praeputiales  BNA); 

^  unterscheiden  sich  jedoch  im  wesentlichen  nicht  von  gewöhnlichen  Talgdrüsen, 
eringer  ausgebildet  sind  die  homologen  Drüsen  in  der  Präputialtasche  der  Clitoris, 
0  sie  das  innere  Blatt  des  Praeputium  besetzen.  An  beiden  Orten  gehören  die  Talg- 
i'Usen  zu  den  kleineren  ihrer  Art;  sie  sondern  das  Smegma  praeputii  ab. 

Schweissdrüsen   fehlen   in   der  Haut  der  Eichel  des  Penis  und  der  Clitoris 

owie  am  inneren  Präputialblatte  beider  Geschlechter  gänzlich;  auch  in  der  Haut  der 
ates  sind  sie  nicht  zahlreich.   Talgdrüsen  sind,  abgesehen  von  den  genannten  Stellen« 

^gends  zahlreich;   an  den  vorderen  Theilen  der  Glans  penis  oder  clitoridis  pflegen 

r.k^^  ^^Wen;   gross  sind  sie  am  Scrotum,  jedoch  sparsam  vertheilt.    Selbst verständ- 
finden  sie  sich  an  den  stark  behaarten  Theilen  entsprechend  der  Zahl  der  Haare 
entwickelt. 

Haarreich  und  mit  starkem  krausen  Haar  versehen  sind  der  Mons  pubis  und 

^  Aussenfläche   der   Labia   majora,   individuell   und   nach    Rassen   allerdings    sehr 

^chselnd;  haar  arm  und  nur  Lanugo  tragend  ist  die  Haut  des  Penis,  und  die  [nnen- 

^ne  der  Labia  majora;  haararm,  jedoch  starkes  Haar  führend,  die  Haut  des  Scrotum, 

Carlos  die  Innenfläche  des  Praeputium  (bei  beiden  Geschlechtern)  und  die  Haut  der 

^*oia  minora^). 

Ünf  ^^  ^^^  ^^  ^^^  Labia  majora  eingeschlossene  Fett  ist  zum  grossen  Theile  kein 
^  Whautfett,  sondern  bildet  einen  gut  abgegrenzten  für  sich  bestehenden  Fettkörper 
(j/*^P^s  adiposum  labii  majoris  m.  — ,  welcher  durch  den  Leistenkanal  hin- 
g/^ui"*^*'  ^^^  subperitonaealen  Fettmassen  zusammenhängt.  S.  weiter  unten  „äussere 
^««chlechtsorgane  des  Weibes". 
h^Y'  k^^  ^^yy  ^'t   ^i^   Circumanaldrüsen  des  Menschen.    Wiener  akadem.  Sitzung3- 

'''•ichte,  mathem.  naturw.  Klasse.  LXHI.  Bd.,  H.  Abth.  1871. 
Inn  ^^-  ^^^  findet  in  manchen  Handbüchern  und  Abhandlungen  die  Ueberzüge  der 
«enseite  des  Präputium  und  der  Eichel  beider  Geschlechter,  sowie  die  der  kleinen 
Q  *^hppen  als  ^Schleimhaut«  bezeichnet  (z.  B.  bei  Klein  in  Stricker's  Handb.  der 
aichf  *^^^^  und  bei  Testut,  Trait6  d'anatomie  humaine,  T.  HI,  p.  987).  Dies  ist 
Enth  ^^  billigen.  Von  einer  „Schleimhaut*'  kann  nur  die  Rede  sein,  wenn  von  ihrem 
Schi  •  *^**  (Becherzellen),  oder  von  Drüsen,  welchiB  von  ihrem  Epithel  ausgehen, 
die  i^^"^  gebildet  wird;  das  ist  aber  an  den  genannten  Stellen  nicht  der  Fall.  Auch 
^^  ^Entwicklungsgeschichte  spricht  gegen  diese  Auffassung.  —  Bezüglich  der  Grenze 
^^»ehen  Haut  und  Schleimhaut  am  Pudendum  muliebre  (Limbus  cutaneus  vestibuli) 
^^^  daä  Kapitel:  „Aeussere  Geschlechtsorgane  des  Weibes*"  verwiesen. 


Id6  Aeossere  Saut  des  Beckens. 

Bemerkenswerth  ist  die  starke  Entwicklung  der  Hautmusku- 
latur  am  Damme,  am  Hodensacke  (Tunica  dartos,  s.  w.  u.),  an  der  ünter- 
fläche  des  P  e  n  i  s  und  einem  Theile  der  g  r  o  s  s  e  n  Schamlippen  (Homologon 
der  Tunica  dartos).  Am  After  gehen  gestreifte  Muskelfasern  vom  Sphincter  ani 
externus  in  die  Haut  über. 

üebergänge  von  Haut  zu  Schleimhaut  haben  wir  an  mehreren 
Stellen:  Orificium  urethrae  virilis  externum,  Limbus  cutaneus  vestibuli  vaginae  m. 
(vgl.  darüber  w.  u.)  und  Anus;  dies  gibt,  wie  die  Hautmuskulatur,  eine  Aehn- 
lichkeit  mit  dem  Verhalten  der  Gesichtshaut. 

Falten  finden  sich  nebst  Furchen  an  den  vorhin  (S.  5  flf.)  ange- 
führten Stellen,  ferner  am  Damme,  wo  auch  der  R  a  p  h  e  p  e  r  i  n  e  i,  die  sich 
beim  Manne  aufs  Scrotum  fortsetzt  —  Raphe  scroti  —  (Figg.  10  und  11)  zu 
gedenken  ist. 

Die  Querruuzeln  der  Scrotalhaut  sind  mir  durch  die  Zusammenziehung  der 
Tunica  dartos  bedingt;  ist  diese  erschlafft,  so  zeichnet  sich  die  hetreflFende  Haut 
gerade  durch  besondere  Glätte  und  Weichheit  aus. 

Radiärfalten  von  ganz  charakteristischem  Verhalten  weist  das  anale  Integu- 
ment  auf;  sehr  feine  Längsfalten  sieht  man  an  der  Haut  der  Glans  penis.  Von 
den  besonderen  Falten  der  äusseren  Geschlechtsorgane  (Praeputium  penis  et  clitoridis, 
Frenula  etc.)  wird  in  den  betreffenden  Kapiteln  gehandelt  werden. 

Von  den  eigenthttmlichen  Hautgrübchen  der  Lumbal-  und  Sacral- 
gegcnd  war  vorhin^  S.  7  und  120)  eingehend  die  Rede;  hier  sei  nur  noch 
angeführt,  dass  die  Cutis  an  diesen  Stellen  durch  Bindegewebsstränge  mit  den 
benachbarten  Muskelfascien  fester  verbunden  ist;  die  Grübchen  verschieben 
sich  mit  den  Muskelbewegungen.  Durch  solche  festere  Verbindung  der  Leder- 
haut mit  den  Fascien  und  indirekt  hierdurch  mit  den  unterliegenden  Muskeln 
zeichnet  sich  auch  die  Gesässhaut  aus;  sie  kann  bekanntlich  bei  gut  er- 
haltenem Fettpolster  durch  Kontraktion  des  Musculus  glutaeus  maximus  straflf 
gespannt  werden  und  zeigt  dann  zahlreiche  kleine  Einziehungen.  Auf  ähn- 
lichen fibrösen,  an  elastischen  Fasern  reichen  Verbindungen  (Retinacula  cutis) 
beruht  auch  die  Glutäalf alte,  welche  jedoch  dem  unteren  Rande  des  Musculus 
glutaeus  maximus  nicht  entspricht.  Die  Retinacula  setzen  sich  hier  einerseits 
an  die  Haut,  in  einer  nach  abwärts  convexen  Bogenlinie  vom  Sitzhöcker  zur 
Basis  des  Trochanter  major  verlaufend,  andererseits  an  die  Fascia  lata  und  in 
besonders  starken  Zügen  an  den  medialen  Rand  des  Tuber  ischiadicum  an,  so 
dass  man  von  Ligamenta  ischiocutanea  sprechen  könnte.  Diese  Bil- 
dungen halten  das  Gesässfettpolster  fest  zusammen  und  machen  es  erst  zu 
einem  wahren  Sitzpolster^). 

Der  untere  Rand  des  Musculus  glutaeus  maximus  geht  von  medianwärts 
und  oben  nach  lateralwärts  und  unten;  die  Glutäalf  alte  läuft  (beim  Stehen  mit 


1)  Luschka,  H.,  Die  Anatomie  des  Mensehen  mit  Rücksicht  auf  die  Bedürf- 
nisse der  praktischen  Heilkunde.  Bd.  H,  Abth.2:  Das  Becken.  S.419.  Tübingen,  1863. 
—  Symington,  J.,  The  fold  of  the  nates.  Journal  of  anatomy  and  physiology  cond. 
by  Humphry  etc.  Vol.  XVIII.  1884.  P.  198.  —  Thi^ry,  R,  Sur  les  rapports  anato- 
miques  du  pli  fessier.  Bulletins  de  la  soci6t6  anatomique  de  Paris.  LXVI  ann^e,  5  S6r. 
T.  V.  p.  272.    1891. 


Bursae  mucosae  subctttaneae.  137 

S^treckten  Beinen)  quer  (Fig.  8),  lateralwärts  biegt  sie  noch  ein  wenig  auf- 
— »rts;  die  Kreuzung  mit  dem  Muskelrande  liegt  etwa  in  der  Mitte  des  hinteren 
^oersehenkelumfanges.  Veränderungen  in  den  Beziehungen  beider  Reliefs 
*^Önnen  diagnostisch  von  Werth  sein. 

Sehr  wichtig  ist  das  Verhalten  der  Haut  zu  ihren  Unterlagen. 

Iß  liegt  ziemlich  fest,  wenig  verschieblich,  und  bei  gutem  Fettpolster  unfaltbar 

^'  den  Nates,    an   der   vorderen   und   lateralen   Oberschenkelfläche,    auf  dem 

''ßuzbeine  und  dem  Steissbeine.     Am  Kreuzbeine  findet  sich  dazu  noch  wenig 

^tt,   so  dass  die  Haut  dem  Knochen  dicht  anliegt;    auch  ist  gerade  hier  die 

ßfässversorgung  spärlich ;  dies  alles  begünstigt  unter  umständen  das  Auftreten 

^n  Druckbrand  der  Haut  (Decubitus).     Sehr  verschieblich  dagegen  und 

icht  in  Falten  fassbar  ist  die  Haut  um  den  Anus,  am  Damme,  an  den  inneren 

.  ^chen  der  Oberschenkel   und   an   den   äusseren  Geschlechtstheilen;    zugleich 

Sie  hier  sehr  elastisch  und  dehnbar,    wovon  man  sich  bei  jeder  6e- 

^   tiberzeugen    kann.     Kommt    es    doch    sogar   hierbei   in  einzelnen  Fällen 

p  ^öimgeburt)  zu  einem  Austritte  des  Kindes  durch  den  Damm,   mit  centraler 

erforation  der  Haut  des  letzteren!     Wichtig  ist  dies  Verhalten  der  Haut  auch 

/  die  in  so  zahlreichen  Fällen  noth wendig  werdenden  plastischen  Operationen 

^»^ser  Gegend. 

An  einzelnen  Stellen  des  Beckens  sind  Bursae  mucosae  subcutaneae 

^bachtet  worden,   so  die  von  Luschka   entdeckte    Bursa  subcutanea 

<^ralis   an  der  Kreuzsteissbeingrenze,   von  etwa  1,5 — 2,5cm  Durchmesser, 

J^  Bursa  trochanterica  subcutanea  von   gleichen  Dimensionen  und 

^  Bursa  subcutanea   Spinae   iliacae   anterioris  superioris. 

^*peau  (citirt  bei  Hyrtl,  topogr.  Anat.)  spricht  noch  von  einer  Bursa  sub- 

^  tanea  tuberis  ischiadici,  die  jedoch  nach  Hyrtl  nur  eine  accidentelle 

"dung   sein   soll;   sie  darf  nicht  mit  dem   tiefen   Schleimbeutel   am   Tuber 

Cuiadicum  verwechselt  werden.    Man   wird   der  genannten  Schleimbeutel  bei 

schriebenen   Entzündungen,    Schwellungen   und  Abscessen  dieser  Gegenden 

^'ögedenk  sein  müssen^). 

Einzelne  von  diesen  subcutanen  Schleimbeuteln  (Vernois'*  und  Testut's 

«rses  sereuses  professionelles)  entwickeln  sich  neu  oder  vergrössern  sich  bei 

J^^^j    die   einer    besonderen  Beschäftigung   obliegen,    an    denjenigen    Haut- 

len,   welche  dabei  einem  Drucke    mit   gleichzeitiger  häufiger  Verschiebung 

»gesetzt   sind;    dahin   gehören    die    Bursa   subcutanea   trochanterica 

^r<ihorgelspielern,  die  Bursa  subcutanea  sacralis  bei  Schornsteinfegern, 

^  Bursa  Spinae  iliacae  anterioris   bei  Webern  und   die  Bursa  sub- 

^^^^^^a  tuberis  ischiadici  bei  Drechslern  (Hein). 

g^  ^)  Luschka,  H.,  Zeitschr.  f.  rationelle  Medicin,  Bd.VHT.  S.  219.  —  W.  Krause, 
^  «abuch  der  menschl.  Anatomie.  3.  Aufl.  von  C.  Krause's  Handbuch.  Bd.  II.  Han- 
P.  1?'  ^^"^^^  ^-  301/302.  —  Testut,  Trait6  d^anatomie  humaine.  T.  III.  Paris,  1894. 
WIa  *  "*  Hyrtl,  J.,  Handbuch  der  topographischen  Anatomie.  VI,  Aufl.  Bd.  II,  S. 490. 
^nd***  ^^^^*  "■  Synnestvedt,  A.  S.  D.,  En  anatomisk  Beskrivelse  af  de  paa  over-og 
Hjl^^^^^tremiteterne  forekommende  Bursae  mucosae.  Christiania,  1869.  —  Bei  Testut 
^ynnestvedt  findet  sich  die  weitere  Literatur. 
2)  Vernois,  Bourses  sereuses  professionelles.    Paris,  1862. 


138 


Blutgefässe  und  Nerven  der  Beckenhaut. 


Blutgefässe*)  und  Nerven*)  der  Beckenhaut. 
In  tabellarischer  Form,  den  hier  (S.  3)  angenommenen  Gegenden  nach 
geordnet  (s.  Fig.  45,  46,  47,  48),    sind  nachstehende  Blutgefässe  und  Nerven 
mit  der  Versorgung  der  Beckenhaut  betraut: 


Blutgefässe. 

Gegenden. 

Nerven.   (Fig.  44.) 

Die  Farbenangaben  beziehen  sich  auf 

die  Figg.  45,  4ß,  47  und  48. 

A.  pudenda  externa  (superior 
Manchot)  —  A,  femoralis  — 

Vv,    pudendae    externae    — 
V.  saphena  magna  — 

Regio  pnbis. 
(1) 

a)  N.  ilioin^uinalis  —  Plexus 
iumbalis  (N.  lumbalis  I)  (grün, 
bogig  gestrichelt). 

b)  N.iliohypogastricus-Ple- 
xus  lumbalis  (N.  lumbalis  T  und 
thoracalis  XII)  (grün,  quer 
gestrichelt). 

a)  A,  pudenda  externa  supe- 
rior: kleinerTheil  der  Wurzel 
desScrotum  an  dessen  vor- 
derer Fläche. 

b)  A.  pjttdenda  externa  (infe- 
rior Manchot)  —  A.  femoralis 
—  mit  den  Ranii  scrotales  an- 
teriores a)  die  Vorderfläche  des 
Scrotura,  ß)  die  Seitentheile  und 
die  Unterfläche  des  Peniskör- 
pers. 

c)  A.  pudenda   interna  —  A. 
hypogastrica  —  mit  a)  der  A. 
dorsalis  penis,    die   Haut   der 
Rückenfläche  desPeniskörpers 
und   die   gesamte  Eichelhaut, 
mit   ß)  den   Aa.  scrotales  po- 
steriores, die  Hinterfläche  des 
Scrotum.  Hier  sollen  (T  h  e  i  1  e  8) 
noch  Zweige  der  A.  circum- 
flexa  femoris  medialis  — 
A.   profunda   femoris   —   ein- 
greifen. 

d)  A.  obturatoria  —  A.  hypo- 
gastrica —  mit  dem  R.  anterior 
die  laterale  Fläche  des  Scro- 
tum 4). 

Regio  pndenda- 

lis  viri. 

(2) 

a)  N.  ilioinguinalis:  Wurzel 
des  Penis  und  des  Scrotum; 
kann  den  N.  spermaticus  ex- 
ternus  vertreten  und  umge- 
kehrt. (Grün,  bogig  gestri- 
chelt). 

b)  N.  spermaticus  externus 
(vollgrün)  —  Plexus  lumbalis 
—  (N.  lumbalis  I  und  II),  ist 
zusammen  mit  dem  N.  lumbo- 
inguinalis  Ast  des  N.  genitofe- 
moralis:  vordere  Fläche  und 
Seitenflächen  des  Scrotum  = 
Nn.  scrotales  anteriores. 

c)  N.  pudendus  (vollblau)  -^ 
Plexus  pudendus  -—  (Nn.  sa- 
crales  III,  IV,  II)  mit  a)  den 
Nn.  scrotales  posteriores,  die 
Hinterfläche  des  Scrotum  und 
mit  ß)  dem  N.  dorsalis  penis, 
die  Penishaut. 

1)  Nach  Manchot,  C,   Die   Hautarterien   des   menschlichen  Körpers.    Leipzig» 
1889.    F.  C.  W.  Vogel. 

2)  Vgl.  Hasse,  C,  Handatlas  der  sensiblen  und  motorischen  Gebiete  der  Hirn- 
und  Rückenmarksnerven.    Wiesbaden,  1895. 

3)  Theile,  Gefässlehre.    In  Sömmerring's  Handbuch:    „Vom  Baue  des  mensch- 
lichen Körpers.   II.  Aufl.    Leipzig,  1841. 

4)  Aa.  scrotales  laterales  Manchot. 


Blutgefässe  und  Nerven  der  Beckenhaut. 


139 


Blutgefässe. 


IM 


A.  pu(jej^(j^  externa  supe- 
^ior:  kleiner Theil  des Labiuni 
^^jiis  an  dessen  Uebergange 
iö  den  Mons  pubis. 
^  "^.  pudenda  externa  infe- 
^|or:  vordere  Hälfte  des  La- 
^i^m  majus  =  Aa.  labiales 
Anteriores. 

Ä.  pudenda  interna,  mit 
**)  der  A.  dorsalis  clitoridis,  die 
Haut  der  Glans  clitoridis,  mit 
H)den  Aa.  labiales  posteriores, 
<iic  hintere  Hälfte  des  Labium 
^ajus  und  des  Labium  minus. 
^  -A- obturatoria,  mit  dem  Ra- 
'"^^s  anterior  einen  kleinen 
'T'ieil  der  Seitenfläche  des  La- 
*>i^m  majus. 

Pie Venen  gehen  theils durch 
^^  Vv.  pudendae  externae  zur 
V.  saphena  magna,  theils  (V. 
dorsalis  subcutanea  penis  [cli- 
^cO^  **^''*<iis,VsJPig^)  zur  V.  dor- 
®  *  *  i  s  J>  eTTTsTciitöridisO  th  eils 
^J^  V.  pudenda  interna, 
^ie  V.  saphena  führt  zur  V. 
^^moralis,  die  beiden  anderen 
^^f  V.  hypogastrica.  Auch  mit 
^^J*  V.  obturatoria  kommen 
**^8tändige  Anastomosen  vor, 
s.  Pigg.  77  und  79. 


^'  ^»moralis  i 


^a)A.  pudenda  ex- 
terna superior, 
ß)A,  epigastrica 
superficialis 
inferior  1), 
y)  A.  circumflexa 
ilium  superß- 
Cialis. 

Die  Venen  sind   dieselben; 
®^^  gehen  zur  V.  saph.  magna. 


Gegenden. 


Regio  pudenda- 

lis  feminae« 

(2) 


Nerven.   (Fig  44.) 

Die  Farbenan^abeii  beziehen  sich  auf 

die  Figg.  4f>,  46,  47  und  48. 


Regio   inguina- 
lis. 
(5) 


a)  N.  ilioinguinalis:  einen 
kleinen  Theil  des  vorderen 
Bezirkes  der  Labia  majora; 
Vertretung  zwischen  a  und  b 
wie  beim  Manne  (grün,  bogig 
gestrichelt,  Fig.  46). 

b)  N.  spermaticus  externus 
=  Nn.  labiales  anteriores:  vor- 
dere Hälfte  der  Labia  majora 
(vollgrünj. 

c)  N.  pudendus  (vollblau)  mit 
a)  den  Nn.  labiales  posterio- 
res, die  hintere  Hälfte  der  La- 
bia majora  und  die  Labia  mi- 
nora  und  mit  ß)  dem  N.  dor- 
salis clitoridis,  die  Haut  des 
Praeputium  clitoridis  und  die 
der  Glans  clitoridis  (s.  Hasse, 
1.  c.  Taf.  XllL  -»  Taf.  XH 
ist  das  Praeputium  und  Fre- 
nulum  clitoridis  demselben 
Nervengebiete  zugetheilt,  wie 
die  Labia  minora,  d.  i.  dem 
N.perinei(hellblau);  Hasse 
theilt  diesem  Zweige,  und 
nicht  den  Nn.  labiales  poste- 
riores, die  Innervation  der  La- 
bia minora  zu;  er  nennt  den 
betreffenden  Zweig:  N.  vesti- 
buii  vaginae  et  urethrae.  S  a  p- 
pey  lässt  die  Nerven  der  Labia 
minora  vom  N.  perinei  ab- 
stammen, die  Nerven  des  Prae- 
putium clitoridis  dagegen  vom 
N.  dorsalis  clitoridis). 


N.iliohypogastricus— Plexus 
lumbalis  (Nn.  intercostahs  XII 
und  lumbalis  I)  (grün,  quer- 
gestrichelt, Fig.  47). 


*)  Manchot,  1.  c. 


140 


Blutgefässe  und  Nerven  der  Beckenhaut 


Blutgefässe. 


Gegenden. 


Nerven.  (Fig  44.) 

Die  Farbenangaben  bezichen  sich  auf 

die  Figj?.  45,  46,  47  und  48. 


a)  A,  pudenda  interna,  mit 
tt)  der  A.  perinei  und  ß)  Rami 
haemorrhoidales  inferiores  (für 
die  Analhaut;  hier  betheih'gt 
sich  auch  noch  die  A.  perinei). 

b)  A.  glutaeainferior  (Theile 
1.  c). 

Die  Hautvenen  fliessen  ab 
haupts4lchlich  lateral  durch  die 
Vv.  haemorrhoidales  in- 
feriores zur  V.  pudenda  in- 
terna, sie  haben  aber  auch  Ver- 
bindungen nach  vorn  zur V. sa- 
phena magna  und  V.  obtu- 
ratoria  (Fig.  77);  nach  hinten 
zu  den  Venen  der  Afterhaut 
und  der  Gesässhaut.  Wichtig 
ist  ferner  ihre  Verbindung 
mit  dem  zwischen  Schleimhaut 
des  Rectum  und  dem  Musculus 
sphincter  ani  extcrnus  gelege- 
nen Plexus  venosus  hae- 
morrhoidalis.  S. darüber  das 
Nähere  beim  Kapitel  „Rectum". 


Regio  perinealis 

(R.  urogenita- 
lis+R-analis). 

(3) 
Figg.  45  u.  40. 


a)  N.  pudendus  mit  a)  den  Nn. 
scrotales  (labiales)  posteriores, 
ß)  dem  N.  perinei,  y)  den  Nn. 
haemorrhoidales  inferiores : 
ringförmiges  Stück  der  Haut 
um   den  Anus  —  (voll blau)« 

b)  N.  cutaneus  femoris  poste- 
rior —  Plexus  sacralis  (Nu« 
sacrales  1, 11^  Hf)  —  mit  seinen 
Rami  perineales.  (Voll gelb.) 
Siehe  hierzu  Kapitel  „Regio 
perinealis*'  und  Fig.  77,  linke 
Seite. 


A.  sacralis  lateralis,  Rami 
dorsales  —  A.  hypogastrica  — . 
Unter  Zurechnung  der  beiden 
letzten  Lendenwirbel  würden 
auch  noch  die  hinteren  Aeste 
der  beiden  unteren  Lum- 
balarterien  in  Betracht 
kommen. 

Die  Venen  haben  Verbin- 
dungen mit  den  tiefen  Venen 
der  Region  und  durch  diese 
mit  den  Venen  des  Wirbelka- 
nales,  ferner  aber  mit  den  Haut- 
venen der  Regio  glutaea,  s. 
diese.  Luschka,  Anatomie  d. 
Beckens,  1.  c,  gibt  an,  dass  die 
V.  spinalis  anterior  durch  den 
Hiatus  canalis  sacralis  Anasto- 
mosen mit  den  subcutanen 
Venen  eingehe. 


Regio   sacralis. 


Rami  dorsales  der  unteren  Nn. 
lumbales,  der  Nn.  sacrale» 
und  coccygei  —  (gelb,  quer- 
gestrichelt). 

Nach  Montagu  Griffi» 
reicht  auch  der  hintere  Ast 
des  letzten  Intercostal-Nerven 
noch  in  dieses  Gebiet.  (Som^ 
varieties  of  the  last  dorsal  and 
first  lumbar  nerves,  Journ.  oi 
anatomy,  vol.  XXVI,  p.  48.) 


Blutgefässe  und  Nerven:  der  Beckenhaut. 


141 


Blutgefässe. 


A.fe 


Jöoralis 


Venen 
^agna. 


zur 


'a)Aa.  pudendae 
externae  supe- 
riores  et  infe- 
riores (medial) 

ß)  BesondereZwei 
ge    von    Mus- 
kelästen (late- 
ral). 
V.    saphena 


Gegenden. 


Regio  sabiugui- 
nalis. 


Nerven.   (Fig.  44.) 

Die  Farben  angaben  beziehen  sich  auf 

die  Figg.  45»  46,  47  und  48. 


a)  N.   lumboinguinalis  ~N. 
genitofemoralis     des     Plexus 
lumbalis  —  (voll  grün). 

ß)  N.   sperniaticus    externus 
—  (vollgrün). 


^-^^  lumbalis  V,  Rami  dorsales. 

^^'  iHolumbalis. 

Die  Venen  haben  Verbin- 
dungen mit  den  Hautvenen  der 
Äegiogiutaea  und  mit  den  Vv. 
J^ircumflexae  ilium  superficia- 
les und  cutanea  femoris  late- 
™*s  (zur  V.  saphena  magna). 


A. 


^ircumflexa  femoris  late- 
''alis. 

vv.  zur  V.  cutanea  femoris 
i^.^^^1  i  s  (V.  saphena  magna). 


l^-iliolumbaiis, 
^^.circumflexa 

^^naoris     late- 

'^alis. 

^^•glutaea  su-^ 

/?•  glutaea  in 

f)  1"''""' 
'f-Pudendain- 

^^^-  eaeralis  la- 
^^'«Hs      (Rami 


"^  Für  den  obe- 
ren lateralen 
Bezirk,  an- 
grenzend an 
den  Musculus 
glutaeus  me- 
dius. 

Für  den  unte- 
ren und  me- 
dialen Bezirk, 
welcher  dem 

Musculus 
glutaeus  ma- 
ximus  ent- 
spricht. 


spinales), 
Die  Venen  fliessen  ab  a)  zu 

^n  tiefen  Venen  (Vv.  glutaeae 
"perior  et  inferior),  b)  zu  den 
.  •  oaemorrhoidales  inferiores, 
>  2u  den  Vv.  circumflexa  ilium 

^^f^<5iali8,    cutanea  femoris 

*'<>sterior  und  lateralis. 


Regio  coxae. 
(7) 


Regio   trochau- 
terica. 


a)  Rami  laterales  der  Rami  poste- 
riores nervorum  lumba- 
lium  ==  Nn.  clunium  superio- 
res  —  (vollgrün). 

b)  N.  iliohypogastricus,  Ra- 
mus  cutan  eus  lateralis —(grün, 
schräg  gestrichelt). 

(Nach  Hasse's  Tafel  XIV 
würde  auch  noch  der  N.  ilio- 
inguinalis  in  Betracht  kommen ; 
jedenfalls  ist  dies  jedoch  va- 
riirend.) 


N.  cutaneus  femoris  latera- 
lis —  (grün,  punktirt). 


Regio  glutaea« 
(0) 


a)  Nn.  clunium  superiores, 
von  den  Rami  laterales  der 
Rami  posteriores  nervorum 
lumbalium  (oben  hinten)  — 
(vollgrün). 

b)  Nn.  clunium  medii,  von 
den  Rami  laterales  der  Rami 
posteriores  nervorum  sacra- 
lium  (hinten  und  in  der  Mitte) 

—  (gelb,    schräg  gestrichelt). 

c)  Nn.  clunium  inferiores 
des  N.  cutaneus  femoris  poste- 
rior (unten  und  an  der  Damm- 
grenze) —  (vollgelb). 

d)  Ramus  cutaneus  lateralis 
des    N.   iliohypogastricus 

—  (grün,  schräg  gestrichelt). 

e)  N.  cutaneus  femoris  late- 
ralis —  (grün,  punktirt). 


142 


Blutgemsse  und  Nerven  der  Beckenhaut. 


Wie  man  sieht,  kommen  von  grossen  Arterien  in  Betracht:  die  Aorta 
abdominalis  die  Iliaca  communis  bezw.  die  Sacralis  media  (A. 
Inmbahs  V),  die  Femoralis  und  die  Hypogastrica,  welcher  letzteren 

bei  weitem  der 
grösste  Hautbezirk 
zufällt:  so  deckt 
sieh  auch  hier  wie- 
der   die    arterielle 

Hautversorgung 
mit  der  der  tieferen 
Theile      desselben 

Körperbezirkes. 
Von  allen  Zweigen 
der  Hypogastri- 
ca, welche  sich  be- 
theiligen, hat  die 
Arteria  obtura- 
toria  am  wenig- 
sten zu  leisten.  — 
Alle  Hautarterien 
laufen  stark  ge- 
schlängelt. 

Als  (namentlich 
bei  Personen  mit 
reichlichem  Panni- 

culus)  besonders 
stark  entwickelter 
Stamm,  welcher  bei 
Verletzungen  er- 
hebliche Blutungen 
veranlassen  könnte, 
ist  die  Arteria 
epigastrica  su- 
perficialis zo 
nennen. 

Von  den  grösse- 
ren Venen  fölW 
der  Vena  s^tphe- 
n  a  magna,,  und 
damit  der  V  e  n  » 
femoralis     da6 

Plexus  lunibalis,  sacralis,  pudendus.    Nervus  meiste   zu;    es    be- 

coccygeus.    Filum  terminale.  steht   also   ein   be- 

(W.  Krause  praep.  -  Museum  inst.  anat.  I.  Berolin.)  merkenswert  her 


N.  iUohypogastricus 

N.  ilioinguinalis 
N,  genitofemoralis 
N.  luviboinguinalis 
N,  spermaticus  ext. 
Ganglion  spinale 

N.  coccygei  I 
N,  cutan.  femor,  lat. 

i^^^....  N,  femoralis 

N.  saphenus 

^^\li  ^ ^'  ohturatorius 

Trunc.  lumbosacralis 


N.  peroneus 

N,  tibialis 

N,  cuianeus  fem,  post 
N.  glutaeus  superior 
N.  glutaeus  inferior 
N.  pudendus  (Hx.pud,) 
Filum  termin.  ext 

N.  coccygeus  I 


Behaarung.  ^^ 

unterschied  in  den  Zuleitungs-  und  Ableitungskanälen  für  das  Blut  der  Becken- 

Die  Lymphgefässe  der  gesamten  Beekenhaut  ziehen  zu  den  Lym- 
Phoglandalae  inguinales  superficiales.  Näheres  bei  den  einzelnen 
**gionen. 

Der  Plexus  lumbalis  —  8.  bezüglich  der  Vertheilung  der  einzelnen 
Nerven  auf  die  Plexus,  Fig.  44  —  betheiligt  sich  zu  etwa  zwei  Dritteln  an  der 
^ermittelung  der  Haut-Sensibilität;  der  geringere  Ranmantheil,  der  auf  den 
^•exussacralis  fällt,  wird  aber  aufgewogen  durch  den  überwiegenden  An- 
^'»eil,  den  er  an  dem  Zustandekommen  der  Wollustempfindung  hat.  Die  vorderen 
hegenden  und  der  grösste  (laterale)  Theil  der  hinteren,  sowie  die  seitlichen 
gehören  zum  Plexus  lumbalis,  die  hinteren  medialen,  das  Geschlechtsglied,  der 
Anus  und  der  Damm  zum  Plexus  saeralis. 

Behaarung. 

Die  Verschiedenheiten  der  Behaarung  der  Beckengegend  nach  Individuali- 
%  Rasse,  Alter  und  Geschlecht  wird  wohl  am  besten  hier  besprochen,  da  der 
stärkere  Haarwuchs  mehrere  Territorien  in  Anspruch  nimmt:  Die  Regio  pubis, 
Pndendalis,  saeralis  und  perinealis.  Vorhin  wurden  bereits  die  haarreichen,  haar- 
*'T»en  und  haarlosen  Hautstrecken  einander  gegenüber  gestellt;  auch  derLumbal- 
''»*  Sacraltrichose  ist  gedacht  worden  (S.  123).  Individuelle  Verschiedenheiten 
Si^t  es  in  den  verschiedensten  Graden,  sowohl  in  der  Entwicklung  der  regel- 
mässig starken  Haarbekleidung  amMons  pubis  und  an  den  äusseren  Geschlechts- 
'»'■ganen  bis  zur  Afteröffnung  hin,  wie  auch  darin,  dass  Stellen,  die  sonst  haar- 
^,  oder  nur  mit  Lanugo  bekleidet  sind,  haarreieh  und  mit  starkem  Körperbaar 
"ekleidet  erscheinen  können,  wie  z.  B.  die  Regiones  sacrales  und  glutaeae. 
-,  Die  mittelländischen  Rassen,  dann  die  Ainos  (auf  Jesso  und 
^^balin)  zeigen  die  stärkste  Behaarung  auch  am  Becken.  Dass  manche  Volker 
"'«  Sehamhaare  zu  entfernen  pflegen  (Epilation)  ist  bekannt. 

Schon  im  kindlichen  Alter  zeigt  sich  an  den  Stellen,  welche  später  die 
'^eschlechtsbehaarung  bekommen,  eine  stärkere  Lanugo;  die  Entwicklung  des 
Jtälrkeren  Geschlechtshaares  ist  eines  der  ei-sten  und  sichersten  Zeichen  der  ein- 
jetenden  Geschlechtsreife.  Die  Haare  werden  im  höheren  Alter,  ähnlich  dem 
farthaare,  dicker  und  härter  und  sind  dem  Ergrauen  unterworfen,  welches 
J/^^och  meist  später  eintritt,  als  am  Kopfe  und  am  Barte.  Die  einzelnen  Haare 
"iben,  wie  in  gerichtsärztlicher  Beziehung  noch  bemerkt  werden  mag,  den  Cha- 
rakter der  Barthaare,  pflegen  aber  etwas  dünner  zu  sein.  Sie  sind  also  ge- 
^'■«ht,  sind  durchweg  markhaltig  und  haben,  bei  bedeutend  grösserer  Stärke  als 
7^  Kopfhaar,  einen  unregelmässig  gestalteten  Querschnitt  —  dreiseitig  mit 
"■skehlungen  und  abgerundeten  Ecken. 

TV,       1)  Ueber  das  feinere  Verhalten  der  Hautgefässe  vergleiche:   Spalteholz,  W., 
r?«  Vertheilung  der  Blutgefässe  in  der  Haut.    Arch.  f.  Anat.  u.  Physiologie,  anatom. 
^Heilung.   1893.   -  Derselbe.   Die  Arterien   der   menschlichen   Haut.     Dreizehn 
'^'■«oakopische  Tafeln.    Leipzig,  1895.    Veit  &  Comp. 


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|Mi  d  flu}  iL^  (•  M  <'  i-ii  It"  n>. 


,h  ;}  r  s'mJ  i  ,s    11  rr    fiCHi    li,:!!!!!    |  •  1,1  ,s  i  r' !' M  >  1"  r 
IS  r  r  \" «»  r.   .^m  rr:t  1,  i'»!    I  ii  111  hn  1.  :  1 5   fl  ;i  \  i 


^V'as  dir  i'  11  I  f  r  >  c  li  t  c  d  i'^  zv\  isfliiii  M  :i  n  ii  üikI  W  <•  i  ''i  aiilMii-'f.  <ij  liviU'U 
^"'  ^  ?  «Iririii,  il:iss  Iniiii  \\'riln',  <!ii*  Iii;'.l:*i'!  ii:irii,  ilio  l'k*li:i:iriiii.^'  (h's  M<»iis  |iiiliis 
**"^''^  iiiil  iliT  Sr'1'ijiiiiliin^lii'  aJ'is'^'1iiH/iili''r :  ih'n'h  ixwhi  i-s  AnsriMlniH'iij  ilti'ci!  im'ii'"' 
^'^''^'^^-  l>:iriels  !iiilllnill:  'J:  in  ihii  <liin*li<r!iiiiiHii'li  M'nrkvrvn  und  lrni,^'ii:t'ii 
' ''^'^''iiiiliJUiriii  di'<  Miiiiiir'H.  Il'is  Srluiiiilia:ir  dj/r  l''niii<'ii.  iiMi!H"ij|Jii'li  dtT  zil 
«l'rirki.n.p   Fi*f ii'iilwii'kliiii.i!'  liripnidcii,   |illi'*;i:1    kurz   iiiifl   >l:irk   avkriiiisrll  zii  hvm, 

Wrmi   liit,.   lind   d;i   bidi.'iutilci    \vird.   diis'^   bi-iiti    Wi.'il'N'   dit-  sliirkti'r    lirli;!;! 
^^''^s   iiir  (Hter  srlUii    mmI"  diii   l^.iüiiii    idN^rpdH',     \\r>   bt'iiii   M;tiiiH"    sii't<  stiirkti* 
'"^^^■'^vif'kidf'i'   IL'iarr  pd'iiiidiii   \M-nhMh    so   isl   ikis    iitrhl    yjilrtd'fi/iid :    iti.iii    liiidii 
'"'^'''  ''nc-ilii   sidtiii   Ih'I    Widlifiii  >{iirkt'*r('K   Baiiiiii"   iiitd   AiirdJ'iaar  * ". 


7'''''*  ^I'^'risflH'iL     '/j/Hschiwru'  K\hii^4i^-i^'   i*Hl/\"!ll.   I.^Td:   Xl„   1:^7!»;  XIIL    ISKL    S^  :nir|j 

.*^'*^^''^   ^^It'ii.M'lH'it.    Srhi-ilYtMi   <iiT   p}i\-ikidi-rli  «■'ki»iM»iiiisr!H-ii  <  .i-^rH-idiaJi    /u    lv'Hi!u'!-''H'r:r 

'''''*•    '!•'*-  J;!,lir.^:;iri-*.    !.-^7.>^.   -       <:.f;\:l,    llr-filiriclfl  iiii::<'ii     iüid  Mi/t>ii     hijrq-    |  f  mmtI  rH"t,H».-i'. 

'''''"^"'<t*)lf._i:isf|ir  S{J:idf<,'!L    iirf;i,il^;r<'-vlM'ii  \  f;ii    I '.,  n  .  H  fl  Ii  ,i.  IL  K'iiln'.    L   li<'ii,     i  I;i  tlil:H!r,ü* 

j'""'   ^'»*i}»zit;\    1:^:^},          li'olhr,    fr.,     riiii'rsiichiiii-r'it    iibi-i'  <lit'   rH-l;:iarii!i-:  *lvr   Fi-,iJJi'it. 

,,;''^^'*'  HowH'  ih'v  ItUnnvhi'u  I'^-ixT-vhiM*'.    Lnihr.    IN^I.    f  I'hofo-rjifdüt'ii    \".'ti  ,1.  l  i  r hu  in.? 
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Wrtix    \«,>}!    *><'^'!  tTir'li  :    »,r^a> 


146  Pathologische  Zustände  der  Beckenhaut. 

Vertex  coccygeng.    Glabella  coccygea,    Foyeola  coccygea. 

An  dieser  Stelle  sind  wohl  am  passendsten  noch  die  von  A.  Ecker')  ge- 
nauer gewürdigten  Bildungen:  Vertexcoccygeus,  Glabellacoccygea 
und  Foveola  coccygea,  zu  besprechen.  Da,  wo  die  Steissbeinspitze  bei 
ihrem  allmählichen  Untertauchen  verschwindet,  kommt  es  an  der  dartiberliegenden 
Haut  häufig  zur  Bildung  eines  besonders  ausgeprägten  Haarwirbels:  Steiss- 
haarwirbel,  Vertex  coccygeus.  Gegen  die  Zeit  der  Geburt  ent- 
steht, meist  unter  langsamem  Schwunde  des  Haarwirbels,  eine  haarlose  Stelle, 
Glabella  coccygea,  die  auch  zu  einem  Grübchen  vertieft  werden  kann. 

Die  Glabella  coccygea  zeigt  eine  dünnere  Haut  und  ist  gefässärmer;  sie 
ist  besonders  deutlich  im  4.-7.  Fötaimonate;  sie  liegt  in  der  Gegend  des  Hiatus  sa- 
cralis,  oberhalb  des  Vertex  coccygeus.  Die  Foveola  coccygea  entsteht  entweder 
durch  Einsinken  der  gesamten  Glabella-Haut,  oder  des  untersten  Theiics  derselben. 
Luschka,  Anatomie  des  Beckens,  1.  c.  p.  57,  beschreibt  sie  zuerst  unter  dem  Namen 
Foveola  retro-analis.  Lawson  Tait  (citirt  bei  Ecker)  sah  sie,  ebenso  wie  Luschka, 
nicht  selten  bei  Erwachsenen,  namentlich  jüngeren  Weibern.  Ecker  nennt  einen  Fall, 
in  welchem  bei  einer  Erwachsenen  das  Grübchen  8  mm  Tiefe  hatte;  sein  Ende  ent- 
sprach der  Steissbeinspitze.    Auch  bei  Männern  bleibt  es  zuweilen  bestehen. 

An  dieser  Stelle  mag  angefügt  werden,  dass  nach  Baelz^)  die  neuge- 
borenen Japaner-  und  Koreaner-Kinder  auf  der  Haut  der  Kreuzbeinraute  oder 
am  Gesäss  einen  Pigmentfleck  besitzen,  der  schon  beim  Foetus  vorhanden  ist, 
doch  meist  in  den  ei*sten  Lebensjahren  schwindet.  Das  Pigment  sitzt  in  der 
Cutis  in  der  Umgebung  der  Haarbälge. 


Pathologische  Zustände  der  Beckenhaut. 

Bei  den  verschiedenen  Bauverhältnissen  der  Beckenhaut,  bei  dem  Auftreten 
stark  behaarter  und  wenig  oder  gar  nicht  behaarter  Stellen,  unter  Berücksich- 
tigung der  Ausmündung  der  Harn-  und  Geschlechtswege  und  des  Anus  im 
Gebiete  dieser  Haut,  bei  den  vielen  Faltenbildungen  und  —  last  not  least  — 
bei  der  geringen  Neigung  vieler  Menschen,  selbst  der  gegenwärtigen  Kultur- 
völker, zur  Reinhaltung  gerade  dieser  Körpergegenden,  kann  es  nicht  Wunder 
nehnuen,  wenn  wir  hier  den  mannigfaltigsten  parasitären  und  entzündlichen 
Hautaffectionen  begegnen.  Besonders  sind  fettleibige  Personen  den  entzündlichen 
Processen  ausgesetzt;  Ekzeme  und  Erytheme  bilden  das  grösste  Kontingent. 
Dazu  kommen  dann  leicht  Excoriationen,  Intertrigo  und  Schrundenbil- 
dung (Rhagaden).  Abnorme  Pigmentirungen,  die  hier  häufig  vorkommen,  er- 
klären sich  ebenfalls  unmittelbar  aus  dem  anatomischen  Verhalten.    Oft  beobachtet 


1)  Ecker,  A.,  Der  Steisshaarwirbel  (Vertex  coccygeus),  die  Steissbeinglatze 
(Glabella  coccygea)  und  das  Steissbeingrübchen  (Foveola  coccygea),  wahrscheinlich 
Ueberbleibsel  embryonaler  Formen  in  der  Steissbeingegend  beim  ungoborenen,  neu- 
geborenen und  erwachsenen  Menschen.  Archiv  für  Anthropologie.  Bd.  XII.  1879- 
(Mit  Litteratur.) 

2)  Baelz,  E.,  Die  körperlichen  Eigenschaften  der  Japaner.  Thl.  II.  Mitth.  der 
deutschen  Ges.  f.  Natur-  u.  Völkerkunde  Ostasiens.   Bd.  IV.  Heft  32.   1885. 


PathologiBche  Zustände  der  Beckeuhsut.  147 

Verden  Warzenbildnngen  inFonn  der  Condylomata  acnminata.  Auch 
^fangreiche  Papillargeschwülste,  insbesondere  am  Präputium  und  der 
^^«WMi  penis,  die  nicht  mit  Krebsen  zu  verwechseln  sind,  kommen  vor.  Ich 
'«Ihst  hatte  Gelegenheit  einen  derartigen  Tumor  aus  Middeldorpf 's  chi- 
•^fgischer  Klinik  in  Breslau  zu  untersuchen.  —  Echte  Carcinome  der  Haut 
sind  hier  übrigens,  entsprechend  der  Thatsache,  dass  sie  überhaupt  nicht  selten 
*^  den  Körperöffnungen  vorkommen,  häufig  genug  zu  beobachten;  eine  eigen- 
ttttmliche  Stelle  nimm.t  darunter  das  Hautcarcinom  des  Serotum  ein,  welches 
Vorzugsweise  in  England  bei  Kaminkehrem,  aber  auch  in  anderen  Ländern  bei 
Theer-  und  Paraffinarbeitem  beobachtet  ist.  Eine  ausreichende  Erklärang  dieses 
Pfundes  fehlt  noch.  Sehr  bemerkenswerth,  meist  an  tropische  Klimate  ge- 
*>«nden,  sind  die  elephantiastischen  Hypertrophien  der  Haut 
•^es  Serotum,  der  Labia  majora  und  des  Penis,  die  es  bis  zu  geradezu 
»Jonströsen  Tumoren  bringen  können;  auch  hier  fehlt  noch  die  anatomische  Er- 
klärung; ob  die  Filaria  sanguinis  die  Ursache  ist,  darüber  sind  noch 
Weitere  Untersuchungen  abzuwarten»).  Wichtig  ist  die  Neigung  des  Serotum 
^i  allerlei  pathologischen  Affectionen,  insbesondere  entzündlichen,  zur  Gangrän. 
Vielleicht  spielt  hier  die  starke  Schwellung,  die  in  dem  lockeren  ünterhaut- 
^webe  eintritt  und  die  Blutgefässe  dehnt,  eine  Rolle;  doch  kann  dies  nicht 
*pein  die  Ursache  sein.  —  Die  nicht  seltenen  Atherome  des  Serotum  erklären 
**ch  aus  der  Anwesenheit  der  grossen  Talgdrüsen.  —  Das  Vorkommen  von 
ttberzäbligen  Brüsten,  die  selbst  Milch  absonderten,  in  der  Regio  inguinalis, 
Sttbingninalis  und  am  Labium  majus  wird  mehrfach  erwähnt*). 

Bemerkenswerth  sind  endlich  noch  die  Fälle  von  vorzeitiger  Entwicfeilung 
^es  Schamhaares  bei  kleinen  Kindern,  von  denen  B  a  r  t  e  1  s  I.  c.  mehrere  anführt. 

Dass  die  genannten  anatomischen  Verhältnisse,  vorzugsweise  auch  die  Be- 
•»aarung,  in  mancher  Beziehung  für  das  Verfahren  bei  Anlegung  von  Verbänden 
'»"d  bei  Operationen  von  Wichtigkeit  sind,  braucht  nicht  besonders  gesagt  zu 
^'erden.  Auf  zwei  Dinge  kommt  es  hier  vor  allem  an:  auf  die  peinlichste  Sorge 
^  Reinlichkeit  und  auf  das  Vermeiden  von  Druck  bei  Verbänden  und  bei  der 
Werung;  von  der  so  wichtigen  Gefahr  des  Druckbrandes  wurde  ja  be- 
'«»ts  gesprochen;  günstig  ist,  wie  erwähnt,  die  meist  reichliche  Vas- 
^'»larisation  der  Haut  und  ihre  grosse  Dehnbarkeit  und  Elastici- 
**t  an  vielen  Stellen.  Der  grösseren  oder  geringeren  Dicke  der  Haut  und 
Ares  Fettpolsters  muss  bei  allen  operativen  Eingriffen  gebührend  Rechnung 
^tragen  werden. 

1)  Scheube,  Die  Filariakrankheiten.  Volkmann's  klinische  Vorträge.  Nr.2^. 
,  2)  Hennig,  C,  Ueber  menscliliclie  Polymastie  und  über  Uterus  blcornis.  Arch. 
^  Anthropologie.  Bd.  XIX,  S.  185.  1891.  -  Ein  inguinaler  Stand  wird  von  Einigen 
»«zweifelt;  vgl.  Nagel,  W.,  Weibliche  Geschlechtsorgane.  In  K.  v.  Bardelebens 
«aidbuch  der  Anatomie  des  Menschen.  Jena,  18%.  S.  117  und  Leichtenstern,  Ueber 
J*8  Vorkommen  und  die  Bedeutung  supernumerärer  (aceessorischer)  Brüste  una 
'»'nstwarzen.    Virchow's  Arch.  f.  pathol.  Anatomie.   73.  Bd.  S.  1.   1878. 


148  KreuzbeiDgegend  des  Mannes:  Aeusseres.    Schichtenfolge* 


Beckenwandungen  des  Mannes  nach  den 
einzelnen  Gegenden. 

I.  Kreuzbeingegend  (Regio  sacralis.)  (4). 

Grenzen  nnd  äussere  Form, 

Wenn  wir  die  beiden  letzten  Lendenwirbel  zum  Becken  hinzunehmen, 
dann  bildet  eine  quere  Verbindungslinie  zwischen  beiden  Httftpunkten  (s.  S.  17) 
die  obere  Grenze  der  Kreuzbeingegend;  denn  diese  Linie  triflFt  meist  den 
Dornfortsatz  des  4.  Lendenwirbels  ^)  (s.  Fig.  28).  Seitlich  und  oben  bilden 
die  Hüftbeinkämme,  weiter  unten  die  Nates,  zwischen  denen  die  Gegend  zu- 
gespitzt bis  zum  Ende  des  Steissbeines  sich  erstreckt,  die  Grenze.  Die  untere 
Grenze  (gegen  die  Regio  an  aus)  ist  in  der  Steissbeinspitze  gegeben. 
Oben  stösst  die  Begio  mediana  dorsi  an,  seitlich  die  E e g i o n e s  g  1  u- 
taeae.  Im  Ganzen  hat  also  die  Kreuzbeinregion  eine  dreieckige  Gestalt  mit 
der  Basis  nach  oben,  und  entspricht  ziemlich  genau  dem  Kreuzbeine  samt  dem 
Steissbeine. 

Die  Gegend  des  IIL  Kreuzwirbels  springt  nach  hinten  stärker,  hervor 
(Kreuzbeinbuckel);  wie  bemerkt  (S.  23  und  65),  entspricht  sie  vorn 
der  tiefsten  Stelle  der  Kreuzbeinkrümmung.  Das  Steissbein  ist  durch 
seine  Lage  in  zweifacher  Weise  geschützt,  einmal,  indem  es  sich  nach  vor- 
wärts krümmt,  und  so  von  den  Nates  gedeckt  wird  —  dies  Verhalten  schützt 
es  beim  Liegen  — ,  dann  dadurch,  dass  die  beiden  Tubera  ischiadica 
weit  (etwa  8  cm)  tiefer  stehen  (s.  Fig.  28);  dies  gewährt  den  Schutz  beim  Sitzen. 

üeber  die  äusserlich  sieht-  und  fühlbaren  Theile:  Fossulae 
lumbales  etsacrales,  Crista  sacralis  media,  Dornfortsätze 
der  Lendenwirbel,  Crista  sacralis  articularis  und  Gelenk- 
fortsätze des  letzten  Lumbal-  und  erstenKreuzwirbels,  Steiss- 
bein und  Steissbeingelenke,  Wülste  der  Musculi  sacrospinales 
vergleiche  man  S.  7,  21,  27,  63  und  120.  —  In  Figur  49  (rechte  Seite)  ist 
durch  ein  Kreuz  oberhalb  der  Spina  iliaca  posterior  superior  die  Stelle  der 
Fossula  lumbalis  lateralis  inferior  bezeichnet.    Siehe  S.  8  Anm.,  S.  66  u,  77. 

Schichtenfolge. 

In  dorsoventraler  Richtung  vordringend  treffen  wir: 

1)  Die  Haut  mit  dem  Ligamentum  caudale. 

2)  Das  Unterhautgewebe. 

3)  Die  Hautnerven  uud  die  Hautgefässe. 

4)  Die  Bursa  subcutanea  sacralis. 


1)  Die  obere  Grenze,   wie   sie   durch   die  ENA.   festgesetzt   wurde,   liegt  einen 
Lendenwirbel  tiefer;  sie  fällt  mit  der  oberen  Grenze  des  Kreuzbeines  zusammen. 


Ereuzbeingegend  des  Mannes:  Schichtenfolge.  '  149 

5)  Den  fascialen  und  aponeurotischen  Apparat: 

a)  Fascia  superficialis. 

b)  Aponeurosis  glutaea. 

c)  Lamina   superficialis    fasciae   lumbodorsalis  =  Aponeurosis   musculi 
latissimi  dorsi. 

d)  Aponeurosis  musculi  sacrospinalis  et  multifidi. 

6)  Die  hintere  Musculatur: 

a)  Musculus  sacrospinalis. 

b)  Musculus  multifidus. 

c)  Musculus  glutaeus  maximus. 

d)  Musculus  extensor  coccygis  medialis. 

e)  Musculus  extensor  coccygis  lateralis. 

f)  Musculus  abductor  coccygis  dorsalis. 

g)  Musculus  levator  ani. 

7)  Die  hinteren  Kreuz-  und  Steissbeinbänder; 

a)  Ligamentum  iliolumbale. 

b)  Ligamentum  sacroiliacum  posterius  longum. 

c)  Ligamentum  sacroiliacum  posterius  breve. 

d)  Ligamenta  sacroiliaca  interossea. 

e)  Ligamentum  sacrococcygeum  posterius  superficiale. 

f)  Ligamentum  sacrococcygeum  laterale. 

g)  Ligamentum  sacro tuberosum, 
h)  Ligamentum  sacrospinosum. 
i)  Ligamentum  anococcygeum. 

k)  Bursa  coccygea. 

8)  Die  hintere  Fläche  des  Kreuzbeines  und  des  S t e i s »- 
b  e  i  n  e  s,  mit  den  aus  den  Foramina  saerah'a  posteriora  heraus- 
tretenden Gefässen  und  Nerven,  insbesondere  dem  Plexus  veno- 
sus  vertebralis  externus;  ferner  die  Steissbeinspitze  mit 
der  Steissdrüse. 

9)  Den  Kreuz beinkanal  mit  seinem  Inhalte: 

a)  Epidurales  Fettgewebe  mit  dem  Plexus  venosus  vertebralis  internus. 

b)  Duralsack  —  Ende  desselben  mit  der  Cauda  equina. 

c)  Ligamentum  sacrodurale. 

d)  Filum  terminale  und  Filamenta  lateralia  durae  matris. 

e)  Zuführende  Nervenstämme  des  Plexus  sacralis  u.  des  Plexus  coccygeus. 

f)  Ligamentum  sacrococcygeum  posterius  profundum. 

g)  Vapa  spinalia. 

h)  Plexus  nervosus  raeningeus  posterior  et  anterior. 

10)  Den  vorderen  Theil  des  Kreuzbeines  und  des  Steiss- 
b  e  i  n  e  s  mit  den  auf  der  vorderen  Fläche  dieser  Knochen  ge- 
legenen Theilen: 

a)  Ligamenta  sacroiliaca  anteriora. 

b)  Ligamentum  longitudinale  anterius  (Pars  sacralis  et  sacrococcygea). 

c)  Arteria   et  Venae   sacrales   mediae   -—   Arteriae   et  Venae  sacrales 
laterales  (Plexus  venosus  sacralis). 

d)  Plexus  nervosus  lumbalis  (Pars  inferior)  —  Plexus  sacralis  —  Plexus 
coccygeus  —  Pars  sacrococcygea  trunci  sympathici. 

e)  Ursprünge  des  Musculus  piriformis. 

f)  Musculus  coccygeus. 


ibO       Ereuzlbeingegend  des  Mannes:  l^räparat    Üntersnchung  am  Lebenden. 

g)  Musculus  levator  ani  (vordere  Fläche  des  Ansatzgebietes). 

h)  Fascia  pelvis  (Pars  musculi  coccygei)  und  die  mit  der  medianen 
unteren  Vereinigung  der  beiderseitigen  Ligamenta  sacrococcygea 
anteriora  zusammenhängende  Sehnenplatte  des  Musculus  levator 
ani,  welche  die  Vorderfläche  des  II.  bis  letzten  Steiss wirbeis  bedeckt 
und  in  das  Ligamentum  anococcygeum  übergeht, 
i)  Musculus  sacrococcygeus  anterior.. 

k)  (Median)   Vorderfiäche    des    Ligamentum   anococcygeum   und   der 
(glatte)  Musculus  rectococcygeus. 

1)  (Median  und   unten)   hintere  Wand    des   Rectum    mit    der   Fascia 
propria  recti. 

m)  (Höher  oben)  Ansatzstelle  des  Mesorectum  nebst  den  eingeschlossenen 
Blutgefässen,  Lymphgefässen,  Lymphdrüsen  und  Nerven. 

n)  (Lateral)  das  Bauchfell. 

11)  Die  Beckenhöhle. 

Präparat  and  Untersuchung  am  Lebenden. 

Man  bringe  die  Leiche  in  die  Bauchlage  und  erhöhe  das  Becken  durch  einen 
untergelegten  Klotz.  Querer  Hautschnitt  der  oberen  Grenze  entlang,  rechts  und  links 
je  ein  nach  unten  convergirender  seitlicher  Schnitt  (s.  Fig.  49).  Der  Hautlappen 
wird  nach  unten  zurück präparirt.  Man  beachte  dabei  das  Ligamentum  caudale  und 
die  die  oberflächliche  Fascie  durchbohrenden  Hautnerven  und  Hautgefässe,  welche 
den  aus  den  hinteren  Kreuzbeinlöchern  hervorbrechenden  Kami  posteriores  angehören. 
Von  oben  kommen  noch  die  hierhergehörigen  Zweige  des  letzten  Thoracalnerven  und 
der  Lumbalnerven  hinzu. 

Nach  Entfernung  des  hier  oft  ödematösen  Unterhautgewebes  und  der  ober- 
flächlichen Fascie  und  nach  der  Darstellung  der  querfaserigen  Aponeurose  des  Mu- 
sculus latissimus  dorsi  und  der  oberflächlichen  Aponeurose  des  Musculus  glutaeus 
maximus,  wobei  man  die  Ursprünge  des  letzteren  beachte,  spaltet  man  die  längs- 
faserige starke  Aponeurose  des  Musculus  sacrospinalis,  welche  medianwärts  den 
Musculus  multifidus  deckt.  Zur  Darstellung  der  hinteren  Schwanzmuskeln  muss  die 
mit  dem  Ligamentum  sacrotuberosum  verbundene  und  den  Sulcus  sacralis  dorsalis 
deckende  tiefe  Ursprungsaponeurose  des  Musculus  glutaeus  maximus  gespalten  werden. 

Die  Musculi  sacrospinalis,  multifidus  und  die  etwa  vorhandenen  hinteren  Schwanz- 
muskeln werden  entfernt,  um  die  hinteren  Kreuzbein- und  Steissbeinbän der  freizulegen; 
dabei  beachte  man  den  das  Ligamentum  sacrotuberosum  durchbolirenden  Zweig  des 
Nervus  pudendus. 

Man  eröffnet  nun  den  Kreuzbeinkanal  zur  Präparation  des  unteren  Endes  des 
Duralsackes,  der  Kreuz-  und  Steissbeinnerven,  des  Filum  terminale,  der  Filament» 
lateralia  durae  und  des  inneren  Venenplexus.  Dann  wären  die  Ansätze  des  Musculus 
levator  ani  und  das  Ligamentum  anococcygeum  darzustellen. 

Nach  querer  Durchsägung  des  Kreuzbeines  in  der  Höhe  des  oberen  Randes 
der  Incisura  ischiadica  major  und  nach  vorsichtiger  Lösung  der  Bänder  und  Muskel- 
ansätze an  den  Seiten  wird  das  mit  dem  Steissbeine  zusammengebliebene  untere 
Knochenstück  fusswärts  umgelegt.  (Fi gg.  84 A  und  B.)  Man  gelangt  so  zur  hinteren 
Wand  des  Rectum  und  zum  Cavum  pelvis  in  ähnlicher  Weise  wie  bei  der  Kr ask ersehen 
Operation  (S.  24).  Auch  kann  man  so  die  Theile  an  der  vorderen  Kreuzbeinfläche 
präpariren ;  zur  Genüge  lässt  sich  das  letztere  indessen  nur  von  vorn  her  nach  Weg- 
nahme der  Beckeneingeweide  ausführen.  (S.  Fig.  61.) 

Für  die  Untersuchung  am  Lebenden  kommt  insbesondere  die  Inspektion 
und  Palpation  in  der  Rückenansicht,  beim  Stehen  sowohl  wie  in  der  Bauch-  und 
Seitenlage,  in  Betracht. 


Kreuzbein^egend  des  Mannes:  Hautschicht.    Muskel-  und  i*ascienschicht.      151 

Die  vordere  Fläche  des  Kreuzbeines  erreicht  man  beim  Lebenden  am  besten 
^on  der  Scheide  oder  vom  Mastdarme  aus  (s.  S.  77).  Selbstverständlich  wird  sie 
^^i  Laparotomien  in  der  Trendelenburg'schen  Lage  für  die  Untersuchung  grossen- 
t*ieils  frei. 

Schilderung  der  einzelnen  Theile  der  Kreuzbeingegend. 
Aus  der  vorhin  gegebenen  Aufzählung  der  einzelnen   Bestandtheile   der 
Kreuzbeingegend  in  ihrer  Schichtung  erweist  sich,  dass  wir  als  grössere  A  b- 
^heilungen  von  der  Haut  bis  zur  Beckenhöhle  folgende  vier  anzunehmen  haben: 

A.  Die  Hautschicht  mit  Zubehör. 

B.  Die  Muskel-  und  Fascienschicht. 

C.  Den  Knochen-  und  Bandapparat  samt  dem  Kreuzbeinkanale. 

D.  Die  Weichtheile  an  der  vorderen  Kreuzbein-  und  Steissbeinfläche. 
Nach  diesen  vier  Hauptschichten  sollen  nun  im  folgenden  noch  diejenigen 

Theile,  welche   eine  genauere   Besprechung   erforderlich  machen,   abgehandelt 
Werden. 

A.  Hautsohiolit  mit  Zabehtfr. 

Das  Verhalten  der  Haut,  des  ünterhautgewebes,  der  Hautnerven  und  der 
Hautgefässe  bedarf  nach  dem  vorhin  (S.  134—147)  Angeführten  keiner  weiteren 
Erörterung  mehr.  Als  Ligamentum  caudale  beschreibt  Luschka  ( Anat. 
des  Beckens,  S.  29,  Abbild.  S.  58)  fibröse  Züge,  welche  von  der  Hinterfläche 
der  Steisswirbel  in  der  Medianebene  zur  Haut  ziehen,  insbesondere  zur  Fossula 
^^nibalis  medialis  inferior.  Auf  die  nicht  beständige  Bursa  sub- 
^iitanea  sacralis  werden  wir  beim  Abschnitte:  „Pathologische  Zustände" 
zurückkommen. 

B.  Xiuikel-  und  Fucleuoliiolit. 

Unter  der  subcutanen  schwach  entwickelten  Fettschicht  liegt  ein  dünnes 
oberflächliches  Fascien  blatt,  welches  seitlich  in  die  Fascia  glu- 
*aea  sich  fortsetzt. 

Im  oberen  Bereiche  der  Gegend  folgt  dann  die  quergefaserte  Fascia 
Jumbodorsalis,  und  zwar  deren  oberes  Blatt,  welches  die  Rttckenstreck- 
|*^UBkeln  hinten  deckt  und  mit  deren  ürsprungsaponeurose  verwachsen  ist;  sie 
ist  zugleich  ürsprungsaponeurose  des  Musculus  latissimus  dorsi.  Weiter  abwärts 
^ommtdie  oberflächliche  ürsprungsaponeurose  des  Musculus 
Slutaeusmaximus;  wo  diese  an  die  ebengenannte  Fascia  lumbodorsalis 
®JÖ88t,  liegt  sie  oberflächlicher  (näher  der  Haut)  als  die  Fascia  lumbodorsalis; 
®^e  führt  auch  von  beiden  Seiten  einander  kreuzende  Fasern. 

Der  Musculus  multifidus  liegt  medianwärts  neben  dem  Musculus 
^rospinalis;  er  lässt  sich  leicht  von  diesem  trennen  und  wird  von  dessen 
^huenursprüngen  überlagert. 

Bezüglich  der  Muskeln  sei  angegeben,  dass  die  ürsprungsfasem  beider 
Öl^taei  maximi  sich  am  meisten  in  der  Gegend  des  Kreuzbeinbuckels  einander 
^»hern.  Die  neuerdings  von  Lart  schneid  er  I.e.  (S.  86)  beschriebenen 
•»mteren  Steissbeinmuskelchen:  Musculi  extensor  coccygis  mediahs, 


152  Kreuzbeingegend  des  Mannes:  Knochen,  Bänder.    Kreuzbeinkanal. 

extensor  coccygis  lateralis  und  abductor  coccygis  dorsalis 
liegen  im  Sulcus  sacralis,  und  zwar  in  einem  fibrösen  Fache  eingeschlossen; 
welches  sich  kranialwärts  in  das  Muskelfach  des  Multifidus  und  des  Sacro- 
spinalis  fortsetzt,  während  es  fusswärts  und  lateral  unter  dem  Ligamentum 
sacrococcygeum  laterale  auf  die  dorsale  Obei-fläche  des  Ligamentum  sacro- 
tuberosum  ausläuft,  medial  mit  dem  Hiatus  canalis  sacralis  kommunicirt  (Fig.  27). 
Der  Boden  dieses  Faches  ist  vom  Kreuzbeine  und  dessen  dorsalen  Bandapparate 
gebildet,  die  Decke  von  der  tiefen  ürsprungsaponeurose  des  Mus- 
culus glutaeus  maximus,  welche  am  Kreuzbeinrande  mit  der  vorhin  erwähnten 
oberflächlichen  ürsprungsaponeurose  des  Muskels  verschmilzt  und  bis  zur  Crista 
sacralis  articularis  und  media  weiterzieht,  lateralwärts  aber  mit  der  Rückenfläche 
des  Ligamentum  sacro tuberosum  verwachsen  ist.  um  das  Fach  zu  eröff^nen,  muss 
die  oberflächliche  Schicht  des  Musculus  glutaeus  maximus  samt  der  ürsprungs- 
aponeurose der  tieferen  Schichte  dieses  Muskels  durchgeschnitten  werden. 

Pathologische  Processe  im  fibrösen  Fache  der  langen  Rückenstreckmuskeln, 
wie  z.  B.  Eiterungen,  können  sich  auf  Grund  der  erwähnten  Verbindung  in 
das  Fach  der  Steissbeinmuskeln  fortsetzen,  wo  sie  unter  den  Musculus  ghitaeus 
maximus  gerathen;  sie  können  sich  bis  zur  Steissbeinspitze  hinabsenken^). 

C.  B^noohen-  und  Bandapparat  samt  Krenxbeinkanal. 

Man  wolle  hierzu  die  Figg.  26,  27,  28,  32,  49  und  das  S.  21  ff.,  30  ff. 
und  63  ff.  Gesagte  vergleichen,  femer  folgendes  beachten : 

unterhalb  des  Ligamentum  sacroiliacum  posterius  breve 
(in  der  Ansicht  von  hinten  her)  liegt  die  G e  1  e n k  1  i n i e  der  Articulatio 
sacroiliaca  (Fig. 49);  man  gewahrt  sie  nach  Freilegung  des  Bandes  leicht,  wenn 
man  das  Kreuzbein  in  der  Richtung  von  vorn  nach  hinten  zu  bewegen  sucht; 
bei  jugendlichen  Personen  erzielt  man  eine  nicht  unerhebliche  Verschiebung. 
Die  Gelenklinie  führt  zu  einer  Grube,  welche  beständig  sich  ^zwischen  den 
beiden  Ligamenta  sacroiliaca  posteriora  und  den  beiden  Spinae  iliacae  posteriores 
findet.  In  Fig.  49  (linke  Seite)  ist  sie  mit  einem  weissen  Sternchen  bezeichnet. 

Das  Ligamentum  anococcygeum^)  (Fig.  49)  ist  eine  theils  muskulöse, 
theils  fibrös-elastische  Bildung,  welche  von  der  Steissbeinspitze  in  die  Analhaut 
ausstrahlt  und  sich  wie  eine  Fortsetzung  des  Steissbeines  ausnimmt,  weshalb 
sie  hier  in  der  Schicht  C  aufgeführt  wurde.  Es  setzen  sich  an  dasselbe  an 
und  laufen  in  ihm  der  Länge  nach  Fasern  der  Musculi  1  e  v  a  t  o  r  a  n  i  und 
sphincter  ani  externus,  ferner  Bündel  longitudinal^r  glatterMuskel- 
fasern,  die  mit  der  glatten  Muskulatur  des  Rectum,  insbesondere  mit  dessen 


1)  Vgl.  Lartschneider,  1.  c.  (S.  86)  pag.  39. 

2)  Symington,  J.,  The  Rectum  and  Anus.  Journ.  of  anatomy,  conduct.  by 
Humphry  etc.  Vol.  XXIIL  pag.  106.  1889,  und  mit  ihm  die  neueren  englischen  Hand- 
bücher von  Cunningham,  D.  J.,  Manual  of  practical  anatomy.  II  edit.  1896.  Vol.  I 
und  Quain:  Elements  of  anatomy,  X  edit.  by  E.  A.  Schaefer  and  G.  D.  Thane, 
Vol.  III  P.  IV.  Splanchnology,  bezeichnen  diese  Bildung  als  ,,anoeoccygeal  body.** 


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154    Ereuzbeingegend  des  Mannes:  ßursa  coccygea,  Steissdrüse.  Vordere  Fläche. 

der  Thiere^).  Die  Insertion  der  lateralen  wie  des  medialen  Bündels  erfolg* 
nicht  direkt  am  Steissbeine,  sondern  an  einer  sehnigen  Platte,  welche 
allerdings  ihrerseits  am  Steissbeine  (2 — 4  Steisswirbel,  ventrale  Fläche)  befestig* 
ist.  Diese  Platte  bildet  die  gemeinsame  Endsehne  eines  Theiles  der  Portio 
pubica  des  Musculus  levator  ani  und  hängt  auch  mit  den  Ligamenta  sacrococ- 
cygea  anteriora  zusammen.  Alles  dieses  gehört  zum  Ligamentum  ano* 
coccygeum.  Wir  kommen  auf  dasselbe  bei  Besprechung  des  Rectum  und 
des  Dammes  noch  zurück. 

Die  unbeständige  Bursa  coccygea  liegt  zwischen  der Steissbeinspite^ 
und  der  Steissbeininsertion  des  Musculus  sphincter  ani  extemus. 

Dicht  auf  der  Hintei-fläche  des  Kreuzbeines  und  des  Steissbeines  triff* 
man  den  untersten  Theil  des  Plexus  venosus  vertebralis  externus 
posterior;  dieser  Plexus  hängt  mit  den  subcutanen  Venennetzen  und  ^ 
durch  die  Kreuzbeinlöcher  —  mit  den  inneren  und  vorderen  Venenplexus  zu- 
sammen; vgl.  die  bei  Besprechung  der  Haut  gegebene  Geiässtabelle. 

Die  Steissdrüse,  Glomus  coccygeum,  wurde  von  Luschka*) 
entdeckt;  sie  ist  ein  gi*anröthliches  feinlappiges  oder  grannlirtes  Knötchen  voll 
meist  Linsengrösse,  welches  an  dem  Endzweige  der  Arteria  sacralis  media  be* 
festigt  ist,  so  dass  dieser  Zweig  in  dem  Knötchen  sich  verliert.  Letztere^ 
liegt  in  dem  Fette  zwischen  der  oben  erwähnten  Endsehneuplatte  des  Musculus 
pubococcygeus  (Levator  ani)  und  der  Steissbeinspitze;  es  kann  selbst  bis  aflf , 
die  dorsale  Fläche  der  Steissbeinspitze  verschoben  sein.  Die  Arteria  sacralis 
media  tritt  durch  einen  ovalen  Ausschnitt  der  Sehnenplatte  zu  ihrem  GlomüÄ, 
(s.  Fig.  84^.  Irgend  eine  praktische  Bedeutung  hat  die  Steissdrüse  noch  nich* 
erlangt;  Luschka  hatte  s.  Z.  den  Werth  seiner  Entdeckung  überschätzt. 

Wichtig  ist  die  von  H,  v.  Meyer  (s.  Lehrbuch  der  Anatomie  des  Men- 
schen, 3.  Aufl.  S.  62)  gegebene  ünterecheidung  einer  Pars  pelvina  üoa 
einer  Pars  perinealis  des  Kreuzbeines ;  erstere  umf asst  die  drei  oberen 
mit  dem  Os  ilium  in  Verbindung  tretenden  Kreuzwirbel,  letztere  den  Rest  dei^ 
Knochens,  der  sich  in  gleicher  Krümmung  in  das  Steissbein  und  in  das  Lig^' 
mentum  anococcygeum  fortsetzt  und  etwa  einen  Viertel-Kreisbogen  bildet;  dieser 
Theil  ist  es,  welcher  nahe  Beziehungen  zu  den  Beckeneingeweiden,  insbesondere 
zum  Rectum  hat. 

Für  die  im  Kreuzbeinkanale  befindlichen  Theile  genügt  die  Figur  49 
und  die  vorhin  gegebene  Aufzählung.  Dass  der  offene  Duralsack  bis  zü^ 
3.  Kreuzwirbel  ^ehen  kann,  wurde  vorhin,  S.  24,  angegeben. 

Der  Verschluss  des  Hiatus  sacralis  durch  die  Ligamenta  sacro' 
coccygeum  posterius  superficiale  und  laterale  ist  ein  sehr  fester. 


1)  Ich  folge   hier  der   Darstellung  Lartschneider*s  I.e.  (S.  86),  pag.  20,   der 
ich,  nach  eigenen  Präparaten,  zustimme. 

2)  Luschka,  H.  Der  Hirnanhang  und  die  Steissdrüse  des  Menschen,  Berlin,  lÖ^ 


Kreuzbeingegend  des  Mannes:  Weichtheile  der  vorderen  Kreuzbeinfläche.     165 

]>.  Bie  Weichtheile  an  der  vorderen  Kreuzbein-  nnd  SteiMibeinfl&che. 

Dicht  am  Knochen  befinden  sich  die  vorhin  aufgezählten  Bänder  und  das 

önost;    letzteres    umrandet    die  Foramina  sacralia   anteriora  und   zieht  durch 

^€se  hinein  in  den  Kreuzbeinkanal   In  der  Mitte  (Fig.  84A)  laufen  die  Arteria 

^cralis  media  mit  einer  oder  mit  zwei  Begleitvenen,  seitlich,  medianwärts 

^hen  den  austretenden  Stämmen  des  Plexus  lumbosacralis,  die  Vasa  sacralia 

^^^ralia.     Die  Venen   bilden   den   Plexus   venosus   sacralis  ante- 

^^^    (Fig.    61);   sie   liegen   theils  vor,    theils  hinter  den    Arterien 5    ziemlich 

^^gelmässig   finden   sich  querverlaufendc  anastomotische  Venenäste   genau   vor 

^n  Grenzen  je  zweier  Kreuzwirbel.     Es  bestehen  ausgiebige  Verbindungen  mit 

^^  Venae  glutaeae,  namentlich  mit  der  Vena  glutaea  inferior. 

Einige  kleine  Lymphdrtlsen  finden  sich  an  der  vorderen  Fläche  des 

J'euzbeines;    zu  ihnen   ziehen   Lymphgefässe   der  hinteren  Beckenwand, 

^8  Rectum  und  des  Kreuzbeinkanales;    sie   bilden   zwischen   den  Drüsen  den 

*^xus  lymphaticus  sacralis.    Die  Abflüsse  geschehen  zu  den  Lym- 

P'^oglandulae  lumbales^). 

Die  Ganglien  des  Truncus  sympathicus  liegen  vor  den  Fora- 
^öa  sacralia  anteriora. 

Vor  dem  Steissbeine  kommen  von  hinten  nach  vorn  gezählt:  die  Arteria 

^J^alis  media  mit  ihrem  zur  Steissdrüse  ziehenden  Endaste  und  feinen  den 

ztercn  begleitenden  sympathischen  Nervenfäden,  dann  das  Ligamentum 

^^rococcygeum  anterius,  und,  an  dieses  befestigt,  die  vorhin  erwähnte  End- 

'^'^enplatte  der  Portio  pubica  musculi  levatoris  ani  =  Musculus  pubococcygeus; 

^  diesem,  in  der  Mitte,  das  dem  Afterschweifbande  homologe  glatte  Muskel- 

^^del  und  seitlich  die  Musculi  rectococcygei.  Noch  weiter  lateral wärts  lie- 

*^|^  die  Musculi  sacrococcygei  anteriores;  diese  sind  vorn  von  der  Fascia 

Pulvis  bedeckt.     Das  Lageverhältniss   der   Musculi  sacrococcygei  anteriores  zu 

^  ^  Musculi  coccygei  und  levator  ani   ist  dieses,   dass  die  Sacrococcygei  vor 

^^  Coccygeus  und  der  ihn  deckenden  Fascie,  jedoch   hinter  den  Levator* 

Sätzen   gelegen  sind;  indessen  befestigen  sich  auch  die  vorderen  Bündel  der 

^J'ococcygei  an  der  vorhin  beschriebenen  Levator-Sehnenplatte. 

In  der  Fortsetzung  des  Steissbeines   zeigt   sich   das  Ligamentum  ano- 

ccygetini  mit    seiner  Vorderfläche,  die  von  den  genannten  glatten  Muskeln 

S^nommen  wird.    Diese  Theile  wurden,  um  die  zusammenhängende  Beschrei- 

.   f*8  nicht  zu  stören,  bereits  bei  Schicht  C  besprochen,  müssen  aber  auch  hier, 

*  Schicht  D,  wieder  genannt  werden. 
,   ,     Die  durch  die  Kreuzbeinlöcher   ein  und  austretenden  Theile  bedürfen 
iner  weiteren  Beschreibung   mehr;    dass    die  Nerven  in  dem  Schutze  ihrer 
^öchenrinnen    liegen,   wurde   erwähnt  (S.  62).     Entfernt  man  vorsichtig  das 

Abh-i  ^^  ^^**  ^'  ^^*^s^»  Handbuch  der  menschl.  Anat.  IIL  Aufl.   Bd.  II.   S.  719.  — 
|i     "*^^«g   bei:    Bourgery    et    Jacob,    Trait6   complet  de   TAnatomie  de  rhomm. 
^^*  1851.   T.  IV.   PL  89.  —  Mascagni,  P.,   Geschichte  und  Beschreibung  der  ein- 
^«nden  Gefösse,  übersetzt  von  Chr.  Fr.  Ludwig.    Leipzig,  1789.  4,   S.  61. 


156  Pathologische  Zustände  der  Regio  sacralis. 

Kreuzbein  mit  dem  Steissbeine  und  mit  den  Ligamenta  sacrococcygea  anterittS 
und  lateralia,  unter  Abtrennung  der  Ligamenta  sacrospinosum  und  sacrotubero- 
sum,  sowie  des  Musculus  piriformis  an  den  Ansatzpunkten  am  Kreuzbeine,  so 
^  S^cL  stellt  sich  folgendes  Bild  dar  (s.  Fig.  84]äF^  &):  Abgesehen  von  den  genannten 
Gefässen  und  dem  Truncus  sympathicus  hat  man  ein  stark  fetthaltiges  Binde- 
gewebe vor  sieh,  welches  sich  zwischen  die  Blätter  des  Mesorectum  und  gegen 
die  Foramina  suprapiriforme  und  infrapiriforme  hin  fortsetzt.  Man  erkennt  die 
Stellen  dieser  Foramina  an  den  in  das  Fettgewebe  eingebetteten,  zu  den  Oeff- 
nungen  ziehenden  Nervenstämmen.  Lateral  und  oben  liegt  der  Piriformis- 
Stumpf,  lateral  und  unten  die  Ligamenta  sacrotuberosum  und  sacrospinosum. 
Bei  der  Durchtrennung  des  Knochens  unter  dem  2.  Kreuzbeinloche  bleibt  der 
Nervus  sacralis  H  jederseits  in  einer  Strecke  von  4—5  cm.,  ziemlich  steil 
abwärts  ziehend,  sichtbar-,  er  zieht  zum  Foramen  infrapiriforme,  wo  er  mit  dem 
Nervus  sacralis  III  zusammentrifft.  Die  Nervi  sacrales  IV  und  V  sieht  man 
als  ungleich  viel  dünnere  Stränge  zur  Vorderfläche  des  Levator  ani  treten. 

lieber  die  Ansicht   der   hinteren  Beckenwand  von  vorn  her,    sowie    über 
die  Lage  des  Rectum  wird  später  gehandelt  werden. 


Pathologische  Zustände  der  Regio  sacralis. 

Das  meiste  von  pathologischen  Veränderungen  hier  zu  erwähnende  ist  be- 
reits besprochen  worden:  Die  Frakturen  (S.  130),  Luxationen  (S.  132),  die  De- 
formationen der  ganzen  Gegend  bei  den  Maass-  und  Formfehlern  des  Bänder- 
beckens (S.  107  ff.),  die  Missbildungen  und  angeborenen  Sacraltumoren  (S.  122  ff.); 
die  Hautveränderungen  (S.  146),  der  Decubitus  (S.  137)  und  die  Eitersenkungen 
im  Sulcus  sacralis  dorsalis  (S.  152). 

Bezüglich  des  Decubitus  soll  noch  erwähnt  werden,  dass  er  zuerst  ana 
Kreuzbeinbuckel  aufzutreten  pflegt,  denn  dort  ruht  der  Körper  beim  Liegen 
am  festesten  auf^  dies,  und  nicht  die  Festigkeit  der  Bänder  erklärt  auch  den 
Schutz,  den  der  Hiatus  sacralis  beim  Durchliegen  zu  haben  pflegt,  denn  dieser 
wird  durch  den  Buckel  maskirt  und  erfährt  selber  keinen  starken  Druck  (Hein). 

Es  sind  Fälle  von  Hygrombildung  der  Bursa  subcutanea  sacralis? 
welche  in  der  Gegend  des  Hiatus  canalis  sacralis   liegt,   beobachtet  worden  *)• 

Die  Coccygody nie,  eine  nicht  selten,  insbesondere  bei  Frauen  nach 
schweren  Entbindungen  auftretende  Neurose,  zu  der  aber  auch  Entzündungen 
der  Steissbeingelenke  beitragen  können,  erfordert  unter  Umständen  ein  opera- 
tives Eingreifen;  man  hat  Exstirpation  des  Steissbeines,  ganz,  oder  zum  Theile^ 
geübt,  oder  aber  Durchtrennung  der  sämtlichen  am  Steissbeine  inserirenden 
Weichtheile.  Bei  dieser  Encheirese  durchschneidet  man  wohl  sicher  die  aus 
dem  Pl.exus  coccygeus  stammenden  Nervi  anococcygei,  welche 
beiderseits    dicht   neben    dem  Steissbeine   um  den  unteren  Rand  des  Musculus 


1)    Luschka,    H.  v.,    Dir  Anatomie    des   Mensehen.    IT.  Bd.  2.  Abth.  „Becken** 
S.  27.    Tübingen,  18G4. 


Gesässgegcnd.    Hüftgcgcnd.    Rollhügelgegcnd.  157 

glntaens  maximus  nach  rückwärts  zur  Haut  verlaufen  und  in  gewissen  Fällen 
als  Träger  der  Neuralgie  angegeben  werden  müssen. 

II.  Gesässgegend  (Regio  glutaea)  (9).  Süftgegend  (Regio  coxae)  (8). 
Rollhügelgegend  (Regio  trochantenca)  (7). 

ZngehörIgkeSt  dkser  Gegenden.    Allgemeines. 

Die  Gesässgegend,  die  Hüftgegend  und  ^J,^  Tr«ch-tergegend^^^^^^^^^^^^ 
Theil  der  hinteren   und   die   seitliche  Partie  ^^^ß^^^^^^'.^;;,'^^^^^^^^^^^^ 
lateralwärts  an  die  Kreuzbeingegcnd  an  und  gehen  ohne  ««^-f^^'^"     '^^^^^^^^ 
i»^  einander  über.    Vom   praktischen  Standpunkte   aus  ist  es  g^^«^^^^^^^^^ 
imZusanimonbange  .u  behandeln.    Sie  gehören  ..  den  ^"P^^JPj  ^^\  *^^^^ 
Gebieten  des  Körpe.-«  und  sind  ebenso  der  unteren  Extremität,  .^'«  f  "^f^^^^^^^^^^^^ 
-weisen.  luder^That  .äblen  ^^^T^^^^tZ^^^ 
^^öd  trochanterica  eehöriffen  Gebilde:   das  (jelcnKsiucK  uc»  ^^^ 
r^i  de: toTanteren  und'dem  .«nächst  anstossemlen  Theiie  des  Knocl.n^^^^^^^ 
die  Gesässmuskulatur  mit  ihren  Nerven  und  Gemssen  und  der  Nerj«  .  f  «adi^ 
«»«  zur   unteren  Extremität,   während   das  Hüftbem  sejne  ^^-f^^^^fj^l 
Becken  mit  der  zur  unteren  Extremität  theilt.    Auch  ^^'^UrsprungsstücU  e^^^^ 
M««keln  (Piriformis,  Obturator  internus  und  Obturator  ^f'^^'^'J^^Tmln 
taea  „„d  der  Nervi:  glutaei,   ischiadicus  und  cutaneus  femons  P-^e^  or  f  l^" 
<i«m  Becken  z«.    Eigenartig  ist  das  topographische  Ve'-halten  de«  Ne^^v"^^^^^^^^ 

dendus  und  der  Vasa  pudenda  interna;  ^^i««<^  ««^f  ^  ^^^^  "  CkeThrerVeT 
i««  engeren  Sinne  an,  treten  aber  in  der  Regel  auf  «^"^«  ^»f  ^«^^.l^^^^^^^ 
Win  das  Gebiet  der  Regio  glutaea  über.    Diese  ü™«tand    gestatt^^^^^^^^^^^ 
di«  in  Rede  stehenden  drei  Gegenden  bei  der  t«P'>^-P^'«,t'^.^"t^^^^^^^ 
Backens  ganz  zu  umgehen,  um  so  weniger,  als  --^^•^!^^^^  ^'^Zt^me 
de^  Wandgebilde  wichtige  Lagebeziehungen  zu  den  im  1°"«;;"  j^^f  j'^^ 
gelegenen  Organen    eingehen.    Wir   beschränken   uns   ^^  J^^^^Xiehungen 
««mmarische  feebersicht  der  betreffenden  Wandgebildc  ™'^;"^  ^^^^^^^^^^ 
derselben  zu  den  Organen  des  Beckeninneren,  indem  wir  die  genauere  bcluiae 
^^S  der  Topographie  der  unteren  Extremität  überlassen. 

Abgrenzung  dieser  Gegenden.    Aensseres  Bild. 

^       Die  Regio  glutaea,   s.  Fig.  2,  S.  3,   ist   im   f-^J;;'^^^^^^^^ 
bestimmt-    ffccen   die  Regio  sacralis  ist  sie  durch  den  Darmbcmkamm,    g  fe 
J-  DammS  den  sJcus  glutaeoperinealis,  gegen  ^^^^^^^^^^^^ 
*«»  Sulcn«  glutaeus,  gegen  die  Regio  trochanterica  J«'-''\'^'^^  J' ^^^^^^^ 
J«ge«  die  4io  coxac  durch  den  oberen  Rand  f^ ^T^J^XLein- 
fWenzt.     Die  Regio  coxae  grenzt  sich  nach   «^^»/"'f\."  ,"       ,i„    ab- 
^'»'«m  von  der  Regio  lumbalis   und   von   der  Regio   abdominalis  lateralis   ab, 


158  Schichtenfolge  der  Regiones  glutaea,  coxae,  trochanterica. 

von  der  Regio  trochanterica  wird  sie  durch  den  oheren  Umfang  des  Trochanter 
major  geschieden;  nach  vorn  bildet  der  vordere  Rand  des  Musculus  tensor 
fasciac  latae  die  Grenze  gegen  die  Regio  suhinguinalis  und  die  Regio  femoris 
anterior.  Die  Regio  trochanterica  wird  leicht  durch  die  Grenzen  des  gut 
abtastharcn  grossen  Rollhügcls  bestimmt. 

Das  äussere  Bild  der  drei  Gegenden  ist  bereits  S.  7  ff.  geschildert  worden. 


Topograph IhcIic  Ucbcrsicht  der  Regiones  glutaea,  eoxae  und  trochanterica* 

Schiclitenfolge. 

Nach  Wegnahme  der  Haut  stösst  man  auf  das  mächtigste  Fettpolster  des 
Körpers  (Regio  glutaea)  und  auf  die  in  der  Tabelle  8.  141  aufgeführten  Haut- 
gefässc  und  Nerven.  Es  folgen  dann  —  s.  Fig.  50  —  vorn,  gedeckt  von 
seiner  weissen,  starken  Ursprungsaponeurosc,  der  Musculus  glutaeus  medius, 
dessen  Fasern  fast  senkrecht  absteigen,  hinten  der  diesen  Muskel  zum  grossen 
Theile  deckende  Musculus  glutaeus  maximus  mit  seiner  grobbnndligen 
schräg  von  hinten  oben  nach  vorn  unten  ziehenden  Faserung.  Die  ihn  deckende 
Fascie  ist  weit  schwächer,  als  der  freiliegende  Theil  der  Aponeurose  des 
Glutaeus  medius;  sie  geht  am  vorderen  Rande  des  Glutaeus  maximus  in  die 
Aponeurose  des  Glutaeus  medius  über. 

Genauer  genornnicn  s  pal  tet  sich  die  Aponeurose  des  Glutaeus  medius  am  vorderen 
Rande  des  Glutaeus  maximus  in  zwei  Blätter;  das  eine  Blatt  geht,  schwächer  werdend, 
vor  dem  Glutaeus  maximus  her,  indem  es  sich  mit  aponeurotischen  Ursprungsf'asern 
des  letzteren  kreuzt;  das  andere,  namentlich  unten  noch  schwächere,  geht  hinter 
dem  Glutaeus  maximus  her;  oben  wird  dieses  durch  aponeurotische  Fasern  des  Glu- 
taeus maximus  verstärivt.  Wenn  man  will,  kann  man  auch  noch  ein  tiefes  drittes 
Fascienblatt  annehmen,  welches  zur  hinteren  Fläche  des  Musculus  glutaeus  medius 
gehört,  und  den  vom  Glutaeus  maximus  bedeckten  Theil  des  medius  überkleidet; 
dies  Blatt  verliert  indessen  völlig  seinen  fascialen  Charakter. 

Wichtig  ist  das  topographische  Verhalten  des  lockeren  fetthaltigen 
Bindegewebes  zwischen  dem  grossen  und  mittleren  Gesässmuskel;  dasselbe 
gestattet  Eiterungen  und  Ergüssen  eine  grosse  Ausbreitung.  Es  steht  in  Ver- 
bindung 1)  mit  dem  gleichartigen  lockeren  Bindegewebe  der  Tasche  zwischen 
Glutaeus  medius  undminimus  (s.  w.  u.),  2)  durch  die  Foramina  supra-  und  infra- 
piriforme  mit  dem  Beckenbindegewebe,  3)  mit  der  Tela  subcutanea  am  unteren 
Rande  des  Glutaeus  maximus,  4)  mit  dem  Fettbindegewebe  der  Fossa  ischio- 
rcctalis  durch  die  Tela  subcutanea  und  durch  das  Foramen  ischiadicum  minus, 
5)  mit  dem  subfascialen  Bindegewebe  der  hinteren  Oberschenkelfläche  längs 
des  Nervus  ischiadicus.  Senkungen  können  sich  hier  bis  zur  Kniekehle  hio 
erstrecken.     Vgl.  das  Kapitel  „Hernia  ischiadica"  und  „Beckenabscesse". 

Zwischen  Musculus  glutaeus  maximus  und  Trochanter  major  findet  sich 
einer  der  grössten  Schleimbeutel  des  menschlichen  Körpers  —  Bursa  tro- 
chanterica musculi  glutaei  maximi  — ;  er  ist  meist  in  mehrere  kommuni- 
cirende  Fächer  getheilt.  Ein  zweiter,  jedoch  unbeständiger  und  oft  wenig 
scharf  begrenzter  Schleimbeutel,  die  Bursa  ischiadica  musculi  glutaei 
maximi,  liegt  zwischen  Tuber  ischiadicum  und  Glutaeus  maximus.    Hierbei  sei 


|J;M';?,.    ro\;tr,    I  i^t.i'li;i  ill 


^•rkL     i|;i^-    iiir'^iT    .llll>kfl    j|»*j|ii    Silzni    m^Ii    iVJi'h    *»iHii    \'ti>rIiM"iliL     >o     d.'l^ 
'"^i'i/.kllMiiTii    Ulli'    tlnrli    iUirrli    IL-iitI     ihhI     |''r|||HjikliT    --rilrrkf     Ull-rL 


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^^•^   'MiirriiH'   i'f    j>o<n'ri«M*,    h-tzlrrr   /wi-t'lif  n   ihi-  Splint'   ilr>  i  ^illl^M•l!^   iih' 
*^^''^^   <I<'N   rnilHriiiis,      i'jiKflirli    -iiid   JiiiT.   :tiii   ,-ri»^>rn   'Trnrlj.iiil^'r.,     ikk'Ii   zn 


160  Schichtenfolge  der  Eegiones  glutaea,  coxae,  trochanterica. 

nennen  die  Schleimbeutel  unter  den  Ansatzsehnen  der  Musculi  glutaeus  mini' 
mus,  piriformis  und  obturator  internus  —  Bursa  trochanterica  muscuh 
glutaei  minimi,  Bursa  musculi  piriformis,  Bursa  tendinis  obturato- 
ris  interni,  diese  zwischen  der  Obturator-Sehne  und  den  nach  vorn  gelegenen 
Musculi  gemelli  sowie  der  Htiftgelenkkapsel.  —  Selten  zeigt  sich  eine  Bursa 
unter  der  Ansatzsehne  des  Musculus  obturator  externus  in  der  Fossa  tro- 
chanterica; häufiger  eine  solche  zwischen  Quadratus  femoris  und  Trochanter 
minor  sowie  zwischen  diesem  Knochenfortsatze  und  dem  Adductor  minimus. 
Nach  Synnestvedt  I.e.  (S.  137)p.  50  kommuniciren  diese  beiden  Bursae  wohl 
miteinander.  Am  Tuber  ischiadicum  haben  wir  ausser  der  Bursa  subcutanea 
und  der  schon  genannten  Bursa  unter  dem  Musculus  glutaeus  maximus,  noch 
die  Bursae  semitendinosa  und  semimembranosa; 

Unter  dem  Musculus  glutaeus  medius  liegt  der  Musculus  glutaeus  mini- 
mus,  der  mit  seinem  Sehnenspiegel  dem  Musculus  temporalis  ähnlich  sieht; 
seine  mittleren  Fasern  steigen  senkrecht  abwärts;  vorn  ist  er  beständig  v^At 
dem  Glutaeus  medius  derart  verwachsen,  dass  man  sagen  kann,  der  vordere 
Rand  des  Glutaeus  medius  rolle  sich  in  den  Glutaeus  minimus  um.  So  bilden 
beide  Muskeln  eine  hinten  offene,  vorn  geschlossene  Tasche,  ähnlich  wie  die  Ansatz- 
sehne des  Musculus  pectoralis  major  eine  Art  Tasche  durch  Umschlag  bildet. 
In  dieser  „Glutaeustasche"  können  sich  Eitermassen  und  anderes  absacken. 

Der  hintere  Rand  des  Glutaeus  medius  schiebt  sich  keilförmig  zwischen 
Glutaeus  minimus  und  Piriformis  ein.  Letzterer  liegt  ein  wenig  mehr  hautwärtö 
als  die  nach  unten  sich  anschliessenden,  allmählich  von  der  absteigenden  in 
eine  quere  Richtung  übergehenden  Muskeln:  Gemellus  superior,  Obtu- 
rator i  nternus  (Sehne),  Gemellus  inferior  und  Quadratus  femoris» 

Hinter  dem  Ursprünge  des  Quadratus  femoris  gewahrt  man  die  gemein- 
same Ursprungssehne  des  Musculus  semitendinosus  und  des  Caput  longum  nius- 
culi  bicipitis  femoris. 

Auf  den  Musculi  piriformis  bis  quadratus  femoris,  also  mehr  hautwärts, 
liegen :  hinten  in  halbmondf öimigem  Bogen  das  Ligamentum  s  a  c  r  o  t  u  b  e- 
rosum,  an  welchem  der  Musculus  glutaeus  maximus  haftet,  und,  mehr  nach 
vorn  und  abwärts  sich  ausbreitend,  die  tiefen  Blutgefässe,  Lyraphge- 
fässe  und  Nerven  dieser  drei  Gegenden.  Sie  verlassen  das  Cavum  pelviS 
durch  die  bereits  genannten  Foramina  suprapiri  forme  und  infrapit^' 
forme.     Durch  das  Foramen  suprapiriforme  treten: 

1)  Die  Arteria  glutaea  superior, 

2)  die  Venae  glutaeae  superiores, 

3)  die  Vasa  lymphatica  glutaea  superiora, 

4)  der  Nervus  glutaeus  superior. 

Der  Stanun  der  Arteria  glutaea  superior  mit  den  beiden  Venen  und  nii^ 
den  Lympbgefüssen  sowie  8—4  Lymphdrüsen  —  Lymphoglandulae  glutaeae 
superiores — ^)  liegt  mehr  medianwärts  nnd  oben  dicht  am  Knochen  (Darm- 

1)  Bourgcry  et  Jacob,  I.e.  (S.  155).  T.  IV,  PJ.  82  (18:  Ganglions  fessiers).  '-' 
W.  Krause,  1.  c.  (S.  155),  S.  718/719.  —  Mascagni -Ludwig,  1,  c.  (S.  155),  S.  57. 


Regio  glutaea.  161 

'^fiö),  der  Nerv  mehr  lateralwärts  und  unten.  Im  grossen  und  ganzen  liegen 
diese  Gebilde  in  einer  zwischen  der  Spina  iliaca  posterior  superior  und  der 
spitze  des  Trochanter  major  gezogenen  Linie,  Linea  iliotrochanterica 
^arabeufi),  und  zwar  an  der  Grenze  des  medialen  und  mittleren  Drittels  dieser 
L^nie,  Die  Arterie  gabelt  sich  in  zwei  Hauptäste-,  der  hintere  (untere)  Rand 
^^s  Musculus  glutaeus  medius  wird  von  dieser  Gabel  umfasst.  Der  eine  (ober- 
flächliche) Hauptast  der  Arterie  zieht  nach  hinten  und  nach  oben  zum  Mus- 
<5ulus  glutaeus  maximus,  der  andere  (tiefe)  nach  vorn,  dicht  auf  dem  Darm- 
"^ine  am  oberen  Umfange  des  Musculus  glutaeus  minimus  entlang,  zwischen 
diesem  und  dem  Musculus  glutaeus  medius;  letzterer  ist  oft  in  einen  oberen 
^^d  unteren  Ast  gespalten.  (S.  Fig.  84.)  Der  Nerv  wird  durch  ein  apo- 
^^iirotisches  Ursprungsbündel  des  Musculus  glutaeus  medius  von  der  Arterie 
S^trennt;  er  versorgt  die  Musculi  glutaeus  medius,  minimus  und 
*^nsor  fasciae  latae. 

Durch  das  Foramen  infrapiriforme  treten: 

1)  Der  Nervus  pudendus, 

2)  die  Arteria  pudenda  interna  zusammen  mit 

3)  der  Vena  pudenda  interna, 

4)  die  Arteria  glutaea  inferior  zusammen  mit 

5)  den  Venae  glutaeae  inferiores, 

6)  der  Nervus  glutaeus  inferior, 

7)  der  Nervus  cutaneus  femoris  posterior, 

8)  der  Nervus  ischiadicus. 

Diese  Reihe  von  Gefässen  und  Nerven  liegt  in  einer  Linie,  welche  parallel 
^^^  Linea  iliotrochanterica  verläuft,  aber  etwa  3  Centimeter  mehr  fusswärts 
^'s  letztere.  Die  nach  abwärts  zum  Musculus  glutaeus  maximus  sich  erstreckende 
Hauptverästelung  der  Arteria  glutaea  inferior  deckt  von  hinten  die 
Nerven  6,  7  und  8 ;  ihre  kleineren  nach  hinten  gewendeten  Aeste  decken  den 
Nervus  pudendus  und  die  Vasa  pudenda  interna.  Der  Stamm  der  Arteria 
S^'itaea  inferior  ist  meist  länger  als  der  der  Arteria  glutaea  superior;  er  liegt 
S^nau  im  Winkel  zwischen  Musculus  piriformis  und  Ligamentum  sa- 
*^^ötuberosum. 

Der  Nervus  cutaneus  femoris  posterior  hängt  bei  seiner  Entstehung 
^'is  dem  Plexus  ischiadicus  meist  mit  dem  Nervus  glutaeus  inferior 
^^sammen;  dieser  gemeinsame  Stamm  wird  als  Nervus  ischiadicus  minor  (Nerf  petit 
^^latique)  bezeichnet;  anfangs  liegt  er  medianwärts  dicht  am  Nervus  ischiadicus, 
^Päter  hinter  (hautwärts)  letzterem;  er  liegt  also,  wie  dieser,  lateralwärts  von 
.^^  Stämmen  der  Arteriae  pudenda  interna  und  glutaea  inferior.  Der  Nervus 
^^^^hiadicus  steigt  senkrecht  hinab,  ziemlich  in  der  Mitte  zwischen  Tro- 
^anter  major  und  Tuber  ischiadicum  (näher  dem  letzteren),  genau  auf  den 
^^kel  zwischen  unterem  Rande  des  Musculus  glutaeus  maximus  und  vorderen 

g.        1)  Farabeuf,  L.H.,  Precisdemanueloperatoire.    Paris,  1889.    G.  Massen,    p.  105. 
^^^  auch:  Farabeuf,  Article:  „Fessiere"  im  „Dictionnaire  encyclopedique«. 
^aldeyer,  Das  Becken.  ^^ 


162  N.  und  Vasa  pudenda.    Weichtheile  an  der  inneren  Hüftbeinwand. 

Rande  des  Musculus  semitendinosus,  der  hier  noch  mit  dem  Musculus  biceps 
femoris  vereinigt  ist,  zu.  (Fig.  50.) 

Der  Nervus  und  die  Vasa  pudenda  werden  in  dieser  Gegend  nur  anf 
eine  kurze  Strecke  sichtbar;  sie  liegen  der  Regel  nach  unmittelbar  bei  ihrem 
Austritte  aus  dem  Becken  vor  oder  lateral  neben  dem  Stamme  der  Arteria 
glutaea  inferior.  Der  abwärts  ziehende  Hauptast  dieser  Arterie  kreuzt  jedoch 
alsbald  die  Vasa  pudenda,  sie  dabei  hautwärts  (von  hinten  her)  deckend,  so 
dass  er  die  mehr  laterale  Lage  gewinnt  und  die  Vasa  pudenda  mit  ihrem 
Begleitnerven  medial  zu  liegen  kommen.  Der  Nervus  pudendus  liegt  median- 
wärts  neben  der  Arteria  pudenda  interna.  Abweichungen  kommen  vor^).  Der 
Nervus  und  die  Vasa  pudenda  zielien  abwärts,  wenden  sich  dann  um  die  Spina 
ischiadica  herum  zur  Fossa  ischiorectalis,  wo  wir  sie  genauer  zu  besprechen 
haben  werden.     S.  Regio  perinealis. 

Mit  den  Vasa  glutaea  inferiora  treten  auch  tiefe  Lymphgefässe,  an 
denen  einige  Lymphdrüsen  gelegen  sind 2),  durch  das  Foramen  infrapiri- 
forme  in  die  Beckenhöhle  ein. 

Als  tiefste  Weichgebilde  dieser  Gegend  sind  noch  zu  nennen:  Die  Sehne 
des  Musculus  obturator  externus,  welche  man  in  dem  Spalte  zwischen  den 
Musculi  gemellus  inferior  und  quadratus  femoris  findet,  und  die  Vasa  circum- 
flexa  femoris  medialia,  welche  aus  dem  Spalte  zwischen  dem  Quadratus 
femoris  und  dem  Adductor  minimus  auftauchen.  Hierzu  kommt  noch  ein 
konstanter  Schleimbeutel  an  der  Rollstelle  des  Musculus  obturator  internus 
zwischen  diesem  und  der  Incisura  ischiadica  minor:  Bursa  ischiadica  mus- 
culi  obturatoris  interni,  und  (selten)  1 — 2  Schleimbcutel  zwischen  den 
Musculi  gemein  und  der  Hüftgelenkkapsel  ^). 


Die  Weichtheile  an  der  inneren  Wand  des  Hüftbeines 
von  aussen  her  gesehen. 

Unmittelbar  unter  den  eben  geschilderten  Weichtheilen  liegt  in  den  Re- 
giones  coxae  und  glutaea  der  Hüftbeinknochen,  und  in  der  Regio  trochanterica 
noch  der  Trochanter  major  mit  Hals  und  Kopf  des  Oberschenkelbeines;  der 
Kopf  des  letzteren  ist  durch  den  Bandapparat  des  Hüftgelenkes  im  Acetabulum 
festgehalten.  —  Es  hat  nun  ein  topographisch-anatomisches  Interesse,  auch 
von  aussen  her   die  Lage    derjenigen  Theile    zu   bestimmen,    welche   in  den 


1)  Chalot,  Gazette  hebdom.  de  Montpellier,  1884,  Nro.  33-36.  „De  la  determi- 
nation  des  points  d'emergenee  des  arteres  fessiere,  ischiatique  et  honteuse  interne 
pour  la  ligature  de  ces  vaisseaux"  fand  13 mal  unter  100  Fällen  bei  ihrem  Austritte 
die  Arteria  pudenda  interna  medianwärts  von  der  A.  glutaea  inferior. 

2)  Bourgery  et  Jacob  1.  c.  PI.  82. 

3)  Vgl.  über  diese,  sowie  über  die  vorhin  aufgezählten  Schleimbeutel,  ausser 
der  S.  137  citirten  Monographie  von  Synnestvedt,  noch  Heinecke,  Anatomie  und 
Pathologie  der  Schleimbeutel  und  Sehnenscheiden.    Erlangen,  1868. 


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164  Weichtheile  der  inneren  Hüftbeinwand. 

genannten  drei  Regionen  die  Wand  des  Bänderbeckens  von  innen  her,  d.  h. 
von  der  Beckenhöhle  her,  bedecken,  auf  welche  wir  also,  von  der  Haut  zur 
Beckenhöhle  hin  fortschreitend,  nach  Entfernung  des  Hüftbeines  zunächst 
stossen  würden. 

Bei  der  Präparation  der  Theile  zur  Gewinnung  einer  solchen  Ansicht  em- 
pfiehlt es  sich,  nicht  das  ganze  Hüftbein  einer  Seite  fortzunehmen,  sondern  dasselbe 
oben  hinten  in  der  Articulatio  sacroiliaca  und  vorn  in  der  Mitte  des  Foramen  ob- 
turatum  zu  durchsägen.  Auch  lasse  man  die  Spina  ischiadica  mit  dem  Ansätze  des 
Musculus  coccygeus  am  Präparate,  indem  man  sie  mit  einer  starken  Knochenzange 
von  dem  wegzunehmenden  Theile  des  Hüftbeines  abtrennt.  Alles  dieses  muss  unter 
sorgfältiger  Schonung  der  von  der  Beckenhöhle  her  anliegenden  Weichtheile  geschehen. 
Von  Weichtheilen  sind,  abgesehen  von  den  aussen  aufliegenden  vorhin  besprochenen, 
glatt  und  scharf,  ohne  jede  Zerrung  und  Dehnung,  zu  durchschneiden:  der  Musculus 
iliopsoas,  der  Nervus  cutaneus  femoris  lateralis,  der  Nervus  femoralis, 
die  Nervi  und  Vasa  glutaea  sowie  der  Musculus  piriformis;  ferner  die  beiden 
Musculi  obturatores  mit  der  Membrana  obturatoria,  die  Vasa  und  der  Ner- 
vus obturatorius,  die  Vasa  femoralia  und  das  Ligamentum  sacrotuberosum 
nahe  seinem  Ansätze  am  Tuber  ischiadicum.  Der  Nervus  und  die  Vasa  pudenda 
interna  können  erhalten  bleiben,  oder  bei  ihrem  Austritte  aus  dem  Foramen  infra- 
piriforme  durchgeschnitten  werden. 

Man  gewinnt  auf  diese  Weise  ein  Präparat,  bei  welchem  die  stehengebliebenen 
Knochentheile  die  Orientirung  erleichtern;  ein  solches  ist  in  Figur  51  wiedergegeben. 
Dasselbe  stammt  von  der  Leiche  einer  18jährigen  Jungfrau,  kann  aber  auch  hier,  wo 
es  die  Verhältnisse  bei  einem  männlichen  Becken  zu  schildern  gilt,  mit  Nutzen  ver- 
werthet  werden,   zumal  wenn  man  die  Figur  52  (männliches  Becken)  zu  Hülfe  nimmt 

Die  in  Fig.  51  blossgelegten  Theile  gruppiren  sich  in  drei  über- 
einander liegende  ungeföhr  gleich  hohe  Abschnitte.  Der  oberste  reicht  vom 
Processus  transversus  des  vierten  Lendenwirbels  (3,  Fig.  51)  bis  zur  Linea 
terminalis,  der  mittlere  von  da  bis  zum  Arcus  tendineus  musculi  leva- 
toris  ani,  der  sich  zynischen  dem  Schambeinreste  (29)  und  der  Spina  ischia- 
dica (8i)  in  einem  nach  unten  convexen  Bogen  ausspannt,  der  untere  von  da 
bis  zur  Afteröflfnung,  zum  Damme  und  zu  den  äusseren  Genitalien.  Von  der 
Seite  her  werden  ja  diese  letztgenannten  Theile  durch  das  Gesäss  und  den 
oberen  Theil  des  Oberschenkels  eingeschlossen,  fallen  daher  bei  einer  topogra- 
phischen Betrachtung,  me  wir  sie  jetzt  vornehmen,  in  unser  Bereich. 

Den  oberen  Abschnitt  anlangend,  kommen  als  der  Beckenwand  dicht 
anliegend  nur  die  Vasa  iliolumbalia,  der  Musculus  iliacus  und  der 
Nervus  cutaneus  femoris  lateralis  in  Betracht.  Die  anderen  in  der 
Figur  51  gezeichneten  Theile:  Nervus  femoralis  (4),  Psoas  minor  (1); 
Ureter  (5),  Aorta  (19),  Vena  cava  inferior  (27)  und  die  Vasa  iliaca 
CO  mm.  (18  und  26)  liegen  weiter  ab,  näher  der  Mittellinie. 

Der  mittlere  Abschnitt  ist  hier  der  wichtigste;  er  entspricht  in  seiner  Lage 
dem  Hüftgelenke  und  den  beiden  Incisurae  ischiadicae.  Ueberblicken 
wir  ihn  in  der  Eichtung  von  hinten  nach  vorn,  so  zeigt  sich  hinten  zunächst 
das  Ligamentum  sacrotuberosum  (7,  7),  dann  der  Stumpf  des  Musculus 
piriformis  (9)  und  die  Austrittsstellcn  der  vorhin  geschilderten  Vasa  glu- 
taea  und   pudenda   nebst   den   begleitenden  Nerven.     In  der  Mitte,  nahezu 


Weichtheile  der  inneren  Hüftbeinwand.  165 

Senkrecht  herabsteigend,    finden  wir  das  grosse  Gefässpaket   der  Vasa  hypo- 

&^strica,  vor  ihnen  den  Ureter.     Die  Lage  des  letzteren   entspricht   nahezu 

^^1*   Mitte   des   Pfannenbodens;    er   zieht   4—5  mm   hinter   dieser  Mitte, 

^Wischen  derselben  und  der  Basis  der  Spina  ischiadica  her.   Mit  seinem  unteren 

Stücke  tritt  er  mitten  durch  den  Plexus  venosus  vesicoprostaticus  (vesico- 

^^ginalis  beim  Weibe),  dessen  einer  Theil  lateralwärts,  dessen  anderer  medianwärts 

^^  ihm  gelegen  ist^)  —  s.  Figg.  51  u.  52.     Alle  diese  Theile  sind  aber  durch 

*^iiskeln  noch  vom  Knochen  getrennt,  oben  durch  den  Iliopsoas,  unten  durch 

^^^^  Obturator  internus,    der  Ureter  ausserdem  noch  durch  sämtliche  6e- 

^^sse,  welche  er  auf  seinem  Laufe  trifft,  —  Vorn  werden  die  Gefässe  und  Nerven 

Nieder  spärlicher-,  es  sind:  die  Vena  obturatoria  (24),  die  Arteria  obtura- 

^»'ia   und    der   lang   an  der  Beckenwand    herabziehende  Nervus  obturato- 

lUs  (4j^    ferner  die  Ursprünge  der  Arteriae  umbilicales  und   vesicales 

öteriores.     Vorn   kommt   dann  noch    der   Ductus  deferens,   welcher,  vom 

i'unde    der   Blase   aufwärts   steigend,    die  Vasa  obturatoria   und   die    Arteria 

Oibilicalis    sowie    den    Nervus    obturatorius    kreuzt    (Fig.  61).       Von    diesen 

heilen  liegt  nur  die  Vena  obturatoria  vollständig  an  der  inneren  Fläche  des 

oturator  internus,    vom  Knochen   also    durch   Muskelfleisch    geschieden.     Die 

*'teria  obturatoria  und  der  Nervus  obturatorius  verlaufen  an  der  Grenze 

"fischen  Knochen  und  Muskel.     Der   Ductus  deferens   ist  unten  durch  den 

nskel   vom  Knochen   geschieden,    oben   durch   die   Arteria  umbilicalis,    dann 

*irch   die  Vasa   iliaca   externa   und   durch   den   Psoas   major   (event.  minor); 

J*  hegt   von   allen   an  der    seitlichen   Beckenwand    befindlichen  Theilen    der 

^^kenhöhle  am  nächsten.     Am  Psoasrande  liegen  die  Vasa  femoralia 

na  in   der  Furche   zwischen  Musculus  psoas  major   und   iliacus   der  Nervus 

^^öioralis. 

Im  unteren  Abschnitte   gelangen   wir   nach  Wegnahme  des  Knochens 

J^l  den  Musculus  obturator  internus;  oben,  an  dessen  medialer  Fläche,  im 

^^kel  zwischen  ihm  und  dem  Ursprünge  des  Levator  ani,  auf  den  Nervus 

^^  die  Vasa  pudenda;    der  erstere   ist  mehr  caudalwärts  und  medianwärts 

^^^egen,   beide   in   ein   besonderes  fibröses  Fach    der  Fascie  des  Obturator  in- 

j^i*nu8  eingeschlossen.   (S.  darüber  weiter  unten:  „Regio  perincalis''.)     Es  folgt 

ann   der   Fettkörper   der   Fossa   ischiorectalis   und,   nach    dessen  Ent- 

jnung,  die  Muskulatur  des  Beckenbodens,  des  Anus  und  der  äusseren  Geni- 

^lien:  Coccygeus  (33),    Levator  ani  (34,  34),    Sphincter  ani   externus 

^h    Transversus  perinei  (45),    Ischiocavernosus    (43)    und    Bulboca- 

^^J'nosus  (44).     Ein   sehr    grosser   Theil   dieser   Muskulatur   nebst    den   von 

^^11  Umschlossenen  Eingeweiden  liegt  schon  ausserhalb  des  Bänderbeckens; 


1)  Indem  ich  hier  die  Bezeichnungen :  Plexus  vesicoprostaticus  und  vesico- 

j^f-ginalis  annehme,  weiche  ich  etwas  von  den  ENA.  ab.    Das,  was  Testut  in  seiner 

pl^ur  1535  —  Fig.  52  hier,  S.  166  -Plexus  seminalis    nennt,   ziehe   ich  mit  zum 

^  exus  vesicoprostaticus.    Siehe  über  Alles  dieses  die  Kapitel:  „Venöse  Beckenplexus 

®  Mannes**  und  „Venöse  Beckenplexus  des  Weibes". 


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)      M.     Spii/  Hrft  f    tifif     ^  J"h  n)tt>, 

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M         l'fsii    Hfif    Sritt/ff'lh's    tf    i  ff/ff  US    tiff',   rt  //,S 


f.  i;  <;    IV,  /v.,</V,//.  V. 

>      l''h\>'iis    Ihn  iiii>n-!ii>niiii IS 

!'         /'//  ,'    //.s      '-/'A-/'/   ..pi  ,'sfilf  h    i'S, 


S'lhs     lil-ii^S     StitH'fli '.!  lif'i! , 


r,  r/../-,. 


O.y     /, 


'   H'y.     Mfi,i'.-ISf'ti'l~i 


I:    Aiih  Ti'-V  if  1  :  *rV;iih"'   ilWiL-iinüiM'   li!i!ii;;iiM-,      r     111,     l'"i-;.    r».'5r»,   S.  StM, 


Pathologische  Verhältnisse  der  Regiones  coxae,  glutaea,  trochanterica,        167 

^s  ist  das  ein  wichtiger  Umstand,  und  man  wolle  deshalb  anmerken,  dass  in 
^\S'  51  die  Stelle,  welche  der  unteren  Ziffer  (34)  entspricht,  die  Lage  des 
^^^tz Punktes  raarkirt;  dieser  liegt  also  nahe/u  senkrecht  über  dem  Anus  in  einer 
^  ^ontalebene  mit  dem  letzteren.  Man  sieht  sofort,  dass  ein  beträchtlicher  Theil 
^^8  Rectum,  und  beim  Weibe  noch  ein  Thcil  der  Scheide  und  der  Harnröhre 
^  ^  s  s  e  r  h  a  1  b  des  knöchernen  Beckens  gelegen  ist.  Auf  diese  Ver- 
hältnisse wird  später  noch  zurückzukommen  sein.  —  Eine  weitere  Erläuterung 
^^r  Fig.  51  folgt  bei  Besprechung  der  Regiones  glutaea,  coxae  und  trochante- 
^icia  des  Weibes. 


Pathologische  Verhältnisse  der  Regiones  coxae, 
glutaea  und  trochanterica. 

Die  das  Hüftgelenk  betreffenden  pathologischen  Zustände 
^lii*den  bei  der  topographischen  Anatomie  der  unteren  Extremitäten  zu  be- 
®pi*eehen  sein ;  der  hier  vorkommenden  Gelenk  n  cur  ose  n  wurde  bereits 
Erwähnung  gethan  (S.  133). 

Von  sonstigen  pathologischen  Vorkommnissen  sind  anzuführen  die  Ab- 
®^<^8se,  die  Hygrome,  die  Hernien,  die  Neubildungen,  die  Aneurys- 
"^en  der  Glutaealarterien  und  die  Verletzungen. 

Die  Abscesse  werden  wir  mit  den  Abscessen  der  übrigen  Becken- 
pgenden  zusammen  in  einem  besonderen  Kapitel:  „Beck  enabscesse"  ab- 
handeln ;  es  sei  hier  nur  gleich  bemerkt^  dass  die  Foramina  ischiadica 
ichtige  Abflusspforten  für  Beckenabscesse  abgeben. 

Von  H  y  g  r  0  m  c  n  sind  insbesondere  bemerkenswerth  die  einschlägigen 
*-rkrankungen  der  Schleimbeutel  am  Tuber  ischiadicum  und  am  Tro- 
^hanter  major;  es  ist  hier  zwischen  den  hoch-  und  tiefliegenden  Schleim- 
"ßütelgeschwülsten  zu  unterscheiden;  sie  können  eine  ansehnliche  Grösse  (bis 
^^U  der  eines  Kindeskopfes  und  darüber)  erreichen. 

Koni  gl)  gibt  an,  dass  Hygrome  am  Tuber  ischiadicum  ab  und  zu  bei  Leuten 

^obachtet  werden,  die  angestrengt  im  Sitzen  arbeiten.  —  Auch  die  sämtlichen  übrigen 

^i*hin   aufgezählten  Schleimbeutel    können    zur    Entstehung    von  Hygromen  führen; 

^^ersberg2)  bringt  eine  grössere  Reihe  von  Fällen  nebst  der  betreffenden  Litteratur. 


Die  Hernien  der  Regio  glutaea^  früher  schlechthin  als  „Herniae 
^^hiadicae"  bezeichnet,  theilt  man  am  besten,  den  Bruchpforten  entsprechend, 
^'^in:  Herniac  suprapiriformes,  infrapirifornies  und  s p  1  n o- 
^'^^rosae.  Ich  möchte^  obwohl  ich  mich  hiermit  an  die  genaueste  der 
^'^handenen  Darstellungen,  die  von  Garrc^)  anschliesse,  dennoch  dessen  Be 
Zeichnungen:  Hernia  glutaea  superior,  Hernia  glutaea  inferior  und  Hernia 
^hiadica  durch  die  obigen  ersetzen. 

1)  König,  Fr.,  Lehrbuch  der  speziellen  Chirurgie,  4te  Aufl.  Bd.  HI.  S.  269. 
.  2)    Mauersberg,    P.,    Schleimbeutcl-Hygrome   in    der  Beckengegend.    Dissert. 

^^^^ur.    Berlin,  189G. 
,  ^)   Garr6,  C,   Die  Hernia  ischiadica.     In:  „Beiträge  zur  klinischen  Chirurgie", 

^^«^«sgegeben  von  R  Bruns.   Bd.  IX.    1892. 


168  Herniae  ischiadicae. 

Hernia  glutaea  superior  und  inferior  ist  topographisch  minder  scharf  bezeich- 
nend, als  Hernia  suprapiriformis  und  infrapiriformis,  und  da  „Hernia  ischiadica**  ein 
seit  langer  Zeit  gebrauchter  guter  Sammelname  ist,  so  könnte  es  zu  Missverständ- 
nissen führen,  ihn  ausschliesslich  für  die  Hernien  des  Foramen  ischiadicum  minus 
anzuwenden.    Hernia  spinotuberosa  ist  topographisch  unzweideutig. 

6arr6  bringt  für  alle  drei  Bruchpforten  gut  beglaubigte  Fälle  bei,  ini 
ganzen  10  aus  der  vorhandenen  Litteratur  und  einen  eigenen,  den  er  auf  dem 
anatomischen  Präparirsaale  zu  Tübingen,  wo  Henke  den  Fall  entdeckte,  genau 
untersuchen  konnte.  Es  handelte  sich  um  eine  Hernia  suprapiriformis  (glutaea 
superior  Garre).  Die  Eingangspforte  zum  Bruchsacke  erschien,  von  der  Becken- 
höhle aus  gesehen,  als  eine  scharfrandige  kreisrunde  Oeffnung  von  2  cm  Durch- 
messer. Sie  fand  sich  im  Hintergrunde  einer  ovalen  Nische  oder  Grube  der  seit- 
lichen Beckenwand,  die  zwischen  der  Arteria  hypogastrica  und  der  Artcria 
obturatoria  gelegen  war.  Ob  diese  Nische  mit  der  unten  zu  beschreibenden 
Fossa  ovaritc^den tisch  ist,  lässt  sich  weder  aus  der  Beschreibung  noch  aus  der 
Abbildung  sicher  erschliessen.  —  In  der  Nische  lagen  das  Ovarium  und  die  Tube. 
Der  Bruchsack  selbst,  von  4 — 5  cm  Länge,  war  bei  der  Leiche  leer;  er 
trat  aus  dem  Foramen  suprapiri forme  hervor,  zwischen  Musculus  glu- 
taeus  maximus  nach  oben  und  Musculus  piriformis  nach  unten.  Der  grosse 
(tiefe)  querlaufende  Ast  der  Arteria  glutaea  superior  lag  oberhalb  des  Bruchsack- 
halses, der  Nervus  glutaeus  superior  unterhalb  desselben,  so  dass  also  der  Bruch 
zwischen  Arterie  und  Nerv  hervorkam.  Es  erklärt  sich  dies  aus  der  vorhin 
(S.  161)  erwähnten  Thatsache,  dass  der  Nerv  von  der  Arterie  durch  ein  apo- 
neurotisches  Bündel  getrennt  ist. 

Am  häufigsten  ist  die  Hernia  suprapiriformis  beobachtet  worden,  am 
seltensten  die  Hernia  spinotuberosa,  von  der  bis  jetzt  nur  der  unten 
genauer  angeführte  Schillbach'sche  Fall  vorliegt: 

Die  Brüche  können  angeboren  vorkommen.  Von  den  bekannt  gewordenen 
Fällen  zeigten  sich  die  meisten  bei  Frauen.  Als  Bruchinhalt  wurde  3 mal  das 
Ovarium,  dann  Darm  und  einmal  ein  Blasendivertikel  beobachtet.  Einklemmung 
fand  sich  dreimal.  Meist  sind  die  Bruchgeschwülste  klein  gewesen,  sodass  sie 
äusserlich  —  gedeckt  vom  Glutaeus  maximus  —  nicht  sichtbar  waren.  Wenn 
sie  grösser  waren  (bis  kindskopfgrosse  sind  beobachtet  worden),  traten  sie  unter 
dem  Glutaeus  maximus  hervor. 

Schillbach  1)  theilt  den  auf  Grund  einer  Obduktion  beschriebenen  Fall  einer 
Hernia  spinotuberosa  dextra  mit,  welche  das  Ovarium  nebst  der  Tube  betraf. 
Ausdrücklich  gibt  Schill b ach  an,  dass  die  Bruchpforte  zwischen  dem  Ligamentum 
sacrotuberosum  und  sacrospinosum,  also  im  Foramen  ischiadicum  minus  gelegen  war. 
Der  Bruchsack  hatte  sich  am  unteren  Rande  des  Musculus  piriformis  entlang  vorge- 
schoben, so,  dass  er  vor  die  Arteria  glutaea  inferior  und  vor  den  Nervus ischiadicus 
gerathen  war.  —  Die  owte  Berliner  anatomische  Anstalt  besitzt  ein  aus  dem  Präparir- 
kursus  des  Winters  1895/96  stammendes  Präparat,  welches  eine  unvollständige  Hernie 
dieser  Art  darstellt.    Der  Eierstock   nebst   einem   kleinen  Stücke   der  Tube    liegt  iii 


1)  Schillbach,  Hernia  ischiadica  ovarii  dextri.    Jenaische  Zeitschr.  für  Medizin 
und  Naturwissenschaften.   Bd.  I,  S.  242.    1864. 


Hegiones  glutaea,  coxae,  trochanter  ca :  Neubildungen,  Verletzungen.  169 

^^^er  tiefen  Tasche  der  seitlichen  Beckenwand,  welche  der  Fossa  ovarii,  s.  w.  u.,  ent- 

Pncht.    Nach  Blosslegung  des  Foramen  infrapiriforme  und  des  Foramen  ischiadicum 

J^mus   zeigt   sich,    dass    der    obere    hintere  Theil  des  Grundes    der  Tasche    dicht   an 

^tzterem  gelegen  ist;   bei  Druck  auf  den  in  der  Tasche  befindlichen  Eierstock  wölbt 

Sich  der  Taschengrund   deutlich   in    Gestalt   eines   Bruchsackes   aus   einer   oder   der 

^^deren  dieser  Oeffnungen  vor,   je  nach  der  Richtung,   in   welcher   man   den  Druck 

^inwirken  lässt.    Die  Tasche  ist  so  tief,    dass    man    von    dem  Eierstocke  nichts  sehen 

^^n,  und  es  kostet  Mühe,  den  letzteren  aus  der  Tasche  hervorzuziehen,  da  er  etwa 

^^  die  Hälfte  des  Normalen    vergrössert   ist   und    die  Vergrösserung   wahrscheinlich 

^rst  erfolgte,  als  der  Eierstock  bereits  in  der  Tasche  steckte.    Auch  in  Schillbach's 

alle  bestand  Vergrösserung  des  Ovarium  mit  Einklemmung  desselben,   deren  Folgen 

^i^  Kranke  erlag. 

Ueber  den   anatomischen  Weg,    den    die   Herniaespinotuberosae  ein- 

^chlagen,  ist  zu  bemerken,  dass  sie  durch  eine  Lücke  des  Levator  ani  (wohl  zwischen 

^ssen  Portio  pubica  und  iliaca)    hindurchtreten  müssen;    sie    gelangen    dann  in  den 

Orderen   und    oberen   zugeschärften  Blindsack   (Recessus  pubicus)   der  Fossa  ischio- 

^ctalis  (s.  w.  u.)   und    von    da    sofort  längs   des  Musculus  obturator  internus   in    das 

oramen  ischiadicum  minus;    sie  kreuzen  den  Nervus  und  die  Vasa  pudenda. 

Unter  den  Neubildungen  müssen  die  von  der  Beckenhöhle  her  a u s- 
f>^Wanderten  —  hier   kommen   wieder   die   Foramina   suprapiriforme   und 
^^irapiriforme  in  Betracht  —  von  den  im  Bereiche  der  in  Rede  stehenden  Ge- 
genden selbst  entstandenen  geschieden  werden;  letztere  können  nun  auch 
*^  das  Cavum  pelvis  oder  in  die  Fossa  ischiorectalis  einwandern.     Die ana- 
^^Diischen  Verhältnisse  erklären  das  häufige  Vorkommen  von  Lipomen;  aber 
^^ch  andere  Arten  von  Neoplasmen  kommen  vor.     Sehr  bemerkenswerth  ist  die 
^^schiebung  von  Geschwülsten  teratoiden  Charakters  —  ähnlich  den  angebore- 
^ß   sacralen   Mischgeschwülsten  —  nach   der  Glutaealgegend  hin,    von  denen 
'   *  i  r  c  h  0  w  *)  ein  interessantes  Beispiel  beschrieben  hat. 

Im  Anschlüsse  sei  das  nicht  gar  seltene  Vorkommen  von  Echinokok- 
^^säcken,  sowohl  subglutäal,  als  intraglutäal  gelegen,  berührt. 

Für  das  Operations  verfahren   bei  allen  diesen  Dingen  geben  das 

^wke  Fettpolster,  der  mächtige,  fast  Alles  deckende  Musculus  glutaeus  maximus, 

^^  Musculus  piriformis   mit    den  Foramina  supra-  und  infrapiriforme   und  mit 

^^  diese  passirenden  Gefässen  und  Nerven  die  Richtschnur.     Tumoren,  welche 

/^  Unteren  Rande  des  Musculus  glutaeus  maximus  zum  Vorschein 

^mmen,  wurzeln  gewöhnlich  höher  oben  im  Gebiete  des  Foranien  ischiadicum 

^jns.     Bei  Ischias    hat    man  unter  anderem    an  Geschwülste,    welche    auf 

^  Nervus  ischiadicus  drücken,  zu  denken. 

Die  Verletzungen,  Aneurysmen  und  Unterbindungen  der  A r t e- 

^^  glutaeae  und  pudenda  interna   mögen  in  JösseTs  topogr.  Anat. 

^^*  Extremitäten,  Bd.  I,  S.  296,   nachgesehen  werden.     Nur   einer  wichtigen 

^^ietät  der  A.  glutaea  inferior  sei  hier  noch  gedacht:  sie  tritt  mit- 

.  %  zusammen  mit  der  Arteria  glutaea  superior,  aus  dem  F  o  r  a  m  e  n  supra- 

^^^i forme  und  durchsetzt  den  Musculus  piriformis,    um  zum  Foramen  infra- 

^        1)  Virchow,  R.,  lieber  einen  Fall  von  Hygroma  cysticum  glutaeale  congenitum. 
J^chiv  für  patholog.  Anat.  Bd.  100.  S.  671.    1885. 


170  Regiones  in^uinalis  et  subin^uinalis :  Abgrenzung. 

piriforme  zu  gelangen  (ß.  Fig.  84).  Sie  würde  in  einem  solchen  Falle  bei 
der  Wegnahme  des  Kreuzbeines  gefährdet  sein.  Die  Aneurysmen  sind  meist 
traumatische. 

Bezüglich  der  V^erletzungen  sei  an  das  S.  131  Gesagte  erinnert. 

Knotz^)  beschrieb  jüngst  einen  beachtenswerthen  Fall  von  Stichverletzung  der 
Arteria  glutaea  superior  sinistra  und  des  linken  Ureter  durch  das  Foramen 
suprapiriforme  hindurch.    Der  Sticli  war  hinter  dem  Trochanter  major  eingedrungen. 

Mit  Rücksicht  auf  die  Regio  t  r  o  c  h  a  n  t  e  r  i  c  a  sei  bemerkt,  dass  hier 
der  Seh  enkclknochen  und  das  Hüftgelenk  die  Hauptsache  sind. 


III.   Leistengegend  (Regio  inguinalis)  (5).    Unterleistengegend 
(Regio  subinguinalis)  (6). 

Zugehörigkeit  dieser  Gegenden.    Allgemeines. 

Die  Regio  inguinalis  gehört  als  Theil  der  Regio  h  y  p  o  g  a  s  t  r  i  c  a 
zwar  dem  Bauche  an,  die  Regio  subinguinalis  dem  Oberschenkel  —  s» 
Pig.,  j  _„.  gi(3  können  aber,  wie  die  im  vorigen  Abschnitte  behandelten  Ge- 
genden hier  nicht  übergangen  werden,  da  sie  auch  Thcilc  des  Beckens  mit- 
umfassen. Für  einen  grossen  Theil  des  zu  Besprechenden  darf  auf  JösscTs 
topogr.  Anatomie  der  Extremitäten  und  des  Bauches  verwiesen  werden;  für 
manches  aber,  wie  für  die  Topographie  der  znm  Foramen  obturatum  ge- 
hörigen Theile,  ist  hier  dor  Platz,  diese  behandeln  wir  genauer,  während  wii' 
das  übrige,  des  Zusammenhanges  willen,  zwar  aufzählen,  jedoch  nur  kurz. 
Wir  fassen  die  beiden  Gegenden,  wegen  ihrer  nahen  Beziehungen  zu  einander, 
zusammen. 

Abgrenzung  der  beiden  Gegenden.    Aeussores  Bild. 

Die  Regio  inguinalis  wird  nach  unten  begrenzt  durch  die  Leisten- 
beuge, nach  oben  durch  die  Verbindungslinie  beider  Spinae  iliacae  anteriores 
superiores,  medianwärts  durch  den  lateralen  Rand  des  Musculus  rectus  abdominis; 
lateralwärts  endet  sie  spitzwinklig  an  der  Spina  iliaca  anterior  superior.  Kopf- 
wärts  grenzt  sie  an  die  Regio  abdominis  lateralis,  fusswärts  an  die  Regio  sub- 
inguinalis, medianwärts  an  die  Regio  pubica. 

Die  Regio  subinguinalis  entspricht  dem  dreieckigen  Felde  zwischen 
dem  Musculus  iliopsoas  und  dem  Musculus  pectineus,  Fusswärts  grenzt  sie  an 
die  Regio  femoris  anterior,  kopfwärts  an  die  Regio  inguinalis,  medianwärts  endet 
sie  an  der  Regio  pudendalis,  lateralwärts  in  der  Fossula  femoralis  (S.  83) 
unterhalb  der  Spina  iliaca  anterior  superior,  und  an  der  Regio  coxae.  (Siehe 
hierzu  die  Figg.  1  und  2.)     Die  Gegend    umfasst    wesentlich    die   Vasa  fenio- 


1)  Knotz,  J,,  Ein  bisher  noch  nicht  beschriebener  Fall  von  Ureteren-Stichvei- 
letzung  durch  das  Foramen  ischiadicum  majus.  Prao:er  mediz.  Wochenschrift  IHi)«^- 
Nr.  43  und  44.  —  Centralbl.  für  ChirurLne  189G.  Nr.  4. 


^giones  iDguinalis  et  subinguinalis :  Topographische  Uebersicht    Schichtenfolge.    171 

J^^ia  [medial]  und  das  „Psoasfeld"  (meplat  du  Psoas*iliaque  Richcr^)  [lateral]. 
^s  äussere  Bild  beider  Gegenden  ist  bereits  S.  5  ff.  geschildert  worden. 
Man  vergleiche  auch  Fig.  20. 


Topographische  Uebersicht   der  Regiones  inguinalis 
und  subinguinalis.    Schichtenfolge  bis  zum  Beckenknochen. 

A.   Hautg^ebiet  der  Regiones  inspainalii  nnd  subinguinalis. 

Nach  Wegnahme  der  Haut^  der  oft  starken  Fettlage  und  der  meist  deut- 
^^h  doppeltblättrigen  Fascia  subcutanea  stösst  man  (Fig.  53)  in  der 
r\f  ^'^guinalis  auf  die  Vasa  epigastrica  super  ficialia  inferiora 
^    ^nchot)  und  circumflexa  ilium  super  fi  ci  alia,  in  der  Regio  sub- 

S^inalis  auf  die  Vasa  pudenda  externa  und  die  Vena  saphena 
^&na,  welche  fast  alle  hier  liegenden  subcutanen  Venen  aufnimmt.  Vgl.  die 
''  139  und  141  gegebene  Tabelle;  dieselbe  möge  auch  für  die  Haut  nerven 
»achgesehen  werden. 

In  derselben  Schicht   liegen  dann    die  oberflächlichen  Lymphgefässe  und 

yiiiphdrüsen,  Lymphoglandulae  inguinales  und  subinguinales 
^»^Perficiales. 

B.    Tiefere  Sohiohten  der  Regio  inguinalis. 

In  der  Regio  inguinalis  folgen  nun  aufeinander: 

1)  Die  Fascia  proprifi  des  Musculus  obliquus  externus  abdoniinis. 
-)  Die  Aponeurose  des   Musculus   obiiquus   externus   abtfominis   mit   dem 
subcutanen   Leistenringe   (Annulus  inguinalis  subcutaneus)  und  den 
ihn   begrenzenden   beiden  Pfeilern,    Crus  superius'  und  Crus  inferius 
(Fig.  123). 

3)  Der  Samenstrang  (Funiculus  spermaticus)  beim  Manne,  das  runde 
Mutterband  (Ligamentum  teres  uteri)  beim  Weibe. 

4)  Das  Ligamentum  inguinale  reflexum  (Collesi). 

5)  Die  Musculi:  rectus  abdominis,  obHquus  internus  abdominis  und  trans- 
versus  abdominis  samt  den  zwischen  ihnen  befindlichen  lockeren  Binde- 
gewebsschichten  und  Fasciae  propriae,  den  Vasa  epigastrica  late- 
ralia  (zwischen  Musculus  obliquus  internus  abdominis  und  Musculus  trans- 
versus  abdoniinis),  sowie  Zweigen  des  letzten  Thoracalnerven,  des 
Nervus  iliohypogastricus  und  des  Nervus  ilioinguinalis. 

ö)  Die  mit  den  Musculi  obliquus  internus  abdominis  und  transversus  abdo- 
minis zusammenhängenden  aponeurotischen  Bildungen  des  Ligamentum 
interfoveolare  und  der  Falx  inguinalis. 

7)  Die  Fascia  transversalis. 

8)  Das  subperitonaeale  Bindegewebe  mit  den  Vasa  epigastrica  infe- 
riora, den  Vasa  circumflexa  ilium  profunda  und  dem  distalen  Theile 
der  Vasa  iliaca  externa  im  Spatium  retroinguinale  m.  Hierher 
gehören  auch  einige  Lymphdrüsen  und  Lymphgefässe:  Lympho- 
glandulae iiiacae  externae  und  epigastricao  inferiores. 

9)  Das  parietale  Bauchfell. 

I)  Hicher,  P.,  1.  c.  (S.  8)  —  p.  187. 


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Regio  subinguinalis:  Tiefere  Schichten.  173 

C.  Tiefere  Sohiohten  der  Regio  snbins^iiinalis. 

1)  Fascia  lata  (Lamina  superficialis)   mit    der   Fascia  cribrosa,    der  vom 
Margo  faiciformis  umsäumten  Fossa  ovalis  und  mit  dem  Ligamen- 
tum inguinale  an  der  Grenze  der  Regio  inguinalis  und  subinguinalis. 
Unterhalb  der Fascie  müssen  zwei  durch  ein  starkes  Septum,  die  Fascia 
^öpectinea,  getrennte  Bezirke  unterschieden  werden,  ein  lateraler  und 
^^n  medialer.     Der    laterale    ist  der  Bezirk    des  H  üftgelenkes,    der 
^<^diale   der   des  Foramen  obturatuin.     Die  offenbleibende  Partie  des 
oramen    obturatum,    der    Canalis    ob tura torius,    bildet    eine    wichtige 
''iichpforte,  die  Durchtrittsöffnung  für  die  Herniae  obturat  ori  ae. 

Zwischen  den  beiden  Bezirken  befindet  sich  die  Fossa  iliopectinea 
Gestalt  eines  Dreieckes,    dessen  Basis  am  Ligamentum  inguinale  (bei  +  in 
^&.  20)  gelegen  ist  und    dessen  Spitze  abwärts  sieht.     Die  Fossa  iliopectinea 
^ii'd  durch  die  grossen  Schenkelgefässe  ausgefüllt,  welche  somit,  na- 
^ntlich  bei  ihrem  Vortreten    unter    dem  Ligamentum  inguinale,  in   der  Mitte 
^^ischen  den    beiden  Bezirken    Hegen.     Wir  werden  sie  bei  dem  medialen 
^zu'ke  aufführen,    weil    sie    medianwärts    von   der  Fascia   iliopectinea  liegen, 
nd  weil  sie  sich  weiter  abwärts  auch   ganz  dem  medialen  Bezirke  zuwenden. 
^^  Annulus  femoralis,  durch  welchen  die  grossen  Schenkelgefässe  hervor- 
taten, stellt  die  Schenkelbruchpforte  dar.     Somit  umfasst  der  mediale 
^zirk  auch  zwei  der  wichtigsten  Bruchpforten. 

Die  Fascia  iliopectinea   (s.  Fig.  20,    wo  sie  abgeschnitten    darge- 

^Ht  ist)  gehört  zu  den  topographisch  wichtigeren  Theilen  dieses  Gebietes:  sie 

^^twickelt  sich  aus  der  F  a  s  c  i  a  i  1  i  a  c  a  und  steigt  mit  dem  Musculus  iliopsoas 

^  Trochanter  minor  hinab,    wo    sie  sich  anheftet.     Auf  diesem  Wege 

geht  sie  Verbindungen    ein    mit    dem  L  i  g  a  m  e  n  t  u  m  i  n  g  u  i  n  a  1  e,    mit    der 

Trinen tia  iliopectinea,  mit  der  Fascia  lata,    deren  tiefes  Blatt  sie 

^  ^en  hilft,  und  mit  der  Hüftgelenkkapsel.     Wenn  ein   Musculus  psoas 

inor  vorhanden  ist,  so  geht  dessen  Sehne,  aponeurotisch  ausgebreitet,  in  die 

^^cia  iliopectinea  über.     Die    letztere  bildet  auch  das  intermuskuläre  Septum 

^^ischen    dem  Iliopsoas    und  den  Streckmuskeln    des  Oberschenkels   einerseits 

^  der  Adduktorengruppe  andererseits.     Unter  ihr  liegt  ein  besonderer Fett- 

^^^per,  s.  Fig.  20. 

2)  Lateral:  Oberes  Stück  des  Nervus  cutaneus  femoris  lateralis. 
Medial:  Oberes  Stück  des  Nervus  lumboinguinalis,  Arteria  fe- 
moralis, Septum  vasorum  femoralium,  Vena  femoralis,  Lym- 
phoglandulae  sub inguinales  profundae,  insbesondere  die  Lym- 
phoglandula  annuli  femoralis  (Rosenmülleri),  Ligamentum 
1  a  c  u  n  a  r  e  (G  i  m  b  e  r  n  a  t  i). 

3)  Lateral:  Fascia  iliopectinea.  (Diese  Fascie  muss,  weil  sie  oben 
flächenhaft  über  den  Musculus  iliopsoas  ausgebreitet  ist,  beim  lateralen 
Bezirke  aufgeführt  werden.) 

Medial:  Fascia  pectinea.  Die  Fascia  iliopectinea  und  die  Fascia 
pectinea  stossen  unterhalb  der  grossen  Schenkelgefässe  zusammen  und 
bilden  in  ihrer  Vereinigung  das  sogenannte  tiefe  Blatt  der  Fascia 
lata;  von  dieser  Vereinigungsstelle  senkt  sich  der  das  Muskelseptum  bil- 


174  Regio  subinguinalis:  Tiefere  Schichten. 

dcndc  Theil  der  Fascia  iliopectinea  in  die  Tiefe  zur  Hüftgelenkkapsel 
und  zum  Trochanter  minor  hin. 

4)  Lateral:  Nervus  femoralis  und  Musculus  iliopsoas.  Der  Nervus 
femoralis  liegt  in  der  Rinne  zwischen  dem  Musculus  iliacus  und  dem 
Musculus  psoas,  also  eigentlich  auf  dem  Musculus  iliopsoas. 

Medial:  Musculi:  pectineus,  adductor  longus  und  gracilis. 

5)  Lateral:  Ursprungssehne  des  Musculus  rectus  femoris,  Vas» 
circumflexa  femoris  lateralia,  tiefe  Muskeläste  des  Nervus  fe- 
moralis, Bursa  iliopectinea. 

Medial:  Muskeläste  des  Nervus  und  der  Vasa  obturatoria  zum 
Pectineus,  anastomotische  Zweige  der  genannten  Gefässe  zu  den  Vasa 
circumflexa  femoris  medialia  (s.  Fig.  20),  Musculi  adductor  brevis 
und  adductor  minimus,  Fascia  musculi  obturatoris  externi. 

6)  Lateral:  Hüfigelenkskapsel  und  Hüftgelenk. 

Medial:    Ligamentum    pubofemorale  (Ursprung),    Musculus  obtu- 
rator  extcrnus   mit   den    durchtretenden  tieferen  Zweigen  des  Nervus 
und  der  Vasa  obturatoria,  Vasa  profunda  femoris  und  circumflexa 
femoris    medialia,    oberes  Ende    des   Musculus   adductor   magnus; 
ferner,  in  tieferer  Schicht:   Ischiopubicum,    Membrana  obturatoria» 
Apertura   externa   (femoralis)    canalis    obturatorii    mit    den    aus- 
tretenden Nervus  und  Vasa  obturatoria.    S.  hierzu  die  Figg.  18—23. 
Von  S  c  h  1  e  i  m  b  c  u  t  c  1  n    sind  hier  ausser  der  schon  genannten  Bursa 
iliopectinea  (subiliaca)   noch   zu   erwähnen:   1)  die  Bursa  iliaca  s  u ta- 
ten d  i  n  e  a  zwischen  der  Sehne  des  Hiopsoas  und  dem  Trochanter  minor,  2)  die 
Bursa  musculi  recti  femoris,  zwischen  der  hinteren  unteren  Ursprungs- 
sehne des  Rectus  und  dem  Pfannenrande,  3)  die  Bursa  musculi  pectinei 
an  der  Ansatzstcllc  des  Muskels  am  Os  femoris. 

Eine  besondere  Schilderung  der  Lage  der  Theile  an  der  inneren,  oder 
Beckenwand  der  Regiones  inguinalis  und  subinguinalis,  wie  sie  sich  von  aussen 
her  gesehen  darstellen  würde,  ist  nicht  erforderlich;  es  kann  für  die  Haupt- 
sachen auf  JösseTs  topographische  Anatomie  der  Extremitäten  verwiesen 
werden.  Dasselbe  gilt  ftlr  die  Präparation  der  Regiones  inguinalis  und 
subinguinalis,  sowie  für  das  Meiste  hier  in  der  Schichtenfolge  aufgezählte. 
Auch  auf  das  in  JösseTs  Topographie  des  Bauches  Gegebene  ist  zu  verweisen. 
Folgendes  muss  hier  aber  noch  eingehender  besprochen  werden:  Die  Lympb' 
drüscn  der  Regio  inguinalis  und  subinguinalis  —  das  Li g^' 
mentuminterfov-eolare  und  die  Falx  inguinalis  —  die  Art  er  i» 
cpigastrica  lateralis  —  das  Spatium  retroinguinale  (Bogrosi) 
—  das  Foramen  obturatum  nebst  den  zugehörenden  und  durchtretenden 
Theilen,  insbesondere  unter  den  pathologischen  Zuständen  die  Hernia  ob- 
turatoria. 

Lymphdrüsen  der  Regio  inguinalis  und  subinguinalis. 

Von  Lymphdrüsen  sind  hier  zu  unterscheiden:  1)  Lymphoglandulae  in- 
guinales, 2)  Lgl.  subinguinales  superficiales,  3)  Lgl.  sub- 
inguinales p r  0 f  u  n  d a e,  4)  Lgl.  i  1  i a c a e  e x  t  e r n a e  und  5)  Lg'* 
e  p  i  g  a  s  t  r  i  c  a  c  inferiores, 


I-<eisteiidrüsen.    Uiiterleisteudrüscii.    Ligani.  interfoveolave.    Falx  inguinalis.    175 

Das  Wesentliche  über  die  Lymphoglandulae  inguinales  und 
subinguinales  gehört  in  die  Topographie  der  unteren  Extremitäten.  Es 
^urde  bereits  erwähnt  —  S.  143  — ,  dass  sie  die  regionären  Lymphdrüsen 
^^^  Hautbezirke  des  Beckens  seien.  Hier  ist  noch  einer  neuerdings  von 
^uenu^)  im  Anschlüsse  an  Sappey^)  gegebenen  topographischen  Eintheilung 
^^r  Lymphoglandulae  inguinales  und  subinguinales  superficiales  zu  gedenken, 
Welche  dadurch  gewonnen  wird,  dass  man  durch  die  Einmtindungsstelle  der 
^^na  saphena  in  die  Vena  femoralis  zwei  einander  rechtwinklig  kreuzende 
Linien  legt.  Diese  theilen  die  oberflächlichen  Leistendrüsen  in  vier 
^^'ttppen  ein:  eine  mediale  obere,  eine  mediale  untere,  eine  laterale 
^  b  e  r  e  und  eine  laterale  untere.  Hierzu  kommt  noch  eine  vor  der  Vena 
saphena  magna  liegende  fünfte  Gruppe.  Poirier»)  unterscheidet  drei  Gruppen: 
groupe  genital,  groupe  fe ssier  und  groupe  crural. 

Die  Lymphoglandulae  iliacae  externae  bilden  die  Fortsetzung 
*^^r  L  y  m  p  h  0  g  1  a  n  d  u  1  a  e  s  u  b  i  n  g  u  i  n  a  1  c  s  p  r  0  f  u  n  d  a  e;    als  verbinden- 
des   Zwischenglied     ist     die    Lymph  ogl  andula     annuli    femoralis 
^ß  0  s  e  n  m  tt  1 1  e  r  i)  zu  betrachten.    Sie  liegen,  3—4  an  der  Zahl,  in  dem  alsbald 
"^^  besprechenden  Bogros'schen  Räume,  dicht  an  den  Vasa  iliaca  externa;  be- 
sonders gross   und  von    länglicher  Gestalt  ist  die  der  Vena    iliaca  externa  an- 
legende Drüse.   —   Längs  der  Arteria  circumflexa    ilium  profunda    finden  sich 
^uch  noch  einige  (1—2)  kleine  Lymphdrüsen,    die  man    als  Ly  mph  ogl  an- 
gine cir  cum  f  lex  ae    ilium  bezeichnen    könnte;    ebenso  trifft  man  2  —  3 
*eme  (linscn-erbsengrosse)  Lymphdrüschen  längs  der  Vasa  epigastrica  inferiora 
^n:  L y  ni  p  h  0  g  1  a  n  d  u  1  a  e  e  p  i  ga s  t  r  i  c ae  i  n  f  e  r  i  0  r  e  8*).    Die  beiden  letzt- 
Senannten  kleinen  Drtisengruppen    nehmen  Lymphgefässe    aus  den  Bauch-  und 
eckenwandungen    auf,    die    Lymphoglandulae    iliacae  externae  hauptsächlich 
^»^he,  welche  von  den  tiefen  subinguinalen  Drüsen  kommen. 


lis 


Li^amentam  interfoveolare.    Falx  ingiiinalls, 

Hesselbach  und  Henle  haben  gefunden,  dass  die  Fascia  transversa- 
le   der  Gegend    der   medialen  Leistengrube    durch  zwei    diese  Grube  ein- 
^"hessende  aponeurotische  Faserzüge  verstärkt  wird,  während  die  Gegend  der 
J'Ube   selbst   schwachwandig  bleibt  nnd  den  dünnsten  Theil    der  Bauchwand 
^^stellt.     Darin  ist  eben  ihre  Disposition  für  die  Entwicklung  von  Hernien  ~ 
sind  dies  die  Herniae   inguinales   directae  —  gegeben.     Braune 

1)  Quenu,  A.,  Vaisseaux  lymphatiques  de  TAniis.     Bulletins  de  la  Societe  ana- 
^^ique  de  Paris,  1893.    Nro.  16.    Juin. 

2)  Sappey,  1.  c.  (S.  88). 

3)  P  Girier,  P.,  Quinze  lec^ons  d'anatonüe  pratique.    Paris,  1892. 

4)  Gerota,  D.,  Ueber  die  Lymphgefässe  und  die  Lymphdrüsen  der  Nabcl- 
«^^end  und  der  Harnbhise.  Auiitomischer  Anzeiger.  X[I.  Bd.  Nr.  4  u.  5.  S.  89.  1896. 
^  S.  auch:  Mascagni- Ludwig-  1.  e.  (S.  155)  Tat'.  I,  22  und  25,  Tai'.  II,  65;  lerner 
p/  krause   1.  c.  (S.  155)    S.  718   und   Bourgery  et  Jacob    1.  c.    (S.  155)    Taf,  88, 

*=>•  1  (Glandulae  circuintiexae  ilium). 


176  Arteria  epigastrica  lateralis. 

führte  den  wichtigen  Nachweis,  dass  beide  Verstärkungszüge  mit  der  Sehne 
des  Musculus  transversus  abdominis  zusammenhängen  und  dessen 
Beckeninsertionen  darstellen,  und  dass  in  dem  lateralen  hinteren  Zuge 
stets  gestreifte  Muskelfasern,  die  dem  Musculus  transversus  abdominis  ange- 
hören, zu  finden  sind.  Der  mediale  vordere  Zug,  der  inbesondere  auch 
mit  der  Scheide  des  Musculus  rectus  abdominis  zusammenhängt,  wird  von 
Braune  als  Henle'sches  Band  ~  Falx  inguinalis  BNA  — ,  der  laterale 
als  Hesselbach'sches  Band  —  Ligamentum  interfoveolare  (Hessel- 
bachi)  BNA  —  bezeichnet.  Die  in  ihm  (an  seiner  Vorderfläche)  enthaltenen 
Muskelfasern  könnte  man  mit  His  als  Musculus  interfoveolaris  (Braunü) 
bezeichnen. 

Die  englischen  Autoren  betonen  den  Zusammenhang  des  vorderen  (medialen) 
aponeurotischen  Zuges  nicht  nur  mit  dem  Musculus  transversus  abdominis,  sondern 
auch  mit  dem  Obliquus  internus  abdominis;  daher  die  übliche  Bezeichnung  der  eng- 
lischen Handbücher:  „conjoined  tendon".  Nicht  immer  sind  die  beiden  vorhin 
unterschiedenen  Züge,  welche  indessen  wesentlich  dem  Transversus  abdominis  zuge- 
hören, scharf  getrennt  (Dancer  Thane  &  Godlee). 

Die  Bedeutung  dieser  Bildungen  für  den  Einfluss  des  Musculus  transversus 
abdominis  auf  das  Zustandekommen  und  eine  etwaige  Einklemmung  direkter 
Leistenhernien  ist  einleuchtend^). 

Arteria  epigastrica  lateralis. 

Die  Arteria  epigastrica  lateralis  (Führer,  Hermann  Stieda) 
ist  wohl  auch  bei  der  topographischen  Anatomie  des  Beckens  zu  erwähnen- 
Da  sie,  als  starkes  Gefäss,  bei  Operationen  und  Verletzungen  am  Bauche  be- 
achtet werden  muss,  so  sei  sie  hier  kurz  besprochen.  Die  Arterie  entspringt  aus 
der  Arteria  circumflexa  ilium  profunda,  4—6,5  Centimeter  medianwärts  von 
der  Spina  iliaca  anterior  superior  (längs  des  Ligamentum  inguinale  gemessen) 
und  steigt  zwischen  Musculus  obliquus  internus  abdominis  und  Transversus  ab- 
dominis nahezu  parallel  der  Arteria  epigastrica  inferior  bis  zum  Nabel  aufwärts. 
Auf  diesem  Wege  kreuzt  sie  die  sogenannte  Monro'sche  Linie,  d.i.  die  Ver- 
bindungslinie zwischen  Nabel  und  Spina  iliaca  anterior  superior.  Meist  findet 
die  Kreuzung  schon  unterhalb  des  Mittelpunktes  dieser  Linie  statt,  so  dass  die 
Arterie  dann  lateral  vom  Mittelpunkte  liegt;  sie  kann  aber  auch  in  den  Mittel- 
punkt fallen^). 


1)  Vgl.  Braune,  W.,  Das  Venensystem  des  menschlichen  Körpers.  Text,  S. öo« 
Leipzig,  1884.  —  Douglas,  Kenneth  M.,  The  anatomy  of  the  transversalis  muscle  and 
its  relation  to  inguinal  hernia.  The  Journal  of  anatomy  and  physiology,  cond.  ^y 
Humphry  etc.  Vol.  XXIV,  p.  220.  1890.  —  G.  Dancer  Thane  &  Godlee,  Super- 
ficial and  surgical  anatomy.  Appendix  to  „Quains  anatomy".  X  edit.  London,  189^' 
P.  56.  —  Cunningham,  D.  J.,  Manual  of  practical  anatomy,  II  edit.  Vol.  L  p.  392. 
1896.  —  His,  W.,  Die  anatomische  Nomenclatur.  Leipzig,  1895.  p.  121.  (Separat- 
abdruck aus  dem  Archive  für  Anatomie  und  Physiologie.) 

2)  Genaueres   s.    bei   Herm.  Stieda:    „Ueber   die   Arteria  circumflexa  ilium. 
Anatomischer  Anzeiger  Bd.  VIT,  S.  232.    1892.    Daselbst  auch  die  Literatur. 


Spatium  retroinguinale.    Foramen  obturatum.  177 

Man  hat  den  Mittelpunkt  der  Monro'sehen  Linie  als  Ort  der  Wahl  für  die 
^nctio  abdominis  angegeben;  die  Lage  der  Arteria  epigastrica  lateralis  kommt  da- 
^^^  in  Frage. 

Spatium  retroinguinale  (Bogrosi). 

Während  die  Fascia  transversalis  beim  Uebergange  von  der  vorderen 
Rauchwand  zur  hinteren  sich  unmittelbar  au  die  von  ihr  bekleideten  Theile 
^^^j  den  unteren  Winkel  der  Bauchhöhle  am  Ligamentum  inguinale  also  dicht 
anschliessend  austapezirt,  löst  sich  das  Peritonaeum  schon  oberhalb  des 
•Ligamentum  inguinale  von  der  vorderen  Bauchwand  (speziell  von  der  Fascia 
transversalis)  ab  und  geht  über  die  Vasa  iliaca  externa  hinweg  auf  die  hintere 
Rauchwand  (speziell  die  Fascia  iliaca)  über.  Somit  muss  zwischen  Bauchfell 
^^^  Fascia  transversalis  (bezw.  Fascia  iliaca)  in  dieser  Gegend  ein  (auf  dem 
^Verschnitte)  dreieckiger  Kaum  entstehen,  dessen  unterer  Winkel  am  Ligamen- 
vni  inguinale  liegt.  Dieser  Raum  ist  der  Bogros'sche  Raum^),  Spatium 
^'^troinguinale  m. 

Derselbe  ist  mit  einer  grösseren  Menge  subperitonaealen  lockeren,  oft 

^i'k   fetthaltigen    Bindegewebes    ausgefüllt,     und    erlaubt    infolgedessen     das 

eritonaeum  leicht  auf  eine  grössere  Strecke    hin  abzulösen,    so    dass    man  in 

leser  Gegend,    von    aussen    her    durch  die  Bauchdeeken  einschneidend,    nach 

paltung  der  Fascia  transversalis,  weit  längs  der  Vasa  iliaca  und  deren  Aeste 

Jibperitonaeal  in  das  grosse    und    kleine  Becken   hinein   vordringen  kann. 

<>ßiit  darf  der  Raum  eine  erhebliche  chirurgische  Wichtigkeit  beanspruchen, 

Medianwärts   geht  derselbe  in  die  prävesicalen    und  paravesicalen  Binde- 

Sewebsräume  über,  lateralwärts  ist  er  noch   eine  kurze  Strecke  längs  der  Vasa 

i**cumflexa  ilium  profunda  zu  verfolgen,  bis  er  mit  dem  Beginne  des  äusseren 

l'^ttels  des  Ligamentum    inguinale  aufhört.     Im  Bogros'schen  Räume    finden 

^*'*  1)  Die  Vasa  iliaca  externa,  2)  die  Ursprungsstticke  der  Vasa  cir- 

Umflexa  ilium  profunda,  epigastri  ca  inferiora  und  1  ateralia, 

)  die  vorhin  aufgezählten  Lymphdrüsen,  4)  den  Nervus  lumboingui- 

^*^8»    5)  beim  Manne    die    Vasa    spermatica  interna,    den  Nervus 

^Permaticus  externus  und  den  Ductus  deferens  an  ihrem  Eintritte 

^  den   abdominalen   Leistenring,    beim   Weibe   das   Endstück   des    runden 

'^^terbandes  mit  dem  Nervus  spermaticus  externus. 

y        Das  Ursprungsstück  der  A.  epigastrica  inferior  liat  eine  horizontale 

^^aufsrichtung,    und  wird  von  den   darüber  wegziehenden  Vasa  spermatica  in- 

^^^a,  dem  Nervus  spermaticus  externus  und  dem  Ductus  deferens  (beim 

^ne),   vorn  Ligamentum  tcres  uteri  imd  dem  genannten  Nerven  (beim  Weibe), 

^^kreuzt. 

Foramen  obturatum  nebst  zugehörigen  Theilen* 

Das  For amen  obturatum   mit  den  zugehörigen  Knochentheilen  und 
^^ödern    samt    dem    Canalis    obturatorius    ist    bereits    Seite   34-44    genau 

j^         1)S.  v.  Bergmann  und  Rochs,    Anleitende  Vorlesungen  für  den  Operations- 
j,^^sus  an  der  Leiche.   3.  Aufl.   Berlin,  1896.   S.  54  u.  56.  -  Bogros,  A.  J.,  Essai  sur 
^^/latomie  chirurgical  de  la  r^gion  iliaque  et  description  d'un  nouveau  proccdc  pour 
*^®  la  ligature  des  artcrcs  epigastriquc  et  iliaque  externe.    Paris,  1823, 
^aldeyer,  Das  Becken.  ^^ 


178  Nervus  obturatorius. 

genau  beschrieben  worden.  Von  den  Museuli  obturatores,  dem  Nervus 
und  den  Vasa  obturatoria  kann  hier  Abstand  genommen  werden,  da  sie 
zur  unteren  Extremität  in  Beziehung  treten.  Die  Ursprünge  der  Musculi  obtu- 
ratores am  Becken  wurden  erwähnt  S.  84  und  85. 

Hier  ist  noch  nachzutragen  Einzelnes  über  die  Verästelung  und  die 
Lage  des  Nervus  und  der  Vasa  obturatoria,  wozu  Fig.  54  (S.  183) 
verglichen  werden  möge.  In  dieser  Figur  ist  das  knöcherne  Becken  in  die 
Weichtheile  eines  weiblichen  Körpers  hineingezeichnet,  und  zwar  in  der  bei 
Untersuchungen  und  Operationen  üblichen  Lage.  Man  erkennt  daraus  die  topo- 
graphischen Beziehungen  der  hier  zu  besprechenden  Theile  im  grossen  und 
ganzen.  Auch  Figur  20,  welche  die  untere  Extremität  in  gestreckter  Stellung 
zeigt,  ist  zu  benutzen. 


Nervus  obturatorius. 

Ueber  den  Ursprung  des  Nervus  obturatorius  giebt  Fig.  44  Aufschluss: 
er  entsteht  gewöhnlich  aus  dem  2.,  3.  und  4.  Lumbalnerven,  und  zwar  an  der 
Vorderseite  des  Plexus  lumbalis.  Mit  dem  Nervus  femoralis  bildet  er  die  bei- 
den stärksten  Zweige  des  Plexus,  welche  Zweige  den  Musculus  psoas  major 
zwischen  sich  fassen,  der  Nervus  femoralis  lateral,  der  Nervus  obturatorius 
medial  am  Muskel  gelegen.  Beide  Nerven  durchmessen  in  sagittaler  Richtung 
die  ganze  Beckenhöhle  in  ziemlich  gleicher  Ausdehnung.  Der  Nervus  ob- 
turatorius kommt  auf  seinem  Wege  —  s.  Fig.  51  (Weib)  und  Fig.  61  u.  6^ 
(Mann)  —  mit  folgenden  Theilen  in  topographische  Beziehung:  An  seinem  Ur- 
sprünge mit  dem  Processus  transversus  des  V.  Lendenwirbels,  dann  kreuzt 
er  nacheinander  den  Truncus  lumbosacralis,  die  Vasa  hypogastrica 
(welche  ihn  vom  Ureter  trennen),  die  Arteria  umbilicalis,  und  beim  Weibe 
den  oberen  Umfang  des  Eierstockes.  Zwischen  den  Vasa  hypogastrica  und 
der  Arteria  umbilicalis  verläuft  er  eine  Strecke  lang  parallel  der  Arteria 
uterina;  bei  allen  Kreuzungen  liegt  der  Nerv  lateral.  Nun  tritt  er? 
immer  dicht  an  der  seitlichen  Beckenwand  hinziehend,  in  den  flach  vertiefte» 
dreieckigen  Raum,  der  (beim  Manne)  hinten  vom  Ureter,  vorn  vom  Ductus  de- 
ferens  (beim  Weibe:  Ligamentum  teres  uteri)  und  oben  von  den  Vasa  iliaca 
externa  begrenzt  wird.  In  diesem  Felde  bildet  er  mit  der  Vena  obturatoria 
eine  charakteristische  üreiecksfigur,  deren  Basis  an  den  Vasa  hypogastrica  und 
dem  Ureter,  deren  Spitze  im  Beckeneingange  des  Canalis  obturatorius  liegt; 
die  Arteria  obturatoria,  sofern  sie  normal  entspringt,  nimmt  die  Mitte  dieses 
Dreieckes  ein.  Bei  gefüllter  Harnblase  kommen  der  Nervus  obturatorius  und 
die  Vasa  obturatoria  in  das  Bereich  derselben,  wenngleich  durch  die  beidersei- 
tigen serösen  Bekleidungen  von  einander  getrennt. 

Hier  sei  noch  angeführt,  dass  die  BNA.  statt  der  Bezeichnungen:  ober- 
flächlicher und  tiefer  Ast,  die  Namen:  Ramus  anterior  und  posterior 
haben. 


Arteria  obturatoria.  179 

Arteria  obturatoria. 

Ueber  die  Arteria  obturatoria  sei  Folgendes  bemerkt;  Bei  normalem  ür- 
^pi'unge  aus  der  Arteria  hypogastriea  ist  die  Arteria  obturatoria  etwa  halb 
so  lang  wie  der  Nervus  obturatorius.  Nach  ihrem  Ursprünge  kreuzt  sie  sofort  den 
'^reter  und  die  Arteria  deferentialis  (Mann),  uterina  (Weib),  bei  letzterem  auch 
^^^sOvarium;  sie  liegt  lateralwärts  von  diesen  Theilen,  immer  dicht  der  Becken- 
rand an.  Im  Canalis  obturatorius  (vgl.  Fig.  51)  gewinnt  der  Nervus 
obturatorius  die  laterale,  die  Vena  obturatoria  die  mediale  Lage,  die 
Arterie  bleibt  zwischen  beiden,  rückt  aber  mehr  in  die  Tiefe  (s.  Fig.  21). 

I^ie  Verästelung  der  Arteria  obturatoria   anlangend,    so    theilt    sich   dieselbe 
^^^'^  im  Bereiche   des  Canalis  obturatorius   in   ihren    vorderen    und  hinteren  Ast, 
*'  ^ig.  23.    Letztere  liegen,  soweit  die  Membrana  obturatoria  zweiblättrig  ist,  in  dem 
^^ischen  diesen  Blättern  befindlichen  Räume;   der  Ramus  anterior  wendet   sich   zum 
^^^hanibeine  und  zur  Symphyse,    der  Ramus  posterior  zum  Sitzbeine   und  zum  Hüft- 
gelenke.   Ein  Zweig  des  Ramus  anterior  tritt  oberhalb  des  Crus  tendineum  externum 
2Ur  Symphyse,  der  andere  durch  eine  Oeffnung  des  letzteren  oder  unterhalb  desselben 
^yf  die  Aussenfiäche  des  Os  pubis;    ähnlich   tritt  ein  Zweig  des  Ramus  posterior  auf 
le   Aussenfiäche    des    Os    ischii;    beide    Zweige   umkreisen,  jeder   von    seiner   Seite 
^^)   das  Foramen   obturatum   und   anastomosiren   am   unteren   Umfange   des  letzte- 
^^   mit  einander.    Von    dem    äusseren  Zweige    geht   auch    die  Arteria  acetabuli  ab, 
^Iche   zwischen    den    beiden  Tubercula  obturatoria  lateralia  in  das  Hüftgelenk  ein- 
^ingt,  ferner  die  wichtige  Anastomose  zum  Ramus  acetabuli  arteriae  circum- 
^xae   femoris   medialis,   welcher   im    Sulcus  tuberoglenoidalis   liegt   (s.  Fig.  23, 
'  40  und  66).    Auch  der  Ramus  anterior    hat   Anastomosen   mit   der  Arteria  circum- 
*^Xa  femoris  medialis.  —  Ein  anderer  bislang  übersehener  Zweig  des  hinteren  Astes, 
^^   Ramus    internus  desselben i),    steigt   auf   der   inneren    oder  Beckenfläche  der 
^^hrana  obturatoria  hinab,   zwischen  dieser  und  dem  Musculus  obturator  internus; 
^^  ist  wesentlich  Knochenarterie   für   das    Sitzbein   und  oft  von  ansehnlicher  Grösse; 
^^   endet   an    der   Innenfläche    des  Tuber  ischiadicum.    In  Fig.  53   ist    an  der  linken 
eite  der  Figur  unten  im  Foramen  obturatum  sein  Endstück  sichtbar;   es  durchbohrt 
^^^  die  Membrana  obturatoria  unterhalb  eines  Verstärkungszuges  derselben,  um  als- 
*  ^  wieder  an  die  Innenfläche  des  Tuber  zu  treten. 

Wichtig  ist  der  in  etwa  ein  Drittel  der  Fälle  vorkommende  Ursprung  der 
**teria  obturatoria  aus  der  Arteria  epigastrica  inferior,  oder  aus  der  Arteria 
laca  externa.  Falls  eine  Abzweigung  aus  der  Arteria  epigastrica  inferior  be- 
^"t,  so  wird  der  gemeinsame  Stamm  als  Truncus  epigastricoobtu- 
^*^riu8  bezeichnet. 

,         Der  sehr  beständigen  Anastomose  der  Arteria  circumflexa  femoris  medialis  mit 

/^  Ramus  posterior  der  Aiteria  obturatoria    wird   in    den    meisten  Handbüchern 

Cht   gedacht;    fast   alle    lassen    nur    die  Anastomosen    mit    dem  Ramus  anterior  zu. 

krause  macht  eine  Ausnahme^). 

Wichtig  sind  ferner  die  Zweige  des  Ramus  anterior  arteriae  obtura- 

^^^^  zum  Hodensacke    bezw.  zu    den  grossen    Schamlippen.     Die 

Whi  ^^  Waldeyer,  W.,    Bemerkungen  zur  Anatomie  der  Arteria  obturatoria.    Ver- 
loolf *^ngen  der  anatomischen  Gesellschaft  auf   der   9.  Versammlung  in  Basel.    Jena, 
^^^-    G.  Fischer.     S.  100. 

8ch      ^^  Krause,  W.,  Handbuch  der  menschlichen  Anatomie.   3.  Aufl.  desC.  Krause- 
^^^  Handbuches.    Hannover,  1879.    Bd.  2,  S.  640  und  S.  654. 


l80  Vena  obturatoria.    Pathologische  Zustände:  Biibonen. 

Arteria  obturatoria  ist  M  u  s  k  e  1  a  r  t  e  r  i  e  für  die  Museuli  o  h  t  u  r  a  t  o  r  e  s  und 
den  oberen  Theil  der  A  d  d  u  c  t  o  r  e  s,  K  n  o  c  h  e  n  a  r  t  e  r  i  e  für  das  I  s  c  li  i  o- 
pubicum,  Gelenk-  und  ßän  d  er  arterie  für  die  Schoossfuge,  das 
Hüftgelenk  und  die  Membrana  obturatoria.  —  Anastomosen  ausser  den 
genannten,  bestehen  noch  mit  der  Arteria  glutaca  inferior. 

Vena  obturatoria. 

Die  Vena  obturatoria  ist  einfach;  sie  tritt  erst  an  dem  inneren  Eingänge 
des  Canalis  obturatorius  mit  der  gleichnamigen  Arterie  zusammen  und  hat  di*^' 
selben  bemcrkenswerthen  Ursprungsanomalien,  wie  diese.  Sie  bezieht  nudirerc 
starke  Zweige  aus  den  äusseren  Gcsehlechtstheilen  (Hodensack  und  Labia  majora)- 
Von  konstanten  Anastomosen  sind  wichtig  die  mit  der  Vena  pudenda  internal 
mit  dem  Plexus  vcsicoprostaticus  (vesicovaginalis)  und  pudcndalis,  mit 
der  Vena  circumflexa  femoris  medialis  und  mit  der  Vena  glutaca 
inferior.  Vgl.  hierzu  die  Abbildungen  Figg.  23,  f)!,  52,  61,  G2,  64,  7H, 
79  und  80. 


Pathologische  Zustände  und  Vorkommnisse  in  der  Regio  inguinalis 

und  subinguinalis. 

Wenn  wir  bezüglich  der  pathologischen  Vorkommnisse  an  der  Haut  ain 
das  S.  139  und  141  Gesagte  hinweisen  dürfen,  so  bleiben  uns  hier  noch  /U 
besprechen  übrig: 

1)  Die  B  ubo  n  cn, 

2)  Die  Phlebektasien, 

3)  Die  L  y  m  p  h  e  k  t  a  s  i  e  n, 

4)  Die  H  y  g  r  o  m  e, 

5)  Die  Muskelhernie  n, 

6)  Die  Rei  t  k  n  0  ch  cn, 

7)  Die  Herniae  ob  t  u  r  a  t  or  iae. 

Der  Leistenhoden  wird  noch  weiter  bei  den  pathologischen  Zuständen 
des  Hoden  erörtert  werden.  Die  Becken abscesse,  von  denen  hier  auch  7M 
reden  wäre,  sollen,  wie  bereits  bemerkt^  in  einem  besonderen  Kapitel  abge- 
handelt werden. 

Buboneni). 

Die  Lymphdrüsen  einer  bcstinnntcn  Körpergegend  werden  um  so  häufig^'* 
Anschwellungen  und  tiefer  greifenden  pathologischen  Prozessen  unterliegen,  J^ 
mehr  die  zu  einer  bestimmten  Gruppe  von  Lymphdrüsen  gehörige  Regi^^ 
Reizungen  oder  infektiösen  Einwirkungen  ausgesetzt  ist;  hierbei  spielt  natürlich 
auch    die    räundiche    Ausdehnung    der   betreifenden  TfCgend    eine  Rolle.     Von 

1)  Bovßojv  =  Sclianigogeiid,  Drüse  dvx  Sclianigegend. 


Bubonen.    Phlebektasien.    Lymphektasien.  181 

^lleu  Lymphdrüsen  des  Körpers  werden  am  meisten  die  Bronchialdrttsen 
^ffieirt,  die  man  kaum  jemals  bei  einem  älteren  Individimm  völlig  gesund  finden 
^^i»'fte.  Diesen  zunächst  stehen  die  Leistendrüsen,  deren  Schwellungszustände 
^^^  Namen  „l^u  honen"  führen.  Wenn  man  bedenkt,  dass  sie  ehiem  grossen 
^"eile  der  l^auchhaut,  der  Olutaeal-  und  Danunregion,  den  äusseren  Ge- 
^Cüleehtsorganen^  dem  After  und  der  gesamten  unteren  Extremität  als  nächstes 
^-'yuiphrcservoir  dienen^  so  kann  es  nicht  Wunder  nehmen,  sie  häufig  erkrankt 
Oder  wenigstens  angeschwollen  zu  finden.  Man  hat  also  bei  PLrkrankungen 
^^^»' Leistendrüsen  die  genannten  Oegcnden  zu  untersuchen^  um  nach  des  Uebels 
Q»ielle  zu  forschen. 

Hierher  geluirt  noch  die  Angabe,  dass  die  unteren  Gruppen  mit  den  in 
^^^i'  Längsaxe  des  Oberschenkels  liegenden  Drüsen  zur  unteren  Extremität  ge- 
"*">ren,  die,  welche  parallel  dem  Ligamentum  inguinale  liegen,  zur  Bauchhaut 
^ind  zu  den  äusseren  (Jenitalien,  insbesondere  die  medialen,  zu  denen  auch  vor- 
Wiegend  die  analen  Lymphgefässe  sich  begeben. 

Ferner  ist  nocli  hervorzuheben  die  weit  grössere  Schwierigkeit,  die  sich 
"^1  operativen  Eingriffen  seitens  der  tiefen  Drüsen,  insbesondere  der  Rosen- 
l^üller'schen  Drüse  ergibt.  Immer  muss  man  daran  denken,  namentlich  bei 
^^tektiösen  Erkrankungen,  dass  sieh  der  Prozess  bereits  weit  in  die  Becken- 
vniphdrüsen  fortgesetzt  haben  kann. 

Geseh wollene  Drüsen  können  oft  sehr  starke  Arterien  und  Venen,  wie 
^*^ch  auffallend  grosse  Lymphgefässe  zeigen.  Die  Blutgefässe  kommen  von 
^^11  Vasa  pudenda  externa. 

Vielfach  gehen  die  Neubildungen  der  in  Hede  stehenden  beiden  Ge- 
S^nden  auch  von  den  Lymphdrüsen  aus. 

Phlebektasien  und  Lymphektasien. 

Die  Phlebektasien  sind  meist  Theilersclteinung  von  varikösen  Vencn- 
^i'Weiterungen  des  Bauches  (Caput  medusae)*)  und  der  unteren  Extremität, 
-^uatomischerseits  sei  hier  auf  die  grosse  Varixform  aufmerksam  gemacht, 
)Vclchc  mitunter  an  der  Vena  saphena  magna,  an  deren  Einmündungssteile 
^*^  die  Vena  femoralis  beobachtet  wird.  Sie  ist  schon  mit  Schenkelhernien 
(Wegen  ihrer  weich  elastischen  Konsistenz  und  des  Zurtickweichens  bei  Druck) 
^^rvvechselt  worden.  Man  bemerke  aber,  dass  ein  Venentumor  an  dieser  Stelle 
^<inwinden  wird,  wenn  man  die  Vena  saphena  magna  —  und,  wenn  vorhanden, 
^Uch  die  Vena  saphena  accessoria,  unterhalb  der  Geschwulst  komprimirt. 
^*^s  muss  freilich  in  liegender  Stellung  des  zu  Untersuchenden  geschehen,  weil 
Sonst  der  vom  Herzen  her  auf  der  Einmündung  der  Saphena  lastende  Druck, 
^^^  langen  Blutsäule  und  der  mangelhaften  Klappen  wegen,  ein  zu  hoher  ist^). 

1)  Braune,  W.,  Das  Venensystem  (1.  c.  S.  176).    Text  S.  24  ff. 

2)  Trendelenburg,  F.,  Ueber  die  Unterbindung  der  Vena  saphena  magna  bei 
^»iterschenkelvaricen.  „Beiträge  zur  klinischen  Cliirurgie",  herausg.  von  P.  Bruns. 
^^'  VII,  S.  195,    1890. 


182  Hygrome.    Muskelhernien.    Reitknochen.    Hernia  obturatoria. 

Lymphangiektasien  müssen  in  hoch-  und  tiefliegende  unterschieden 
werden;  sie  sind  weit  seltener.  Sie  pflegen  oft  mit  Elephantiasis  ver- 
bunden zu  sein. 

HygTome. 

Das  wichtigste  Hygrom  dieser  Gegend  ist  das  der  Bursa  iliopectinea 
(subiliaca),  es  kann  eine  bedeutende  Grösse  erreichen  und  mit  dem  Hüftgelenke 
kommuniziren.     Die  anderen  kommen  kaum  in  Betracht. 

Muskelhernien  und  Reitknochen. 
Mit  dem  Namen  „Muskelhernien"  hat  man  Zustände  bezeichnet,  bei 
denen  nach  Zerreissung  einer  Muskelfascie  ein  Stück  des  von  der  Fascie  um- 
schlossenen Muskels  durch  den  Fascicnriss  prolabirte  und  eine  subkutane  oder 
auch  tiefer  liegende  Geschwulst  erzeugte').  Dieser  Zustand  kommt  ebenso  wie 
der  folgende,  der  Eeitknochen,  wenn  auch  selten,  bei  Leuten,  welche  viel 
reiten,  in  der  Regio  inguinalis  vor,  also  an  den  Adductoren.  Der  Reitknochen 
bildet  sich  durch  Verknöchcrung  des  Perimysium  eines  der  oberflächlichen 
Adductoren. 

Hernia  obtnratoria,  2) 

Obwohl  der  Tlüftlochbruch  weitaus  überwiegend  bei  Frauen  vorkommt 
—  unter  96  von  Englisch  zusammengestellten  Fällen  kamen  nur  12  auf  Männer  — 
so  mag  derselbe  doch  schon  hier,  wo  von  den  pathologischen  Zuständen  der 
Regio  subinguinalis  insbesondere  des  Mannes  die  Rede  ist,  abgehandelt  werden. 
Damit  mag  es  auch  seine  Erklärung  finden,  dass  wir  die  Figur  54  hierher- 
setzen, welche  das  knöcherne  Becken  in  situ  innerhalb  des  Gesamtbeckens  eines 
Weibes  darstellt;  dieselbe  soll  unter  anderem  zur  Veranschaulichung  der  Lage 
des  Foramen  obturatum,  bezw.  der  Hernia  obturatoria  zum  Becken  und  zum 
Oberschenkel  im  ganzen  dienen. 

Die  Herniae  obturatoriae  treten  durch  die  innere  oder  „Becken- 
öffnung" des  Canalis  obturatorius  in  diesen  ein;  ihre  Austrittsstelle  aus 
dem  Kanäle  ist  aber  eine  verschiedene. 

Entsprechend  der  Lage  und  Richtung  des  Canalis  obturatorius  (s.  Figg« 
18  —  23),   nehmen  die  Httftlochbrüche  die  laterale  obere  Ecke  des  Foramen 


1)  Rawitz,  B.,  Lang-enbeckVs  Archiv,  Bd.  XXTV,  Heft  2. 

2)  Ausser  den  S.  38  und  39  aufgeführten  Schriften  von  Gtinz,  E.  Rose, 
Vinson,  Roman  Fischer  und  Picque  et  Poirier  wolle  man  ver«:leichen:  Ber- 
g  e  r,  P.,  Article:  „Hernies"  in  D  u  p  1  a  y  et  R  e  c  1  u  s  :  Traitt'*.  de  Chirurgie.  Tome  Vi, 
Pag.  543  seqq.,  insbesondere  S.  810,  Paris,  1892,  und  Eng-lisch,  J.,  Ueber  Hernia  ob- 
turatoria. Leipzig  und  Wien,  1891.  —  Picqu6  und  Poirier  geben  die  eingehendste 
anatomische  Schilderung;  bei  Englisch  ist  die  bis  1891  vorhandene  Literatur  fast 
vollständig  aufgeführt,  leider  mit  sehr  vielen,  zum  Theil  unglaublichen  Druckfehlern. 
—  Weitere  bislang  noch  unbeschriebene  Fälle,  darunter  einen  aus  der  Berliner  chi- 
rurgischen Universitätsklinik  nebst  einigen  anatomischen  Untersuchungen  gibt  die 
Inauguraldissertation  von  M.  Pichert:  „Ueber  einen  P^all  von  Hernia  obturatoria." 
Berlin,  1891.    8. 


]s:i 


184  Hernia  obturatoria. 

obturatuni  ein ;  sie  haben  einen  lateroniedianwärts  und  zugleich  —  bei  aufrechter 
Stellung  —  von  oben  nacli  unten  gerichteten  Lauf.  Entsprechend  ihrer  Austritts- 
stclle  auf  die  Schenkelfläche  des  Beckens  unterschied  Roman  Fischer, 
gestützt  auf  das  von  ihm  genau  erforsclite  anatomische  Verhalten,  vier  Varie- 
täten; von  diesen  sind  drei  durch  die  Befunde  bei  Autopsien  sicher  gestellt: 

1)  Der  Bruchsack  tritt  durch  die  äussere  oder  „Schenkelöffnung" 
des  Canalis  obturatorius  hervor. 

2)  Der  Bruchsack  tritt  zwischen  der  oberen  (kleinen)  und  der  unteren 
(grösseren)  Portion  des  Musculus  obturator  externus  zu  Tage. 

3)  Der  Bruchsack  versenkt  sich  noch  innerhalb  des  Canalis  obturatorius 
zwischen  die  beiden  Y-Schenkel  der  Membrana  obturatoria  in  die  Tiefe,  und 
tritt  somit  gar  nicht  vor  den  Musculus  obturator  externus,  sondern  bleibt  von 
diesem  bedeckt. 

Man  wolle  zur  Verdeutlichung  des  Gesagten  und  der  nunmehr  zu  gehen- 
den Erläuterungen  die  eben  genannten  Figuren  vergleichen. 

In  allen  drei  Fällen  —  s.  die  Anatomie  des  Foramen  obturatuni,  S.  36  ff.  —  i^t 
die  Bruchöffnung,  sowie  der  Anfan^'stheil  des  Bruches,  der  Bruehsackhals,  von  drei 
Seiten  her:  oben,  medial  und  lateral  von  Knochen  unmittelbar  umgeben;  nur 
nach  unten  hat  er  Weichtheile  zur  Begrenzung:  zunächst  die  mit  dem  Crus  tendi- 
neum  internum  zusammenhängende  innere  fibröse  Arkade,  welche  den  Eingang 
zum  Kanäle  von  unten  her  umsäumt  (s.  S.  41),  dann  das  Corpus  adiposum  ob- 
turatorium  (Ca  in  Fig.  20,  Corp.  adip.  obtur.  I  u.  II  in  Fig.  19),  in  welchem  das 
Gefäss  und  Nervenbündel  eingehüllt  ist,  darunter  dann  den  Musculus  obturator 
internus.  Die  Knochenbegrenzung  bleibt  auch  bis  zum  Austritte  des  Bruches  die- 
selbe —  es  betheiligen  sich  mit  einem  g'rösseren  Abschnitte  das  Schambein,  mit  einem 
kleineren  (lateral)  das  Sitzbein  — ;  aber  die  untere  (Weichtheilbegrenzung)  ändert  sich 
erheblich  mit  den  drei  Varianten. 

Im  ersten  Falle  verläuft  der  Bruch  mit  dem  vorderen  Aste  des  Nervus 
obturatorius  und  mit  der  Hauptgefässverzweiguno:  (Figo;«.  19,  21,  22  und  23);  er 
durchsetzt  die  ganze  Länge  des  Canalis  obturatorius;  der  Bruchkörper  hat  auch  den 
oberen  Rand  des  Musculus  obturator  externus  als  Unterlage  und  schliesslich 
die  äussere,  mit  dem  Crus  tendineum  externum  verbundene  fibröse  Arkade. 
Beim  Austritte  aus  dem  Kanäle  umschlingen  ihn  von  unten  her  beide  Hauptäste 
der  Arteria  obturatoria,  und  deren  Ramus  pubicus  anterior  liegt  ihm  medial 
dicht  an,  desgleichen  die  betreffenden  Venen. 

Der  über  den  Obturator  externus  hinwegß'etretene  Bruch  liegt  zunächst  unter 
dem  Musculus  pectineus.  Wird  er  grösser,  so  kann  er,  vgl.  Fi^.  20," im  Scar pa- 
schen Dreiecke  bis  an  die  Vasa  circumflexa  femoris  medialia  vorrücken.  Er 
muss  sich  aber  bei  weiterem  Wachsthume  stets  medial  wenden,  weil  ihm  lateral  die 
Fascia  iliopectinea  ein  Hinderniss  bietet.  Medial  kann  er  nun  unter  den  Adductor 
brevis  rücken,  oder  über  ihn  hinweg  unter  den  Adductor  longus.  Dass  eine  Hernia 
obturatoria  sich  durch  den  Spalt  zwischen  Adductor  longus  und  Pectineus  bis  zur 
Fascia  lata  vorgedrängt  hätte,  davon  ist  mir  kein  Fall  bekannt  geworden.  Die  Hernia 
obturatoria  bleibt  in  der  Tiefe,  während  die  Hernia  femoralis  in  den  weitaus 
meisten  Fällen  sich  zur  Oberfläche  (subkutan)  vorschiebt.  Das  ist  auch  diagnostisch 
nicht  unwichtig. 

An  der  Becken-Bruchpforte  ist  das  Verhalten  der  Gefässe  und  des  Ner- 
vus obturatorius  zum  Bruchsackhalse  nicht  immer  das  gleiche.  Den  anatomischen 
Thatsachen  nach  (s.  Fi^g.  19—23,  51,  61  und  62)  müssen  der  Nervus  und  die 
Vasa  obturatoria   unten    und   lateral    am   Bruchsacke   liegen,    der  Nerv   etwas 


11. -tl 


'ln'iifsiiiiH 


iit'iijot'iii'S 


186  Hernia  obturatoria:  Arten  derselben. 

mehr  nach  oben.  Entspringet  die  Arteria  obturatoria  zusammen  mit  der  Epigastrica 
inferior,  dann  tritt  sie  von  oben  an  den  Bruch  sack  heran,  beg-ibt  sich  aber  doch  zu- 
meist auf  die  laterale  Seite;  der  Nerv  ist  dann  p-anz  isolirt  (s.Fi^^.  55b). —  Es  kommen 
aber  auch  Fälle  vor,  in  denen  das  Gefäss-  und  Nervenbündel  am  oberen  Umfange 
des  Bruchsack halses  lieg-t  (s.  F\g.  55a). 

Schwer  anatomisch  verständlich  ist  ein  von  Trc^lat  mitf^etheilter  FalM),  in  wel- 
chem der  Nerv  medial,  die  Gefässe  lateral  und  unten  laf2;'en.  Dass  der  Bruch  den 
Nerven  von  den  Gofässen  g-etrennt  hatte,  ist  öfters  beobachtet  worden,  nicht  aber  diese 
Art  der  Trennun«:. 

Im  zweiten  Falle  (vgl.  hierzu  Fig-g.  19  und  21)  verläuft  der  Bruch  mit  dem 
Ramus  posterior  des  Nervus  obturatorins,  und  tritt  mit  diesem  zwischen  der 
kleinen  Portio  superior  und  der  grösseren  Portio  inferior  des  Musculus  obturator 
externus  aus.  Da  liegen  dann  am  Austritte  aus  dem  Canalis  obturatorius  die 
Hauptgefässe  und  Nervonstärnme  vor  dem  Bruchsacke.  Tm  weiteren  Verhalten  be- 
steht gegenüber  der  T.  Varietllt  kein  Unterschied.  Der  von  Pich  er  t  I.e.  beschriebene 
Fall  irehört  hierher;  das  Gefass-  und  Nervenbündel  lag  lateral  und  unten  vom  Bruch- 
sackhalse, der  Nerv  am  meisten  lateralwärts,  die  Vene  in  der  Mitte,  die  Arterie  am 
meisten  medianwärts. 

Zu  wesentlichen  Verschiedenheiten  führt  der  dritte  Fall.  Hier  versenkt 
sich  der  Bruch  mit  dem  Ramus  posterior  der  Arterie  und  des  Nerven,  sowie  mit 
dessen  kleinem  Muskelzweige  für  den  Obturator  externus,  zwischen  den  b(M'den  oberen 
Blättern  der  Membrana  obturatoria  in  die  Tiefe.  In  Figg.  19  und  22  ist  der  Weg  der 
Hernie  klar  zu  erkennen.  Wir  sehen  in  Fig.  22  den  weiten,  zwischen  den  beiden 
Crura  tendinea  befindlichen  Schlitz,  in  welchem  die  beiden  (in  der  Figur  abge- 
schnittenen) Hauptäste  der  Arteria  obturatoria  samt  dem  (gleichfalls  abgeschnittenen) 
Ramus  posterior  nervi  obturatorii  gleichsam  untertauchen.  In  diesen  sonst  nur  mit 
sehr  weichem  Fette  gefüllten  Raum  dringt  auch  die  Hernie  ein.  Geht  sie  nicht  weit 
in  die  Tiefe,  dann  bleiht  sie  noch  durch  das  Crus  tendineum  externum  vom  Musculus 
obturator  externus  getrennt;  bei  weiterem  Vorschreiten  jedoch  drängt  sie  sich  zwi- 
schen diesem  und  der  Membrana  obturatoria,  durch  eine  der  hier  vorhandenen  Fett- 
lücken (Corp.  adip.  obtur.  TTI  und  TV  in  Fig.  19)  nach  aussen  vor,  und  liegt  nun 
unmittelbar  an  der  inneren  (oberem)  Fläche  des  Musculus  obturator  ex- 
ternus, zwischen  diesem  und  der  Membrana  obturatoria. 

Es  ist  nicht  richtig  —  vgl.  das  S.  37,  38  und  43  Gesagte  —  wenn  Picqu^^ 
und  Poirier  und  auch  Berger  angeben,  dass  dann  der  Bruch  zwischen  Musculus 
obturator  externus  und  Membrana  obturatoria  interna  liege;  hier  in  diesem  unteren 
Bezirke  ist  die  Membrana  obturatoria  einfach.    Man  vergleiche  auch  Fig.  23. 

Die  Hauptverschiedenheit  dieser  Bruchvariante  besteht  also  darin,  dass  der 
Bruch  aussen  vom  Musculus  obturator  externus  bedeckt  bleibt.  Möglich 
wäre  es  immerhin,  dass  er,  bei  schwach  entwickeltem  oder  schlaffem,  degenerirten 
Musculus  obturator  externus,  sich  auch  noch  weiter  Unten  einen  Weg  durch  den 
Muskel  nach  aussen  bahnte;  wenigstens  findet  man  in  ziemlich  regelmässigen  Ab- 
ständen noch  Gefässzweige  durch  den  Muskel  treten;  diesen  könnte  der  Bruch  unter 
solchen  Umständen  folgen. 

Als  vierten  Weg  lässt  R.  Fischer  noch  die  Bahn  des  Ramus  acetabuli 
der  Arteria  obturatoria  zu;  ein  Fall  der  Art  ist  jedoch  noch  nicht  beobachtet 
Die  beschriebenen  sonstigen  Abweichungen:  eingeschnürter,  zweilappiger  Bruchsack, 
Durchtritt  durch  eine  in  der  Mitte  der  Membrana  obturatoria  gelegene  Oeflfnung'» 
die  so  häufige  Einklemmung,  u.  a.  erklären  sich  aus  den  anatomischen  Verhältnissen, 
namentlich  aus  den  vorhin,  1.  c,  beschriebenen  wechselnden  Verstärkungszügen  der 
Membrana  obturatoria. 


1)  Trelat-Bouchard,  Bull,  de  la  Societe  de  Chirurgie.    1872.  p.  525. 


Hernia  obturatoria:  Inhalt,  Diagnose,  Ursachen.  137 

Inhalt  der  Hernia  obtnratorla.     Meist  wurde  Dünndarm  gefunden,  dann 

^^  Processus  vermiformis,   das   Ovarium,    die    Tube,    und  einmal 

^^^  Einern  von  Krön  lein  beobachteten  und  von  Brunner^)  beschriebenen  Falle) 

^^  Uterus;  ferner  ein  Rlasendivertikel.     Dies  alles  erklärt  sich  leicht  aus 

^ö  anatomischen  Verhältnissen. 

Diagnose  der  Hernia  obturatoria.    Für  die  Diagnostik  kommen  in  Betracht: 

^  tiefe  Lage  der  Hernie,   die  infolgedessen  keinen  circumscripten  subkutanen 

'^or  bilden  kann,  sondern  höchstens  eine  diffuse  Schwellung  in  der  Adductoren- 

^^i^d  der  Regio  subinguinalis,    falls  sie  überhaupt    eine  Anschwellung  verur- 

^^    dann  der  Weg   zu    einer  Pforte    unterhalb    des    oberen  Schambein- 

^^^s,  /n  der  in  einzelnen  Fällen  der  nachdrängende  Finger  beim  Untersuchen 

^^itihrt  wird,  endlich  die  Lage  zur  Genitofemoralfurche  hin;  beim  Weibe  kann 

^  ochwellung  auf  das  Labium  majus  übergreifen.  —  Wichtig  ist  die  Exploratio 

r/  Vaginam  oder  auch  per  Rectum,    nöthigenfalls  mit  der   ganzen  Hand    und 

Manuell.      Die    richtige    Untersuchungslage   ist    die   in    Fig.  54   gezeichnete, 

^1^  in  dieser  Position  wird  das  Foramen  obtnratum  sowie  die  ganze  Gegend 

gbchst  frei.     Verwechselungen  können  vorkonmicn  mit  einer  Hernia 

^^''inealis,    die  zum  Labium  majus  vordringt,    und  mit  einem  der  seltenen 

^Ue  von  Hernia  f  e  m  o  r  a  1  i  s  p  e  c  t  i  n  e  a^).     Schwierig  ist  die  Erkennung 

^^ gleichzeitig  bestehender  Hernia  femoralis  und  obturatoria^). 

Von  Bedeutung  ist,  abgesehen  vom  lokalen  Druckschmerze,  das  sogenannte 

/^mberg'sche  Symptom,    d.  h.  ein    im    Gebiete    des   Ramus  cutaneus  nervi 

«ratorii  zur  medialen  Seite  des  Oberschenkels  bis  zum  Knie  hin  ausstrahlender 

"^erz.      Kommen    hierzu    die   allgemeinen  Bruchsymptome,    so    kann    damit 

nach  Ausschluss    sonstiger  Veränderungen  —  die  Diagnose    gesichert   sein. 

^'^i^stens  stimmte    dies  in    den  zwei  Fällen,    die    ich    anatomisch   zu  unter- 

^uen  Gelegenheit   hatte,    und    in    denen    die  Diagnose    (von  Methner  sen.^ 

^eslau)  wesentlich    mit    auf  Grund    des  Rombcrg'schen    Symptomes    gestellt 

^uen  war.     Im  ersten  Falle  war  nicht  operirt  worden,  im  zweiten  unternahm 

^thner  die  Operation;    der  Tod  erfolgte    in  beiden  Fällen  durch  Peritonitis 

^Jge  von  Gangrän  des  im  Bruchsacke  liegenden  Darmstückes. 

Ursachen  der  Hernia  obturatoria.     Wir    sehen    hier  von  den  direkten  Ver- 

^ssungen  ab  und    betonen   nur   die   entfernteren    anatomischen    und  physio- 

tischen  Momente.    Dahin  gehören  wiederholte  Schwangerschaften,  Erschlaffung 

j^     ^^ckenmuskulatur  —  die  meisten  Herniac   obturatoriae    wurden    bei  alten 

auen  beobachtet;    auch    die    beiden  von  mir  erwähnten  betrafen    solche  — , 

le  Beckenöffnung  des  Canalis  obturatorius,  Schwund  oder  übermässige  Ent- 

^   ^lung    des  Corpus    adiposum    obturatorium.     Das    Schwangerschaftsmoment 

Chi      "^^, -"^^^nner,  C,    Herniologische  Beobachtun<>'eii.     In:    „IVdtrii^^'e  zur  klinischen 

^^^gie",  herausgeg.  von  P.  BruiiS.    Bd.  IV.    1889. 
2eit     ^^  ^^i'g'lGiehe  über  diese:  Alberti,  Bruchschnitt  einer  Hernia  pectinca.    Deutsche 

®^hr.  für  Chirurgie.    Bd.  40.    1895.    S.  426, 
Qj   ,    ^^  Auerbach,  S.,   Beitrag   zur  Lehre  von  der  Hernia  obturatoria.    Münchener 
^-  Wochenschr.  1890. 


188  Hernia  obturatoria:  Hüllen,  Operation.    Regio  perinealis. 

sowie  die  Thatsaclie,  class  das  Foramen  obturatuni  und  der  Canalis  obturatorius 
weiter  sind,  erklären  die  g:rösserc  Häufigkeit  der  Ilcrnia  obturatoria  beim  Weibe. 

Bniclihüllen.  Ausser  dem  Bruebsacke  hat  die  Hernie  eine  Fascia 
subperitonaealis  mJ)  in  Gestalt  eines  oft  sehr  starken  (in  einem  der  von 
mir  untersucbten  Fälle)  Fctt~Bindci!:cwebes;  hierzu  trägt  der  obturatorische 
Fettkörper  bei.     Die  Beekenfascic  ist  sel])stvcrständlieh  nicht  betheiligt. 

Operatlons-Aiiatoniie.  Der  von  aussen  zur  Hernie  vordringende  Operateur  hat 
den  Schnitt  so  zu  führen,  dass  die  lateral  gelegenen  Vasa  femoralia  und 
ausserdem,  beim  Manne,  der  Ductus  deferens  vermieden  werden.  Man  wähle 
also  einen  Längsschnitt,  der  in  der  Leistenbeuge  beginnt  und  längs  des  medi- 
alen Pectineusrandes,  medianwärts  von  der  Eimnündungsstelle  der  Vena 
saphena  magna,  verläuft.  Man  hat  dann  nteist  noch  den  Musculus  pecti- 
neus  dicht  an  seinem  oberen  Ansätze  (jucr  zu  durchschneiden,  eventuell  auch 
noeh  (Variante  HI)  den  Musculus  obturator  externus.  Wegen  der  Abweichungen 
in  der  Lage  der  Oefässe  und  Nerven  lege  man  sich  das  0|)erationsfeld  völlig 
frei.     Als  Operationslage    ist    die  Trcndelenburg'sche  zu  wählen,  s.  P^ig.  54. 

In  einem  Falle  (Werner^)  ist  es  gelungen  durch  einen  bei  der  Exploratio 
per  Vaginam  ausgeübten  Zug  die  Hernie  zu  reponiren. 

IV.   Dammgegend  (Regio  perinealis)  (3). 

Allgemeines. 

Die  Dammgegend,  Regio  perinealis,  bildet  den  Boden  des  Beckens, 
und  entspricht  somit  dem  Beckenausgange;  in  ihr  finden  sich  die  äusseren 
Oeffnungen  der  Eingeweiderohre,  welche  dem  Becken  angehören.  Indem  beim 
Manne,  dessen  Dammgegend  wir  zunächst  abhandeln,  die  Harnröhre,  gleich 
nach  ihrem  Durchtritte  durch  den  Beckenboden,  von  dem  der  Regio  pudendalis 
angehörigen  Bcgattungsglicde,  dem  Penis,  aufgenommen  wird,  entzieht  sie  sich 
alsbald  wieder  der  Dammgegend.  Beim  Weibe  durchsetzt  auch  die  Geschlechts- 
öffnung die  Regio  perinealis,  während  sie  beim  Manne  in  die  Harnröhre  mündet. 

Der  hier  hervorgehobene  Unterschied  bezieht  sicli  mir  auf  die  topographischen 
Verluiltiiisse.  Dn  die  Harnröhre  des  Mannes,  distal  von  der  Mündung  der  Ductus 
ejaculatorii,  dem  Sinus  urogenitalis,  d.  h.  dem  Vestibulum  vaginae  des  Weibes  mor- 
phologisch entspricht,  so  bleiben  sich  im  übrigen  die  Dinge  gleich.  Vgl.  die  später 
folgende  entwicklungsgeschichtliche  Uebersicht. 

Die  genannten  Oeffnungen  sind  in  einen  Muskel-  und  Band-Rahmen  ein- 
gelassen, von  welchem  sie  fest  umfasst  werden.  Unmittelbar  auf  diesem  Rahmen 
ruhen  die  Beckeneingeweide. 

Umgrenzuiij^.    Eintlieiliing.    Aeusseres  Bild. 

Die  Dammgegend  (s.  Figg.  8  und  4)  erstreckt  sich  vom  unteren  Rande 
der  Schamfuge  bis  zur  Steissbeinspitze;  die  zeitlichen  Grenzen  bilden  vorn  die 
Rann  inferiores  ossis  pubis  und  ossis  ischii  bis  zu  den  Tubera  ischiadica*,  yon 

1)  Fascia  peritonaei  autt. 

2)  Werner,  Württemberg'sches  Correspondenzblatt  1862. 


Regio  perinealis:  Eintheilung,  äusseres  Bild.  189 

^^  ab  hinten    die   medialen  Ränder   beider   Ligamenta  saerotuberosa.     Sonach 
hat  die  ganze  Gegend  eine  Rautenforni. 

Ein  wenig  vor  der  Linea  interischiadica  liegt  die  hintere  Grenze  des 
**päter  zu  besprechenden  Trigonum  urogenitale;  diese  Grenze  läuft  der 
^^J^ea  interischiadica  parallel  und  entspricht  Ilcnle's^)  „transversalem 
^  ^  p  t  u  m  der  P  e  r  i  n  e  a  1  m  u  s  k  e  1  n" .  Sie  geht  beim  Manne  dicht  hinter 
^^m  Bulbus  urethrae  vorbei;  beim  Weibe  dicht  hinter  der  Schanispalte.  Sie 
'^hcilt  die  Regio  perinealis  in  ein  vorderes  und  hinteres  Dreieck;  das  vordere 
^^nl  als  Regio  u  r  o  g  e  n  i  t  a  1  i  s,  das  hintere  als  R  c  g  i  o  a  n  a  1  i  s  bezeichnet, 
^^h  nenne  diese  Linie^  welclie  von  der  Linea  interischiadica  wohl  unterschieden 
Verden  muss:  Linea  septi  per  in  ei. 

Behn  aufrechten  Stehen  schliessen  die  Oberschenkel  fast  die  ganze  Gegend 
^^^7  ebenso  beim  Liegen  mit  gestreckten  Beinen.  Werden  letztere  im  Liegen 
S^lioben,  dann  wird  die  Regio  perinealis  frei. 

Von    der    D  a  m  m  g  e  g  c  n  d    (R  e  g  i  o  p  e  r  i  n  e  a  1  i  s)    nmss   der    D  a  m  ni 
^^  ^i'ineuni)  geschieden  werden.     Unter    der    letzteren  Bezeichnung  versteht 
'^^an  den  zwischen  Afteröffnung  und  hinterer  Grenze  der  äusseren  Geschlechts- 
teile befindlichen,    seitlich  von  beiden  Oberschenkeln,   genauer,   den  vorderen 
■"^atesfortsätzen  (n  in  Figg.  10  und  11)  eingeschlossenen  Bezirk. 

Der  D  a  m  m  des  M  a  n  n  e  s  erstreckt  sich  vom  vorderen  Rande  der  Af ter- 
unung  bis  zur  hinteren  Grenze  der  Scrotalanheftung;  er  ist  schmaler,  aber 
^^^ger  als  der  des  Weibes;  seine  Maasse  sind  genauer  nur  nach  der  Längeu- 
^^sdehnung  anzugeben,  und  betragen  beim  Manne  etwa  2,5 — 3  cm.  Seine  Breite 
gewinnt  der  Damm  erst  bei  gespreizten  Beinen,  indem  er  sich  erst  in  dieser 
^situr  gewissermaassen  entfaltet;  vorn,  unmittelbar  an  den  Geschlechtstheilen, 
^st  er  am  breitesten;  er  verschmälert  sich  gegen  den  After  hin;  seitlich  be- 
&**enzen  ihn  die  beiden  Glutaeoperinealfurchen.  Bei  geschlossenen  Beinen 
^J'scheint  der  Damm  als  eine  schmale  vertiefte  Stelle  zwischen  den  beiden  eben 
genannten  Natesfortsätzen,  kaum  breiter  als  die  mehr  oder  weniger  deutlich 
^^twickelte  Raphe  per  ine  i.  Alles  dieses  erhellt  aus  den  beiden  Figuren 
^^  nnd  11;  s.  auch  S.  10. 

Die  Handbücher   der   beschreibenden    und    topographischen  Anatomie   äussern 

»ich   verschieden   über    den    Begriff*   ,,Damm".      Ich   folge   Luschka   (Anatomie  des 

eckens,  S.  42/43),    wenn  er  den  Ausdruck  „Perineum"  (Damm)    für    die  Brücke  zwi- 

^hen   After    und    Geschlechtsöffnunff,    das    „Interf or amineum"    R.    de   Graaf's 

luunt,    g^ehe    aber    nicht    mit   ihm,    wenn  er  einen  „Damm*'  nur  dem  weibh'chen  Ge- 

.. /^*^^hte  zuerkennen  will.    Der  Bezirk  des  männlichen  Beckenbodens  zwischen  After- 

uung'  und  hinterer  Hodensackgrenze  ist,    wie  klar  aus  der  Entwicklungsgeschichte 

^^llt,    dem  weiblichen  Damme  homolog,    denn    unmittelbar   vor   der  Anheftung  des 

^^otum  bricht  ja  der  Theil  der  männlichen  Harnröhre,    welcher  dem  Sinus  urogeni- 

aiis  des  Weibes,    d.  h.  dem  Vestibulum  vaginae,    entspricht,    durch  den  Beckenboden 

^J^durch;  er  ist  nur  mehr  nach  vorn  gerückt,  als  beim  Weibe;  dadurch  entsteht  aller- 

jj,.  1)  He  nie,  J.,  Handbuch  der  systematischen  Anatomie  des  Menschen.  Bd.  H. 
*|*^geweidelehre.  2te  Aufl.  S.  513.  (Ks  ist  dort  als  Druckfehler  „System"  statt  „Septum" 
stehen  g«^blieben.) 


190  Regio  perinealis:  Aeussere  Untersuchung,  Präparation. 

dings  eine  Differenz  zwischen  dem  männlichen  und  weiblichen  Damme,  welche  jedoch 
nicht  dazu  berechtigt,  den  Damm  für  den  Mann  fallen  zu  lassen. 

Andere,  ich  nenne  nur  G.  Dane  er  Tliane  und  Godlee  (Quain's  anatoiny» 
10  edit.  „Superficial  and  surgical  anatomy",  London,  18%,  p.  ()2),  bezeichnen  mi** 
„Perineum"  den  gesamten  dem  Beckenausgange  entsprechenden  Becken boden;  dies 
nenne  ich  mit  den  BNA.  die  „Regio  perinealis".  Am  besten  hat  Gegenbaur 
(Lehrbuch  der  Anatomie  des  Menschen.  ()te  Aufl..,  1896,  S.  182  und  194)  die  Sache 
auseinandergesetzt. 

Die  Eintlicilung  in  eine  Regio  urogenitalis  und  a n a  1  i s  ist  eine 
durch  die  anatomischen  Verhältnisse  oline  weiteres  sich  ergebende  und  natür- 
liche; deutlich  sind  beide  durch  die  Linea  septi  perinei  beim  Manne  geschieden, 
und  sind  hier  fast  von  gleiclier  Gestalt  und  Grösse;  beim  Weibe  erstreckt  sich 
die  Kegio  pudendalis  mitten  in  die  Regio  urogenitalis  hinein  bis 
zur  Linea  septi  perinei  hin. 

Die  Stelle,  welche  der  Mitte  der  Linea  septi  perinei  entspricht,  ist  zu- 
gleich der  Mittelpunkt  der  Regio  perinealis;  es  empfiehlt  sich,  sie  besonders 
zu  benennen  und  wähle  ich  dafür  im  Anschlüsse  an  die  Engländer  die  Bezeich- 
nung „Centrum  perineale^  (Central  point  of  the  perineum).  —  Siehe 
weiter  unten. 

Die  Linea  interischiadica  trifft  etwa  die  Mitte  des  Anus,  siehe 
Fig.  3.  In  Fig.  4  ist  der  Anus  etwas  zu  weit  nach  hinten  gezeichnet. 
Das  Centrum  perineale  liegt  2,5  cm  vor  der  Mitte  des  Anus. 

Beim  Manne  setzt  sich  die  Raphe  perinei,  s.  Fig.  11,  auf  das  Scrotum 
und  von  da  auf  den  Penis  fort :  Raphe  scroti,  Raphe  penis.  Sie  er- 
klärt sich  aus  der  Vereinigung  der  ursprünglich  bilateral  symmetrischen  An- 
lagen aller  in  der  Mitte  des  Körpers  befindlichen,  später  scheinbar  unpaaren 
Organe.     Vgl.  die  entwicklungsgeschichtliche  Uebersicht. 

Bezüglich  des  äusseren  Bildes  s.  S.  10. 

Aeussere  Untersnchung,    Präparatiou. 

Wir  schicken  die  Besprechung  der  „Präparation"  diesmal  der  „Schichten- 
folge" vorauf,  weil  dieselbe  gleich  für  die  gesamte  Regio  perinealis  angegeben 
werden  kann,  während  für  alles  Weitere  die  Regiones  urogenitalis  und  anahs 
getrennt  behandelt  werden  müssen.  Auch  sollen  die  Bemerkungen  über  die 
Untersuchung  der  äusseren  Genitalien,  der  Scheide,  des  Rectum,  der  Harnblase 
und  der  Harnröhre  von  aussen  her  hier  gleißli  angefügt  werden. 

Die  Leiche  liegt  auf  dem  Rücken  mit  erhöhtem  Becken;  bei  Männerleichen 
werden  Scrotum  und  Penis  nach  vorn  geschoben.  Die  Oberschenkel  werden  gesprei^»' 
und  gegen  den  Bauch  gebeugt;  in  dieser  Lage  werden  die  Beine  mit  gebeugten 
Knieen  befestigt.  Die  Lage  der  Theile  und  insbesondere  auch  die  Lage  des  Beckens 
innerhalb  der  Weichtheile  ist  dann  aus  den  Figuren  10,  11  und  54  ersichtlich. 

Nach  Säuberung  der  Theile  und  Entfernung  der  Haare  wird  das  Rectum  S^' 
reinigt  und  mit  Watte  oder  Werg  ausgestopft;  ebenso  bei  Weiberleichen  die  Scheide- 
Es  empfiehlt  sich,  bei  gefüllter  Harnblase  dieselbe  mittelst  des  Katheters  zu  entleeren, 
bei  Weibern  auch  ein  Speculum  in  die  Scheide  einzuführen,  um  die  Portio  vaginalis 
zu  besichtigen;  überhaupt  werden  erst  alle  äusserlich  sieht-  und  fühlbaren  Theile 
untersucht  und  bestimmt.    So  versäume  man  nicht  beim  Manne  nach  Entleerung  des 


Regio  perinealis:  Präparation.  191 

^^ctum   mittelst    des    eingeführten  Fingers  die  Prostata    und    die  Samenblasen  abzu- 
ästen, was  unschwer  gelingt,  desgleichen  die  vordere  Kreuzbeinfläche  und  das  Steiss- 
^6in,  welches  auf  seine  Beweglichkeit  geprüft  wird.     Beim  Weibe   touchire  man  vom 
Rectum   und    von    der  Scheide  aus    und    bringe    von    den  Bauchdecken  her    mit    der 
*^nderen  Hand  (bimanuelle  Untersuchung)  die  Beckenorgane,  insbesondere  die  Gebär- 
mutter, dem  in  die  Scheide  oder  in  das  Rectum    eingeführten  Finger   entgegen.     Die 
läse  kann  man  wiederholt    füllen    und  entleeren,    um  ihren  Stand  bei  verschiedener 
üllung.  festzustellen  und  sich  im  Katheterisiren  zu  üben.     Auch  empfiehlt  es  sich,  die 
^iche  in  der  Knieeilenbogenlage  zu  untersuchen;  die  beweglichen  Eingeweide  sinken 
^nn  stark  nach  vorn  und  der  Beckenraum  wird  frei.     In  dieser  Stellung   sieht   man 
^1  Eröffnung  des  Afters  durch  zwei  oben  und  unten  eingesetzte  stumpfe  Haken  sehr 
^^t  die  verschiedenen  Falten  des  Rectum;    es   gelingt   dies  auch  bei  der  Rückenlage 
^^^  erhöhtem  Becken  i). 

Beim  Manne  taste  man  durch  die  unverletzte  Haut  den  Bulbus  urethrae  und 

^e  Corpora  cavernosa  penis  ab,  ferner  die  Hoden,  Nebenhoden,  den  Samen- 

*J^ang,    und   lerne  in  letzterem  den  knorpelhart  sich  anfühlenden  mehr  nach  hinten 

Gelegenen  Ductus  deferens   von   dem  Gefässbündel  trennen.    Beim  Weibe  ver- 

*Ume  man  nicht  schon  bei  dieser  Präparation  auch  die  äusseren  Geschlechtstheile  zu 

^tersuchen,   und  sehe  insbesondere  auch  nach  den  Bartholin 'sehen  Drüsen  und 

eren  Mündungen  sowie  nach  den  Ductus  paraurethrales;  in  beide  versuche  man 

^^e  Sonden  einzuführen,  um  die  Richtung  der  Kanäle  festzustellen. 

Die  Hautschnitte  werden  jederseits  von  der  Steissbeinspitze  zum  Tuber 
chiadicum,  und  von  da  beim  Manne  bis  zur  Basis  des  Scrotum,  beim  Weibe  in  der 
enitofemoralfurche  bis  zum  Mons  pubis  geführt. 

Bei  der  Abpräparirung  der  Haut    achte   man    auf  die  Hautmuskulatur:   Haut- 

ern  des  Sphincter  ani  externus,  des  Levator  ani  und  des  nicht  selten  vorkommen- 

.    ^  ^'i*ansversus  perinei  superficialis;  vorn  gegen  das  Scrotum,  bezw.  die  Labia  ma- 

^^  hin  die  Tunica  dartos  perinealis. 

P        In  der  Regio  urogenitalis  folgt  dann  die  Fascia  perinei,  welche  von  den  zur 

Ut  durchtretenden   feinen  Nerven  und  Gefässreiserchen    durchbohrt  wird.     Man  er- 

te  diese  Fascie    sorgfältig   und    stelle    ihren  Uebergang   in    die  Fascia  penis   beim 

nne  und  in   die   oberflächliche  Fascie  des  Mons  pubis  beim  Weibe  fest,    constatire 

Her  ihre  Befestigung   am    hinteren  Rande  des  Trigonum  urogenitale   in  der  Linea 

Pti  perinei  und  an  beiden  unteren  Schambeinästen,  und  die  Existenz  eines  von  ihr 

geschlossenen  mit  lockerem  Fettbindegewebe,    welches    sich    zum  Bauche   hin   fort- 

^h  gefüllten  Raumes,   in  welchem  u.  a.  die  Nervi  et  Vasa  scrotalia  (labialia)  poste- 

^  nach  vorn  verlaufen.    S.  Fig.  56  das  blau  gezeichnete. 

fe  oberflächliche  Fascie    wird    nun  im  Gebiete  des  Trigonum  urogenitale  ent- 

,       t,  Und  die  Muskeln,  Nerven  und  Gefasse  desselben  präparirt,  desgleichen  die  Vor- 

Unt    ^^^^*     ^^'  ^^^^^^  ^^^  Figuren  56,  57  u.  77.)      In    derselben  Weise    präparire    man, 

j.     ^^  Erhaltung  der  Gefasse  und  Nerven,  die  Regio  analis  mit  der  Fossa  ischio- 

^''^is,  bei  vorsichtiger  Ausräumung  des  Fettkörpers  der  letzteren. 
*>        I^s  empfiehlt  sich,    nachdem    an    beiden  Seiten   die  oberflächlichen  Gefasse  und 
hV  h^^  Pi*äparirt  sind,   letztere  an  einer  Seite  zu  entfernen,   um   einen  klaren  Ueber- 
^  über  die  Muskeln  und  Fascien  an  dieser  Seite  gewinnen  zu  können. 

An  der  Seite,    wo  die  Nerven   und  Gefasse    entfernt    sind,    durchschneide    man 

nmehr    das    Corpus    cavernosum    penis    bezw.    clitoridis,    und  löse  das  Grus 

and^^  ^*^^^toridis)  von  seinen  Befestigungen  am  Os  pubis  soweit  ab,    dass  es  nach  der 

^^en  Seite  bequem  hinübergelegt  werden  kann.    Dann  ist  das  Trigonum  urogeni- 

«In      ^^  ^tis,  Walther  J.,  Anatomische  Untersuchungen  am  menschlichen  Rectum  und 
neue  Methode  der  Mastdarminspektion.    Leipzig,  1887. 


192  Reg-io  perinealis:  Topographische  ITebersicht. 

tale  dieser  Seite  völlig*  auszupräpariren,  ferner  vorn,  unter  dem  Schambogen,  das 
Ligamentum  praeurethrale  m.  (Ligamentum  transversum  pelvis  Henle) 
und  die  Durchtritte  des  Nervus  und  der  Vasa  dorsalia  penis  (clitoridis).    S.  Fig.  57  a* 

Nach  Einführung  eines  Katheters  wird  dann  die  Durchtrittsstelle  der  Harnröhre 
durch  das  Trigonum  urogenitale  präparirt,  ferner,  unter  Einschneiden  der  Damm- 
schicht  des  Trigonum,  der  Nervus  und  die  Vasa  pudenda  interna  (s.  die  angezogenen 
Figuren,  sowie  die  später  folgende  Beschreibung).  Man  gehe  diesem  Gefäss-  und 
Nervenbündel  .  nach  in  seinem  Laufe  durch  die  Fossa  ischiorectalis  bis  zu  seinem 
Durchtritte  durch  das  Foramen  infrapiriforme,  wobei  der  fasciale  Gefässkanal  (Alcock- 
sche  Kanal)  aufzuschneiden  und  der  Glutaeus  maximus  und  das  Ligamentum  sacro- 
tuberosum  einzuschneiden  sind. 

Schliesslich  schneide  man  im  Centralpunkte  des  Dammes,  dem  Laufe  der  Line» 
septi  perinei  nach,  quer  ein,  trenne  stumpf  Rectum  und  Urogenitalorgane  voneinander, 
und  gehe  nach  oben  vor  bis  zum  Fundus  der  Excavatio  rectovesicalis  (Mann), 
rectouterina  (Weib).  Beim  Manne  (s.  Fig.  58)  sieht  man  dann  von  hinten  her 
die  Prostata  mit  dem  Ductus  deferens  und  den  Samenblasen  durch  ihre 
Kapsel  durchschimmern;  beim  Weibe  die  hin  tere  Scheiden  wand.  Ist  die  Bauch- 
höhle von  vorn  her  geöffnet,  so  kann  man  das  die  genannten  Excavationen  aus- 
kleidende Bauchfell  sich  entgegendrängen  und  vom  Damme  her  präpariren.  Beim 
Manne  wolle  man  den  Katheter  in  die  Harnröhre  einführen,  mit  demselben  die  Prostata 
sich  so  entgegendrängen,  wie  das  beim  Damm-Steinschnitte  geschieht  und  dann  regel* 
recht  die  Partes  membranacea  und  prostatica  urethrae  mit  dem  Skalpell  eröffnen;  vor- 
her ist  noch  die  Pars  membranacea  vollständig  freizulegen.  Beim  Weibe  sind  die 
Bulbi  vestibuli  zu  präpariren.  —  Es  gilt  natürlich,  für  die  Zwecke  der  topographi- 
schen Präparation,  bei  weiterem  Vorschreiten  stets  die  gegenseitige  Lage  der  Theile 
im  Auge  zu  behalten^). 

Topographische  Uebersicht  der  Begio  perinealis  2). 

Die  S  c  h  1  e  i  m  h  a  u  t  r  0  h  r  e,  welche  die  Regio  perinealis  durcbset/eo? 
treten  in  der  Medianebene,  vom  Hehambogen  bis  zur  Steissbeinspitze,  hindurch! 
seitlich  senkt  sich  das  Cavum  peritonaeale  nicht  bis  zu  dem  muskulösen  Beckeu- 
boden  hinab,  indem  sich  reichlich  P'ett  zwischenlagert;  etwas  tiefer  reicht  eS 
in  dem  medianen  Bezirke  zwischen  den  Scbleinihautrohren  hinunter. 

Der  fascial-muskulöse  Boden  ist  in  den  knöchern-ligamentösen  Rahmeo 
des  Beckenausganges  (s.  die  Figg.  29,  30,  56,  57,  57  a  und  65)  einge- 
spannt, und  zwar  in  zwei  verschiedenen  Abschnitten:  dem  Diaphragn^^ 
pelvis  und  dem  Trigonum  urogenitale.  Das  Diaphragma  pelvis 
nimmt  den  ganzen  Beckenboden  ein,    indem    es   einen  Trichter   bildet,    desseii 

1)  Jüngst  hat  Nussbaum  (für  den  männlichen  Damm)  ein  Verfahren  ang^' 
geben,  welches  gewisse  Vortheile  hat.  Sind  hinreichend  Leichen  zur  Verfügung,  ^^ 
empfiehlt  es  sich,  nach  der  Präparation  in  der  hier  vorgeschriebenen  Weise,  an  eine 
zweiten  Leiche  noch  nach  Nussbaum 's  Vorschrift  die  Dammregion  und  die  inneren 
männlichen  Harn-  und  Geschlechtsorgane  zu  behandeln.  S.  Anatomischer  Anzeige^ 
18%.  Bd.  XL  Nr.  2L  , 

2)  Der  Einfachheit  wegen  gebrauche  ich  im  Folgenden  die  Worte  „oberflächlich 
und  „tief"    gleichbedeutend  mit   „hautwärts"  und  „beckenwärts".    Da  bei  den  Unter- 
suchungen und  Operationen  der  Körper    in    einer  Lage    sich  befindet,    in  welcher  e 
seine  Dammgegend  dem  Untersuchenden  zuwendet,    so    ist   es   zweckmässig,    bei  de 
Beschreibung  auch  vom  Damme  aus  gegen  das  Becken  vorzudringen  und  „oberfläcV 
lieh"  und  -tief"  in  diesem  Sinne  zu  verwenden. 


Regio  perinealis:  Topographische  Uebersieht.    Fossa  ischiorectalis.  193 

p^slass  der  Anus  darstellt  Die  Grundlage  dieses  Trichters  ist  der  Musculus 
^Vator  ani  samt  dem  Musculus  coccygeus,  deren  Fasern  hauptsächlich  vom 
^ööchernen  Beckenrahmen  entspringen  und  zum  Anus  hin  convergiren  (Fig.  65). 
So  weit  das  Ischiopubicum  den  Beckenausgang  begrenzt,  ist  diesem 
"^^skulösen  Diaphragma  ein  starkes  ligamentös-muskulöses  Blatt  oberflächlich 
^''gelagert;  welches  in  Gestalt  eines  Dreieckes  den  Raum  zwischen  der  Sym- 
physis ossium  pubis  und  den  beiderseitigen  Schamsitzbeinästen  ebenso  ausfüllt, 
^1^  der  Musculus  mylohyoideus  den  Knochenrahmen  des  Unterkiefers, 
^^eses  Blatt  ist  das  Trigonum  urogenitale. 

So  weit  das  Trigonum  urogenitale  nach  hinten  reicht,  haben  wir,  wie  gesagt, 
^^^  Regio  urogenitalis;  von  der  hinteren  Grenze,  der  Linea septi  perinei 
^%  wird  das  Diaphragma  pelvis,  welches  vorn  durch  das  vorgelagerte  Trigonum 
urogenitale  verdeckt  war,  frei,  und  es  beginnt  dort  die  Regio  analis. 

Vorn,    so  weit   das  Diaphragma  pelvis   durch   das   Trigonum  urogenitale 

^^rdeckt  ist,   hat  das  Diaphragma  einen  medianen  Längsschlitz;    durch  diesen 

*6ten  die  urogenitalen  Schleimhautrohre  mit  einem  Theile  ihrer  Adnexa 

^Murch,  um  zum  Trigonum  zu  gelangen.     Mit  dem  Diaphragmaschlitze 

Sehen   diese   Rohre   keinerlei    Verbindung   ein;    für   sie    tritt   die 

^uskelverbindung   mit   dem  Beckenboden  erst    auf,    während    sie 

^s  Trigonum  urogenitale  durchsetzen. 

Das  Diaphragma  pelvis  geht  Verbindungen  nur  mit  dem  End- 
'^iicke  des  Rectum  ein;  sonach  hat  jedes  der  durchtretenden  Schleimhaut- 
^hre  nur  Verbindungen  mit  je  einem  Muskelstratum  des  Beckenbodens. 

Indem,  wie  vorhin  bemerkt  wurde,  das  Diaphragma  pelvis  eine  Trichter- 

^^^^  hat,  vom  knöchernen  Beckenrahmen  ziemlich  hoch  kranialwärts  entspringt 

J^^d  zur  Mittellinie  nach  dem  After  hin  convergirt,  muss  zwischen  der  knöchernen 

v^edialen)  Beckenwand  und  der  Aussenfläche  (lateralen  Fläche)  des  Diaphragma 

Pulvis  jederseits  ein  dreiseitig  prismatischer  Raum  übrigbleiben,  der  seine  Basis 

'^^  Haut  des  Dammes   kehrt,    seine  Kante  zum  Beckenraume ;  die  Kante  liegt 

^  Ursprünge  des  Diaphragma  vom  Knochen.    Dieser  Raum  ist  der  Hauptsache 

ach  mit  Fett  ausgefüllt,  ausserdem  durchsetzen  ihn  noch  Gefässe  und  Nerven. 

a  er  sich  zwischen  Rectum  und  Tuber  ischiadicum   einschiebt,   wird  er  die 

«^^ossa  ischiorectalis"  genannt.  —  Das  ihn  ausfüllende  Fett  hängt  mit  dem 

"^^örhautfett  der  Gesässgegend  zusammen.    (Figg.  111,  112.) 

,         Die  Fossa  ischiorectalis  ist  wichtig  für  die  Defäkation,    für  den  Durchtritt 

^indeskörpers   bei    der    Geburt,    so  wie    für    alle    Operationen,    welche   von    der 

^ren  Beckenapertur  ausgehen.    Der  ihn  ausfüllende  mobile  Fettkörper  weicht  beim 

drängen  der  durchpassirenden  Massen  seitlich  und  nach  unten  aus,   so  dass  Raum 

gönnen   wird.    In  dieser  Beziehung   ist   auch    noch   auf  das  bewegliche  Steissbein 

auf   die   seitUche  Begrenzung    der   Regio  analis    durch  Bänder  aufmerksam   zu 

cnen.    Der  Geburtsweg   geht,    der  Hauptsache    nach,    durch    die  Regio    analis.  — 

^  deiche  Fettkörper  gewährt  aiisserdem   Schutz  gegen  den  Knochendruck. 

-         Da  vorn,    im    Bezirke   des   Ischiopubicum,    dem  Diaphragmatrichter   die 

.  ^*te    des    Trigonum    urogenitale   vorgelagert   ist,    so    wird   hier  ein    Cavum 

®^hiorectale  nicht  mehr  frei  vortreten  können,    sondern   es  wird  oberflächlich 

^aldeyer.  Das  Becken.  ^^ 


194  ftegio  perinealis:  Topographische  Üebersicht. 

(hautwärts)  vom  Trigonum  gedeckt  sein.  Die  Fossa  isehiorectalis  jeder  Seite 
hat  also  einen  hart  an  der  Symphyse  zugespitzt  endenden,  in  die  Regio  uro- 
genitalis  sich  hineinerstreekenden  Fortsatz,  welcher  medianwärts  vom  Diaphragma. 
(Levator  ani),  lateral  vom  Knochen,  und  hautwärts  vom  Trigonum  urogenitale 
begrenzt  ist.  Wir  nennen  ihn  die  Schambeinnisclie,  Recessus  pubicus, 
der  Fossa  isehiorectalis. 

In  grossen  Zügen  geschildert,  wird  vorn,  im  Gebiete  des  Trigonum 
urogenitale,  zwischen  seröser  Beckenhöhle  und  Haut  ein  dreitheiliger  Auf- 
bau des  Becken bodens  vorhanden  sein. 

Von  der  Haut  zum  Cavum  pelvis  vordringend,  treflfen  wir  nämlich: 

1)  ein  Spatium  subcutaneum, 

2)  ein  Spatium  musculo-aponeuroticum, 

3)  ein  Spatium  subserosum  (vergl.  Figg.   111,  112,  113). 

Das  Spatium  subcutaneum  wird  durch  die  Fascia  pcrinei  nochmals 
in  zwei  Abtheilungen  geschieden:  in  das  Spatium  pracfasciale  und  sub- 
fasciale.  Das  erstere  liegt  zwischen  Haut  und  Fascia  perinei;  es  enthält  das 
subcutane  Bindegewebe  und  die  in  diesem  verlaufenden  Hautgefässe  und  Nerven? 
das  zweite,  oder  der  Colles'sche  Raum^),  wie  man  ihn  nennen  könnte,  enthält, 
ausser  lockerem  Fettbindegewebe,  die  Nervi  und  Vasa  scrotalia  (labialis) 
posteriora,  und  die  Musculi  ischiocavernosi,  transversus  perinei  und 
bulbocavernosus,  samt  dem  Bulbus  urethrae. 

Das  Spatium  musculo-aponeuroticum  umfasst  das  Trigonum  uro 
genitale  samt  der  Pars  membranacea  (muscularis)  der  Harnröhre  und 
der  Glandula  bulbourethralis  (Cowperi)  beim  Manne,  Harnröhren- 
ende, Endstück  der  Scheide  und  Glandula  vestibularis  major  (Bar- 
tholini) beim  Weibe. 

Das  Spatium  subserosum  wird  wiederum  in  zwei  Theilc  geschieden, 
in  einen  lateralen  und  medialen;  die  Scheidung  geschieht  durcli  den  Mus- 
culus levator  ani,  also  durch  das  Diaphragma  urogenitale.  Der  laterale  Theü 
ist  identisch  mit  dem  vorhin  genannten  Recessus  pubicus  fossae  isehiorectalis, 
der  mediale  liegt  beim  Manne  zwischen  Levator  ani  (lateral)  und  Prostata 
(medial);  er  wird  im  wesentlichen  ausgefüllt  durch  den  venösen  Plexus  vesi- 
coprostaticus,  F'ettbindegewebe  und  die  Beckcnfascie.  Nur  dieses  Spatium 
liegt  streng  genommen  subserös,  das  laterale  ist  durch  den  Levator  ani  von 
der  Serosa  getrennt  (s.  Figg.  111,  112,  113).  Indem  es  sich  nach  hinten  in  dio 
Fossa  isehiorectalis  fortsetzt,  welche  ein  subcutaner  Raum  ist,  gehört  es, 
streng  genommen,  zum  subcutanen  Spatium. 

Hinten,  in  der  Regio  analis,  haben  wir  nur  einen  zwcitheiligeJ^ 
Aufbau.  Der  oberflächliche  Raum,  das  Spatium  subcutaneum,  umfasst  die 
Fossa  isehiorectalis,  so  weit  diese  unter  der  Haut  liegt,  d.  h.  also  bis  zur 
Linea  septi  perinei.      An    dieser  Linie    beginnt  der  zur  Regio  urogenitalis  gß' 

1)  Nach  Abraham  Colles,  welcher  zuerst  genau  die  Dannnfascie  und  de« 
unter  ihr  gelegenen  Kaum  beschrieb,  (s.  Treatise  on  surgical  anatorny.  3  edit. 
Dublin,  1814.) 


Regio  perinealis:  Schichtenfolge. 


1Ö5 


hö; 


^  '*'ge,  eben  besprochene  Recessus  pubieus  fossae  ischiorectalis.     Das  zweite 
^Patium,    das   Spatium  subserosum,    begreift   das   Diaphragma   pelvis   und 

^  subseröse  Bindegewebe  nebst  der  Beekenfascie  in  sich. 

Im  Spatium  subcutaneum  dieser  Gegend  liegt  lateralwärts  am  Musculus 
^^turator  internus  das  Bündel  des  Nervus  und  der  Vasa  pudenda  interna, 
^ßn  der  Fettkörper  der  Fossa  ischiorectalis  mit  den  ihn  quer  und  schräg 
^^rchsetzenden  Nervi  und  Vasa  haemorrhoidalia  inferiora  undperinei; 
^s  Spatium  subserosum  enthält,  ausser  den  eben  genannten  Theilen,  nichts 
^^sonderes. 

Dicht  unter  dem  Peritonaeum  liegt  fast  im  ganzen  Bereiche  des  Beckens 
^me  mehr  oder  minder  mächtige  Lage  blätterigen,  fetthaltigen  Bindegewebes, 

^^  Tela  subperitonaealis-,  sie  hat  hier  eine  ganz  besondere  Bedeutung  und 

'^i'd  mit  den  Fascien  in  einem  besonderen  Kapitel   besprochen  werden.     Vgl. 
^^^h:  Regio  pubica. 

Schichteiifolge. 

Nachdem  im  grossen  und  ganzen  der  topographische  Aufbau  der  Regio 
Perinealis  geschildert  wurde,  folgt  eine  tabellarische  Aufzählung  der  Schichten 
jeder  Untergegend,  wie  sie  von  der  Haut  zur  Beckenhöhle  hin  aufeinander  lagern. 

Regio  urogenitalis: 

1)  Haut  mit  Tunica  dartos.     |     spatium  prae- 

2)  Tela  subcutanea.  )         fasciale. 

3)  Fascia  perinei. 

4)  Subfasciales  Fettbindegewebe. 

5)  Subfasciale  Nerven  und  Gefässe: 

a)  Vasa   et   Nervi    scrotalia  (labialia) 
posteriora. 

b)  Vasa  et  Nervi  perinei. 

6)  Subfasciale  Muskeln: 

a)  Musculus  transversus  perinei. 

b)  Musculus  ischiocavernosus, 

c)  Musculus  bulbocavernosus. 

7)  Schwellkörper: 

a)  Corpus  cavernosum  penis  (clitoridis). 

b)  Bulbus   urethrae   und  Anfangstheil 
des  Corpus  spongiosum  urethrae. 

1)  Aponeurotisches  Blatt  des  Trigonum  uro- 
genitale. 

2)  Muskelschicht  des  Trigonum  urogenitale  = 
Musculus  trigoni  urogenitalis. 

In  derselben  Schicht  liegen : 

a)  Der  Nervus  pudendus  und  die  Vasa 
pudenda  interna. 

b)  Die  Pars  muscularis  urethrae. 

c)  Die  Glandula  bulbourethralis  (Cow- 
peri)  —  Vestibül aris  major  (Bartholini) 
—  beim  Weibe. 

d)  Vorn,  unter  dem  Schambogen,  der  Nervus 
und  die  Vasa  dorsalia  penis  (clitoridis). 

3)  Fascia  pelvis. 


A.   Oberflächliches 

La<»er: 
(Spatium  subcutaneum) 


ß-  Mittleres  Lager: 

^^patium  musculo-aponeu- 

roticum) 


196 


Regio  perinealis:  Schichtenfolge. 


C.  Tiefes  Lager: 
(Spatium  subserosum) 


1)  Tiefes  Fettlager  und  tiefe  Muskelschicht: 

a)  Das  Fettgewebe  des  Recessus  pubicus  fossae 
ischiorectalis. 

b)  Musculus  levator  ani. 

2)  Eingeweide: 

a)  Prostata. 

b)  Samenblasen. 

c)  Am p Ulla  ductus  deferentis. 

d)  Harnblase.     (Vagina    und    Harnblase   beini 
Weibe.) 

3)  Venenplexus: 

a)  Plexus  pudendalis. 

b)  Plexus    vosicoprostaticus    (vesieo vaginalis 
beim  Weibe). 

4)  Subfasciales  Fettbindegewebe. 

5)  Fascia    pelvis    parietalis    und    visceral!^ 
(Fascia  vesicae,  prostatae  etc.). 

G)  S  u  b  p  e  r  i  1 0  n  a  e  a  1  e  s  B  i  n  d  (?  g  e  w  e  b  e. 
7)  Bauchfell. 


A.  OberflächHches 

Lager: 
(Spatium  subcutaneum) 


B.  Tiefes  Lager: 
(Spatium  subserosum) 


Regio  analis: 

1)  Haut  und  Hautmuskcln.    Anus. 

2)  Fettgewebe  der  Fossa  ischiorectalis. 

3)  Musculus  sphincter  ani  externus. 

4)  Oberflächliche  Gefässe  und  Nerven. 

1)  Tiefe   Muskel  schiebt     (Musculus   coccygcus 
und  Musculus  levator  ani). 

2)  Eingeweide  (Rectum,  Pars  analis). 

3)  Subfasciales  Fettbindegewebe. 

5)  Subperitonaeales  Bindegewebe. 

6)  Bauchfell. 

4)  Fascia  pelvis  parietalis  und  visceralis^) 
(Fascia  recti). 

Vgl.  hierzu  die  Figuren  56,  57,  58  und  111,  112,  113,  114,  115. 

Wenn  in  vorstehender  Tabelle  die  Ausdrücke  „subcutan"  und  „subserös"  fü^* 
Bildungen  gebraucht  sind,  wie  Musculus  bulbocavernosus  und  Bulbus  urethrae  einer- 
seits und  Musculus  levator  ani  andrerseits,  so  soll  damit  nichts  anderes  gesagt  sei«» 
als  dass  die  erstgenannten  der  Haut,  der  letztgenannte  der  Serosa  naher  liegen. 

Es  kann  befremdlich  erscheinen,  dass  in  der  Tabelle  auch  eine  Anzahl  Eingß' 
weide  mit  aufgezählt  sind;    wollte   man   indessen  den  gesamten  Beekenboden  i^^ 


1)  Die  BNA  haben  statt  Fascia  pelvis  parietalis  einfach  Fascia  pelvis,  statt 
Fascia  pelvis  visceralis:  Fascia  endopelvina.  Ich  glaubte  zu  den  Hyrtl'schen  Namen 
zurückkehren  zu  sollen,  weil  sie  so  sehr  bezeichnend  und  anschaulich  sind,  und  weil 
die  BNA  die  Bezeichnung:  „Fascia  endothoracica"  haben  (endoabdominalis  ist  auch 
noch  vielfach  üblich).  Die  Fascia  pelvis  der  BNA  liegt  aber  genau  so  zur  Becken- 
wand, wie  die  Fascia  endothoracica  zur  Thoraxwand  und  die  Fascia  endoabdominali** 
zur  Bauchwand.  Da  kann  es  denn  zu  Verwechslungen  führen,  wenn  der  Name  „Fasci^i 
endopelvina"  für  das  die   Beckeneingeweide  deckende  Blatt  beibehalten  wird. 


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198  Regio  urogenitalis:  Hautschicht.    Fascia  perinei. 


Regio  urogenitalis. 

Wie  bei  den  vorhergehenden  Kapiteln,    fassen  wir,    zur  Gewinnung  einer 
tibersichtlichen  Beschreibung,    wo  es  angeht,   mehrere  in  der  „Schichtenfolge 
einzeln   aufgezählte  Theile  in  Gruppen   zusammen,    die,  wie  frtiher,    mit  den 
Buchstaben  A,  B  u.  s.  f.  bezeichnet  werden. 

A,   Haut.    Tnnloa  dartos.    Tela  snboiitanea. 

Wir  verweisen  für  diese  Schichten  auf  S.  134fr.  Die  Tunica  dartoS 
erstreckt  sich  vom  Sero  tum,  wo  sie  näher  besprochen  werden  wird,  bis  in  die 
Regio  urogenitalis.  Die  Tela  subcutanea  hängt  in  der  Raphe  perinei  fester 
mit  der  Haut  und  der  Fascia  perinei  zusammen;  in  der  Mitte  der  Dammregiofl 
ist  sie  fettlos,  bekommt  aber  allmählich  Fett  zu  den  Oberschenkeln,  bezw.  zu 
den  Nates  hin. 

B.  Fasoia  perinei. 

Die  Fascia  perinei*)  beginnt  hinten  am  hinteren  Rande  des  Musculus 
transversus  perinei,  um  den  sie  sich  herumbiegt,  um  mit  dem  hinteren  Rande 
des  Trigonum  urogenitale  (s.  Fig.  113)  zu  verwachsen.  Seitlich  erstreckt  sich 
die  Verwachsungslinie  bis  zu  den  beiden  Ossa  ischii.  Von  da  geht  die 
Fascia  perinei  nach  vorn  über  den  Penis  und  dessen  Muskeln  bis  zum  Scrotum 
hin,  und  weiterhin  in  die  Fascia  superficialis  des  Bauches  über.  Seitlich  ist 
sie  am  Aussenrande  der  Musculi  ischiocavernosi,  längs  der  Ansatzlinie  der 
Adductoren,  fester  mit  dem  Perioste  des  Ischiopubicum  verbunden.  Die  Be- 
trachtung von  Fig.  56  wird  das  leicht  verdeutlichen;  die  Fascie  ist  dort  mit 
blauer  Farbe  gezeichnet. 

Indem  die  Fascia  perinei  hinten  und  längs  beider  Seiten  fest  ver- 
wachsen ist,  vorn  aber  frei  in  die  Fascia  penis  und  die  Fascia  superficialis 
des  Bauches  übergeht,  erhalten  wir  ein  nach  vorn  offenes  Fascienfach, 
welches  den  Penis  mit  einer  Anzahl  Nerven  und  Gefässe  in  sich  aufnimmt, 
und  sich  am  Scrotum  und  an  der  Bauchhaut  ohne  Grenze  unter  der  Fascia 
superficialis  verliert. 

Pathologische  Processe,  wie  Ergüsse,  Eiterungen,  Harninfiltrationen  u.  »• 
haben  infolgedessen  die  Neigung  vom  Damme  aus  sich  nach  vorn  zur  Unter- 
bauchgegend und  zum  Penis  und  Scrotum  hin  auszubreiten,  während  sie  hinten, 
au  der  Verwachsungsstelle  ein  Hemmniss  finden. 

In  der  Mittellinie  haftet  die  Fascie  auch  fester  an  der  Raphe  des  Bulbo- 
cavernosus,  so  dass  das  Fach  noch  in  eine  rechte  und  linke,  meiner  Erfahrung 
nach  jedoch  nicht  scharf  geschiedene  Hälfte  zerlegt  wird.  Nach  den  Seite» 
hin  wird  die  Fascie  stärker,  als  sie  gegen  die  Mitte  des  Dammes  ist. 


1)  Struthers,  J.,  On  tlie  Fascia  ofScarpa.  .Monthly  Journal  of  medical  Science. 
Edinburgh,  1854. 


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'Ullr     !*,  n:  f!  r  ^,  I"  W  f  ^M".        fl,irM=,^     wir»!     ii;M-|;     if.  II    S;'i1r}|     filiil     |ia»'ll     iln*    iL'lllrh 


/,-,. 


C.    Siibfasciale  Meiwen  iiiicl  Gefässe. 


l   '    litT     \  r  r  \  II  -    ^.-  l'n  t  ;i  1  i  ,>     p  o,-:  1  1- 
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200  Regio  urogenitalis:  Subfasciale  Nerven  und  Gefässe. 

Die  beiden  ersteren  stammen  aus  dem  Nervus  pudendus  und  stellen 
die  oberflächlichen  Zweige  von  dessen  Ramus  perinei  dar.  Der  laterale 
Nerv  verlässt  als  erster  Zweig  den  Stamm,  und  verläuft  zum  Scrotum  mehr 
lateralwärts,  der  andere  tritt  weiter  vorn  vom  Stamme  ab  und  verläuft  mehr 
medianwärts. 

Der  Nervus  perineus  longus  kommt  vom  Nervus  cutaneus  femorifl 
posterior;  er  umkreist  das  Tuber  ischiadicum  an  dessen  unterer  Fläche 
sowie  den  unteren  Rand  des  Glutaeus  maximus,  während  die  vom  Nervus 
pudendus  kommenden  Perinealzweige  mit  ihrem  Stamme  stets  oberhalb  des 
Tuber  ischiadicum  zum  Damme  ziehen. 

Die  Muskeläste  dieser  Region  sind  zum  Theil  in  dem  subfascialen 
Fache  sichtbar;  sie  gehören  jedoch  der  tieferen  Abtheilung  des  Ramus 
perinei  nervi  pudendi  an,  und  gehen  zu  den  Musculi  ischiocavernosus, 
bulbocavernosus,  transversus  perinei  und  zum  Musculus  trigoni 
urogenitalis;  meist  entspringen  sie  schon  in  der  Regio  analis  aus  ihrem 
Stamme. 

In  Fig.  57  (rechte  Seite  des  gezeichneten  Körpers)  erkennt  man  an  der  lateralen 
Seite  der  Arteria  pudenda  interna  den  Nervus  perinei.  Zumeist  lateralwärts  geht 
von  ihm  ab  der  Muskelast  zum  Tschiocavernosus,  dann  zwei  Nervi  scrotales  posteriores 
laterales,  dann,  medianwärts  neben  der  Arterie  verlaufend,  der  Nervus  scrotalis 
posterior  medialis,  sowie  Muskeläste  zum  Bulbocavernosus.  An  der  anderen  Seite  der 
Zeichnung  ist  der  Nervus  perinei  abgeschnitten;  man  sieht  den  Muskelast  für  den 
Musculus  trigoni  urogenitalis  vom  Nervus  dorsalis  penis  sich  abzweigen. 

lieber  den  Rückenmarks-Ursprung  dieser  sämtlichen  Nerven  s.  das  Kapitel: 
„Nervus  pudendus".  Der  Nervus  cutaneus  femoris  posterior  entsteht  meist 
von  den  vorderen  Aesten  der  drei  oberen  Sacralnerven,  s.  Fig.  44. 

Die  subfascialen  Gefässe  verzweigen  sich  ähnlich  den  Nerven;  die 
Venen  zeigen  allerdings  einige  Besonderheiten.  Noch  im  Bereiche  der  Regio 
analis,  etwa  dem  Tuber  ischiadicum  entsprechend,  theilt  sich  die  Arteria 
pudenda  interna  in  die  oberflächlicher  gelegene  Arteria  perinei  imd  in 
die  tiefer  verlaufende  Arteria  penis  (clitoridis).  Der  Hauptzweig  der  Arteria 
perinei  verläuft  in  der  Rinne  zwischen  Musculus  ischiocavernosus  und  Mus- 
culus bulbocavernosus  zusammen  mit  dem  Nervus  scrotalis  posterior  medialis. 
Er  liefert  Zweige  zu  den  Muskeln  der  Regio  urogenitalis,  insbesondere "  aber  die 
Arteriae  scrotales  (labiales)  posteriores  zur  Haut  (s.  die  Tabelle  S.  138 
und  die  Figuren  57  und  58). 

Bezüglich  der  Venen  ist  zu  merken,  dass  sie  mehrfache  Abflüsse  zu 
den  tiefen  Dammvenen  und  zur  Vena  obturatoria  haben;  sie  sind  genau 
in  Fig.  77  (beim  Weibe)  nach  Präparaten  von  Dr.  Frohse  dargestellt; 
zwischen  Weib  und  Mann  bestehen  hier  keine  erheblichen  unterschiede;  des- 
halb konnte  hier  auf  diese  Figur  verwiesen  werden. 

Von  Lymphgef  ässen  der  Regio  urogenitalis  sind  nur  die  oberfläch- 
lichen genauer  bekannt;  sie  ergiessen  sich  in  die  Lymphoglandulae  in- 
guinales mediales  superiores  zusammen  mit  denen,  welche  vom  Scrotuna 
(Labia  majora  und  minora)  und  von  der  Regio  analis  herkommen.  Die  oberfläch- 
lichen analen  Lymphgefässe  liegen  lateralwärts  neben  denen  der  Urogenitalhaut. 


Regio  Tirogenitalis:  Subfasciale  Muskeln.  201 

Von  subfascialen  Lymphgefässen,  die  aus  den  Corpora  cavernosa, 
^^m  Bulbus  urethrae  und  den  Muskeln  der  örogenitalgegcnd  kommen,  werden 
^*^äinmchen,  welche  mit  den  Vasa  pudenda  interna  zu  den  Lynipboglandulae 
^ypogastrieae  verlaufen,  erwähnt  i).  Eine  genauere  Darstellung  derselben  ist 
^<>ch  ein  Bedürfniss. 

B.  Subfasolale  Muskeln. 
Musculus  transversus  perinei. 

Dieser  Muskel,  s.  Figg.  56,  57  und  77,  stellt  sich  bei  guter  Ausbil- 
^^^S  als  ein  gänsefederkiel  —  kleinfingerdicker  plattrundlichcr  Strang  dar, 
^^Jcher  am  hinteren  Rande  des  Trigonum  urogenitale  gelegen  ist.  Er  entsteht 
^"^r  dem  Ursprünge  des  Musculus  ischiocavernosus  und  läuft  von  beiden 
^^iten,  ein  wenig  schräg  nach  vorne  gewendet,  auf  das  Centrum  perineale  zu. 
^''t  steht  er  sowohl  mit  dem  Bulbocavcrnosus,  als  mit  dem  Sphinctcr  ani 
^^ternus  und  dem  Trigonum  urogenitale  in  Verbindung. 

Sein  Nerv  kommt  vom  Ramus  perinei  des  Nervus  pudendus;  seine 
'^tgefässe  von  den  Rami  perinei  der  Vasa  pudenda  interna. 

Der  Muskel  ist  sehr  veränderlich,  sowohl  seiner  Grösse,  als  scMiinn  Ursprünge 
^^^'  Zuweilen  kommt  hier  ein  jlchter  Hautmuskel  vor,  der  nicht  vom  Knochen, 
'^uern  von  der  Fascia  glutnea  und  von  der  Gesässhaut  entspringt,  und  am  Centrum 
i^meale  mit  dem  Muskel  der  anderen  Seite,  sowie  mit  den  übrigen  daselbst  zu- 
i^^menstossenden  Muskeln  sich  verbindet.  S.  Fig.  77,  rechte  Körperseite,  Musculus 
«^nsversus  perinei  (superficialis).  —  Lesshaft'-)  will  diesen  Muskel  als  Trnnsvcr- 
s  perinei  superficialis,  den  vorhin  beschriebenen  als  Trans  versus  perinei 
^dius  bezeichnet  wissen. 

Topographisch    hat    der   Muscul  us  trans  versus  per  i  nei    ein   gc- 

^sses  Interesse  insofern,  als  er  beim  Einschneiden  in  dieser  Grenzgegend,  zwi- 

^nen  Trigonum  urogenitale  und  Analbezirk,    zuerst  in  Sicht  kommt  und  somit 

^Hr  Orientirung  dient.  —  Die  untere  oder  Dammflächc  des  Muskels   wird   von 

^^  Fascia  perinei  bedeckt,  welche^    wie  bemerkt,    auch   seinen    hinteren,  frei 

^  Analregion  schauenden  Rand  umgreift;  seine  obere  oder  Beckenflächc  ruht 

der  Aponeurose  des  Trigonum  urogenitale,     unter  ihm,  an  seinem  lateralen 

n  k-^'  ^^^rfaufen,  ihn  kreuzend,  die  vorhin  beschriebenen  Vasa  et  Nervi  scrotalia 

^lalia)    posteriora,    tiber  ihm    (beckenwärts)    die  Arteria  penis  mit  der  Vena 

^  *^lunda  penis  und  dem  Nervus   dorsalis  penis,  sowie,  mehr  medianwärts,  die 

^^*^ria  bulbi  urethrae  (s.  Fig.  57). 

Muscnlos  bulbocavernosus. 

Dieser  Muskel  (Figg.  56,  57)  deckt  vom  Damme  her  den  Bulbus  urethrae 
^^einen   Theil   des   Corpus  cavernosum  urethrae.     Seine   Fasern   umfassen 

Y        1)  Siehe  W.Krause,  Handb.  d.  mensehl.  Anatomie  1.  c.  S.  719  und  Mascagni,  P., 
g    *^rum  lymphaticorum  corporis    humani   historia  et  ichnographia.   Senis,  1787.   Fol. 

*^ypographia  Pazzini  Carli  (S.  40). 
Ar  k   ^^  L^sshaft,  P.,   lieber  einige  die  Urethra  umgebende  Muskeln  und  Fascien. 
^      •  f-  Anat.,  Physiol.  und  wissensch.  Medicin.  herausg.  v.  Reichert  und  du  Bois- 
^ymond.  Jahrg.  1873.    S.  17. 


202      Ref^io  urogenitalis:  Musculus  bulbocavcruosus.    Musculus  ischiocavernosus. 

von  einer  medianen  Raphe  aus  in  sehr  charakteristiseher  Weise  die  genannten 
Theile;  die  oberflächlichen  weichen  vorn,  schon  im  Bereiche  der  Symphyse? 
in  zwei  schmale  platte  ^  bald  sehnig  werdende  Züge  auseinander,  welche 
schlingenförmig  auf  die  Rückenfläche  der  Corpora  cavernosa  penis  tibergehen, 
dort  zum  Theil  in  einander  umbiegen  (Houston'sche  Muskelschlinge,  Fig.  56, 
M.  bulbocavernosus  I),  zum  Theil  in  die  Fascia  penis  ausstrahlen.  Die  Schlinge 
legt  sich  über  die  Vasa  und  Nervi  dorsalia  penis. 

Die  tiefere  Hauptmasse  der  Muskelfasern  setzt  sich  theils  an  die  Albuginea 
des  Bulbus  urethrae  an,  theils  geht  sie  zwischen  dem  Corpus  cavernosum  urethrae 
und  den  Corpora  cavernosa  penis  von  der  einen  Seite  in  die  andere  mittelst 
kurzer  Sehnenfasern  über.  Hinten  bedecken  die  Muskelfasern  vollständig  die 
freie  Wölbung  des  Bulbus,  inseriren  hier  am  Centrum  perineale,  theils  in 
der  Raphe  ano-bulbosa,  theils  in  der  Aponeurosis  trigoni  urogenitalis, 
theils  gehen  sie  in  die  Faserung  des  Transversus  perinei  und  des  Sphincter 
ani  externus  über. 

Topographisch  ist  der  Musculus  bulbocavernosus  wichtig  als  Deckmuskel 
des  Bulbus  urethrae;  bei  Freilegen  der  Danimgcgend  wird  der  Muskel  und  mit 
ihm  der  Bulbus  leicht  als  solcher  an  seiner  charactcristischen  Form  erkannt. 
Hinten  und  zu  beiden  Seiten  des  Muskels  liegen  die  Glandulae  bulboure- 
thrales,  s.  w.  unten  und  Fig.  56.  Seine  Raphe  setzt  sich  in  das  Centruio 
perineale  und  in  die  Raphe  analis  fort  (Fig.  56).  Nach  vorn  schliesst  er  sich 
dicht  an  beide  Musculi  ischiocavernosi  an,  indem  er  den  Raum  zwischen 
ihnen  vollständig  ausfüllt.  Diese  Lageverhältnisse  sind  übrigens  durch  die 
Lage  der  drei  Schwellkörper  des  Penis  gegeben.  In  der  Rinne  zwischen 
Bulbocavernosus  und  Ischiocavernosus  verlaufen  die  medialen  Zweige  des  Nervus 
und  der  Vasa  scrotalia  posteriora  (Fig.  57).  Mit  dem  Bulbus  ruht  seine 
Fläche  auf  dem  Trigonum  urogenitale. 

Der  Nerv  des  Muskels  kommt  vom  Nervus  perinei  (Nervus  pudendus); 
er  tritt  von  der  Dammfläche  her  in  den  hinteren  Abschnitt  des  Muskels  ein. 
Gleichfalls  von  hinten  her,  jedoch  an  die  Beckenfläche  des  Muskels  und  des 
Bulbus,  tritt  die  Arteria  urethralis  und  die  Arteria  bulbi  urethrae 
heran  (Fig.  57). 

Musculus  ischiocayernosus. 

Wie  der  Bulbocavernosus  an  den  Bulbus  und  den  Anf angstheil  des  Cor* 
pus  cavernosum  urethrae,  so  schliesst  der  Musculus  ischiocavernosns 
an  den  Bulbus  und»das  Wurzelstückdes  Corpus  cavernosum  penis  an, 
welches  er  von  der  unteren  (Dammfläche)  und  medialen  Fläche  her  bedeckt.  Sein 
sehniger  Ursprung  liegt  unmittelbar  hinter-  und  medianwärts  vom  Bulbus  corporis 
cavernosi  penis  am  Perioste  des  Ramus  inferior  ossis  ichii  und  überragt  noch  ein 
wenig  nach  hinten  den  Transversus  perinei.  Dann  folgt  nach  vorn  ein  g^* 
muskulöser  Theil,  welcher  in  eine  dünne  Sehnenplatte  sich  fortsetzt;  diese  geW 
da,  wo  der  Penis  beginnt  sich  von  der  Symphyse  abzulösen,  in  die  Albuginea 
des  betreffenden  Corpus  cavernosum  über.  Hinten  inseriren  auch  Muskelfasern 
nach  kürzerem  Laufe  direkt  in  diese  Albuginea. 


Regio  urogenitalis:  Schwellkörper.    Trigonum  urogenitale.  203 

Der  vordere  sehnige  Ansatztheil  wird  dammwärts  und  seitlieh  von  den 
zangenförmig  auseinanderweichenden  distalen  Enden  des  Bulboeavernosus  um- 
S^'iffen;  medianwärts  stösst  der  Muskel  an  den  Bulboeavernosus,  beckenwärts 
^11  das  Trigonum,  lateral  an  die  Ursprünge  der  Adductoren  (s.  Fig.  56). 

Der  Muskelnerv  kommt  vom  N.  perinei  (Fig.  57,  rechte  Körper- 
®^ite);  an  der  Dammfläche  des  Muskels  trifft  man  die  lateralen  Zweige  des 
^^rvus  und  der  Vasa  scrotalia  posteriora. 

E.  Sohwellkörper. 

Die  Lagebeziehungen  der  drei  Schwellkörper  des  Penis  sind  vorhin  bei 
Besprechung  der  Muskeln  angegeben  worden  (Fig.  56).  Das  Weitere,  auch 
^as  auf  die  zugeh(3rigen  Nerven  und  Gefässe  bezügliche,  folgt  bei  der  Be- 
sprechung der  äusseren  Geschlechtsorgane. 

r.  Trigronum  uro^exiitale. 

Es  sei  hier  Alles  das,  was  das  Trigonum  urogenitale  bildet,  und  dasselbe 
^ttrehsetzt,  in  einen  Abschnitt  vorerst  zusammengef asst ;  die  durchsetzenden 
Stücke  werden  später  noch  bei  andern  Kapiteln  zur  Sprache  kommen  müssen. 

Wie  erwähnt,  bildet  das  Trigonum  urogenitale  eine  muskulös- 
sehnige  Platte,  welche,  in  Form  eines  Dreieckes  in  dem  Räume  zwischen  den 
l^eiden  im  Angulus  pubis  zusammenstosscnden  unteren  Schambeinästen  ausgespannt 
*8t  (Fig.  57  a).  Diese  Platte  wird  nach  Wegnahme  der  Fascia  perinei,  des 
^öterliegenden  lockeren  Bindegewebes  und  der  vorhin  geschilderten  Gefässe 
^nd  Nerven  sichtbar  jederseits  in  dem  kleinen  Dreiecke  zwischen  Bulboeaver- 
nosus (Bulbus  urethrae),  den  beiden  Ischiocavernosi  und  den  beiden  Transversi 
Perinei  (Fig.  56).  Die  Scheitel  dieser  Dreiecke  sind  lateralwärts  und  nach 
hinten  gewendet,  die  Basen  zum  Bulbus  urethrae,  nach  vom  und  medianwärts. 
^^^i*  liegen  im  Trigonum  eingeschlossen,  und  daher  nur  durchschimmernd 
^^^r  nur  durchfühlbar,  in  dem  Winkel  zwischen  Centrum  perineale  und 
^^Ibus,  dicht  dem  letzteren  angeschmiegt,  die  Glandulae  bulbourethrales 
^®- %g.  56  u.  57a).  Das,  was  unmittelbar  zu  Tage  tritt,  ist  das  aponeu- 
^^tische  Blatt  des  Trigonum  =  Lamina  aponeurotica  trigoni  uroge- 
^*<^alis.  Nach  sauberer  Präparation  sieht  es  sehnig  glänzend  aus  mit  querer 
Laserung,  namentlich  deutlich  gegen  den  Knochenrahmen  hin. 

Will  man  das  ganze  Trigonum  von  der  Dammseite  her  überblicken,  so 
**iÜS8en  die  Schwellkörper  des  Penis  samt  den  deckenden  Muskeln  entfernt 
^^rden.     Dabei  sind  ausserdem  zu  durchschneiden: 

1)  die  Nervi  und  die  Vasa  dorsalia  penis, 

2)  die  Nervi  und  Vasa  profunda  penis, 

3)  die  Arteriae  urethralis  und  bulbi  urethrae, 

4)  die  Urethra, 

5)  zahlreiche  durch  das  Trigonum  von  den  Schwellkörpern  zu  den 
Venae  pudendae  internae  hin  tretende  Venen. 


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4     w  i'il^'V    l.'i:'.,  ri'flw  :^ri>    (({''In    am    >^' 


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i-h'i  !•!'.     n!!'.-i     \  -rH    i'ilir'.li   S«"  il  ;i !  li  hl ' !  IK'     / 


iirrrl;     aii'^ti'i 


.|i:iiii!i|r!\    iiHi^i    JN-sM  r    l'iihilbrii'^r   ;!h-,  -m-IiI  liafti*  Sl  r:ii!.c :    4..1S    Li; 


Regio  urogenitalis:  Trigonum  urogenitale.  205 

Solchem  der  Bulbus  urethrae  mit  der  Trigonum- Aponeurose  verwachsen  ist, 
^ä.nn  der  hintere  freie  Rand  des  Trigonum,  in  der  Figur  vom  Musculus  trans- 
^^rsus  perinei  bedeckt.  Die  Stümpfe  der  sonst  noch  durchschnittenen  Gefässe 
^^^ht  man  durch  das  Trigonum  in  einer  medialen  und  lateralen  Gruppe  durch- 
^^^ten;  die  mediale  umfasst  die  zum  Bulbus  urethrae  und  zur  Urethra, 
^*6  laterale  die  zum  Corpus  cavernosum  penis  gehörigen  Gefässe;  hier 
^^^ht  man  in  der  Richtung  von  vorn  nach  hinten  zuerst  die  Vasa  profunda 
P^öis^  dann  die  Vasa  penis.  Man  kann  in  dritter  Stelle  noch  die  Vasa 
P^i'inei  anreihen,  welche  allerdings  um  den  hinteren  Rand  des  Trigonum, 
^^ischen  diesem  und  dem  Transvcrsus  perinei  hindurchtreten.  (Fig.  57  a,  wo 
*ö  der  linken  Körperseite  diese  Gefässe  durchgeschnitten  dargestellt  sind,  an 
^^f  anderen  im  ganzen  Verlaufe.) 

Den   wesentlichsten   Bestandtheil    des    Trigonum   urogenitale    bildet   der 

^^sculus  triguni  urogenitalis.      Derselbe  stellt  der  Hauptsache  nach  einen 

Pnincter  urethrae  dar,  welcher  sich  vom  Schnabel  der  Prostata  (s. diese) 

^s  zum  Eintritte  der  Harnröhre  in  das  zugehörige  Corpus  cavernosum  erstreckt. 

•^^  Schnabel  der  Prostata   beginnen   die   quergestreiften  Fasern  zunächst  ver- 

^^ozelt  in  dünner  Schicht,   welche  zum  Theil  noch  in  der  Prostata  selbst  liegt 

JJd    mit    glatten   Muskelfasern    untermischt   ist,    die  Harnröhre    zu    umgeben. 

lese  Schicht    verstärkt    sich    alsbald    zu    einer   kräftigen  Ringmuskulatur  ge- 

i^^ifter  Fasern,   welche   den   aus  der  Prostata   tretenden  Abschnitt  der  Harn- 

'^re  (Pars  membranacea)  umgibt,    indem   sie   sich   aussen  an  deren  glatte 

^ökulatur  anschliesst.     Weiter  peripher  kommen  Fasern,    welche  den   ausge- 

Pfochenen    Sphinctercharakter    verlieren,   indem   sie    nicht    mehr    vollständige 

i'^ise  bilden,   sondern   sich   in   dem  trigonalen  Räume    zwischen    den    beiden 

^8a  pubis  ausbreiten,   um  neue  Anheftungspunkte  zu  gewinnen.     Vorn  heften 

^  sich   an   das   Ligamentum   praeurethrale,    nach   allen  Seiten   an  das 

Poneurotische  Blatt  des  Trigonum  urogenitale;  hinten  gibt  es  Fasern, 

^Iche  bis  an  die  Schambeine  herantreten  und  quer  zwischen  diesen,  durch  eine 

^Phe  mediana   unterbrochen,  verlaufen.     Auf  diese   passt   dann   der   von 

^'i  1  e  dieser  gesamten  Muskulatur  gegebene  Name :  Transvcrsus  perinei 

Profundus. 

,  t>er  Musculus  trigonl  urogenitalis,  wie  er  hier  aufgefasst  ist,  wiederholt 
w  /erhalten  des  Musculus  sphincter  ani  externus.  Dessen  Grundlage  ist  auch  eine 
^^laserschicht;  dazu  treten  äussere  Lagen,  welche  weiter  abliegende  Anheftungs- 
de  A  '  ^^^  ^^  "  Knochen  hin,  gewinnen.  Die  Namen,  welche  einzelnen  Theilen 
l^j  ^^sculus  trigoni  gegeben  worden  sind:  Wilson'scher  Muskel,  Guthrie'scher  Muskel, 
Unrt^^^^^  compressor  urethrae  u.  s.  w.,  sollen  hier  nicht  noch  besonders  besprochen 
de  .^^.^^^^'^  w^>*<ißn;  je  eher  sie  verschwinden,  desto  besser!  In  Fig.  57a  ist  übrigens 
Jenige  Theil  des  Musculus  trigoni,  welcher  als  „Wilson'scher  Muskel"  benannt 
Ca       "^^edergegeben  worden.    Sein  Ansatz  (an  der  oberen  Fläche  des  Musculus  bulbo- 

^^nosus)  ist  abgeschnitten  gezeichnet. 
^       Die  Beckenfläche  des  Trigonum  wird  von  der  Beckenfascie  bekleidet. 
^^^   stösst   diese  Fascie   mit   der   (unteren)  Aponeurose   im  Ligamentum 
^^Urethrale  zusammen,  hinten  gleicherweise  in  der  Linea  septi  perinei, 
^wch  die  Fascia  perinei,  wie  wir  sahen,  Anschluss  findet. 


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Regio  urogenitalis:  Subseröses  Lager.  —  Regio  analis.  2ÖT 

G.   Tiefes  (subseröses)  Lager  der  Beg^io  nrogrenitalis. 

Beckenwärts  vom  Trigonum  urogenitale  vordringend  gelangt  man  beider- 
seits in  den  Recessus  pubicus  der  Fossa  ischiorcetalis  (Fig.  111),  Latc- 
'  ^Iwärts  bildet  der  vordere  Theil  des  Musculus  o  b  t  u  r  a  t  o  r  internus 
*e  Wand,  median wärts  der  Musculus  levator  ani;  beide  Muskeln  sind 
^^n  einer  Fascie,  die  am  Levator  sehr  dünn  ist,  bekleidet.  Der  Recessus  pu- 
^^^s  ist  nur  ein  schmaler  Spalt,  mit  einer  geringen  Menge  lockeren  Fettbinde- 
&ßwebes  ausgefüllt;  die  oft  wiederkehrenden  schematisehen  Figuren  in  den 
*^9.ndbüchern  geben  ihn  meist  zu  gross  an.  Henle's  treffliche  Figur  402 
(Splanchnologie  2.  Auflage)  stellt  die  Sache  richtig  dar. 

Der  Musculus   levator  ani   wird  bei  der  Regio  analis  genauer  be- 
schrieben werden.     Die  auf  der  Beckenfläche  des  Trigonum  aufruhenden  Ein- 
S^weide:    Prostata,    Samenblasen,    Ductus   deferens   (Ampulle 
esselben)   und   Harnblase,    die  Venenplexus,    die  Beckenfascie, 
^s   subperitonaeale  Bindegewebe  und   die  Beckenserosa   wer- 
^^  bei  Besprechung  der  Contenta  der  Beckenhöhle  abgehandelt,  ebenso  die  im 
'■Jgonum    eingeschlossene    Glandula    bulbourethralis.     Die  Lage  der 
^<>stata,  der  Harnröhre   und  der  Glandula  bulbourethralis  zum  Trigonum  uro- 
genitale ist  aus  Figg.  57  a  und  58  ersichtlich. 


Regio  analis. 

Der  Durchtritt   des   Rectum    beherrscht   die  Anordnung  der  Theile  in 

fRegio    analis   in   ähnlicher   Weise,    wie   der  der    Harnröhre    die    der 

^gio  urogenitalis.     In   der   letzteren    wurden    drei  Schichten    unterschieden, 

e  subcutane  (äussere),  die  aponeurotische  (mittlere)  und  die  subseröse  (innere). 

^e  vergleichend  anatomische  und  embryologische  Betraclitung  ergibt,  dass  die 

®^e   und    zweite  Schicht   zusammen   der   oberflächlichen  Schicht  der  Regio 

^1  IS,  wie  sie  in  der  vorhin  gegebenen  Tabelle  aufgeführt  wurde,  —  wenig- 

^s   im   grossen   und   ganzen  —  entsprechen.     Es  lässt  sieh  zeigen,  dass  in 

^  Musculus  sphincter  cloacae  der  niederen  Vertebraten  die  gemeinsame 

^  yiogenetische  Grundlage   des   Sphincter    ani    externus   sowohl,    wie   die  der 

isten  Muskeln   der   Regio  perinealis   gegeben   ist.     Von  der    oberflächlichen 

.^^  dieses  Sphincter  cloacae  sind  die  oberflächliche  Schicht  des  Sphincter 

p,     externus  und   die    Musculi  bulbocavernosi    (auch  wohl   die  Ischiocavernosi 

8&elingi)j  m.)  abzuleiten,    von  der  tiefen  die   tiefe   Schicht   des   Sphincter 

externus  und  der  Musculus  trigoni  urogenitalis. 

jgQ  ^J  Eggeling,  Die  Dammmuskulatur  der  ßentelthiere.  Diss.  inaug.  Heidelberg, 
^      *   ^-  —    Nach   Ho  11   (Zur  Homologie   und   Phylogenese  der  Muskeln  des  Becken- 

Sganges  des  Menschen.  Anatom.  Anzeiger.  Bd.  XIL  Nr.  3.  11.  Mai  18%.)  wäre  der 
(sii^^^^^^  ischioeavernosus  noch  zweifelhaft,  und  der  Musculus  transversus  perinei 
j^  Perficialis  autt.)  gehörte  dem  Systeme  des  Diaphragma  pelvis  (Levator  ani)  an.  — 
j^u  ^*^*^hneider,   J.,    Zur   vergleichenden  Anatomie  des  Diaphragma  pelvis,  Wiener 

^^'^m.  Sitzungsber.  Mathem.-naturw.  Classe.  Bd.  CIV,  Abth.  III.  Juli  1895,  leitet  die 


208       Regio  analis:  Haut,  Fossa  ischiorectalis,  Musculus  sphincter  ani  externus. 

A.   Haut.    Hantmiuikeln. 

Ueber  diese  ist  das  Nötige  bereits  S.  134ff.  gesagt  worden.  Die  Haut- 
muskeln  sind  theils  gestreifte  (von  der  oberflächlichen  Schicht  des  Musculus 
sphincter  ani  externus),  theils  glatte,  welche  von  der  Längsmuskulatur  des 
Rectum  in  die  Haut  ausstrahlen^).  Luschka  (Becken  1.  c.  [S.  156]  S.  148) 
lässt  auch  den  Levator  ani  betheiligt  sein;  desgleichen  Roux  und  Ho  11  (1.  c). 

B.   Fettgewebe  der  Fossa  isohioreotalis. 

Das  die  Fossa  ischiorectalis  ausfüllende  Fettlager  —  Corpus  adiposuiu 
ischio rectale  —  s.  Figg.  49,  84a,  112,  gehört,  wie  bemerkt,  zum  sub- 
cutanen Fettgewebe;  Abbildungen  der  leeren  Fossa  ischiorectalis  geben  die 
Figuren:  56,  57,  58  und  77.     Vgl.  im  übrigen  das  S.  193  gesagte. 

C.  Masoaliui  sphlnoter  ani  extemiui. 

Der  Musculus  Sphincter  ani  externus  stellt  einen  das  unterste  Ende 
des  Rectum  (die  Perinealkrümmung  desselben)  umfassenden  Ringmuskel  von 
2 — 3  cm  Höhe  dar  (s.  Fig.  51  —  das  zwischen  der  Analöffnung  [37]  und  der 
untersten  Ziffer  34  liegende  Muskelrohr  — ,  ferner  Figg.  66,  95  u.  97).  Eiu^ 
oberflächliche  Portion  ist  von  einer  tiefen  zu  unterscheiden.  Die  obei-flächliche 
strahlt  unter  Kreuzung  (Fig.  77)  in  die  Haut  vor  und  hinter  dem  After  auS; 
und  entspringt  mit  tieferen  Fasern  von  der  äusseren  Fläche  und  von  der  Spitzt 
des  Steissbeines,  sowie  von  dem  Ligamentum  anococcygeum  (Fig.  56) ;  andere 
tief  gelegene  Fasern  umgeben  ringförmig  das  Rectum  (Fig.  56).  Beständig? 
namentlich  beim  Weibe,  sind  Verbindungen  (Faseraustausch)  mit  dem  Bulbo- 
cavernosus. 

Durch  die  Fasern  dee  Sphincter,  sich  mit  ihnen  verflechtend,  passireu 
Bündel  des  Levator  ani  und  der  glatten  Längsmuskulatur  des  Rectum. 

Die  Kenntniss  dieser  Verhältnisse  des  Musculus  sphincter  ani  externus  ist  bei 
allen  Operationen  am  Dammtheile  des  Rectum  von  Wichtigkeit.  —  Der  Nerv  stamui* 
vom  Nervus  pudendus;  er  läuft  mit  den  Vasa  haemorrhoidalia  inferior» 
schräg  von  hinten  lateralwärts  nach  vorn  medianwärts  durch  das  Fett  der  FosH» 
ischiorectalis  zum  Muskel,  der  Nerv  vorn,  die  Gefässe  mehr  nach  hinten  gelegen- 
(S.  Fig.  57.) 

Sehr  bemerkenswerth  bezüglich  der  Innervations Verhältnisse  sind  die  neuere^^ 
Ermittelungen  von  Goltz  und  Ewald^).  Nach  Entfernung  des  gesamten  Thorakal' 
und  Lumbosakralmarkes  bis  zum  Filum  terminale  hin,  stellt  sich  bei  Hunden  nac*^ 
einiger  Zeit  eine  vollständige  Funktionsfähigkeit  des  Sphincter  ani  extern uS 
wieder  her.  Sonach  dürften  vielleicht  in  der  Bahn  des  Sympathicus  Fasern  laufeD» 
welche  Einfluss  auf  den  Musculus  sphincter  ani  externus  gewinnen  können. 


Portio  pubica  des  Levator  ani  von  der  Hautmuskulatur  der  Thiere  (Musculus  cu- 
taneus  maximus),  die  Portio  iliaca  dagegen  von  der  Wirbelsäulenmuskulat^^ 
(Schwanzmuskeln)  ab.    (S.  dagegen  Holl  1.  c.  und  W.  Krause,  Anat.  des  Kaninchens.) 

1)  Roux,  C,  Beitrag  zur  Kenntniss  der  Aftermuskulatur  des  Menschen.    Arcb' 
f.  mikroskop.  Anat.  Bd.  19.  1889. 

2)  Goltz,  Fr.,  und  Ewald  R.,    Der  Hund  mit  verkürztem  Rückenmark.    Arcb. 
f.  die  gesamte  Physiologie,    herausgeg.  von  E.  Pflüger.    Bd.  63,  S.  362.  Bonn,  189^' 


Regio  analis:  Oberflächliche  Gefässc  und  Nerven.    Musculus  levator  ani.      209 

D.   Oberflächliche  Gefässe  und  Nerven  der  Regio  anaUs. 

Das  Erforderliche  ist  S.  140  niitgcthcilt  worden.  Vgl.  ausserdem  das 
Kapitel:  „Vasa  pudcuda  interna"  und  „Nervus  pudendus"  (S.  212  u.  218). 

Bei  der  tiefen  (s  u  b  s  e  r  ö  s  c  n)  Schicht  der  Regio  analis  besprechen 
^ir  hier  nur  das  muskulöse  D  iaphragma  pcl  vis  und  die  an  der  Aussen- 
^and  der  Fossa  ischiorectalis  gelegenen  Gcfässe  und  Nerven  (Vasa  pudenda 
interna,  Nervus  pudendus).  —  Die  LymphgefUsse  der  Regio  analis  sind  zum  Theil 
dieselben  wie  in  der  Regio  urogenitalis  (S.  200).  Die  Lymphgefässe  der  Pars 
analis  recti  werden  l)eim  Kapitel  „Rectum  und  Anus"  beschrieben.  — 
Die  übrigen  in  der  Schichtenfolge  aufgezählten  Thcile:  Rectum,  sub- 
fasciales  Fettbindegewebe,  Fascia  recti,  subperi  tona  eales 
Bindegewebe  und  das  Bauchfell  werden  zusammen  mit  den  Becken- 
eingeweiden  und  der  Beckenfascie  abgehandelt. 

E-  Diaphragma  pelvis  (Musculus  levator  ani,  Musculus  coccygeus). 

Das  Diaphragma  pelvis  hat  mit  dem  Diaphragma  thoraco-abdo- 
«iinale  grosse  Aehnlichkeit,  insofern  es  einen  kuppeiförmigen  Muskel  darstellt, 
dessen  Fasern  von  verschiedenen  Seiten  her  gegen  eine  mehr  oder  minder 
central  gelegene  Sehne  convergiren.  Ein  dritter  ähnlich  aufgebauter  Muskel 
ist  der  E  p  i  c  r  a  n  i  u  s. 

Das  Beckendiaphragma  ist  indessen  von  den  beiden  anderen  eben  ge- 
kannten Muskeln  dadurch  unterschieden,  dass  es  auch  Knochenansätze  hat  und 
*ias8  seine  Konvexität  sich  nach  unten  (fusswärts)  kehrt;  man  hat  es 
deshalb  auch  eher  mit  einem  Trichter  verglichen.  —  Es  besteht  aus  zwei 
Mnskeln,  dem  Musculus  levator  ani  und  dem  Musculus  coccygeus. 
Beide  Muskeln  leiten  sich  von  der  Schwanzmuskulatur  der  Säugethiere  ab 
(Kollmann,  Eggeling),  und  treten  somit,  als  Rumpfmuskeln,  in  einen  Gegensatz 
^^  den  übrigen  Dammmuskeln,  die  zu  den  Eingeweiden  und  zur  Haut  gehören, 
^nch  die  Innervation,  s.  w.  u.,  spricht  für  diese  Trennung.  —  Lartschneider 
^'echnet  übrigens  den  Musculus  pubococcygeus  aucli  zur  Hautmuskulatur. 

Musculus  levator  ani. 

Der  Musculus  levator  ani  hat  zwei  Thcile  :  die  M  u  s  c  u  1  i  p  u  b  o- 
^  0  c  c  y  g  e  u  8  und  i  1  i  o  c  0  c  c  y  g  e  u  s.  Er  entspringt  in  einer  hakenförmig  ge- 
zogenen Linie  am  Schambeine.  Diese  Ursprungslinie  beginnt  am  unteren 
^i'ittel  des  Symphysentheiles  des  Os  pubis,  steigt  neben  der  Symphyse  steil 
^nf  und  biegt  dann  lateralwärts  im  Niveau  des  Foramen  obturatum  gegen  dieses 
'^in  um.  (Diese  Hakcnlinie  ist  in  Fig.  65  rechts  deutlich  zu  erkennen.) 
^er  Ursprung  setzt  sich  dann  nach  hinten  als  Arcus  tendiueusmusculi 
'^vatoris   ani^)   zur   Spina  ischiadica   hin   fort   und   überbrückt   dort,    am 

1)  W.  His  in:  Braune,  W,   und  His,  W.,   Leitfaden  für  die  Präparanten  der 
^^atomischen  Anstalt  in  Leipzig.  1883.  S.  32. 
W^aldeyer,  Das  Becken. 


ÖIO  Regio  analis:  Musculus  levator  ani. 

Foramen  ischiadiciim  majus,  den  Musculus  piriformis  und  die  hier  austretenden 
Gefässc  und  Nerven  (s.  Fig.  65). 

Den  Musculus  pubococcygeus  rechnet  man  nur  so  weit,  als  der 
Ursprung  am  Os  pubis  liegt,  also  bis  dahin,  wo  der  vordere  Hakentheil  nach 
hinten  abzubiegen  beginnt.  Er  zerfällt,  seinen  Ansätzen  nach,  in  zw^ei 
leicht  zu  unterscheidende  T  h  e  i  1  e ;  ein  Theil  seiner  Fasern  zieht  seitlich  an 
der  Prostata  und  am  Rectum  vorbei  und  umgreift,  sich  an  das  obere  Stück 
des  Musculus  sphincter  ani  externus  anschliessend,  das  untere  Ende  des  Rectum 
schlingenförmig  von  hinten,  w^obei  eine  Anzahl  Fasern  auch  in  der  Haut  des 
Afters  enden  (Roux  1.  c.  [S.  212  Nr.  7]  und  Holl,  Anat.  Anzeiger  Bd.  X? 
I.  c.  [S.  212  Nr.  4]).  Der  andere  (grössere)  Theil  zieht,  fast  sagittal  gestellt 
(s.  Fig.  58,  das  resecirte  Stück)  rechts  und  links  neben  dem  Rectum  vorbei 
zu  einer  schon  erwähnten  Sehnenplatte,  dem  Ligamentum  sacrococcy- 
geum  anterius,  worin  sich  die  Muskeln  beider  Seiten  treffen.  Zwischen 
dieser  Platte  und  dem  Steissbeine  liegt  ein  mit  etwas  Fettgew  ehe  ausgefüllter 
kleiner  Raum,  in  welchen  die  Vasa  sacralia  media  hineintreten,  um  sich  znr 
Steissdrüse  (Fig.  84)  zu  begeben.  Diesen  Abschnitt  des  Pubococcygeus 
nennt  Holl  „Compressor  recti". 

Der  Musculus  iliococcygeus  nimmt  mit  seinem  Ursprünge  die  Strecke 
vom  vorderen  Umfange  des  Foramen  obturatum  an,  da,  wo  sich  der  Arcus 
tendineus  levatoris  nach  hinten  umzubiegen  beginnt,  bis  zur  Spina  ischia- 
dica  ein.  Sein  Ansatz  Hegt  am  Seitenrande  der  letzten  Steisswirbel 
(die  mehr  dorsal  gelegenen  Bündel)  und  am  Ligamentum  anococcygeum 
(die  mehr  ventral  gelegenen  Bündel). 

In  Fig.  65  treten  die  verschiedenen  Abtheilungen  des  Levator  ani  nicht  her- 
vor; dagegen  ist  der  Ansatz  an  das  Ligamentum  anococcygeum  zu  sehen. 

Der  Musculus  pubococcygeus  ist  diejenige  Abtheilung,  welche  einzig  und 
allein  mit  dem  Rectum  Beziehungen  eingeht;  ein  Theil  seiner  Fasern  wirkt  al^ 
Sphincter  recti,  der  andere,  im  Sinne  von  Holl,  als  Compressor  recti.  —  Der  Musculus* 
iliococcygeus  ist  ein  richtiger  Träger  des  Beckenbodens,  hat  aber  doch  (durch  das 
Ligamentum  anococcygeum)  Beziehungen  zum  Anus. 

Der  Nerv  des  Musculus  levator  ani  stammt  vom  Plexus  sa er alis;  er  tritt 
von  der  Beckenfläche  her  an  den  Muskel  heran  (Figg.  84  und  84a)  (zwischen 
Portio  puboeoccygea  und  iliococcygea  hinein),  während  die  zur  Gruppe  des  Sphincter 
ani  gehörenden  Muskeln  ihre  Nerven  von  der  Damm  fläche  her  (aus  dem  N.  P^' 
dendus)  beziehen  (s.  Fig.  57  u.  84),  worauf  Gegenbaur  (Lehrbuch,  6.  Aufl.  Bd.  1^ 
S.  196)  aufmerksam  macht. 

Der  Name  ^Iliococcygeus"  hat  seine  Berechtigung  in  vergleichend  anatomischen 
Beziehungen,  worauf  insbesondere  Kollmann  1.  c.  (S.  212  Nr.  5)  hingewiesen  ha*» 
bei  den  unterhalb  der  Anthropoiden  stehenden  Säugcthieren  reicht  nämlich  der  Mu* 
sculus  iliococcygeus  mit  seinem  Ursprünge  bis  an  die  Linea  terminalis  heran,  so  da^^ 
ein  grosser  Theil  seiner  Fasern  in  der  That  vom  Os  ilium  kommt.  Das  wird  »'^ 
Varietät  auch  beim  Menschen  beobachtet. 

Wichtig  sind  die  topographischen  Verhältnisse  des  Muskels.  E^ 
bildet  mit  dem  Coccygeus  den  muskulösen  Becken b öden;  auf  ihm  nih^^ 
die  Beckeneingeweide,  für  welche  er  Durchlässe  besitzt. 

Seine   Beckenfläche    wird    zunächst    von    der    Beckenfascie    (s.   "W»  ^' 


Musculus  coccygeils.  211 

Kapitel:  „Beckcnfascie"  und  Fig.  65  linke  Seite),  dann  auch  von  den  Venen- 
Plexus  und  der  Prostata  (z.  Thl.)  bedeckt.  Nimmt  man  den  vorderen  Theil 
^^s  Muskels  weg,  so  werden  damit  in  vollem  Umfange  Rectum,  Samenblasen  und 
"i'ostata  —  allerdings  noch  von  ihrer  fascialen  Kapsel  umhüllt  —  blosgelegt 
(s.  Fig.  58).  Seine  Dammfläche  schaut  zum  guten  Theile  lateralwärts  und 
bildet  die  mediale  Wand  der  Fossa  ischiorectalis;  sie  ist  von  einer  dünnen 
^pezialfaseie  bekleidet.  Die  Vasa  obturatoria  treten  oberhalb  des  Arcus 
^^ndineus  levatoris  zum  Foramen  obturatum. 

Zwischen  den  beiden  Portionen  des  Muskels,  sowie  zwischen  ihm  und 
<l^in  Musculus  coccygeus,  bleiben  oft  ansehnliche  Lücken,  wo  dann  das 
Bauchfell  und  die  Beckenfascie,  oder  die  letztere  allein,  den  Beckenverschluss 
^^ilden,  denn  von  dem  dünnen  Bindegewebsblatte  auf  der  Dammfläche  des 
Muskels,  welches  kaum  den  Namen  einer  Fascie  verdient,  kann  hier  abgesehen 
Verden.  Diese  Lücken  sind  für  den  Durchtritt  der.Herniae  perinei,  von 
Abscessen  und  Neoplasmen  wichtig.  —  Die  Portio  pubica  liegt  da,  wo 
^*6  mit  der  Portio  iliaca  zusammentrifft,  mehr  beckenwärts. 

Bezüglich  des  Ligamentum  anococcygeum,  welclies  auch  zur  Regio  an*alis 
^^  n allen  Beziehung  steht,  ist  auf  S.  152  ff.  zu  verweisen.  Als  Abbildungen  desselben 
*^önnen  die  Figuren  65  und  84  dienen. 

Musculus  coccygeus. 

Der  Musculus  coccygeus  (s.  Figg.  65  und  77  und  84)  nimmt  ge- 
^au  die  Beckenfläche  des  Ligamentum  sacrospinosum  (s.  Figg.  31  u.  32)  ein^ 
*^  Welches  er  kontinuirlich  übergeht.  Dieses  Ligament  samt  dem  Muskel  bildet 
^'ües  der  klarsten  Beispiele  von  der  Entstehung  eines  Bandes  aus  einem 
Wuskel  durch  Rückbildung.  Das  Verhältniss  zwischen  Muskel-  und  Bandfasern 
^st  individuell  sehr  verschieden.     Der  Nerv  kommt  vom  Plexus  sacralis. 

Ho  11  1.  c.  iuf.  bespricht    eingehend    die  Varietäten,   welche    dadurch  entstehen, 

^8s  Reste    des   Musculus  iliococcygeus  (dorsal  gelegene  Portionen),    die   bei  Thieren 
^gelmässig  vorkommen,    beim  Menschen  aber  sich  der  Regel  nach  zurückbilden,  bei 

etzteren   erhalten   bleiben.    Diese   decken    dann  den  Coccygeus  von  der  Beckenseite 
^r  und  sie,  nicht  der  Coccygeus,  bilden  in  solchen  Fällen  die  untere  Begrenzung 

es  Foramen  ischiadicum  majus.     Ist  eine  solche  Muskelvarietät   nicht  vorhanden,   so 

^aet  sich  an  ihrer  Stelle,  als  untere  Umrahmung  des  genannten  Foramen,  immer,  eine 
^^f  die  rückgebildete  Muskelportion  zu  beziehende  besondere  sehnige  Platte^). 

1)   Die    hier   gegebene  Beschreibung  der  Dammmuskulatur    weicht   von  der  in 

J^^  Handbüchern    und    sonstigen  Detaildarstellungen    gegebenen  darin  ab,    dass    sie 

*^   fibrösen    Grenzlamellen  des  Trigonum  urogenitale   nicht    als   besondere   Fascien- 

•ätter  aufituhrt.    Sie  passen  eher  zu  dem  Begriffe  „Ligament"  oder  „Aponeurose",  und 

^hen  zu  ihrem  Muskel  in  ähnlicher  Beziehung,  wie  das  Ligamentum  sacrospinosum 

Um  Musculus  coccygeus.    In  der  Auffassung  des  Musculus  trigoni  urogenitalis 

9.he   ich   mich   an    Gegenbaur's   Darstellung  angeschlossen,   selbstverständlich  auf 

ynnd  zahlreicher  eigener  Präparate  und  Präparate  der  Herren  Hein  und  Dr.  Frohse. 

*^  Oegenbaur'sche  Bezeichnung:  „Musculus  urethralis"   ist   wohl   zu  eng  gewählt; 

^^  Henle'sche  passt  nur  auf  den  hinteren  Theil  des  Muskels;  von  den  vielen  Theil- 

,  ^Zeichnungen  Hess  sich  keine  für  den  ganzen  Muskel  verwenden;  so  wählte  ich  den 

^^  Text  gebrauchten  Namen,   der  wolil   unanfechtbar  sein  dürfte.  —  Für  weitere  In- 


^1^  Arteria  pudenda  interna. 

F.  Vasa  pudenda  interna.    Nervi  reg^ionia  perinealis. 

Die  Vasa  pudenda  interna  und  die  Nerven  der  Regio  perinealis 
bedürfen  einer  zusammenhängenden  Beschreibung,  obwohl  einzelne  Aeste  der- 
selben bereits  bei  der  Darstellung  der  Schichten  zur  Sprache  kamen.  Diese 
Beschreibung  soll  zunächst  folgen. 

Arteria  pudenda  interna. 

Die  Arteria  pudenda  interna,  einer  der  wichtigsten  Zweige  der 
A.  hypogastrica,  ist  ein  Beckengefäss  xax'  e^oxrjVy  denn  nur  auf  eine  unbe- 
deutende Strecke  tritt  sie  in  das  Gebiet  der  unteren  Extremität  über;  sonst 
folgt  sie  in  langem,  den  unteren  Umfang  des  Foramen  obturatum  umfassenden 
Bogen  der  Innenfläche  des  Os  ischii  (Fig.  61,  83).  Man  kann  an  ihr  drei 
Abschnitte  unterscheiden:  die  Pars  pelvina,  cir  cum  spinös  a  und  is- 
chiorectalis. 

I.  Im  C  a  V  u  m  p  e  1  v  i  s  liegt  sie,  von  ihrem  Ursprünge  aus  dem  vorderen 
Aste  der  Hypogastrica  bis  zum  Durchtritte  durch  das  Foramen  infra- 
piriforme,  in  einer  Strecke  von  etwa  2 — 3  cm  auf  der  medialen  Fläche  des 
Musculus  piriformis  und  des  Plexus  ischiadicus. 

IL  Nach  dem  Durchtritte  durch  das  Foramen  infrapiri- 
forme  schlingt  sie  sich  in  Begleitung  der  Vene  und  des  Nervus  pudendus 
bogig  hinten  um  die  Spina  ischiadica  (Fig.  51,  61,  84  a).  Dieser  Theil  des 
Gefässes,  die  Pars  circumspinosa,  ist  von  1,5 — 2  cm  Länge  und  greift 
(in  der  Regio  glutaca)  in  das  Gebiet  der  unteren  Extremität  ein.  Ueber  die 
Lage  der  Gefässe  im  Foramen  infrapiri forme  vergl.  das  S.  161  gesagte.  Aß 
der  Spina  ischiadica  liegt  der  Nerv  hinter  und  medianwärts  neben  der  Arterie, 
die  Vene  lateralwärts  (Fig.  51  und  83). 


formirung  sei  verwiesen  auf:  1)  Gegenbaur,  Lehrbuch  der  Anatomie  des  Menschen, 
6.  Aufl.  1896.  Bd.  IL  S.  194  if.  —  2)  Eggeling,  1.  c.  (S.  207)  und  „Morphol.  Jahrb. 
Bd.  24.  189G."  S  405.  —  3)  Henle,  J.,  Handbuch  der  systematischen  Anatomie  des 
Menschen.  Bd.  II,  Eingeweidelehre.  2.  Aufl.  1873.  S.  51L  —  4)  Holl,  M.,  Ueber  den 
Verschluss  des  männlichen  Beckens.  Arch.  f.  Anat.  u.  Physiol.  Anat.  Abth.  1881.  S.  225.  -^ 
Zur  Homologie  der  Muskeln  des  Diaphragma  pelvis.  Anat.  Anzeiger.  Bd.  X.  Nr.  l^. 
1895.  —  Zur  Homologie  und  Phylogenese  der  Muskeln  des  Beckenausganges  des  Men- 
schen. Ibid.  Bd.  XII,  Nr.  3.  1896.  —  5)  Kollmann,  J.,  Der  Levator  ani  und  CoccygeUS 
bei  den  geschwänzten  Affen  und  Anthropoiden.  Verhandl.  d.  anatom.  Gesellsch.  VIIL  Bd. 
1894.  S.  198.  —  6)  Lartschneider,  1.  c.  (S.  86)  u.  Wiener  akad.  Sitzungsber.  Math.- 
naturw.Kl.  Bd.  104.  Abth.  HL  1895.  —  7)  Roux,  C,  Beiträge  zur  Kenntniss  der  After- 
muskulatur des  Menschen.  Arch.  f.  mikrosk.  Anat.  Bd.  19,  S.  721.  188L  —  8)  Lesshaft» 
P.,  Ueber  einige  die  Urethra  umgebende  Muskeln  und  Fascien.  Arch.  f.  Anat.  u.  Physiol« 
von  Reichert  und  du  Bois-Reymond.  1873.  S.  51.  —  9)  Tschaussow,  Resultat^ 
makro-  und  mikroskopischer  Untersuchungen  über  die  tiefen  Muskeln  des  vorderen 
Dammes  beim  Manne  und  über  das  Verhalten  der  Venen  zu  ihnen.  Arch.  f.  Anat.  und 
Physiol.  von  His,  Braune  und  du  Bois-Reymond.  Anat,  Abth.  1883.  S.  317.  -^ 
10)  Cadiat,  Etüde  sur  les  muscles  du  perin^e  en  particulier  sur  les  muscles  dits  de 
Wilson  et  de  Guthrie.  Journ.  del'anatomie  (par  Robin  et  Pouch  et).  1877.  p.39. -^ 
llj  Paul  et,  Recherches  sur  ranatomie  comparee  du  perinec.    Ibid.  1877.  p.  144. 


Arteria  pudenda  interna.  213 

III.  Die  Arterie  tritt  nun,  /wischen  Ligamentum  saerotuberosum 
^^i  s  a  c  r  0  s  p  i  n  0  s  u  m,  welchem  letzteren  das  Gcfäss-  und  Nervenbündel^  wie 
^^  einer  Rinne,  diclit  anliegt,  in  das  Foramen  ischiadicum  minus  ein  und 
•beginnt  damit  ihren  dritten  und  letzten  Abschnitt,  die  Pars  ischiorectalis. 
^ie  verläuft  hier  8—3,5  cm  oberhalb  des  Tuber  ischiadicum  längs  der  lateralen 
"^^nd  der  Fossa,  dicht  an  der  medialen  Fläche  des  Musculus  obturator  in- 
ternus. Die  häufig  doppelten  Begleitvenen  umgreifen  mit  zahlreichen  kurzen 
-^ßastomoscn  die  Artciie;  der  Nerv  liegt  caudalwärts  (näher  der  Haut).  Das 
ganze  Bündel  ist  eingeschlossen  von  einer  auf  dem  Querschnitte  spindelförmigen 
fibrösen  Scheide,  die  von  der  Fascia  obturatoria  interna  geliefert  wird  (Alcock's 
Kanal  der  englischen  Autoren).  -  S.  Figg.  52,  61,  83,  84,  84a,  111,  112. 
Noch  bevor  die  Arterie  den  Musculus  transvcrsus  perinei  erreicht,  theilt  sie 
^^^h  in  ilire  beiden  Endäste,  die  Arteria  penis  und  die  Arteria  perinei. 
Während  dieses  ganzen  Laufes  bleibt  die  Arterie  immer  1 — IV2  cm  oberhalb 
^^s  unteren  Knochenrandes  liegen,  so  dass  sie  sehr  geschützt  ist. 

Die  verbreitete  Angabe,  dass  auf  diesem  Wege  die  Arterie  vom  Processus  falci- 
^^^mis  des  Ligamentum  saerotuberosum  gedeckt  sei  (s.  U.A.  Gegenbaur,  Lelirbuch, 
^'  Aufl.  Bd.  TT,  S.  285.  1896),  ist  nicht  zutreffend.  S.  die  Bemerkung  Pfitzner's  (Ver- 
*jaiidlungen  der  anatomischen  Gesellschaft.  TXte  Versammlung  in  Basel  1895.  S.  104. 
'^^^^a,  1895,  G.  Fischer).  Der  Raum  zwischen  dem  I^nochen  und  dem  T^rocessus  falci- 
^i'mis  wird  gewöhnlich  ganz  vom  Muskelfleische  des  Obturator  internus  ausgefüllt. 

An    namhaften*  unmittelbaren  Aesten   giebt    die  Arteria  pudenda  interna 
^wr  ab  die 

A  r  t  e  r  i  a  c   h  a  e  m  0  r  r  h  0  i  d  a  1  e  s   inferiores. 

Dieselben,  meist  2—3  jederseits,  treten  aus  dem  erwähnten  fibrösen  K^anale,  von 

^^  sie  eine  dünne  Scheide  mitnehmen,  seitlich  ab,  durchsetzen  quer  das  I^ettgewebe 

J^  Fossa  ischiorectalis,  und  versorgen  die  Haut  und  die  Muskeln  des  Afters,  so  wie 

*^  Pars  perinealis  recti.     Sie   anastomosiren   mit   den    gleichnamigen  Arterien 

^'•Gegenseite,    den  Arteriae  sacralis  media,    haemorrhoidalis  media  und 

®^Perior  (Fig.  57,  61  (9),  84,  84a  u.  112). 

Von  den  E  n  d  ä  s  t  e  n  liefert  die  A  r  t  e  r  i  a  perinei  M  u  s  k  e  1  z  w  e  i  g  e 
^  der  Damnnnuskulatur,  von  denen  ein  starker  Ast  gcwöhnlieh  quer  am 
^^sculus  transversus  perinei  verläuft  (Rami  perinei),  und  die  vorhin  be- 
^Pi'ochcnen  Arteriae  scrotales  (labiales)  posteriores  (Figg.  57  und 
*-^).  Die  Arteria  penis  setzt  den  Lauf  der  Arteria  pudenda  interna 
^^*-  Sie  liegt  ähnlich  wie  der  Stamm  in  einem  fibrösen  Fache  im  Trigonum 
^•"^genitale  hart  am  Knochen  (Fig.  111).     Ihre  Aeste  sind: 

a)  Die  A  r  t  e  r  i  a  b  u  1  b  i  u  r  e  t  h  r  a  e, 

b)  die  Arteria  urethralis, 

c)  die  Arteria  profunda  penis  (clitoridis), 
,                  d)dieArteriadorsalispenis  (clitoridis) ; 

^tztere  ist  zugleich  die  Fortsetzung  des  Stammes. 

Arteriabulbiurethrae. 

,  Diese  ansehnliche  Arterie   entspringt   aus  dem  Anfangstiickc  der  Arteria  penis, 

'"IV2  cm  vor  dem  hinteren  Rande  des  Trigonum  urogenitale.    Sic  läuft  in  Begleitung 


214  Anomalien  der  Arteria  pudcnda  interna. 

mehrerer  Venen,  eingeschlossen  in  die  Masse  des  Trigonum,  meist  bis  an  den  hinteren 
Bulbus-Unifang,  wo  sie  das  Trigonum  verlässt,  um  in  den  Bulbus  einzutreten.  Ein 
Zweig  geht  nach  rückwärts  zur  Glandula  bulbourethralis.  Auch  der  Musculus 
bulbocavernosus,  das  Trigonum  urogenitale,  die  Prostata  und  die  Pars  membranacea 
der  Harnröhre  erhalten  von  ihr  Zweige.     [Figg.  57,  57  A,  58,  61  (10)]. 

Arteria  urethralis. 
Die  Arteria  urethralis,  schwächer  als  die  vorige,  entspringt  meist  mit  ihi* 
zusammen  (Figg.  57,  58),  oder  0,5—1  cm  vor  derselben.  Sie  tritt  in  das  Corpuö 
cavernosum  urethrae  ein,  da  wo  dasselbe  sich  an  die  Corpora  cavernosa  penis 
anlegt.  Sie  lässt  sich  bis  zur  Glans  penis  verfolgen  und  anastomosirt  mit  den  End- 
ästen der  Arteria  penis. 

Arteria  profunda  penis. 
Die  Arteria  profunda  penis  tritt  als  Stamm  oder  in  mehrere  Aeste  aufgelöst 
in  der  Nähe  des  Angulus  pubis  von  der  medialen  Seite  her  in  das  Corpus  cavernosum 
penis  ein,  dringt  in  schräger  Richtung  bis  zur  Mitte  desselben  vor  und  läuft  dann 
mit  Aesten  des  Plexus  cavernosus  penis  in  der  Axe  des  Crus  penis  vorwärts  bis  zn 
dessen  Spitze,  sendet  aber  auch  einen  rückläufigen  Ast  zum  Ursprünge  des  Crus. 
Beim  Weibe  entspricht  ihr  die  Arteria   profunda  clitoridis  (Figg.  57,  57  A,  58  und  71)- 

Arteria  dorsalis  penis. 
Die  Arteria  dorsalis  penis  ist  der  längste  Zweig  der  Arteria  pudenda  in- 
terna und  setzt  das  Stammgefäss  bis  zur  Eichel  des  Penis  (oder  der  Clitoris)  fort. 
Sie  verlässt  unmittelbar  vor  dem  Ligamentum  praeurethrale,  im  Winkel  zwischen 
beiden  Crura  penis,  das  Fach  des  Trigonum  und  tritt  zwischen  Symphyse  und  Cor- 
pora cavernosa  penis  auf  deren  Rückenfläche  (s.  Figg.  57,  57A,  58,  61  (11),  '71)- 
Auf  dem  Penis-(Clitoris-)Rücken  liegt  sie  jederseits  zwischen  dem  Nervus  und  der 
Vena  dorsalis  penis  (clitoridis).  Sie  versorgt  hauptsächlich  die  Eichel,  aber  auch  die 
Corpora  cavernosa  penis  (clitoridis).  Alle  Penis-(Clitoris-)Arterien  anastomosircn 
miteinander. 

Anomalien  der  Arteria  pudenda  interna. 

Unter  den  zahlreichen  Verschiedenheiten  im  Ursprünge  und  Verlaufe  der  Al- 
tena piidenda  interna  und  ihrer  Aeste  ist  die  bemerkenswertheste  die  in  Figg.  ^^ 
und  Gl  (rechte  Seite,  11.  11)  dargestellte.  Hier  verläuft  die  Arteria  penis  an  der 
Innenfläche  des  Beckenbodens,  auf  der  Beckenfläche  des  Levator  ani,  und  tritt 
schliesslich  unter  dem  Schambogen  hinweg  auf  die  Rückenfläche  des  Penis.  Die  be- 
treffende Arterie  liegt  dann  nicht,  wie  gewöhnlich  nahe  am  Knochenrande,  sondej'n 
mehr  in  der  Mitte  der  betreffenden  Dammhälfte,  nahe  der  Prostata  und  der 
Harnblase.  Auch  der  Stamm  der  Arteria  pudenda  kann  so  verlaufen.  —  Zur  Zeit, 
wo  man  den  lateralen  Steinschnitt  übte,  s.  w.  u.,  war  bei  einem  solchen  Laufe  die 
Arterie  der  Gefahr  einer  Verletzung  ausgesetzt. 

Die  Arteria  pudenda  interna  kann  mit  der  Arteria  obturatoria  zusannnen  ent- 
springen; die  Arteria  bulbi  urethrae  dicht  am  hinteren  Trigonum-Rande:  letzteres  ge- 
dingt ebenfalls  eine  Verletzungsgefahr  beim  Lateralschnitte. 

Vena  pudenda  interna. 

Die  Vena  pudenda  interna  (Fig.  77)  setzt  sich  aus  Zuflüssen  z«' 
sammen,    welche   den  Aesten  der  Arterie    gleichen    Namens    entsprechen,    die 


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216  Venöse  Beckenplexus. 

beim  Weibe),  so  wie  endlich  (durch  Vermittlung  des  Plexus  pudcndalis)  eine 
Verbindung  mit  der  Vena  obturatoria  hergestellt  wird. 

Hciilc  Hineilt  mit  Hecht  darauf  aufmerksam,  dass  die  Veiiae  profuiidae 
penis,  welche  zur  Vena  pudenda  interna  ziehen,  nicht  zusammen  mit  der  <»lcich- 
namigen  Arteric  aus  dem  Corpus  cavernosum  penis  treten,  sondern  weiter  nach  hinten 
an  der  Wurzel  des  cavernösen  Körpers  *),  und  dass  diese  V(uien  mehr  median  war  ts 
durch  den  Musculus  trigoni  uro<i-enitah*s  verlaufen,  Avälirend  die  Arteria  profunda 
hart  am  Knochen  in  fibrösem  Gewebe  ein<^ebettet  lie^'e.  Kr  leitet  Iiierfius  eine 
Bezieliung  des  genannten  Muskels  zur  Erektion  ab,  indem  der  Muskel  die  Venen 
comprimircai,  und  so  den  Ilückfluss  des  Blutes  iK^minen  könne. 

Die  Vena  pudenda  interna  läuft  mit  der  gleichnamigen  Arterie. 
Häufig  ist,  wie  vorhin  bemerkt,  die  Vene  doppelt,  mit  Anastomosen,  welche 
im  Alcock'sclicn  Kanäle  die  Arteric  umstricken.  Oft  ist  die  Spina  ischiadica 
von  einem  Venenkran/c  umgeben  (Fig.  51).  An  der  Mündung,  welche  ge- 
wöhnlich in  die  Vena  glutaea  inferior,  oder  doch  unter  einer  Anastomose  mit 
letzterer  erfolgt,  ist  die  Vena  pudenda  interna  einfach  (Figg.  e51,  52,  84a). 

Venöse  Beckenplexus  des  Mannes, 

Es  erscheint  am  zweckmässigsten  an  die  Besprechung  derjenigen  Vene, 
welche  mit  sämtlichen  venösen  Beckenpl  e  xu  s  Verbindungen  eingeht, 
eine  ül)ersichtlichc  zusammenfassende  Darstellung  der  letzteren  selbst  anzu- 
schliessen.     Beim  Manne  haben  wir: 

1)  Den  Plexus  pudendalis, 

2)  den   Plexus  vesicoprostaticus^), 

3)  den   Plexus  haemorrhoidalis, 

4)  den   Plexus  sacralis  anterior, 

5)  den    Plexus  pamp  inifo  rm  is. 

Der  Plexus  pudendalis  liegt  als  ein  unpaares  Geflecht  (Plexus  pu- 
bicus  impar)  unmittelbar  hinter  dem  Ligamentum  arcuatum  pubis,  zwischen 
diesem  und  der  Prostata  (Mann),  Blase  und  Harnröhre  (Weib).  S.  Figg.  52 
und  64.  Zuflüsse  bezieht  derselbe  hauptsächlich  aus  den  Vv.  dorsales 
penis  (clitoridis),  aus  den  Symphysen-,  Blasen-  und  Prostata- Venen.  Die  Haupt- 
abflüsse  geschehen  nach  beiden  Seiten  durch  die  Vv.  pudendae  internae, 
durch  die  Verbindungen  mit  der  Vena  obturatoria  und  mit  dem  Plexus  vesico- 
prostaticus,  in  welchen  der  Plexus  pudendalis  kontinuirlich  nach  beiden  Seiten 
übergeht. 

Der  Plexus  vesicoprostaticus  ist  beim  Manne  der  grösste  aller  Becken- 
plexus; er  liegt  paarig  je  an  der  Seite  der  Harnblase,  und  füllt  die  zwischen  ihr 
und  der  Prostata  bleibende  Rinne  aus.  Er  erhält  die  Blasen-,  Prostata-,  Samen- 
blasen- und  Ductus  deferens-Venen,  hängt,  wie  gesagt,  vorn  mit  dem  Plexus 
pudendalis,  hinten  mit  dem  Plexus  haemorrhoidalis  zusammen  und  nimmt  somit 


1)  Veines  posterieures  des  corps  caverneux  Testut  (Traite  d'anatomie.  T.  Hl* 
1  edit.  P.  992).  ~  Die  französischen  Autoren  gebrauchen  den  Namen  ^Vena  profunda 
penis"  nicht. 

2)  „Plexus  vcsicalis"  BNA.    Vgl.  die  Anmerkung  zu  S.  165. 


Lympli^efässe  der  Regio  analis.    Nervi  perineales.  217 

^«ch  an  deren  Abflüssen  Tlicil.  Sein  Ilanptabfluss  gcscliicbt  durcb  die  Vv. 
y^sicales  inferiores  zur  Vena  bypogastrica.  Beim  Weibe  entspricbt 
^'»m  der   Plexus  vesi  CO  vaginalis.     [S.  Figg.  52  (Mann),  83  (Weib).] 

Der  Plexus  h  a  e  ni  o  r  r  b  o  i  d  a  1  i  s  kann  in  zwei  Abtlieilungcn^  eine 
innere  und  eine  äussere,  zerfällt  Avcrdcn.  Der  Plexus  baemorrboidalis  in- 
^rnus  ist  der  bedeutendere    und    wird    gemeint,    wenn    man    scblccbtliin    vom 

»äniorrboidalplexus  spricbt.  Er  liegt  submukös  bezw.  subkutan  in  der  Pars 
^^^\k  recti,  im  Gebiete  der  Columnac  rectales  und  um  den  Anus  berum; 
^'^^e  Zuflüsse  kommen  vom  Rectum,  den  analen  Muskeln  und  dem  zugebörigen 
Hautgebietc,  seine  Abflüsse  gesebebcn  zum  Plexus  b  acm  o  rr  b  oid  alis 
^^ternus  bin.  Dieser  ist  im  perireetnlen  und  perianalen  Fettgewebe  ent- 
^^ckelt,  zwiscben  der  Muskelwand  des  Rectum  und  der  Faseia  recti  und  liegt 
^^^^^  Rectum  so,  wie  der  Plexus  vesicoprostaticus  zur  Blase  und  zur  Prostata 
^^k^'  52  und  67).  Er  entleert  sieb  durcb  die  Vv.  bacmorrboidalcs,  bangt 
^^^y  aucb  mit  dem  Plexus  vesicoprostaticus  und  sacralis   zusammen.     Nälieres 

"^^  diese  Plexus  und  ibre  Zu-  und  Abflüsse  beim  Kapitel:  Rectum  und  Anus. 
Der  Plexus  sacralis  anterior    setzt    sieb    aus   der  geflecbtartigen 
^rt)indung  der  Vv.  sacralis  media  und  sacralcs  laterales   zusammen.     S.  Fig. 
^^  iiiid  S.  155. 

Der  Plexus  pampiniformis    liegt   im  Samenstrange,  und  wird  von 

en  Vv,  Sperma ticae   intcrnae   und   dcferentiales   gebildet.     Sein 

"fluss   gescbiebt    vorzugsweise  durcb  die  Vv.  spermaticae  internae.     Nälieres 
^>eim  Kapitel  „Aeussere  Gescblechtstbeile  des  Mannes". 

Einige  wiebtige  allgemeine  Verbältnisse  der  venösen  Cirkulation  im  Becken 

önncn  erst  später,  nachdem  aucb  die  Eingeweide  abgehandelt  sind,  bc- 
"PJ'ochen  werden. 

Nerven  der  Regio  pcrinealis. 

^       Drei   Nerven    versorgen    sämtliche   Thcile   der   Regio   perinealis:    Der 

*^  ^  V  u  s  pudendus,  der  Nervus  c  u  t  a  n  e  u  s  f  e  m  o  r  i  s  posterior  und 

^  ^^ u s k e I z  w e i g e  für  das  Diaphragma  p e  1  v i s.    Der  erstcre  stammt 

8   dem  Plexus  pudendus,  der  sich  hauptsächlich   aus  dem  III.  Sacral- 

^ven  rekrutirt,  jedoch    auch  vom  II.  und  IV.    imd   meist   noch   vom   I.  — , 

^  andere   aus  dem  Plexus  sacralis,    und  zw^ar  aus  dem  I — III.  Sacral- 

^j^   ^^n,  meist  mit  dem  Nervus  glutaeus  inferior  zusammen  (N.  ischiadicus  minor 

i>\.      ■    "^^  ^^S'  44').      Der  Ramus  perinei   des  N.  cutaneus  femoris  posterior 

ort  der  ventralen  Abtheilung  des  Plexus  sacralis  an  (Eislcr),  und  kommt 

^  II.  nnd  III.  Sacralnerven.     Die  Muskclzwcigc  des  Diaphragma  kommen 

^'•«ehmlieh  aus  dem  IV.  Sacralnerven. 

Ph  ^^  Genaueres  über  die  Ursprünge  dieser  Nerven  s.  bei  Paterson,  A.,  The  mor- 
XXt^^^  ^f  the  sacral  Plexus  in  man.  Jouni.  of  anat.  cond.  by  Humphry  etc.;  Vol. 
Wk  ^'  ^^^"  ^^^^  ^"^  ^^^'  XXVIII,  p.  84  u.  169.  1894;  ferner  Eislcr,  P.,  Der  Plexus 
,  oosacralis  des  Menschen.  Anatomischer  Anzeiger.  Bd.  VI,  S.  274.  1891  und  Abhandl. 
uaturforsch.  Gesellschaft  in  Halle  a./S.  Bd.  XVII.  1892. 


218  Nervus  pudendus.    Nervus  cutaueus  fernoris  posterior. 

Nervus  pudendus. 

Der  Nervus  pudendus  hat  das  Kaliber  einer  starken  Stricknadel  und 
ninunt  seinen  Lauf  mit  den  Vasa  pudenda,  zieht  also  durch  das  Foramen  infrii- 
piriforme,  umkreist  die  Spina  ischiadica^  läuft  zwischen  Ligamentum  sacro- 
tuberosum  und  sacrospinosum  durch  das  Foramen  ischiadicum  minus  zur  Fossa 
ischiorectalis,  w^o  er  hautwärts  von  den  Gcfässen  im  Alcock 'sehen  Kanäle? 
also  oberhalb  des  T  u  b  e  r  ischiadicum,  nach  vorn  zieht  (Figg.  84,  1 1^)- 
Wie  auf  diesem  Wege  der  Nerv  zu  den  Gefässen  liegt,  ist  S.  162  und  212 
angegeben  vs^orden. 

Die  Aeste  sind: 

1.    Nervus  perforans  ligamcnti  sacrotuberosi  (Schwalbe)^). 
Nerv  für  dieses  Band  und  Hautnerv    für  den  medialen  Theil  des  Gesässcs; 
tritt   mitten   durch    das  Ligament    (Fig.  8i).    Es   können   mehrere    Nervenzweige  daö 
Ligament  durchsetzen  (Frohse). 

2.    Nervi  haemorrhoidales  inferiores. 
Gemischte   Nerven;    sie  laufen  mit  der  gleichnamigen  Arterie  zur  Haut  des 
Anus  und  zum  Musculus  sphincter  ani  externus  (vgl.  S.  208).    (Figg.  45,  46,  57,  84). 

3.    Nervus  perinei. 

Gemisch  ter  Nerv.  Die  Verbreitung  seiner  sensiblen  Fasern  ist  in  Figg-  ^^ 
und  46  durch  die  blaue  Farbe  bezeichnet.  Von  Muskeln  versorgt  er  den  BulbO' 
cavernosus,  Ischiocavernosus,  Transversus  perinei  und  den  Musculus  tri- 
goni  urogenitalis;  mit  den  Muskelzweigen  verläuft  auch  der  Nerv  zum  Bulbufc* 
urethrae  und  zum  hinteren  Abschnitte  der  Harnröhrenschleimhaut.  Er  zerfäl**' 
alsbald  in  zwei  Zweige,  den  Nervus  scrotalis  posterior  medialis  und  late- 
ralis, welche  mit  den  Vasa  scrotalia  posteriora  verlaufen  (S.  199).  Sie  treten  durch 
die  Basis  des  Trigonum  urogenitale  in  den  subfascialen  Raum  des  Dammes  und 
können  vor  oder  hinter  dem  Musculus  transversus  perinei  gelegen  sein.  (Figg-  ^'' 
58,  84.) 

4.    Nervus  dorsalis  penis  (clitoridis). 

S.  über  diesen  Nerven  Weiteres  beim  Kapitel  „Aeussere  Geschlechtstheilc".  ^'^^ 
Damme  liegt  er  im  Trigonum  urogenitale,  lateralwärts  von  der  Arteria  dorsalis  pem** 
(clitoridis),  und  tritt  zwischen  Ligamentum  praeurethrale  und  arcuatum  pubis  a^^ 
den  Rücken  des  Geschlechtsgliedes.    (Figg.  57,  57  a.) 

Nervus  cutaneus  fernoris  posterior. 
Der  von  diesem  Nerven  zum  Damme  tretende  sensible  Nerv  wird  ^'^ 
Nervus  perineus  longus  (Söramerring'schcr  Nerv)  bezeichnet  (s.S.  200)* 
Er  verläuft  in  langem  Bogen  unterhalb  des  Tuber  ischiadi  cum  ^^^ 
liegt  anfangs  ausserhalb  des  subfascialen  Raumes,  lateralwärts  von  den  vorhi» 
genannten  Rami  perinei  des  Nervus  pudendus,  schliesslich  jedoch  auch  in  den» 
genannten  Räume,  indem  er  die  Fascia  perinei  durchbohrt.  Sein  Gebiet  is* 
in  den  Figg.  45  und  46  gelb  angegeben.  —  Alle  sensiblen  Nerven  der 
Danmiregion  anastomosiren  mit  einander. 

1)  Schwalbe,  G.,  Lehrbuch  der  Neurologie.  Erlangen,  1881.  S.  981.  —  Nad^ 
Eis l er  gehört  dieser  Zweig  zum  Nervus  cutaneus  femoris  posterior. 


Damm:  Muskelzweige.    Centrum  perineale.    Pathologische  Zustände.  210 

Muskelzweige. 

Die  Nerven  für  die  Muskeln  der  Regio  urogcnitalis  und  für  den  Sphincter 
^«i  externus  liefert  der  Nervus  pudendus  (S.  199  u.  208).  —  Die  für  den 
^^sculus  coccygeus  und  für  den  L  e  v  a  t  or  a  n  i  bestimmten  Nerven 
^®'  auch  das  S.  209  u.  210  gesagte)  kommen  entweder  vereint  oder  getrennt 
^^  IV.  Sacralnerven  und  treten  von  der  Beckenfläche  her  in  ihre  Muskeln 
^%  gelangen  daher  gar  nicht  an  den  Damm  (Fig.  84);  nur  dringt  noch 
^in  vom  IV.  Sacralnerven  kommender  Zweig,  unter  Durchbohrung 
^^8  Musculus  coccygeus,  zur  Haut  vor. 

G.  Centram  perineale. 

Das  Centrum  perineale  ist  identisch  mit  Henle 's  Septum  trans- 
^^J'sum  musculorum  perinei.  Zwischen  Musculus  bulbocavernosus  und 
sphincter  ani  externus  stossen  zusammen:  von  unten  kommend  die  Aponcurosis 
^^goni  urogcnitalis  und  die  Fascia  perinei;  von  oben  her  die  Bcckenfascie, 
^P<iziell  der  als  Fascia  rectovesicalis  (Capsula  prostatica)  bezeichnete  Thcil,  so 
^^ss  an  dieser  Stelle  eine  etwa  1  cm  (von  links  nach  rechts)  breite  festere 
*^oröse  Masse  sich  findet.  Diese  ist  das  „Centrum  perineale"  (Fig.  77 
^- 114).  Wie  bemerkt,  heften  sich  Fasern  der  Musculi:  bulbocavernosus,  sphincter 
^^1  externus  und  transversi  perinei,  nach  Einigen  auch  des  Levator  ani,  dort  an. 


Pathologische  Zustände  der  Regio  perinealis. 

Die  pathologischen  Vorkommnisse  und  Zustände  au  der  Regio 

P*^i*incalis  sind  so  eng  mit  den  Erkrankungen  der  äusseren  Geschlechts- 

'^Gile  und  der  ßeckeneingeweide,    insbesondere   der  Ausmündungsstellen 

^''selben,    verknüpft,    dass  es  praktisch    richtiger  erscheint,    diese  Dinge  erst 

^t  den  pathologischen  Erscheinungen  der   genannten  Theile   zusammen  abzu- 

^^^deln.     Sie  müssen  dann  z.  Th.  nach  den  Geschlechtern  getrennt  besprochen 

<^men.     Einige  allgemeine  Dinge  mögen  hier  jedoch  vorweg  ihre  Erledigung 

nnden. 

Die  wichtigsten  pathologischen  Processe  am  Perineum  sind:  1)  Die  Ver- 
öd  er  un  gen  der  Haut,  2)  die  Verletzungen,  3)  die  Hernien  und 
^^'fälle,  4)  die  Neubildungen,  5)  die  Missbildungen. 

Die  Veränderungen  an   der  Haut  sind,    so  weit  dies  hierher  ge- 

^^%    bereits  S.  146   besprochen  worden,    insbesondere  wurde  auch  wiederholt 

aie  grosse  Sorgfalt  aufmerksam  gemacht,  die  bei  allen  pathologischen  Vor- 

^mmnissen  und  chirurgischen  Eingriffen  in  dieser  Gegend  bezüglich  der  Rein* 

^^ög  und  der  Vermeidung  von  Gangrän  erforderlich  ist. 

Was  die  Verletzungen  anlangt,  so  liegt  bei  diesen  das  Schwergewicht 
ö  der  Betheiligung  der  Harn-  und  Geschlechtstheile,  beim  Manne  vor  allem 
^^  Harnröhre  und  des  Scrotum,  beim  Weibe  der  äusseren  Ge- 
*^  '^  1  e  c  h  t  s  0  r  g  a  n  e  und  der  S  c  h  e  i  d  e.     Ein  weiterer  allgemein  zu  berück- 


220 


Regiones  pubica  et  pudendalis:  Schichtenfolge. 


sichtigender  Punkt,  auf  den  die  Anatomie  hinzuweisen  hat,  sind  die  VeneD- 
p  1  c X u s  und  die  erektilen  Organe,  deren  Verletzungen  arge  Blutungen 
und  Häinatonil)il düngen  nach  sieh  ziehen.  Drittens  endlich  möge  auf  die  Ad* 
Ordnung  der  F  a  s  c  i  e  n  aufmerksam  gemacht  sein,  welche  a)  im  S  p  a  t  i  u  m 
subfasciale  eine  Ausbreitung  von  Infiltraten  nach  vorn  begünstigt,  b)  eine 
Trennung  des  rectalen  Bezirkes  vom  urogenitalen  ergibt,  und  c)  an  gewissen 
Stellen  eine  leichtere  Verbindung  zwischen  Beckencavum  und  Damm  gestattet. 
Für  diese  Punkte  sei  auf  das  Kapitel  „Beckenfascien"  verwiesen;  dort  kann 
dies  alles  besser  erörtert  w^erdcn. 

Die  Hernien  und  Vorfälle  werden  zusammen  abgehandelt,  da  sie 
nicht  selten  zusammen  vorkommen.  Vorzugsweise  finden  sie  sich  beim  Weibe; 
sie  sollen  daher  nach  Besprechung  der  weiblichen  Danungcgend  und  der 
Beckenorgane  des  Weibes  ihren  Platz  finden.  An  dieser  Stelle,  in  einem 
besonderen  Abschnitte,  sind  auch  die  M  i  s  s  b  i  1  d  u  n  g  e  n  beider  Geschlechter 
zu  behandeln,  während  die  Neubildungen  beim  Manne  und  Weibe  g^ 
sondert,  nach  Kenntnissnahme  der  betreffenden  Beckeneingeweide,  zu  erledigen 
sein  werden. 


V.    Schossgegend  (Regio  pubica)  (1)  und  Schamgegend 
(Regio  pudendalis)  (2). 

Wir  fassen  diese  beiden  Gegenden  des  Beckens  wiederum  zusammen, 
zumal  sie  ohne  scharfe  Grenze  in  einander  übergehen.  Die  Regio  pubica  be- 
greift den  als  Mons  pubis  bekannten  Bezirk,  die  Regio  pudendalis  die  äusseren 
Genitalien.  Betreffs  des  äusseren  Bildes  und  der  Abgrenzungen  vgl* 
das  S.  3 — 12  gesagte  und  die  alsbald  folgende  tibersichtliche  Schilderung  der 
äusseren  Geschlechtstheile. 


Regio  pubica. 
Schichteiifol^e. 

Von  der  Korperoberfläche  bis  zum  Cavum  serosum  pelvis  finden  wir: 

1)  Die  Haut,  das  subkutane  Fettpolster  und  die  subkutanen  Oe' 
fasse  und  Nerven. 

2)  Die  Fascia  superficialis,  das  subfasciale  Bindegewebe 
mit  dem  Samenstrange,  das  Ligamentum  Suspensorium 
penis,  das  Ligamentum  fundiforme  penis,  die  subfasci*' 
len  Gefässe. 

A.    Oberer  3)  Die  vordere  Rectusscheide. 

(kranialer)      l     4)  Den  Musculus  pyramidalis. 
Abschnitt:  5)  Den  Musculus  rectus  abdominis. 

G)  Das  Spatium  suprapubicum  praefasciale. 

7)  Die  Fascia  transversalis. 

8)  Das  Spatium  suprapubicum  retrofasciale  (praevesicalö 
Retzii)  mit  der  Tela  subperitonaealis,  dem  Urachus  und 
den  Ligamenta  vesicalia  lateralia. 

9)  Das  parietale  Bauchfell. 


^-  Unterer 
(cautialer) 
Abschnitt: 


Regiones  pubica  et  pudendalis:  Haut.    Fascia  superficialis.  Ö21 

3a,  4a,  5a)  Die  Symphysis  ossium  pubis. 

6)  Die  Vasa  retropubica. 

[7)   Die  Fascia  trans versalis]i). 

8)  Das  Spatium  praevesicaie  (Retzii)  mit  der  Fascia  vesi- 
calis  und  der  Tela  subperitonaealis,  darunter  den  Plexus 
pudendalis. 
10)  Die  vordere  Blasenwand  mit  ihren  Gefässen,  insbesondere 
den  vorderen  Blasenvenen.  (Zu  den  Seiten  der  Blase  das  pa- 
rietale Bauchfell,  s.  Fig".  80.) 

Der  untere  Abschnitt  wird  vor  der  Symphyse  zum  grossen  Theile 
Vom  Penis  gedeckt  —  beim  Weibe  von  den  grossen  Schamlippen  und 
^^1'  Clitoris; 

Die  Schichten  1  und  2  des  oberen  Abschnittes   fallen   mit    den  entsprechenden 
J^  Regio  pudendalis  zusammen  (s.  diese)    und    sind    daher    sub  B.  nicht  aufgeführt; 
le  Symphysis  ossium  pubis   tritt   an   die  Stelle  der  Schichten  3,  4  und  5  des  oberen 
Abschnittes. 

A.  Hautsohloht. 

Man  vergleiche  bezüglich  derselben  und  des  Mons  pubis  das  S.  5^ 
15  und  134  ff,  gesagte. 

B.  Fasoien  der  Baaohwand  im  allgemeinen.    Fasoia  anperflcialis. 

In    der    Leisten-    und    Schamgegend    spielen    die    Fascien   des 
Ruches  eine  wichtige  Rolle.     Wegen  ihrer  Beziehungen  zum  Samenstrange, 
Um  Penis  und  zum  Scrotum  kommen  sie  auch  hier,   bei  der  Topographie  der 
^^gio  pubica  und  pudendalis  zur  Sprache. 

j^        Wenige  Kapitel  der  Anatomie  zeigen  eine  so  geringe  Uebereinstimmung  in  der 

i*8tellung  als  hier;  Manche  beschreiben  nur  eine  Fascie  vor  dem  Musculus  obliquus 

ernus  abdominis,  Andere  zwei;   wieder  Andere  geben  eine  Fascie  an,   die  nach 

^,   en  zweiblättrig  werde.    Dazu  kommt  dann  noch  eine  Fascia  intercolumna- 

Ispermatica  externa,  Cooperi)  und,  von  Einigen  wieder  unterschieden,  eine  Fascia 

^uiasterica.    Endlich  wird  die  fetthaltige  Tela  subcutanea   selbst   als    „oberfläch- 

^^^'les  Fascienblatt«  aufgeführt. 

Wir  unterscheiden  in  der  Regio  inguinalis  und  pubica  wie  an  der 
&^Samten  vorderen  Bauchwand: 

1)  Die  Fascia  superficialis. 

2)  Die  Fascia  propria  musculi  obliqui  externi  abdominis  an- 
terior. 

3)  Die   Fascia    propria    musculi    obliqui    externi    abdominis 
posterior. 

4)  und  5)    Dieselben    beiden    Fascienblätter    am    Obliquus  in- 
ternus abdominis. 

6)  Die  Fascia  propria  musculi  transversi  abdominis  anterior. 

7)  Die  Fascia  endoabdominalis. 

g        1)  Bezüglich  der  Einklammerung  von  Nr.  7  wolle  man  die  weiter  unten  folgende 
**^*iuterung  vergleichen. 


222  Fascia  siiperficialis  des  Bauches.    Subfasciale  Gefässe. 

Zur  Fascia  endoabdominalis  gehört  als  einer  ihrer  Abschnitte  die  Fascia 
propria  musculi  transversi  abdominis  posterior,  die  man  gcwöhnlicb 
schlechthin  als  „Fascia  transversalis^  bezeichnet. 

Die  Fascia  superficialis  abdominis  (Fascia  Scarpae  autt.) M 
grenzt  das  am  Bauche^  bei  gesunden,  normal  ernährten  Menschen  stets 
fetthaltige  ünterhautbindcgewebe  gegen  die  Muskelwand  ab.  Sie  wird  vom 
Nabel  an  nach  unten  hin  stärker,  und  zeichnet  sich  durch  eine  reich- 
liche Einlagerung  von  elastischen  Fasern  vor  allen  anderen  Körpei'' 
fascien  aus.  Insbesondere  ist  das  der  Fall  in  der  Linea  alba,  vor  allei« 
in  der  Regio  pubica.  Die  Fascie  hängt  hier  fest  niit  der  Bauchaponeurose 
zusammen,  und  geht  sowohl  in  das  Ligamentum  Suspensorium  penis 
(clitoridis)  wie  auch  in  das  Ligamentum  fundi forme  über.  S.  später  beitw 
Abschnitte:  „Penis". 

Ferner  hängt  die  Fascia  superficialis  auf  der  Strecke  von  der  Spin^ 
iliaea  anterior  supcrior  bis  zum  Annulus  inguinalis  subcutaneus  mit  dem  Lig^' 
mentum  inguinale  zusammen,  geht  aber  von  da  wieder  in  die  Fasci^ 
superficialis  des  Oberschenkels  über. 

Anders  verhält  sie  sich  in  der  Regio  pubica  und  pudendalis,  zwischen 
l)ciden  subkutanen  Leistenringen.  Hier  heftet  sie  sich  nicht  an  unterliegende 
Theile  an,  sondern  geht  in  die  Fascia  penis  (clitoridis)  und  in  die  Tunie^ 
dartos  des  Hodensackes  (der  Labia  majora)  und  weiter  von  da  auf  den  Danin); 
in  dessen  Fascie  über.  Auf  die  Wichtigkeit  dieses  Verhaltens  bezüglich  der 
Ausbreitung  von  Ergüssen,    Infiltrationen  u.  A.    wurde   bereits    (S.  198)    hinge* 

wiesen. 

Wenn  Einige  mehrere  Blätter  der  Fascia  superficialis  abdominis  beschrieben 
haben,  so  ist  dies  nicht  ohne  Grund  geschehen.  Bei  einer  so  stark  entwickelten  Tel* 
subcutanea,  wie  am  Bauche,  kommt  es  häufig  vor,  dass  sich  das  Bindegewebe  55 
mehreren  blattförmigen  fascienähnlichen  Lamellen  verdichtet  und  das  Fett  in  mehrer 
übereinanderliegende  Strata  zerlegt.  Gegen  die  Gepflogenheit  aber,  das  gesamt^*' 
Unterhautgewebe  als  eine  besondere  oberflächliche  Lage  der  Fascia  superficialis  z^ 
■  boschreiben,  muss  Einsprache  erhoben  werden. 

Die  Nervi  und  Vasa  epigastrica  super ficialia  liegen  in  d^'' 
Tela  subcutanea,  zwischen  Cutis  und  Fascia  superficialis.  —  In  Fig.  78  is 
das  Fach  der  Fascia  clitoridis  dadurch  eröffnet,  dass  deren  seitliche  Anh«^»' 
tungen  an  den  Arcus  pubis  durchgeschnitten  sind  —  die  Schnittlinien  sin 
bezeichnet;  führt  man  sie  weiter  (in  der  Figur  nicht  zum  Ausdrucke  gekommen; 
bis  zum  lateralen  Pfeiler  des  Leistenringes,  dann  hat  man  den  Verbindungsweg 
zwischen  dem  subfascialen  Bauchraume  und  dem  subfascialen  Räume  am  Feni^? 
bezw.  der  Clitoris.  In  der  Figur  gibt  die  Stelle  oberhalb  der  dort  gezeichneten 
Symphysenvene  den  Weg  an. 

Subfasciale  Gefasse. 

Oben,  etwa  in  der  ll(")he  des  subkutanen  Leistenringes  und  auch  etw^ 
tiefer,  dicht  oberhalb  der  Wurzel  des  Penis  (der  Clitoris),    sind  beide  PlexU^ 

1)  S.  Struthers,  J.,  1.  c.  (S.  198). 


Fasciae  creniasterica,  intermusculares,  endoabdominalis  (transversalis).        223 

P^nipiniformes  durch  quere  Anastomosen  mitsamt  verbunden^).  Ferner 
^''^tt  aus  der  unteren  Symphysenpartie  ein  kleiner  Venenast  (Ramus  venosus 
^ymphysicus  ad  venam  dorsalem  clitoridis  subfascialem,  Fig.  78,  Frohse),  zur 
'^^na  dorsalis  penis  (clitoridis).  Kleine  Arterienäste  entstammen  der  Art.  ob- 
^^i'atoria  und  der  Art.  spermatica  externa.  (S.  S.  179.) 

Lockeres,  meist  nur  wenig  fetthaltiges  Bindegewebe  trennt  die  Fascia 
^^^perficialis  von  der  Fascia  propria  musculi  obliqui  externi  abdominis 
^^terior;  diese  ist  es,  welche  da,  wo  die  beiden  Pfeiler  des  subcutanen 
^^istenringes  auseinanderweichen,  recht  deutlich,  als  Fascia  intercolumna- 
^*s?  sichtbar  wird  und  als  Fascia  cremasterica  (Cooperi)  sich  mit  dem 
^^anienstrange  bis  zum  Scrotum  fortsetzt. 

Andere  fassen  die  Fascia  cremasterica  (Cooperi)  als  eine  Fortsctzung/aer  sehr 
^rdünnten  Aponeurose  des  Musculus  obliquus  externiis  abdominis  auf.  Ein  sicherer 
^i^tscheid  ist  schwer  zu  geben. 

^-  X'agoiae  intermnsoalares  abdominis  und  Fasoia  endoabdominalis  (trans- 

versalis)  mit  den  Spaüa  snprapubica  praefasoiale,  retrofasciale 

und  praevesicale  (Retzii)  nnd  der  Tela  subperitonaealis. 

Für  eine  klare  Darlegung  der  Spatia  suprapubica  und  des  Spatium 
Pi*aevcsicale  so  wie  der  später  abzuhandelnden  Lage  der  Bcckencingeweide 
^usg  hier  etwas  näher  noch  auf  die  Bauchfa seien  und  die  Tela  subperi- 
^^aealis  eingegangen  werden. 

Abgesehen    von    der    beschriebenen    Fascia    superficialis    und    der 

^scia  propria  musculi  obliqui  externi  abdominis  anterior,  hat  der 

wiere  Muskel   noch  eine  Fascie   auf  seiner   hinteren  Seite,   und   es  haben 

J|ch  der  Musculus  obliquus  internus  abdominis   und    der   Musculus  transversus 

^odominis   jeder   eine    Fascie    auf    ihren    beiden   Seiten.     Es   sind   dies   die 

^sciae    propriae    oder   die    Specialfascien   der    breiten    Bauchmuskeln. 

^^   kann   diejenigen   von   ihnen,   welche   zwischen  je   zwei   Muskeln    einge- 

^hlossen  sind,    also    die  in  der  Schichtenfolge  unter  Nr.  3—6  (einschliesslich) 

^^'hin   aufgeführten,    auch    als   die    intermuskulären    Bauchfascien 

j^sammenfassen.     Sie  sind  sehr  wichtig,  indem  sie  bei  Laparotomien  im 

^i'eiche   des  Muskelfleisches   der  Bauchwand,   z.  B.  beim  Lumbaischnitte,   die 

^sten  Fingerzeige  dafür  abgeben,  in  welcher  Tiefe  man  sich  mit  dem  Schnitte 

^ndet.     Da,  wo  diese  Fascien  muskulöse  Partieen  bekleiden,  liegen  sie  zwar, 

/^   bei   allen   breiten  Muskeln  (Trapezius,  Latissimus),  ihrem  Muskel  fest  an, 

^^^   jedoch  sehr  deutlich,    als  gut  abziehbarc  Blätter   entwickelt  5    da  wo  sie 

^^   Aponeurosen   überziehen,    werden    sie,    wie   begreiflich,    dünner    und    ver- 

inielzen  mit  den  letzteren,  so  dass  sie  kaum  in  grösseren  Stücken  präparirbar 

^^^*-    Dies   muss   festgehalten   werden,    wenn   man   das  Verhalten  der  Bauch- 

^  Beckenfascien  verstehen  will. 

1)  Perier,  Gh.,  Considerations  sur  TAnatomie  et  la  Physiologie  des  veines  Hpcr- 
^tiques  et  sur  un  inode  de  traitenient  du  Varicocele.  These  de  Paris,  1864.  (Zeich- 
*^^&  nach  Farabeuf.) 


S24  Fasciae  endoabdominalis  et  transversalis.    Tela  subperitonaealis. 

So  verhält  sich  auch  die  Fascia  tr  ansversalis  *);  sie  stellt  daB 
jenige  Stück  der  gesamten  Fascia  endoabdominalis  dar,  welches 
die  innere  Fläche  des  Musculus  transversus  abdoniinis  überkleidet,  ist  also, 
wie  vorhin  bemerkt,  identisch  mit  der  hinteren  Spczialfascie  des  Musculus 
transversus  abdoniinis  ==-.  Fascia  propria  musculi  transversi  abdominis  posterior. 
Auf  der  Aponeurose  des  Transversus  wird  sie  dünn  und  bleibt  solch  ein 
dünnes  Blatt  auch  hinter  den  Musculi  recti  abdominis.  Fügen  wir  gleich  hiuü«? 
dass  diese  Fascie,  wo  sie,  von  ihrer  Anheftung  an  dem  oberen  Symphysen- 
rande  ab,  sich  hinter  der  Syniphyse  her  zur  Beckenfascie  fortsetzt,  ganz  be- 
sonders dünn  wird,  so  dass  hier  also  nur  ein  sehr  schwaches  Blatt,  welches  noch 
dazu  fest  mit  der  Symphyse  verwachsen  ist,  diQ  Verbindung  mit  der  Becken- 
fascie herstellt. 

WoUte  man  an  der  hinteren  Flüche  der  Symphyse  überhaupt  eine  Fortsetzung 
der  Fascia  transversalis  läugnen,  so  würde  auch  das  annehmbar  sein.  Luschka^) 
z.  B.  bestreitet  jede  Fortsetzung*  der  Fascia  transversalis  zur  Beckenfascie, 

Unter  dem  Namen:  „Fascia  endoabdominalis" ^^  wird  der  ganze 
Fascienzug  verstanden,  der,  ähnlich  wie  das  Bauchfell,  nach  aussen  von  diesem, 
die  gesamte  innere  Fläche  des  Bauchraumes  überzieht.  Man  unterscheidet  a» 
ihr  mehrere  Unterabtheilungen,  insbesondere  die  Fascia  transversalis  (s.o.)? 
die  Fascia  diaphragmatica,  die  Fascia  iliaca;  —  die  Fascia  pelvis 
ist  ihre  Fortsetzung  in  das  Becken. 

Ein  weiterer  wichtiger  Punkt  betrifft  das  subperitonaeale  Bindegewebe- 
Dasselbe  verhält  sich  in  verschiedenen  Gegenden  des  Bauches  verschieden. 
Bald  ist  es  reichlich  entwickelt  mit  vielem  Fette,  und  dann  oft  deutlich  lamellosa 
bald  spärlich  und  dann  einfachem  lockeren  Bindegewebe  gleich.  Der  Umstand, 
dass  es  nicht  selten  in  deutlich  entwickelten  Lamellen  auftreten  kann,  hat 
dazu  geführt,  dass  man  —  sehr  ungeeigneter  Weise  —  die  gesamte  Tela  sub' 
peritouaealis   mit  dem  Namen   einer  „Fascie"  belegt  hat.     So  nannte  sie  s.  2- 


1)  Die  Fascia  transversalis  ist  zuerst  beschrieben  worden  von  Sir  Astley 
Co 0 per  und  Hesselbach,  später,  in  einer  eingehenden  Darstellung,  von  J.  Cloque^» 
dieser  gab  ihr  auch  den  Namen;  wenigstens  gebrauchen  ihn  Hesselbach  und  CoO' 
per  (letzterer  in  der  I.  Aufl.  von  1804)  noch  nicht.  Die  Abhandlung  Co  o  per 's  vom 
Jahre  1807  stand  mir  nicht  zur  Verlügung.  S.  Cooper,  A.,  The  anatomy  and  surgica-l 
treatment  of  inguinal  and  congenital  hernia,  London,  1804.  Fol. -— The  anatomy  ^n« 
surgical  treatment  of  crural  and  umbilical  hernia.  London,  1807.  —  The  anatomy  ^n^ 
surgical  treatment  of  abdominal  hernia.  11.  edit.  by  Aston  Key.  London,  1827.  i'ol  ^ 
Hesselbach,  F.  C,  Anatomisch-chirurgische  Abhandlung  über  den  Ursprung  ^^^ 
Leistenbrüche.  Würzburg,  1808.  —  Cloquet,  J.,  Kecherches  anatomiques  sur  *^^ 
hernies  de  l'abdomen.    These  de  Paris,  1817. 

2)  Luschka,  H.,  Die  Anatomie  des  Menschen.  Bd.  II,  Abth.  1,  Der  Bauch- 
Tübingen,  18G3.  S.  139.  ~  Gras  er,  E.,  Die  Unterleibsbrüche,  Wiesbaden,  1891;  S.3&; 
nennt  diese  Fascie:  „Fascia  intraabdominalis",  Langer-Tol  dt,  Lehrbuch  der  sy^^^' 
matischen  und  topographischen  Anatomie,  5te  Aufl.,  Wien,  1893,  S.  179:  ^Fascia  endo* 
gastrica".  Der  Luschka'sche  Name  dürfte  aus  mehrfachen  Gründen  den  Vorzug 
verdienen.    Die  BNA.  iiaben  keine  Bezeichnung  für  di(*.  all'-emeine  innere  Bauch fiis^Ji^' 


22G  Spatia  praefasciale  et  praevesicale. 

Der  Thatsacbe  aber,  dass  die  Tela  subperitoiiaealis  sich  faseicnäbnlich 
entwickehi  kann,  ist  Reebnun^  zu  tragen.  So  ist  es  z.  B.  in  dem  Fettbigcr 
der  Nieren  i).  Man  kann  dann  passender  Weise  solcbc  faseicnäbnlicbc,  ans 
der  Tela  subperitonaealis  entwickelte  Lamellen  mit  der  generellen  Bezeichnung* 
Fasciac  subperitonaeales^)  belegen. 

Nach  dieser  Klarstellung  der  Namen,  welche  für  die  Bauchfascicn  7M 
gelten  hätten,  können  die  Spa  tia  pr  aef  as  ciale  und  praevcsicalc 
leicht   verständlich  gemacht  w^erden. 

Da  die  Fascia  tr ans vcrsalis  sich  an  den  oberen  hinteren  Rand 
der  Sympbyse  ansetzt,  der  Musculus  rectus  abdominis  sich  aber  a«f 
die  Vorderfläche  der  Symphyse  begibt,  so  weichen,  je  näher  dem  oberen 
Syniphysenrande,  desto  mehr  der  Muskel  und  die  Fascic  auseinander;  zwischen 
beiden  entwickelt  sich  ein  mit  lockcrem,  fcttbaltigem  Bindegewebe  gefüllter, 
auf  dem  senkrechten  Durclischnittc  dreieckiger  Raum.  Dieser  Raum  ist  das 
Spatium  j)  r  a  c  fas ciale  m.  (Fig.  59  a).  Er  setzt  sich  nach  unten  in  das 
Cavum  pclvis  nicht  fort,  weil  ja  die  Fascia  tr  an  s  vcrsali  s  mh  den  oberen 
Symphysenrand  und,  weiter  lateralwärts,  an  das  Ligamentum  inguinale  sieb 
anheftet.  Nach  oben  wird  der  Raum,  da  die  Fascic  sich  dichter  an  den  Muskel 
anlegt,  immer  enger;  er  geht  schliesslich  auf  in  den  zwischen  Musculus  rectus 
alxlominis  und  dessen  hinterer  Scheide  befindlichen  Raum,  das  S  p  a  t  i  u  ni 
vaginale  m  u  s  c  u  11  r  e  c  t  i  abdominis  posterior,  in  welcliem  di*^ 
V  a  s  a  e  p  i  g  a  s  t  r  i  c  a  verlaufen. 

Grösser  und  wichtiger  als  dieser,  von  den  Autoren  auch  als  „submusku- 
lärer oder  retromuskulärcr"  bezeichneter  Raum,  ist  das  Spatium  pracvcsi' 
c  a  1  e.  Dieses  liegt  zwischen  der  F  a  s  c  i  a  t  r  a  n  s  v  c  r  s  a  1  i  s  bczw.  der  h  i  W' 
t  e  r  e  n  S  y  m  p  h  y  s  e  n  f  1  ä  c  h  e  und  demjenigen  Thcile  der  F  a  s  c  i  a  p  c  1  v  i  s? 
welcbcr  die  Blase  vorn  und  seitlich  übcrkleidet :  F a s c i  a  v c s i c a c.  (Fas c i ^ 
vcsicalis  Charpy^).  Auf  diesen  Raum  bat  zuerst  A.  Retzius^)  die  Auf- 
mcrksandvcit  gelenkt.  Wenn  er  ihn  auch  etwas  anders  begrenzte,  als  es  heute 
geschieht,  so  verdient  doch  die  Bezeichnung  „Cavum  Retzii"  erhalten  zu  bleiben. 

Nach  oben  hin  ist  dieser  grössere  Raum  nicht  scharf  begrenzt;  für  S^' 
wohnlich  reicht  er  nicht  weiter,  als  die  Linea  semicircularis  (Douglasi),  indem 
dort  das  ihn  erfüllende    lockere    subperitonaealc  Gewebe  schwindet    und  souii* 


1)  Vgl.  Gerota,  D.,  Beiträge  zur  Kenntniss  des  Befestigungsapparates  der  Niere- 
Archiv  für  Anat.  und  Physiologie.    Anat.  Abth.    1895.    S.  265. 

2)  Man  braucht  seit  langem  für  diese  Blätter  bei  den  Hernien  sclion  den  Namen- 
^Fascia  peritonaci  lierniae" ;  s.  z.  B.  König,  (1.  c.  S.  167)  Bd.  TL  S.  280  ~  Grasei* 
(1.  c.  S.  224)  S.  11;  das  könnte  aber  zu  Verwechslungen  mit  rein  peritonaealen  Bildun^*^^ 
füliren.    Der  Ausdruck:  „Fascia  sul)peritonaealis'*  ist  unzweideutig. 

3)  Charpy,  A.,  La  gaine  des  muscles  droits  et  la  Cavite  prevesicale.  Etude^ 
d'anatoniie  appliquee.     Paris  1892.  p.  183. 

4)  Ketzius,  A.,  Some  remarks  on  the  proper  design  of  the  semilunar  lines  oi 
Douglas.  Edinb.  med.  Journ.  1858.  p.  865.  —  Hyrtl,  J.,  Notiz  über  das  Cavum  V^^^' 
peritoneale  Ketzii  in  der  vorderen  Bauchwand  des  Mensclien.  Wiener  acadeiö- 
Sitzungsber.  Math.  natw.  Klasse.  29.  Bd.  1858. 


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228  Spatia  praevesicale  et  perivesicale. 

Der  praevesicale  Raum  besitzt  jederseits  einen  halbmondförmigen  Ausläufer, 
welcher  alsSpatium  perivesicale  sich  nach  hinten  so  weit  um  die 
Blase  erstreckt,  bis  er  die  zur  Blase  tretenden  grösseren  Gefässstämnic  und  die 
Ureteren,  welche  in  einer  von  der  Beckenwand  zur  Blase  tretenden  Duplikatur 
der  visceralen  Beckenfascic  liegen,  erreicht,  womit  der  weiteren  Ausdehnung 
der  perivesicalen  Spatia  nach  hinten  Halt  geboten  wird,  s.  Fig.  59  b.  Nach 
unten  reichen  der  praevesicale  und  die  perivesicalen  Räume  bis  zum  Becken- 
boden, d.  h.  bis  zum  Umschlage  der  parietalen  in  die  viscerale  Beckenfascic 
hinab,  vorn  (liinter  der  Symphyse)  also  bis  zu  dem  von  dieser  Fascic  gedeckten 
Plexus  pudendalis  (Fig.  59a).  Das  Fettgewebe,  welclies  bei  Erwach- 
senen in  dem  Cavuni  praevesieale  und  perivesicale  liegt,  ist  meist  in  Gestalt 
eines  sehr  weichen,  fast  vollständig  abgeschlossenen,  ghitt  begrenzten  Fett- 
körpers angeordnet,  der  nur  wenig  Verbindungen  mit  den  Wanden  des  Raumes 
eingeht.  Pierre  Del  b  et  erwähnt  diesen  cigenthümlichen  Fettkiirper,  des- 
gleichen Berry  Hart  (Selected  papers  in  Gynaecology  and  ObstetricS;  Edin- 
burgh and  London  1893,  p.  13).    (Vgl.  auch  die  Figg.  59  a  und  b.) 

Es  ist  hier,  dem  Gebrauche  gemäss,  von  „Räumen"  gesprochen  worden, 
obwohl,  wie  ja  auch  bemerkt  wurde,  dieselben  mit  fettlialtigem  Bindegewebe 
gefüllt  sind  und  daher  keine  „Hohlräume",  „Cava",  darstellen;  lateinisch 
wurde  dalier  auch  die  Bezeichnung  „Spatium"  genommen.  Bei  Kindern  bis 
zum  4.  Lebensjahre  jedoch  ist  ein  echter,  leicht  injicirbarer  Hohlraum  in^ 
Spatium  praevesicale  und  perivesicale  vorhanden,  der  im  letzteren  auch 
bei  Erwachsenen  erhalten  bleibt.  Genaueres  über  diese  Verhältnisse  enthält 
die  sorgfältige  Arbeit  von  Disse^),  dessen  Präparate  zum  Theil  in  der  Samm- 
lung des  L  Berliner  anatomischen  Institutes  aufbewahrt  werden.  Beim  Kapitel 
„Harnblase"  wird  auf  diese  Räume  zurückzukommen  sein. 

Die  sehr  einziehenden  Beschreibungen;  namentlich  der  französischen  Autoren, 
haben  nicht  in  allen  Stücken  zu  der  gleichen  Auffassung  «-eführt.  Meine  eigenen 
Untersuchung-en  bringen  mich  zu  der  Ansicht  Pauzat's,  Leusser's  und  Charpy% 
die  mit  der  liier  mitgetheilten  in  allem  Wesentlichen  übereinstimmt. 

Folgende  Punkte  sind  noch  hervorzuheben:  Beide  Räume,  der  praefascialc, 
wie  der  praevesicale,  zeigen  oberhalb  der  Symphyse  ein  medianes  dünnes  Septum, 
welches  jedoch  unvollständig  ist.  Dem  entsprechend  findet  man  bei  pathologischen 
Processen  mitunter  einseitige  Füllungen  der  betreffenden  Räume.  Eine  solche  septal^* 
Verbindung  besteht  ja,  wie  wir  sahen,  auch  zwischen  der  Linea  alba  und  der  Fascia 
superficialis  abdominis. 

Indem  die  Räume  sich  bis  zum  Nabel  hin  erstrecken,  wird  es  begreiflich,  dasS 
Beckenabscesse  sich  am  Nabel  entleeren  können. 


1)  Disse,  J.,  Beiträge  zur  Kenntniss  der  Spalträume  des  Menschen.  Arch.  für 
Anat.  und  Physiol.  Anatomische  Abth.  1889  S.  222.  —  Vgl.  ferner:  Charpy,  A.  (h  ^' 
S.  226).  —  Delbet,  Pierre,  Des  suppurations  pelviennes  chez  la  femme.  Paris  1891.  8. -^ 
Drappier,  E.  A.,  Contribution  ä  i'etude  du  plancher  pelvien  et  de  hi  cavite  prevesi- 
cale.  These  de  Paris,  1893.  4.  —  Delbet,  Paul,  Anatomie  chirurgicale  de  la  Vessie 
Paris,  1895.  8.  In  diesen  fünf  Schriften  findet  sich  auch  die  weitere  Literatui*,  ^^^ 
der  insbesondere  noch  die  Arbeiten  von  Pauzat,  Leusser  und  Pinner  hervorzi^'' 
heben  sind. 


Symphysis  ossium  pubis.  §29 

Der  praefasciale  Raum  soll  nach  Charpy  nicht  mit  dem  Spatium  vag-inale 
^J^terior  des  Musculus  rectus  abdominis  kominuniciren,  indem  das  Perimysium  des 
^usculus  rectus  sich  nach  links  und  rechts  in  Gestalt  von  Flüg-elplatten  (ailerons)  über 
^n   MuskelUörper    hinaus    bis  zum  Vereinigen *>'swinkel  der    vorderen    und    hinteren 

^heide  des  Rectus  fortsetze;  dadurch  würden  beide  vaginalen  Räume  von  einander, 
^fl  damit  auch  der  praefasciale  Raum,  der  ja  nach  oben  in  den  hinteren  vag*ina- 

^'^  Raum  überg*eht,  vom  vorderen  vaginalen  Räume  getrennt. 

Nach  Charpy  findet  zuweilen  auch  eine  ho ri  zontale  Trennung  im  Bereiche 
^^s  pva(.vesicalen  Raumes  statt,  indem  sich  der  oberhalb  der  Symphyse  liegende 
/^^il  (Spatium  suprapubicum  retrofasciale  m.)  von  dem  hinten*  der  Symphyse  liegen- 
^^^  (Spatium  praevesicaie  im  engeren  Sinne)  durcli  bindegewebige  Blätter  sondern 
^ann;  es  ist  dies  durch  das  Verhalten  pathologischer  Ergüsse  wahrscheinhch  gemacht. 
Indem  zwischen  Fascia  vesicae  und  Bauchfell,  oder  da,  wo  die  Fascie  fehlt,  un- 
mittelbar zwischen  ßlasenwand  und  Bauchfell  auch  noch  eine  mehr  oder  minder  dicke 
^^ß^   lockeren    fetthaltigen  Bindegewebes  vorhanden  ist,  kann   man  mit  Charpy  in 

^cksicht  auf  pathologische  Processe,  welche  sich  in  dieser  Schicht  isolirt  entwickeln, 

Och  von  einein  Spatium  snbperitonaeale  vesicae  sprechen.  Zu  diesem  Lager 
^tthaltigen  Bindegewebes  gehört  auch  das  zwischen  Fascia  vesicae  und  Blasenwand 
befindliche  subfasciale  Fett;  s.  die  Figuren  59 a  u.  b. 

Für  die  Operationen  an  der  Blase,    namentlich  für  die  von  vorn  her  vorzuneh- 

^nden,  ist  es  sehr  wichtig  zu  wissen,  dass  man  hier,  bevor  man  an  die  Blasenwand 
g'elangt,  auf  eine  glatte  Schicht  stossen  wird,  die  Fascia  vesicae,  hinter  der 
^^h  ein  Fettlager  (subfasciales  Fett)  kommt,  dann  erst  auf  die  Blasenwand  mit  ihrem 
^eiio.ripiexus. 

Die  Fascia  vesicae  wird  von  Farabcuf,  wie  Pierre  Delbet  mittheilt,  als 
»■^ponevrose  ombilico-vesicale"  bezeichnet  Dieselbe  ist  meines  Erachtens,  ebenso  wie 
l^^e  gesamte  Fascia  pelvis  visceralis  (endopelvina  BNA.)  von  einer  stärkeren 
^»nellären    Entwicklung    der   Tela   subperitonaealis    abzuleiten,    gehört    also    zu    den 

^sciae  subperitonaeales  (s.  das  vorhin  Gesagte). 

Mit  Disse  stimme  ich  übercin,    wemi  er    die  Entwicklung    des    ganzen 
Pi'ävesicalcn  Raumes,  insbesondere  des  Spatium  snprapubicuni  retrofasciale,  auf 
^^  liohc  Lage  der  Blase  im  frühen  Kindesalter  zurückführt.     Selbstverständlich 
spielt  dabei  die  Bewegung  der  Blase  ihre  Rolle.  S.  das  Kapitel:  Harnblase. 

D.   Symphysis  ossinm  pubis. 

lieber  die  Symphysis  ossium  pubis  ist  das  Nöthige  bereits  S.  33 

^^gegebcn  worden.     Hier  ist  nur  nachzutragen,  dass  sich  die  Sehnen  der  Mus- 

^^^i  recti,    namentlich    deren    medialer  Theil,    noch    1—1 V2  ^^^  weit    auf    der 

^J'derflächc    der  Symphyse  hinab    verfolgen    lassen  (s.  die  Längsfaserung  bei 

'  A^ig.  23),  ebenso  wie  Querfasern  von  den  ürsprungsschnen  der  Adductoren, 

^^cbe  sich    untereinander    und  mit   den  Rectusfasern  verflechten.     Der    obere 

y^^ipbysentheil  gewinnt  dadurch  eine  ansehnliche  Verstärkung, 

Unten  zeigt  die  Vorderfläche  der  Symphyse  eine  flache  Rinne  (Fig.  23,  b), 
^Iche  zur  Orientirung   bei  Operationen   nützlich   sein  kann.     Au  dieser  Stelle 
^ten  kleine  Gefässe  ein,  von  denen  die  Venen  mit  der  Vena  dorsalis  subfas- 
^^alis  penis  (clitoridis)  anastomosiren  (Fig.  78). 


230  Hinter  der  Symphyse  gelegene  Theile. 

E.  Die  hinter  der  Symphyse  gelegenen  Theile, 
^insbesondere  die  Vasa  retropubica. 

Hinter  den  Ansätzen  der  Musculi  rccti  stösst  man  zunäclist  (von  den  vorhin 
bcseliriebenen  Faseien  abgesehen)  auf  das  gemeinsame  Ikckcnansatzbündel  der 
Museuli  obliquus  internus  und  transversus  abdominis  (conjoincd  tcndon),  s.S.  176; 
in  der  Mittellinie  dann  auf  das  sogenannte  Adminiculum  lineae  albae. 
Vor  und  hinter  diesem,  dem  oberen  Sympliysenrandc  entlang,  laufen  im  prac- 
vcsicalcn  Räume  die  anastomosirenden  Ranii  pubici  der  Vasa  cpiga- 
strica  inferiora  mit  ihren  Verbindungen  zu  den  vorderen  Acsten  der  Vasa 
obturatoria. 

Grade  hinter  dem  Mittclstücke  der  Symphyse  treffen  wir  zahlreiche  kleine, 
die  Symphyse  versorgende  Zweige  der  Vasa  obturatoria;  am  unteren  Rande, 
in  der  Vertiefung  zwischen  beiden  Ligamenta  puboprostatica,  den  von  der 
Beckenfascic  gedeckten  Plexus  pudendalis,  in  den  die  Vena  dorsalis  pcnis 
(clitoridis)  subfaseialis  einmündet;  zwischen  diesem  und  den  Venae  obturatoriae 
bestehen  auch  Anastomosen  hinter  der  Symphyse. 

Alle  diese  Gefässc,  mit  Ausnahme  des  Plexus  pudendalis,  sind  so  unbe- 
deutend, dass  ihre  Verletzung  nicht  störend  wirkt. 

Die  Fascia  transversalis  ist,  wie  bemerkt,  hinter  der  Symphyse  so  dünn, 
dass  sie  präparatorisch  niciit  darzustellen  ist;  deshalb  wurde  sie  in  der  Schichten- 
tabelle in  Klammer  gesetzt.  Wollen  wir  eine  dünne  Fortsetzung  derselben  zur  Becken* 
fascie  gelten  lassen,  so  müssen  die  Symphysengefitsse  diese  dünne  Lamelle  durch- 
bohren, um  zur  Symphyse  selbst  zu  gelangen;  sie  wären  also  von  vorn  her  (vgl.  das 
S.  34  Gesagte)  durch  dies  dünne  Blatt  noch  gedeckt. 

In  Fig.  80  ist  die  Lage  der  Theile  dargestellt,  welche  sich  unmittelbar 
nach  Wegnahme  der  Symphyse  zeigen.  Rechts  (im  Bilde)  haben  wir  die  zii' 
nächst  hinter  der  Symphyse  folgenden  Theile:  die  Aeste  der  Vasa  obtura- 
toria; hinter  diesen  das  praevcsicale  und  subperitonaeale  Fettgewebe,  wodurch 
die  Blasenwand  verdeckt  wird;  man  sielit  den  Vertex  der  Blase  mit  dem 
Ligamentum  umbilicalc  medium  (Urachus)  etwas  darüber  hinausragen.  Links  ist 
durch  Wegnahme  des  Fettes  die  vordere  Blasenwand  mit  den  sie  deckenden 
grossen  Venen,  die  zum  Plexus  pudendalis  ziehen,  freigelegt.  Man  sieht  fcrnei* 
die  Vena  dorsalis  clitoridis  zwischen  Ligamentum  pracurcthralc  und  Lig'^' 
mentuni  arcuatum  pubis  hindurchziehen,  sowie  unter  der  Clitorisvenc,  im  Winkel 
zwisclien  beiden  Crura  clitoridis,  bedeckt  von  den  Venae  urethrales,  ein 
Stück  der  Harnröhre.  Alles  dieses  kann  auch  für  das  männliche  Becken 
gelten,  weshalb  hier  eine  besondere  Figur  nicht  nöthig  war.  Man  wolle 
übrigens  auch  Fig.  G6  vergleichen. 

Sehr  wichtig  ist  für  die  Operationen  in  dieser  Gegend,  ausser  dem  eben 
dargelegten,  noch  das  Verhalten  des  Bauch  feil  sackes;  man  sieht  das  Peri" 
tonaeum  links  im  Bilde  dicht  oberhalb  der  Blase  und  zur  Seite  des  Urachus 
unmittelbar  nach  Wegnahme  des  Fettkörpers  vortreten.  Weiteres  im  Kapitell 
IIa  r  n  bl  asc. 


Ile<^io  pndendalis.  231 


Regio  pudendalis. 

Die  üussercn  Gcschleclitstheilc^  welche  die  Regio  pudendalis 
^mnclimcn,  sind  unmittelbar  unter  der  Regio  pubica  gelegen.  Beim  Manne  sind 
^^^  sebarf  von  dieser  Gegend  abgesetzt,  und  bestehen  aus  dem  männlichen 
^Hcde,  Penis,  dem  Hodensacke,  Scrotum  mit  dessen  Inhalte  und  aus 
^^ni  Samenstrange,  Funiculus  spermaticus. 

Ob  man  den  Inhalt  des  Scrotnni,  d.  h.  Sameiistrang,  Hoden  und  Nebenhoden, 
^^  wie  deren  Anhano^sgebilde  mit  zu  den  äusseren  Geschlechtsorganen  rechnen 
Solle,  kann  ang-ezweifelt  werden;  jedenfalls  ^^-ehören  sie  zur  Keg-i  o  pudendalis. 
^om  Samenstrange  liegt  nur  die  untere  Hälfte  in  dieser  Gegend;  die  obere  zieht  man 
^^r  Regio  pubica. 

Die  Grenzen  und  das  Aeussere  der  Regio  pudendalis  viri  zu  schildern, 
^st  tiberflüssig;  es  mag  auf  die  Figuren  1,  2,  5,  7,  11,  61,  66  und  75  ver- 
wiesen sein.  Auch  muss  von  der  Darstellung  einer  „Schichtenfolge"  im  ganzen 
Abstand  genommen  werden,  da  diese  bei  der  Heschreibung  der  einzelnen 
Organe  zur  Sprache  kommt. 

Folgendes  nur  gehört  wohl  am  besten  in  eine  Schilderung  der  Gegend  im 
Zusammenhange: 

Der  Penis  im  erschlafften  Zustande  ist  vor  dem  Scrotum  gelagert, 
^asselbe  mehr  oder  minder  bedeckend.  Ist  die  Tunica  dartos  erschlafft,  und 
^st  der  Musculus  cremaster  unthätig,  dann  reichen  gewöhnlich  die  beiden  Hoden- 
^^ckhälften  etwas  tiefer  hinab,  als  die  Eichel  des  Penis  und  sind  zur  Seite 
desselben  deutlich  von  vorn  her  sichtbar;  meistens  ist  der  Stand  der  linken 
Hodensackhälftc  etwas  tiefer  als  derjenige  der  rechten,  was  man  durch  lang- 
sameren Abfluss  des  Blutes  der  Vena  spermatica  interna  sinistra  zu  erklären 
gesucht  hat.  Anders,  wenn  die  beiden  genannten  Muskelhäute  in  Thätigkeit 
s^*^d.  Das  Scrotum  wird  dann  fast  kugelig,  die  Hodenkontur  ist  äusserlich 
nicht  gut  mehr  wahrzunehmen,  und  beide  Hoden  mit  dem  Scrotum  rücken 
^^hr  oder  minder  hoch  hinauf  hinter  die  Wurzel  des  Penis  an  den  Damm, 
indessen  gelten  für  diese  Lageverhältnisse  viele  individuelle  Verschiedenheiten. 
^^  Penis  und  Scrotum  können,  was  chirurgisch  bemerkenswerth  ist,  einer 
^nsgcdehnten  Verlagerung  und  Verschiebung  unterworfen  werden,  ohne  Schaden 
^n  nehmen. 

Im  erigirten  Zustande  nimmt  nicht  nur  der  Penis  an  Volumen  zu, 
Sondern  er  erhebt  sich  gegen  den  Bauch  hin,  sodass  der  Schambeinwinkel  des- 
s^^lben,  den  er  im  erschlafften  Zustande  aufweist,  völlig  ausgeglichen  wird;  auch 
^in^mt  bei  voller  Erektion  das  Glied  eine  bauchwärts  leicht  konkav  gekrümmte 
^^stalt  an.  Die  Eichel  erreicht  erst  bei  hoher  geschlechtlicher  Erregung,  kurz 
^or  der  Ejakulation,  ihre  volle  Schwellung.  Bei  normalen  Verhältnissen  soll  der 
^%irte  Penis  von  der  medianen  Lage  nicht  abweichen.  Ueber  die  Hälfte  der 
Länge  des  männlichen  Gliedes  (erschlaffter  Zustand)  liegt  am  Damme  in  der 
^^gio  urogenitalis,  wo  die  hintere  Grenze  des  Bulbus  bis  an  den  Musculus 
^Phincter  ani  externus  herangeht,  während  die  Corpora  cavernosa  penis  nur  bis 


232  Regio  pudendalis. 

zur  Synostosis  iscliiopubica  reiclicn.  Von  diesem  Inntcrcn  Ende  erstreckt  sicU 
die  Pars  fixa  (occnlta  oder  perinealis)  penis  bis  zur  Aiilicftung  des  Ligamen- 
tum susi)ensorium  um  den  unteren  Rand  und  die  vordere  (untere)  Fläelic 
der  Symi)hyse  herum  in  einem  ganz  flaelien^  dorsal  konkaven  Hogen.  An  der 
Anlieftung  des  genannten  Bandes  liegt  die  ^spitzwinklige  K nie knngss teile 
(etwa  60**);  dieselbe  befindet  sieh  noch  0,5—1^5  cm  vor  dem  oberen  Symphy* 
senrande.  Die  Knickung  wird  wesentlich  mit  durch  das  Ligamentum  Sus- 
pensorium und  das  Ligamentum  fundiformc  penis  (s.  w.  u.)  bedingt 
schneidet  man  beide  durch,  so  sinkt  der  vordere  freie  Theil  des  Penis,  l*ars 
libera  (pendula),  der  von  der  Knickungsstelle  ab  zurechnen  ist,  so  weit  hinab, 
dass  der  Winkel  zu  einem  stumpfen  wird. 

Die  Pars  fixa  penis  liegt  der  Symphyse  am  Angulus  pubis  dicht  «iiii 
kaum,  dass  die  Vena  dorsalis  penis  noch  Platz  findet,  um  zwischen  beiden 
Corpora  cavcrnosa  penis  zum  Plexus  pudendalis  hin  durchzuschlüpfen.  Weiter 
nach  vorn  und  oben  vergrössert  sicli  die  Entfernung  zwischen  Rücken  des 
Penis  und  Vorderflächc  der  Symphyse  inmicr  mehr;  Fett  und  die  vorhin  ge- 
nannten Venen  liegen  zwischen  beiden.     Der  Abstand  beträgt  0,5—1  cm. 

Bei  der  Erektion  nimmt  der  freie  Theil  des  Penis  die  Richtung  der  Pf^i*^ 
fixa  an  und  setzt  dieselbe  fort,  sodass  die  dorsal-konkave  Krünnnung  noch  etwas 
verstärkt  wird;  dabei  nähert  sich  der  Penis  der  Symphyse. 

Der  Hodensack  setzt  vorn  am  Knickungswinkel  des  (erschlafften)  Penis 
an  die  Pars  fixa  desselben  an,  so,  dass  seine  vordere  Grenze  noch  v  o  i'  den 
oberen  Symphysenrand  fällt;  die  hintere  Grenze  liegt  vor  der  Mitte  des 
unteren  Symphysenrandes  (1 — 1,5  cm).  Die  Breite  des  Scrotalansatzes  beträgt 
3,5 — 4  cm;  sie  verläuft  schräg  abwärts  nach  hinten^).  —  Bei  geschlossenen 
Beinen  ist  unter  normalen  Verhältnissen  von  hinten  her  von  den  äusseren  Gc- 
schlecbtstheilen  weder  des  Mannes  noch  des  Weihes  etwas  zu  sehen;  dieses 
Lageverhältniss  gewährt  namentlich  dem  Hodensaeke  einen  unverkennbaren 
Schutz.  Erst  bei  gebückter  Stellung  und  gespreizten  Oberschenkeln  sind  die 
betreffenden  Theile  auch  von  hinten  her  zugängig. 

Alles  weitere  soll  erst  nach  vollendeter  Beschreibung  der  Beckenwan- 
dungen erledigt  werden,  indem  wir  zweckmässig  die  äusseren  Geschlechtsthcile 
den  inneren  anreihen,  und  sie  zusammen  mit  den  übrigen  Ikckeneingeweiden 
abhandeln.  Dabei  soll  auch  die  Untersuchung  am  Lebenden  und  an  der 
Leiche,  sowie  das  Präparationsverfahren  zur  Sprache  gebracht  werden. 


1)  In  Fig.  fiß  ist  der  Scrotalansatz  ein  wenig  7AI  weit  nacli  hinten  verlegt. 


Caviim  pelvis  musculare.    Uebersicht.  03,3 


Innere  Topographie  des  männlichen  Beckens: 
Die  Weichtheile  der  inneren  Beckenwand  und  die  von 
ihnen  begrenzte  Beckenhöhle  =  Oavum  pelvis  musculare. 

Die  vorstellend  gegebene  Beschreibung  der  Beckenwand  mit  ihren 
^^chichten  von  der  Haut  bis  zum  Bauchfelle  hin  genügt  zu  einer  genauen  topo- 
Si^aphisehen  Kcnntniss  noch  nicht.  Hierfür  ist  es  noch  erforderlich,  die  Theile, 
Welche  wir  an  der  inneren  Beckenwand  unmittelbar  unter  der  Serosa  treffen, 
Von  der  Beckenhöhle  aus  zu  untersuchen,  und  zu  beschreiben,  wie  sie  von 
^3.  aus  gesehen  zu  einander,  zu  der  inneren  Beckenwand  und  zu  den  Becken- 
^^ngeweiden  liegen.  Dann  wird  eine  Schilderung  der  Becken  höhle  zu  geben 
Sein,  wie  sie  sich  bei  erhaltenen  Weichth eilen  gestaltet. 

Im  Anschlüsse  hieran  sollen  die  grösseren  Gefässe  und  Nerven 
^^es  Beckens  im  Zusammenhange,  nnd,  so  weit  sie  noch"  nicht  erledigt 
^^i*en,  auch  im  einzelnen  besprochen  werden.  —  Alles  übrige  bedarf  nur 
^'^or  kurzen  Zusammenstellung. 

Auch  bei  dieser  Schilderung  müssen  beide  Geschlechter  gesondert  werden- 
^11'  besprechen  zuerst  die  Verhältnisse  beim  Manne. 

Uebersicht. 

Unmittelbar  auf  der  Innenwand  des  Bänderbeckens  liegen  die  Binnen- 
^^skeln  des  Beckensi  dann  folgen  die  grösseren  Nervenstämrae, 
^lann  die  Beckenfascie,  dann,  in  der  reichlich  entwickelten  Tela  sub- 
P^^itonaealis,  die  Gefässe  und  Lymphdrüsen;  zu  innerst  die  Becken- 
^*^^*osa.  Ein  grosser  Thcil  dieser  Bildungen  schinmiert  bei  normalem  Bauch- 
^*'e  durch  dasselbe  hindurch,  ein  anderer  Theil  kann  noch  durch  Betastung 
Wahrgenommen  werden. 

S.  78 — 82    haben    wir    die    B  e  c  k  e  n  h  ö  h  1  e    beschrieben,    wie   sie   im 

^^-nderbecken  erscheint:  das  Cavum  pelvis  osseum;  jetzt  ist  das  Cavum  pelvis 

'^  Untersuchen,    wie  es  sich  gestaltet,  wenn  die  Muskeln  und  die  grossen  Gc- 

ass-  und  Nervenstämme   erhalten   sind.     Ua  die  Muskeln   hierbei   die   Haupt- 

9.che  sind,  so  bezeichnen  wir  diese  Höhlung  des  Beckens  als  Cavum  pelvis 

Usculare.     Wir   sehen    dabei    von    den    Eingew  ei  den  ab.    Erst  nach  der 

Einstellung   dieser   kann   der  eigentliche  Hohlraum  des  Beckens,    das  Cavum 

Pulvis  sc  r  OS  um,  das  Peliocoeloma,  besprochen  werden. 

Die  Weichtheile  der  inneren  Beckenwand  im  ganzen. 

Ein  Bild  des  muskulösen  Beckeninnenraumes,    etwas   unterhalb  der  Mitte 

^^s   kleinen    Beckens,    gibt   Fig.  GO.      Die    ßeckenhöhlc    ist    von   länglich- 

^aler  Form,    mit   dem    grösseren  Durchmesser   von   vorn   nach   hinten;    der 

^^'^^sste  Querdurchmesser  liegt  im  hinteren  (rectalen)  Abschnitte.     Vorn  (Sym- 


234  Allg-cmeines  über  die  Lagerung  der  Theilc  im  Becken. 

physe),  hinten  (Kreuz-Steissbein)  und  seitlich  in  der  Mitte  (Os  ischii)  haben 
wir  knöcherne,  seitlich  vorn  und  seitlich  hinten  niuskuicisc  Begrenzung*:  Mus- 
culi obturator  cxternus  und  coccygeus  mit  dem  Ligamentum  sacrospino- 
sum.  Der  vordere  Weichtheilauslass  (Foramen  obturatum  mit  Canalis  obtura- 
torius)  führt  in  das  Adductorengebict  des  Oberschenkels,  der  binterc  (Foraniiua 
iscbiadica)  zur  Gesässgcgcnd;  der  Musculus  obturator  internus  bildet  das 
stärkere  Wandelcment.  Die  mittlere  seitliche  Knochenwand  trägt  das  Hüft- 
gelenk. Die  ganze  Innenwand  des  Cavum  pelvis  ist  mit  einem  Fascicnblattc 
(Figg.  59b  und  114),  der  Fascia  pelvis  parictalis  ausgekleidet,  welche 
sich  vom  Beckenboden  aus  mit  der  die  Bcckcncingeweide  deckenden  Fascia 
pelvis  visceralis  verbindet.  Die  Fascia  pelvis  parictalis  ist  in  Fig.  59a 
imd  in  Fig.  59b  blau  eingezeichnet,  die  Fascia  pelvis  visceralis  gelb;  die 
Verbindungsstelle  liegt  an  den  Vasa  hypogastrica.  In  die  schematischen  Fi- 
guren sind  die  Samenblasen,  deren  Durchschnitt  samt  Blase  und  Rectum 
man  in  Fig.  6.0  sieht,  nicht  mit  aufgenommen  worden. 

Die  allgemeine  Lagerung  der  Weichthcile  zur  Beckenfascie 
ist  die,  dass  die  Muskeln  und  Nerven  nach  aussen  von  ihr  liegen,  also 
zwischen  Fascie  und  Knochen,  die  Gefässe  nach  innen,  d.h.  zwischen 
Fascie  und  Bauchfell;  diese  Lage  haben  auch  die  wandständigen 
Eingeweide  wie  Ureteren  und  Ductus  deferentes,  ja,  streng  genommen, 
auch  alle  tibrigen  Eingeweide.  Demnach  müssen  alle  Gefässe,  w^elche  das 
Becken  verlassen  (z.  B.  A.  femoralis,  glutaeae,  obturatoria,  pudenda 
interna)  die  Fascia  pelvis  parictalis  durchbohren,  die  begleitenden  Nerven 
nicht;  umgekehrt  haben  diejenigen  Nerven  die  Fascie  zu  durchbohren, 
welche  zu  den  Eingeweiden  treten,  die  begleitenden  Gefässe  nicht.  I» 
beiden  Fällen  werden  die  durchbohrenden  Gefässe  und  Nerven  von  dünnen 
Fortsätzen  der  Fascie  eine  Strecke  lang  in  Scheidenform  begleitet;  schliesslich 
verlieren   sich    diese  Scheiden.    (S.  Fig.  112  —  V.  haemorrhoidalis  inf.  — ) 

Jede  der  drei  grossen  Knochenabtheilungen  des  Beckens  hat  ihre 
besondere  Muskeldecke:  zum  Kreuzbeine  gehört  der  Musculus  pii'i' 
formis,  zum  Darmbeine  der  II io psoas,  insbesondere  dessen  Portio  iliaca, 
zum  Ischiopubicum  der  Obturator  internus.  Dazu  kommen  der  Theil  der 
Bauchmuskeln,  welche  in  die  Kegiones  inguinales  und  pubica  hinabreichen 
und  die  Muskulatur  des  Beckenbodens  =  Musculus  levator  ani  und  Muscu- 
lus coccygeus. 

Die  grösste  Anhäufung  von  Gefässen  findet  sich  an  der  Grenze  zwischen 
grossem  und  kleinem  Becken  (Vasa  iliaca  externa)  und  vor  der  Kreu/-- 
darmbeingrenze  (Vasa  hypogastrica);  die  Nerven  sind  mehr  zerstreut; 
jedoch  (Plexus  sacralis)  in  grösserer  Masse  mit  den  Vasa  hypogastrica 
zusammengelagert. 

Die  wandständigen  Eingeweide  (beim  Manne)  liegen  an  der  vorderen 
(Urach us)  und  seitlichen  Beckenwand  (Ductus  dcfcrens  und  Ureter)  von 
allen  Thcilen  der  Serosa  am  nächsten,  abgesehen  von  den  Vasa  spermatica 
interna. 


<s.  /, 


/////. 


1,  ./ 


M. 


Is-.  üv 


V  l  i\  n  !1  ni    I  II  '  «"  I  :  ^1  : 


23C  Weichtheile  der  hinteren  und  seitlichen  Beckenwand. 

Die  Weichtheile  der  hinteren  Beckenwand. 

Die  (las  Kreuzbein  und  das  Steissbein  deckende  Fascie  ist  in  der  Mitte 
sehr  dünn,  auf  den  Seitentheilen  wird  sie  stärker.  Hier  liat  sie  aber,  ent- 
sprechend den  t'oraniina  sacralia  anteriora,  rundliche  Ausschnitte  für  die 
von  den  (Jrenzstranggang-lien  konnnenden  Rann  comniunicantes  und  die  Gefäss- 
äste,  welche  in  den  Kreu/beinkanal  eintreten.  An  der  recfiten  Seite  des  Kreuz- 
beines in  Fi^.  61  zwisclien  6,  5,  ß  und  20  ist  ein  Stück  der  Fascie  erbalten, 
welche  bei  5  und  6  von  Arterienästen  durchbohrt  wird.  Zwei  sympathische 
Gani^licn  (zwischen  5  und  20  und  bei  ß  unten)  sieht  man  je  in  einem  solchen 
Aussclmitte  liegen;  deren  Rami  comniunicantes  treten  hinter  die  Fascie, 
während  deren  Rami  viscerales  (bei  ß  unten  und  vom  dritten  untersten  Ganglion) 
vor  der  Fascie  verbleiben,  und  zum  Rectum  und  der  Blase  ziehen. 

Vor  der  Fascie,  also  zum  Beckencavum  hin,  finden  wir  zunächst  hinter 
dem  Rectum,  in  dem  dasselbe  umgebenden  Fettgewebe  (perirectales  Fettgewebe) 
eingebettet  die  Vasa  und  Nervi  haemorrhoidalia  superiora  (a,  Fig,  61).  Näher 
zum  Knochen  hin,  jedoch  vor  der  Fascie,  liegen  1)  der  Grenzstrang  des 
Heckensympathicus,  dessen  Ganglien,  wie  eben  erwähnt,  an  den  Foramin^ 
sacralia  in  Ausschnitten  der  Fascie  gebettet  sind;  2)  in  der  Mittellinie  die 
Vasa  sacralia  media  (Fig.  61,  20);  8)  seitlich  die  Vasa  sacralia  late- 
ralia  (Fig.  61,  6).  Die  Venac  sacrales  so  w^ic  die  Lymphgefässe, 
welche  letztere  nicht  abgebildet  sind,  bilden  je  einen  Plexus:  Plexus  venosus 
sacralis  anterior,  Plexus  lymphaticus  sacralis. 

Die  Weichtheile  der  seitlichen  Beckenwand. 

Die  seitliche  Beckenwand  zeigt  eine  so  dichte  Bedeckung  mit  Ge- 
fässen,  Nerven  und  Eingeweiden,  dass  von  der  Muskelwand  (M.  obturator  in' 
ternus,  innere  Wand  des  Psoas)  nur  wenig  sichtbar  wird.  Nach  Wegnahme 
des  Bauchfelles  zeigt  sich  ein  meist  sehr  reichlich  entwickeltes  subperitonaeales 
Fettbindegewebe  von  blättrigem  Gefüge,  in  welchem  die  Gefässe  lagern,  so  wie 
diejenigen  Nerven,  welche  die  parietale  Fascie  bereits  durchbohrt  haben.  Ein 
fast  immer  deutliches  subperitonaeales  Blatt  hängt  jederseits  mit  der  Arterifi 
umbilicalis  (Ligamentum  umbilicale  laterale)  (s.  S.  227  u.  229)  zusammen. 

Indem  bei  der  im  Niveau  der  Synchondrosis  sacralis  I/II  (oder  ein  wcni? 
darüber)  stattfindenden  Th eilung  der  Vasa  iliaca  communia  der  eine 
grosse  Gefässzug  (Vasa  iliaca  externa)  dem  Psoas  folgt,  also  am  Eingange 
des  kleinen  Beckens  bleibt,  der  andere  (Vasa  hypogastrica)  aber  vor  der 
Articulatio  sacroiliaca  als  eigentliches  Beckengefäss  in  die  Tiefe  des  Beckens 
hinabsteigt,  ist  dadurch  die  Hauptlage  der  Theile  an  der  seitlichen  Beckenwand 
bestimmt  (Fig.  61).  Die  Arteria  umbilicalis  und  die  Vasa  ol)turatori^ 
schliessen  sich  dem  oberen  Zuge,  dem  der  Vasa  iliaca  externa,  an,  der  Urctei* 
den  Vasa  hypogastrica.  Der  Ductus  defcrens,  indem  er  weiter  vorn  an  der 
seitlichen  Beckenwand  aufwärts  steigt,  bildet  gewissermaasscn  die  Grundlinie 
des  zwischen  den  beiden  genannten  Zügen    freibleibenden    dreieckigen  Feldes. 


Fi-,  ul 


238  Weichtheile  der  seitlichen  Beckenwand, 

Von  oben  nach  unten  folgen  in  dem  oberen  Zu^e:  1)  Die  Arteria  iliaca 
externa  (3,3);  diese  g*ebt  in  derselben  Flucht  proximal  in  die  Arteria  iliaca  coin- 
munis  (2)  über;  2)  die  Vena  iliaca  externa.  Vorn  an  der  Bauch  wand  sieht  ni^n 
in  der  Fi^'ur  die  Vasa  epig-astrica  inferiora  (14)  aus  diesen  Gelassen  entsprint>'cn.  -" 
Falls  die  Vasa  obturatoria  anomaler  Weise  aus  den  Vasa  epi^^astrica  inferiora  oder 
iliaca  externa  kommen,  werden  sie  in  der  Gegend  unter  den  Vasa  epigastrica  in* 
feriora  angetroffen  (13  und  22  Fig.  61), 

Unter  der  Vena  iliaca  externa  kommt  zunächst  die  Arteria  umbilicalis  (12, 16)> 
dann  der  Nervus  obturatorius  (^),  der  von  den  Rami  vesieales  (superiores)  der 
Arteria  umbilicalis  (15)  gekreuzt  wird. 

Im  unteren  (Hypogastrica-)  Zuge  erscheint  vorn  die  Pars  pelvina  des 
Ureter,  welche  die  vorhin  genannten  Gefässe  sämtlich  kreuzt  und  parallel  der  Arteria 
hypogastrica  verläuft;  er  liegt  dicht  unter  dem  Bauchfelle,  nach  innen  von  sämtlichen 
gekreuzten  Gefässen.  Zunächst  nach  hinten  folgt  (piroximal)  der  Stamm  der  Artcria 
oder  der  Vena  hypogastrica  (letztere  in  Fig.  61),  distal  die  Vasa  pudenda  interna- 
In  Fig.  61  ist  ein  Fall  abgebildet,  wo  die  Artcria  dorsalis  penis  (11.  11.  11.  ^^^ 
sich  alsbald  von  der  Arteria  pudenda  interna  (8)  abzweigte,  und  am  Beckenboden  zur 
Seite  der  Blase  und  der  Prostata  verlief,  um  unter  der  Symphyse  auf  den  Pcniö- 
rücken  überzugehen  (s.  S.  214), 

Weiter  hinten  folgen  die  Vasa  glutaea  und  sacralia  lateralia  (5,6). 

Der  Ductus  deferens  (d)  kreuzt  fast  alle  genannten  Theile,  unten  an  der 
Blase  auch  den  Ureter;  von  allen  Gebilden  liegt  er  dem  Bauchfelle  ai» 
nächsten. 

In  Fig.  62  sind  die  an  der  seitlichen  Reckenwand  gelegenen  Tbci»^? 
wie  sie  vom  Bauchfelle  bedeckt  erscheinen,  abgebildet.  Bei  normalen^ 
Bauchfelle  und  nicht  zu  starker  subperitonaealer  Fettentwickluug  vermag  nian 
fast  alle  vorhin  aufgezählten  Stücke  durch  das  Bauchfell  hindurchzuschen-,  bd 
der  Wichtigkeit  einer  schnellen  Orientirung  an  der  inneren  seitlichen  Becken- 
wand ^  soll  die  Erklärung  der  Zeichnung  hier  noch  folgen. 

Zu  oberst  auf  dem  Musculus  psoas  major  verlaufen  die  Vasa  spcrmatica  i^' 
terna  (6).  8  und  9  sind  die  Arteria  und  Vena  iliaca  externa,  die  aus  den  VaS» 
iliaca  communia  entpringen.  (15  =  Arteria  iliaca  communis  dextra  und  sinistr^, 
24  =  Vena  iliaca  communis  sinistra;  die  Vena  iliaca  communis  dextra  ist  in  dcii^ 
Winkel  zwischen  7  und  15  (rechts)  zu  sehen,  jedoch  nicht  bezeichnet.)  22  ist  die  VcnJ^ 
Cava  inferior,  23  das  Endstück  der  Aorta  abdominalis;  20  bedeutet  das  Promontoriui«? 
21  die  Schnittlinie  des  von  der  Aorta  abgelösten  Bauchfelles.  Vorn  sieht  man  dic 
fast  leere  Harnblase  (25),  über  welche  die  Plica  vesicalis  transversa  (4)  quer  hinüber- 
zieht, um  sich  in  der  Gegend  des  abdominalen  Leistenringes,  zwischen  den  Vasa  ep^' 
gastrica  inferiora  (3)  und  dem  Ductus  deferens  (5)  zu  verlieren.  Bei  mageren  1^' 
dividuen  ist  auch  der  Ureter  (7)  leicht  zu  sehen. 

Durch  diese  drei  Bildungen  werden  vier  ungleich  grosse  Felder  abgegrenzt: 
1)  vor  der  Plica  vesicalis  transversa  die  Fossa  paravesicalis  anterior  nio 
in  dieser  liegen,  von  aussen  nach  innen  gezählt:  der  Anfang  der  Vasa  epi- 
gastrica inferiora,  der  Anfang  einer  anomal  entspringenden  Arteria  oAet 
einer  meist  vorhandenen  Vena  obturatoria  (siehe  Figur  61),  das  vordere  mehr 
in  einer  Frontalebene  verlaufende  Stück  der  Arteria  umbilicalis  (2)  und  ein 
Stück  einer  oder  der  anderen  Arteria  vesicalis  superior;  2)  zwischen 
Plica  vesicalis  transversa  (4)  und  Ductus  deferens  (5)  die  Fossa  paravesicaD^ 
posterior  m.;  in  dieser  finden  sich  nur  Theile  der  Arteria  umbilicalis  uu^ 


240  Weichtheile  der  vorderen  Beckenwand. 

Eierstock.  Der  tiefste  Winkel  der  Grube  ist  hinten,  da  wo  der  Ureter  sich 
mit  der  Vena  iliaca  kreuzt;  aus  diesem  Winkel  tauchen  der  Nervus  obturatorius 
und  die  Arteria  umbilicalis  auf,  letztere  nach  innen  vom  Nerven  gelegen  u»d 
ihn  unter  spitzem  Winkel  kreuzend. 

4)  Die  Fossa  hypogastrica  ni.  zwischen  Ureter  (nach  vorn)  und  lateralem 
Kreuzbeinrande  (nach  hinten).  Die  Unterlage  derselben  bildet  wesentlich  der 
Musculus  piriformis.  Auf  ilini  liegen  subfascial  die  Stämme  des  Plexus 
sacralis,  auf  diesen  und  subperitonaeal,  also  durch  die  (dünne)  parietale 
Beckenfascic  von  den  Nerven  getrennt,  die  Vasa  hypogastrica  mit  ihren 
Verzweigungen.  In  der  Figur  gewahrt  man  als  gewöhnlich  am  meisten  vor- 
springende Tlicile:  den  vorderen  und  hinteren  llauptast  der  Arteria  hypogastrica 
(IG  u.  17)  und  der  Vena  hypogastrica  (18). 

In  der  Fossa  hypogastrica  tinden  sich  die  Beckenöffnungen  der  Fora- 
mina  supra-  und  infrapiriforme;  der  Zugang  zum  Foramen  ischiadicuni 
minus  liegt  in  der  Fossa  obturatoria. 

Der  Musculus  obturator  internus,  welclier  die  Wand  der  Fossa 
obturatoria  bildet,  zeigt  einen  eigenthlnnlichen  Wi  nke  1,  der  auf  Frontal- 
sclinitten  deutlich  liervortritt  (Fig.  19,  Angulus  m.  obt.  int.).  Während  nämlieh 
der  ol)ere  Theil  bis  zum  Arcus  tendineus  musculi  levatoris  ani  schräg  mcdian- 
wärts  streicht,  fällt  der  untere  zu  gunsten  der  Ausbildung  der  Fossa  ischio- 
rectalis  fast  senkrecht  ab. 

Nach  den  hier  gegel)enen  und  durch  die  Figuren  61  und  62  versinu- 
lichten  Daten  wird  man  sich  leicht  an  der  seitlichen  Beckenwand  orientircn 
können . 

Die  Weichtheile  der  vorderen  Beckenwand. 

Die  Innenfläche  der  vorderen  Beckenwand  (im  Gebiete  der  Kegio  pubica 
und  ingninalis)  zeigt  —  s.  Fig.  63  —  folgende  Theile:  In  der  Mitte  zieht 
vom  Blasensclieitel  in  der  Plica  umbilicalis  media  das  Ligamentum  umbilicalß 
medium  aufwärts,  reclits  und  links,  zu  demselben  konvergirend,  die  obliterirtcn 
Arteriae  umbilicales  in  den  Plicae  umbilicales  laterales,  und  weiter  laterahvärts 
in  derselben  konvergenten  Richtung  die  Vasa  epigastrica  inferiora  in  der  Pli^*^ 
epigastrica.  Schräg,  etwa  vom  unteren  Drittel  der  Plicae  vesicales  aufsteigend, 
gewahrt  man  (meist  nur  durch  das  Gefühl  wahrnehmbar),  das  Ligamentuiii 
inguinale.  Zwischen  diesen  Vorsprüngen  erscheinen  die  Leistengruben:  Fovea 
supravesicalis,  Foveae  inguinales  medialis  und  lateralis,  senkrecht 
unter  diesen  beiden  die  Fovea  femoralis.  Laterahvärts  von  der  letzteren  ver- 
lassen die  grossen  Sehenkelgefässstämme  die  Beckenhöhle;  über  die  Vasa  cpi' 
gastrica  inferiora  sieht  man  den  Ductus  dcferens  (Ligamentum  teres  uteri  beini 
Weibe)  zur  äusseren  Leistengrube  ziehen.  Die  Vasa  spermatica  intern^ 
und  der  Nervus  S])ermaticus  externus,  welche  auf  der  oberen  Psoasfläche 
zu  derselben  Grube  ziehen,  sind  in  der  Figur  nicht  angegeben  worden. 

Die  Fovea  ingninalis  lateralis  dient  den  Herniae  canalis  inguinaH^ 
(Heruiae  inguinales  externae  oder  obliquae  oder  indirectae  autt.)  zum  Eintritte; 


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<lii*^i'r  I  M*fijii,'ii  ijijil  Hniiiiii  ifi'^lM'iri    in  lij"    in|i(.-*f;i|ihi>i/ili('    AiuiltHJii'r   iit'h   iLiiiriH^"^' 

|.|^^-.  t;.|:\  X.'Hii  '\Vr-ii:iliiiif   i!t-^  Ii,fiiif/lilV!l»'^ 

itrii  :ii]  iU-r  \  onlt'!*<ii  l'iM'ki'iiu  iiüd  hiiit*''' 

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'*'  ^  '         iiikI     >iiii^li'Hfii  •    iititl     /;\\  iM'hi/ii    ilin^'^^ 

i    v.        ^'iiH'   rtiiiiliH'lii-   <hiil>r,    l''ii<<ii   |niJ'><^' 

2,  2  fM'iiSl  il  t  i  iM,        In     <lii">CT    <  d'lllH^    fj^U^'^'^ 

iltT    Pli*  x  !i>  |rii<h'iiil:i!is   üimI  s<*hi('!^^' 
MH\    i\:t   sr'iiit*  -t'iili^'hi'i!  Wrlstmliiiif:'^''^ 

ilic    \'i'}t  ;i    il  i»r^:i  1  i,s    |M'i!  is   zu  iNm* 


Dil:)  Weiehtheile  der  unteren 
Beckenwand. 

/  !5f<*kt'tiitoi!ili\     win!     \oii     dnti     lH:i' 

ii  ri  II  .-i  ri  ;l      PlrAii-i    i?  ii  «h*  n  iJ  ;i  1 1 ",     \'«'!i;h'  ,      ,  -     .      i«  i  *i  i    .       i>    ;  .l.,«!* 

.  ,    .  lii^h  IS    |>;|  r  ii'l  ;i  I  IS    t;'flii!drl.      I  »Ü  "t  » 

V  <■•  s  ir.ti  M  •  s   .1, !  s !  <•  r  !  f '!  r  t."  H  <  •  i    L  i  t.»;  n  u  u^  i  s  l  :i  '  ' 


It'li    iHM'ki/tilh'iliir    isl     V<H!  iVu^M'V  \V-il5<' 
llil'IlK /tt  srliüi.     i'J>i    lj;ir|i   i-jilf(n'llli".- 


:;     /',/;•;/';<////// ;-/.,-/Vfv^</.-/r ///'///.//'/-^r,  di\-i    1»;! i  1 T ! I (*  1 ! TS    iiini    \V'f\:i"{i<iliiiic   "^''^ 

riiiliiji^^H'    sikdtlk.jir    p/m.-M'lif     wvi'äv^^* 


i;        //.•///>/     ///i//v/^/;/,f,://V;    ,^J    r^//;/.f/    r.lr  \"V'rii       /.•'i.t;:!      :-.fl'l'.      Hl      *!<'i'     l''''i,U^Ml*     '^** 

////•.//.'-/'/'//i/,  S  V' i!i  |i  h  \  ,>^',   Ulli  (|4'r   iMuhn'iin.i.   rtiJ'*'' 

!■   !\s  MMi'H    ihi'i   M!fM'j"   V<T;u;J;i:<;sii!}:r  Um»   N;iii,i--n:    lii«rhi;i   r-'ni;iiis   i  ji  ,ii"y  in«' '^  ^ '^ 

(S.    iSi'     lljt'h'l    krir-/    i'ijiiir«'    l-';i!h'    inil     S.   «;!»;!,'. 

Tf   .\!i>  Tit.!  II! :   TtTüff'   M''.'ii!;i^<'.'!!iMt   Isiiiii.-riiu'.  T,  IIL    Vi'S,  l'^li'',   S,  >-:«i. 


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244  Blutgefässe  der  inneren  Beckenwand. 

piriformis  m.  (Bandelette  prösciatique  Testut  I.e.  (S.  242)  p.  1020)  und  das 
Foramen  suprapiriforme  lateralwärts  umkreist  (13). 

Die  von  den  Muskeln  bedeckten  Knochengrenzen  des  Becken ansganges  sind 
durch  eine  punktirte  Linie  markirt. 

Die  Figur  zeigt  ferner  die  Durchtrittsöffnungen  der  Gefässe  und  Nerven:  füf 
die  Venen  des  Plexus  pudendaÜs  (vor  6),  für  den  Nervus  und  die  Vasa  obtura- 
toria  (16),  das  Foramen  suprapiriforme  (links  leer,  rechts  mit  der  Arteria  gl^' 
taea  superior  (17),  endlich  den  Spalt  zwischen  dem  Musculus  piriformis  und  cocey- 
geus  (Foramen  infrapiriforme),  durch  welchen  die  Nervi  und  die  Vasa  glutaea 
inferiora,  pudenda  und  der  Nervus  ischiadicus  durchtreten;  in  der  Figur  sind  diese 
durchtretenden  Theile  nicht  gezeichnet.  An  der  linken  Seite  der  Figur  ist  die  Fascia 
pelvis  erhalten,  rechts  treten  alle  Theile  von  der  Fascie  entblösst  hervor. 


Blutgefässe  der  inneren  Beckenwand. 

Wir  bal)en,  s.  Eig.  61,  an  der  innereji  Beckenwand  folgende  Blutgefässe: 

1)  Die  Vasa  iliaca,  externa  und  deren  Aeste: 

a)  Rami  lympho glanduläres. 

b)  Vasa  circumflexa  ilium  profunda. 

c)  Vasa  epigastrica  infeiiora. 

2)  Die  Vasa  hypogastrica  und  deren  Aeste: 

a)  Vasa  obturatoria, 

b)  Vasa  pudenda  interna. 

c)  Vasa  glutaea  inferiora. 

d)  Arteria  umbilicalis  mit  den  Arteriae  vesicales  superiores. 

e)  Vasa  vesicalia  inferiora  mit  den  Vasa  defercntialia. 

f)  Vasa  uterina  (Weib). 

g)  Vasa  h  a  e  m  o  r  r  h  0  i  d  a  1  i  a  media. 
h)  Vasa  i  1  i  o  1  u  m  b  a  1  i  a. 

i)   Vasa  glut  aea  sup  eriora. 
k)  Vasa  sacralia  lateralia. 

3)  Die  Vasa  sacralia  media. 

4)  Die  Vasa  spermatica  interna: 

a)  Vasa  testicularia  (Mann). 

b)  Vasa  ovarica  (Weib). 

Hierzu  kommen  5)  die  vorhin  (S.  216)  besprochenen  Venenplexus. 

Abgesehen  von  kürzeren  Bemerkungen  über  einzelne  dieser  Gefässe  (Vasa 
sacralia,  S.  155,  Vasa  glutaea  und  pudenda  interna,  S.  160  und  169) 
sind  bereits  beschrieben  vt^orden:  die  Vasa  iliaca  externa  und  deren  Aeste 
(S.  176 — Arteria  epigastrica  lateralis),  die  Vasa  obturatoria  (S.  179) 
und  die  Vasa  pudenda  interna  (S.  212  if,)-  Die  Topographie  der  grossen 
Gefässe  und  deren  noch  nicht  genauer  besprochenen  Aeste  finden  im  Nach- 
stehenden ihre  Erledigung. 

1«  Yasa  iliaca  communia  et  externa. 

Wir  schicken  bezüglich  der  topographischen  Beziehungen  zwischen  den 
Arteriae  und  Venae  iliacae  (communes  und  externae)  die  Bemerkung  vorauf? 
dass  die  Venen  stets  die  mediale  Seite  der  Arterien  aufsuchen  und  da,  wo  sie 
einander  kreuzen,  hinter  den  Arterien  verlaufen.     Somit  werden,  da  die  Veü^ 


Vasa  iliaca.  24& 

^ava  inferior  rechts  neben  der  Aorta  abdominalis  liegt,  beide  Venae  ili- 
^cae  communes  die  Arteria  iliaca  communis  dextra  kreuzen  müssen, 
Während  mit  der  Arterie  der  linken  Seite  keine  Kreuzung  nöthig  ist.  Rechts 
"^^rläuft  die  Vena  iliaca  communis  dextra  noch  eine  Strecke  weit  lateral- 
^ärts  neben  ihrer  gleichnamigen  Arterie,  tritt  dann  hinter  sie  und  kreuzt  sie 
hinter  sehr  spitzem  Winkel  dicht  oberhalb  der  Theilung  in  die  Arteriae  hypo- 
gastrica  und  iliaca  externa,  während  die  Kreuzung  der  Vena  iliaca  commu- 
nis sinistra  mit  der  Arteria  iliaca  communis  dextra  unter  fast  rechtem 
Kinkel  und  dicht  unterhalb  der  Aortentheilung  stattfindet. 

Für  die  Unterbindung  der  betreffenden  Gefässe  sind  diese  Verhältnisse 
nichtig;  man  wird  sich  zu  erinnern  haben,  dass  man  die  Vene  rechts  an  der 
lateralen  Seite  der  Arterie  und  hinten  von  ihr  trifft,  während  links  die 
''^^ne  an  der  medialen  Seite  der  Arterie  liegt. 

An  der  Theilungsstelle  der  Vasa  iliaca  communia  kreuzen,  entweder 
^ßchts  wie  links  die  Venae  iliacae  externae  die  betreffenden  Arteriae  hypo- 
gastricae  dicht  an  derem  Ursprünge,  wobei  dann  die  Arteria  hypogastrica  in 
die  Venengabel  und  die  Vena  iliaca  externa  in  die  Arteriengabel  zu  liegen 
l^ommt,  oder  es  findet  gar  keine  Kreuzung  dieser  Gefässe  statt.  Dies  ist  der 
Fall,  wenn  die  Theilung  der  Vene  erst  distal  von  der  Arterientheilung  beginnt, 
8-  Fig.  61  (rechte  Seite). 

Wichtig  ist  die  Beziehung  der  Ureter en  zu  den  grossen  Darmbeinge- 
fässen:  sie  kreuzen  dieselben,  indem  sie  vor  ihnen  in  das  kleine  Becken  hinab- 
Ziehen.  Dabei  gilt  als  Kegel,  dass  1)  der  rechte  Ureter  weiter  distal  die 
^reuzung  vornimmt  als  der  linke,  2)  dass  er  bei  der  Kreuzung  stärker  wink- 
"&  gebogen  ist,  als  der  linke,  welcher  in  geradem,  schlanken  Laufe  dem  kleinen 
^^cken  zustrebt. 

Infolge  des  ersteren  Umstandes  ^)  wird  man  häufiger  den  rechten  Ureter 
^öi*  der  Arteria  iliaca  externa  verlaufen  sehen  (Fig.  61),  den  linken  vor 
^^r  Arteria  iliaca  communis;  laufen  beide  vor  der  Iliaca  communis,  dann 
"*ifft  man  dennoch  den  rechten  Ureter  mehr  distal,  den  linken  mehr  proximal 
l^feuzend  an ;  der  linke  liegt  demnach  der  Mittellinie  in  der  Regel  etwas  näher. 
Zu  der  Arteria  hypogastrica  und  den  benachbarten  grossen  Venen 
"'eten  die  Ureter  en  in  folgende  Beziehung:  Nach  der  Kreuzung  mit  den 
*^asa  iliaca  liegen  die  Ureteren  je  an  der  medialen  Fläche  der  betreffenden 
-^J'teria  hypogastrica,  sobald  die  Kreuzung  nahe  der  Theilungsstelle  der 
'^'^teria  iliaca  communis  erfolgte.  Dabei  rückt  der  Ureter  mehr  an  den 
Hinteren  oder  an  den  vorderen  Umfang  der  Hypogastrica,  je  nachdem  die 


1)  Luschka*s  Behauptung  (Anatomie  des  menschlichen  Bauches.  Tübingen, 
^863,  8.  S.  294),  dass  der  rechte  Ureter  den  Anfang  der  Arteria  iliaca  externa,  der 
ij^ke  das  Ende  der  Arteria  iliaca  communis  kreuze,  geht  in  ihrer  allgemeinen 
fa-ssung  zu  weit.  Man  kann  gar  nicht  so  selten  den  rechten  Ureter  auch  die  Arteria 
*^iaca  communis  überschreiten  sehen,  und  wohl  auch  den  linken  den  Anfang  der 
^'^teria  iliaca  externa.  Die  Regel  muss  nach  der  im  Texte  hier  gegebenen  Fassung 
^^fgestellt  werden. 


2^0  Vasa  iliaca. 

Kreuzung  ober-  oder  unterhalb  der  Theilungsstelle  stattfand.  Entfernt  sich  die 
Kreuzung  weiter  von  der  Theilungsstelle,  dann  berührt  der  Ureter  die  Hypo- 
gastrica  nicht  mehr  (s.  Fig.  61) i).  Rückt  der  Harnleiter  an  den  hinteren 
Umfang  der  Hypogastrica,  so  trifft  er  beiderseits  (am  sichersten  links)  die  Vena 
iliaca  communis;  rückt  er  an  den  vorderen  Umfang,  so  trifft  er  die  Vena 
iliaca  externa  (Fig.  61).  Sein  Verhalten  zu  den  Venae  hypogastricae 
wird  durch  die  Lage  der  Theilungsstelle  der  Vena  iliaca  communis  zu  der 
der  gleichnamigen  Arterie  bestimmt;  so  kann  er  dann  auch  bald  die  Vena 
hypogastriea  auf  eine  grössere  Strecke  berühren,  bald  nicht. 

Vgl.  über  die  Lagebeziehungen  des  Harnleiters  zu  den  grossen  Beckongefässen 
und  über  diese  selbst  noch  das  Kapitel  „Ureter"  und  die  Figuren  51,  6J,  82,  83 
und  85. 

Hinter  den  Vasa  iliaca  communia  verläuft  der  Nervus  obturatorius 
und  der  Grenzstrang  des  Sympathicus;  vor  ihnen  treten  sympathische 
Zweige  vom  Plexus  aorticus  abdominalis  zum  Plexus  interiliacus 
(s.  w.  u.)  und  zum  Plexus  haemorrhoidalis  ins  Becken  hinab,  sowie  an 
der  linken  Seite  noch  die  Vasa  haemorrhoidalia  superiora.  Beim  Weibe 
ziehen  auch  die  Vasa  ovarica  (spermatica  interna)  nebst  ihrem  sympathischen 
Nervenplexus  vor  den  Vasa  iliaca  externa  ins  kleine  Becken. 

Die  Theilungsstelle  der  Vasa  iliaca  communia  liegt,  wie  bemerkt, 
gewöhnlich  in  der  Höhe  der  Synostosis  sacralis  I,  H,  oder  etwas  höher  (Fig.  61) 
auf  den  Partes  laterales  des  Kreuzbeines  dicht  an  der  Synchondrosis  sacroiliaca; 
doch  kommen  häufig  Aenderungen  vor,  so  dass,  da  auch  die  Lage  der  Aorten- 
und  Cava-Theilung  wechselt,  die  Länge  der  Vasa  iliaca  communia  grossen 
Schwankungen  unterliegt  (2—8  cm,  meist  jedoch  über  5  cm,  Barkow)^). 

Die  Vasa  iliaca  externa  laufen  am  medialen  Psoasrande,  dicht 
oberhalb  der  Linea  terminalis,  zum  inneren  Schenkelringe,  indem  sie  dabei 
eine  leichte  Krümmung,  mit  der  Konvexität  nach  al)wärts  gerichtet,  zeigen 
(Fig.  61).  Kurz  vor  dem  Eintritte  in  den  inneren  Schenkelring  durchsetzen 
sie  den  Bogros 'sehen  Raum,  wo  die  Arteria  iliaca  externa  bei  ihrer  Unterbin- 
dung aufgesucht  wird.  Hier  werden  sie  vom  Ductus  deferens  (Mann)  Li- 
gamentum teres  uteri  (Weib),  medianwärts  gekreuzt;  ferner  kommen  die 
Nervi  spermaticus  externus  und  lumboinguinalis  in  manchen  Fällen  vor 
sie  zu  liegen;  in  anderen  bleiben  der  Nervus  spermaticus  externus  oder  beide 
Nerven  lateralwärts  von  den  Gefässen. 

lieber  die  diese  Blutgefässe  begleitenden  Lymphgefässe  und  Lymph- 
drüsen 8.  w.  unten. 

Nennenswerthe  Aeste  geben  die  Vasa  iliaca  communia  nicht  ab; 
nur  ist  zu  merken,   dass  gewöhnlich    die  Venae    iliolumbales   und  Zweige 

1)  Dass  der  Ureter  so  weit  von  der  Arteria  hypogastriea  ab  nach  vorn  üe^*» 
ist  selten.  Die  Fig.  61  ist  getreu  nach  dem  betreffenden  Präparate,  bei  dessen  Her- 
stellung jede  Verschiebung  der  Theile  vermieden  war,  gezeichnet. 

2)  Barkow,  H.  C.  L.,  Die  angiologische  Sammlung  im  Anatomischen  Museum 
der  K.  Universität  zu  Breslau.    Breslau,  1869.   4.    S.  XC. 


Vasa  hypogastrica.  247 

des  Plexus  venosus  sacralissich  in  die  Vena  iliaca  communis  ergiessen, 
^ßd  dass  die  Vena  sacr aus  media  in  die  Vena  iliaca  communis 
sinistra  mündet. 

In  1—2  Procent  der  Fälle  sind  Klappen  in  den  Venae  iliacae  communes  vor- 
'landen;  öfter  findet  man  ein  Kiappenpaar  am  Beginne  der  Venae  iliacae  externae. 

Varietäten  und  Abnormitäten.  Wir  führen  nur  die  praktisch  wichtigen 
^^'  In  erster  Linie  ist  auf  die  im  höheren  Alter  meist  in  Folge  atheromatöser  Pro- 
zesse so  häufigen  Verbiegungen  und  Krümmungen  der  Vasa  iliaca  communia  und 
externa  aufmerksam  zu  machen.  Am  meisten  stellen  sich  diese  als  excessive  Ent- 
wicklung der  schon  vorhin  erwähnten  normalen  Krümmung  der  Vasa  iliaca  externa 
dar,  wobei  die  Arteria  iliaca  externa  sehr  tief  in  das  kleine  Becken  hinabsteigen 
^ann  und  mit  dem  Scheitel  der  Krümmung  tiefer  zu  liegen  kommt  als  die  Vene.  ~ 
Ferner  ist  zu  merken,  dass  in  seltenen  Fällen  die  Arteria  wie  die  Vena  iliaca  com- 
munis einer  Seite  fehlen  können;  dann  münden  die  Vasa  iliaca  externa  und  hypo- 
^astrica  dieser  Seite  direkt  in  die  Aorta,  bezw.  die  Vena  cava  inferior.  Rechtsseitig 
*st  dies  für  viele  Säugethiere  die  Regel.  —  Die  Arteria  iliaca  externa  gibt  bei  fehlender 
•^i'teria  hypogastrica  am  oberen  Umfange  der  Incisura  ischiadica  major  deren  Aeste 
ab.  _  jjj  seltenen  Fällen  hört  der  Stamm  der  Arteria  iliaca  externa  schon  im  Schenkel- 
^^*^g:e  auf;  sie  wird  dann  am  Beine  durch  eine  stark  entwickelte  Arteria  glutaea  inferior 
^i'Sietzt.  —  Die  Vena  iliaca  communis  kann  eine  Strecke  lang  doppelt  vorhanden  sein. 


2.  Vasa  hypogastrica. 

Die  Stämme  der  Vasa  hypogastrica  sind  nur  kurz  (im  Mittel  2,5—3  cm); 
^iß  sind  schwächer  als  die  Vasa  iliaca  externa  (Arteria  hypogastrica  7  mm, 
Arteria  iliaca  externa  10- 12  mm,  W.  Krause,  1.  c.  (S.  179)  Bd.  IL  S.  637). 
^hre  Richtung  geht  nach  abwärts  und  nach  hinten  anf  den  oberen  Umfang 
^^s  Foramen  ischiadicum  majus  zu.  Zugleich  wenden  sie  sich  ein  w^enig  me- 
dianwärts  und  müssen  dabei  eine  leichte  Krümmung  um  die  Linea  terminalis 
"^schreiben,  da,  wo  diese  die  Articulatio  sacroiliaca  kreuzt.  Ihr  oberes  Ende 
''uht  hinten  auf  der  medialen  Psoasfläche,  dann  auf  der  Articulatio  sacroiliaca, 
^0  insbesondere  die  Vene  noch  den  Kreuzbeintheil  des  Musculus  iliacus  treifen 
*^^nn.  Hinter  ihnen  liegen  endlich  noch  der  Truncuslumbosacralis 
Vom  Plexus  lumbalis  (Fig.  51)  und  die  Vasa  i  liolurabalia. 

Die  Lage  des  Ureter  zu  den  Vasa  hypogastrica  wurde  bereits  erörtert. 
■^  Die  Vene  liegt  im  Durchschnitte  an  der  lateralen  Seite  der  Arterie; 
^'so  näher  der  Beckenwand;  diese  Lagebeziehung  halten  auch  die  Aeste 
"^i  ihrem  Ursprünge  noch  ein;  mehr  zur  Peripherie  hin  verdoppeln  sich  die 
'^^nen  und  umflechten  mit  Anastomosen  die  Arterien.  Der  Stamm  der  Vena 
hypogastrica  kann  dabei  aber  vor  die  Arterie  rücken  (Fig.  61)  oder  etwas 
*^  i  II  t  e  r  sie  zu  liegen  kommen  (Fig.  83).  —  Bei  den  Gefässen  liegen  median- 
^ärts  unmittelbar  unter  dem  Bauchfelle  der  starke  sympathische  Plexus  hy- 
P^^gastricus  und  die  Vasa  lymphatica  hypogastrica,  während 
die  Lymphoglandulae  hypogastricae  sich  in  die  Lücken  zwischen 
d<in  in  rascher  Folge  abgehenden  zahlreichen  Aesten  einschieben. 

Beim  Fötus  ist  die  Arteria  hypogastrica  viel  stärker  als  die  Arteria  iliaca 
externa  und  ihr  Stamm   setzt   sich    direkt   in   die  Nabelarterie   fort,   während   die 


Ö4Ö  Arteria  umbilicalis. 

übrigen  Aeste  sehr  unbedeutend  erscheinen.  Ja,  das  Kaliberverhältniss  ist  so  zti 
Gunsten  der  Arteria  umbilicalis  verschoben,  dass  diese  wie  ein  unmittelbarer  Ast  der 
Aorta  sich  ausnimmt.  Nach  Unterbindung  der  Nabelschnur  obliterirt  das  Stück  der 
Arteria  umbilicalis  vom  Nabel  bis  zum  Abgange  der  Arteria e  vesicales  supß' 
riores;  die  Strecke  der  Arterie  von  da  bis  zum  Abgange  des  nächsten  Astes  des 
Hypogastrica-Stammes  bildet  sich  erheblich  zurück,  und  so  erscheint  die  Arteria 
umbilicalis  später  nicht  mehr  als  Fortsetzung  der  Hypogastrica,  sondern  als  einer 
ihrer  Aeste. 

Die  Aeste  der  Vasa  hypogastrica  zerfallen  topographisch  in  eine  vordere 
und  hintere  Abtheilung,  ihrer  Verbreitung  nach  in  Wandäste  und  Ein* 
geweideäste.  Die  Wandäste  kann  man  topographisch  wieder  zerlegen  in 
solche,  w^elehe  das  Cavum  pelvis  verlassen  (äussere  Wandäste)  und  solche, 
welche  an  der  innern  Beckenwand  verbleiben  (innere  W  a  n  d  ä  s  t  e). 

Die  vorder  eAbtheilung  enthält  die  äusseren  Wandäste:  Vasa 
obturatoria,  pudenda  interna  und  glutaea inf eriora,  und  die  sämtlichen  Einge- 
weideäste: Arteria  umbilicalis  [vesicales  superiores]  —  ohne  begleitende 
Venen  — ,  Vasa  vesicalia  inferiora  (beim  Weibe  hierzu  die  Vasa  uterina),  Vasa 
haemorrhoidalia media ;  die  hintere  Abtheilung  umf asst  die  inneren  Wand- 
äste: Vasa  iliolumbalia  und  sacralia  lateralia,  und  die  zu  den  äusseren  Wand- 
ästen gehörigen  Vasa  glutaea  superiora. 

Arteria  umbilicalis. 

Nach  dem  vorhin  über  die  Arteria  umbilicalis  des  Fötus  Gesagten  hat  die  Ar- 
teria  umbilicalis  des  Erwachsenen  einen  blutführenden  und  einen  obliterirten 
Theil,  das  Ligamentum  umbilicale  laterale.  Der  erstere  verläuft  an  der  seit- 
lichen Beckenwand  dicht  unterhalb  der  Vena  iliaca  externa  am  oberen  Umfange  der 
Fossa  obturatoria  [Fig.  61  (12),  Fig.  62  (10)];  der  obliterirte  [Fig.  61  (16)]  behält 
ungefähr  bis  zu  der  Stelle,  wo  er  vom  Ductus  deferens  (Ligamentum  teres  uteri)  ge- 
kreuzt wird,  Lage  und  Lauf  bei,  biegt  dann  in  eine  mehr  frontale  Richtung,  sich 
dem  Blasenscheitel  nähernd,  um  und  zieht  endlich  als  Ligamentum  umbilicale  laterale 
an  der  vorderen  Bauchwand  zum  Nabel.  Venen  begleiten  diese  Arterie  und  die 
Stämme  der  Arteriae  vesicales  superiores  nicht.  Der  Nervus  obturatorius  Heg'*' 
dicht  der  Arterie  an,  zwischen  ihr  und  der  Beckenwand  {6  in  Fig.  61);  er  wird  ge- 
wöhnlich von  ihr  unter  sehr  spitzem  Winkel  gekreuzt.  Der  Ductus  deferens  kreuzt 
die  Arterie  unter  fast  rechtem  Winkel  nahe  dem  vorderen  Ende  ihres  Beckenlaufes 
(5  in  Fig.  62;  in  Fig.  61  kreuzt  der  Ductus  ungewöhnlich  weiter  hinten,  weil  der  vor- 
handene Truncus  epigastricoobturatorius  weit  rückwärts  entspringt). 

Die  Angabe^),  dass  die  Arteria  umbilicalis  und  deren  Fortsetzung,  das  Lig^* 
mentum  umbilicale  laterale,  der  Blase  seitlich  anliege,  da,  wo  das  parietale  Blatt  des 
Bauchfelles  sich  als  viscerales  am  Seitenrande  der  Blase  auf  letztere  umschlägt  (lateral 
false  ligaments  der  englischen  Autoren)  gilt  nur  für  die  kindliche  Blase  und  für 
die  stark  gefüllte  Blase  Erwachsener,  wenigstens  der  Regel  nach.  Bei  leerer  Blas© 
Erwachsener  kommt  weder  die  Arteria  umbilicalis,  noch  deren  Fort- 
setzung, das  Ligamentum  umbilicale  laterale,  mit  ihr  in  Berührung.  Es  bleibt 
zwischen  beiden  eine  weite  Strecke  Beckenwand  frei  (Figg.  61,  62).  Die  hoch- 
stehende Blase  junger  Kinder  schiebt  sich  so  weit  aufwärts,  dass  sie  den  Winkel 
zwischen  beiden  Ligamenta  umbilicalia  lateralia  auch  im  leeren  Zustande  ausfüllt. 


1)   Siehe  z.B.   bei    Cunningham  1.  c.  (S.  176)  p.  550  und  571   und  bei  Quain 
(Edw.  A.  Schaefer)  1.  c.  (S.  152)  Vol.  III,  P,  4.  p.  211. 


Vasa  vesicalia,  haemorrhoidalia  media,  sacralia.  249 

Die  Grenze  zwischen  obliterirtem  und  durcligängi^em  Stücke  der  Arterie  wird 
durch  den  Abgang"  der  Arteria  (oder  der  Arteriae)  vesicalis  superior  bezeichnet. 
*^iese  versorgt  den  Vertex  vesicae  urinariae  und  den  grössten  Theil  des  ßlasen- 
^örpers.  Sie  wird  ebenfalls  vom  Ductus  deferens  gekreuzt  und  gibt  zuweilen  letzte- 
^^m  bei  der  Kreuzung  die  Arteria  deferentialis  ab,  welche  ihn  bis  zum  Neben- 
hoden begleitet.  In  anderen  Fällen  entstammt  die  Arteria  deferentialis  der  Arteria 
^«sicalis  inferior  oder  der  haemorrhoidalis  media.  In  dem  der  Fig.  61  zu  Grunde 
biegenden  Präparate  kam  die  Arteria  deferentialis  d extra  aus  der  anomal  am 
^eckenboden  verlaufenden  Arteria  dorsalis  penis  (11).  Ferner  anastomosirte  hier 
^i<i  Arteria  vesicalis  superior  sinistra  vor  dem  Ursprünge  des  Ligamentum 
^mbilicale  medium  mit  der  anomal  entspringenden  Obturatoria  dextra.  —  Die  Obtu- 
^'atoria  gibt  vielfach  Blasenzweige  ab.  Alle  Blasenarterien  anastomosiren 
^it  einander.  Die  diesen  Arterien  entsprechendey  Venen  gehören  zum  Plexus 
^Gsicalis  und  zum  Plexus  pampiniformis. 

Vasa  vesiealia  inferiora.     Vasa  haemorrhoidalia  media. 

Die  Arteria  vesicalis  inferior  kommt  gewöhnlich  mit  der  Arteria  hae- 
'^orrhoidalis  media  zusammen  aus  dem  vorderen  Aste  der  Arteria  hypogastrica; 
^^^  Ursprung  variirt;  nicht  selten  geht  sie  mit  der  Pudenda  interna  aus  einem 
Stamme  hervor.  Die  Arteria  haemorrhoidalis  media  ist  häufig  Ast  der  Arteria  vesi- 
<^aUs  inferior.  Beide  Gefässe  versorgen  den  Blas  engrund,  die  Samenblasen,  den 
^^ctus  deferens,  die  Prostata,  und  die  Arteria  haemorrhoidalis  media  auch 
^^s  Rectum.  Eine  bestimmt  als  solche  festzustellende  Arteria  haemorrhoidalis  media 
^st  nicht  immer  vorhanden. 

Die  entsprechenden  Venen  fliessen  ab  durch  den  Plexus  vesicalis  und  durch 
^^6  Vena  haemorrhoidalis  media  zur  Vena  hvpoorastrica.  Die  Wurzeln  der 
^^na  haemorrhoidalis  media  gehen  z.  Th.  aus  dem  Plexus  venosus  haemor- 
rhoidalis hervor.    S.  über  diesen  S.  216  und  Kapitel  „Rectum". 

Vasa  sacralia  lateralia. 

Die  Arteriae  sacrales  laterales  sind  meist  in  der  Mehrzahl  vorhanden.    Sie 

leben  gewöhnlich  unabhängig  von  den  Venen  vor  dem  Musculus  piriformis  und  dem 

**^xus  (nervosus)  sacralis  hin   und    verlaufen   lateralwärts   neben  den  Fora- 

^^Jia  sacralia  anteriora   und    dem  Truncus  sympathicus.     Sie  versorgen  das 

^^^uzbein,  dessen  Bänder  und  Muskeln,  und  das  Steissbein,  ferner  den  Musculus  piri- 

^^oiis  und  den  Plexus  sacralis,  dringen  durch  die  Foramina  sacralia  anteriora  in  den 

^^euzbeinkanal  zu  dessen  Inhalte,    und  senden  ihre  Endzweige    durch    die  Foramina 

^Cfalia   posteriora   zur   Haut   der  Kreuzgegend    und    den   übrigen    dort   liegenden 

'^^ilen.    Sie  anastomosiren  mit  der  Arteria  sacralis  media. 

Die  Venen  bilden  mit  den  Venae  sacrales  mediae  den  Plexus  venosus 
**<^valis.     Vgl.  S.  87,  89,  140  und  155. 

Die  Vasa  uterina  werden  bei  Besprechung  der  weiblichen  Becken- 
^^•gane  abgehandelt. 


9.  Tasa  sacralia  media. 

Die  Arteria  sacralis  media  kommt  als  Fortsetzung  der  Aorta  aus 
öeren  Theilungsstelle,  geht  in  der  Mittellinie  vor  dem  letzten  Lendenwirbel 
^*^d  der  Beckenfascic,    hinter   der  Vena  iliaca    communis   sinis'tra 


250    Vasa  spermatica  interna.    Lymphatischer  Apparat  der  inneren  Beckenwand. 

zum  Sacrum  und  endet,  unter  die  Sehnenplatte  des  Musculus  levator  ani  tretend, 
in  dem  Glomus  coccygeum  (der  Steissdrüse).    S.  S.  154. 

Das  Gcfäss  versorgt  Kreuz-  und  Steissbein  nebst  deren  Bändern  und 
Muskeln,  die  Steissdrüse  und  das  Ligamentum  anococcygeum.  Bezüglich  der 
Venen  genügt  das  S.  65  Gesagte, 

4.  Yasa  spermatica  interna. 

Die  Arteria  spermatica  interna  entspringt  aus  der  Aorta  an 
deren  Vorderfläche,  dicht  unterhalb  des  Abganges  der  Nierenarterien.  Nicht 
selten  kommt  sie  an  einer  Seite  von  der  Nierenarterie  oder  einer  Nebennieren- 
arterie; sie  kann  an  einer  Körperseite  doppelt  vorhanden  sein,  oder  die  Arterien 
beider  Körperseiten  entspringen  mit  einem  gemeinsamen  Stamme. 

Der  Lauf  der  Arteriac  spermaticae  internae  richtet  sich  lateralwärts 
und  abwärts,  wobei  sie  dem  Musculus  psoas  major  (wenn  vorhanden,  auch  dem 
Psoas  minor)  fast  in  dessen  ganzer  Länge  dicht  anliegen;  sie  kreuzen  dabei 
den  Ureter,  etwa  am  Ende  seines  oberen  Drittels,  unter  spitzem  Winkel,  vor 
ihm,  dicht  unter  dem  Bauchfelle,  durch  welches  sie  hindurchschimmern,  gelegen* 
Die  rechte  Arteria  spermatica  interna  kreuzt  vorher  noch  die  Vena  cava  i»' 
ferior  und  tritt  in  der  Regio  iliaca  hinter  dem  unteren  queren  Ileumschenkel 
hindurch,  die  linke  hinter  dem  Colon  sigmoideum.  Beide  Gefässe  ziehen  zum 
Annulus  inguinalis  abdominalis,  indem  sie  kurz  vorher  medianwärts  und  vor- 
wärts einbiegen  und  so,  im  Bo  gros 'sehen  Räume,  noch  vor  das  Ende  der 
Arteria  iliaca  externa  zu  liegen  kommen  und  sich  mit  den  Vasa  e  p  i  g  a  s  t  r  i  c  * 
inferiora  kreuzen.  Im  Leistenkanale  und  im  Samenstrange  liegt  die  Arteriß 
mit  den  Venen  nach  vorn  und  lateralwärts  vom  Ductus  deferens.  Am 
Hoden  angelangt,  thcilt  sie  sich  in  zwei  Haupt  äste,  den  Ramus  tc&ti' 
culi  und  den  Ramus  epididymidis. 

Die  Venen  kommen  für  gewöhnlich:  die  rechte  aus  der  Vorderfläche 
oder  dem  Seitenrande  der  Vena  cava  inferior,  die  linke  aus  der  Ven^ 
renalis  sinistra;  anfangs  einfVich,  verdoppeln  sie  sich  bald  und  umstricken 
dann  mit  gegenseitigen  Anastomosen  die  Arterie;  im  Samenstrange  bilden  sie? 
unter  reichen  Anastomosen  mit  den  übrigen  Venen  desselben,  deren  Quellei* 
durch  die  Arteriae  deferentiales  und  spermaticae  externae  gegeben  sind,  den 
Rankenplexus,  Plexus  pampin iformis.  (Vgl.  für  den  Mann  Figg- 
Gl,  62  und  75.) 

Beim  Weibe  treten  die  Vasa  spermatica  interna  (Figg,  82  und  So)? 
ein  wenig  unterhalb  der  Ureteren  schräg  über  die  Vasa  iliaca  externa  hinweg 
in  einer  Falte  des  Bauchfelles  (Ligamentum  Suspensorium  ovarii)  zum  Eierstocke 
zur  Tube  und  zum  Uterus;  s.  die  betreffenden  Kapitel. 


Lymphgefässe  und  Lymphdrüsen  der  inneren  Beckenwand. 
Der    lymphatische  Apparat    der  inneren  Beckenwand  liegt  mit  den  Bl^ ' 
gefässen  in  derselben  Schicht,  also  zwischen  Bauchfell  und  Fascie,  in  der  Tel» 


Lymphatischer  Apparat  der  inneren  Beckenwand.  251 

subperitonaealis.  Die  Lymphgefässe  bilden  mehr  oder  minder  reichliche  Plexus 
an  und  um  die  vvandständigen  grösseren  Blutgefässe;  man  unterscheidet  (BNA) 
einen  Plexus  iliacus  externus,  hypogastricus  und  sacralis  me- 
dius,  der  aber  besser  schlechtweg  „Plexus  lymphaticus  sacralis"  genannt 
Würde,  da  er  sich  nicht  auf  die  Gegend  der  Vasa  sacralia  media  beschränkt. 
Hierzu  müssen  noch  die  Vasa  lymphatica  spermatica  interna, 
die  Vasa  lymphatica  obturatoria  und  circumflexa  ilium  pro- 
funda gezählt  werden,  die  ebenfalls  der  inneren  Beckenwand  angehören. 
Vgl.  S.  175. 

Diese  Plexus  nehmen  alle  Lymphe  der  unteren  Extremität,  des  gesamten 
Beckens,  einschliesslich  der  Beckeneingeweide,  und  eines  grossen  Theiles  der 
Bauchwandungen  auf.  Sie  ergiessen  dieselbe  schliesslich  meist  durch  zwei 
Hauptstämme,  die  Trunci  lymphatici  lumbales  dexter  und  sinister, 
in  die  Cisterna  chyli.  Indessen  münden  einzelne  kleinere  aus  diesen 
I'lexus  stammende  Lymphgefässe  noch  besonders  in  die  Cisternc  aus. 

Die  Lymphdrüsen  bilden  nachstehende  Haupt-Gruppen: 

1.  Die  Lymphoglandulae  iliacae. 

2.  Die  Lymphoglandulae  hyp  ogastricae. 

3.  Die  Lymphoglandulae  lumbales. 

4.  Die  Lymphoglandulae  sacrales. 

Dazu  gesellen  sich  noch  vereinzelte,  längs  der  Vasa  circumflexa  ilium 
profunda  und  obturatoria  gelegene  Drüsen,  von  denen  schon  vorhin  die  Rede 
War. 

Die  Lymphoglandulae  illacae  zerfallen  in  communes  und  externae. 
Bezüglich  der  Lymphoglandulae  iliacae  externae  vergl.  S.  175. 

Die  Lymphoglandulae  iliacae  communes,  3—4  an  der  Zahl,  liegen  ent- 
'^ug  den  betreffenden  Gefässen;  sie  nehmen  die  von  den  Lymphoglandulae  iliacae 
externae  und  zum  Theil  die  von  den  Lymphoglandulae  hypogastricae  kommenden  Ge- 
isse auf. 

Die  Lymphoglandulae  hypogastricae  (9—12,  W.Krause,  I.e.  [S.178]  p.718) 
Nehmen  die  Lymphgefässe  des  Beckens  (Vasa  lymphatica  obturatoria,  ischiadica,  pu- 
^^nda  interna,  sacralia  z.  Th.  et  visceralia)  auf.  Sie  entleeren  sich  in  die  Lympho- 
glandulae lumbales,  z.  Th.  auch  in  die  iliacae  communes. 

Die  Lymphoglandulae  lumbales  bilden  die  grösste  Gruppe;  man  kann  an 
*iieser  wieder  eine  mittlere  und  zwei  seitliche  Abtheilungen  unterscheiden.  Die 
J'iittleren  Drüsen  liegen  längs  der  Aorta  und  der  Vena  cava  inferior;  zu 
ihnen  ziehen  die  sämtlichen  Beckenlymphbahnen  (auch  die  aus  den  Glandulae 
^*crales  kommenden,  s.  w.  u.)  und  der  Plexus  lymphaticus  spermaticus  internus, 
^azu  gesellen  sich  die  Lymphbahnen  der  vorderen  Fläche  des  lumbalen  Diaphragma, 
*^pr  Nieren  und  Nebennieren.  Einige  wenige  und  kleinere  Drüsen  bilden  jederseits 
^i^  laterale  Lumbargruppe,  welche  hinter  dem  Musculus  psoas  an  den  Querfort- 
»ätzen  der  Lendenwirbel  gelegen  ist  und  die  Lymphgefässe  von  der  hinteren  Bauch- 
^and,   insbesondere  deren  Muskulatur  aufnimmt. 

Die  Lymphoglandulae  sacrales  liegen  zum  Theil  längs  der  Arteria  sacralis 
^^dia,  zum  Theil  an  den  Foramina  sacralia  anteriora  im  Bereiche  der  Vasa  sacralia 
**<^eraha.  Sie  sind  klein,  etwa  5—6  an  der  Zahl,  und  ejnpfangen  ihre  Lymphbalmen 
^<>n  den  Knochen,  Bändern  und  den  benachbarten  Muskeln. 


Ö52  Nerven  der  inneren  Beckenwand:  Plexus  lumbalis. 


Nerven  der  inneren  Beckenwand. 

Die  Nerven  der  inneren  Wand  des  Beckens  gehören  den  Plexus 
lumbalis,  sacralis,  pudendus,  eoecygeus  und  dem  Sympathicus 
an.  Der  Plexus  luml)alis  wird  mit  dem  Plexus  sacralis,  in  Rücksicht  auf  di^ 
starke  Anastomose  zwischen  beiden  (Truncus  lumbosacr  al  is)  und  den 
grossen  gemeinsamen  Verbreitungsbezirk,  unter  der  Bezeichnung  Plexus  1  u  m* 
l)osacralis  zusammengefasst.  üebersichtlich  sind  die  drei  erstgenannten 
Plexus  in  Fig.  44  dargestellt;  ferner  sind  bezüglich  der  Lage  die  Figg.  51' 
61,  62,  83,  84  und  84  a  zu  vergleichen. 

Für  das  allgemeine  Lagerungsverhältniss  der  Nerven  der  innereJ^ 
Beckenwand  sei  die  Regel  wiederholt  (s.  S.  234):  dass  sie  sämtlich  untei*' 
halb  der  Fascie  gelegen  sind. 

Plexus  lumbalis. 

Der  Plexus  lumbalis  setzt  sich  zusammen  aus  den  vorderen  Aesten 
des  I.  II.  III.  und  IV.  Lendennerven.  Ein  Theil  des  letztgenannten,  etwa  diß 
Hälfte,  wird  an  den  vorderen  Ast  des  V.  abgegeben  und  gelangt  mit  dieseöi 
als  Truncus  1  u  m  b  o  s  a  c  r  a  1  i  s  zum  Plexus  sacralis.  Dagegen  erhält  der 
I.  Lendennerv  eine  ansehnliche  anastomotische  Zugabe  vom  XII.  Intercostal- 
nerven.  Die  genannten  vorderen  Aeste  nehmen  an  Stärke  vom  I. — IV.  stetig 
zu;  medianwärts  geben  sie  ihre  Rami  communicantes  zu  den  Lumbalgangh®^ 
des  Truncus  sympathicus  ab,  welche  unter  den  kleinen  Sehnenbögen,  die  der 
Musculus  psoas  major  durch  seine  Wirbelkörperursprünge  bildet,  hindurchtreteD» 

Wie  Hirschfeld^)  bemerkt,  anastomosiren  die  einzelnen  Aeste  des  Plexus 
unter  spitzen  Winkeln  miteinander  und  es  entfernen  sich,  je  weiter  nach  ^^' 
wärts,  um  so  mehr  die  anastomotischen  Verbindungsäste  von  der  Wirbelsäule 
(bezw.  dem  Rückenmarke),  so  dass  der  Plexus  im  ganzen  eine  Dreiecksforni 
mit  der  Spitze  nach  oben  erhält  (s.  Fig.  44). 

Dieses  Nervendreieck  liegt  mitten  im  Muskelfleische  des  Psoas  major; 
zwischen  dessen  vorderer  und  hinterer  Ursprungsportion,  zur  Seite  der  Lendeß' 
Wirbelsäule  vor  den  Querfortsätzen.  Der  Psoas  major  ist  auch  für  die  gesamte 
Vertheilung  des  Plexus  der  Leitmuskel.  Ein  Theil  der  Zweige  des  Plexus  tri* 
an  der  medialen  Seite  des  Muskels  hervor  (Truncus  lumbosacralis  und  Nervus 
obturatorius),  ein  anderer  an  der  lateralen  (Nervus  iliohypogastricus,  Nervuö 
ilioinguinalis,  Nervus  cutaneus  femoris  lateralis  und  Nervus  femoralis);  derR^^ 
durchbohrt  die  vordere  Muskelportion,  um  an  deren  Vorderfläche  zu  Tage  ^^ 
treten  (Nervus  genitofemoralis). 

Eine  weitere  Besprechung  der  Lage  und  Verästelung  dieser  Nerven  Ist  * 
dieser  Stelle  unnöthig,  da  sie  theils  bei  den  Abtheilungen:  Untere  Extremität  un 
Bauch,    theils   schon  vorhin  gegeben  wurde.    (Vgl.  S.  138  if.). 

1)  Hirschfeld,  L.,  et  Leveill^,  J.  B.,  N^vrologic  ou  description  et  icono^r^' 
pliie  du  Systeme  nervnuix  et  des  organes  des  sens  de  Thomme.    Paris,  1853.   2.  Bd. 


Nerven  der  inneren  Beckenwand:  Plexus  sacralis.    Plexus  pudendus.         253 

Für  die  topographische  Lagerung  des  Plexus  dient  insbesondere  Fig. 51, 
ftus  der  man  ersehen  möge,  wie  der  Truncus  lumbosacralis  (0)  und  der  lange 
Nervus  obturatorius  die  Vena  hypogastrica  zwischen  sich  fassen,  und  wie  der 
^runcus  lumbosacralis  hart  vor  der  Linea  terminalis  liegt,  so  dass  er  bei 
^^ckentumoren  und  schweren  Entbindungen  Druckwirkungen  ausgesetzt  ist.  Die 
■'^^ge  der  Nerven  zu  den  grossen  Gefässen  ist  eingehend  vorhin  erörtert  worden 
<^-  246). 

Flexas  sacralis. 

Der  Plexus  sacralis  ist  das  Beckennervengeflecht  im  wahren 
^inne,  indem  derselbe^  mit  Ausnahme  des  vom  Plexus  lumbalis  zu  ihm  stossen- 
<ien  Truncus  lumbosacralis,  ganz  im  Becken  liegt,  und  zwar  an  dessen  innerer 
*^and  auf  dem  Musculus  piriformis.  Er  setzt  sich  zusammen  aus  dem 
^^uncus  lumbosacralis  und  aus  den  vorderen  Aesten  des  L — IV.  Sacral- 
^erven;  ein  Theil  des  IV.  vorderen  Astes  geht  jedoch  in  den  Plexus  coc- 
^ygeus  tiber.  Auch  der  Plexus  sacralis  hat  eine  Dreiecksform,  indem  seine 
*^^standtheile  fast  sämtlich  zum  Foramen  infrapiriforrae  hin  konvergiren.  Seine 
^iirzeln  sind  im  allgemeinen  mächtiger,  als  die  des  Plexus  lumbalis  und  nehmen 
^i'aniokaudalwärts  an  Stärke  ab;  auch  liegen  sie  dichter  zusammen  und  die 
^öastomosen  finden  erst  dicht  oberhalb  des  Durchtrittes  aus  dem  Foramina  in- 
^»"apiriforme  und  suprapiriforme  statt.  Alles  dieses  gibt  dem  Plexus  sacralis 
^*^n  Charakter  eines  kompakten  Nervenlagers. 

Der  Plexus  ruht  mit  allen  seinen  Wurzeln  auf  der  Vorderfläche  des  Mus- 
**^IU8  piriformis,  vorn  gedeckt  von  der  Reekenfascie  und  den  Verästelungen 
^^^  Vasa  hypogastrica.  (Fig.  131  und  182.)  Beim  Austritte  aus  dem  Becken 
andern  sich  öfters  die  Lagebeziehungen  zwischen  Nerven  und  Gefässen,  so  dass 
^^   eben   Gesagte    nur    für   die    Hauptstämme   gilt.     (Vgl.  Fig.  83.)    ~   Von 

^^keneingc weiden  liegt  ihm  medianwärts  das  Rectum  nahe. 

Die  genaueren  Beziehungen  zum  Musculus  piriformis  sind  folgende:  Der 

ordere  Ast  des  Nervus  sacralis  I  liegt  am  kranialen,  der  des  Nervus  sacralis  TIT  am 
^dalen  Rande  des  Musculus  piriformis;  der  Ast  des  II.  Sacralnerven  tritt  durch  den 

^skel  auf  dessen  Innenfläche.  Der  Ramus  anterior  nervi  sacralis  IV  liegt  an  der  Innen- 
^he  des  Musculus  coccygeus.  —  Die  Arteria  glutaea  superior  tritt  zwischen 
^^ncus  lumbosacralis  und  Pars  sacralis  I,  die  Arteria  glutaea  inferior  und  die  Arteria 
^  denda  interna  zwischen  Pars  sacralis  II  und  III,  die  letztere  mitunter  zwischen  III 
^  IV  hindurch.    Die  vorderen  Aeste  der  Sacralnerven  liegen  anfangs  in  den  von  den 

*'*imina  sacralia  anteriora  ausgehenden  Rinnen  und  zwischen  den  Urspnmgszacken 
^8  Musculus  piriformis  gut  geschützt  (s.  S.  62).     Beim  Austritte  der  Nerven   aus  den 

^^niina  senden  sie  medianwärts  zu  den  dort  liegenden  sympathischen  Grenzstrang- 

/^glien  ihre  Rami  communicantes;    die  eintretenden  Aeste  der  Arteria  sacralis  late- 

is  liegen  meist  lateralwärts  von  den  Nerven. 

Vom  Plexus  sacralis    wird    passend    als    eine  Unterabtheilung    noch    der 

^xus  pudendus  gesondert.     Derselbe  rekrutirt  sich  vornehmlich  aus  dem 

^-  Und  IV.  Sacralnerven  und  hat  folgende  Besonderheiten:  1)  sind  seine  Wurzeln 

^1  Schwächer  und  zeichnen  sich  durch  eine  geflechtartige  Anordnung  vor  der 

^^pakten  Masse   des    proximalen  Theiles  des  Sacralplexus  aus^    2)  liefert   er 

^^schliesslich  Zweige  zu  den  Beckeneingeweide  n,  und  zu  den  an  diese 


Muskelnerven : 


254  Nerven  der  inneren  Beckenwand:  Plexus  sacralis. 

sich  anschliessenden  äusseren  Geschlechtstheilen,   nebst  deren  Haut 
und  Muskulatur.     Der  Plexus    sacralis    (im  engeren  Sinne)    hingegen    versorgt 
mit  dem  Plexus  lumbalis  die  Haut  und  Muskulatur,  soweit  diese  dem  S  k  e  1  e  t- 
gebiete  des  unteren  Rumpfendes  und  der  unteren  Extremität  angehören. 
Die  Verästelung  des  Plexus  sacralis  ist  folgende : 

1.  Nervus  glutaeus  superior, 

2.  Nervus  glutaeus  inferior; 

3.  Die  Nervi  rotatorum  feraoris, 

4.  Die  Nervi  diaphragmatis  pelvis, 
Gemiscliter  Nerv:   5.  Nervus  ischiadicus, 

Hautnerv:  6.  Nervus  cutaneus  femoris  posterior. 

Nervi  glu  taei. 
Die  Nervi  glutaei  versor4>en  die  Musculi:  glutaeus  maximus  (N.  glutaeus  i»' 
ferior),  glutaeus  uictlius,  minimus  und  tensor  fasciae  latae  (N.  glutaeus  superior). 

Nervi  rotatorum  femoris. 

Die  sogenamiteu  Rollmuskelnerven  des  Oberschenkels,  Nervi  rotatorum 
femoris,  werden  meist  besonders  auf<2:ezählt.  Als  selbständige  Zweige  des  PlexUB 
sacralis  erscheinen  sie,  wenn  sie  schon  vom  proximalen  Theile  desselben  abtreten, 
lösen  sie  sich  distalwärts  ab,  dann  nehmen  sie  sich  wie  Zweige  des  Nervus  ischiadicU*«» 
und  zwar  zu  dessen  Portio  tibialis  gehörig,  aus.  Man  zählt  drei  Nerven:  1)  Nervus 
obturatorii  interni  et  gemelli  superioris,  2)  Nervus  quadrati  femoris  e 
gen» eil i  inferioris,  3)  Nervus  piriformis. 

Der  Nervus  musculi  obturatoris  interni  et  gemelli  superioris  komm 
aus  der  Schlinge  zwischen  IL  und  III.  Sacralnerven,  zieht  mit  dem  Nervus  p^' 
dendus  durch  das  Foramcn  infrapiriforme  zur  Regio  glutaea,  gibt  den  Zweig  «^^^ 
Gemellus  superior  ab,  läuft  dann  durch  das  Foramen  ischiadicum  minus  zur 
Beckenfläche  des  Musculus  obturator  internus,  wo  er  in  diesen  eintritt.  Die  VaS»- 
pudenda  interna  liegen  zwischen  ihm  und  dem  Nervus  pudendus. 

Der  Nervus  quadrati  femoris  et  gemelli  inferioris  tritt  gleichfalls  durc 
das  Foramen  infrapiriforme   aus    der  Beckenhöhle  zu   den  betreffenden  Muskeln.    ^^ 
wird  ihm  auch  ein  Zweig  zum  Hüftgelenke  zugeschrieben. 

Der   für  den    Musculus  piriformis  bestimmte  Nerv  (vom  Nervus  sacralis  ^ 
und  III)  bleibt  in  der  Beckenhöhle,  und  tritt  von  der  Innenfläche  in  seinen  Muskel  ein* 

Bezüglich  der  Nerven  für  das  Diaphragma  pelvis  (Musculus  Icvator  aiH 
und  coccygeus)  vgl.  S.  219. 

Nervus  ischiadicus. 

Der  Nervus  ischiadicus  setzt  sich  am  kaudalen  Rande  des  Musculus  pi^^' 
formis  zusammen  und  bildet  die  kompakte  Masse  des  Sacralplexus,  die  das  Becke^ 
durch  das  Foramen  infrapiriforme  verlässt.  Die  beiden  Hauptbestandtheile  des  Nei*' 
ven,  der  hintere  =  Nervus  peronaeus  und  der  vordere  =  Nervus  tibiali^' 
sondern  sich  aber  schon  häufig  im  Becken  von  einander,  indem  der  Nervus  perona^J^ 
mitten  durch  den  Musculus  piriformis  hindurchtritt,  während  der  Nervus  tibia»^ 
den  gewöhnlichen  Weg  am  unteren  Rande  des  Muskels  beibehält.  Die  nähere  p^' 
Schreibung  des  Nerven  gehört  zur  unteren  Extremität. 


Nerven  der  inneren  Beckenwand:  Plexus  pudendus.    Plexus  coccygeus.      255 

Nervus  cutaneus  femoris  posterior. 
Dieser  Nerv  ist  bereits  S.  1^  und  W9  eingehend  beschrieben  worden. 

Plexus  pudendus. 

Der  Plexus  pudendus  liegt  am  unteren  Rande  des  Musculus  pirifor- 
mis und  auf  dem  Musculus  coccygeus.  Er  setzt  sich  aus  Theilen  des  IL,  III. 
lind  IV,  Sacralnerven,  selten  auch  des  I.  (Eisler),  hauptsächlich  aber  aus 
^^m  III.  und  IV.  zusammen.  Er  gibt  ab  den  Nervus  pudendus,  welcher 
eingehend  S.  218  beschrieben  wurde,  und  die  Eingeweideäste.  Diese 
^^rbinden  sich  mit  dem  Beckensympathicus  zu  ungemein  dichten  und 
Massigen  Geflechten,  welche  in  Begleitung  der  Gefässe  zu  den  einzelnen  Or- 
ganen treten.  Sie  sollen  genauer  im  Zusammenhange  mit  diesen  besprochen 
^^i*den.  Solcher  Eingeweidezweige  des  Plexus  pudendus  zählt  man  fol- 
gende drei  (BNA): 

1.  Die  Nervi  haemorr  h  oidales  medii. 

2.  Die  Nervi  vesicales  inferiores^). 

3.  Die  Nervi  vaginales. 


Plexus  coccygeus. 

Der  Plexus  coccygeus  schliesst  sich  unmittelbar  an  den  Plexus  pu- 
dendus an.  Er  wird  gebildet  vom  v  o  r  d  e  r  e  n  A  s  t  e  des  Nervus  s  a  c  r  a  1  i  s  V 
^^^  des  Nervus  coccygeus  (eventuell  der  beiden  Nervi  coccygei),  wozu 
^^  kleiner  Antheil  des  Nervus  sacralis  IV  (Ansa  IV/V)  und  einige  weitere  Ver- 

^J^dungsfäden  mit  dem  Plexus  pudendus,  sowie  mit  dem  IV.  und  V.  Ganglion 
^^erale  und  dem  Ganglion  coccygeum  des  Sympathicus  kommen.  Der  Plexus 
eoccygeus  liegt  an  der  inneren  Beckenwand  vor  dem  Musculus  coccygeus. 
^e  aus  dem  Plexus  hervorgehenden  Nerven,  Nervi  anococcygei  (4 — 5, 
^-  Krause)  wenden  sich,  mit  Ausnahme  einiger  Zweige  für  die  Musculi 
Jevator  ani  und  coccygeus  (W.  Krause  1.  c.  [S.  179]  917),  sämtlich  nach 
^nten,  wo  sie  sich  mit  den  hinteren  Aesten  der  Sacral-  und  Steissnerven 
^^  einem  Geflechte  (Plexus  sacralis  posterior  autt.)  verbinden.  Aus  dem 
"^teissbeintheile  dieses  Plexus  werden  die  Haut  über  dem  Steissbeine  und  über 

^^  Ligamentum  anococcygeum   innervirt.     Wahrschcinfich  liefert  der  Plexus 

oceygeus  auch  die  Nerven  für  die  vorderen  und  hinteren  kleinen  Steissbeinmus- 
^^'n,  welche  S.  55  und  56  aufgeführt  wurden. 

Schwalbe  (Neurologie,  S.  983)    beschreibt   nur  einen  Ast  als  Nervus  ano- 

ccy^eus,  der  aus  der  Ansa  sacralis  IV/V  oder  aus  dem  Nervus  sacralis  V  kommt, 

si  k    ? "*  Musculus  coccygeus  hinabsteigt,  dann  zwischen  diesem  und  dem  Levator  ani 

ch  rückwärts  wendet   und  lateralwärts  von  der  Steissbeinspitze  zur  Haut  über  dem 
^^mentum  anococcygeum  tritt.     Er   verbindet   sich   dort   mit   einem  Faden 


.^        1)  Die   Nervi   vesicales    superiores   sind   ausschliesslich   sympathischen 
■^Sprunges. 


256  Beckensympathicus. 

des  Ramus  dorsalis  nervi  coccygei,    dessen   Haupttheil   die  Haut   über   dem  Steisö- 
beine  versorgt. 

Die  dorsalen  Aeste  der  Nervi  sacralis  V  und  coccygei  treten  durch  den 
Seitontheil  des  Lig-amentum  saerococcygeum  posterius  superficiale  nach  hinten  (Rai^' 
ber,  Lehrbuch  der  Anatomie,  IV.  Aufl.  S.  517). 

Beckensympatliicus  (Pars  pelvina  systematis  sympathici.) 
Der  Bcekeiisynipathicus  besteht  aus  1)  dem  Endt  heile  des  Truncus 
sympathieus,  2)  dessen  Rami  communican tes,   3)  den  centrale^ 
B  e  c  k  e  n  g  e  f  1  e  c  h  t  c  n,    4)  deren    peripherischen   Verzweigungen* 

Truncus  sympathicus  pelVinus, 

Derselbe  liegt  paarig^  /um  obersten  Steisswirbel  hin  convergirend,  dicht 
vor  dem  Kreuzbeine;  jedoch  ebenso  wie  alle  sympatliischen  Beekengeflechte 
mit  den  Blutgefässen  innerhalb  d  er  B  e  ck  cn  fas  ci  e,  zwischen  dieser 
und  dem  Bauchfelle.  Es  sind  im  Truncus  4—5  Ganglien  vorhanden, 
welche  an  der  medialen  Seite  der  Foramina  sacralia  anteriora  ihren  Platz  haben 
und  durch  die  zuweilen  doppelten  Rami  in tergangliar es  zum  Tnincus 
verbunden  sind.  Eine  dem  Beckentruncus  (und  Lendentruncus)  eigenthümliche 
Erscheinung  sind  die  Rami  transversi,  welche  je  zwei  symmetrische  Gang- 
lien durch  eine  Queranastomosc  verbinden.  Vor  dem  ersten  Steisswirbel  pflegen 
beide  Trunci  unter  einem  spitzen  Winkel,  oder  mit  einer  Schlinge  in  einander 
überzugehen.  Zuweilen  befindet  sicli  in  diesem  Uebergange,  oder  doch  m'*' 
ihm  verbunden,  das  unpaarc  Ganglion  coccygeum.  Von  diesem  strahlen 
unter  anderem  Fäden  zum  Ligamentum  anococcygeum  aus. 

Die  Rami  communicantes  treten  durch  die  Foramina  sacralia  zum  Kreuz- 
beinkanale.  Von  den  Ganglien  ziehen  starke  Fäden  (Nervi  moUes)  zu  de^^ 
primären  sympathischen  Beckengeflechten,  ferner  zu  den  benachbarten  Gefiisscn 
(Vasa  iliaca  communia,  hypogastriea  und  deren  Zweigen),  insbesondere  zu  den 
Arteriae  sacrales  laterales  und  sacralis  media,  mit  der  sie  zur  Steissdrüse 
gelangen. 

Primäre  sympathische  Beekengeflechte. 

Man  kann  als  primäre  sympathische  Beckengeflechte  diejenigen  bezeich' 
nen,  welche  an  der  inneren  Beckenwand  zu  beiden  Seiten  des  Kreuzbeines 
längs  der  Vasa  hypogastriea  und  deren  Verästelungen  zu  den  Seiten  der 
Beckeneingeweide,  insbesondere  des  Rectum,  über  dem  Levator  ani  gelegen 
sind.  Nach  vorn  gehen  ihre  Ausläufer  bis  zum  Blasengrunde;  beim  Weibe 
sind  sie  besonders  stark  zur  Seite  des  Fornix  vaginae  entwickelt.  Sie  enthalten 
zahlreiche  Ganglien  in  einem  dichten  Nervengeflechte,  welches  aus  cerebrospi' 
nalen  und  sympathischen  Fasern  gemischt  ist,  und  stellen  intermediäre  Sammel- 
stationen  zwischen  dem  Truncus  sympathicus  und  den  cerebrospinalen^Nerven 
des  Plexus  pudendus  einerseits,  und  den  speziellen  sympathiscl)en]^Nerven  der 
Beckeneingeweide  und  der  Beckengefässe  andererseits  dar.    Es  treten  central- 


Beckensympathicus.  ^57 

^ärts  in  sie  ein  als  Nervi  i  n  g  r  e  d  i  e  n  t  e  s  (proximales) :  Fäden  vom  Truncus 
sympathiciis  pelvinus,  von  den  proximal  gelegenen  grossen  sympathischen 
Banchgeflechten  und  vom  Plexus  pudendus;  es  treten  von  ihnen  ab  zu  den 
Eingeweiden  und  zu  verschiedenen  Gefässen  die  Nervi  egredientes  (distales). 
Diese  primären  Beckenplexus  werden  die  Plexus  hypogastrici  genannt. 

Nach  der  Lendenwirbelsäule  hin  stehen  sie  in  Verbindung  mit  dem  Plexus 
^ympathicus  interiliacus  m.^),  einem  unpaaren  Geflechte  ähnlicher  Art, 
Welches  in  länglich  rechteckiger  Form  zwischen  den  Vasa  iliaca  communia 
beider  Seiten  liegt,  und  sich  von  der  Theilungsstelle  der  Aorta  bis  zum  Pro- 
^iontorium  hin  erstreckt,  wo  es  sich  in  die  Plexus  hypogastrici  gabelt. 

Periphere  sympathische  Verzweigungen.  (Sekundäre  Geflechte.) 

Die  peripheren  sympathischen  Verzweigungen  gehen  sowohl  direkt  vom 
^^'enzstrange,  als  auch  insbesondere  von  den  primären  Beckenplexus  aus.  Sie 
^^^i'fallen  im  Becken  in  die  Gefässnerven  und  in  die  Eingeweidenerven 
^^d  stellen  die  sekundären  Beckcngeflcchte  dar. 

Die  Gefässnerven  begleiten  zur  Innervirung  der  Gefässmuskulatur  sämtliche 
*^^ckengefässe  bis  zu  den  kleinsten  Kapillaren  hin,  deren  bewegliche  Wandungszellen 
^^nter  ihren  Einfluss  gestellt  sind.  Diese  Fäden  sind  alle  niarklos  und  stammen  von 
sympathischen  Ganglienzellen  ab. 

Die  Eingeweidenerven  sind  geflechtartig  verbundene,  auch  mit  eingestreuten 

^^uglien  versehene  Nervenbündelchen,  welche  als  Fortsetzungen  der  primäi-en  Plexus 

^  den  Eingeweiden  aufzufassen  sind.    Meist  ziehen  sie  den  Gefässen  entlang  zu  ihren 

*^dstationen;  zu  ihnen  treten  theilweise  auch  direkt  die  vorhin  aufgeführten  cerebro- 

Pmalen    Nerven    des   Plexus  pudendus    hinzu.      Die  Haupteingeweidegeflechte    des 

^^'Ckens  sind: 

1)  Der  Plexus  haemorrhoidalis  superior,  der  mit  der  Arterie  gleichen 
Namens  zum  Rectum  zieht;  in  ihn  treten  noch  besonders  starke  sympathische 
Fäden  vom  Plexus  mesentericus  inferior  und  Plexus  interiliacus  («in  Fig. Ol) 
—  Nervi  haemorrhoidales  superiores  —  ein. 

2)  Der  Plexus  haemorrhoidalis  medius,  tritt  zum  mittleren  und  unteren 
Theile  des  Mastdarmes  und  ist  mit  dem  oberen  Plexus  (l)  verbunden. 
Zu  ihm  treten  die  cerebrospinalen  Nervi  haemorrhoidales  medii  vom 
Plexus  pudendus. 

3)  Der  Plexus  prostaticus  zieht  im  Anschlüsse  an  den  vorigen  zur  Prostata; 
von  ihm  aus  entwickeln  sich  zu  den  Samen  blasen,  zu  den  Ductus  de- 
ferentes  und  zu  den  Corpora  cavernosa  penis  die  unter  4,  5  und  6 
aufgeführten: 

4)  Plexus  seminalis, 

5)  Plexus  deferentialis,  welcher  sehr  stark  ist,  und  mit  dem  Ductus  deferens 
bis  zum  Nebenhoden  läuft,  und 

1)  Dieser  Plexus   hat   eine  Menge   Namen:   Tiedemann   bezeichnete   ihn   als 

ßxus  uterinus  communis,   Henle  als  unteren  Theil  des  Plexus  aorticus;   gebräuch- 

^^  ist   auch  der  Name:    Plexus  hypogastricus  superior.    Die   BNA.   bezeichnen   ihn 

Jc^t;  deren  Name  „Plexus  iliacus"  bezieht  sich  auf  das  spezielle  Geflecht  der  Arteriae 

^cae  communes  und  externae.     Wegen    seiner    besonderen  Form,  Abgrenzung  und 

'^ge  verdient  er  aber  wohl  einen   eigenen  Namen,    als  welchen  ich  den  obigen  vor- 

^«ihlage. 

^'aldeycr,  Das  Becken.  1^ 


25ft  Beckensjmipathicus. 

6)  Plexus  cavernosus.  Dieser  zieht  von  dem  Plexus  prostatieus  zunächst 
zur  g-latten  Muskulatur  der  Pars  membranacea  der  Harnröhre,  durchbohrt 
z.  Thl.  vor  der  Symphyse  den  Musculus  trigoni  urogenitalis,  zum  Theil  tritt 
er  durch  den  Plexus  venosus  pudendalis  unter  dem  Ang'uliis  pubis  hervor, 
verbindet  sich  mit  dem  Nervus  dorsalis  penis,  und  sendet  nun  Aeste  i^^ 
die  Wurzel  der  Corpora  cavernosa  penis  (Nervi  cavcrnosipenis  minores); 
theils  läuft  er  mit  den  Nervi  dorsales  penis  jederseits  auf  dem  Rücken  der 
Corpora  cavernosa  penis  (Nervi  cavernosi  penis  majores);  diese  treten 
auch  zum  Corpus  cavernosum  urethrae  und  zur  Artcria  dorsalis 
penis.  In  die  Bahn  des  Plexus  cavernosus  gelangen  auch  diejenigen  cerebro- 
spinalen  Nerven  des  Plexus  pudendus,  von  denen  die  Erektion  abhängt» 
ist.    (Nervi  er  ige  nt  es,  Eckhard.)    S.  darüber  das  Kapitel  „Penis". 

7)  Der  Plexus  vesicalis.  Er  stellt  das  vordere  P]nde  des  Plexus  hy- 
pogastricus  dar,  und  hängt  am  Blasengrunde  mit  den  vier  vorigen  Plexus 
zusammen ;  es  gehen  aus  ihm  selbständig  verlaufende  Nerven  hervor,  die  ftl^ 
Nervi  vesicales  inferiores  bezeichnet  werden,  andere  als  Nervi  vesi* 
cales  superiores;  zu  den  ersteren  gehören  auch  die  cerebrospi' 
nalen  Nervi  vesicales  inferiores  vom  Plexus  pudendus.  Ein  Theil  der 
letzteren  senkt  sich  aber  schon  in  den  Plexus  hypogastricus  ein. 

8)  Der  Plexus  uterovaginalis  beim  Weibe.  Dieser  ist  einer  der  stärksten 
Verzweigungen  des  Plexus  hypogastricus.  Er  liegt  seitlich  an  der  Cervix  uteri 
und  am  Fornix  vaginae  und  nimmt  aus  dem  Plexus  pudendus  die  Nervi 
vaginales  auf,  die  dem  III.  und  IV.  Sacralncrven  entstammen.  Er  ist  m^*' 
zahlreichen  und  grossen  Ganglien  versehen. 

9)  Der  Plexus  cavernosus  (clitoridis)  beim  Weibe.  Derselbe  ist  ein  Ab- 
kömmling des  Plexus  vesicalis  und  erhält  auch  Fäden  vom  Plexus  vaginalis* 
Aus  ihm  gehen  die  Nervi  cavernosi  clitoridis  majores  (zwei)  und 
minores  (mehrere  feinste  Fäden)  hervor,  die  sich  genau  so  verhalten,  ^^^ 
die  entsprechenden  Nerven  des  Penis.    (No.  6.) 

10)  Kommt  zu  diesen  vom  Plexus  hypogastricus  abhängigen  Geflechten 
noch  der  Plexus  spermaticus  (beim  Manne)  oder  der  Plexus  arteria^ 
ovaricae  (beim  Weibe)  hinzu.  Beide  stammen  vom  Plexus  aorticus  ^^' 
dominalis  ab  und  hängen  auch  mit  dem  Plexus  renalis  zusammen.  An- 
fangs reine  Gefässplexus,  treten  sie  in  ihrem  distalen  Theile  beim  Manne 
mit  Hoden  und  Nebenhoden,  beim  Weibe  mit  Tube,  Eierstock,  breiten^ 
Mutterbande  und  Uterus  in  Beziehung. 
Es  sind  hier,    um  eine    übersichtliche  und  zusammenfassende  Darstellung 

der  Beckennerven  zu  gewinnen,  auch  die  zu  den  Eingeweiden  tretenden  Zweigt» 

insbesondere  nach  ihrer  Lage  und  ihrer  llauptverästelung  schon  mit  aufgeführt; 

bei  den  einzelnen  Eingeweiden  wird   für  manche  Verhältnisse  noch    auf  diese 

Nerven  zurückzukommen  sein. 

Schliesslich  sei  noch  darauf  hingewiesen,  dass  die  sympathischen  Geflechte? 

in  Folge  ihrer  Lagerung  an  den  Blutgefässen,  allen  Einflüssen  der  so  häufigen 

pathologischen  Veränderungen    dieser    letzteren    und  der  sie  einhüllenden  Tel^ 

subperitonacalis  ausgesetzt  sind. 


Beckeneingeweide  des  Mannes.  259 


Beckeneingeweide  des  Mannes. 

Als  B  c  c  k  c  11  c  i  11  g:  e  w  c  i  (l  c  werden  diejenigen  Eingeweide  bezeichnet^ 
Welche  in  der  Höhle  des  kleinen  Beckens  ihre  normale  Lage  haben.  Ein  über- 
sichtliches Bild  der  Beckeneingeweide  des  Mannes  geben  die  Figg.  60,  Gl  u. 
"^'  Von  hinten  nach  vorn  zählend  finden  wir  im  Mittelraume  des  Beckens: 
^*as  Rectum,  die  Sanienblasen  nebst  der  Ampulle  des  Ductus  deferens, 
^^*c  Harnblase  mit  den  Mündungsstücken  der  üreteren  nebst  der  Prostata 
^^*^<^1  dem  Anfangstheile  der  Harnröhre.  Seitlich,  an  der  Beckenwand,  haben  wir 
^^^ini  Manne  nur  ein  Stück  des  Ureter  und  des  Ductus  deferens  (Fig.  61). 
Zu  den  Beckeneingew^eiden  gehören  auch  die  äusseren  Geschlechts- 
^^'^ane;  sie  sind  als  nach  aussen  vorgeschobene  Theile  der  Harn-  und  Ge- 
sehlechtswerkzeugc  an/Aisehen  und  liegen  ebenfalls  in  der  Körpermitte.  Sie  be- 
stehen beim  Manne  aus  dem  Hodensackc  mit  seinem  Inhalte,  den  Hoden, 
^^benhoden  und  den  Anfangstheilen  beider  Ductus  deferentes,  ferner 
*^^is  dem  Samenstrange  und  dem  männlichen  Begattungsgliede,  dem  Penis, 
^»t  dem  von  ihm  umschlossenen  grösseren  Abschnitte  der  Harnröhre. 

Ausser  den  aufgeführten  Bildungen  nehmen  indessen  noch  andere  Eingeweide, 
^^gelmässig  oder  in  Ausnahmefällen,  den  von  den  genannten  Organen  nicht  in 
^^^spruch  genommenen  Beckenraum  ein;  es  sind  dies  Theile  des  Darmkanales. 
^^m  dieselben  auch  bereits  bei  der  Schilderung  der  Bauchorgane  zur  Sprache 
^^Kommcn  sind,  so  müssen  sie  hier,  da  zwischen  ihnen  und  den  Beckeneinge- 
^ciden   wichtige  Lagebeziehungen    obwalten,    abermals   kurz   berührt   werden. 

^dererseits  liegen  gewisse  Theile  der  Urogenitalorgane  beständig,  oder  vorüber- 
gehend, oder  ausnahmsweise  in  der  Bauchhöhle,  zu  welcher  die  grosse  Becken- 
^^>hle  zu  zählen  ist. 

Die  grosse  Beckenhöhle  wird  fast  ganz  von  Darmschlingen  belegt: 

T^ecum,  Processus  vermiformis,  Anfangstheil  des  Colon  ascendens  in 

e**i'echten,  und  Colon  sigmoideum  in  der  linken  Darmbeingrube,  dazwischen 

.  *^iimsehlingen.     Von    den  Harn-  und  Geschlechtsorganen    finden  sich 

^'^^  grossen  Becken  und  darüber  hinaus    in    der    eigentlichen  Bauchhöhle:    der 

SJ'össere  Theil  des  Ureter  und  des  Ductus  deferens,    der  Urachus    und, 

ei  starker  Füllung,  der  obere  Theil  der  Harnblase.     Bei  Kindern  bis  zum 

•  Lebensjahre  liegt    dieser  Theil  auch    der  leeren  Blase    stets    im  Bereiche 

^^  Bauchhöhle,    und  zwar    ein  um  so  grösserer  Theil,   je  jünger   die  Kinder 

Sind,     (Weiteres  darüber  beim  Kapitel  „Harnblase.") 

Wichtig    ist   die   Frage   nach    dem  Vorbandensein  von  Damit  heilen, 

sbesondere  von  Dünndarmschlingen,  im  kleinen  Bec  ken. 

Beim  Manne  findet  man  unterhalb  der  Linea  terminalis,    bei  leerer 

^^  massig    gefüllter  Blase,    stets  Ile umschlingen,    welche   den  Raum 

lochen  Rectum    und  Blase  ausfüllen    helfen  und    beiden  Organen    aufliegen; 
^^   starker  Füllung    der  Blase  (s.  Fig.  68)  werden   sie  in  das  grosse  Becken 


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Rectum.     Anus.  261 

Will  man  für  den  Wurmfortsatz  überhaupt  eine  reguläre  Lage  zulassen,  so  ist 
^'8  die  „Beckenlagc",  bei  der  er,  gewöhnlich  mit  der  Hälfte  seiner  Länge,  über  den 
Hand  des  Psoas  und  der  Vasa  iliaca  externa  oder  communia  in  das  kleine  Becken 
"1  nahhängt.  Kr  li^ot  dort  in  unmittelbarer  Nachbarschaft  des  Ureter,  entweder  nach 
voi*n  oder  nach  hinten  von  ihm,  oder  unmittelbar  an  seiner  medialen  Seite. 

Dass  das  distale  Stück  des  Colon  sigmoideum  rait  seinem  Mesen- 
*6Hum  in  das  kleine  Becken  hinabsteigt,  braucht  nicht  besonders  hervorgehoben 
zu  werden.  Luschka  hat  diesen  Theil  des  Colon  als  „Rectumschenkel", 
»'öiinesco  als  „Colon  pelvieu"  beschriebea  (I.e.  [s.  unten  Nr.  7]  p.  340). 
Siehe  darüber  Kapitel  „Rectum'*. 

Mastdarm  (Rectum)  und  After  (Anus). 

Der  Mastdarm,  Rectum,  ist  das  Endstück  des  Darmrohres;  er  be- 
ginnt im  kleinen  Becken  in  der  Höhe  des  3.  Kreuzwirbels  und  endet  am 
Dannne,  unterhalb  und  vor  der  Steissbeinspitze  mit  seiner  äusseren  Oeffnung, 
dem  After,  Anus. 

Indenj  hier  der  Be<>inn  des  Mastdarmes  an  den  dritten  Kreuzwirbel  verlegt 
^^i'd,  folgen  wir  dem  Vorgänge  von  Treves,  v.  Samson,  Jonnesco  und  Testut^).  -— 

Michigan  med.  Society.  Vol.  V.  Detroit,  1892.  —  Ferguson,  J.,  Some  important  points 
^^'garding  thc  appendix  vermiformis.  Americ.  Journ.  of  med.  Sciences.  Vol.  101.  1891. 
^  Fromont,  H.  P.,  Contribution  k  i'anatomie  topographique  de  la  portion  sousdia- 
Phragmatique  du  tube  digestif.  Lille,  1890.  —  Gerold,  Untersuchungen  über  den 
^  i'ocesHUs  vermiformis  des  Menschen.  München,  1891.  Dissert.  inaug.  —  Hewson,  A., 
-^uatomy  of  the  vermiform  appendix.  Americ.  Journ.  of  med.  Sc.  Vol.  103.  1893.  — 
^lildebrand,  Die  Lage  Verhältnisse  des  Coecum  und  ihre  Beziehung  zur  Entstehung 
^on  äusseren  Cöcalbrüchcn.  Deutsche  Zeitschr.  f.  Chirurgie.  Bd.  33.  1892.  S.  182.  — 
Lafforgue,  E.,  Recher ches  anatomiques  sur  l'appendice  vermiculaire  du  caecum. 
^'^ternat.  Monatsschr.  f.  Anat.  u.  Physiologie.  1893.  —  Legueu,  F.,  La  Situation  du 
Caecum  chez  Fenfant.  Bullet,  de  la  societe  anat.  de  Paris.  1892.  —  Lock  wo  od,  C.  B., 
^^d  Rollest on,  H.  D.,  The  fossae  round  the  caecum  and  the  position  of  the  vermi- 
/>nn  appendix  etc.  Journ.  of  anat.  and  physiol.  Vol.  2G.  1891.  —  Purser,  Cec.  and 
^^unie,  G.  H,  The  position  of  the  vermiform  appendix.  Transact.  of  the  intercolonial 
^^^'  Congress.  Sidney,  1893.  —  Schief f er decker,  P.,  Beiträge  zur  Topographie 
<ies  Darmes.  Arch.  f.  Anat.  u.  Physiol.  1886.  Anat.  Abth.  —  Sonnenburg,  E.,  Pa- 
thologie und  Therapie  der  Perityphlitis.  Leipzig,  Vogel.  1897.  3.  Aufl.  —  Struthers, 
^•>  On  varieties  of  the  appendix  vermiformis,  caecum  and  iliocolic  valve  in  man. 
f^^^inb.  med.  Journ.  1893.  —  Tarenetzky,  A.,  Beiträge  zur  Anatomie  des  Darmkanals, 
^em.  de  l'Acad.  imp6r.  de  St.  Petersburg.   VII  Ser.  Tome  28.    1881. 

1)  1)  Treves,  F.,  Lectures  on  the  anatomy  of  the  intestinal  canal  and  peritoneum 

j^  Ulan.    British  med.  Journ.   1885,   Nro.  1261.  —   2)  von  Samson,  Einiges  über  den 

9.rm,   insbesondere   über   die  Flexura  sigmoidea.    Archiv  für  klin.  Chirurgie.    1899. 

|Auch    als   Dorpater   Inauguraldissertation   erschienen,    1890.)    —    3)  Testut,    Trait6 

^'^natomie  (I.e.).   T.  III.  p.  553.    1893.    —  4)  Jonnesco,  Th.,   Le  colon  pelvien  pen- 

^^nt  la  vie  intra-uterine.   Th6se.   Paris,  1892.  —  5)  Derselbe,  Le  colon  pelvien  chez 

^mbryon  et  chez  le  nouveau-n^.    Paris,  1892.  —  6)  Derselbe,  Hernies  internes  r^tro- 

P^nton6ales  ou  hernies  formees  dans  les  fossettes  normales  du  p6ritoine.    Paris,  1890. 

?^eiiiheii.  304 pp.  —   7)  Derselbe,  Traite  d'anatomie  humaine  publ.  par  P.  Poirier. 

J:  IV    prem.  fasc.   Tube  digestif.   Paris,  Bataille  et  Cp.   p.  340 ff.  —   Jonnesco  gibt 

*®  eingehendste  Begründung  dieser  Abweichung  von  der  bisherigen  Darstellung. 


262  Theile  des  Rectum. 

Schon  Luschka,  indem  er  einen  besonderen  „Rectumschenkel''  des  Colon  sigmoideurn 
unterschied,  bahnte  diese  Auffassung*  an;  nichts  destowenig-er  lässt  er  noch,  „Anatomie 
des  Bauches",  Tübingen,  1863.  S.  228,  und  „Anatomie  des  Beckens",  ebend.  1864.  8.202, 
das  Rectum  am  Beckcneing-ang-e  beginnen.  Dies  ist  weit  willkürlicher,  als  die  hu*r 
ang-cnommene  Auffassung-,  der  zufolge  der  im  kleinen  Becken  liegende  Dickdarin- 
abschnitt, soweit  er  noch  ein  Mesenterium  besitzt,  also  frei  beweglich  ist  und  meist 
eine  deutliche  Schlinge  bildet,  noch  zum  Colon  sig'moideum  gerechnet  wird.  Man 
kann  mit  Jonnesco  diesen  Abschnitt  des  Colon  passend  als  „Colon  pelvinuin 
besonders  benennen. 

Mit  dieser  Aenderung-  verbleiben  dem  Rectum  nur  zwei  Abschnitte,  und  es 
wäre  das  „M es o rectum"  aus  der  anatomischen  Nomenklatur  zu  streichen.  Das  so 
begrenzte  ,,Rectum"  entspricht  auch  weit  besser  seiner  Beneiniung'  und  unterscheidet 
sich  durch  Lage,  Bau,  Befestigung*  und  physiologisclie  Bedeutung  viel  schärfer  von 
der  proximal  anstossenden  Darmabtheilung,  als  das  „Rectum"  der  bisher  üblichen 
Beschreibung. 


Theile  des  Bectum. 

Das  Rectum  in  der  eben  l)CgTüiidetcn  Ausdclinung  zerfällt  in  zwei 
durch  Lage,  Richtung,  Form,  Grösse,  Bau  und  physiologische  Bedeutung  gut  'i^^ 
trennende  Theile,  die  Pars  p  elvi  na  und  die  Pars  p  erinealis  ^).  D^*^ 
Pars  p  e  1  V  i  n  a  beginnt  mit  dem  dritten  Kreuzwirbel  und  endet  an  der  Stelle, 
wo  das  Mastdarmrohr  das  Diaphragma  pelvis,  d.  i.  den  Musculus  levator 
ani  erreicht,  mit  anderen  Worten,  da,  wo  die  obersten  Levatorfasern  an  daB 
Rectum  herantreten.  Diese  Stelle  trifft  ungefähr  zusammen  mit  dem  geraden 
Durchmesser  des  Beckenausganges  2)  (Diameter  recta  exitus  pelvis,  S.  48)  und 
mit  dem  unteren  Ende  (Schnabel)  der  Prostata  (beim  Weibe  mit  einem  Punkte 
etwas  unterhalb  der  Scheidenmitte). 

Die  Pars  perinealis  reicht  von  da  bis  zum  Anus;  sie  ist  die  kürzere 
Strecke.  Man  kann  sagen,  dass  die  Pars  pelvina  o  b  c  r  h  a  1  b  des  muskulösen 
Beckenbodens,  die  Pars  perinealis  unterhalb  desselben  gelegen  sei. 

Beide  Theile  haben  eine  verschiedene  Richtung;  die  Pars  pelvina  ver- 
läuft wie  das  untere  Ende  des  Kreuzbeines  und  des  Steissbeines  nach  vorn 
und  abwärts  und  ist  dabei  leicht  nach  vorn  konkav  —  Flexura  sacrali^ 
BNA.  —  Die  Pars  perinealis  wendet  sich  in  massigem  Grade  nach  hinten 
und  stärker  nach  abwärts,  sie  erscheint  öfters  auch  ein  wenig  nach  hinten 
konkav  —  Flexura  perinealis  BNA.  —  Die  Abgrenzung  beider  Theile  gegen 
einander  markirt  sich,  namentlich  bei  gefüllter  Pars  pelvina,  unter  einem  deut- 
lichen Winkel. 

1)  Die  BNA.  haben  diese  Bezeichnungen  nicht;  die  Pars  perinealis  heisst  bei 
ihnen  „Pars  analis",  die  Pars  pelvina  wird  nicht  besonders  benannt.  Der  wichtig'^^e 
Unterschied  für  die  topographische  Anatomie  des  Rectum  liegt  aber  in  dem  Verhalten 
desselben  zum  Diaphragma  pelvis.  Deshalb  glaubte  ich  die  hier  gebrauchten  Be- 
nennungen verwenden  zu  sollen.  Sie  schliessen  sich  an  die  von  H.  v.  Meyer  fi^i 
die  Theile  des  Kreuzbeines  gewählten  Bezeichnungen  (S.  94)  an.  —  S.  H.  v.  Meye^^' 
Lehrbuch  der  Anatomie  des  Menschen.    3.  Aufl.    1873.    S,  G2/63. 

2)  Sie  liegt  ein  wenig  tiefer. 


Theile  des  Rectum.    Ampulla  recti.  263 

Die  Pars  pelvina  recti  ist,  was  Form  und  Grösse  anbelangt,  namentlich 
bei  Erwachsenen,  aucli  im  leeren  Zustande,  erheblich  geräumiger,  als  das  Colon 
pelvinum  und  die  Pars  perinealis.  Bei  Neugeborenen  und  im  ersten  Kindes- 
alter  tritt  dies  noch  weniger  hervor.  Die  Haupterweiterung,  Ampulla  recti, 
üimmt  den  mittleren  und  unteren  Bezirk  der  Pars  pelvina  ein.  Bei  leerem 
Rectum  liegt  hier  die  vordere  Wand  dicht  an  der  hinteren;  auf  dem  queren 
Durchschnitte  erscheint    also  die  Lichtung  der  Ampulle  als  ein  Querschlitz. 

Von  manchen  Seiten  ist  die  Existenz  einer  Ampulla  recti  als  normaler  Bil- 
^luno-  an<^ezweifelt  worden.  Indessen  zeigt  sich,  insbesondere  bei  Erwachsenen,  falls 
überhaupt  Fäkalmas.sen  im  Rectum  vorhanden  sind,  dass  diese  in  dem  g-enannten  er- 
weiterten Abschnitte  liegen,  wobei  in  der  Regel  das  Colon  pelvinum  und  die  Pars 
perinealis  leer  gefunden  werden.  Ausgüsse  des  Rectum  lassen  stets  die  betreffende 
Erweiterung  erkennen,  die  auch  beim  Aufblasen  deutlich  hervortritt.  Die  Ampulla 
recti  muss  daher  als  ein  wohl  zu  unterscheidender  Theil  angesehen  werden,  dem 
die  Bedeutung  einer  „Kothblase"  zukommt,  bestimmt  die  Fäkalmassen  und  Darmgase 
vor  ihrer  Entleerung  in  der  unmittelbaren  Nähe  der  Austrittspforte  zu  sammeln. 
Vgl.  das  Kapitel  J^hysiologische  Bemerkungen"  S.TT^:  2^t 

Bei  Füllung  des  Rectum  zeigt  sich  häufig  der  untere  Theil  der  Pars  pel- 
vina nach  voni;  bei  Männern  zum  Schnabel  der  Prostata  hin,  bei  Weibern  zur 
Mitte  oder  zum  Beginn  des  unteren  Drittels  der  liinteren  Scheidewand,  in  eine 
besondere  kleinere  blindsackigc  Erweiterung  ausgedehnt.  (S.  Figg.  81 
^nd  68).  .  Die  so  instruktive  Abbildung  Disse's^  zeigt  ebenfalls  die  kleine 
vordere  Aussackung  bei  einem  männlichen  Becken;  auch  in  Fig.  66a  lässt 
*^ie  sich  erkennen  (dicht  oberhalb  R). 

Ist  das  Rectum  stark  mit  Kothmassen  oder  Gasen  erfüllt,  so  erstrecken 
sich  diese  auch  in  das  Colon  pelvinum  hinein;  immer  aber  lässt  sich  dabei  die 
^Gr  Kreuz-Stcissbein-Höhlung  entsprechende  ampulUire  Erweiterung  erkennen. 
(Vgl.  die  eben  angezogene  Disse'sche  Figur.)  —  Eine  bei  starker  Füllung 
erhärtete  und  nach  der  Härtung  entleerte  Ampulla  recti  zeigen  Figg.  76,  110 
*^nd  112.  Dagegen  erscheint  in  Fig.  60  das  Rectum  in  auffallender  Weise 
'^usanunengczogcn;   der  Schnitt  geht  durch  das  unterste  Stück  des  Os  sacrum. 

Die  Pars  perinealis  recti  wird,  wenn  nicht  gerade  eine  Entleerung 
stattfindet,  oder  (bei  der  Leiche)  noch  nach  dem  Tode  ein  Herabdrängen  von 
Koth  stattgefunden  hat,  stets  frei  von  Darminhalt  angetroffen.  Sie  stellt  einen 
fest  in  die  Muskulatur  und  die  Fettmassen  des  Beckenausganges  eingelassenen 
Kanal  dar,  der  gleichsam  den  Ausführungsgang  des  Rectum,  insbesondere 
^^Y  Ampulla  recti,  bildet.  Die  Wandungen  des  Kanales  liegen  von  beiden 
leiten  her  dicht  aneinander,  sodass  er  auf  dem  Querschnitte  als  ein  Längs- 
s<^hlitz  (im  Gegensatze  zu  dem  Verhalten  der  Pars  pelvina)  und  auf  dem 
^i'ontalschnitte  als  ein  linearer  Spalt  erscheint  2). 


1)  Bisse,  J.,  Untersuchungen  über  die  Lage  der  menschlichen  Harnblase  und 
ihre  Veränderung  im  Laufe  des  Wachsthums.  Anatomische  Hefte,  herausgegeben  von 
^«rkel  und  Bonnet.   L  1891.   Taf.  L  II.  Fig.  1. 

2)  Vgl.  hierssu  insbesondere  Symington,  J.,  The  Rectum  and  Anus.  Journ.  of 
^^atomy  and  physiology.   VoL  XXIII.    1889.   p.  106. 


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Theile  drs  Rectum.    Pars  perinealis.  265 

transversales  recti^  welche  die  Hälfte  oder  drei  Viertel  des  Rolirum- 
fanges  halbmondförmig-  umkreisen,  und  besonders  bei  dem  von  Otis  (eitirt 
S.  191)  angegebenen  Untersuchungsverfahren  deutlich  sichtbar  werden. 

Gut  treten  sie  auch  nach  Forniolliärtung  dos  Rectum  hervor;  dabei  thuss  jedoch 
^as  Orf2:an  während  der  Härtung  in  seiner  natürlichen  Lage  im  Becken  verbleiben, 
(Vgl.  Figg.  110  und  112.) 

Die  untere  Falte,  von  Kohlrausch i)  als  „Plica  transversalis  recti** 
l>ezeichnet  (auch  „Kohlrausch'sche  Falte"  benannt),  liegt  6—7  cm  oberhalb 
des  Anus  und  gewöhnlich  rechts  (in  der  Fig.  112  ist  es  die  rechtsseitig  ge- 
legene grössere  Falte).  Die  obere,  2,5  cm  höher,  liegt  dann  links  (Fig.  110). 
(In  Fig.  112  nicht  sichtbar.)  Mitunter  kommen  drei,  selten  vier  bis  fünf 
Falten  vor;  dann  liegt  die  erste  links  unterhalb  der  Kohl  rausch 'sehen  Falte 
in  4,5—6  cm  Höhe  über  dem  Anus,  oft  nur  wenig  angedeutet  (Fig.  112). 

Zwischen  den  Falten  machen  sich  ähnliche  Aussackungen  (Sacculi) 
bemerkbar,  wie  am  Colon  (Otis);  dieselben  sind  jedoch  nur  wenig  ausgeprägt. 
An  der  Bildung  der  Falten  nehmen  die  Mucosa  und  Submucosa  Theil;  auch 
erstreckt  sich  die  Ringmuskulatur  ein  wenig  in  deren  Basis  hinein  (S.  Fig.  112). 

Die  Farbe  der  Schleimhaut  in  der  Pars  pelvina  ist  ähnlich  der  des  Colon; 
<lie  Mucosa  ist  aber  dicker;  ihre  Kryx>ten  sind  länger;  die  punktförmigen  Mündungen 
<^lerselben  sind  leicht  mit  freiem  Au<^e  zu  sehen;  es  finden  sieh  zahlreiche  Lym])h- 
^nötchen  (Noduli  lymphatici  solitarii). 

Die  Tela  submucosa  enthält  die  grösseren  Stämme  der  zur  Tunica  mucosa 
^H^henden  und  von  da  kommenden  Blut-  wie  Lymphgefässe.  Die  Lymphknötchen 
*'cichen  unter  Durchsctzun«;'  der  Lamina  muscularis  mucosae  in  die  Submucosa  hinein. 

Die  als  „Taeniae  coli"  bekannten  besonderen  Züge  der  Längsmuskulatur  des 
Dickdarmes  lösen  sich  allmählich  an  der  Pars  pelvina  recti  auf,  indem  ihre  Fasern 
sj*^h  auf  die  gesamte  Rectumoberfläche  ausbreiten;  doch  lassen  sich  bis  zum  P^ndc 
*^cr  Pars  pelvina  an  deren  vorderer  und  hinterer  Wand  je  ein  stärkerer  Längs- 
^nuskelzug  deutlich  unterscheiden  (Otis,  1.  c.  [S.  191],  Laimer^). 

Die  Ringfnserschicht  bietet  an  dem  oberen  Abschnitte  des  Rectum  nichts  Be- 
sonderes; nur  ist  sie  ein  wenig  stärker  als  die  des  Colon. 

Die  Pars  perinealis  recti  zeigt  manche  bemerkenswerthe  Beson- 
^l^rheiten  in  ihren  Bauverhältnissen,  die  ihrer  praktischen  Bedeutung  wegen 
^uch  hier  zu  besprechen  sind :  Die  Farbe  der  S  c  h  1  e  i  m  h  a  u  t  ist  viel  heller ; 
Querfalten  fehlen;  an  deren  Stelle  treten  8— 10  Längsfalten,  Columnae 
^^ctales  (Morgagnii)  auf,  welche  an  ihrem  distalen  Ende  am  stärksten  sind, 
^^d  nach  oben  allmählich  verstreichen,  so  dass  sie  an  der  Grenze  beider  Rectum- 
abschnitte  schon  fehlen.  Am  distalen  Ende  stehen  sie  durch  kleine  halbmond- 
törmige  Schleimhautfältchen^),  Valvulae  semilunares,  in  bogiger  Verbin- 
^*ung;  je  zwei  Columnae  mit  der  verbindenden  Bogenfalte  schliessen  eine  kleine 
Winde  Tasche  ein,  Sinus  rectales,  deren  also  ebenfalls  8 — 10  sind.  Die 
Columnae  sind  durch  stärkere  Längsztige  glatter  Muskelfasern  bedingt. 

1)  Kohlrausch,  Zur  Anatomie u.  Physiologie  der  Beckenorgane.  Leipzig,  1854.  4. 

2)  Laimer,  Beitrag  zur  Anatomie  des  Mastdarmes.  Wiener  mediz.  Jahrbücher 
o83.  —  Kinio-es  zur  Anatomie  des  Mastdarmes.    Ebendas.  1884. 

3)  Gally,  J.,  Des  valvuies  du  Kectum  et  de  leur  role  pathogenique.  Toulouse, 
1893.  (Th^se.) 


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Thcile  des  Rectum.    Pars  perinealis.  267 

Man  kann  ferner  an  der  Pars  perinealis  drei  ringförmig  über  ein- 
ander liegenden  Zonen  unterscheiden:  die  oberste  ist  die  Zona  columna- 
^'is  m.;  sie  unifasst  den  Bereich  der  Coluuuiae  rectales  und  die  dazwischen 
liegenden  Sinus  (Fig.  67);  das  Epithel  dieses  Bezirkes  ist  auf  der  Höhe  der 
ColumnaC;  namentlich  in  deren  unterem  Theile,  ein  unverhorntes  geschichtetes 
l^lattcnepithel,  in  den  Sinus  ein  Cylindcrepithel  von  derselben  Beschaffenlieit 
^ie  im  übrigen  darüber  gelegene  Dannabschnitte.  Lieberkühn'sche  Krypten 
zeigen  sicli  nur  im  oberen  Bereiche  dieser  Zone;  ihr  Schwinden  wird  öfters 
<leutlich  durch  eine  leicht- festonnirte  Linie  (Linea  anorectalis  Herrmann) 
angezeigt.  In  der  Tiefe  der  Sinus  zeigen  sich  nach  Herrmann ^j  oft  noch 
vereinzelte  Kry})ten,  aber  auch  Drüsen  mit  einzelnen  Acinis  besetzt,  die  vielleicht 
^lit  den  Analdrüscn  gewisser  Thierspecies  zu  vergleichen  wären. 

Die  mittlere  Zone,  Zona  intermedia  (siehe  „Vasa  lymphatica  muc. 
Ani"  in  Fig.  67),  hat  eine  glatte  helle  Schleimhaut  mit  geschichtetem  nicht 
Verhorntem  riattenepithcl  und  kleinen  Papillen.  Die  unterste,  die  Zona  cu- 
tanea (Fig.  67:  Vasa  lymph.  zonae  cut.  ani)  hat  ein  verhorntes  Platten- 
<^l>ithel  mit  stärkerer  Pigmentirung;  auch  hat  die  bindegewebige  Unterlage  alle 
Cliaraktere  der  Cutis;  sie  führt  Papillen,  Haare  und  Talgdrüsen  nebst  grossen 
Knäueldrüsen  (Glandulae  circumanalcs  Gay)  an  der  Grenze  ^a^^n  den 
Dannn.  Sie  muss  zum  Rectum  gerechnet  werden,  weil  sie  noch  rohrförmig 
geschlossen  ist.  Die  untere  Grenze  des  Musculus  sphincter  ani  internus  reicht 
nahezu  bis  zur  oberen  Linie  des  verhornten  Epithels  hinab. 

Das  wichtigste  bei  der  Pars  perinealis  recti  ist  das  Verhalten  ihrer  Mus- 
*^nlatur:  Mit  dem  Beginne  dieses  Tlieiles  tritt  eine  ziemlich  scharf  nach  oben 
^bgegrenzte  Verstärkung  der  glatten  Eingmuskulatur,  der  Sphincter  ani 
internus,  auf.  Unmittelbar  nach  aussen  von  ihm  finden  wir  in  der  Höhe 
^<^ines  oberen  Umfanges  den  Levator  ani  dicht  herantreten;  der  dann  den 
inneren  Sphincter  noch  eine  Strecke  weit  analwärts  begleitet.  Dann  schliesst 
^ich  der  Sphincter  externus  an,  der  mit  dem  Sphincter  internus  bis  zur  Haut 
niuabreicht.  Das  untere  etwas  verjüngte  Ende  der  Portio  pubica  des  Levator 
^ni  schiebt  sich  zum  Theil  zwischen  Spliincter  internus  und  externus  ein,  wo 
Seme  Fasern  sich  theils  der  Längsmuskulatur  des  Rectum  anschliessen,  theits 
^11  Sehnenbündelchen  übergehen,  die  in  dem  Bindegewebe  zwischen  beiden 
^phincteren  bis  zur  Analhaut  sich  verfolgen  lassen  (Holl,  Roux,  Lesshaft 
'•  I-  c.  c.  und  Eggeling2). 

lieber  die  Verhältnisse  des  Ansatzes  der  Musculi  levator  ani,  coccygeus  und 
sphincter  ani  ist  bereits  S.  208—211  das  Notlüge  mitgetheilt  worden. 

Die  Muskelfasern  des  Sphincter  internus,  sowie  die  longitudinalcn 
glatten  Fasern,  strahlen  vom  Rectum  nach  allen  Seiten  aus.  Besonders  mögen 
^^Igende  Punkte  hervorgehoben  sein: 

1)  Herr  mann,  G.,  Sur  la  structurc  et  le  developpement  de  la  muqueuse  anale. 
^h6se  de  Paris.    1880. 

2)  Egg  Clin gs  H.,  Zur  Morphologie  der  Dammmuskulatur.  Morphologisches 
"^^hrb.  1896.    Bd.  24.  S.  405  u.  511,  insbes.  S.  622. 


268  Fascia  recti.    Perirectales  Gewebe.    Perl  rectale  Biiidegewebsräume. 

1)  Nach  unten  treten  sowohl  Theile  der  longitudinalen,  wie  der  circiilären 
Fasern  (Laimer  1.  c.)  überall  in  der  Umgebung  des  Rectum  in  die  Haut  ein. 
2)  Nach  vorn  treten  sie  zur  Fascia  rectovesicalis  und  am  unteren  Ende 
derselben,  wo  sie  am  Centrum  perineale  haftet,  zu  diesem,  um  sich  dort  mit 
Fasern  vom  Bulbocavernosus,  Sphincter  ani  externus,  Transversus  perinei,  und 
Musculus  trigoni  urogenitalis  zu  durchkreuzen  und  dort  ihr  Ende  zu  finden. 
Hier  ist  auch  die  Stelle,  wo  eine  Verbindung  zwischen  den  glatten  Längsmus- 
kelfasern der  Urethra  (Pars  membranacea)  des  Mannes  und  des  Rectum 
stattfindet  (Musculus  rectourethraHs  Roux*)  und  wo  die  Muskulatur  des 
Rectum  mit  der  Fascia  perinei  in  feste  Verbindung  tritt.  3)  Nach  hinten  treten 
reichlich  glatte  Muskelfasern  vom  Rectum  zum  Ligamentum  anococcygeuna 
und  zum  Steissbcine. 

Diese  Verhältnisse  der  Muskulatur  lassen  die  Pars  perinealis  recti  fest 
eingepflanzt  in  den  fascialen  und  nuiskulösen  Heckenboden,  sowie  in  die 
Heckenhaut  erscheinen,  ein  für  die  chirurgisclien  und  funktionellen  Beziehungen 
wichtiger  Punkt.  —  Nicht  unwichtig  ist  auch  der  Umstand,  dass  die  Schleim- 
haut der  Zona  intermedia  partis  perinealis  nur  durch  lockeres  Bindegewebe 
mit  der  Muskclliaut  verbunden  ist,  namentlich  an  beiden  Seiten,  während  vorn 
und  hinten,  in  der  Raphe  perinei  und  am  Ligamentum  anocoecygeum,  iu 
Folge  der  Ausstrahlung  der  Muskeln  zur  Haut  eine  stärkere  Befestigung  be- 
steht. Beim  Pressen  stülpt  sich  daher  seitlich  die  Schleimhaut  leichter  vor  und 
ist  Verletzungen  leichter  ausgesetzt. 

In  viellficlK^r  Bcziehun«^  bestellen  Aehnliclikeiten  zwischen  der  Pars  perineales 
recti  und  d(^r  Wan^-en-  und  T^ii)pen})firtie  des  Mundes,  namentlich  insofern,  als  a» 
beiden  Stellen  das  betreffende  Schleinihantrohr  in  innige  Verbindung*  mit  den  mn- 
gebenden  muskulösen  und  cutanen  Wandungen  gebracht  ist.  Aber  beim  Munde;  fehlt 
die  unwillkürlich  wirkende  <>latte  Muskulatur,  die  beim  Rectum  eine  so  grosse  Roll*? 
spielt,  und  beim  Munde  ist  der  Schwerpunkt  der  Muskelanordnung  auf  die  Oeffnung 
gelegt,  beim  Rcjctum  hingegen  auf  den  Verschluss. 

Fasoia  reoti.    Perirectales  Oewebe.    Perirectale  Binde^ewebsräume. 

Die  Pars  pelvina  recti  ist  in  ein  lockeres  Bindegewebe  eingelagert  und 
ausserdem  zu  einem  kleinen  Theile  (oben,  vorn  und  seitlich)  vom  Bauchfell^ 
und  zu  einem  grösseren  Theile  (soweit  das  Bauchfell  nicht  reicht),  von  einer 
besonderen  Fascie,  der  Fascia  recti,  umgeben.  Dieselbe  bildet  einen  Theil 
der  visceralen  Beckenfascie  (S.  196  u.  224—229).  Die  Figuren  59b,  67, 
76,  112  und  113  lassen  die  Fascia  recti  im  Quer-  und  Längsschnitte,  sowie 
(Figg.  67  u.  84  a)  als  ganzes  I^latt  in  seiner  Lage  zum  Rectum  erkennen.  Kaudal- 
wärts  beginnt  diese  Fascic  (Fig.  1 12)  in  dem  Winkel  zwischen  Musculus  levator 
ani  und  sphincter  ani  internus  mit  dem  Arcus  tendineus  fasciae  pelvis  (o  i^ 
Fig.  114 —  Uebergang  der  blauen  in  die  gelbe  Linie  in  Fig.  112),  kranial' 
wärts  verliert  sie  sich  mit  dem  Uebergange  des  Rectum  in  das  Colon  pelvinuna? 
allmählich  dünner  werdend  und  in  lockere  Bindegewebslamellen  aufgelöst.    Vorn 


1)  Koux,  1.  c.  [S.  208]. 


Faseia  recti.    Perircctales  Gewebe.    Perirectale  Bindegewebsraiime.  Ö69 

geht  sie  unterhalb  der  Exeavatio  rectovesicalis  von  beiden  Seiten  her  in  die 
Fascia  rectovesicalis  über,  und  endet  vorn  oben  mit  dieser  am  Boden 
der  genannten  Excavation  (Exeavatio  rectoiiterina  beim  Weibe).  (Figg.  113 
Und  114.)  Sie  reicht  also  hinten  höher  liinauf,  und  zwar  um  so  höher,  je 
weiter  man  nach  hinten  geht.  In  einem  Querschnitte,  welcher  oberhalb 
des  Fundus  der  Exeavatio  rectovesicalis  (rectouterina)  gelegen 
ist,  wird  man  die  Fascie  also  nur  hinten  und  an  den  Seiten  treffen,  wo  sie 
sich  in  Begleitung  der  Eingeweideäste  der  Vasa  hypogastrica  mit  dem  parietalen 
Blatte  der  Beckenfascie  verbindet.  (In  Fig.  59 b  ist  diese  letztere  Verbindung 
schematisch  dargestellt.) 

Sowohl  zwischen  der  Beckenwand  und  der  Fascie,  als  auch  zwischen 
dieser  und  dem  Rectum  befindet  sich  lockeres  Bindegewebe,  welches  mehr 
oder  weniger  fetthaltig  ist,  je  nach  dem  Fettreichthume  des  bctreflfendeu  Indi- 
viduum. Zwischen  Fascia  recti  und  Kreuzbein  (Tcla  adiposa  rctrorcctalis 
in  Fig.  59  b)  ist  es  sehr  locker  und  wenig  fetthaltig,  so  dass  man  hier  von 
^.  einem  retrorectalen  (Bindegewebs)-Raume,  Spatium  rctrorectale  (Loge 
7  rctrorectale  Quenu,  1.  c.  [S.  28g  p.  12)  sprechen  kaim.  Dieser  Raum  ist  durch 
Verschiebung  des  Rectum  sehr  auszuweiten,  und  man  kann  leicht  mit  den 
Fingern  in  ihn  eindringen  und  das  Rectum  vom  Krcuz})cine  ablösen.  Unten 
findet  dies  seine  Grenze,  indem  dort  die  Fascia  recti  in  die  parietale  Becken- 
t>odenfascie  auf  dem  Ligamentum  anococcygeum  übergeht  (Fig.  113 —  Ueber- 
gang  der  gelben  in  die  blaue  Linie);  seitlich  begrenzt  sich  der  Raum  durch 
die  Verbindung  der  Fascia  recti  mit  der  parietalen  I5eckenfascie  an  den  Vasa 
•»ypogastrica;  oben,  wo  die  Fascia  recti  überhaupt  aufhört,  geht  er  in  den 
Raum  zwischen  beiden  Blättern  des  Mesocolon  sigmoideum,  d.  h.  in  das  lockere 
prävertebrale  Bindegewebe,  über. 

Auch  vor  dem  Rectum,  zwischen  diesem  und  den  Samenblasen  (genauer: 
^'cr  diese  hinten  deckenden  Fascia  rectovesicalis),  befindet  sich  ein  ähnlicher 
Bindegewebsraum,  Spatium  praerectale  (Loge  prerectale,  Quenu,  I.e.). 
Soweit  die  Fascia  rectovesicalis  reicht,  s.  Fig.  11^  ist  dieser  Raum  durch  die  3/ 
seitliche  Anheftung  der  Fascia  recti  beiderseits  abgeschlossen  und  von  dem 
Spatium  rctrorectale  getrennt;  höher  im  Becken  geht  er,  so  weit  hier  noch  eine 
F'ascia  recti  besteht,  in  das  lockere  Gewebe  zwischen  Fascia  recti  und  Rcctum- 
^and,  in  welchem  die  (von  oben  hereingedrüngenen)  Vasa  haemorrhoidalia 
superiora  liegen,  über,  während  er,  um  die  Exeavatio  rectovesicalis  herum, 
nach  vorn  in  das  subpcritonäale  Gewebe  der  hinteren  Blasenwand  und  seitlich 
in  das  die  Vasa  hypogastrica  begleitende  lockere  Bindegewebe,  zum  Foramen 
ischiadicum  majus  hin  sich  verliert.  Schliesslich  gehen  alle  diese  Räume  mit 
ihren  Ausläufern  in  die  Tela  subperitonaealis  über.  (Vgl.  Figg.  59  b,  113  u.  114.) 
Noch  zwei  seitliche  perirectale  Räume  (Logos  perirectales  Quenu)  zu  unter- 
scheiden, ist  überflüssig. 

Die  Fascia  recti  He^t  dem  Rectum  ziemlich  dicht  an,  und  zwischen  ihr  uml 
*iem  Rectum  ist  nicht  so  viel  lockeres  Bindegewebe  an^^j-ehäuft,  wie  im  Spatium  retro- 
J'C'ctale.    Ich  bemerke  dies  mit  Rücksicht  auf  die  schematischen  Figuren,  insbesondere 


^'^^  Beziehungen  des  Rectum  zum  Bauchfelle. 

59  a  und  59  b,  in  denen  alle  diese  Räume,  um  die  Uebersicht  zu  erleichtern,  zu  ^ross 
gezeichnet  sind.  Das  Bindegewebe  zwischen  Rectum  und  Fascia  recti  ist  zuweilen 
fettreich;  dies  Fett  ist  indessen  nicht  so  locker,  wie  das,  welches  sich  im  Spatium 
praevesicale  befindet,  und,  gelegentlicli,  auch  im  Spatium  retrorectale.  Es  sei  noch 
einmal  hervorgehoben,  dass,  wie  aus  der  Beschreibung  und  den  Figuren  ersichtlich 
ist,  das  Gewebe  zwischen  Rectum  und  Fascia  recti  nach  oben  und  "nach  den  Seiten 
hin  unmittelbar  in  die  Tela  sul)peritonaealis  übergeht. 

Bei  Besprechung  der  Harnblase  werden  wir  auf  ganz  gleiche  Verhältnisse 
kommen;  desgleichen  werden  diese  Dinge  bei  der  später  zu  gebenden  zusammen- 
hängenden Darstellung  der  Beckenfascien  und  des  Beckenbindegewebes,  ferner  beim 
Kapitel  „Beckenabscesse"  wieder  aufgenommen  werden  müssen. 

Die  Pars  analis  recti  zeigt  keine  besondere  Fascic  und  keine  pcri- 
rectalcn  Räume;  sie  ist  vielmehr,  wie  wir  sahen,  fest  in  die  Muskulatur  des 
Dammes  eingelassen,  und  weiter  peripher  von  dem  Fettgewebe  der  Fossa 
ischiorectalis  umgeben.  Indessen  muss  bemerkt  werden,  dass  zwisclien  den 
einzelnen  Muskeln  sich  etwas  lockeres  Bindegewebe  befindet,  in  welchem  eine 
Fortleitung  pathologischer  Processe  vorkommenden  Falles  sich  vollzieht,  ins- 
besondere zwischen  den  beiden  Sphincteren  (internus  und  externus).  Die  Kom- 
munikation mit  dem  Bindegewebe  der  Fossa  ischiorectalis  findet  am  oberen 
Rande  des  Sphincter  extermis  statt. 

Beziehungen  des  Rectum  zum  Banchfelle. 
Excavatio  rectoYesicalis*     Recessus  pararectales. 

Das  Bauchfell  bekleidet  nur  einen  Theil  der  Pars  pelvina  recti? 
so  dass  man  an  diesem  Abschnitte  eine  Pars  per  i  tonaealis  und  extra- 
peritonaealis  unterscheiden  kann.  Der  oberste  Theil  des  Rectum  bat 
einen  noch  fast  vollkommenen  serösen  Ueberzug;  dann  lüsst,  weiter  abwärts, 
das  Bauchfell  mehr  und  mehr  die  Seiten  des  Rohres  frei,  so  dass,  etwa  vom 
4.  Kreuzwirbel  ab,  nur  noch  die  Vorderfläche  bekleidet  ist.  Indem  sich 
schliesslich  die  Serosa  auf  die  Harnblase  (bez.  den  Uterus)  überschlägt,  bildet 
sich  ein  seröser  Blindsack,  die  Excavatio  rectovesicalis  (Mann)  —  rccto- 
uterina  (Weib).  Der  Fundus  der  Excavatio  rectovesicalis  liegt  häufig  in  der 
Höhe  des  I.  Steisswirbels,  doch  schwankt  dies  sehr  (vgl.  die  Maass-  und  Zahlen- 
tabelle). Bei  Neugeborenen  und  jungen  Kindern  steht  der  Fundus  viel  tiefer; 
etwas  tiefer  auch  beim  Weibe  als  beim  Manne.  Bei  gefülltem  Rectum  und 
gefüllter  Blase  rückt  er  höher  hinauf;  auch  bei  älteren  Männern  pflegt  er, 
wegen  der  stärkeren  Prostata,  meist  höher  zu  stehen. 

lieber  den  Einfluss    der   Füllung    von    Rectum   und  Blase    auf   den    Stand    deB      \ 
Fundus  excavationis  rectovesicalis  herrseht  keine  Einigkeit.   Quenu  z.  B.  (1.  c.  [S.  28^])  ^j 
gibt  an,  dass  die  Füllung  beider  Organe  den  Fundus  bis  zu  4  cm  über  den  gewöhn- 
lichen Stand  (5— 6  cm  oberhalb  des  Anus)  erheben  könne;  Jonnescoi)  dagegen  findet 
kaum  einen  Einfluss.   Nach  unseren  Erfahrungen  darf  man  in  maximo  eine  Erhöhung 
von  IVs""^  em  annehmen. 

An   der   Excavatio   rectovesicalis    (Figg.  60,  61  D,  66,  66a) 
müssen  zwei  Abtheilungen,    eine  obere  und  untere,  unterschieden  werden,    von 

1)  Jonnesco  1.  c.  (S.  261  Nr.  7). 


Befestigungen  des  Rectum.    Arterien  des  Rectum.  271 

denen  man  die  obere  mit  der  Bezeichnung  „Atrium  excavationis  rectovesicalis" 
belegen  kann.  Die  untere,  Fundus,  ist  seitlich  durch  die  beiden  Plicac 
i'öctovesicalcs  abgeschlossen;  zwischen  diesen  Plicae  zieht  sich  vor  dem 
Rectum  noch  eine  zarte  lialbmondförmige  seröse  Verbindungsfalte  hin,  die  bei 
V^erschiebungen  von  Rectum  und  Blase  besonders  deutlich  wird;  diese  Ver- 
*>indung8falte  bezeichnet  die  Grenze  zwischen  dem  Atrium  und  dem  Fundus 
^er  Excavation.  Bei  Neugeborenen  und  Kindern  sind  diese  Verhältnisse  immer 
deutlich  zu  sehen,  bei  Erwachsenen  verstreichen  sehr  oft  diese  Falten.  In  den- 
selben liegen  stärkere  Bündel  subseröser  Muskelfasern. 

Zwischen  den  Plicae  rectovcsicales  nebst  der  seitlichen  Rectumwand 
einerseits,  und  der  Beckenwand  andererseits  bleibt  je  ein  flach  rinnenförmiger 
Seröser  Raum,  der  sich  zum  Kreuzbeine  hinerstreckt,  Recessus  pararectalis  m.^). 
^it  der  Füllung  und  Entleerung  des  Rectum  wird  er  schmäler  oder  breiter; 
^^  seiner  lateralen  Wand  finden  wir  Aeste  der  Vasa  hypogastrica  und  den 
Ureter  (Fig.  61).  In  seltenen  Fällen,  bei  Tieflage,  können  rechts  der  Pro- 
eessns  vermiformis  und  das  Caecum,  links  (häufiger)  das  Colon  pelvinum  hincin- 
gelagert  sein.  In  Fig.  84a  sind  beide  Recessus  von  hinten  her  dargestellt, 
^ö  Fig.  111  auf  dem  Querschnitte. 

Befestigungen  des  Bectnm. 

Abgesehen  vom  Bauchfelle,  den  Gefässen  und  Nerven,  trägt  zur  Befesti- 
gung der  Pars  pelvina  recti  bei  die  Fascia  recti,  indem  sie  sich  von  den 
^eitentheilen  des  Organes  zu  den  Vasa  hypogastrica  hinüberzieht  und  sich  auch 
mit  der  Fascia  rectovesicalis  verbindet.  Bei  dieser  verhältnissmässig  schwachen 
Befestigung  bleibt  dem  oberen  Theile  des  Rectum  noch  eine  ziemliche  Be- 
weglichkeit erhalten. 

Dass  der  untere  Theil,  die  Pars  perinealis  recti,  fest  eingemauert 

Jl^  der  Muskulatur  des  Diaphragma  pelvis  und  im  Fette  der  Fossa  ischiorectalis 

^^gt,    wurde   schon   gebührend   hervorgehoben.     Es  kommen  als  Befestigungs- 

^Jttel  hier  noch  hinzu  das  C  e  n  t  r  u  m  perineale  und  das  Ligamentum 

^öococcygeum. 

Axterlen  des  Rectum. 

Die  Arterien  des  Rectum  stammen  aus  vier  Quellen:  1)  aus  der 
^i*tcria  mesenterica  inferior,  welche  die  Arteria  haemorrhoidalis 
^perior  zum  Colon  pelvinum  und  zum  Rectum  sendet,  2)  aus  den  Artcriae 
^ypogastricae  direkt  die  Arteriae  haemorrhoidales  mediae,  3)  aus 
^^^  Aa.  hypogastricac  in  zweiter  Linie  (Aa.  pudendae  internae)  die  Aa.  hae- 
morrhoidales inferiores,  4)  kleine  Zweige  aus  der  Arteria  sacralis  media. 
Die  unter  1,  2  und  4  genannten  Gefässe  versorgen  wesentlich  die  Pars 
pelvina;  die  Aa.  haemorrhoidales  inferiores  sind  für  die  Pars  perinealis,  insbe- 
sondere deren  Muskulatur,  bestimmt.  Die  Arterien  1  und  4  «ind  unpaar, 
paarig. 


2  Und  3 


1)  Fosse  recto-pelvienne  Jonnesco  1,  c.  (S.  261  Nr.  7). 


272  Venen  des  Rectum. 

Indem  die  Arteria  pudenda  interna  den  oberhalb  des  Diapliragma  pelvis  g^' 
legenen  Raum  verlässt,  um  in  die  Fossa  ischiorectalis  einzutreten,  geht  auch  ihr 
Rectalast,  die  Arteria  haemorrhoidalis  inferior,  unterhalb  dieses  Diaphragma  zW 
Pars  perinealis.  Man  kann  daher  anch  bei  den  Gefässen  (Blut-  und  Lymphgefässen) 
—  und  dies  gilt  auch  für  die  Nerven —  die  supradiaphragmalen  von  den  infra- 
diaphragnialen  unterscheiden. 

Die  Arteria  haemorrhoidalis  superior  geht  zwar  bis  zum  Hautgebiete 
der  Pars  perinealis  mit  ihren  Zweigen  hinunter,  und  anastomosirt  hier  sogar  mit  Zweige^ 
der  Arteria  haemorrhoidalis  inferior;  jedoch  liegen  diese  Anastomosen,  an  denen 
auch  die  Arteria  haemorrlioidalis  media  theilnimnit,  in  derTela  submucosa  rectij 
wogegen  die  ziemlich  zahlreichen  und  stärkeren  Anastomosen  zwischen  den  beiden 
infradiaphragmalen  Rectumarterien  subfascial  aussen  auf  dem  Rectum  liegen. 

Diese  Anastomosen  zwischen  den  drei  grösseren  Rectumarterien 
sind  praktisch  wichtig.  Das  Hauptgefäss  ist  die  Arteria  haemorrhoi- 
dalis superior. 

Diese  Arterie  theilt  sich  oben  am  Rectum  in  einen  vorderen  und  hinteren  Ast, 
welche  an  der  Pars  pelvina  entlang  laufen,  der  vordere  Ast  zugleich  mehr  links, 
der  hintere  mehr  rechts;  nicht  selten  findet  sich  hinten  noch  ein  mittleres  Gr^' 
fjlss,  welches  dann  als  Fortsetzung  des  Stanmies  erscheint.  G  bis  8  Seitenzweige,  mei?*' 
longitudinal,  aber  auch  quer  verlaufend,  gehen  von  den  Haui>tästen  ab. 

Von  einem  oder  dem  anderen  Hauptzweige,  jedoch  nur  einseitig  (Quenu),  treten 
auch  Reiser  zur  Prostata  oder  zur  Sc  Ji  ei  de. 

Die  Arteria  haemorrhoidalis  media  kommt  entweder  aus  der  Arteria  hy- 
pogastrica  direkt,  oder  aus  einem  ihrer  Aeste,  läuft  zur  Seite  der  Vesiculae  seminales 
(Mann)  ^  der  Vagina  (Weib)  —  zum  unteren  Ende  der  Pars  pelvina.  Sie  gibt  auch 
dem  Musculus  levator  ani  Zweige.  Ihre  Anastomosen  mit  den  beiden  anderen  Arteri*i<5 
haemorrhoidales  wurden  erwähnt.  Hauptsächlich  verzweigt  sie  sich  jedoch  an  dci 
Prostata,  den  Samenblasen  und  der  Scheide;  ihre  Mastdarmäste  können  (jedoch  selten; 
fehlen. 

Die  Arteriae  haemorrhoidales  inf(M-iores  konnnen  gewöhnlich  ^'^ 
hintere  und  vordere  (erstere  am  Dammrande  des  Musculus  glutaens  maximu^'i 
letztere  am  hinteren  Rande  des  Trig*onum  tirogenitale)  aus  der  Pudenda  interna  h^'*' 
vor  und  durchsetzen  mit  den  begleitenden  Venen  und  Nerven  das  Fett  der  Fossii 
ischiorectalis. 

Die  kleinen  Zweige  aus  der  Arteri  a  sacralis  media  trifft  man  vom 
4.  Kreuzwirbel  ab  kaudalwärts;  sie  haben  ebenfalls  Anastomosen  mit  den  beiden 
oberen  Haemorrhoidalarterien. 

Quenu  sah  bei  seinen  Injektionen  der  Arteria  mesenterica  inferior  von  den 
Rectum-Anastomosen  aus  die  Hypognstrica  und  von  da  die  Femoralis  und,  rückläufig?» 
die  Aorta  sich  füllen,  so  dass  also  di(*,  Arteria  mesenterica  inferior,  nach  Unterbindun» 
der  Arteria  iliaca  externa,  an  der  Herstellung  des  Kollateral kreislaufes  sich  betheili^^^ 
kann. 


Venen  des  Reotnm. 

Die  Venenstämme  des  Rectum  entsprechen  den  Arterien.  Wir  liaben 
also  eine  Vena  haemorrhoidalis  superior,  zwei  mcdiae,  mehrere  infe^*^' 
ores  und  kleine  Zweige  zum  Plexus  venosus  sacralis;  sie  treten  mit  den 
Stammarterien  zu  den  gleichnamigen  Stammvenen. 

Alle  diese  Venen  haben  Anastomosen  miteinander  durch  die  PlexU^ 
venosi  haemorrhoidales,    deren  man    im  wesentlichen    zwei  unterscheidet 


Venen  des  Rectum.  273 

kann:  den  Plexus  hacmorrhoidalis  internus  (submucosus)  und  den  Plexus 
haemorrhoidalis  externus  (subfascialis).     S.  S.  216. 

Der  Plexus  venosus  haemorrhoidalis  internus  gehört  der  Tela 
submucosa  des  gesaraten  Rectum  an.  Bei  Erwachsenen  findet  sich  hier  fast 
i'egelmässig  eine  Besonderheit  in  den  Glomera  venosa  haemorrhoidalia. 
Diese  Bildungen  liegen,  als  Theile  des  Plexus  venosus  submucosus,  in  der  Zona 
intermedia  der  Pars  perinealis  recti,  und  zwar  in  der  Gegend  der  Valvulae  sinuura 
**ectalium.  Sie  bestehen  je  aus  mehreren  kleinen  Venen,  die  zu  einem  rund- 
lichen oder  länglichen  Knäuel  zusammengeballt  sind;  auch  ampulläre  Dila- 
tationen kommen  an  diesen  Knäuelvenen  vor,  oder  zeigen  sich  an  einzelnen 
Venen  zwischen  den  Knäueln.  Aus  einem  solchen  Knäuel  treten  die  Venen 
nach  mehreren  Richtungen  hin  hervor,  und  man  kann  zu-  und  abtretende  Aest- 
cihen  unterscheiden.  Bei  einigermaassen  grossen  Knäueln  ist  dieses  sehr  deut- 
lich^). Von  Anderen  ist  mehr  die  Ampullenbildung  als  Ursache  der  Venen- 
knoten betont  worden.  Jedenfalls  existirt  in  der  genannten  Zone  der  Pars 
perinealis  recti  ein  Ring  von  Venenaufknäuelungen  und  Venenerweiterungen,  der 
Annulus  haemorrhoidalis  (BNA.). 

Ich  halte  den  Annulus  haemorrhoidalis  für  eine  normale  Bilduns",  woran  für 
''erwachsene  aucli  kaum  ein  Zweifel  besteht.  Ich  habe  ihn  wiederholt  schon  bei  Kinder- 
reichen beobachtet,  natürlich  in  geringerer  Ausbildung.  Ich  theile  hier  die  Mei- 
nung von  Sappey  (Traite  d'anatonüe)  und  Duret  (I.e.  S.  286  Nr.  0),  während  Andere 
"~^  ich  nenne  insbesondere  Charpv  (I.e.  S.  286  Nr.  9)  ~  sich  dagegen  ausgesprochen 
haben. 

Aus  dem  Plexus  submucosus  entwickeln  sich  nun  stärkere  Venenstämme; 
^^iinächst  in  den  Columnae  rectales  aufsteigend,  durchbohren  sie  die  Muskelhaut 
^^i  treten  zu  den  subfascialen  Venen,  welche  den  Plexus  haemorrhoidalis 
Externus  bilden.  Aus  diesem  Plexus  gehen  schliesslich  durch  Zusammenfluss 
^^^  starke  Vena  haemorrhoidalis  superior,  welche  zur  Vena  mesen- 
^rica  inferior,  und  durch  diese  zur  Vena  portae  zieht,  sowie  Zuflüsse  zu 
^^n  (kleineren)  Venae  haemorrhoidales  mediae  hervor.  Letztere  er- 
halten indessen  ihr Hauptkontingeut  von  den  Venen  der  Blase,  der  Prostata, 
^nd  der  S  a  m  e  n  b  1  a  s  e  u  (Mann),  Vagina  (Weib)  -~  also  vom  Plexus 
^^sicoprostaticus  (vesicovaginalis)  —  S.  216  — . 

Aus  dem  Plexus  submucosus,    sowie  aus  den  Muskeln  der  Pars 

P^nnealis  gehen  aber  auch  oberhalb  und  unterhalb  des  Musculus  sphincter  ani 

Externus,  sowie  durch  den  Muskel  hindurchtretend,    Venen  hervor,    welche  zu- 

^öimen    mit    den  Venen  der  Analhaut,    die  einen    Plexus    subcutaneus 

^^1  bilden,    in  die  Venae    haemorrhoidales  inferiores   und    durch 

*^se  zu  den  Venae  pudendae  internae  fliessen. 

Nach  den  Untersuchungen  von  Quenu,    die  Dr.  Frohse  bestätigt,    stehen    die 

s  den  Analmuskeln  und  der  Analhaut  kommenden  Venen  auch  mit  den  Venae  scro- 

^s  (labiales)  posteriores,  sowie  mit  den  Hautvenen  der  Steiss-  und  Kreuzbeingegend 

*^  Verbindung  (s.  S.  140).  —  Ferner  stellte  Quenu  fest,  dass  es  viel  leichter  gelingt, 

^ö  der  Vena  mesenterica  inferior  (also  vom  Pfortadergebiete  aus)  durch  die  Plexus 

1)  Nach  Injektionen  von  Dr.  G.  Jablonowski. 
^aldeyer,  Das  Becken.  lÖ 


Ö74  Lymph^efasse  des  Rectum. 

haemorrhoidales  die  V(Miae  pudendae  zu  füllen,  als  uingekehrt.  Man  darf  sonut 
schliessen,  dass  die  anastomotischeii  Beziehungen  der  Rectum-Venen,  d.  h.  die  Abflüsse 
der  Plexus  haemorrhoidales  zu  den  Venae  haemorrhoidales  mediae  und  pudendae  iß' 
ternae,  wesentlich  zur  Entlastung  der  Pfortader  dienen.  Charpy  (1.  c.  S.  286  Nr.  9) 
findet  die  Hauptanastomosen  zwischen  der  Vena  haemorrhoidaüs  superior,  also  dem 
Pfortadergebiete,  mit  dem  Gebiete  der  Vena  cava  inferior,  nicht  in  den  Anastomosen 
mit  den  subkutanen  Analvenen  und  denen  der  Sphincterenvenen,  sondern  in  den- 
jenigen Zweigen,  welche  sich  von  Seiten  der  Vena  haemorrhoidalis  superior  und 
media  zur  Prostata  und  Samenbhise  (Scheide,  Weib)  begeben  und  den  Plexus  vesico- 
prostaticus  bilden  helfen.  —  Die  von  den  Venae  haemorrhoidales  superiores  kommenden 
Aeste  laufen  in  den  Plicae  rectovesicales  (Douglas!)  zum  Plexus  vesicoprostaticus. 

LymphgefäBse  des  Beotnm. 

Nach  den  Untersuchungen  von  Gerota^),  dessen  Originalabbildung  i^ 
Fig.  67  wiedergegeben  ist,  und  Anderen,  muss  man  unterscheiden:  1)  die 
Vasa  lyniphatica  zonae  cutaneae  partis  perinealis  rccti  (lö 
der  Figur  als  Vasa  lyniphatica  zonae  cutaneae  ani  aufgeführt).  Diese  senden. 
2 — 3  Stämmchen  (Vasa  l  y  m  p  h  a  t  i  c  a  h  a  e  ni  o  r  r  h  o  i  d  a  l  i  a  i  n  f  e  r  i  o  r  a) 
um  die  innere  Fläche  des  Oberschenkels  herum  zu  den  Leistendrüsen; 
und  zwar  am  häufigsten  zu  deren  innerer  oberer  Gruppe  (S.  175).  Sie  bilden 
am  Anus  ein  Netz,  welches  sowohl  mit  den  Lymphgefässen  der  benachbarten 
Haut  des  Dammes,  der  Oberschenkel  und  des  Gesässes,  als  auch  mit  den  folgenden 
Lymphgefässen  anastomosirt.  2)  Die  Vasa  lymphatica  zonae  inter- 
mediae  (Vasa  lymphatica  mucosae  Ani  Fig.  67).  Diese  anastomosiren  so- 
w^ohl  mit  dem  unter  1  aufgeführten  Lymphgcfässnetze,  als  auch  —  hauptsäch- 
lich in  den  Columnae  rectales  aufsteigend  —  mit  3)  den  Lymphgefässen  der 
Pars  pelvina  recti.  Letztere  entstehen  aus  einem  reichen  Netze  von  mukösen 
und  submukösen  Lymphbahnen  der  Rectumschleimhaut.  Gerota  zeigte,  dass 
von  den  unter  Nr.  2  genannten,  in  der  Pars  perinealis  recti  liegenden 
Lymphgefässnetzen  auch  direkt  Stämmchen  abgehen  zu  einer  Gruppe  von 
Lymphdrüsen,  die,  5 — 'i  an  der  Zahl^  subfascial  am  unteren  Theile  der  P^^^ 
pelvina  recti  zu  linden  sind;  in  diese  münden  indessen  auch  noch  Lyrapbg^' 
fasse  aus  der  Pars  pelvina.  Mit  Rücksicht  nun  darauf,  dass  die  Pars  pe^^' 
nealis  recti  auch  als  Pars  a  n  a  1  i  s  bezeichnet  wird  (BNA.),  wurden  diese  Drüsen 
von  Gerota  „Lymphoglandulae  anorectales"  benannt.  Die  Lympn* 
gefässe  der  Pars  pelvina  recti  gehen  ferner,  nach  Durchbohrung  der  Muskelb^^^? 
zu  den  seit  langem  bekannten  Lymphoglandulae  haemorrhoidales 
superiores  (Vasa  lymphatica  haemorrhoidalia  superiora). 

(qiuenu  hat  eine  Lymphdrüse  nachgewiesen,  welche  am  Foramen  ischi»*^* 
cum  majus  liegt,  und  zu  der  die  aus  der  Zona  intermedia  stammenden  Lymp"' 
gel'ässe  (Vasa  lymphatica  haemorrhoidalia  media  Quenu^)   ziehen  sollen.    Nach  ^e- 

1)  Gerota,   D.,   Die   Lymphgefässe    des   Rectums    und    des  Anus.    Archiv   1^ 
Anatomie  und  Physiologie.    Anatomische  Abtheilung.    1895.    S.  240. 

2)  Quenu,  Vaisseaux  lymphatiques  de  l'Anus.    Bullet,  de  la  Societe  anatom- 
Paris.    1893.  Juin.    Nro.  IG. 


Nerven  des  Rectum.    Anüß,  275 

^ota's  Untersuchungen  ist  diese  Drüse  nicht  beständig;  beständig  aber  ist  der 
l^yniphabliuss  aus  der  Zona  intermedia  zu  den  genannten  Lymphoglandulae  ano- 
rectales. 

Die  Lymphgefässe  der  Muskulatur  des  Rectum  sind  beim  Menschen  äusserst 
schwierig  zu  füllen;  es  ist  bis  jetzt  noch  nicht  gelungen,  ihre  Bahnen  zu  sichern. 
Dagegen  gelang  es  Gerota  leicht,  sie  bei  Thiercn  (Hunden  z.B.)  zu  iujiciren.  ^  Sie 
iiehmen  hier  ihren  Weg  zu  den  Lymphoglandulae  anorectales  und  haemorrhoidales 
superiores. 

Nerven  de»  Beotnin. 

Zur  Pars  pelvina  recti  treten  zahlreiche  sympathische  und  cerebrospinale 
^ aden  aus  den  Plexus  interiliacus  und  hypogastricus.  Wir  sahen 
vorbin  (S.  257),  dass  in  die  Plexus  hypogastrici  Fäden  vom  Plexus  pudendus 
eintreten.  Die  zur  Längsmuskulatur  des  Mastdarmes  gehörenden  Fäden  sollen 
^u  der  Bahn  der  Nervi  erigentes  verlaufen  (s.  über  diese  das  Kapitel  „Penis"), 
^ie  zur  Quermuskulatur  ziehenden  aus  dem  sympathischen  Antheile  des  Plexus 
'hypogastricus  stammen.  Bezüglich  der  peripheren  Nerven  der  Pars  peiinealis 
^'^cti  und  der  Muskelnerven  zum  Levator  ani  und  Sphincter  aui  externus  vgl. 
S.  210  und  255. 

Kin  Keflexcentrum  für  die  Schliessmuskeln  des  Afters  (Centrum  genitospi- 
^*ale  J.  Budge^),  Centrum  anospinale  Masius^)  liegt  im  Lendentheile  des 
^Rückenmarkes  ~  beim  Kaninchen  in  der  Höhe  des  4.  Lendenwirbels. 

Dafür  sprechen  auch  die  Untersuchungen  von  Goltz  an  Hunden.  Bei  diesen 
treten,  nach  Abtrennung  dieses  Ceritrums  vom  Gelürne,  eigeuthümliche  rhythmische 
^Kontraktionen  des  Sphincter  ani  externus  ein,  sobald  irgend  ein  Gegenstand  in  das 
^Rectum  eingeführt  wird.  Heftige  sensible  Hautreize  bringen  diese  Kontraktionen 
^^m  Stillstande.  Sh erringt on-^)  fand  bei  Macacus  rhesus  die  motorischen  Nerven 
^^s  Sphincter  ani  externus  in  der  7.,  8.  und  9.  subthoracischen  vorderen  Wurzel  (N. 
*^nib.  \'H,  sacral.iu.il)  aus  dem  Uückenmarke  treten;  so  lange  noch  eine  einzige 
dieser  Wurzeln  auf  einer  Kürperseite  nicht  durchschnitten  war,  bUeb  der  Anus  geschlossen. 

Die  motorische  Zone  des  Grosshirns  beeiniiusst  nach  Slierrington's  Ver- 
**iichen  auch  den  Sphincter  ani  externus,  insbesondere  ein  kleines  Feld  an  der 
^Orderen  Centralfurche  nahe  der  Mantelkante.  Budge  erzielte  auch  Kontraktionen 
^*^r  analen  Muskulatur  vom  Kleinhirn  aus. 


Anus. 

Unter  Anus  (abgeleitet  von  „annus'^  —  „auulus"  —  Ring)  soll  hier  mit  den 
*^NA.  die  äussere  Oeftnung  des  Kectum  verstanden  sein.    In  diesem  öiune  wird  das 

1)  Budge,  J.,  Lehrbuch  der  speziellen  Physiologie  des  Menschen.  8.  Autl.  Leipzig, 
1*^62.    S.  786. 

2)  Masius,  Rccherches  experimentales  sur  Tinnervation  des  sphinctcrs  de  l'anus 
^^  de  la  vessie.  Journ.  de  l'anat.  et  de  la  physiol.  (par  Kobin).  18Gi).  —  Bullet,  de 
*'Acad.  de  Belgique.  XXIV  et  XXV. 

3)  Goltz,  Fr.  und  Freusberg,  A.,  Ueber  die  Funktionen  des  Lendenmarks  des 
^lundes.  Püüger's  Arch.  f.  die  gesamte  Physiologie.  Bd.  VHL  S.  479.  1874.  —  Sher- 
*'^^gton,  C.  S.,  Notes  on  the  arrangement  of  some  motor  fibres  in  the  lumbo-sacral 
^i*ixus.    Journ.  of  Physiol.    VoL  Xlli.    1892. 


276  Lage  des  Rectum  und  des  Anus. 

Wort  nicht  immer  gebraucht,  sondern  man  hat  den  untersten  Theil  der  Pars 
perinealis  recti,  soweit  derselbe  mit  geschichtetem  Plattenepithel  ausgekleidet 
ist,  in  den  Begriff  „Anus"  einbezogen.  Entwieklungsgeschichtlich,  s.  w.  ii.  ini 
Kapitel  „Entwicklungsgeschichte  der  Beckenorgane",  ist  dies  wohl  begründet. 
'  Der  Anus  liegt  im  Gebiete  der  äusseren  Haut  und  ist,  solange  er  nicht 
dem  Darminhalte  zum  Durchtritte  dient,  geschlossen.  Er  ist  bei  gesunden  nor- 
mal ernährten  Personen  ganz  in  der  Crena  ani  verborgen  (s.  Fig.  83,  wo  die 
Stelle  des  Anus  durch  einen  blauen  Punkt  markirt  ist),  während  er  bei  abge- 
magerten Menschen  mit  schlaffem  Gesässe  in  der  weiten  Crena  ohne  weiteres 
sichtbar  ist.  Eine  trichterförmige  Erweiterung  des  Zuganges  zum  Anus  (Anus 
infundibuliformis)  ist  ebenfalls  abnorm. 

Der  Anus  ist  nicht,  wie  sein  Name  sagt,  eine  ringf(3rmige,  sondern  eine 
medianschlitzförmige  Oeönung  (s.  Figg.  49,  54,  61,  77  und  9;])^;  ^^^^ 
Eingange  der  Oeffnung  ist  die  Haut  in  charakteristische  Radiärfalten  gelegt 
[Fig.  51  (37)].  Es  sind  also  am  Anus  eine  vordere  und  eine  hintere 
Kommissur  und  zwei  Seitenränder  zu  unterscheiden.  Bei  der  Digitalunter- 
suchung des  Rectum,  bei  der  Einführung  von  Instrumenten  und  der  Extraktion 
von  Fremdkörpern  ist  stets  zu  beachten,  dass  die  Richtung  der  Pars  perinealis 
recti  vom  Anus  ab  nach  oben  und  vcjrn  geht,  und  dass  erst  die  Pars  pelvina 
sich  nach  hinten  wendet;  ferner,  dass  auch  das  Lumen  der  Pars  perinealis 
einen  Medianschlitz  darstellt.  Bezüglich  der  AnaUiaut  vgl.  S.  134  ff.,  besonders 
S.  135. 

Lage  des  Rectum  und  des  Anus. 

Die  holotopische,  skeletotopische  und  idiotopische  Topographie 
des  Rectum  ist  bereits  im  vorigen  genügend  berücksichtigt  worden;  bezüglich 
der  Idiotopie  sei  daran  erinnert,  dass  hierher  die  Lage  beider  Abschnitte  des 
Rectum  zu  einander,  sowie  die  Lage  der  Ampulle,  der  Quer-  und  Längsfalten 
und  der  Zonen  der  Pars  perinealis  recti  zu  den  übrigen  Theilen  des  Organes 
gehört.  Holo topisch  mag  noch  hervorgehoben  sein,  dass  im  geraden  Durch- 
messer des  Beckenausganges  die  Mitte  der  Lichtung  des  Rectum  ziemlich  ge- 
nau mit  der  Mitte  dieses  Durchmessers  zusammenfällt,  also  in  der  Mitte  zwischen 
Angulus  pubis  und  KSteissbeinspitze  gelegen  ist. 

Bei  der  Darlegung  der  Syntopie  des  Rectum,  zu  der  wir  jetzt  über- 
gehen, müssen  die  beiden  Tbeiie  des  Organes  gesondert  behandelt  werde«. 

Ssrntople  der  Pars  pelvina  reotl. 

Hinter  der  Pars  pelvina  recti  treffen  wir,  am  weitesten  vom  Rectum  ßO*' 
fernt  und  von  der  Fascia  pelvis  bedeckt,  die  drei  letzten  Kreuz wirbel? 
das  Steissbein  und   das  Ligamentum    sacrococcygeum   anterius.     Vor 


1)  In  Fig.  92   tritt    diese  Form  des  Anus,    wegen   einer  sehr  stark  entwickelten 
und  in  den  Anus  vorjspringendciu  Uaphe  perinei,  nicht  hervor. 


Syntopie  der  Pars  pelvina  recti.  277 

dem  Kreuzbeine  nimmt  der  Mastdarm  den  Raum  zwischen  den  Foramina 
sacralia  antcriora  ein,  überschreitet  denselben  jedoch  beiderseits  bei  stärkerer 
Füllung.  Im  Spatium  rc  trorectale^  zwischen  Fascia  recti  und  Fascia  pelvis, 
Hegen  die  8.  155  sub  D.  aufgeführten  Thcile:  Vasa  sacralia  media  und 
lateralia  samt  dem  Plexus  venosus  sacralis,  die  Lymphoglandulae 
sacraleSy  die  Trunci  sympathici  mit  den  abgehenden  Nervenfäden;  unten, 
Vor  dem  Stcissbeine,  noch  die  Schnenplatte  des  Musculus  levator  ani 
(Portio  pubococcygca),  die  kleinen  Steissbeinmuskcln  und  neben  dem 
Rteissbeinc  die  Musculi  coccygei  und  die  sie  von  hinten  deckenden  Liga- 
menta sacrospinosa.  Letztere  fallen  in  den  Bereich  der  hinter  dem 
Rectum  gelegenen  Theile,  namentlich  dann,  wenn  dasselbe  gefüllt  ist.  Ist  die 
Ausdehnung  stärker,  so  kommen  hinten  und  seitlich  auch  noch  Theile  des 
Plexus  sacralis.  insbesondere  die  zu  den  Musculi  levator  ani  und  cocey- 
^ens  tretenden  Nerven,  sowie  das  ürsprungsstück  des  Musculus  piri- 
formis in  Betracht.  Das  Rectum  kann  dann  bis  an  die  Foramina  supra- 
^nd  infrapiriforme  hinanreichen.     Vergl.  hierzu  die  Figg.  61 ,  76  u.  84. 

Alle  diese  Theile  sind  durch  die  Fascia  recti  von  der  Wand  des 
^»^ganes  getrennt.  Dicht  der  letzteren  an,  von  der  genannten  Fascie  mit 
Eingeschlossen,  liegen  die  Vasa  h  aem  orrh  oi  dali  a  superiora  mit  den 
Lymphoglandulae  ano rectales  und  haemorrhoidales  superi- 
^i'es,  von  fetthaltigem  Bindegewebe  umgeben. 

Vor  der  Pars  pelvina  liegt,  getrennt  durch  die  Excavatio  rectovesicalis, 
'^ie  Harnblase;  weiter  unten,  und  durch  die  Fascia  rectovesicalis  vom  Rec- 
tum geschieden,  treflFen  wir  die  Samen  blasen,  die  Ampullen  der  Ductus 
<^eferentes  und  die  Endstücke  der  üreteren;  endlich,  noch  weiter  kaudal- 
^ärts,  die  Prostata  mit  der  Pars  pros'tatica  urethrae  und  den  Ductus 
E.iaculatorii,  Auch  die  Prostata  mit  den  genannten  von  ihr  umschlossenen 
^äui^en  ist  vom  Rectum  noch  durch  die  Fascia  rectovesicalis  (Prostatakapsel) 
getrennt.  Die  untere  Spitze  der  Prostata  (Schnabel  der  Prostata)  entspricht, 
^ie  schon  bemerkt,  der  (rrenze  zwischen  der  Pars  pelvina  und  perinealis  recti. 

Da  sich  das  Bauchfell  zwischen  beiden  Ampullen  der  Ductus  deferentes 
Ein  wenig  weiter  abwärts  senkt,  als  über  den  Samenblasen,  so  bleibt  in  der 
^edianebene  nur  ein  kleiner  Theil  der  hinteren  Blasenwand  dicht  oberhalb  der 
^»•ostata  frei  vom  Bauchfelle.  Diese  Partie  der  hinteren  Blasenwand  liegt 
zwischen  beiden  Ampullae  deferentiales  und  kann  deshalb  als  Pars  inter- 
^inpuliaris  vesicae  bezeichnet  werden.  Sie  hat  eine  dreieckige  Gestalt  mit 
*^Er  Basis  nach  oben  zum  Bauchfelle,  mit  der  Spitze  nach  unten  zur  Prostata 
**'ngekehrt.  An  dieser  Stelle  kann  vom  Rectum  aus  subperitonaeal  die  Blase 
Piinktirt  werden. 

Leicht  lassen  sich  vom  Rectum  her  die  genannten  Theile  palpiren,  worauf 
'^^i  der  Besprechung  der  Harnblase  und  der  Prostata  zurückzukommen  ist. 
^*^i'  ist  noch  zu  erwähnen,  dass  die  Samenblasen  nebst  den  Ampullen  des 
Ö«etus  deferens  nicht  nur  der  Blase,  sondern  auch  dem  Rectum  dicht  anliegen 
^^d    den   Bewegungen    der  vorderen   Rcctumwand   folgen,    was    insbesondere 


27H  Syntopie  der  Pars  perinealis  recti. 

Jonnesco  und  Paul  Delbet  (1.  c.  S.  261  und  228)  betonen.  Näheres  über 
diese  Verhältnisse  beim  Kapitel  „Samenblasen". 

Ist  das  Rectum  leer,  dann  le^t  sich  dessen  vordere  Wand  dicht  an  die 
hintere  und  mit  seiner  Ampulle  ruht  das  Or^an  breit  auf  der  hinteren  Becken- 
wand und  dem  Beckenboden;  seine  Seiten  sind  also  nur  schmal;  bei  starker 
Filllun^  zci,e:en  aber  auch  sie  einen  erheblichen  Umfang.  Folgende  Theile 
£rren/en  seitlich  an:  Dicht  an  der  Rectal  wund  liefen  zwischen  ihr  und  der 
Fascia  recti  die  seitlichen  Zweite  der  eigenen  Gefässc  und  Nerven  des  Or^anes, 
dann  folgen  (lateralwärts)  die  Fascia  recti  und  die  seitlichen  Ausläufer  des 
retrorectalcn  Raumes.  Endlich  kommen  (mehr  unten)  die  an  der  seitlichen  Recken- 
wand irole^enen  von  dünnen  Bindej2:ewebslamellen  umhüllten  Gefässe  und  Ner- 
ven (F\q;.  112):  Verzweigungen  der  Vasa  hypo^astrica,  Lymph^efässe  nii*^ 
Lymphdrüsen,  zusammen  mit  den  Plexus  hypop:astrici  des  Sympathicus,  und, 
weiter  lateralwärts,  die  Nervenstämme  des  Plexus  sacralis,  gedeckt  von  der 
Beckenfascie.  Von  besonderem  Interesse  ist  es,  dass  die  Samenblasen,  wenn  sie 
fi:ross  und  gefüllt  sind,  mit  einem  Theile  ihres  oberen  Abschnittes  noch  seitlich 
neben  dem  Rectum  liefen.  Höher  oben  schiebt  sich  der  Bauchfellsack  nii* 
den  beiden  Recessus  pararcctales,  s.  vorhin,  zwischen  Rectum  und  Beckenwand 
ein.  Bei  starker  Füllung  des  Rectum  kommen  seitlich  noch  die  Ureteren 
in  Betracht. 

Der  untere  Theil  der  Pars  pelvina  wird  zur  Seite  vom  Levator  ani  umfasst, 
der  ihn  von  dem  obersten  Theile  der  Fossa  ischiorectalis  und  vom  Muscultis 
obturator  internus  trennt.  Man  vergleiche  zu  dem  Gesagten  die  Figg.  59  b, 
61,  76,  83,  112  und  114. 


Syntopie  der  Pars  perinealis  reotl. 

Hinter  der  Pars  perinealis  recti  haben  v?ir  in  der  Mitte  das  Li?^' 
mentum  anococcygeum  und  den  Sphincter  ani  externus  mit  seiner 
dünnen  Specialfascie  (Fascia  analis  der  englischen  Autoren,  Fig.  H^)- 
Weiter  hinten  kommt  noch  der  dicke  Rand  des  Musculus  glutaeus  maxim^^^ 
(Fig.  83).  —  Seitlich  liegt,  abgesehen  vom  vSphincter,  das  Fettgewebe  der 
Fossa  ischiorectalis. 

Die  wichtigsten  Lagebeziehungen  sind  vorn  zu  merken  (Fig.  61,  '^" 
und  83  (Weib).  Hier  finden  wir:  Centrum  perineale,  Bulbus  urethral 
mit  den  anliegenden  Co  wp  er 'sehen  Drüsen,  dann,  am  hinteren  oberen  Ü^' 
fange  des  Trigonum  urogenitale,  die  Pars  membranacea  urethrae,  die 
dort  in  den  Musculus  trigoni  eintritt.  Indem  nun  die  Urethra  nach  vorn? 
das  Rectum  nach  hinten  sich  wendet,  besteht  hier  zwischen  beiden  Theil^^ 
ein  das  Centrum  perineale  umfassendes  Gewebsstück  von  dreieckiger  Form? 
die  Spitze  nach  oben,  die  Basis  nach  unten  zum  Damme  gekehrt,  das  Tri^^' 
num  rectourethrale.  Dies  ist  eine  der  topographisch  wichtigsten  Stellet 
der  Danimrcgion,  indem  man  von  hier  aus  bei  einer  grossen  Anzahl  chirurgische^ 
Eingriffe  in  die  Tiefe  vordringt. 


La^e  des  Anus.    Maasstabelle.    Altersunterschiede  beim  Rectum.  279 

laagre  des  Anus. 

Im  Anschlüsse  an  das  S.  189  und  190  bei  der  Schilderung  der  Damm- 
i'egion  Gcsa^4e,  ist  hervorzuheben,  dass  der  Anus  erheblich  tiefer  liegt,  als  die 
durch  die  Steissbcinspitze  und  durch  den  unteren  Rand  der  Symphysis  ossium 
pubis  gelegte  Horizontale.  Die  Entfernung  der  Mitte  des  Afters  von  beiden 
genannten  Knochenpunkten  ist  nahezu  dieselbe,  die  von  der  Symphyse  etwas 
Weiter  (s.  die  Maasstabelle).  Die  Mitte  der  Oeffnung  entspricht  ferner,  wie 
schon  früher  bemerkt,  der  Linea  i  n  t  e  r  i  s  c  h  i  a  d  i  c  a.  l^eim  Manne  kommen 
als  angrenzende  Theile  die  Nates,  insbesondere  die  Natesfo  rtsätze  (s. 
S.  190),  an  deren  Grenze  gegen  die  eigentliche  Rundung  der  Hinterbacke  der 
Anus  liegt,  und  das  Scrotum  in  Betracht. 

In  der  Rückenlage  bei  erhöhtem  Becken,  kommt  die  Stcissbeinspitze  in 
<^as  Niveau  des  Anus  zu  liegen.  Vgl.  Fig.  54.  Praktisch  wichtiger  sind  die 
Lageverhältnisse  des  Anus  beim  Weibe.  S.  darüber  beim  Kapitel:  Beckenein- 
gevveide  des  Weibes. 

Blaasstabelle. 

1)  Länge  des  Rectum  vom  3.  Kreuzwirbel  bis  zum  Anus     ....  13—15  cm 

a)  Län<>e  der  Pars  pelvina 10—12    „ 

1))        „  y,        n      perinealis 2,5-3    „ 

c)  Abstand  des  Promontorium  vom  Anus 18  „ 

-)  Umfang  der  Atnpulla  recti  an  der  weitesten  Stelle 8—16    „ 

(kann  bis  zu  30— 34  cm  (Sappey)  ansteigen;  der  Breitendurehniesser 
ist  stets  der  grössere. 

3)  Umfang  der  Pars  perinealis 5—9      „ 

4)  Zahl  der  Columnae  rectales 8-10  Stück 

^)  Entfernung   der    (unbeständigen)   untersten    Qu  er  falte   des 

Rectum  vom  Anus 6  cm 

^)  Der  beständigen  mittleren 7—8    cm 

7)  Der  beständigen  oberen 9—10    ,, 

^)  Höhe  der  Anastomosen  zwischen  Arteria  liaemorrhoidalis  media 

und  supcrior  über  dem  Anus 5—6      „ 

^)  Entfernung  der  Hautzone  der  Pars  perinealis  von  den  Sinus  rectales  1,5—2  „ 

10)  Entfernung  der  Mitte  des  Anus  von  der  Steissbeinspitze    .  3—4      „ 

(Der  Anus  des  Mannes  liegt  meist  dem  Steissbeine  näher.) 
^1)  Höhe  der  Excavatio  rectovesicalis  über  dem  Anus    ....  5—6      „ 
*2)  Höhe  der  Excavatio  rectovesicalis  über  einer  durch  die  Steiss- 
beinspitze gelegten  Horizontalen  1—1,5  „ 
^^)       „          „              „                        ^     über  dem  oberen  Prostatarande  1—1,2  „ 

^4)  a)  Höhe  des  Sphincter  ani  externus 2  cm 

b)  Dicke  „  „  „  „  8  mm 

1^)  a)  Höhe  des  Sphincter  ani  internus 3  cm 

b)  Dicke  .  „  „  „ ,     ...  6  mm 

16)  Winkel   des  Trigonum  rectourethrale 20—300. 

Altersantersohiede  beim  Reotnm. 

Bei  Neugeborenen  und  jungen  Kindern  hat,  konform  der  geringeren 
Kreuzbeinkrümmung,  das  Rectum  einen  mehr  geraden  Verlauf  und  die  Ampulle 


280  Physiologische  Bemerkungen. 

ist  nicht  so  deutlich  ausgeprägt.  Die  Excavatio  rcctovesicalis  (rectouterin^) 
ist  tiefer^  aber  sehr  enge.  Die  Wandungen  des  Organes  sind  erheblich  dünner; 
die  Pignientirung  und  Behaarung  der  Analhaut  fehlt  noch. 

Hei  alten  Leuten  mit  starker  Abmagerung  zeigt  sich  oft  eine  Trichter- 
forni  des  Anus;  die  Sphincteren  des  Anus  sind  schlaffer,  daher  tritt  nicht  selten 
eine  kleine  Auswärtsstülpung  der  Haut-  und  Schleimhautbekleidung  der  Pai'S 
perinealis  ein  (Ectropium  ani^  Roscr).  Häufig  finden  sicli  stark  erweiterte 
Haemorrhoidalplexus.  Auch  pflegt  die  Ampulle  weiter  zu  sein  als  im  jugend- 
lichen Alter. 


Physiolog^ische  Bemerkung^en. 

Die  anatomischen  Befunde  und  die  physiologischen  Erfahrungen  ergeben,  dass 
man  die  Pars  pelvina  recti,  insbesondere  deren  Ampulle,  als  das  zur  Ansamm- 
lung einer  für  die  demnächstige  Entleerung  bestinmiten  Kothmasse  dienende 
Endstück  des  Darmrohres,  als  „Kothblase"  anzusehen  habe.  Die  Fäces  pflegen 
normaler  Weise  in  einer  für  längere  Zeit  genügenden  Menge  beim  Stuhlgange 
rasch  und  ohne  rectalen  Rückstand  entleert  zu  werden;  auch  findet  man  sehr 
oft  bei  der  Untersuchung  gesunder  Leidender  und  bei  Leichen  die  Ampu^'^ 
recti  stark  gefüllt,  während  der  darüber  gelegene  Darmabschnitt  und  die  Pa^"^ 
perinealis  recti  leer  sind.  Alles  dieses  spricht  dafür,  dass  die  AmpuUa  recti 
eine  normale  Einrichtung  ist.  Dem  gegenüber  ist  die  Pars  perinealis  recti 
lediglich  als  Ausführungsgang  aufzufassen.     S.  das  S.  263  gesagte. 

Die  Zurückhaltung  der  Darmgase  und  des  Kothes  wird,  abgesehen  von 
der  elastischen  Spannung  der  Sphincteren,  begünstigt  durch  die  Einlassung 
des  Analrohres  auf  eine  relativ  lange  Strecke  in  die  Fettmassen  der  Fossa 
ischiorectalis,  durch  die  Quer-  und  Längsfalten  und  durch  die  Gloraera  hae- 
morrhoidalia,  deren  Bedeutung  wohl  darin  zu  suchen  ist. 

Auf  die  von  Goltz  und  Ewald  neuerdings  gefundenen  merkwürdigen 
Innervationsverhältnisse  des  Sphincter  ani  externus  wurde  schon  vorhin  (S.  208 
u.  275)  aufmerksam  gemacht.  —  Der  Levator  ani  wirkt  mit  einem  Theile 
seiner  Fasern  wesentlich  als  Unterstützer  des  Sphincter  externus*);  im  übrigen 
hat  er  der  Bauchpresse  zum  Schutze  des  Beckenbodens   entgegen  zu  arbeiten- 

Der  Stuhldrang  entsteht  dann,  wenn  die  Fäkälmassen  mit  grösserem 
Drucke  auf  dem  oberen  Eingange  der  Pars  perinealis  zu  lasten  beginnen. 

Sind  die  Fäkalien  erst  in  das  Analrohr  eingetreten,  dann  werden  sie  leicht 
durch  Druck  von  oben  her  entleert,  wie  es  die  Richtung  dieses  Darmabschnittes 
begünstigt;  dagegen  liegt  die  Pars  pelvina  recti  so,  dass  der  normale  intraab- 
dominale Druck  überhaupt,  sowie  der  Bauchpressendruck  und  die  Last  der 
etwa  aufgelagerten  Eingeweide,  ihre  vordere  gegen  die  hintere  Wand  anpresst. 

1)  Henlc  J.,  EiTigowoidelehre,  2.  Aufi.  S.  544.  —  Budge,  J.,  Berliner  klinische 
Woehensehrift,  1875. 


Pathologische  Zustände  des  Rectum  und  des  Anus.  281 

Pathologische  Zustände  des  Rectum  und  des  Anus. 

I.  Die  Verletzungen  des  Rectum  und  des  Anus  werden,  wie  sich  aus  den 
anatomischen  Verhältnissen  unmittelbar  ergibt,  unter  Umständen  gefährlich  1)  wegen 
^^r  Betheiligung  wichtiger  Nachbarorgane:  Blase,  Prostata,  Harnröhre,  Bulbus 
^rethrae,  Scheide,  Uterus;  2)  wegen  der  starken  Blutung:  bei  Sphincterschluss 
^ann  sich,  oft  unbemerkt,  eine  erhebliche  Menge  Blutes  in  der  Ampulla  rccti  an- 
^iftufen,  so  dass  GefVihr  der  Verblutung  entsteht;  3)  bei  Infektion  wegen  der  Pylephle- 
^itis  und  abscedirenden  Periproctitis  (s.  w.  u.  „Entzündungen");  4)  wegen  der 
^f>^lichen  Vorfälle  anderer  Eingeweide  durch  die  Mastdarmwunde  und  5)  wegen 
^^Y  Gefahr  einer  zurückbleibenden  Striktur.  —  Auch  Emphysem  kann  von  einer 
V^erletzung  oder  geschwürigen  Eröffnung  des  Rectum  ausgehen. 

TT.  Anomalien  der  Kothentleerung.  Hier  sind  besonders  die  übermässigen 
Anfüllungen  mit  Koth  und  die  retardirten  Kothentleerungen  zu  erwähnen.  Die  Pars 
^nipullaris  erträgt  unglaubliche  Ausdehnungen;  bei  pathologischen  Fällen  von  Re- 
t^rdirung  ist  hier  zuerst  zu  untersuchen.  Bei  langdauernder  Koprostase  nimmt 
schliesslich  das  ganze  Colon  an  der  Füllung  theil.  Bemerkenswerth  ist,  dass  neben 
f?»'ossen  Massen  harter  Fäkalien,  namentlich,  wenn  sie  von  rundlicher  Form  sind,  Flatus 
^nd  selbst  dünnbreiiger  Stuhl  leicht  vorbeipassiren  und  so  die  Verstopfung  maskiren 
*^Önnen;   die  in  die  Quere  ausgedehnte  Form  der  Ampulle  begünstigt  dies. 

TTT.  Fremdkörper.  Die  im  Rectum  angetroffenen  Fremdkörper  sind  entweder 
V^Y  Os  oder  per  Anum  hineingekommen,  oder,  unter  Perforation  der  Rectum  wand, 
^on  anderen  benachbarten  Körpertheilen  her  eingewandert.  Es  ist  erstaunlich,  welche 
P^i'osse,  und  zum  Theil  auch  rauhe,  scharfe  Körper  den  übrigen  Darm  und  die  Valvula 
^*^Ji  ohne  Schaden  passiren  können,  bis  sie  dann  im  Rectum  angehalten  werden.  Die 
Zeit  der  Wanderung  durch  das  gesamte  Darmrohr  dauert  1—8  Tage.  Kleine  spitzige 
^^genstände,  wie  Knochensplitter,  Fischgräten  u.  a.  können  in  den  Sinus  rectales 
festgehalten  werden.  Letzteres,  so  wie  die  Thatsache,  dass  die  Pars  perinealis  einen 
^^ffittalen  Schlitz  bildet,  wolle  bei  schwierigeren  Extraktionsversuchen  beachtet 
Verden.  Sehr  erschwerend  wirkt  die  nicht  leicht  zu  überwindende  Kontraktion  des 
Sphincter  externus.  Tiefe  Narkose  und,  im  äussersten  Falle,  Spaltung  des  Sphincter 
^^i  externus  führen  zum  Ziele.  Die  Spaltung  hat  lege  artis  im  TJgamentum  anococcy- 
?enm,  also  in  der  hinteren  Mittellinie,  bis  zur  Steissbeinspitze  hin  zu  geschehen. 

TV.  Entzündungaformen.  Abscesse.  Dieselben  sind,  da  wir  eine  Uebergangs- 
^^^^lle  von  Haut  zu  Schleimhaut  vor  uns  haben,  sehr  mannigfaltig.  Man  hat  zu  unter- 
st^heiden:  1)  kutane  Formen, 

2)  muköse  Formen, 

3)  submuköse  Formen, 

4)  periproktische  Formen. 

ß^züglich  der  kutanen  Entzündungen  vgl.  S.  14f>,  Auf  die  grossen  Talgdrüsen  sind 
Manche  Hautentzündungsformen  zurückzuführen.  Furunkel  sind  nicht  selten. 
*Jnter  den  mukösen  Entzündungen,  die  auch  bis  in  die  Submukosa  hineinreichen,  seien 
^*^  häufig  und  von  tiefgreifenden  Verschwärungen  gefolgt,  die  follikulären  hervor- 
*?<'hoben,  welche  von  den  zahlreichen  grossen  Lymphknötchen  ausgehen. 

Die  Periproktitis  führt,  wegen  des  massigen  Fettbindegewebes  in  der  Fossa 
^schiorectalis,  oft  zu  bedeutenden  Zerstörungen.  Wichtig  ist  die  Unterscheidung  der 
^^pralevatorischen  von  den  infralevatorischen  Abscessen;  die  ersteren  breiten 
Sich  in  das  Becken bindegewebe,  die  anderen  zum  Damme  hin  aus.  Ferner  ist  bedeut- 
sam die  Möglichkeit  der  Bildung  von  Kothabscessen,  die  leicht  infektiös  werden, 
^^i  infektiösen  Erkrankungen  des  Rectum  mit  Thrombose  der  Venen  besteht,  wegen 
^er  Zugehörigkeit  der  grössten  Rectumvene,  der  Vena  haemorrhoidalis  superior, 
Zum  Pfortadergebiete,  die  Gefahr  einer  Verschleppung  der  krankhaften  Processe 
^^r  Leber  (Leberabscesse,  Pylephlebitis,  Thrombose  der  Pfortader). 


282  Pathologische  Zustände  des  Rectum  und  des  Anus. 

V.  Fisteln.  Die  Bildung  fistulöser  Gänge  gehört  beim  Rectum  zu  den 
häufigeren  Vorkommnissen^).  Man  muss  zwei  Abtheilungen  unterscheiden:  1)  die  vom 
Rectnm  zur  Haut  führenden  Gänge  und  2)  die  fistulösen  Verbindungen  mit  den  be- 
nachbarten Hohlorganen.  Die  unter  1  genannten  Formen  führen  meist  von  der  Pa^B 
perinealis  recti  zur  Hautoberfläche  in  der  Nähe  des  Afters;  sie  werden  eingetheilt  i" 
vollständige  und  unvollständige,  letztere  wieder  in  innere  und  äussere.  ^^'^ 
den  inneren  unvollständigen  Fisteln  liegt  die  Oeffnung  dos  blinden  Ganges  im  Rectum» 
bei  den  äusseren  auf  der  Haut.  Bei  den  vollständigen  Fisteln  und  bei  den  innere» 
unvollständigen  liogt  die  rectale  Oeffnung  meist  dicht  oberhalb  des  Anus,  häufig 
gerade  in  einem  der  kleinen  Sinus  rectales;  sie  kann  daher  mitunter  sehr  schwer  5!« 
entdecken  sein.  Die  HautöfTnung  liegt  gewöhnlich  dicht  am  After,  mitunter  jedoch 
weiter  entfernt  (bis  zu  mehreren  Centimetem). 

Wichtig  sind  die  Fälle  der  sogenannten  komplicirten  Fisteln,  bei  dene» 
mehrere  rectale  oder  mehrere  kutane  Oeffnunjrfn,  q<\vr  beiderlei  in  der  Mehrzahl  55^' 
gleich,  vorhanden  sind.  Die  kutanen  OefTnungen  können  an  verschiedenen  Seite» 
des  Rectum  liegen,  und  der  sie  verbindende  Gang  im  Halbkreise  um  das  Rectum 
herumlaufen  (Hufeisenfistel). 

Bedeutsam  ist  ferner  die  Unterscheidung  der  Fisteln,  welche  gänzlich  an  der 
Innenfläche  der  Rectummnskulatur,  submukTis  und  subkutan  liegen,  von  denen,  welcii® 
in  einem  Theile  ihres  T.aufes   nach  aussen  vom  Sphinrter  ani  externus   gelegen  si»<** 

Von  diesen  gewöhnlichen  Formen,  die  in  ihrer  Gesamtheit  auch  als  Fistul**® 
ani  bezeichnet  zu  werden  pflegen,  sind  diejenigen  viel  selteneren  Formen  zu  trennt"' 
welche  mit  ihrer  mukösen  OefTnung,  oder  mit  ihrem  blinden  oberen  Ende,  im  Bereich^ 
der  Pai's  pelvina  recti  srelejren  sind,  und  in  länjrerem  Laufe  die  Fossa  ischiorectah^ 
durchsetzen;  diese  reichen  über  das  Diapbrasrma  pelvis  nach  oben  hinaus  und  sin*^ 
meist  unvollständige  äussere  Fisteln.  Die  hochreichenden  Rectumfisteln  entstehen  i^ 
Folge  eines  Abscesses  der  Fossa  ischiorectalis,  der  gewöhnlich  sich  nur  nach  aussei 
entleert. 

Wichtig  ist  für  die  Diaernose  daran  zu  erinnern,  dass  in  der  Umgebung  ^^^ 
Anus  sich  auch  Fistelgänge  öffnen  können,  welche  von  den  Beckenknochen,  oder 
von  den  Harn-  und  Geschlechtsorganen  ihren  Ausirang  nehmen. 

Für  die  Häufigkeit  der  gewöhnlichen  Mastdarmfisteln  können  auch  einige  ai^**^' 
tomische  und  physiologische  Verhältnisse  in  Anspruch  genommen  werden.  Ist  a« 
irgend  einem  Wege  eine  Kommunikation  entstanden,  so  wird  diese  beim  Rectum  55«m 
Theil  deshalb  so  leicht  stationär  und  fistnlös,  d.  h.  zu  einem  kanalförmigen  Geschwirr® 
umgewandelt,  wei'  die  Verunreinigung  mit  Fäkalmassen  oder  zersetzten  Hautsekre* 
ten  sich  kaum  vermeiden  lässt  und  weil,  falls  die  Kommunikation  innerhalb  de 
Sphincterringes  liesrt,  dieselbe  stets  zusammengeschnürt  wird,  wobei  auch  Reibunge 
an  den  Wänden  nicht  ausbleiben.  Aus  diesem  leitet  sich  auch  der  Erfolg  der  a^ 
meisten  geübten  Therapie  her,  die  Fistel  ausgiebig  zu  öffnen  und  sie  dem  Einflüsse 
der  Sphincteren  zu  entziehen. 

Die    fistulösen    Verbindungen    des    Rectum    mit    den    Harn-    und    ^^' 
seh  lechtswegen  sind  seltener.    Beim  Manne  sind  fast  alle  hierher  gehörigen  Ver- 
bindungen Fistulae  rectourin  ari  ae.    Sieht  man  von  den  äusserst  seltenen  Fälle 
einer  fistulösen  Verbindunir    zwischen    einem    tuberkulösen    oder  eitrigen  Heerde  de 
Prostata,  der  Samenblasen  und  der  Glandula  bulbourethralis  mit  dem  Rectum  ab,  so  si» 
die  Fistulae  rect  ogenitales  auf  das  Weib  beschränkt.    Siehe  Rectum  des  Weihes- 

1)  Nach  den  Beobachtungen  Allingham's,  dem  wohl  das  grösste  Material  vo 
Erkrankungen  des  Rectum  zu  Gebote  stand,  bildeten  die  Rectumfisteln  ein  Viertel  all^ 
Fälle  seines  Spitales.    Nach  Ball  müsste  dies   für  die  Gesamtheit  aller  Rectumkran 
heiten  auf  ein  Sechstel  herabgesetzt  werden,  da  Allingham's  Spital  gern  von  Fiste* 
kranken  aufgesucht  wird. 


Pathologische  Zustände  des  Kectum  und  des  Anus.  2SS 

Die  Fistulae  rectourinariae  des  Mannes  zerfallen  den  anatomischen  Ver- 
^lältnissen  nach  in  Fistulae  rectouretericae,  rectovesicales  und  rectoure- 
tHrales,  Nach  der  mir  zu  Gebote  stehenden  Literatur  und  eigener  Erfahrunfj;  sind 
f^uf  natürlichem  WcjLTe  entstandene  Fistulae  rectouretericae  noch  nicht  beobachtet 
Kordon,  wohl  aber  hat  man  versucht  (Simon,  Küster  u.  A.)  in  Fällen  von  Behinde- 
^nnj2r  der  Harnentleerung  auf  natürlichem  Wejre,  z.  B.  nach  Blasenexstirpationen,  die 
tFreteren  in  das  Rectum  einzupflanzen.  Die  Erfolo-e  waren  bislanfr  nicht  sehr  auf- 
munternd; doch  berichtet  jüngst  v.  Eiselsberor-  von  zwei  «rlücklich  verlaufenen 
I*^Jlllon  (Operation  wehren  Ektopie  der  Blase),  wo,  nach  erfolf^ter  Einheilunj?,  der  Harn 
^— Bmal  per  rectum  tä^-lich  ohne  Störun<r  entleert  wurde,  und  die  Patienten  auch 
Nachts  meist  völlig  trocken  blieben.  (Deutsche  med.  Wochenschrift,  28.  Jan.  1897, 
^ereinsbeilaire,  S.  23.) 

Die  Fistulae  rectovesicales  sind  meist  traumatischen  Ursprunges*);  aber 
^uch  Abscedirunffen  und  tuberkulöse  Processe  spielen  ihre  Rolle.  Die  weitaus  hflu- 
fiffste  Veranlassunjr  sind  Schusswunden:  bemerkt  sei,  dass  auch  in  einzelnen  Fällen 
^^r  Katheterismus  und  der  Dammschnitt  anjreschuldijrt  werden  mussten.  Zum  Theil 
^uf  anatomische  Verhältnisse  zurückzuführen  ist  der  wichtiofe  Umstand,  dass  die  Fistel 
^^ch  mitunter  erst  monatelang  nach  der  stattsrehabten  Verletzung  (Schuss,  u.  a.)  zeigte, 
^m  ffanzen  sind  übri<rens  die  Rectum  Blasenfisteln  auch  seltene  Erscheinungen,  jedoch, 
^ie  aus  den  anatomischen  La<rebeziehun,£ren  erklärlich,  unter  den  Blasenfisteln  des 
'Cannes  die  häufiirste  Form  (25  auf  03  Fälle;  von  den  übrijren  kamen  15  auf  das  Colon 
^^isrmoideum,  12  auf  den  Dünndarm  2).  Der  Harn  entleert  sich  in  solchen  Fällen  oft 
5!iim  Theil  durch  das  Rectum;  Gase  und  Fäkalien  treten  zum  Theil  durch  die  Harnröhre 
^us;  doch  kann  auch  nur  eines  dieser  Symptome  vorhanden  sein.  Die  Sphincteren 
^^f's  Anus  vermö'ren  den  Harn  1—2  Stunden  im  Rectum  zurückzuhalten. 

Seltener  noch  als  die  Blasenrectumfisteln  sind  die  Harnröhrenreetumfisteln; 
sie  haben  dieselben  Ursachen;  diagnostisch  ist  von  Bedeutung:,  dass  die  P'.ntleerunjr 
Von  Harn  durch  den  After  bei  der  Fistula  rectourethralis  nur  während  der  natür- 
''^hen  Harnentleerun«:  erfoI«rt.  Tn  eini^ren  FJillen  wird  auch  von  Entleerun«:  von 
'^amenflüssifrkeit  durch  das  Rectum  berichtet. 

Schliesslich  sollen  noch  die  seltenen  Fistulae  rectointestinales  erwähnt 
Verden.  Sie  kommen  einerseits  vor  bei  Prolapsus  recti,  wenn  sich  in  den  dabei  ent- 
stehenden peritonäalen  Blindsack  Darmschlinaen  hinabsenken,  einjreklemmt  werden 
^^d  ji^ano-ränesciren,  oder  Wenn  Darmgeschwüre  bestehen;  andererseits  sind  einige 
'i^erkwürdijre  Fälle  von  Perforation  des  Processus  vermiformis  in  das  Rectum 
verzeichnet.  Anatomisch  erklärt  sich,  dass  alle  diese  fistulösen  Darmkommunikationen 
^ür  mit  dem  kleinen  Abschnitte  des  Rectum  sich  herstellen  können,  der  vom  Bauch- 
^^He  bedeckt  ist. 

Von  den  an^^eborenen  Fisteln  des  Rectum  wird  im  Kapitel  „Missbildun^en** 
?^ehandelt  werden. 

VT.  Prolapsus  recti.  Die  hierher  orehöriffen  Fälle  werden  am  besten  im  Zu- 
^ammenhang-e  mit  den  ähnlichen  Zustünden  an  der  weiblichen  Scheide  und  mit  den 
^ammbrüchen  behandelt.  Siehe  das  betreffende  Kapitel  bei  den  Becken orjranen  des 
Leibes. 

Vn.  Haemorrhoiden.  Dieses  so  häufige  Leiden  besteht  in  einer  übermässigen 
-^^sbildun^   und   Anschwelluno-    der   Plexus    venosi   haemorrhoidales   und    der 

1)  Vffl.  die  Arbeit  von  Bartels,  M.,  Die  Traumen  der  Harnblase.  Archiv  für 
^'in.  Chirurs'ie.    Berlin,  1878.    Bd.  XXH. 

2)  Harrison  Gripps,  The  passaf?e  of  air  and  faeces  from  the  Urethra.  Lon- 
**<>n,  1888.  ~  Einige  neue  Fälle  sind  mitgetheilt  in  der  Dissertation  von  Dr.  J.Becher; 
^^W  die  Operation  der  Blasen-Mastdarmtisteln,    Berlin,  1896.   8. 


284  Pathologische  Zustände  des  Rectum  und  des  Anus. 

Glomera  haemorrhoidalia  oder  der  schon  normal  vorkommenden  ampullären 
Venenerweiterun<T^en.  Aus  den  erweiterten  Venen  treten  häufig  Blutungen  ein  und 
diese  bilden  eines  der  wesentlichen  Symptome.  Daher  leitet  sich  auch  der  Name 
„Haemorrhoiden"  (Haemorrhois)  ab,  wovon  wieder  die  betreffenden  normalen  Gefässe 
ihre  Bezeichnung  erhielten. 

In  vielen  Fällen,  insbesondere  wenn  vorzugsweise  die  Glomera  haemorrhoidali» 
betroffen  sind,  bilden  sich  grössere  Venenknoten  „Haemorrhoidalknoten".  Man 
unterscheidet  sie  in  äussere  (subkutane)  und  innere  (submuköse).  Die  ersteren 
liegen  dauernd  ausserhalb  des  Afters,  dicht  am  Rande  desselben,  und  treten 
als  bläuliche  Knoten,  die  unter  dem  Fingerdrucke  schwinden,  meist  einen  Kranz  um 
den  Anus  bildend,  hervor.  Sie  entstehen  aus  dem  subkutanen  Abschnitte  des  Plexus 
haemorrhoidalis.  Die  submukösen  Knoten  bilden  sich  aus  dem  Plexus  submucosus; 
sie  fallen  indessen,  wenn  sie  tief  sitzen  (sogenannte  intermediäre  Knoten),  nament- 
lich beim  Stuhlgange,  leicht  vor.  Charpy  (1.  c.  S.  286)  ist  der  Meinung,  dass  auch 
die  äusseren  Haemorrhoidalknoten  ursprünglich  submuköse  waren,  die  herabgedn^ng* 
seien.  —  Allingham  (I.e.  S.  286)  spricht  noch  von  kapillären  und  arterielle^ 
Hämorrhoidalknoten.  Kapillarerweiterungen  sollen  nicht  in  Abrede  gestellt  wer- 
den; für  die  arteriellen  schliesse  ich  mich  gern  der  Erklärung  Charpy 's  an,  iu' 
dem  ich  hinzufüge,  dass  eine  zu  grossen  alten  Hämorrhoidalknoten  tretende  Arterie 
die  zur  Versorgung  der  Knotenwandungen  dient,  sich  sehr  erweitern  kann,  so  daSS 
sie  dem  Knoten  Pulsation  ertheilt  und  beim  Anschneiden  spritzt. 

Bei  hohem  Grade  des  Leidens,  massenhafter  Entstehung  von  Knoten  und  starkem 
Vordrängen  derselben,  bilden  sich  äusserst  beschwerliche,  und  durch  Entzündungen; 
Abscedirung,  Fisteln,  Fissuren  und  starke  Blutungen  sehr  ernst  zu  nehmende  Zustände 
heraus. 

Man  kann  fragen,  was  die  Häufigkeit  dieses  Leidens  bedinge?  Zunächst  muss 
daran  erinnert  werden,  dass  Haemorrhoidalknoten  nicht  häufiger  sind,  als  die  Stauungen 
und  Varicenbildungen  an  den  Venen  der  unteren  Extremitäten;  diese  werden  nur  nicht 
so  beachtet,  weil  sie  in  denjenigcm  Graden,  in  welchen  die  erweiterten  Mastdarmvenen 
schon  lästig  zu  werden  beginnen  (sog.  Molimina  haemorrhoidalia),  noch  ohne  jede 
Beschwerde  bleiben.  Die  Klappenlosigkeit  der  Pfortaderstämme  spielt  wohl  eine  Rolle? 
jedenfalls  aber  keine  bedeutende,  da  die  Pfortaderzweige,  so  weit  sie  in  der  muskulösen 
Darm  wand  verlaufen,  gut  schliessende  Klappen  haben,  da  die  Hülfsabflüsse  nach  dc^ 
Beckenvenen  reichlich  vorhanden  und  mit  Klappen  ausgerüstet  sind  und  da  schliess- 
lich den  klappenlosen  Pfortaderstämmen  eine  sehr  kräftige  Muskulatur  zukommt  )• 
Das  von  Verneuil  hervorgehob(»ne  Moment,  dass  die  Rectumvenen  die  Muskelwand 
des  Darmes  durchbohren  müssten,  und  demnach  häufig  Einschnürungen  erlitten,  wir*^ 
hinfällig,  seit  wir  wissen,  dass  gerade  diese  Theile  der  Venen  Klappen  haben,  und 
wenn  wir  bedenken,  dass  die  Venen  des  ganzen  übrigen  Darmkanales  denselben  We^ 
nehmen  müssen. 

Es  kommen  also  generell  nur  dieselben  Dinge  in  Betracht,  welche  überhaupt' 
zu  Stauungen  und  Erweiterungen  der  Venen  im  Bereiche  der  untern  Körperregi^n 
führen:  die  lange  Blutsäule^),  die  Rückbildung  der  Klappen  und  der  Muskulatur  im 
späteren  Alter  u.  A.  Für  den  Mastdarm  kommen  jedoch  als  prädisponirende  Momente 
hinzu:  die  Existenz  der  Glomera  haemorrhoidalia  schon  als  normaler  Bildungen,  di^ 
Stuhlentleerung,  namentlich,  wenn  sie  dauernd  erschwert  ist,  langes  Verweilen  grosse- 
rer Fäkalmassen  im  Rectum   und    endlich  die  Thatsache,  dass    das  Rectum    eben  das 

1)  Koeppe,  H.,  Muskeln  und  Klappen  in  den  Wurzeln  der  Pfortader.  Archiv 
für  Anatomie  und  Physiologie.  Herausgegeben  von  His,  Braune  und  du  BoiS" 
Reymond.     Physiol.  Abtheilung.    1890.    S.  168. 

2)  Vgl.  insbesondere  die  Ausführungen  von  Charpy,  der  die  vertikale  Haltung^ 
des  menschlichen  Rumpfes  als  ursächliches  Moment  betont  (L  c.  S.  286  Nr.  9). 


Untersuchung  des  Rectum.    Verschiedenes.  285 

Endstück  des  ganzen  langen  Darmrohros  darstellt  und  mehr  oder  weniger  bei  sehr 
vielen  Erkrankungen  des  übrigen  Darmkanales,  auch  dessen  oberer  Abschnitte,  in 
"Mitleidenschaft  gezogen  wird. 

VII r.  Neubildungen.  Es  sind  Neoplasmen  aller  Art  am  Rectum  und  am  Anus 
beobachtet  worden.  Aus  den  anatomischen  Verhältnissen  heraus  erklärt  sich  die  häu- 
fige Polypenform  derselben  (Mastdarmpolypen,  meist  Adenome  und  Fibroade- 
nome), das  Vorkommen  von  abgeplatteten  Formen  und  mehrfachen  Heerden  am 
After  durch  Druck  der  Nates  und  hierdurch  bedingte  Berührungsinoculation),  das 
Vorkommen  von  Atheromen  (Circumanaldrüsen)  und  der  zwei  Formen  der  Car- 
cinome:  Plattenepithelkrebs  und  Cy linderepitheikrebs  mit  Schleimnestern 
(sog,  Gallertkrebs)  und  Uebergängen  zum  Adenom. 

Die  wichtigsten  der  bei  grösseren  Tumoren  meist,  so  quälenden  Symptome  er- 
l^lären  sich  durch  die  anatomische  Nachbarschaft  (Harn-  und  Geschlechtswege)  und 
*iurch  die  Funktion  des  Rectum.  Bezüglich  der  Erkennung  derselben  und  Unterschei- 
dung von  anderen  Leiden  sei  insbesondere  für  die  Krebsgeschwülste  auf  die  Lage 
^er  Lymphbahnen  und  der  regionären  Lymphdrüsen  hingewiesen.  Metastasen  werden 
**>ch  häufig  im  centralen  Pfortadergebiete,  insbesondere  in  der  Leber  finden  müssen. 
V^l.  hierzu  den  wichtigen  Nachweis  Goldmann 's  von  dem  fast  regelmässigen  Ein- 
wachsen der  Krebsmassen  in  die  Venen  ^). 

IX.  Behinderungen  der  Entleerung  des  Rectum.  Strikturen.  Ausser  der 
-^nfüllung  mit  harten  Kothmassen  (S.  281)  können  pathologische  Zustände  der  be- 
nachbarten Organe,  insbesondere  des  Uterus  und  der  Prostata,  sowie  Strikturen, 
^enen  das  Rectum  wie  jedes  kanaUörmige  Organ  ausgesetzt  ist,  die  normale  EntU'e- 
^^ng  behindern.  Die  letzteren  (wir  erwähnen  an  dieser  Stelle  nur  die  erworbenen 
wikturen)  werden  am  häufigsten  an  der  Grenze  zwischen  Pars  perinealis  und  Pars 
Pt'lvina  beobachtet.  Kohlrausch '^)  fand  einmal  eine  Striktur  an  der  Basis  der  von 
^*^ni  als  Plica  trfinsversalis  recti  beschriebenen  Falte,  bedingt  durch  eine  bedeutende 
Entwicklung  der  Ringmuskulatur. 

X.  Anus  infundibuliformis.  Die  Trichterform  des  Analeinganges  kann  bedingt 
^ßin  durch  Tumoren,  durch  Schwund  des  Fettes  in  der  Fossa  ischiorectalis  und  Atro- 
phie des  Musculus  glutaeus  maximus,  s.  Altersveränderungen.  Auch  gewohnheits- 
niässige  passive  Päderastie  kann  diese  Form  zu  Wege  bringen.  Doch  lässt  die 
Ti'ichterform  weder  mii  Notliwendigkeit  einen  positiven  Schluss  auf  Paederastie  zu, 
noch  ihre  Abwesenheit  einen  negativen 3). 

Untersuchung'  des  Rectum.    Verschiedenes. 

In  Rücksieht  auf  die  anatonnschen  Verhältnisse  sei  hier  Folgendes  bc- 
^ncrkt:  Die  Aktion  der  IJauchpressc  lässt  einen  Theil  der  Pars  perinealis  reeti 
^^»'tretcn.  Die  volle  Hand  kann  in  die  Pars  ampullaris  recti  eingeführt  werden; 
^^  soll  aber  (Simon,  1,  c.  c.)  nur  eine  Hand  dazu  gewählt  werden,  deren 
I^ austunifang  25  cm  nicht  übersteigt;  auch  hüte  man  sich  nach  oben  zu  weit 
^^d  zu  rasch  vorzudringen;  nicht  selten  sind  dabei  an  der  Grenze  des  Colon 
P^lvinnni  gegen  das  Rectum,  wo  häufig  eine  Verengerung  besteht,  Zerreissuugen 
"^obachtct  worden.     Die  dem  Kectuni  anliegenden  Organe  und  Beckentumoren, 

1)  Goldmann  in  „Beiträge  zur  klinischen  Chirurgie,  herausg.  von  P.  Bruns. 
^<i.  18.    1897. 

2)  Kohlrausch,  Zur  Anatomie  u.  Physiologie  der  Beck enorganc.   Leipzig,  1854. 

3)  Lacassagne,  Verhandlungen  des  X.  internationalen  medizinischen  Kon- 
^^^sses.    Bd.  V.    Abth.  XVII.   S.  49.    Berlin,  1891.    A.  Hirschwald. 


286  Harn  Organe  des  Mannes. 

sowie  Katheter,  Sonden,  Pessarien  u.  A.,  welche  in  die  Harnröhre  oder  Scheide 
eingeführt  werden,  lassen  sich  daher  leicht  exploriren.  Bis  zu  einem  g®' 
wissen  Grade  gelingt  das  natürlich  auch  dem  eingeführten  Finger,  oder  der 
Mastdarmsonde. 

Sehr  förderlich  für  die  Untersuchung  bei  hochsitzenden  Veränderungen 
ist  die  Knieellenbogenlage:  die  Baucheingeweide  sinken  dabei  nach  vorn, 
das  Rectum  weitet  sich,  wenn  gleichzeitig  ein  Speculum  eingeführt  ist,  durch 
eindringende  Luft  aus.  Dilatation  durch  Haken,  durch  Specula,  Endo- 
skopie brauchen  nicht  noch  besonders  hervorgehoben  zu  werden. 

Es  mag  noch  erwähnt  sein,  dass  das  Rectum  auch  als  Zuführungsrohr  für 
die  Nahrungsaufnahme  und  für  Medikamente*)  dienen  kann;  auch  die  Aether- 
narkose  vom  Rectum  aus  ist  versucht  worden. 


Harnorgane  des  Mannes. 

Die  Harnorganc  sind  bei  beiden  Geschlechtern  mit  den  Fortpflanzungs- 
organeu  verbunden,  insonderheit  beim  Manne.*  Sie  bestehen  aus  den  beiden 
absondernden  Drüsen,  den  Nieren,  Renes  und  den  beiden  Harnleitern? 
üreteres,  welche  das  Nierenexkret,  den  Harn,  ürina,  zu  einem  unpaaren 
Reservoir,  der  Harnblase,  Vesica  urinaria  führen;  von  dieser  leitet  ihn  ei^^ 
gleichfalls  uupaarer  Ausführungsweg,  die  Harnröhre,  Urethra,  nach  aussen 
ab.  Mit  der  Harnblase  steht  noch  ein  zum  Nabel  aufsteigendes,  unpaares, 
grösstentheils  obliterirtes  Rohr,  der  Harngang,  Urachus,  in  Verbindung. 

Die  Verbindung  der  Harnorgane  mit  den  Geschlechtsorganen  beim  Manne 
ist  theils  eine  rein  topographische,  theils  eine  physiologische,  letzteres  insofern; 


1)  Eine  Zusammenstellung  von  Litteratur  betreffend  die  Resorption  vom  Kectui 
aus  findet  sicii  in  der  Dissertation  von  Dr.  A.  Paradies:  Untersucliungen  zur  Frag^ 
der  Resorption  vom-  Rectum  aus.    Berlin,  1895.  8.  —   Ueber  die  topo^^raphisclicn  Vei- 
häitnisse  und  pathoiogisclien  Zustände  des  Rectum  überliaupt  vergleiche   mau   ausse 
den  bereits  angetülirteu  Werken  noch:  1)  Esmarch,  Fr.,  Die  Krankheiten  des  Mas - 
darmes  und  des  Afters.    Deutsche  Chirurgie,    herausg.  von  ßillroth  und  LuecUe- 
Lieferung  48.  Stuttgart,  1887.  F.  Enke.  (Mit  eingehender  Litteratur-Angabe.)  —   QuenU, 
E.,  und  Hartmann,  H.,    Chirurgie  du  Rectum.    Paris,  Steinheil,  18^5.   (Mit  Litteratur- 
angaben.)  —  S)  Aliingham,  On  diseases  of  ttie  rectum,  tiieir  diagnosis  and  treatn^'^Y 
London,  1879.—  4)  ball,  The  rectum  and  anus.    London,  lö87.  —  5)  Zuckerkan<i*' 
E.,  Zur  Anatomie  der  Becken-  und  Perinealvenen.  AUgem.  Wiener  med.  Zeitung,  heraUH 
gegeben  von  B.  Kraus.  23.  Jahrg.  1878.    S.  3.  —  G)  Dur  et,  H.,  Note  sur  la  dispositi^n 
des  veines  du  rectum  et  de  l'anus.    Bullet,  de  la  societe  anatomique    de  Paris.    1^' 
S.  168.  —    7)  Konstantinowitsch,  Die  Anordnung  der  Gefässe  des  Mastdarmes.    ^' 
Petersburger  med.  Zeitschrift.    N.  F.  111.6.   1873.  —   8)  Berry  Hart,  Selected  papei*^ 
in  Gynaecology  and  obstetrics.    London,  1893,  (Richtung  der  einzelnen  Abschnitte  de 
Rectum.)  —  9)  Charpy,  A.,  Les  Veines  du  Rectum  et  les  Hemorroides.    Midi  medica  • 
25  Mars    et    2  Avril  1893.    Toulouse,    Imprimerie  Marques  et  Cie.    —    10)  Simon,    ^^ 
Ueber  die  künstliche  Erweiterung  des  Anus  und  Rectum  zu  diagnostischen,  operative 
und  prophylaktischen  Zwecken  etc.    Arch.  f.  klinische  Chirurgie.  Bd.  XV.    Berlin,  l"* 


287 

als  die  Harnröhre  mit  ihrem  weitaus  grössten  Theile  auch  Ausftihrungsgang  der 
öeschlechtsprodukte  ist. 

Die  Niereu,  ein  grosser  Theil  der  üretereu  und  der  ürachus  liegen 
in  der  Bauchhöhle;  die  übrigen  Theile  gehören  topographisch  zum  Becken. 
So  weit  sie  in  der  kleinen  Beckenhöhle  gelagert  sind:  Harnblase,  Endstück 
der  Ureteren,  Anfangstheil  der  Harnröhre,  sind  sie  vom  Rectum  durch  die  Ex- 
cavatio  rectovesicalis,  und  durch  die  Fascia  rectovesicalis  getrennt;  der  Rest 
der  Harnröhre  tritt  am  Damme  in  den  Penis  ein  und  bildet  nunmehr  mit 
dem  letzteren  einen  Theil  der  äusseren  Geschlechtsorgane. 


Harnblase  (Vesica  urinaria). 
Wir  begi«nen  die  Darstellung  der  Becken-Harnorgane  mit  der  Betrachtung 
des  umfangreichsten  und  gewissermaassen  centralen  Theiles  derselben,  mit  der 
Harnblase;  für  dieselbe  ist  auch  der  abgekürzte  Name  „Blase"  üblich. 

Form  und  TheUe  der  Harnblase. 

Die  leere  Harnblase  des  erwachsenen  Mannes  liegt  hinter  der  Sym- 
Pliyse  und  stellt  ein  von  vorn  nach  hinten  abgeplattetes  Ovoid  dar,  dessen 
verjüngtes  Ende  nach  oben,  dessen  breiterer  Theil  nach  unten  schaut. 

Man  unterscheidet  demnach  an  der  leeren  Blase  eine  Spitze,  den  so- 
genannten Scheitel,  Vertex  vesicae,  den  Körper,  Corpus  vesicae,  und 
den  Grund,  Fundus  vesicae,  eine  vordere  und  eine  hintere  Fläche, 
l'acies  anterior  und  posterior,  sowie  zwei  (abgerundete)  Seitenränder, 
Margines  laterales.  Hierzu  kommt  noch  derjenige  Theil  der  Blase,  welcher 
niit  der  Prostata  verwachsen  ist,  und  von  dem  die  Harnröhre  abgeht;  er  ist 
^^war,  insbesondere  bei  leerer  Blase,  ein  Theil  des  Fundus,  wird  aber,  seiner 
Dichtigkeit  wegen,  mit  einem  eigenen  Namen,  Blasenhals,  Collum  vesicae, 
belegt. 

Die  massig  gefüllte  Blase  bietet  naturgemäss  mancherlei  Abweichungen 
Von  dieser  Form  dar.  Die  wichtigste  ist,  dass  die  hintere  Fläche  —  das 
l>etretfende  Individuum  in  aufrechter  Stellung  gedacht  —  indeni  sie  sich  ins- 
•^esondere  an)  Fundus  von  der  vorderen  Fläche  abhebt,  zu  einer  oberen,  die 
Vordere  theilweise  zu  einer  unteren  wird.  Ferner  bildet  sich  am  Fundus 
^»lie  hintere  Fläche  aus,  da  wo  die  Samen  blasen  liegen,  und  aus  den  beiden 
^eitenrändern  werden  zwei  Seiteuflächen,  Facies  laterales.  Die  ur- 
sprüngliche vordere,  bei  der  Füllung  zur  unteren  hinzugezogene  Fläche 
geht  dann  in  den  Blasenhals  ohne  Niveaudifferenz  über.  Dies  zeigt  besonders 
sehön  der  wohlbekannte  Braune'sche  Gefrierschnitt,  Taf.  I  seines  Atlas. 

Bei  stärkster  Füllung  tritt  abermals  eine  Formänderung  ein.  Das 
^»'gan,  s.  Fig.  08,  zeigt  wieder  eine  vordere  und  hintere,  so  wie  zwei 
^^itenflächen,  daneben  aber  eine  grosse  untere,  an  der  die  Harnröhren- 
Mündung  sich  befindet;  die  hintere  Fläche  geht  in  die  untere  durch  eine  ungefähr 


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Harnblase:  Form  und  Theile.  289 

Ürachus  verjüngt.  Erst  im  Laufe  von  mehreren  Jahren  wandelt  sich  langsam 
diese  Form  in  die  des  Erwachsenen  um;  mit  dem  Beginne  der  Pubertätsent- 
^icklung  dürfte  dies  meist  vollzogen  sein. 

Von  den  geschilderten  typischen  Formen  kennt  man  manche  Abweichungen. 
Selten  sind  in  leerem  Zustande  kuglige  Blasen,  häufiger  schon  birn förmige;  auch 
die  längliche  Rohrform  des  Kindes  kann  in  das  reifere  Alter  mit  hinübergenommen 
Verden.  Nicht  selten  zeigt  sich,  s.  Fig.  81,  eine  scharfe  Abknickung  der  hinteren 
^on  der  oberen  Wand  bei  massig  gelullter  Blase.  Auch  Fig.  Q6  zeigt  dies.  Beim 
Weibe  legt  sich  der  Knick  in  den  vorderen  Beugungswinkel  des  Uterus  in  der  Gegend 
des  Orificium  uteri  internum  hinein  (Fig.  81). 

Die  Schüssel  g  est  alt  der  leeren  Blase,  bei  der  die  obere  Wand  eingebuchtet 
^st,  so  dass  auf  dem  Medianschnitte  eine  Y-Form  des  Lumens  hervortritt,  kommt 
^^i  Männern  selten  vor;  bei  Frauen  (s.  w.  u.)  ist  sie  häufiger. 

Die  Dicke  der  Blasenwand  hat  ebenso  wie  deren  Füllungsgrad  auf  die  Ge- 
staltung einen  wesentlichen  Einfiuss;  so  findet  man  die  Schüsselform  fast  nur  bei 
dünnwandigen  Blasen. 

Zwei,  namentlich  bei  den  Praktikern  übliche  Bezeichnungen  für  besondere 
Theile  der  Blase  müssen  noch  näher  erörtert  werden:  Der  Blasenhals, 
Collum  vesicae,  und  der  von  den  Franzosen  unterschiedene  B a s - f o n d. 
Wenn  man,  wie  üblich,  unter  „Hals"  eines  Organes  ein  gegen  den  Nachbar- 
theil  verjüngtes  Stück  versteht,  so  hat  die  menschliche  Harnblase  keinen 
flals,  man  müsste  denn  den  Anfangstheil  der  Harnröhre,  der  noch  von  einem 
Verdickten  Theile  der  Blasenmuskulatur  umgeben  wird,  s.  Fig.  66  a,  als 
Solchen  nehmen  wollen.  Nun  ist  es  aber,  wie  vorhin  bereits  angedeutet,  von 
grosser  praktischer  Wichtigkeit,  denjenigen  Abschnitt  des  Blasengrundes,  von 
Welchem  die  Harnröhre  abgeht,  und  welcher  beim  Manne  mit  der  Prostata 
verwachsen  ist,  besonders  zu  unterscheiden  und  zu  benennen.  Dieser  Abschnitt 
(s.  Fig.  66  a)  urafasst  das  Orificium  urethrae  internum  mit  dem  dahinter  ge- 
legenen Trigonum  vesicae  bis  zu  den  Ureterenwülsten,  von  welchen  Dingen 
später  die  Rede  sein  wird.  Obwohl  auf  ihn,  wie  gesagt,  formell  die  Bezeich- 
nung „Hals"  nicht  passt  —  „Basis'*  wäre  besser  —  so  will  ich  doch  von  dem 
Eingebürgerten  bequemen  Namen,  den  die  Praktiker  ohnebin  nicht  fallen  lassen 
Verden,  nicht  abgehen,  und  bezeichne  diesen  Abschnitt  also  mit  dem  Namen 
^3lasenhals^'  Collum  vesicae.  Vgl.  hierüber  auch  Charpy,  Cours 
^E  ^planchnologie,  Organes  genitaux.  Paris,  1891. 

Unter  Bas-fond  verstehen  die  französischen  Autoren  den  unmittelbar 
nmter  den  Ureterenwülsten  gelegenen,  etwas  vertieften  Theil  der  Blase,  der, 
n^nientlieh  im  höheren  Alter,  eine  besondere  Ausbuchtung  erleiden  kann, 
^lehe  Fig.  69  „Fossa  retroureterica'^ ;  auch  in  Fig.  66  a  erkennbar.    S.  w.  u. 

Als  praktisch  wichtiges  Ergebniss  der  Formbetrachtung  der  Blase  muss  her- 
vorgehoben werden,  dass  sie,  im  leeren  wie  auch  im  gefüllten  Zustande,  stets 
eine  reichliche  Querausdehnung  darbietet,  so  dass  eingeführte  Instrumente 
^ßi  allgemeinen  nach  dieser  Richtung  hin  am  wenigsten  Widerstand  finden 
^^^den.  Die  leere  oder  schwach  gefüllte  Blase  hat  namentlich  unten  am 
^lasenhalse  ihre  stärkste  Querausdehnung;  ihr  Lumen  zeigt  dort  nach  rechts 
^^d  links  hin  eine  Art  spitzzulaufenden  Recessus. 

^^altleyer,  Das  Becken.  1^ 


290  äarnblase,  Kapacität  derselben. 

Fassnngsraum  (Kapacität)  der  Blase. 

Bei  einem  Hohlorgane  mit  nachgiebigen  Wänden,  wie  es  die  Blase  ist, 
kann  von  einer  absoluten  Kapacität  nicht  die  Rede  sein;  wir  müssen  vielmehr 
bei  der  Blase  des  lebenden  Menschen  unterscheiden:  a)  Die  Füllung,  bei  der 
die  Gefahr  der  Ruptur  beginnt  =^  M  axim  alf  ü  11  ung,  b)  die  Füllung,  l>^* 
w  elcher  der  Harndrang  beginnt  =  P  h  y  s  i  o  1  o  g  i  s  c  h  e  F  ü  1 1  u  n  g ,  c)  die 
Füllung,  welche  für  praktische  (Untersuchungs-  und  operative)  Zwecke  die 
genügende  ist  =  C  h  i  r  u  r  g  i  s  c  h  e  Füllung. 

Für  a  und  b  lassen  sich  keine  bestimmten  Angaben  machen;  die  zald- 
reichen,  von  Barkow^),  K.  E.  E.  Hoffmann^),  Duchastelet-^)  u.  A.  an- 
gestellten Injektionsversuche  an  der  Leiche  haben  keinen  anderen  Werih,  ali^ 
Anhaltspunkte  zur  Gewinnung  einer  Ziffer  für  die  chirurgische  Füllung  z;^ 
liefern.  Als  eine  mittlere  Füllung,  bei  der  ein  stärkerer  Widerstand  an  der 
Leiche  sich  bemerkbar  macht,  dürfen  700 — 800  ccm  angegeben  werden- 
Ruptur  der  Leichenblase  trat  bei  1000 — 2200  ccm  Füllung  ein.  Beim  Lebenden 
sind  weit  grössere  Maximalfüllungen  —  bis  zu  3 — 4  Liter  und  darüber  -^ 
ohne  dass  Ruptur  eintrat,  gefunden  worden,  z.  B.  bei  Blasenlähmungen.  ^^ 
Fig.  68  ist  ein  derartiger  Fall,  der  von  mir  zu  einem  Gefrierdurchschnitte 
benutzt  wurde,  abgebildet.  Die  Blase  nimmt  dann  fast  den  ganzen  Rauio 
des  kleinen  Beckens  ein  und  reicht  nach  oben  noch  weit  darüber  hinaus,  bis 
zum  Nabel  und  weiter.  Die  Versuche  von  Paul  und  Pierre  Delbet,  sowie 
von  Guyon^)  ergeben,  dass  leichter  Harndrang,  also  physiologische  Füllung? 
schon  bei  40 — 280  ccm  eintrat,  stärkerer  bei  40—510  ccm,  je  nach  den  ver- 
schiedenen Personen.  Als  praktische  Regel  ist  jetzt  allgemein  angenominen? 
dass  man  zu  Untersuchungs-  und  operativen  Zwecken  nicht  mehr  wie 
200—300  ccm  in  die  Blase  des  Lebenden  einführen  soll  (Chirurgische  Füllung)- 
Die  Injektion  geschehe  langsam,  und  die  Flüssigkeit  sei  auf  Körpertemperatur 
erwärmt.  Man  verwendet  gewöhnlich  eine  1  *^/o  Karbolsäurelösung  (König) 
oder  eine  3  ^/^  Borsäurelösung  (Borwasser). 

Namhafte  Differenzen  in  der  Kapacität  der  männlichen  und  weiblichen 
Harnblase  gibt  es  nicht;  gewöhnlich  wird  angegeben,  dass  die  Harnblase  dei 
Männer  geräumiger  sei. 

Wegen  der  Raumverhältnisse  des  Beckens  erreicht  der  Querdurchnicssci* 
der  Blase  bei  der  Füllung  sein  Maximum  am  ehesten. 


1)  Barkow,  H.  C.  L.,  Anatomische  Untersuchungen  über  die  Harnblase  des 
Menschen.    Breslau,  1858. 

2)  Hoff  mann,  K.  E.  E.,  Lehrbuch  der  Anatomie  des  Menschen.  Erlanget' 
1880.    Bd.  I. 

3)  Duchastelet,  Capacite  et  Tension  de  la  Vessie.    These  de  Paris.    1886. 

4)  Delbet,  Pierre,  Recherches  sur  la  Vessie  et  rUrethre.  Annales  des  organeB 
genito-urinaires.  1892.  p.  179.  —  Delbet,  Paul,  Anatomie  chirurj>icale  de  la  Vess'^* 
Paris,  1895.  8.  Henri  Jouve.  —  Guyon,  Physiologie  de  la  Vessie.  Gaz.  hebdoni.  «^ 
Medeciue  et  de  Chirurgie.    Paris,  1884. 


llnii   4i'r   il;intlil;isr:  iiiiirn'   W nml  iU^YM^Ihvn.  "Jüi 

Weiiti  dii'  l»l;i.M''  >irli  tTillL  ><)  lu'bl  >l«'li  /AU'sst  »Irrni  hinH-rr  (.»iNTf*  \V:ijrrl  voti 
'l«:T  VfHN'l^ivii  ■ftiiliTi'ii  rit.'.  iL'UU!  *l«'ltti!  >ifb  thT  iMlüdlis  li:H'!i  liiiili'i)  iijifl  iiiili'ii  ;i!l;s. 
Wi'iftThiii  liiMiM'  >ii'h  cin/ti  <'it!i'  SjHiZf  "}'**l*^  v<'>i<-;il.  f^Mii.iry'',  iHr  ilni  rr;i,t'li!i> 
'il.--aiiL;-   siMMiifj    uiir.>ir:if,   Uinnitry^   iihi'rYntxi  :  d^T   i:r;H'lit{s   hiMlrl    i|;jtiii   mif   ^i'lni'in   Au- 

Innere  Blaseiiwaad  nebst  Bemerkimge»  ttber  iem  Bau  ier  Blase. 

IliT  -rr»>sii-  'I1h>i1  iliT  Iiiih'IIUjiinI  dw  !  I:{.r!il)h'i>r  yrlixl  :mssi*r  zMlilividNit 
P'alicii,  in  uvIi'Ih'  sirli  bri  Iwrcm  i^w  mir  iiiiis>i-  -vliillu-iii  Orpiiir  dit'- 
^"^^'lili'iiiili;!!!!    Ii--L   iii^'liis  li*^soiiffrivs,     lUi   sliirkiT  Fiiiliiii.::'  t-rki-iii}!   ihmii.  Miliald 


Aanuhts    iiiU'^ 

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^^  ^  :- i  i' ;i  r  .i^^ii  Itf  tll .  i  ^ l;il  I  \\  liiHÜ,!:;  rrsi-liriiil  «lif  :i4  iiinxiiiüiiji  ^,it*t^frilllv^  llln^v 
'''i^''t'r:ill ;  liir  \  <»r<li"!i.'i}d»' S./ijjliirriiiKr  lir'/it-iil  >!<'!{  auf  ilif  iiiiiss!^<:' _i:Triillfr  liL'isi«. 
'^Hi'  ,-'tir/Ji-li  I.M/Ti,'  l>Li><-  zri-l  l'riiK'  l"';i!lii!  ilrr  ."^«/lllriiiilliHlf  JilH'li  im  i>l.i><i!ilij|jsi\ 
^^i^."  -iMlt^'  *.i!»T  mir  tV{iif:ilf i-'i*  flr<i'}},.jir,ii!i..!i  /ü'-vh  .'itii*Ii  iln'  luiiiiitlflliar  vor 
^i*i'  iiiii'ti'tii  ll:ir!!r«j|jriiiiiiriiiiliiii/r  ,i!*t'h\i:'«iH'  Hirü,  s,o  v,  ii'  <Ik^  T  I  .111:1  |i;ini- 
^  r  i  n;  I,  ,i  .,5  I  j  ;,  ^  s.  w  .  IL  l^rT  fii"sl  iler  liiMSiiisplilfitiiliniil  i!:il  ><'lir  ,i:i'<»sHt\  iiiiisf 
^H*s  yji  I  <.||,  iiihI  iL-iriihiT  hifhi\  ^vhliü'U'  F«ill<ii,  du'  v<ir^\'i<'-'fiid  !«iii-;ilinliii:}| 
l'M,llV|i:  ,l{,r  Iriijrii  l-','il|i'ii  «Irs  riilliiiii  \'rs}<'*;i<'  7.ii'li<il  ^'oii  alftii  »Sriltii  /jim 
^^rili^'iiiiii   iirrliiFMi-   iiilfriuiiii   hiii. 

IJir  f  ■  r<"  I  I*  r  I' 11  f*ji;  I  I  r- 11.  P  I  i  r  ji  r  I!  r  r  !«•  r  i  (' JM- ^:.  slrliiii  '/nci  llarli- 
^''^J^»I1!'-!h"  ll'i'VüriM-'iui.üHii  'i"t\\ji  villi  ilvr  Sliirki*  eim^s  I  iiiusi'fViliTkifli'S  <l;iiv 
'^^'■<*li^</lii  liliriiriii^  in  ihn-r  IH^'k«-  üvm!  Fiiiiiri-  l'Hi  <ltii  v«i'sf''i!it"<iiiH'ii  Iii<lh1iliirii, 
'"^»^^  Mil>|i"!M'ii  ilMilnr^li.  iliss  <tft^  V'rvirrvn  Hclirilu*  ilii-'  !li:isriiu:t,iH!  iliin-'hsi'i/.vii, 
^t^»'i  isii  ilirsi'lfMv  ;iiif.iii2*s  Miiskiilaltir  iiikI  Si*Iik'iiiili;iii1,  srliüvsslieli  dir  Ir-t/.fti-v 
'^''^''iiL  ^'Mrwfilfini,  Uli'  MiiiHliiiiii'  svlhst  }i:t!  die  iU'Hlnit  i'iiies  >i'Iiriti4'  «t'j- 
s^'^'fdiiiii{t'iit>ii  LN)lir<iid<"S.  s<jd:iss  di<'  zu  ^l<ii  iifissiTfii  Sidiivlih''»  <lii'  ii!;isr 
:'-«dvi'iii'ii=  W'ntifl  dF"  Ifiiipi-*'  isl.  Hi^^p  UfsFill  dr-r  ^IfiiMliiiic^-,  eil  Ihh*  di'  fifitv, 
'''^'<"^t»iiiiiiiiNi'  «Nlt-r  !''rd,iTS{diii{|lfnriii.  *'r!*'irlitr!i  s<H\itljI  dtii  Aiisirill  d<'H  ll:iriu*H 
'^l'"^  ik'iN  ICiiiftdirvii  v<«ii  Iii.sfroiii'niliii  in  di<.'  Frtdii"rn  x^ni  dii'  Fd;isr  ;uis.  imii'iii 
^•'•^1  .Nirli  7JI  iiivrkrii  }i;ifv  dass  diisi-  luslriiiiiviilf'  p^pii  dii'^  Pd:i:<t'inv:iiii!  iiiid 
'■^^"Sät  -vp'ii  dir  Li'idiliiii;!:"  Idii  ,ii*idi:iit*ii  wt^ulvii  iiiiissvii.  |-»vziiiiiiidi  d«i*  Fiil- 
^''^'iioiiii'  iMi'iIvi"  ^irmdiiii/i'iii   von   riiuiiidciv  ;s.  d.  MiiassfuJirlh«. 

Iitd<iii  sidi!i*->slirli  iiiir  iiorli  dif  Pd'iH<ii,s<diIfiiidi<iiil  dir  ziir  Fiidiliiii,!:'  i:v^ 
^"^^dirii'  S-iir  dvN  diirrddH»lir«'inliii  Fri1«'r<  dvrkF  ^.u'nl  «Ivr  ;iiii  iiirislfii  ziiiiicdi' 
l^"*M:'tiid»'  lijiiid  d«>  l'liritiiiiiiuiid'i'S  v<ni  ciiHiii  sriir  IViin-u  ,Stddtiiidi:i!ilsniiiiit\ 
*''^''-^  iiiriiHT  Aii'^iid'if  iLirli,  tiitSidiHMlcii  wie  </diie  Scddiis^kkifiiH'  ^virktü  iimss, 
^^■''dff'ki:   i(di  iiniiiv  <lirs  dvn  ,.M  n  n  d  11  11  p:ss.i  11  iip\, 

Dri   fhirrli    'li^'  Vt*rvrill~- 
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^*t•u^^^^  srlililzJTfniiiy;!''  riT-it-- 
rciiriiriiiiiiir,  wiilirviitl  «Itidlani- 


l'i:J.\    rO, 


I-    IHi'   Fr;ikiilv.-i'    -'{''hvanrlivu    xivl    d'n^    lU^'/A'ivhumvj::    JL'iriik'Üci-wiilsr".     Ihmi 


'-'Unh.:     'l 


i'H<    iirrU'ni'il:-"    <'IU,^| 


»f'^c-lK'».   WiiN  ii'li,  .iiit'li    f'iir   lH',hhrr  liall/r.  ;ils   FliiM  iir. 


294  Innere  Blasen  wand. 

leiterwulst  (Plica  ureterica)  kaum  hervortritt;  umgekehrt  zeigt  Fig".  TOa  einen  starken 
Harnleiter  willst  mit  kleiner  kaum   erkennbarer  ^rübchenförun'ger  Oeffnung^). 

Nahe  der  Mittellinie,  da,  ^\o  beide  üreterenfalten  scheinbar  in  einander 
übergehen,  treffen  wir  ein  verschiedenes  Verhalten.  In  einigen  Fällen, 
s.  Fig.  69j  besteht  eine  deutliche  Trennung  zwischen  beiden  Ureterwttlsten ; 
diese  Stelle  mag  als  Area  in  t  eru  r  e  te  ri  ca  bezeichnet  werden,  zumal  sie 
sich  mitunter  zu  einem  flachen  Zwischenfelde  ausdehnen  kann,  sodass  beide 
Ureterenwttlste  weit  von  einander  abstehen  (Fig.  69a).  In  anderen  Fällen 
scheinen  in  der  That  die  Wülste  völlig  in  einander  überzugehen.  Doch  ist 
dieser  Uebergang  nur  scheinbar;  bei  genauerer  Betrachtung  zeigt  sich  inmier 
ein  Absatz  jedes  Ureterenwulstes  gegen  die  in  diesen  Fällen  selbst  vorspringende 
Area  interureterica  (s.  Fig.  69  b).  Sehr  häufig  findet  man  in  der  Mitte  der 
Area  interureterica,  also  in  der  Mitte  der  Basis  trigoni,  einen  Einschnitt, 
Ineisura  trigoni  m. 

Durch  die  Ureterenfalte  ist  eine  natürliche  Eintheilung  der  Basis  der 
Blase  in  eine  Pars  praeureterica  und  retroureterica  gegeben, 
s.  d.  Figg.  69,  69a  und  69b.  Ich  schlage,  wie  bemerkt,  vor,  die  Pars  prae- 
ureterica mit  Einschluss  der  nächsten  Umgebung  der  Harnröhre  kurz  als  „Collum 
vesicae^',  „Blasenhals^^  zu  bezeichnen,  die  Pars  retroureterica  a'^ 
,,Fundus  vesicae^^  Blasengrund;  beide  Abschnitte  unterscheiden  sich 
wesentlich  von  einander. 

Mehr  vorn  im  Blasenhalse  und  in  der  Mittellinie  liegt  die  dritte  Oeffniing 
der  Blase,  das  Orificium  urethrae  internum.  Bei  leerer  Blase  zeigt 
sich  hier  gar  keine  Lichtung;  nur  eine  ganz  geringe  Vertiefung  mit  halbmond- 
förmiger Begrenzung,  zu  der  feine  Fältchen  radiär  hinziehen,  deutet  die  Stelle 
an.  Injicirt  man  die  Blase  stark  mit  erhärtenden  Flüssigkeiten,  z.  B.  mit  einer 
10^ Iq  alkoholischen  Formollösung  und  hängt  sie  in  diesem  Zustande  noch  in 
eine  gleiche  Formollösung  zum  Durchhärten  hinein,  so  klafft  die  Oeflfnung  häufig 
in  einer  sehr  charakteristischen  Kartenherzform  Fig.  69  und  69a.  Bei  weiter 
Oeflfnung  (Fig.  69)  kann  man  von  der  Blase  aus  bis  zum  Beginne  der  Pars 
membranacea  urethrae  (Terminus  proximalis  partis  membranaceae  Fig.  69)  sehen 
und  auch  den  Colliculus  seminalis  gut  erkennen.  Deutlich  erscheint 
dann  auch  das  Bild  des  die  Urethralöflfnung  umgebenden  muskulösen  Ring' 
Wulstes,  des  Annulus  urethralis  (s.  w.  unten).  Das  Blasencavum  fällt  steil 
und  scharfrandig  gegen  das  ürethrallumen  ab;  s.  dazu  auch  die  Fig.  66a). 

Es  braucht  wohl  nicht  gesagt  zu  werden,  dass  eine  gefüllte  Blase  beim  Leben- 
den oder  in  der  Leiche,  aus  der  nichts  ausfiiesst,  meist  eine  streng  geschlossene 
Urethralmündung  haben  wird  und  dass  die  klaflFenden  Mündungen  der  Figuren  69, 
69a  und  b  Ergebnisse  einer  forcirten  Eröffnung  durch  den  starken  Injektionsdruck 
sind;  auch  die  Formolbehandlung  mag  mitwirken;  immerhin  hat  diese  Beobachtung  ein 
gewisses  Interesse,  insofern  bei  sogenannter  „übervoller  Blase**  von  einigen  Praktikern 
ein  Vordringen  des  Harnes  bis  zur  Pars  membranacea  urethrae,  also  eine  Eröffnung 

1)  Nitze,  M.,  Kystophotographischer  Atlas.  Wiesbaden,  J.  F.  Bergmann,  1^^^' 
Taf.  II.  Fig.  3  und  Fig.  6.  Vgl.  ferner  Posner,  C,  Diagnostik  der  Harnkrankheiten. 
Berlin,  1896. 


Innere  Blasenwand.  295 

<ies    Orificium  urethrae  internum    angenommen   wird.      Wir   halten    dann   den   Harn 
«iurch  willkürliche  Kontraktion  des  Musculus  trigoni  urogenitalis  zurück. 

Zwischen   dem  Orificium  urethrae  internum  und  den  üreterenwülsten  er- 
streckt sich  ein  dreieckiges,  leicht  erhabenes,   besonders  glattes  Feld,  welches 
sich    auch   bei    leerer  Blase   nicht   in    deutliche  Falten  legt,  das  Trigonum 
^  e  s  i  c  a  e  (L  i  e  u  t  a  u  d  i) »);  seine  Basis  wird  von  den  Plieae  uretericae  gebildet 
seine  Spitze   verliert   sich    am    hinteren   Umfange    des   Orificium    urethrae   mit 
einer  kleinen  länglich-rundlichen  Erhabenheit,    der  Uvula   vesicae  (Luette 
vesicale),    die    besonders   im    höheren  Alter  deutlieh  wird.     Von  ihr  geht  eine 
kleine  mediane  Leiste  /um   CoUiculus  seminalis.     Indem  die  Uvula  sich  in  das 
orificium  urethrae  vorschiebt,  bekommt  das  Lumen  die  erwähnte  Halbmondform, 
yas  Trigonum  erscheint  sehr  verschieden,  je  nach  dem  Verhalten  der  x\rea 
interureterica;     zieht    hier   ein    deutlicher  Wulst    von   einer  Ureterenfaltc   zur 
^nderen^     so    ist    das    Trigonum    als    ein   erhabenes   dreieckiges    Feld  abge- 
setzt;   ist   die  Area  flach,    dann    verliert    sich   das  Trigonum  mehr  und  mehr; 
^er  Incisura  trigoni  wurde  vorhin   bereits  gedacht.     Bei  deutlichem  Trigonum 
Sieht  man  rechts  und  links  von  ihm  je  ein  flach  vertieftes  Feld,  welches  noch 
glatt    oder    wenigstens   faltenarm    erscheint,    Planum   paratrigonale  m. 
(f'jgg.  69  und  69b).     Auch    das    zunächst    vor    dem    Orificium    uretlirae    in- 
ternum gelegene  Feld,  Area  praeurethralis  m.,  ist  faltenarm. 

Das  Trigonum  vesicae  entspricht  in  seinem  vorderen  Theile  der  Prostata, 
^eine  Länge,  d.  h.  die  Entfernung  der  Harnröhrenmündung  von  der  Basis  tri- 
goni beläuft  sich  auf  1—2  cm  bei  leerer,  2—3,5  cm  bei  gefüllter  Blase. 
^*  die  Maasstabelle. 

Die  Grundlage  des  Trigonum  bildet  eine  Schicht  dichtgedrängter  querverlau- 
ender  glatter  Muskelfasern,  über  welcher,  dicht  unter  der  Mucosa,  noch  die  aus- 
'^trahlenden  Längsmuskeln  der  Ureteren  liegen;  eine  Subnmcosa  fehlt. 

Die  Uvula  vesicae  wird  durch  eine  Verdickung  der  Schleimhaut  mit  einstrah- 
^nder  Trigonum-Muskulatur  gebildet;  unter  normalen  Verhältnissen  liegt  keine  Pro- 
statasubstanz darin. 

Einfacher  gestaltet  sich  die  Formation  des  Fundus  vesicae.  Ist 
^ine  deutliche  vorspringende  Area  interureterica  vorhanden,  die  dann  als  ein 
^orus  intern retericus  erscheint,  dann  vertieft  sich  unmittelbar  hinter 
^^mselben  der  Fundus  zur  Fossa  retroureterica,  s.  Figg.  66a,  69  und 
J^^b.  Die  Fossa  retroureterica  hat  bei  leerer  Blase  die  Form  eines  queren, 
^^  der  Mitte  etwas  erweiterten  Spaltes.  Bei  gefüllter  Blase  dehnt  sie  sich  zu 
^^nem  seitlich  spitzwinkligen  Felde  von  Mandelgrösse  aus.  Vorn  gibt  die  Basis 
^'''^oni  die  Grenze;  die  hintere  Grenze  kommt  dadurch  zu  Stande,  dass  netz- 
förmig verschränkte  stärkere  Muskelbündel  erst  in  Fingersbreite  (gefüllte  Blase) 
^^tfernt  vom  Trigonum  auftreten,  während  in  dem  Felde  selbst  nur  schmale 
allere  Bündel  sichtbar  sind;  in  Folge  dessen  hebt  sich  das  Feld  meist  ziemlich 
&^t  ab.  Mitunter  springt  ein  stärkeres  Muskelbündcl  an  der  hinteren  Grenze 
^%   und  auf  solche  Fälle   bezieht   sich  wohl  Nitze's  Schilderung^).     Nitze 

lor.      ^)  Waldeyer,  W.,  Das  Trigonum  vesicae.    Sitzungsb.  d.  K.  Preuss.  Ak.  d.  Wiss. 
^^97.   8.  Juli. 

2)  Nitze,  M.,  Lehrbuch  der  Kystoskopie.    Wiesbaden,  1884. 


29ß  Bau  der  Blase. 

gibt  ausserdem  an,  dass  beim  Lebenden  bei  der  Sonden-Exploration  dies  Feld 
weniger  nachgiebig  gefunden  werde,  als  die  unmittelbar  dahinter  und  darüber 
liegende  Partie.  Indessen  zeigt  es  sich  bei  älteren  Leuten  oft  mehr  oder 
weniger  sackartig  vertieft,  was  wohl  zu  der  vorhin  (S.  289)  erwähnten  Be- 
nennung: „Bas-fond"  Veranlassung  gegeben  hat.  Fremdkörper  und  Konkremente 
können  sich  dann  leicht  hier  festsetzen. 

Oft  bewirkt  das  Rectum  mit  den  Samenblasen  und  den  Ductus  deferentes 
beim  Manne,  der  Uterus  und  die  Scheide  beim  Weibe,  eine  flache  Vorwölbung 
des  mittleren  Theiles  der  hinteren  Blasenwand  zum  Blasenlumen  hin^  die  auch 
bei  der  inneren  Exploration  der  Blase  nachzuweisen  ist.  Der  Fundus  buchtet 
sich  dann  rechts  und  links  davon  taschenartig  aus.  Auch  dies  ist  im  höheren 
Lebensalter  häufiger  und  deutlicher. 

Aus  dem  vorn  Baue  der  Blase  Bekannten  sollen  hier  einige  Punkte  von  be- 
sonderer praktischer  Wichtigkeit  hervorg-ehoben  werden:  Zunächst  mag*  daran  er- 
innert sein,  dass  wir  eine  zuweilen,  namentlich  bei  alten  Leuten,  stark  entwickelte 
subperitonäale  Fettschicht  haben,  welche  die  Muskelwand  der  Blase  überall 
deckt,  auch  da,  wo,  wie  an  der  vorderen  Wand,  die  Serosa  fehlt  (vgl.  S.  224  ff.)-  ^^ 
diesem  Fettlager  liegt  der  Venenplexus  der  Blase  nebst  den  zutretenden  Arterien 
und  Nerven. 

Die  Muskelwand  der  Blase  ist  hinten  stärker  als  vorn  (s.  die  Maasstabelle);  si® 
ist  einer  ausserordentlichen  Ausdehnung  fähig.  Ihre  Elemente  sind  Bündel  glatter 
Muskelfasern,  welche  netzförmig  zusammenhängen.  In  der  medianen  Blasenregion  laufen 
vorn  und  hinten  die  Bündel  vorwieg-end  longitudinal  und  gestreckt,  mit  sehr  engen 
Maschen;  so  entsteht  der  Anschein  einer  äusseren  Längsschicht,  die  seit  Adriaan  van 
den  Spieghel  als  „Detrusorurinae"  bekannt  ist.  Seitlich,  und  in  der  Tiefe,  laufen  die 
Bündel  mehr  quer  und  bilden  die  stärkste,  als  Ringfaserschicht  beschriebene  Lage; 
bei  den  innersten  Bündeln  sind  die  Maschen  weit,  so  dass  die  netzförmige  Anord- 
nung ohne  weiteres  hervortritt.  Es  ist  dies  am  besten  zu  sehen  bei  Blasen,  welche 
im  gefüllten  Zustande  erhärtet  wurden,  wenn  man  sie  vom  Lumen  her  betrachtet 
Griffiths*)  betont  insbesondere  den  einheitlichen  Zusammenhang  aUer  dieser  Schich- 
ten unter  einander,  ferner  eine  gewisse  seitliche  Symmetrie  in  der  Anordnung  <ler 
Muskelbündel;  ich  finde  diese  bei  manchen  Thierblasen,  z.  B.  denen  der  Schweine, 
besonders  deutlich. 

Die  Muskulatur  des  Trigonum  ist  von  der  eben  beschriebenen  verschieden- 
Sie  bildet  eine  dicht  gelag^erte  kompakte  Masse  feinbündliger  Zü^e,  die  einerseits  quet 
verlaufen,  andrerseits  von  den  Ureteren  gegen  die  Blasenöffnung  ausstrahlen.  S'^ 
hängt  nach  oben  mit  der  Muskulatur  der  Ureteren,  nach  unten  mit  der  der  Harnröhre 
zusammen  und  ist  die  Grundlage  des  Musculus  sphincter  vesicae  internus  der 
Autoren.    S.  über  diesen  das  Kapitel  „Harnröhre". 

Bauchfell  und  Fettschicht  sind  leicht  von  der  Muskellage  abzuziehen.  —  ^^^ 
dem  Verhalten  der  Schleimhaut,  ihren  Faltenbildungen  und  dem  Fehlen  einer  Sn*»' 
mucosa  am  Trigonum  war  bereits  vorhin  die  Rede. 

Das  Epithel  der  Blase  ist  ein  JTeborgangsepithel**  gleich  dem  des  Nieren- 
beckens und  der  Ureteren.  Zunächst  der  Lichtung  findet  man  sehr  grosse  platte 
Zellen  mit  sphärischen  Hohleindrücken  von  selten  der  tiefer  gelegenen  Zellen  ver- 
sehen.   Diese  sind  verschieden  gestaltet,   meist  keulenförmig  oder  rundlich,  ebenfalls 


1)  Griffiths,  J.,  Observations  on  the  urinary  bladder  and  Urethra.  P.  L  "f^^ 
Journal  of  anatomy  and  physiologv  cond.  by  Humphry,  Turner  and  Mc  Kendrid^- 
Vol.  XXV,  p.  535,   1891. 


Richtung  der  Blase.  297 

niit  Reliefeindrücken  der  Nachbarzellen.  Wie  hatiptsächlich  v.  Brnnn^)  nachgewiesen 
^at,  zeigt  das  Bindegewebe  der  Schleimhaut  feine  Leisten,  welche  ein  Gitterwerk 
bilden,  in  dessen  Maschen  sich  Zapfen  des  Epithels  einsenken  —  Epithelnester, 
'^.  Brunn.  Diese  können  sich  vom  Epithel  abschnüren.  Ich  finde  sie  nicht  selten 
Von  eigenthümlich  concentrischer  Anordnung,  einigermaassen  an  Kankroidkörper  er- 
innernd; auch  prominiren  sie  zuweilen  über  die  Oberfläche.  Bei  der  Ausdehnung  der 
Blase  mögen  manche  dieser  Nester  verstreichen. 

Die  Kenntniss  dieser  Verhältnisse  ist  nicht  unwichtig,  insofern  abgestossene 
Epithelzellen,  einzeln  oder  in  Häufclien,  im  Harne  gefunden  werden.  Auf  abgestossene 
Epithelnester  möchte  ich  concentrisch  geschichtete  Zellenhaufen  zurückführen,  auf 
Welche  mich  J.  Israel  aufmerksam  machte,  und  welche  er,  mitunter  in  grösseren 
Mengen,  im  Harnsedimente,  insbesondere  bei  Frauen,  gefunden  hat. 

Kleine  tubulöse  oder  alveoläre  Schleimdrüsen  kommen  am  Trigonum,  wo 
sie  wiederholt  beschrieben  wurden,  in  der  That  vor,  wie  ich  an  Präparaten  von  0. 
Kalischer  mich  überzeugen  konnte;  sie  sind  allerdings  selten.  Durch  Abschnürung 
der  v.  Brunn'schen  Epithelnester  und  Wucherung  derselben  können  Drüsen  vorge- 
täuscht werden;  auch  kann  dies  zu  Cystenbildungen  führen.  Ob  Papillen  an  der 
Blasenschleimhaut,  insbesondere  am  Trigonum,  vorkommen,  ist  mir  zweifelhaft  ge- 
blieben; Durchschnitte  der  Gitterleisten  können  als  Papillen  erscheinen.  Vgl.  hierüber 
die  Angaben  von  Hey^)  und  Aschoff^). 

Riohtnngr  der  Blase. 

Unter  „Richtung  der  Blase ^^  versteht  man  die  Richtung  ihrer 
jeweiligen  in  der  Medianebene  gelegenen  längsten  Axe.  Dieselbe  ist  nach 
Lebensalter  und  Füllung  sehr  verschieden.  Bei  Kindern,  bis  nahe  zur  Pubertäts- 
zeit hin,  steht  diese  Axe  sowohl  bei  leerer^  wie  bei  gefüllter  Blase  fast 
Vertikal  und  etwas  mit  dem  oberen  Ende  nach  vorn  geneigt.  Bei  der  leeren 
ßlase  Erwachsener  hat,  wenn  wir  von  der  Schüsselform  absehen,  die  Axe  un- 
gefähr die  Richtung  der  Symphysenlängsaxe. 

Massige  Füllung  lässt  die  lange  Axe  bald,  fast  horizontal  (in  der  Median- 
ebene) gelegen  erscheinen,  wie  dies  z.  B.  in  dem  Braun  ersehen  Durchschnitte 
(Pig.  1  seines  Atlas)  oder  auch  in  Figg.  66  imd  81  hier  der  Fall  ist,  bald 
schräg,  so  dass  das  obere  Ende  mehr  nach  vorn  geneigt  ist  (s.  Figg.  61  und 
62  hier),  oder  so,  dass  das  obere  Ende  nach  hinten  geneigt  ist  —  also  un- 
gefähr parallel  der  Conjugata  vera  fConjugaten-Neigung)  —  Abbildungen  in 
Renle's  Splanchnologie  2.  Aufl.  Fig.  293  und  bei  Disse  1.  c.  inf.,  Fig.  1  u.  2. 

Starke  Füllung  ergibt  entweder  senkrechte  Axenstellung,  Disse,  Fig.  8, 
^der  Neigung  des  oberen  Endes  nach  vorn  (Fig.  68),  oder  die  Conjugaten- 
Neiginig.  letztere  scheint  unter  diesen  Umständen  die  häufigere  zu  sein. 


1)  V.  Brnnn,  A,,  Heber  drüsenähnliche  Bildungen  in  der  Schleimhaut  des  Nieren- 
beckens, des  Ureters  und  der  Harnblase  beim  Menschen.  Archiv  für  mikroskopische 
^uatomio.   Bd.  41.   1893.   S.294. 

2)  Hey,  Die  Drüsen  der  Harnblase,  f^in  Beitrag  zur  Histologie  der  Harnblase 
^^'S Menschen.    Beiträge  zur  klinischen  Chirurgie,  herausg.  von  P.  Br uns.  Bd.  13.  S.  427. 

3)  Asch  off,  L.,  Ein  Beitrag  zur  normalen  und  pathologischen  Anatomie  der 
Schleimhaut  der  Harnwege  und  ihrer  drüsigen  Anhänge.  Virchow's  Arch.  f.  pathol. 
-Anatomie.   Bd,  138.  S.  119  u.  195.   1894. 


208  Fascia  vesicae.     Perivesicale  Räume.    Bauch fellüberzug  der  Blase. 

Auch  eine  Seitwärts-Nei^iing  der  Blase  kommt  vor;  so  gibt  Fritsch^) 
an,  dass  das  obere  Ende  bei  stark  gefüllter  Blase  sich  nach  rechts  neige. 

Fascia  vesicae.    Perivesicale  Bindeg^ewebBräame. 

Die  Fascia  vcsicae,  so  wie  die  mit  lockeren  fetthaltigem  Binde- 
gewebe erfüllten  Räume,  welche  die  Blase  zunächst  umgeben,  sind  Seite  226  ff. 
abgehandelt  worden.  P]s  soll  hier  nur,  um  Alles,  w^as  zu  einem  Organe  gehört; 
im  Zusammenhange  darzustellen,  nochmals  ein  kurzes  Bild  unter  Hinweis  auf 
die  Figuren  gegeben  werden. 

Wir  unterschieden  vor  der  Blase,  getrennt  durch  die  Fascia  pelvis  (Fort- 
setzung der  Fascia  transversalis),  die  Spatia  praefasciale  und  prae- 
vesicale.  Das  Spatium  praevesicale  setzt  sich  zu  beiden  Seiten  der  Blase  in 
das  Spatium  perivesicale  fort,  welches  nach  hinten  bis  zur  Fascia  recto- 
vesicalis  reicht  (Figg.  59a,  59b,  111  und  113).  Die  zusammengehörigen 
Spatia  praevesicale  und  perivesicale  sind  mit  einem  sehr  weichen,  lockeren 
Fettkörper  gefüllt  und  durch  die  Fascia  vesicae  von  der  Blase  geschieden. 

Die  Fascia  vesicae  ist  ein  Theil  der  visceralen  Beckenfascie;  vorn 
gellt  sie  zwischen  den  beiden  Ligamenta  vcsicalia  lateralia  bis  zum  Nabel 
hinauf;  seitlich  und  hinten  trifft  sie,  s.  Fig.  113,  mit  der  Fascia  rectovesicalis 
zusammen.  An  den  oberen  Theilen  des  Blasenkörpers  verliert  sie  sich,  dünner 
und  dünner  werdend,  sodass  diese  als  membranöse  Bekleidung  nur  das  Bauch- 
fell haben.  Unten,  am  Beckenboden,  verbindet  sie  sich  mit  dem  parietalen 
Theile  der  Beckenfascie. 

Zwischen  der  Fascia  vesicae  und  der  Muskelwand  der  Blase,  ferner  da, 
wo  die  Fascie  fehlt,  zwischen  Bauchfell  und  IMuskelwand,  findet  sich  ein  bei 
älteren  und  fettreicheren  Personen  ziemlich  beträchtliches  Fettlager,  welches 
dem  subperitonäalen  Fettgewebe  angehört  und  fester  ist,  als  das  Fett  des 
perivesicalen  und  prävesicalen  Raumes.     Figg.  59  a  u.  b. 

Beziehungen  der  Blase  zum  Bauchfelle. 

Das  Verhalten  zum  Bauchfelle  ist  einer  der  wichtigsten  Punkte  in  der 
Anatomie  der  Harnblase.  Das  Bauchfell  überzieht  die  leere  Blase  Er- 
w^achscncr  nur  an  ihrer  Mintcrfläche  bis  zu  den  Seitenrändern  hin.  Es  lässt 
selbstverständlich  den  Fundus  vesicaC;  so  weit  diesem  die  Samenblasen, 
Ductus  defercntes  und  üreteren  anliegen,  unbekleidet;  nur  zwischen  den  beiden 
Ampullen  der  Ductus  deferentes  steigt  es  liinab,  so  dass  sich  hier  der  tiefste 
Theil  der  Excavatio  rectovesicalis  findet.  Im  allgemeinen  reicht  das  Bauchfell 
an  den  Samenblasen  bis  zu  deren  Mitte  abwärts,  während  es  zwischen  beiden 
Am]mllen  der  Ductus  deferentes  noch  0,5— 1,0  cm  tiefer  geht.  Es  kann  hier 
bis  zum  oberen  Rande  der  Prostata  sich  hinabsenken;    dann  fehlt  eine  bauch' 

1)  Fritsch,  Krankheiten  der  weiblichen  Blase.  In:  Handbuch  der  Gynäkologie» 
herauis<?.  von  J.  Veit.    Bd.  II.   Wiesbaden,  1897. 


Bauchfollüberzug  der  Blase.  299 

fellfreie  Pars  in  t  e  rampu  11  ar  is  vesicae  8.  S  277.  Bezüglich  der  Ent- 
fernung des  tiefsten  Punktes  der  Exeavatio  rectovesicalis  vom  Beekenboden, 
bezw.  vom  Anus  s.  die  Tabelle  S.  279.  Je  jünger  di»s  betreffende  Individuum 
ist,  desto  tiefer  steht  dieser  Punkt;  bei  Neugeborenen  reicht  er  meist  bis  zum 
Beckenboden,  jedenfalls  bis  über  die  Mitte  der  Prostata  ^). 

Vorn  oben,  an  der  Spitze  der  Blase,  geht  das  Bauchfell  von  der  hin- 
teren Symphysenwand,  ohne  sich  zwischen  dieser  und  der  Blase  blindsackig 
einzusenken,  unmittelbar  auf  die  letztere  über  (Fig.  83,  Fig.  66,  blaue  Linie). 
Nur  w^ird  durch  den  ürachus  und  durch  die  beiden  ümbilicalarterien,  nament- 
'ieh  dicht  oberhalb  der  Blase,  das  Bauchfell  in  drei  kleinen  Falten  abgehoben^ 
die  P 1  i  c  a  e  u  m  b  i  1  i  c  a  1  e  s  media  und  laterales,  zwischen  denen  sich, 
^'s  seichte  Vertiefung^  jederseits  die  Fovea  su  pr  a  vesi  calis  befindet 
(Fig.  63). 

Zu  beiden  Seite  n  geht  das  Bauchfell  bei  jungen  Kindern 
his  zur  Arteria  umbilicalis  an  der  Blase  hinab,  um  sich  dann  zur  Beckenwand 
^uizuschlagen.  Die  Blasen  Erwachsener  zeigen  dieses  Verhältniss 
^icht  mehr,  wenigstens  nicht  im  leeren  Zustande.  Die  Umschlagsstelle  liegt 
hier  viel  tiefer  als  die  Arterie,  die,  eine  beträchtliche  Strecke  von  der  Blase 
entfernt,  der  scitliclicn  Ik^ekenwand  aufruht  (vgl.  Figg.  62  und  63,  sowie 
das  S.  248  Gesagte).  Der  Umschlag  geschieht  im  Grunde  einer  rinnenförmigen 
Vertiefung,  Exeavatio  parietovesicalis  m.,  die  an  den  beiden  angezogenen 
Figuren,  so  wie  an  Figg.  85  nnd  111  (oberhalb  beider  Ureteren)  deutlich 
hervortritt. 

Diese  seitlichen  Vertiefungen  gehen  (beim  Manne)  in  die  Exeavatio  recto- 
vesicalis über;  jedoch  sieht  man,  namentlich  beim  llinüberlegen  der  Blase  auf 
^le  eine  Seite,  so  dass  das  Bauchfell  der  anderen  Seite  sich  anspannt,  und 
^le  Plica  rectovesicalis  deutlich  hervortritt,  dass  die  letztere  die  beiden  Ex- 
eavationes,  parietovesicalis  und  rectovesicalis,  von  einander  trennt.  Im  Grunde 
*ler  Plica  rectovesicalis  trifft  man,  um  dies  gleich  hervorzuheben,  den  Ureter, 
d^s  proximale  Stück  des  Ductus  deferens  und  die  Arteria  vesicalis  inferior 
^it  begleitenden  Nerven.  Auch  die  Arteria  vesicalis  superior  kann,  wenn  sie 
^lef  entspringt,  mit  ihrem  Anfangsstücke  in  der  Falte  liegen.  Fig.  61  zeigt 
beträchtliche  auf  beiden  Seiten  obw^altende  Verschiedenheiten. 

Wichtige  Veränderungen  treten  mit  der  F  ü  1 1  u  n  g  der  Blase 
^^f.  Hierbei  hebt  sich  vor  Allem  die  obere  und  hintere  Wand  von  der  mehr 
Gefestigten  unteren  und  vorderen  Wand  ab.  Dabei  bildet  sich  naturgemäss 
^Uch  zwischen  vorderer  B  a  u  c  h  w  a  n  d  und  Blase  ein  anfangs  seichter, 
^it  der  stärkeren  Füllung  mehr  und  mehr  sich  vertiefender  Blindsack,  Exca- 
^^tio  pubo  vesicalis,  welcher  von  dem  Ligamentum  umbilicale  medium, 
hezw.  der  Plica  umbilicalis  media  der  Länge  nach  durchsetzt  wird.  Stark 
hervor   tritt  jedoch    dies   Band    auch  bei  reichlicher  Blasenfüllung  nicht,    weil 


1)    Zuckerkandl,  0.,    Beiträge    zur  Lehre  von   den  Brüchen  im  Bereiche  des 
^öuglas'schen  Raumes.     Deutsche  Zeitschrift  für  Chirurgie.  Bd.  31,  S.  590.    1891. 


300  Bauchfellüberzug  der  Blase. 

die  Blase  einmal  dicht  an  der  vorderen  Bauchwand  liegen  bleibt,  und  zum 
anderen  der  Urachus  meist  nicht  von  der  Blasenspitze,  sondern  unterhalb  der- 
selben von  der  vorderen  Blasenwand  abgeht.  Tritt  derselbe  gerade  von  der 
Spitze  ab,  so  kann  auch  die  Plica  umbilicalis  media  stark  vorspringen.  Imro^^' 
wird  durch  das  bei  der  Füllung  sich  vollziehende  Abheben  der  oberen  von  der 
vorderen  und  unteren  Wand  des  Organes  auch  das  Bauchfell  von  der  vorderen 
Bauch  wand  abgehoben;  eine  „Mützenbedeckung"  der  oberen  und  vorderen 
Blasenwand  durch  das  Peritonäum  („coiffer"  der  französischen  Autoren)  findet 
erst  bei  sehr  starker  Ausdehnung  der  Blase  statt.  Erst  dann  tritt  auch  ein 
nennenswerther  vorderer  peritonäaler  Blindsack,   Excavatio   pubovesicalis,  aui. 

Seitlich  werden  die  beiden  P^xcavationes  parietovesicales  ebenfalls  aiis- 
geglichen,  sodass  bei  starker  Füllung  die  Umschlagstelle  wieder  mit  der 
Arteria  umbilicalis  zusammenfällt. 

Die  Frage,  ob  sich  auch  der  Fundus  der  Excavatio  rectovesicalis  bei 
der  Blasenfüllung  hebe,  wurde  bereits  beim  Kapitel  „Rectum*'  erledigt  und 
zwar  (S.  270)  dahin,  dass  in  der  That  eine  solche  Hebung  in  massigem  Grade 
stattfindet,  jedoch  nur  bei  starker  Füllung  (vgl.  Fig.  68). 

Die  Figuren  68,  81,  86,  94  und  95  lassen  verschiedene  Abstufungen  und  Ver- 
hältnisse des  vorderen  peritonilalen  Blasen-Blindsackes  erkennen.  Fig.  86  zeigt  den- 
selben bei  einem  jungen  Mädchen,  dessen  Blase  noch  kindliche  Form  hat,  S^^^ 
seicht;  in  Fig.  81  tritt  er,  bei  massiger  Blasenfüllung*,  etwas  stärker  hervor  und  ist 
von  Darmschlingen  eingenommen.  Dass  er  auch  bei  leerer  Blase  nicht  ganz  zU 
fehlen  braucht,    lehren  Figg.  86  und  95. 

Von  besonderer  praktischer  Wichtigkeit  ist  der  in  Fig.  94  abgebildete 
Fall;  hier  findet  sich  ein  scharf  ausgesprochener  vorderer  Blindsack  bei 
geringer  Blasenfüllung,  der  mit  seinem  Fundus  zur  Symphyse  reicht.  In  etwa 
l_2o/^j  der  beobachteten  Fälle  konmit  ein  derartiges  Verhalten,  was  mau 
als  Verwachsung  des  Peritonäum  mit  der  Symphyse  bezeichnet 
hat,  vor.  Es  bleibt  dann  auch  bei  der  Hebung  der  Blase,  wie  sie  durch  die 
Füllung  erzielt  wird,  oberhalb  der  Symphyse  zwischen  Blase  und  Bauchwand 
Bauchfell  liegen,  und  der  Operateur  läuft  bei  hohem  Blasenschnitte  Gefahr  in 
die  Bauchhöhle  zu  gelangen.  Für  diese  Operation  sind  auch  gerade  die  Ver- 
hältnisse des  Bauchfelles  zur  Blase  so  wichtig;  es  sei  hierzu  noch  auf  S.  306 
verwiesen,  wo  von  der  f>hebung  der  Blase  über  die  Symphyse  durch  Füllung 
der  Blase  unter  Mitwirkung  der  Füllung  des  liectum  die  Rede  ist. 

Bemerkenswerth  ist,  dass  man  von  vorn  her  nach  den  Seiten  und  nach 
oben  hin  das  liiuclifell  leicht  von  der  Blase  zurückschieben  und  sich  so  eiu 
freieres  Operationsfeld  schaffen  kann.  Bei  kranken  Blasen  und  Blasen  älterei 
Personen  mit  starker  Fctthülle  ist  indessen  hierbei  grosse  Vorsicht,  des  leichten 
Einreisscns  wegen,  geboten.  Elbcnso  sei  man  vorsichtig  im  Ikreiche  des 
Urachus  und  der  Ligamenta  umbilicalia  lateralia. 

Bei  Leuten  mit  starkem  Fettbelage  der  Blasen,  bei  solchen  mit  ver- 
grösserter  Prostata,  namentlich,  wenn  sie  daran  gewöhnt  sind  stärkere  Füllungen 
der  Blase  zu  ertragen,  steht  der  vordere  Bauchfellumschlag  meist  höber 
als  sonst. 


Befestigungen  der  Blase.  301 

Ausser  den  genannten  serösen  Falten  gibt  es  noch  eine  zuerst  von 
Henle  (Splanchnologie)  abgebildete  und  kurz  erwähnte,  quer  über  die  hintere 
Wand  bei  leerer  Blase  verlaufende  Bauchfellfalte,  die  sehr  charakteristisch  ist 
Und  unter  Umständen  sehr  wohl  zur  Orientirimg  dienen  kann,  die  Plica 
vesicalis  transversa  m.  Sie  scheidet  seitlich  an  der  Blase  die  Fossac 
para vesicalis  anterior  und  posterior  —  s.  S.  238.  Man  vgl.  die 
Abbildungen  in  Fig.  62,  81a  und  83.  Sie  ist  eine  Reservefalte,  da 
sie  bei  starker  Füllung  der  Blase  vollständig  verstreicht.  Auch  der  quere 
bei  Kindern  meist  sehr  deutliche  Theil  der  Douglas'schen  Falte  pflegt  bei  ge- 
füllter Blase  zu  verstreichen,  wälirend  er  bei  Füllung  des  Rectum  sich  mehr 
anspannt.  Vgl.  den  Abschnitt:  „Douglas'schcr  Raum"  bei  der  Besprechung  der 
weiblichen  Beckenorgane. 

Befestigungen  der  Blase. 

Die  Blase  des  Mannes  wird  in  ihrer  Lage  festgehalten  einmal  durch  das 
Bauchfell  und  die  Fascia  vesicac,  welche  bereits  Gegenstand  der  Be- 
sprechung waren.  Beiderlei  Bildungen  tragen  übrigens,  namentlich  bei  leerer 
Blase,  nur  wenig  zur  Befestigung  bei;  wirksamer  sind  sie  allerdings  bei  ge- 
füllter Blase.  Die  Fascia  vcsieae  wird  wichtig  durch  ihren  wiederholt  hervor- 
gehobenen Zusammenbang  mit  der  parietalen  Beckenfascie,  welche  letztere  mit 
den  festen  Aponeurosen  und  Fascien  der  Dammregion  in  Verbindung  steht. 

Wichtigere  Befestigungsmittel  sind:  die  Prostata,  die  Ligamenta 
ümbilicalia  und  puboprostatica,  ferner  die  Musculi  pubovesi- 
<iales  und  rectovesicalcs.     Hierzu  kommen  noch  die  Ge fasse. 

Indem  die  Blase  mit  der  Prostata,  im  wesentlichen  durch  den  Zusammen- 
hang der  muskulösen  Elemente,  fest  verwachsen  ist,  die  Prostata  aber  wieder 
^it  der  Pars  membranacea  der  Harnröhre  und  dem  Trigonum  urogenitale 
S'-usammenhängt  und  durch  dieses  fixirt  ist,  wird  die  Prostata  zu  dem  wich- 
tigsten Befestigungsmittel  der  männlichen  Blase.  Dazu  konmien  vorn  die 
Ligamenta  puboprostatica,  welche  vom  Perioste  der  Symphyse  und  von  den 
Arcus  tendinei  fasciae  pelvis  und  den  Arcus  musculi  levatoris  ani  ausgehen; 
sie  inseriren  hauptsächlich  an  der  Prostata,  aber  auch  an  der  Blase.  Zwischen 
beiden  Ligamenten  ist  eine  von  oben  zugängige  Vertiefung,  in  deren  Grunde 
der  Plexus  pudendalis  (S.  216)  liegt  (Fig.  64).  Verstärkt  werden  diese  Liga- 
'^ente  durch  glatte  Muskelbündel,  welche  in  ihnen  verlaufen;  auch  isolirt  ver- 
laufende Muskclchen  lösen  sich  von  der  Blasenwand  ab  und  ziehen  zwischen 
^en  Venen  des  genannten  Plexus  hindurch  zur  Symphyse;  alle  diese  Bündel 
Verden  als  Musculi  p  u  b  o  v  e  s  i  c  a  1  e  s  bezeichnet. 

Als  Musculi  rectovesicalcs  sind  Fasern  zu  bezeichnen,  welche 
*ö  der  Basis  der  serösen  Ligamenta  rectovesicalia  verlaufen,  und  mit  der 
Prostatakapsel  und  der  Fascia  recti  zusammenhängen,  S.  268.  Selten  erstrecken 
sie  sich  beim  Manne  bis  zum  Sacrum. 

Der  Musculus  levator  ani  soll  nach  Disse  1.  c.  [S.  305]  ebenfalls  zur  Be- 
festigung der  Blase  (Prostata)  beitragen^  indem  seine  an  der  Prostata  vorbeistreichen- 
^en  Ränder  durch  straffes  Bindegewebe  an  die  Kapsel  des  Organes  angeheftet  seien, 


302  Gefässe  der  Blase. 

Die  vom  Scheitel  der  Blase  abgehenden  Ligamenta  umbilicalis 
medium  (der  obliterirte  Urachus  s.  w.  u.)  und  1  a  t  e  r  a  I  i  a  (die  obliterirten 
Nabelarterien,  s.  S.  248)  sind  insbesondere  bei  Kindern  wichtige  Befestigungs- 
mittel des  Organes;  sie  halten  die  gefüllte  Blase  an  der  vorderen  Bauchwand, 
mit  der  sie  sonst  nur  locker  verbunden  ist,  fest. 

Da  die  von  der  Seitenwand  unten  und  hinten  zur  Blase  gehenden 
Arterien  nur  klein  sind,  so  kommen  sie  nicht  sonderlich  in  Betracht.  Das- 
selbe gilt  von  den  Venen,  die  hauptsächlich  mit  dem  Plexus  vesicoprostaticus 
zusammenhängen,  und  durch  diesen  mit  den  Venen  der  Symphyse,  des  Penis, 
des  Dammes  und  des  Rectum. 

Alles  in  allem  wirkt  jedes  einzelne  der  genannten  Befestigungsmittel, 
mit  Ausnahme  der  Prostata,  für  sieh  nur  wenig;  alle  zusammengenommen 
fixiren  die  Blase  jedoch  in  namhafter  Weise,  insbesondere  unten  und  vorn. 
Praktisch  wichtig  ist,  dass  die  Blase  nach  unten  hin  am  wenigsten  verschieb- 
lich ist,  wegen  der  Befestigung  am  Beckenboden.  Nach  oben  und,  oberhalb 
der  Symphyse,  auch  nach  vorn  kann  sie  sowohl  im  ganzen  erheblich  ver- 
schoben werden,  als  auch  in  einzelnen  Theilen,  besonders  in  der  oberen  Wand, 
welche  bei  der  Füllung  der  Blase  freien  Spielraum  hat,  während  die  untere 
fixirt  bleibt. 


QefUsse  der  Blase. 
a.  Arterien. 

Die  Arterien  der  Blase  werden  eingetheilt  in  obere  und  untere. 
Die  Arteriae  vesicales  superiores  entspringen  in  je  einem  oder  mehreren 
Stämmchen  aus  dem  offen  bleibenden  Theilc  der  A.  umbilicalis;  sie  ver- 
sorgen die  Scheitelpartie  der  Blase  bis  etwa  zur  Mitte  des  K(">i-pers  hin ;  feine 
Zweige  begleiten  den  ürachus  und  gehen  Anastomosen  mit  der  A.  epig^' 
strica  inferior  ein.  Die  Aa.  vesicales  inferiores  sind  die  stärkeren 
und  sind  meist  selbständige  Zweige  der  A.  hypogastrica;  sie  treten  häufig  y^^ 
mehreren  jederseits  an  die  unteren  Seitcntheile  der  Blase  lieran  und  versorgen 
Blascnkörper,  Blasengrund  und  das  Trigonum  vcsicae. 

Als  hintore  BLasen  art  orien  werden  noch  kleine  Z\vei*i'e  der  Am.  liaemorrlioi- 
dalew  mediae  (uterinae,  Weib)  bezeichnet,  welche  zur  liinteren  unteren  Blasen  wand 
treten,  als  vordere  benennt  man  Aestehen,  welche  nicht  selten  (Mann)  von  der  A' 
pudenda  interna  und  (bei  beiden  Geschlechtern)  von  der  A.  obturatoria  kommen.  Wenn 
der  ^anze  Stamm  der  A.  pudenda  interna  oder  eine  sogenannte  Arteria  pudenda 
accessoria  oberhalb  des  Diaphragma  pelvis  bis  zur  Symphyse  verläuft,  Figg.  59  u.  *Ji' 
pfleg-en  stärkere  Blasenzweige  von  ihnen  abzugehen. 

Eine  besondere  chirurgische  Bedeutung  kommt  den  Blasenarterien  nicb<^ 
zu;  da  ihre  stärkeren  Stämme  von  den  Seiten  her  zur  Blase  treten,  werden 
sie  bei  den  üblichen  Blasenoperationen  nicht  gefährdet.  Als  der  gefässreichste 
Abschnitt  der  Blase  wird  der  Blasenhals  mit  dem  Trigonum  bezeichnet,  wäh- 
rend die  Gegend  des  Vertex  gefässarm  ist.  Die  Blasenarterien  anastomosiren 
unter  einander. 


Venen  nnd  Lymphgefässe  der  Blase.  303 

b.  Venen. 

Die  Blasenvenen  sind  neuerdings  von  H.  Fenwiek^),  dessen  Beschrei- 
bung ich  folge,  geschildert  worden.  Sie  bilden  drei  reich  entwickelte  Plexus: 
Plexus  submucosus,  niuscularis  und  s ubper i tonaealis^),  welche 
unter  einander  anastoniosiren.  Die  venösen  Kapillaren,  aus  denen  der  sub- 
ttiuköse  Plexus  sich  entwickelt,  lassen  sich  bei  der  Endoskopie  der  Blase 
leicht  erkennen.  Der  Plexus  subperitonaealis  vesicae  (Figg.  52  u.  64)  nimmt 
schliesslich  alle  Blasenvenen  auf  und  überliefert  sie  dem  Plexus  pudendalis  und 
den  Plexus  vesicoprostatici. 

Ah  der  vorderen  BlasenAvand  findet  sich  ein  vom  Scheitel  bis  zur  Grenze  zwi- 
schen mittlerem  und  unteren  Drittel  herabziehender  medianer  Venenzug,  der  sich 
Unten  gabelt,  um  seitlich  an  der  Blase  herum  nach  hinten  und  unten  zum  Plexus 
vesieoprostaticus  zu  ziehen.  In  dem  Felde  zwischen  den  beiden  Schenkeln  des  um- 
gekehrten \  finden  sich  nur  wenige  kleine  Venen.  Dieser  Venenzug  ist  für  die 
Sectio  alta  wichtig.  —  Hinten  bilden  nach  Fenwick  die  Venen  häufig  ein  H. 

Nur  das  Rete  submucosum  und  die  kleinen  Venen  zwischen  den  beiden  Schenkeln 
des  ^  sind  klappenlos;  alle  übrigen  besitzen  einen  starken  Klappenapparat,  insbe- 
sondere beim  Eintritte  in  den  Plexus  vesicoprostaticus. 

Die  Venen  des  Blasengrundes  und  des  Trigonum  ergiessen  sich  in 
den  hinteren  Theil  (Endtheil)  des  Plexus  vesicoprostaticus;  sie  nehmen  noch 
auf  die  Venen  der  Prostata  z.  Th.,  die  Venen  der  Samenblasen^  der  Ampullen 
der  Ductus  deferentes  und  des  unteren  Theiles  der  üreteren;  alle  diese  sind 
mit  einem  gut  funktionirenden  Klappenapparate  versehen. 

Bei  älteren  Leuten,  insbesondere  Männern,  sind  mitunter  die  submukösen  Venen 
des  Blasenhalses  varikös  erweitert. 

c.  Lymphgefässe. 
Man  hat  an  der  Harnblase  zu  unterscheiden  die  feineren  Lymph- 
gefässe der  Muskelhaut  und  die  grösseren  von  der  Blase  wegführenden 
Lymphstämme,  welche  subperitonäal  verlaufen;  in  ihren  Lauf  sind  einige 
kleine  Lymphdrüsen,  Lyraphoglandulae  vesicales,  eingeschaltet. 
Lymphgefässe  der  Bl  a  s  e  n  s  c  h  1  e  i  m  h  a  u  t  sind  noch  nicht  nachgewiesen ^). 

Albarran*)  beschreibt  zwar  ein  dichtes  Netz  von  Lymphkapillaren  und  grösse- 
i'en  Stämmen  in  der  gesamten  B  1  a  s  e  n  s  c  h  l  e  i  m  h  a  u  t  auf  Grund  von  Silber- 
präparaten;  ich  kann  jedoch  (mit  Gerota)  die  Vermuthung  nicht  abweisen,  dass,  den 


1)  Fenwick,  H.,  The  venous  System  of  the  bladder  and  its  surroundings.  The 
Journ.  of  anat-  and  physiol.  cond.  by  G.  Humphry,  Turner  and  Mc'Kendrick. 
1885.  Vol.  XrX,  pag.  320. 

2)  Gillette,  P.,  Recherches  anatomiques  sur  les  Veines  de  la  Vessie  et  sur  les 
l^lexus  veineux  intrapeiviens.  Journ.  de  l'Anat.  et  de  la  Phvsiologie  (par  K  o  b  i  n). 
1869,  p.  470. 

3)  Gerota,  D.,  lieber  die  Lymphgefässe  und  die  Lymphdrüsen  der  Nabelgegend 
Und  der  Harnblase.  Anatom.  Anzeiger,  Bd.  XII,  Nr.  4.  1896.  Ferner:  Archiv  für  Ana- 
tomie und  Physiologie,  Physiologische  Abtheilung,  1897.  S.  428.  Hier  ist  eine  irrthüm- 
hche  Angabe  der  Mittheilung  im  Anat.  Anzeiger,  betreffend  das  Vorkommen  von 
Lymphgefässen  in  der  Blasenschleimhaut,  richtig  gestellt. 

4)  AI  bar  ran,  J.,  Les  tumeurs  de  la  Vessie,    Paris,  1892. 


304  Nerven  der  Blase. 

Abbildungen  Albarran's  und  den  Blutgefässinjektionen  der  Blase  nach  zu  urtheile», 
Albarran  Silberbilder  von  Blutgefässen  erhalten  habe. 

Die  Lymphgefässe  der  Blasenmuskulatur  sind  bei  einiger  Uebung  nicht 
schwer  darzustellen.  Ihre  wegführenden  Stämmchen  ziehen  zu  dem  die  Arterfae  uin- 
bilicales,  bezw.  die  Ligamenta  vesicoumbilicalia  lateralia  umgebenden  Fettgewebe, 
in  welchem  stets  einige  Lymphdrüsen,  Lymphoglandulae  vesicales  laterales  m. 
lagern;  diese  Drüsen  sind  z.  Th.  bereits  von  Mascagni  1.  c.  (S.  155)  beschrieben 
worden.  Ausserdem  wies  Gerota  in  dem  prävesicalen  Fettgewebe  noch  andere 
Lymphdrüsen,  Lymphoglandulae  vesicales  anteriores  m.  nach.  An  der  hinteren 
Blasenwand  fehlen  die  Lymphdrüsen. 

Man  kann  obere  und  untere  Blasenlyraphgefässe  unterscheiden; 
die  oberen  ziehen  nach  abwärts^  die  unteren  nach  aufwärts  zu  den  genannten 
Lymphdrüsengruppen  der  Harnblasenwand.  Von  den  letzteren  gehen  Stämme 
zu  den  Lymphoglandulae  hypogastricae,  und  zwar  zu  einer  an  der  Haupt- 
theilung  der  A.  hypogastrica  befindlichen  Drüse;  andere  verlaufen  zu  Drüsen, 
welche  längs  der  A.  iliaca  externa,  unterhalb  derselben,  gelegen  sind  (zu  den 
Lymphoglandulae  iliacae  BNA  gehörig). 

Nerven  der  Harnblase. 

Die  Nerven  treten  zur  Harnblase  aus  zwei  Quellen,  einer  oberen, 
sympathischen  und  einer  unteren  spinalen. 

Bei  Thieren  (Hund,  Katze,  Kaninchen),  wo  die  anatomischen  Verhältnisse  ein- 
facher und  klarer  vor  Äugten  liegen,  ist  die  obere,  sympathische  Quelle  gegeben 
in  dem  sogenannten  Nervus  hypogastricus.  Derselbe  stammt  aus  dem  sympathi- 
schen Ganglion  mesentericum  inferius  und  zieht  als  grauer  Nerv  (nur  vereinzelte 
markhaltige  Fasern  wurden  in  ihm  gefunden)  vor  den  Körpern  der  Lendenwirbel  znr 
Seite  des  Rectum  hinab.  Im  Becken  trifft  er  —  ich  folge  der  von  Griffiths  (l  ^* 
Bd.  XXIX)  beim  Hunde  gegebenen  Beschreibung—  mit  den  markhaltigen  spinalen 
Blasennerven  jederseits  in  einem  ansehnlichen  Ganglion  zusammen.  Von  diesem 
treten  mehrere  Fäden  ab,  welche  einen  Plexus  mit  zahlreichen  eingestreuten 
kleineren  Ganglien  bilden  und  aus  diesem  Plexus  gehen  dann  die  direkt  zur  Blase 
ziehenden  Zweige,  obere,  mittlere  und  untere  ab;  letztere  entsenden  bei  männlichen 
Thieren  noch  Zweige  zum  Anfangstheile  der  Harnröhre,  bei  weiblichen  ausserdem 
noch  zur  Gebärmutter  und  zur  Scheide.  Zum  Ganglion  mesentericum  inferius,  a^^^ 
zum  Muttergebilde  der  sympathischen  Blasennerven,  treten  Fäden  aus  dem  Plexus 
aorticus  abdominalis  und  2—3  Zweige  aus  dem  lumbalen  Grenzstrange.  —  ^^^ 
spinalen  Nerven  stammen  (Hund)  vom  ersten  und  zweiten,  bisweilen  auch  vom 
dritten  Sacralnerven;  sie  enthalten  auch  den  Nervus  erigens  Eckhard^. 
Gas  kell  bezeichnet  sie  als  „Nervus  splanchnicus  pelvinus". 

Aus  diesem  Verhalten  lassen  sich  die  seit  den  Untersuchungen  von 
Johannes  Müller  und  Tiedemann  beim  Menschen  bekannten  anatomischen 
Thatsachen,  die  eingehend  in  Valentins  Nervenlehrc  beschrieben  sind,  erst 
verstehen.  Beim  Menschen  liegt  zur  Seite  der  Blase,  namentlich  an  deren  Grunde, 
ein  starker  gangliöser  Plexus,  Plexus  vesicalis,  welcher  proximal  Verbin- 
dungen hat  mit  dem  Plexus  hypogastricus,  d.  i.  dem  primären  Beckenplexus, 
dessen    einen    sekundären  Zweig    er    darstellt  i).      Beide    Plexus    hypogastriei 


1)  So  viel  ich  sehe,  sind  die  Ausdrücke:  „primär"  und  „sekundär"  beiden  sym* 
pathischen  Plexus  zuerst  von  L.  Hirschfeld   gebraucht  worden  (N<^vrologie,  1-  ^' 


Nerven  der  Blase.  305 

schliessen  jederseits  proximal  sich  dem  uiipaaren  Plexus  i n t c r i li a c u s  an^ 
in  welchen  Fäden  vom  Ganglion  mcsentericum  infcrius  eintreten.  Dieses 
wieder  hängt  mit  dem  Plexus  aorticus  abdominalis  zusammen;  in 
letzteren  aber  sowohl,  wie  in  den  Plexus  interiliacus  gehen  Fäden  vom  lumbalen 
Grenzstrange  ein.  Wenn  sonacli  beim  Menschen  auch  kein  isolirter  Nerv  be- 
^'^telit,  ähnlich  dem  Nervus  hypogastricus  der  Thiere,  so  haben  wir  in  den  vor- 
stehend erwähnten  untereinander  verketteten  Plexus  unzweifelhaft  die  dem 
Nervus  hypogastricus  entsprechende  sympathische  Blasen  bahn 
^Is  eingelagert  anzunehmen. 

Klarer  liegt  die  spinale  Bahn  beim  Menschen  vor,  indem  hier  vom 
•^-  und  4,  Sakraincrven,  häufig  auch  vom  2.,  markhaltige  Fäden  in  den 
ßlasenplexus  eintreten.  Nach  Hirsch! cid  zeichnet  sich  in  diesem  Plexus 
häufig  ein  jederseitig  im  Niveau  des  üretereintrittes  Hegendes  Ganglion  aus. 
Der  Plexus  vesicalis  hat  Verbindungen  beim  Manne  mit  den  Plexus  haemor- 
i'boidalis,  deferentialis,  prostaticus  und  seminalis,  beim  Weibe  mit  dem  Plexus 
^terovaginalis. 

Aus  dem  Plexus  vesicalis  gehen  nun  beim  Menschen  die  direkten 
^lasennerven  hervor;  sie  sind  vorwiegend  marklos;  ich  finde  jedoch,  wie 
^uch  von  anderer  Seite  ^)  angegeben  wird,  auch  markhaltige  Fasern  in  die 
Blasenwand  bei  Thieren  eintreten.  Griffiths  läugnet,  dass  beim  Hunde  die 
^ws  dem  Plexus  vesicalis  zur  Blase  tretenden  Nerven  noch  markhaltige  Fasern 
führten-,  Schaefer  spricht  sich  über  diesen  wichtigen  Punkt  —  s.  w.  unten 
«physiologische  Bemerkungen"  —  etwas  weniger  bestimmt  aus  2).  In  der 
Blasenwand  finden  sich  auch  beim  Menschen  reichlich  Ganglienzellen 
(R  u  d.  Maie  r,  1.  c.  inf .). 

Die  Handbücher  z.  Th.  und  die  ENA.  unterscheiden  beim  Menschen  die  aus  dem 
"lexus  vesicalis  abtretenden  Nerven   als    obere  und   untere  Blasennerven,  Nn.  vesi- 
^''^les  superiores  und  inferiores,    und   rechnen   sie  als  Abkömmlinge  der  sympa- 
thischen Beckenplexus   dem  S^^mpathicus  zu.    Daneben   werden   aber   auch    die   aus 
^6m   Plexus   pudendus   (2,    3  und  4  Sakralnerven)   hervorkommenden   spinalen 
lasenüste,   welche  zum  Plexus  hinzutreten,    als  „Nn.  vesicales  inferiores"  aufgeführt, 
^rauf  bezieht  sich  meine  Anmerkung-,  S.  255,  „dass  die  Nn.  vesicales  superiores  aus- 
schliesslich  sympathischer  Natur   seien**.  —   Ich  finde  diese  Nomenklatur  nicht  glück- 
ich  gewählt,  insofern  zwei  verschiedene  Dinge  mit  demselben  Namen  belegt  werden; 
berhaupt   sind   beim   Menschen   Nervi  vesicales  superiores  und  inferiores  nicht  gut 
topographisch  zu  unterscheiden. 

Was  diejenigen  Theile  des  Gehirnes  und  des  Rückenmarkes  an- 
angt,  die  wir  als  Blasencentren  anzunehmen  haben,  so  wissen  wir  seit  den 
Untersuchungen  von  Budge,  Nawrocki,  Giannuzzi,  Masius,  Goltz  u,A., 

^8.  252),  Texte,  p.  238;  ich  verwende  sie  gleichfalls,  synonym  mit  den  Bezeichnungen 
»«centrale  imd  periphere  Plexus'*,  s.  S.  256. 

1)  Vgl.  Obersteiner:  in  Strickers  Handbuch  der  Gewebelehre,  Artikel:  Harn- 
blase. Leipzig,  1871.  Kölliker,  Gewebelehre,  5.  Aufl.,  spricht  von  dunkelrandigen 
Nervenfasern  in  der  Blasenwand,  Rud.  Maier,  Virchow's  Archiv,  85.  Bd.  1881.  S.  57 
^on  feinen  dunkelrandigen  (also  markhaltigen)  Fasern  auch  in  der  Blasenschleimhaut. 

2)  Quai n 's  anatomy,  lOth  edit.    Splanchnology,  p.  215.   London,  1896. 
Waldeyer,  Das  Becken.  20 


306  Lage  der  Blase. 

class  das  Reflexcent r um  der  Blasenbewegung  bei  Thieren  im  unteren 
Lendenmarke  gelegen  ist;  beim  Menschen  muss  es  in  demjenigen  Theile  des 
Rückenmarkes,  aus  dem  die  Wurzeln  der  Sakralnerven  —  nach  Sarbo^  des 
I. — IV.  —  hervorgehen,  angenommen  werden  (vgl.  die  Bemerkung  in  Hermanns 
Lehrbuch  der  Physiologie  IL  Aufl.  S.  425).  Dies  Centrum  wird  natürlich  auch 
vom  Gehirne  aus  beeinflusst. 

Im  Gehirne  sind  nach  Bechterew  zwei  Blasencentren  gelegen:  ein 
reflektorisches  in  der  vorderen  Abtheilung  des  Thalamus  und  ein 
willkürliches  nahe  der  Mantelkante,  im  inneren  Theile  des  vorderen  und 
hinteren  Abschnittes  des  Gyrus  sigmoideus  (Hunde  und  Katzen).  Dies 
Rindencentrum  ist  mit  dem  Thalamus -Centrum  verbunden,  letzteres  wieder 
durch  die  innere  Kapsel  und  die  obere  Lage  des  Grosshirnschenkels  mit  dem 
Rückenmarke  2).  Ob  das  unstreitig  als  ein  Sammelheerd  wirkende  Tha- 
lamuscentrum  noch  anderweite  centrale  VerbinduDgen  hat,  ist  unbekannt, 
aber  wegen  der  fast  vom  gesamten  Körper  her  auszulösenden  Blasenreflexe  wohl 
anzunehmen. 

IsKge  der  HarBblase. 

Holotopisch  bildet  die  Blase  mit  der  Prostata  das  unterste  und 
vorderste  Eingeweide  des  menschlichen  Körpers,  wenn  wir  von  den 
äusseren  Geschlechtsorganen,  insbesondere  vom  Hoden,  absehen.  Sie  ruht; 
durch  Vermittelung  der  Prostata,  auf  dem  Beckenboden  und  liegt  mit  ihrer 
vorderen  Wand  dicht  hinter  der  Symphyse.  Im  leeren  Zustande  liegt  sie 
bei  Erwachsenen  völlig  im  kleinen  Becken,  während  sie  bei  starker  Füllung 
~  bei  Kindern  auch  als  leeres  Organ  —  mit  einem  beträchtlichen  Stücke  m 
die  Bauchhöhle  emporragt. 

Meist  ist  die  Blase  symmetrisch  zur  Mittelebene  des  Körpers  gelegen;  sie  kann 
jedoch  auch,  in  Folge  von  Verwachsungen  oder  durch  den  Druck  benachbarter  Ein- 
geweide, vorübergehend  oder  dauernd  verschoben  werden.  Vgl.  hierzu  die  Bemerkung^ 
über  die  Rechtswendung  des  Scheitels  der  gefüllten  Blase  S.  298. 

Was  die  Lage  der  Blase  zumr  Skelete  angeht,  so  ist  ihre  wichtig^ 
Beziehung  zur  Symphyse  schon  wiederholt  erwähnt  worden.  Für  genauere 
Angaben  gilt  es,  bei  der  Beweglichkeit  des  grössten  Theiles  des  Organes 
und  seiner  mit  dem  Füllungsstande  veränderlichen  Form  und  Ausdehnung,  einen 
möglichst  feststehenden  Punkt  desselben  ausfindig  zu  machen,  dessen  Lage  znm 
Skelete  zu  bestimmen  ist.  Es  ist  dies,  wie  insbesondere  Disse^),  dessen  An- 
gaben ich  grösstentheils  folge,  dargethan  hat,  das  Orificium  urethrae  intei" 

1)  Sarbo,  Beitrag  zur  Lokalisation  des  Centrum  für  Blase,  Mastdarm  nn 
P^rcjktion  beim  Menschen.    Ar  eh.  f.  Psychiatrie  und  Nervenkrankh.  Bd.  25.  1894.  S.  40  • 

2)  Bechterew  und  Mislawsky,  Die  Hirncentra  für  die  Bewegung  der  Ham 
blase.    Neurolog.  Centralblatt  1888,  Nr.  18. 

3)  Disse,  J.,  Untersuchungen  über  die  Lage  der  menschlichen  Harnblase  un 
ihre  Veränderung  im  Laufe  des  Wachsthums.  Anatomische  Hefte,  herausgegeben  vo 
Fr.  Merkel  und  R.  Bonnet.    Heft  I.  189L  S.  1. 


Lage  der  Blase.  307 

tium,  die  innere  Harnröhrenmündung.  Dieselbe  ändert  ihren  Platz  nur, 
wenn  die  Blase  als  Ganzes  verschoben  wird,  und  auch  dann  höchstens 
um  1—2  cm  (Langer)  i).  Sie  liegt  im  Mittel  5,5  cm  von  der  Konjugata  des 
Keekeneinganges  entfernt  (Länge  der  von  der  Harnröhrenmündung  auf  die  Kon- 
jugata gefällten  Lothlinie).  Von  der  zwischen  Angulus  pubis  und  dem  unteren 
Ende  des  V.  Kreuzbein  wirbeis  gezogenen  Geraden,  welche  Disse  mit 
ßecht  der  Linie  zwischen  Angulus  pubis  und  Steissbeinspitze  vorzieht, 
betrugen  die  Entfernungen  2—22  mm. 

Der  Abstand  der  inneren  Harnröhrenmündung  vom  oberen  Ende  der  Sym- 
physe belief  sich  auf  6  cm  im  Durchschnitte  (nach  den  in  der  Disse'schen 
Tabelle  mitgetheilten  Maassen).  Diese  Maasse  zeigen,  dass  man  beim  hohen 
Blasenschnitte  mit  dem  Finger  stets  noch  das  Orificium  urethrae  internum 
einreichen  kann. 

Von  der  Innenfläche  der  Symphyse  ist  die  Vorderwand  der  leeren  Blase 
Verschieden  weit  entfernt;  vom  oberen  Rande  nach  meinen  Messungen  bei  Er- 
wachsenen =  rund  0,5—1  cm,  vom  unteren  Rande  =  0,1 — 2  cm,  von  der  Mitte 
=  0,1 — 0,2  cm.  Bei  der  Füllung  rückt  sie  noch  näher  heran.  Die  innere 
Harnröhrenmündung  steht  vom  nächstliegenden  Punkte  der  Symphyse  ab  bei 
Männern  =  2  cm,  bei  Weibern  =  1,5  cm.  Alle  diese  Maasse  werden  von  ver- 
schiedenen Faktoren  beeinflusst,  insbesondere  jedoch  vom  Füllungszustande 
des  Rectum,  worauf  wir  gleich  zurückkommen,  und  von  der  Grösse  der 
i^rostata.     Der  Füllungszustand  der  Blase  selbst  hat  kaum  einen  Eiufluss. 

Eine  durch  das  Orificium  internum  urethrae  gelegte  H  o  r  i  z  o  n  t  a  I  e  b  c  n  e 
*^ällt  meist  in  das  Niveau  des  4.  und  3.  Steisswirbels,  kann  aber  auch  bis 
^^um  zweiten  hinaufreichen;  die  verschiedene  Krümmung  und  Länge  des  Steiss- 
deines  kommt  hier  mit  in  Betracht.  In  Figur  68  steht  bei  übermässiger 
ßlasenfüllung  das  Orificium  internum  tiefer  als  die  Steissbeinspitze.  Dieselbe 
Horizontale  trifft  bei  leerer  Blase  und  richtiger  Beckenneigung  in  die  obere 
"älfte  der  Symphyse,  meist  in  die  Grenze  zwischen  oberem  und  mittlerem 
I^rittel  derselben.  D  e  1  b  e  t,  I.  c.  p.  208,  gibt  die  Grenze  von  unterem  und 
mittlerem  Drittel  an;  das  triffi  wohl  für  die  stark  gefüllte  Blase  zu,  s.  Fig.  68, 
uicht  jedoch  für  die  leere;  —  s.  die  Figuren  von  Braune,  v.  Bardeleben, 
*op.  chir.  Atlas,  und  Disse,  1.  c,  sowie  Fig.  66  hier. 

Dass  die  Blase  bei  starker  Füllung  die  seitliche  Beckenwand  erreicht, 
^urde  erwähnt. 

Was  das  Verhältniss  des  Blasenscheitels  zur  Symphyse  und  zur  Ebene 
d^s  Beckeneinganges  anlangt,  so  steht  er  bei  leerer  Blase  Erwachsener  noch 
Unterhalb  des  oberen  Symphysenrandes,  oder  höchstens  in  dessen  Niveau, 
ß^i  gefüllter  Blase  kann  sich  der  Scheitel  bis  zu  5  cm  und  mehr  über  den 
^l>eren  Symphysenrand  erheben  und  somit  die  Konjugata  weit  überragen; 
^aximalfüUung  bringt  selbst  die  durch  den  Scheitel  der  Blase  gelegte  Hori- 


1)  Langer,  C.  v.,  Zm*  Topographie  der  männlichen  Harnorgane.   Wiener  mediz. 
'^^hrbücher  I.  1862. 


308  Lage  der  Blase. 

zontalc  weit  über  das  Promontorium  hinauf  (Fig.  68).  Die  gefüllte  Blase 
kann  jedoch  auch  unter  dem  Niveau  der  Ebene  des  Beckeneinganges  bleiben, 
und  zwar  1)  wenn  ihre  Längsaxe  parallel  der  Konjugata  gerichtet  ist  «n^ 
2)  wenn  das  Rectum  leer  ist. 

Der  Einfluss  der  Füllung  des  Rectum  auf  den  Stand  der  Harn- 
blase ist  einer  der  wichtigsten  Punkte  in  der  topographischen  Anatomie  der 
Beckenorgane.  Langer  1.  c.  (S.  307)  hat  wohl  zuerst  darauf  hingewiesen. 
Erst  bei  Füllung  des  Rectum  kann  man  sicher  sein,  dass  die  gefüllte  Blase 
mit  ihrer  Scheitelpartie  über  den  oberen  Rand  der  Symphyse  für  operative 
Zwecke  hinreichend  emporragt,  und  sich,  was  gleichfalls  wichtig  ist,  der 
vorderen  Bauchwand  dicht  anlegt,  so  dass  sie  bequem  zugängig  ist  (hoher 
Blasenschnitt).  Man  erzielt  diese  Erhebung  der  Blase  nach  den  Ermittelungen 
Braune's  und  Garson's^),  Petersen's^)  und  Fehleiscn's'*)  durch  chirur- 
gische Füllung  der  Blase  und  gleichzeitige  Ausdehnung  des  Rectum  durcn 
einen  Prokteurynter,  wodurch  der  Blasenhals  nach  vorn  gehoben  und  damit 
ein  beträchtlicherer  Theil  der  bauchfellfreien  Vorderwand  der  Blase  über  den 
oberen  Symphysenrand  hinaus  gerückt  wird  (4—7  cm).  Die  Wirkung  ist  äugen' 
fälliger  bei  Männern  als  bei  Weibern;  man  darf  aber  bei  letzteren  nicht  etwa 
die  Scheide  zur  NebenftiUung  wählen,  weil  das  Rectum,  seiner  Lage  «nd 
Richtung  wegen,  allein  geeignet  ist,  eine  ergiebige  Verschiebung  nach  vorn  un^ 
oben  bei  seiner  Erweiterung  zu  bewirken.  Der  Prokteurynter  soll  nicht  mehr  als 
300 — 400  ccm  fassen  und  darf  aus  naheheliegenden  anatomischen  Gründen  -^ 
s.  S.  277  —  nicht  über  die  Pars  ampullaris  hinaus  nach  oben  geschoben 
werden.  Wegen  der  Füllung  der  Blase  s.  S.  290.  Es  ist  nach  Lage  der  Ding^ 
leicht  einzusehen,  dass  bei  diesem  Verfahren  die  Prostata  sowie  die  Pars  mem- 
branacea  der  Harnröhre  gedehnt  werden. 

Prostatahypertrophie  und  andere   Beckentumoren   sowie  reichliche  Fett- 
ablagerung  in  der  Fossa  ischiorectalis  können   ebenfalls   einen  Hochstand   de 
Blase  herbeiführen. 

Bei    Wei  b er  n' steht    das    Orificium   internum    urethrae    tiefer    als   bej 
Männern  —  im  Mitt^  6  cm  unterhalb  der  Conjugata-Ebene  — ;    der  Scheite 
der  massig  gefüllten  Blase   erreicht  die  Ebene  des  Beckeneinganges  nicht- 
Dies  beruht  auf  dem  Fehlen  einer  Prostata,  und  es  muss  daher  der  Tiefstan 
der  Weiberblase  als  ein  Geschlechtsunterschied  bezeichnet  werden. 

Skeletotopie  der  Blase  bei  Kindern.  Hierüber  haben  insbe- 
sondere Disse  und  Mettenheimer  I.e.  [S.  314]  genaue  Aufschlüsse  gegeben- 

Bei  neugeborenen  Knaben  wie  Mädchen  steht  die  (leere)  Blas^ . 

1)  Garson,  Die  Dislokation  der  Harnblase  und  des  Peritoneum  bei  Ausdehnung 
des  Rectum.    Arch.  f.  Anat.  und  Physiol.  Anat.  Abth.  1878.  S.  171.    Siehe  auch:  The 
effect   oi  Distension   of  the   Rectum    on   the  other  pelvic  viscera.    Brit.  med.  J*^^'^ 
London,  1882. 

2)  Petersen,  Arch.  für  klin.  Chirurgie.  1880. 

.3)  Fehleisen,  Ueber  die  Verschiebung  der  Harnblase  bei  der  Tamponade 
Rectum.    Arch.  für  klin.  Chirurgie.  188.5.  Bd.  32.  S.  56.'5. 


Lage  der  Blase.  309 

sehr  hoch;  das  Orificium  internum  urethrae  liegt  nur  etwas  unterhalb  der  Ebene 
des  Beckeneinganges,  der  Blasenscheitcl  weit  darüber  (2,5—3  cm).  Der  grösste 
Theil  der  Blase  liegt  der  vorderen  Bauchwand  dicht  an,  so  dass  es  aussieht, 
als  ob  die  letztere  in  der  Bauchwand  selbst  gelegen  wäre  (Gegenbaur)^). 

Am  p:nde  des  2.  Lebensjahres  steht  der  Scheitel  der  leeren  Blase  schon 
in  der  Ebene  des  Beckeneinganges.  Die  Blase  ist  also  beträchtlich  tiefer 
gerückt;  der  Scheitel  der  gefüllten  Blase  erhebt  sich  jedoch  noch  stets  über 
^lie  Symphyse.  Im  2.  Lebensjahre  bildet  sich  der  Blas  engrund  aus.  Bis 
zum  Beginne  des  4.  Jahres  senkt  sich  die  Blase  stark. 

Von  da  ab  bis  etwa  zum  9.  Jahre  findet  eine  langsamere  Senkung  der 
Blase  statt,  jedoch  kann  schon  bei  Kindern  dieses  Alters  selbst  die  gefüllte 
Blase  ganz  im  kleinen  Beckenraume  bleiben.  Bis  zum  14.  Jahre  zeigt  sich, 
^ie  es  scheint  —  es  sind  noch  zu  wenig  Daten  vorhanden  —  keine  weitere 
Aenderung  in  der  Blasenlage;  dann,  mit  dem  Beginne  der  Pubertäts- 
entwicklung, kommt  wieder  eine  Periode  rascherer  Senkung,  die  mit  dem 
17.-20.  Jahre  zu  dem  dauernden  Stande  führt.  Bei  weiblichen  Kindern  ist 
<Jer  Ablauf  der  Blasensenkung  im  ganzen  ebenso;  nur  scheint  der  Status  der 
Erwachsenen  etwas  früher  erreicht  zu  werden. 

Die  Ursache  des  Herabsteigens  der  Blase  liegt  augenscheinlich,  der  Haupt- 
sache nach,  in  der  vom  L  Lebensjahre  bis  zur  Vollendung  des  Wachsthumes 
fortschreitenden  Erweiterung  der  Beckenhöhle,  welche  auch  in  senkrechter 
Richtung  erfolgt.  Da  die  Blase  mit  den  im  Beckenboden  ausgespannten 
fascialen  und  muskulösen  Apparaten  in  fester  Verbindung  steht,  diese  aber 
niit  dem  Tiefenwachsthume  des  Beckens  hinabrücken,  so  muss  die  Blase 
*'olgen,  falls,  wie  es  thatsächlich  der  Fall  ist,  ihre  oberen  Befestigungen 
lockerer  sind. 

Disse  berichtet  über  zwei  Fälle  von  dauerndem  Hochstande  der  Blase  bei 
einem  7jährigen  und  einem  19jährigen  Mädchen  nach  Beobachtungen  an  den  lebenden 
I^ersonen.  Im  gefüllten  Zustande  bildete  hier  die  Blase  einen  flachen  für  das  Gesicht 
^«d  das  Gefühl  erkennbaren  Tumor,  der  an  einen  schwangeren  Uterus  erinnerte, 
^^er  nach  vollzogener  Harnentleerung,  die  ohne  Störung  erfolgte,  völlig  schwand, 
^eber  die  Ursache  dieser  Lagehemmung  konnte  nichts  ermittelt  werden. 

Syntopie  der  Blase.  Oben  gehen  vom  Blasenscheitel  mitten  der 
^rachus  (Ligamentum  umbilicale  medium),  links  und  rechts  die 
Ligamenta  umbilicalia  lateralia  ab.  Beim  Manne  decken  Dünn- 
darnischlingen  die  Blase,  sowie  das  Colon  pelvinum;  bei  stärkerer  Füllung 
können  auch  das  Caecum  und  der  Wurmfortsatz  in  Betracht  kommen.  —  Bei 
leerer  Blase  zeigt  sich  die  Plica  vesicalis  transversa  (s.  S.  300). 

Hinten  am  Fundus  haben  wir  seitlich  und  mehr  oben  die  Ureteren, 
f^  diese  medianwärts  anschliessend  die  Samenblasen,  welche,  je  nach 
ihrer  Füllung,  einen  verschieden  grossen  Theil  der  Blasenwand  decken 
l^önnen;  sie  sind  von  der  Blasen  wand,  s.  Figg.  113  u.  114,  noch  durch  ein 
dünnes  Fascienblatt,  welches  einen  Theil  der  Fascia  vesicae  bildet,  geschieden. 


1)  Gegenbaur,  1.  c.  (S.  212)  VI.  Aufl.;  1895.  S.  408. 


310  Lage  der  Blase. 

Weiter  medianwärts  kommen  dann  die  Ampullen  der  Ductus 
deferentes.  Zwischen  diesen  bleibt  die  Pars  interampullaris  der 
hinteren  Blasenwand  frei,  nur  durch  die  Fascia  vesicae  und  lockeres  Fett- 
bindegewebe vom  Rectum  geschieden  (s.  S.  277  und  298).  —  Die  Samenblasen 
und  die  Ampullae  deferentiales  reichen  bis  zur  Prostata  hinab,  welche  auch 
noeh  einen  kleinen  Theil  der  hinteren  Blasenwand  decken  hilft.  Bezüglich 
des  Verhaltens  des  Bauchfelles  zu  diesen  Theilen  vgl.  S.  298. 

Die  Ductus  deferentes  biegen  am  oberen  Ende  ihrer  Ampulle  fast 
rechtwinklig  lateralwärts  um,  indem  sie  das  obere  Ende  der  Samenblascn 
umkreisen;  diese  ümbiegungspartie  der  Samenleiter  liegt  dicht  an  der  hinteren 
Blasenwand  und  ist  vom  Bauchfelle  bedeckt.  Da,  wo  weiter  lateralwärts 
Ureter  und  Ductus  deferens  sich  kreuzen,  liegt  der  letztere  vor  und  median- 
wärts von  dem  Ureter,  d.  h.  näher  der  Blasenwand  an;  das  obere  Ende  der 
betreffenden  Samenblase  legt  sich  gewissermaassen  zwischen  beide  Gänge. 

Bei  seiner  Einmündung  in  die  hintere  Blasenwand  liegt  der  Ureter  zwi- 
schen Harnblase  (nach  vorn)  und  oberem  Theile  der  Samenblase  (nach  hinten)- 
Vergl.  hierzu  die  Figuren  60  und  61;  in  letzterer  sieht  man  namentlich 
links,  da,  wo  Ureter  und  Ductus  deferens  abgeschnitten  dargestellt  sind,  diese 
Verhältnisse. 

Durch  die  Excavatio  rectovesicalis  getrennt,  steht  die  Pars  pel' 
vi  na  recti  zur  hinteren  Wand  des  Fundus  vesicae  in  Beziehung.  Wir  sahen, 
dass  bei  leerer  Blase  sich  Dünndarmschlingen  in  die  Excavatio  einschieben; 
bei  stark  gefüllter  Blase  werden  sie  verdrängt  und  Blase  und  Rectum  liegen 
dann  dicht  einander  an. 

Unten  ruht  die  Blase  in  kontinuirlichem  Uebergange  auf  der  Prostata, 
und  es  setzt  sich  hier  die  Pars  prostatica  urethrae  aus  ihr  fort;  vor  und 
oben  an  der  Prostata  kann  als  untere  Begrenzung,  namentlich  der  gefüllten 
Blase,    noch  der  Plexus  pudendalis  genannt  w erden. 

Seitlich  kommen  die  S.  236  genau  in  ihrer  Lage  geschilderten,  an  der 
Beckenwand  gelegenen  Theile  in  Betracht;  sobald  die  Blase  gefüllt  ist,  ü^?*' 
sie  denselben  dicht  an.  Sie  berührt  dann,  nur  durch  die  Fascien,  Fett,  GefässC; 
Nerven  und  Ductus  deferentes  getrennt,  welche  aber  wenig  Raum  einnehmen? 
die  Musculi  levator  ani  und  obturator  internus  (Fig.  111);  ^^ 
ihrer  unteren  Seitenfläche  findet  sich  der  Plexus  venosus  vesico- 
prostaticus. 

Besonders  wichtig  sind  die  syntopischen  Verhältnisse  der  Harnblase  nach 
vorn,  wegen  des  mehr  und  mehr  in  Aufnahme  kommenden  hohen  Blasen- 
schnittes. 

Ich  verweise  auf  die  S.  220  gegebene  tabellarische  Aufzählung  der 
Schichten,  welche  zwischen  der  äusseren  Haut  und  der  vorderen  Blasen- 
wand  liegen,  sodann  auf  die  S.  221 — 229  erfolgte  genaue  Schilderung  und  die 
dort  stehenden  und  citirten  Abbildungen,  insbesondere  auf  die  Figuren  59^ 
und  59  b,  78,  79  und  80,  sowie  83,  wo  der  zwischen  Blase  und  Sy^' 
pliyse   gelegene,    auf   dem  Medianschriittc    dreieckig  erscheinende  untere  Fett- 


Untersuchung'  der  Blase;  operative  Zugänge.  311 

körper  (11)  zur  Ansicht  gebracht  ist.  Eine  grössere  Fettansammlung  (oberer 
Fettkörper)  findet  sich  häufig  auch  vor  der  Scheitelpartie  der  Blase  (10  in  Fig. 
83).  Auch  das  S.  303  über  die  Blasenvenen  Gesagte  ist  zu  vergleichen. 
Vorhin,  S.  307,  wurden  die  Entfernungen  zwischen  vorderer  Blasenwand  und 
hinterer  Öyniphysenfläche  angegeben. 

Idiotopie  der  Blase.  In  dem  bisher  gesagten,  namentlich  in  der  Be- 
schreibung der  Blasenform  und  der  der  Innenfläche  des  Organes,  ist  bereits 
Manches  zur  Idiotopie  gehörige  enthalten.  Wenn  wir  kurz  das  wichtigste 
5'^nsammenstellen,  so  wäre  Folgendes  hervorzuheben:  Das  Orificium  internum 
^^*cthrae  nimmt  die  tiefste  Stelle  der  inneren  Blasenwand  ein.  Wenn 
^Jn  grosser  divertikelähnlicher  Bas-fond  vorhanden  ist^  wie  nicht  selten  bei 
alteren  Männern,  so  kann  dieser,  insbesondere  bei  ausgedehnter  Blase  noch 
tiefer  liegen.  Die  beiden  üreterenmündungen  (vgl.  Fig.  66 a) 
liegen  seitlich  in  der  Basis  des  Trigonum,  und,  bei  leerer  Blase,  ebenso  wie 
^i^se  Basis,  etwa  3 — 4  mm  höher  als  die  innere  Harnröhrenmtindung;  bei  ge- 
füllter Blase  rücken  sie  höher  hinauf  und  entfernen  sich  bis  zu  4  cm  von 
Einander;  sonach  liegt  das  Trigonum  schräg  von  hinten  oben  nach  vorn 
^J^ten  abgedacht,  und  zwar  umsomehr,  je  stärker  die  Blase  gefüllt  ist.  — 
Der  Abgangspunkt  des  ürachus  von  der  Harnblase  liegt  selten  genau  im 
Vertex,   meist  rückt  er  etwas  tiefer  auf  die  vordere  Blasenfläche  hinab. 


Untersaohung  der  Blase  bei  liebenden.    Operative  Zugäng^e  zur  Blase. 

Die  Untersuchung  der  Blase  geschieht,  abgesehen  von  den  Auf- 
^eblüsscn,  welche  uns  die  Prüfung  des  Harnes  gewährt  —  wir  sehen  von  dieser 
hier  ab  —  durch  Inspektion  von  aussen  her,  durch  Palpation,  durch  die 
^^ndirung  von  der  Harnröhre,  oder  von  einer  künstlichen  oder  pathologisch 
^^^tstandenen  Oeflfnung  aus,  durch  Inspektion  des  Blaseninneren,  Kysto- 
^'^opie  und  durch  die  Skiagraphie  (Durchleuchtung  des  Körpers  mittelst 
d^r  Röntgen-Strahlen). 

Bei  mageren  Bauchdecken  können  die  Umrisse  einer  hochstehenden  Blase  von 
^^ssen  her  gesehen  werden  (vgl.  die  Bemerkung  S.  309).  Die  Palpation  geschieht 
^^n  den  Bauchdecken  aus,  oder  vom  Rectum  (Mann)  bezw.  von  der  Scheide  aus.  Auch 
^eiiTi  Weibe  kann  die  Rektalpalpation  mit  eingeführter  ganzer  Hand  wichtige  Auf- 
**chiüsse  ergeben.  Die  bimanuelle  Palpation,  ferner  die  Unterstützung  der  Scheiden- 
Jl^er  Rektalpalpation  durch  eine  in  die  Blase  eingeführte  dicke  Sonde  liefern  die 
^^sten  Resultate. 

Die  Basis  der  Blase  ist  nur  vom  Rectum  oder  von  der  Scheide  aus  zu  erreichen ; 
^lls  ein  tiefer  Bas-fond  besteht,  wird  auch  dieser  leicht  zu  konstatiren  sein,  am  besten 
Unter  Zuhülfenahme  der  Sondirung.    Ueber  diese  und  den  Katheterismus  vergl.  das 
^Pitel  „Harnröhre  des  Mannes**. 

Die  Sondirung  der  Blase  und  die  Kystoskopie  sind  in  neuerer  Zeit,  insbesondere 
J^Ui'ch  Tuchmann,  Dittel,  Grünfeld,  Guyon,  Nitze  u  A,  ausgebildet  worden; 
^^h  halte  mich  in  der  nachfolgenden  kurzen  Darstellung  im  wesentlichen  an  das 
^^hrbuch  Nitze'si). 


1)  Nitze,  M.,  Lehrbuch  der  Kystoskopie.    Wiesbaden,  Bergmann.  1889. 


312  Untersuchung  der  Blase;  operative  Zugänge. 

Mit  der  kurzschnabligen  Blasensonde  kann  man,  auf  dem  Blasenboden  hingleitend, 
die  Harnleiterwülste  fühlen,  in  der  Art  eines  „Holperns"  der  Sonde.  Nachdem  Simon 
zuerst  beim  Weibe  die  Ureterenmündung  sondirt  und  Tuchmann  sie  mit  der  „Harn- 
leiterpincette"  bei  sich  selbst  zugeklemmt  hatte,  ist  nunmehr  ihre  Sondirung  unter 
Leitung  des  Kystoskopes,  insbesondere  durch  die  Bemühungen  von  Nitze  und  Gas  per*) 
methodisch  ausgebildet  worden.  Die  Blasensonde  kann  ferner  Aufschluss  über  die 
Ausbildung  eines  Bas-fond,  über  die  Existenz  von  Blasendivertikeln,  baikige  Hyper- 
trophie der  Muskulatur,  Fremdkörper,  Steine  u.  a.  m.  geben.  Es  kommt  hier  vor  allem, 
wie  auch  bei  der  Kystoskopie,  darauf  an,  dass  das  Instrument  nach  bestimmter  Reg^l 
geführt  wurd. 

Während  die  am  Lebenden  bei  chirurgischen  Operationen  eröifnete  Blase  meist 
ein  lebhaft  rothes  Kolorit  (fast  himbeerroth)  zeigt,  erscheint  sie  in  der  kystoskopischen 
Beleuchtung  heller  (hell  gelbroth,  oder  fast  rosaroth,  zuweilen  noch  heller,  ähnlich  der 
Conjunctiva  bulbi)  —  man  muss  mit  rein  weissem  Lichte  untersuchen  und  das  Glüh- 
lämpchen  des  Kystoskopes  nicht  zu  nahe  an  die  zu  beleuchtende  Stelle  heranbringen. 

Die  Schleimhaut  erscheint  im  ganzen  glatt,  insbesondere  die  des  Trigonum, 
welche  zugleich  ein  gelb  glänzendes  Aussehen  zeigt.  Man  kann  die  Muskelvor- 
sprünge erkennen  sowie  die  Gefässe,  insbesondere  die  arteriellen.  Nitze  gibt  an, 
dass  er  Venenektasien  am  Trigonum  noch  nicht  beobachtet  habe.  Mehrfach  ist  das 
Gefässbild  der  Blase  mit  dem  der  Netzhaut  im  Augenspiegelbilde   verglichen  worden. 

Charakteristisch  ist  das  Bild,  welches  man  beim  Eindringen  des  Kystoskopes  in 
die  Blase  wahrnimmt.  Man  sieht  dann  auf  dem  runden  Gesichtsfelde  einen  hellen 
Theil  und  einen  dunklen  halbmondförmigen;  dieser  entspricht  dem  Orificium  urethrae 
internum.  Dies  Bild  erscheint  in  dem  Augenblicke,  in  welchem  der  Spiegel  des  In 
strumentes  die  Harnröhrenöffnung  passirt.  Das  dunkle  Feld  verschwindet,  sobald  der 
Spiegel  gänzlich  im  Inneren  der  Blase  liegt. 

Zur  Orientirung  kann  eine  kleine  Luftblase  dienen,  welche  man  in  die  Blase 
eintreten  lässt;  dieselbe  wird  immer  den  höchsten  Theil  der  Blase  einnehmen;  sie 
reflektirt  auch  das  Bild  des  elektrischen  Lämpchcns. 

Um  die  Harnleiterwülste  und  die  Uretermündungen  zu  sehen,  schiebt  man 
das  Instrument  so  weit  vor,  dass  der  Spiegel  gänzlich  eingedrungen  ist;  dann  dreht 
man  es,  bis  der  Schnabel  fast  quer  steht  und  schiebt  langsam  nach  der  Trigonum- 
basis  vor;  man  wird  dann  den  einen  Harnleiterwulst  als  etwas  stärker  glänzenden 
Vorsprung  in  der  Richtung  von  oben  nach  unten  laufend,  erkennen,  und  ebenso  die 
Ureterenmündung.  Durch  entsprechende  Drehung  des  Instrumentes  bringt  man  sich 
dieselben  Bildungen  der*.  Änderen  Seite  in  Sicht.  Vergl.  die  Figg.  70  u.  70  a.  ^^^ 
Uretermündungen  erscheinen  öfters  deutlicher,  als  an  der  Leiche  (von  der  aufgeschnit- 
tenen Blase  aus  gesehen).  Man  vermag  auch  —  ich  hatte  Gelegenheit  in  der  Güter- 
bock'sehen  Poliklinik  dies  selbst  zu  beobachten  ~-  den  Austritt  des  Harnes  aus  den 
Uretermündungen  wahrzunehmen;  derselbe  erfolgt  stossweise  in  Zwischenräumen  von 
einigen  Minuten;  man  erkennt  ihn  an  einem  Anschwellen  des  Harnleiterwulstes  und 
an  Bewegungen  der  Mündungen,  welche  von  einem  aufsteigenden  Flüssigkeitswirbel 
begleitet  sind. 

Die  skiagraphische  Untersuchung  ergibt  insbesondere  bei  Konkrementen 
und  Fremdkörpern  werthvolle  Aufschlüsse. 

Operativ  dringt  man  zur  Blase,  insbesondere  zum  Blascninneren  vor 
durch  die  Harnröhre  mit  dem  Katheter  und  katheterähnlichen  Instrumenten 
(Lithotriptoren,  Steinsonden)  oder  mit  Glühschlingen  unter  Leitung  des  Kysto- 


1)  Casper,   L.,    Der  Katheterismus   der   Ureteren.    Deutsche   mediz.   Wochen- 
schrift. 1895.  Nr.  7.  (Mit  Literaturangaben.) 


Altersunterschiede  der  Harnblase.  313 

skopes  zum  Abtragen  von  Neubildungen  (Nitze*),  ferner  vom  Damme  aus  — 
Sectio  perinealis  —  durch  die  Pars  prostatica  der  Harnröhre,  dann  vom 
Rectum  oder  der  Scheide  aus,  und  endlich  von  der  Bauchwand  unmittelbar 
oberhalb  der  Symphyse  aus  —  Sectio  alta,  Taille  hypogastrique  — . 

Ueber  die  anatomischen  Gesichtspunkte^  welche  diese  Handgriffe  und 
Operationen  leiten  sollen,  wird  später  im  Kapitel:  „Operationsanatomie" 
gehandelt  werden.  Ich  führe  hier  bezüglich  der  anatomischen  Verhältnisse  der 
Bauchwand  unmittelbar  oberhalb  der  Symphyse  nur  noch  folgendes  der  S.  221 
bis  229  und  S.  311  gegebenen  Darstellung  hinzu: 

Die  Dicke  der  subkutanen  Fettschicht  ist  sehr  wechselnd;  im  Durch- 
schnitt kann  man  1 — 1,5  cm  annehmen.  Die  subperitonäale  Fettlage  ist  meist 
gering,  kann  aber  auch  sehr  beträchtliche  Dimensionen   aufweisen. 

Löhlein^)  fand  bei  einer  42jährigen  Nullipara  von  240  Pfund  Gewicht  und 
138  cm  Leibesumfang-,  bei  der  er  die  Laparotomie  auszuführen  hatte,  eine  subkutane 
"ettschicht  von  11cm  und  eine  subperitonäale  Fettlage  von  2  cm  Dicke! 

Von  Interesse  ist  auch  das  Verhalten  der  Musculi  recti  abdominis. 
Oelbet,  1.  c.  [S-.  290]  macht  die  Angaben,  dass  am  medialen  Rectusrande  die 
Muskelfasern  bereits  wenige  Millimeter  oberhalb  der  Insertions-Sehne  beginnen, 
Während  das  lateral  erst  in  einer  Entfernung  von  3 — 5  cm  geschehe.  Bei 
schmalen  Rectussehnen  finde  sich  ein  gut  entwickelter  Musculus  pyramidalis, 
hei  breiten  ein  schwacher;  endlich  seien  beim  Weibe  die  Rectussehnen  durch- 
schnittlich breiter  als  beim  Manne. 

In  der  Höhe  des  queren  Einschnittes  bei  der  Sectio  alta  (2  cm  oberhalb 
<icr  Symphyse)  stehen  die  medialen  Ränder  des  subkutanen  Leistenringes  weit 
genug  von  einander  ab,  um  für  einen  genügenden  Schnitt  Raum  zu  gewähren 
"^  nach  Delbet  im  Mittel  7  cm  beim  Manne,  8  cm  beim  Weibe  (3,5  bezw. 
4cm  jederseits  von  der  Medianlinie)^). 

Altersantersohiede  der  Harnblase. 

Die  Blase  Neugeborener  und  junger  Kinder  unterscheidet  sich  sowohl 
durch  die  Form,  wie  durch  die  Stärke  ihrer  Wandungen,  ihre  Grösse, 
ihr  Verhältniss  zum  Bauchfelle  und  ihre  Lage  von  der  Blase  Erwachsener. 
Einiges  davon  wurde  bereits  vorhin  S.  288  und  309  berührt;  doch  wird  es  sich 
^öipfehlen,  der  üebersichtlichkeit  halber,  alles  zusammenzustellen,  was  auf  die 
pi*aktisch  so  wichtigen  Altersverschiedenheiten  Bezug  hat. 

Die  Form  der  Blase  beim  Fötus,  bei  Neugeborenen  imd  bei  jungen  Kin- 
dern ist  im  leeren  Zustande  die  einer  Spindel;  gefüllt  nimmt  sie  Ei  form  oder 

1)  Nitze,  M.,  Die  intravesicale  Operation  der  Blasengeschwülste.  Centralbl.  für 
^ie  Krankheiten  der  Harn-  und  Sexualorgane.  Bd.  VII.  1896. 

2)  Löhlein,  Abtragung  des  carcinomatös  erkrankten  Corpus  uteri  von  der 
Bauchhöhle  aus.    Deutsche  med.  Wochenschrift.  1896,  Nr.  12.  Vereinsbeilage.  S.  60. 

3)  Vergleiche  zur  Anatomie  der  vorderen  Bauchwand  noch:  Ledderhose,  G., 
^*e  chirurgischen  Erkrankungen  der  Bauchdecken  und  die  chirurgischen  Erkrankun- 
§'en  der  Milz.    Deutsche  Chirurgie.  Lieferung  45  b. 


314  Altersunterschiede  der  Harnblase. 

selbst  die  Form  eines  Cylinders  mit  abgerundeten  Enden  an;  die  umgekehrte 
Flaschenform j  welche  Harrison^)  erwähnt,  habe  ich  nicht  gesehen;  vielmehr 
fand  ich  beim  Ovoid  das  geräumigere  Ende  unten.  Die  kontrahirte  Blase  be- 
hält eine  abgeplattete  Form^),  so  dass  sie  sich  von  der  erschlafften  leeren  Blase 
kaum  unterscheidet. 

Ein  Blas  engrund,  als  stärker  nach  hinten  vorgebuchtete  Partie  am 
Uebergange  der  unteren  in  die  hintere  Wand  felilt;  derselbe  bildet  sich,  wi6 
bemerkt,  erst  mit  dem  zweiten  Lebensjahre  aus.  —  üreterenfalten,  Trigonum  und 
Uvula  vesicae  treten  weniger  deutlich  hervor;  das  Trigonum  steht  als  Ganzes 
mehr  senkrecht;  erst  kurz  vor  Beginn  der  Pubertätszeit  kommt  es  in  die 
schräge  Dauerstellung.  —  Die  Lichtung  der  leeren  Blase  erscheint  als  schmale? 
ohne  deutliche  Grenze  sich  in  die  Harnrölire  fortsetzende  Spalte,  ähnlich  wie 
es  bei  der  Wciberblase  der  Fall  ist. 

Die  Stärke  der  Wandungen  ist  etwa  die  Hälfte  bis  zwei  Drittel  von  der 
der  völlig  ausgebildeten  Blase;  der  Unterschied  zwischen  hinterer  und  vorderer 
Wand  ist  schon  vorhanden,  wenn  auch  nicht  so  deutlich  ausgeprägt,  wie  später. 
Die  Kapacität  der  Blase  Neugeborener  beträgt  bei  starker  Füllung  im  Mittel 
80 — 100  cm  ^).  Im  Ganzen  kann  man  sagen,  dass  die  kindliche  Blase  zwar 
absolut  viel  kleiner,  relativ  jedoch  grösser  sei,  als  die  der  Erwachsenen. 

Schon  vorhin  wurde,  was  das  Verhältniss  zum  Bauchfelle  angeht,  die 
Angabe  Gegenbaur's  erwähnt,  dass  beim  Fötus  die  leere  Blase  wie  in  die 
vordere  Bauchwand  eingelassen  erscheine.  Der  Urachus  geht  bis  gegen  das 
Ende  der  Fötalzeit  noch  genau  vom  Scheitel  der  Blase  ab;  von  da  ab  rückt 
er  auf  die  vordere  Fläche  hinab;  ein  vorderer  seröser  Blindsack  existirt  nicht. 
Seitlich  reicht  das  Peritonäum  bis  zu  den  Umbilicalarterien,  welche  der  Blase 
dicht  anliegen;  dieselben  sind,  ebenso  wie  der  Urachus,  noch  eine  Zeitlang  nach 
der  Geburt  dicke  Stränge,  die  am  Scheitel  der  kleinen  schmalen  Blase  dicht 
an  den  Urachus  herantreten. 

Hinten  reicht,  wie  angegeben,  das  Bauchfell  in  der  letzten  Fötalzeit  und 
beim  Neugeborenen  bis  zur  Prostata  bezw.  bis  zur  Horizontalebene  der  inneren 
Harnröhrenmtindung^)  hinab;  es  kann  selbst  noch  ein  Stück  der  Prostata  tiber- 
ziehen. 

Die  Gesamt  läge  der  Blase  ist  eine  weit  höhere  als  im  späteren  Leben. 
Dem  S.  308/309  über  die  Topographie  der  Kinderblase  Gesagten  sei  hier  für 
Neugeborene,    nach  Mettenheime r 's  Befunden^),    noch  Folgendes   angefügt: 

1)  Harris on,  R.,  Todd's  Cyclopaedia  of  Anatomy  and  Physiology,  Bd.  I,  S.S^^ 
1836,  Artikel:  „Bladder«. 

2)  Kolli  k  er,  A.  v.,  Ueber  die  Lage  der  inneren  weiblichen  Geschlechtsorg^^*^' 
Festschrift  für  J.  He  nie.    Bonn,  Fr.  Cohen.  1882.  4.  S.  53. 

3)  Eigene  Messungen. 

4)  Syniington,  The  topographical  anatomy  of  the  child.     Edinburgh,  1887. 

5)  Mettenheim  er,  H.,  Ein  Beitrag  zur  topographischen  Anatomie  der  Brust-, 
Bauch-  und  Beckenhöhle  des  neugeborenen  Kindes.  Morphol.  Arbeiten,  herausge^* 
von  G.  Schwalbe.   Bd.  III.  S.  301.    1894.   (Mit  vollständiger  Literatur.) 


Altersunterschiede  der  Harnblase.  315 

Die  Vorderwand  der  Blase  nimmt  etwa  Vs  des  Raumes  zwischen  Nabel  und 
Symphyse  ein  i)  und  liegt  eine  Strecke  weit  auf  dem  oberen  Symphysenrande, 
dessen  Höhe  auch  das  Orificium  urethrae  internum  entspricht.  Meist  liegt  nur 
ein  Viertel  der  Blase  Neugeborener  im  kleinen  Becken,  drei  Viertel  ausserhalb 
desselben  (Metten heimer,  Ballantyne).  Im  Mittel  steht  das  Orificium 
urethrae  internum  bei  c^  Neugeborenen  7,7  mm,  bei  $  6,25  mm  unterhalb  der 
Conjugata  vera,  und  15,7  a^,  9,88  $   oberhalb  des  Diam.  r.  ang.  pelvis. 

Vergleichen  wir  das  S.  93  über  die  Beckenentwicklung  Angeführte  mit 
dem  S.  309  über  die  Topographie  der  Kinderblase  Gesagten,  so  zeigt  sich, 
dass  die  Lageveränderung  der  Blase  eng  an  die  Form-  und  Raumveränderung 
des  kleinen  Beckens  geknüpft  ist  imd  mit  dieser  gleichen  Schritt  hält. 

Das  Bauchfell  folgt  der  Senkung  der  Blase  in  den  ersten  beiden  Jahren 
niclit  in  gleichem  Maasse,  so  dass  meist  mit  dem  dritten  Lebensjahre  schon 
ein  Stück  des  Blasengrundes  frei  wird,  und  nur  durch  subperitonäales  Binde- 
gewebe und  die  Fascia  rectovcsicalis  vom  Rectum  getrennt  ist.  Doch  zeigen 
sich  viele  individuelle  Verschiedenheiten.  Bei  Neugeborenen  beträgt  die  Ent- 
fernung des  Fundus  excavationis  rectovcsicalis  von  der  Mitte  der  Analöffnung 
25  mm;  bei  zweijährigen  Knaben  48  mm  (Disse  1.  c.  [S.  306]  p.  56). 

Blase  alter  Leute  (Greisenblase).  Bemerkenswerth  sind  auch  die  mit 
dem  höheren  Alter  eintretenden  Blasenveränderungen.  Die  Blase  ist  durch- 
schnittlich ein  wenig  grösser,  als  bei  jüngeren  Erwachsenen;  sie  gewinnt 
namentlich  in  der  Breite.  Die  Energie  ihrer  Muskulatur,  wohl  aber  auch  die 
ihrer  Innervirung  nimmt  ab,  obwohl  wir  häufig  ein  stärkeres  Hervorragen  der 
submukösen  Muskelbalken  sehen,  was  sich  bei  bestehenden  Erschwerungen  des 
Harnabflusses  zur  Entwickelung  einer  sogenannten  „Balkenblase"  (Vessie  ä 
colonnes)  steigern  kann;  hierzu  gesellen  sich  dann  nicht  selten  kleinere  oder 
grössere  Divertikel.  —  Der  Bas-fond  ist  deutlicher  ausgeprägt,  oft  zu  stö- 
render Tiefe  ausgesackt;  das  Trigonum  springt  stärker  vor  und  ist  dunkler 
gefärbt,  zuweilen  mit  erweiterten  submukösen  Venen  versehen. 

Die  von  Barkow  beschriebenen  Urethralmündungswülste  der  Schleimhaut 
zeigen  sich  nicht  selten,  und  bei  der  so  häufigen  Altershypertrophie  der  Prostata 
springt  unter  der  Luette  vesicale  oft  ein  sogenannter  dritter  Prostatalappen 
vor.  Zöttchen  und  Epithelknötchen  werden,  namentlich  in  der  Umgebung  der 
Ürethralmündung,  häufig  angetroffen. 

Die  Färbung  der  Schleimhaut  ist  weniger  lebhaft  roth,  sondern  mehr 
grau-violett.  Die  Blasenwand  ist  mitunter  brüchiger  und  weniger  elastisch; 
^las  subperitonäale  Fett  ist  meist  reichlicher,  zuweilen  mit  lappigen  Appendices, 
ähnlich  denen  des  Darmes  versehen. 

Falls  keine  Prostatahypertrophie  besteht,  ist  der  Stand  der  Blase  bei 
Mageren  alten  Leuten  durchschnittlich  ein  tieferer,  als  bei  jüngeren  Erwach- 
senen;   die  Blase  liisst  sich   dann  auch  schwer  zu  genügender  Höhe  über  die 


1)  Symington,  1.  c. 


316  Harnblase:  Maasstabelle. 

Symphyse  durch  Anfüllung  bringen,  und  auch  dann  pflegt  ein  tieferer  vorderer 
peritonäaler  Blindsack  zu  bleiben. 

Testut,  citirt  bei  Roraaryi),  beobachtete  bei  einem  92jährigen  Manne  eine 
starke  Blasenfüllung,  so  dass  deren  Scheitel  nahe  am  Nabel  stand;  hier  fand  sich  ein 
sehr  tiefer  peritonäaler  Blindsack,  indem  dessen  Grund  sich  nur  18  mm  über  der 
Symphyse  erhob.  Bei  Prostatahypertrophie  treffen  wir  meist  wieder  einen  höheren 
Blasenstfind  auch  bei  alten  Leuten^). 

Maasstabelle. 

I.  Blasen  Erwachsener. 

a)  Grösste  Länge  der  leeren  Blase 5    — ß    cm 

b)  „         Breite     „  „  „  4    — 5      ^ 

c)  ^        Dicke  (Diameter  antero-posterior)  der  leeren  Blase 2   —2,5   p 

Dieselben  Maasse  bei  massiger  Blasenfüllung  (150  ccm): 

a)  Grösste  Länge 7   —8      w 

b)  „        Breite 7—8      ^ 

c)  „        Dicke 5   —6      » 

Dieselben  Maasse  bei  starker  Füllung  (500  ccm  und  darüber): 

a)  Grösste  Länge 12   —14    ^ 

b)  „        Breite 8    —10    » 

c)  „        Dicke 8   —10    „ 

II.  Blasen  von  Neugeborenen  und  Kindern  des  ersten  Lebensjahres. 
Leere  Blase: 

a)  Grösste  Länge 2,5—3    cm 

b)  „        Breite 2,0  v 

c)  „        Dicke 0,5—1,5    » 

Stark  gefüllte  Blase: 

a)  Grösste  Länge 5   —5,5  cm 

b)  „        Breite 3   —5  » 

c)  „        Dicke 3   —4  n 

Wandungsdicke  der  leeren  Blase  Erwachsener  (Muskelwand  +  Schleim- 
haut) hinten  ...       0,8  —1,5  >» 

Wandungsdicke  der  leeren  Blase  Erwachsener  vorn 0,6  —0,8   cm 

„                  „    stark  gefüllten  Blase 0,2  —0,5     r 

„                  „    leeren  Blase  Neugeborener  hinten 0,4              » 

«                  „          „          „                   „              vorn 0,2  —0,3     v 

„                  „     stark  gefüllten  Blase  Neugeborener  hinten  ...  0,1               n 

u                  „        „             „             „                   „              vorn.     .     .     .  0,05-0,07  n 

Physiologische  Füllung  der  Blase  Erwachsener  im  Mittel 150—  200  ccm 

Grenzen  derselben 40—  500    » 

Chirurgische  Füllung 200—  300    » 

Maxinialfüllung 700—  800    » 

Füllung  mit  Gefahr  der  Zerreissung 1000—2000    » 

Pathologische  Füllungen  steigen  an  bis 4CKX)  ccm  und 

darüber. 

1)  Romary,  L.,  Rapports  de  la  region  antcrieure  de  la  Vessie  avec  le  peritoine 
aux  differents  Ages.     These  de  Lyon.  1895.  4. 

2)  Vgl.  über  die  Blase  alter  Leute  ausser  der  Dissertation  von  Romary  (1-  c)- 
Launois,  De  Tappareil  urinaire  des  vieillards.  These  de  Paris.  1885  und  Miquct, 
L*appareil  urinaire  chez  l'adulte  et  chez  le  vieillard.    Paris,  1894.  Bailli6re  et  fils. 


Harnblase:  Maasstabelle.  317 

Abstand  der  inneren  Harnröhrenmündung  vom  oberen  Symphy- 

senrande:  Erwachsener  (Männer) 6,0  cm   (Disse; 

(Weiber) 6,2  „      (      „      ' 

von  Kindern  von  5 — 9  Jahren .3,0  „      (      „ 

Neugeborener 0,6— -1,0   „      (      „ 

Abstand  der  inneren  Harnröhrenmündung  von  der  Konjugata 

Vera  (J_):  Erwachsener  (Männer) 5,5  «      (      „ 

(Weiber) 6,0  „      (      „ 

von  Kindern  von  5—9  Jahren 2,5—3,0    „      (      „ 

Neugeborener 0,3—0,7    »      (      „ 

Abstand  der  inneren  Harnröhrenmündung  von  der  Disse'sclien 
Linie  des  Beckenausganges  (D.  r.  ang.): 

Erwachsener  (Männer) 0,2—2,2    »      (      „      ) 

„  (Weiber) 0,4  „  unterhalb 

0,7  „  oberhalb 

von  Kindern  von  5—9  Jahren 0,3—1,4    „ 

Neugeborener 1,0—1,5    „ 

Abstand    der   inneren   Harnröhrenmündung   von   der  hinteren 

Symphysenfläche  Erwachsener  in  der  Horizontalebene :  Mann      3  cm 

Weib      1,5—2,5    „ 
Entfernung  vom  nächsten  Punkte  der  Symphyse:  Mann  ...      2  „ 

Weib    .    .    .      1,0-1,5    „ 
Entfernung  der  Symphyse  von  der  Vorderfläche  der  Muskel- 
wand der  Blase  Erwachsener: 

oben 0,5—1       „ 

in  der  Mitte  der  Symphyse 0,1—0,2    „ 

unten  am  Arcus  (Angulus)  pubis 0,1—2,0    „ 

(Die  geringsten  Maasse  fanden  sich  bei  Schwangeren;  grossen  Einfluss  hat  die 
Entwicklung  des  ynteren  Fettkörpers.) 
Entfernung  des  Peritonäum  von  der  Symphyse  beim  Umschlag 
auf  die  Blase  Erwachsener: 

physiologische  Füllung 1  —  2     cm 

bei  chirurgischer  Füllung  und  gleichzeitiger  Füllung 

des  Rectum 2  —  5      „ 

I>ieselbe  Entfernung  bei  gefüllter  Blase  2~8jähriger  Kinder  .      5  —  6       „ 
Entfernung  des  Fundus  der  Excavatio  rectovesicalis  vom  Becken- 
boden beim  Fötus 0  „ 

Entfernung  des  Fundus  exe.  rectov.  bei  leerer  Blase  und  leerem 

Rectum  gesunder  Erwachsener  vom  oberen  Prostatarande      1,2— -1,5    „ 
I^ieselbe  Entfernung  bei  Füllung  von  Blase  und  Rectum  nach 

Delbet 5  —  7      cm 

(Bei  Kindern  ist  diese  Distanz  um  so  geringer,  je  jünger  sie  sind.) 
Höhe   des   bauchfellfreien   Trigonum    interampullare   bei 

leerer  Blase  Erwachsener 1,5  cm 

Höhe  bei  gefüllter  Blase  Erwachsener 5  —  7      „ 

ßreite  desselben  an  der  Basis 4,0  „ 

Entfernung  des  Scheitelpunktes  der  gefüllten  Blase  von  der 

Abgangsstelle  des  Urachus „    .      0,1—1,4    „ 

Entfernung  beider  Ureteren  von  einander  beim  Eintritte  in 

die  Blasenwand   ....^ 5—6      „ 

Entfernung  beider  Ureterenmündungen  von  einander  im  Inneren 

der  leeren  Blase    Erwachsener 1,2—2      „ 

Neugeborener 0,6—0,8    „ 


2,0- 
0,7- 

-4,0 
-1,5 

cm 

1  - 

2  - 

-2 
-3,5 

» 

318  Harnblase:  Physiologische  Bemerkungen. 

Entfernung  derselben  bei  gefüllter  Blase  Erwachsener      .     .     . 

Neugeborener  .     .     . 
Abstand   der  inneren  Harnröhrenmündung  von   der   Basis   tri- 

goni  Erwachsener:  leere  Blase 

•»e füllte  Blase 


Physiolog^lsche  Bemerknngen. 

Nach  dem  S.  304  ff.  Mitgetheilten  kommen  für  die  physiologisclicii  Lei- 
stungen der  Blase  in  Betracht: 

1)  die  obere  Nervenbahn, 

2)  die  untere  Nervenbahn, 

3)  der  Nervus  pudendus, 

4)  die  lokalen  gangliöscn  Bläsencentren, 

5)  die  Eückenmarkscentreu  der  Blase, 

6)  die  Hirncentren  der  Blase. 

Die  obere  oder  sympathische  Nervenbahn  führt  von  der  Blase  beim 
Menschen  durch  den  Plexus  sympathicus  hypogastricus  zum  Plexus  interiliacnS; 
zum  Ganglion  niesen tericum  inferius  und  zum  Plexus  aorticus;  von  diesen  Plexus 
zum  sympathischen  Grenz  st  ränge,  und  durch  die  betreffenden  Rami  com- 
nmnicantes  zu  den  unteren  Lumbalnervenwurzeln  und  mittelst  dieser  zinn 
Lendenmarke. 

Nach  den  Experimenten  an  Thieren  (Hunden,  Katzen,  Affen)  laufen  in  dieser 
Bahn  sowohl  centrif ugale,  als  auch  centripetale  Fasern.  Die  centrifugalen 
Fasern  sind  kontraktil-motorische  und  relaxirend-motorische  (hemmende).  Die  kon- 
traktil-motorische  Wirkung  kann  sowohl  durch  Reizung*  der  betreffenden  Lumbal- 
nervenwurzeln erzielt  werden  (Sh errington,  Langley),  als  auch  durch  Reizung 
des  Nervus  hypogastricus,  welcher  schliesslich  die  Fasern  der  oberen  Bahn  (bei  Thieren) 
zur  Blase  führt.  Die  Zusammenziehung  ist  nicht  so  bestimmt  unilateral  und  ^veit 
schwächer  als  die,  welche  von  der  unteren  Bahn  beherrscht  wird,  umfasst  aber  sämt- 
liche Muskellagen  der  Blase.  Wichtig*  ist,  dass  in  der  oberen  Bahn  ein  Reflex hem- 
mungsmechanismus  steckt:  Reizung  des  centralen  Endes  des  N.  hypogastricus 
erschlafft  die  kontrahirte  Blase;  Reizungen  der  einen  Seite  gehen  dabei  auf  ^^^ 
andere  über.  Ob  in  dieser  Bahn  auch  sensible  Empfindungen  bis  zum  Gehirn  geleitet 
werden,  ist  zweifelhaft. 

Die  untere  Bahn  führt  von  der  Blase  durch  deren  gangliöscn  Plexus 
und  die  sakralen  Nervenzweige,  denen  auch  die  sogenannten  Nervi  erigentes 
angehören,  zu  den  Wurzeln  des  2. — 4.  Sakralnerven  und  mit  diesen  zu  einem 
zweiten  und  tiefer  im  Lumbaimarke  gelegenen  Centrum,  dem  Centrum  vesi- 
cospinale. 

In  dieser  Bahn  verlaufen  diejenigen  kontraktil-motorischen  Fasern  der  Blase, 
welche  die  stärkste  Aktion  ausüben  und  auch  die,  welche  von  dem  willkürlichen 
Blasenhirncentrum  abwärts  leiten;  die  willkürliche  gewöhnliche  Entleerung  der  Blase 
steht  also  unter  dieser  Bahn.  Reizung  der  betreffenden  Sakralwurzeln  sowohl,  a^*» 
auch  der  peripher  zur  Blase  ziehenden  Zweige  bedingen  starke  Kontraktionen  der 
sämtlichen  Blasenmuskeln  einer  Seite;  der  Effekt  ist  also  ein  unilateraler,  aber  totaler, 
was  die  Schichten  der  Blase  anlangt;  eine  besondere  Aktion  der  Längsmuskeln  u"" 
der  Ringmuskeln  hat  sich  experimentell,  wenigstens  mit  wünschenswerther  Sicherheit, 


Harnblase:  Physiologische  Öemerkungen.  319 

nicht  erzielen  lassen.  Weiterhin  laufen  in  dieser  Bahn  reflex-motorische  Fasern 
zur  anderen  Seite,  und  die  hauptsächlichsten  sensibeln  Fasern  der  Blase  zu  den 
höher  gelegenen  Theilen  des  Rückenmarkes  und  des  Gehirnes.  Reizung  des  peri- 
pheren Endes  der  durchschnittenen  sakralen  Blasennerven  einer  Seite,  gibt  (sehwache) 
Kontraktionen  der  anderen  Seite,  wenn  die  sakralen  Blasennerven  dort  erhalten  sind, 
lerner  allgemeine  Konvulsionen  und  dyspnoisches  Athmen. 

Wir  können  dem  Vorstehenden  zufolge  diese  Bahn  passend  als  die  cerebro- 
spinale,  willkürliche  Blasenbahn  bezeichnen.  Nach  den  Erfahrungen  von  Apolant 
hezüglich  des  Verhaltens  des  Nervus  oculomotorius  zum  Ganglion  ciliare^)  ist  anzu- 
nehmen, dass  die  motorischen  markhaltigen  Fasern  der  in  Rede  stehenden  Blasenbahn 
m  den  Blasenganglien  mit  Endbäumchen  die  sympathischen  Ganglienzellen  umgeben 
Und  so  ihren  Einfluss  auf  sympathische  Neurone  übertragen ;  letztere  erst  würden  mit 
ihren  Enden  zu  den  glatten  Muskelfasern  herantreten.  Die  markhaltigen  Nerven  der 
ßlasenschleimhaut  wären  dann  als  sensible  anzusehen.  Vgl.  über  diese  Retzius,  G., 
Biologische  Untersuchungen,  Neue  Folge  Bd.  IV.  1892.  S.  43,  und  Bd.  VI.  1894.  S.  63, 
^0  eine  eigenthümliche  Endigungsweise  der  Art  beschrieben  wird,  dass  die  Nerven- 
^ndfäden,  nachdem  sie  bis  in  die  oberen  Epithelschichten  eingetreten  sind,  dort  wieder 
nmbiegen,  um  erst  in  den  tieferen  Epithellagen  ihr  knopfförmiges  Ende  zu  finden. 
Auch  Kalischer,  Sitzber.  d.  Preuss.  Akad.  d.  Wissensch.  1894,  sah  Nervenfasern  in 
tias  Blasenepithel  eintreten. 

Der  Nervus  pudendus  kommt  dadurcli  in  Beziehungen  zur  Blase,  dass 
ßv  die  Vcrsehlussmuskeln  der  Harnröhre  (Muse,  sphincter  vesicae  extcruus  llcnle^ 
i^nd  M.  trigoni  urogenitalis)  versorgt.  Ferner  bringt  Reizung  seines  peripheren 
Endes  Erschlaffung  der  Blasenrauskulatur  zu  Wege. 

Nach  Griffiths,  1.  c.  [S.  322]  ist  dies  insofern  von  Wichtigkeit,  als  der  Nerv  damit 
^u  den  reflektorisch  hemmenden  Blasenzweigen  sich  stellt.  Von  seinem  peripheren  Ver- 
l>reitungsgebiete  am  Damme,  am  After  und  an  den  äusseren  Genitalien  können  solche 
lieflexe  ausgehen  und  manche  Fälle  von  Urinretention  erklären,  welche  nach  Opera- 
tionen in  dieser  Gegend  beobachtet  werden.  Ferner  erzeugt  er  reflektorisch  Ver- 
schlusskontraktionen der  gesamten  Dammmuskulatur,  welche  mit  dem  Sphincter  ani 
^xternus  beginnen,  auf  den  Musculus  trigoni  urogenitalis  und  die  übrigen  Damm- 
Muskeln  übergehen  und  mit  dem  M.  bulbocavernosus  enden.  Wollen  wir  die  Blase 
fest  verschliessen,  so  setzen  wir  auch  diesen  ganzen  Apparat  in  Thätigkeit,  und  die 
Einhaltung  dieser  Reihenfolge,  von  hinten  nach  vorn  weiter  gehend,  wirkt  so,  dass 
tiabei  der  etwaige  Inhalt  der  Urethra  sicher  nach  der  vorderen  Mündung  hin  ausge- 
*^Heben  wird,  während  sich  an  der  Pars  membranacca  der  Abschluss  vollzieht 
(Oriffiths). 

Gaule  sowohl  wie  Griffiths  sind  der  Ansicht,  dass  in  den  Ganglien  der 
blasen  wand  ein  lokaler  Reflexmechanismus  wirksam  sei,  eine  Ansicht, 
^ler  man  wohl  zustimmen  kann. 

Die  Rückenmarkscentren  der  Blase  sind  vornehmlich  die  beiden  in 
*lie  obere  und  untere  Bahn  eingeschalteten  Heerde  des  Lurabalmarkes.  Wie 
^ie  Versuche  von  Goltz 2)  gelehrt  haben,  kann  das  untere  mit  den  Sakralnerven 
^Gi'  Blase  in  Beziehung   stehende   Centrum,   auch   nach   Durchschneidung   des 


1)  Apolant,  H.,  lieber  die  Beziehung  des  Nervus  oculomotorius  zum  Ganglion 
biliare.    Arch.  f.  mikrosk.  Anatomie  und  Entwicklungsgeschichte.  Bd.  47.  189G.  S.  655. 

2)  Goltz,  Fr.,  und  Freusberg,   A.,    Die   Funktionen    des   Lendenmarks    des 
Sundes.    Arch,  für  die  gesamte  Physiologie  von  Pflüger.  Bd.  VIII.  S.  4G0.  1874. 


320  Harnblase:  Physiologische  Bemerkungen. 

Rückenmarkes  oberhalb  dieses  Centriims,  die  normale  Funktion  der  Blase  unter- 
halten. 

Aber  auch  weiter  aufwärts  hat  das  Rückenmark  Verbindungen  mit  der 
Blase,  wie  die  zahlreichen  Reflexe  lehren,  welche  fast  von  allen  Theilcn  des 
Körpers  auf  die  Blase  wirken. 

Bezüglich  der  Hirncentren  für  die  Blase  braucht  dem  Seite  306  Ge- 
sagten nichts  hinzugefügt  zu  werden.  Die  Bahn,  auf  welcher  vom  Gehirne  aus 
die  Dammmuskulatur,  also  der  willkürliche  Verschlussmcchanismus  der 
Harnröhre  (und  der  Blase)  regiert  wird,  ist  noch  unbekannt,  Walhrscheinlich 
geht  sie  durch  den  Hirnschenkelfuss  zu  den  Ursprungszellen  für  den  motori- 
schen Theil  des  Nervus  pudendus.  Diese  Muskulatur  kann  sowohl  willkürlich 
als  auch  reflektorisch  kontrahirt  und  erschlaff't  werden.  —  Wir  kennen  auch 
noch  nicht  den  Lauf  der  centripetalen  Blasenhirnbahn  auf  der  Strecke  zwischen 
Centrum  vesicospinale  und  Thalamus  bezw.  Rindencentrum^ 

Die  gesunde  Blasenschleimhaut  empfindet  Temperaturunterschiede  und  chemische 
Differenzen;  gegen  Berührung  ist  sie,  wie  die  der  meisten  Eingeweide,  wenig  em- 
pfindlich. Durch  krankhafte  Störungen  wird  ihre  Empfindlichkeit  jedoch  sehr  ge* 
steigert. 

Verschluss  der  Blase.  Wie  die  Erfahrung  an  Leichen  mit  über- 
füllten Blasen,  aus  denen,  trotz  der  beim  Transporte  unvermeidlichen  Druck- 
schwankungen, kein  Harn  ausfliesst,  unwiderleglich  beweist,  haben  wir  durch- 
aus nicht  nöthig  einen  dauernden  Tonus  des  sogenannten  Musculus  sphincter 
vesicae  internus,  falls  man  darunter  eine  über  die  Gewebsspannung  hinaus- 
gehende dauernde  Zusammenziehung  versteht,  anzunehmen,  um  die  Zurück- 
haltung des  Harnes  auch  in  der  stark  gefüllten  Blase  zu  erklären.  Die  ana- 
tomischen Verhältnisse  genügen  hierzu  vollkommen  bei  beiden  Geschlechtern? 
selbst  post  mortem ;  besser  allerdings  beim  Manne  als  beim  Weibe.  Man  wolle 
nicht  vergessen,  dass  beim  Lebenden  durch  die  Füllung  des  Gefässsystemcs 
und  durch  den  unzweifelhaft  höheren  Elasticitätsgrad  der  Gewebe  der  Ver- 
schluss noch  mehr  gesichert  ist.  Ich  leugne  durchaus  nicht,  dass  der  Reflex- 
mechanismus  dabei  sehr  unterstützend  wirkt,  indem  ich  gern  annehmen  mag; 
dass  bei  Druckschwankungen  in  der  Blase  durch  Reizung  der  sensiblen'Nerven 
auf  reflektorischem  Wege  eine  leichte  aber  vorübergehende  Zusammenziehung 
der  schliessenden  Muskeln  herbeigeführt  wird,  wie  es  auch  Griffiths  an- 
nimmt. Im  Falle  der  Noth  lassen  wir  sogar,  ähnlich  wie  beim  Rectum,  d^" 
gesamten  Dammmuskelapparat  spielen. 

Wie  vorhin  bemerkt  wurde,  und  es  schon  Kohlrausch  anführt,  tr'iig 
die  „Uvula  vesicae",  indem  sie  das  Orificium  urethrae  internum  zu  einer  halbmon  ' 
förmigen  Spalte  verengert,  zum  Blasenverschlusse  bei.  Ich  kann  Griffiths  nich 
beipflichten,  wenn  er  dieses  Orificium  „trichterförmig"  nennt  und  sich  dabei  aut  den 
Befund  an  Durchschnitten  gehärteter  Blasen  beruft,  denn  bei  der  Härtung  T^^f^ 
(durch  Schrumpfung  der  Gewebe)  eine  Oeffnung,  wie  der  Blasenmund,  trichterförmig 
werden. 

H  a  r  n  d  r  a  n  g,  H  a  r  n  e  n  1 1  e  e  r  u  n  g.  Es  ist  sehr  merkwürdig,  wie  seni 
sich  die  Blase  grossen  Spannungen  und  Dehnungen  akkommodiren  kann ;  ^^^"^ 
wenn  wir  unter  Schmerzen  Harndrang    verspüren  und   ihn   überwinden,    ste 


Harnblase:  Physiologische  Bemerkung'en.  321 

sich  wieder  Rübe  ein  und  lässt  sich  die  Blase  noch  weiter  ausdehnen;  ich 
verweise  hier  auf  die  treffliche  Auseinandersetzung  von  Griffiths.  Diese 
Eigenschaft  der  Blase  hat  aber  auch  ibre  Schattenseite;  jedenfalls  sollte  sie  nicht 
Dfiissbraucbt  werden. 

Was  die  Entstehung  des  Harndranges  anlangt,  so  stimme  ich  denjenigen 
bei,  welche  ihn  von  dem  intravesicalen  Drucke,  bezw.  der  Spannung  der  Blasen- 
Wand,  ableiten;  dass  der  Harndrang  von  der  Urethra  aus,  und  zwar  in  sehr 
stürmischer  Weise  eingeleitet  werden  kann,  wird  damit  nicht  bestritten. 

Ich  bin  nicht  der  S.  294/295  berührten  Meinung  Finger 's^)  und  Anderer,  dass  bei 
Füllung  der  Blase  allmählich  die  Pars  prostatica  bis  zum  Sphincter  vesicae  externus 
^it  in  die  Blase  einbezogen  werde,  und  somit  ein  „Blasenhals"  in  des  Wortes  bester 
Bedeutung  entstehe.  Wie  ist  es  denn  damit,  kann  man  fragen,  beim  Weibe?  Auch 
niüsste  man  bei  den  Medianschnitten  durch  gefrorene  Leichen  mit  gefüllter  Blase 
so  etwas  zu  sehen  bekommen.  Dass  sich  bei  künstlicher  Füllung  von  den  Ureteren 
^er  der  Anfangstheil  der  Harnröhre  erweitert,  ist  selbstverständlich.  Das  Experi- 
ment, dass  man  bei  stark  gefüllter  Blase  den  Katheter  weniger  weit  vorzuschieben 
J^abe,  um  Harn  zu  entleeren,  als  bei  schwach  gefüllter,  beweist  nichts,  denn  so  wie 
der  Katheter  die  Pars  prostatica  der  Urethra  berührt,  tritt  Harndrang  ein  und  der  Harn 
kommt  dem  Katheter  schon  entgegen,  insbesondere  bei  stark  gefüllter  Blase.  Jeden- 
falls muss  man  erst  einen  anatomischen  Beweis  abwarten.  Auch  Reh  fisch,  1.  c.  [S.  322] 
hat  sich  jüngst  gegen  die  Ansicht  Finger 's  ausgesprochen. 

Bezüglich  der  Regelung  der  Harnentleerung,  wie  wir  sie  in 
den  ersten  Kinderjahren  erlernt  haben,  scheint  mir  das  Eichtige,  anzunehmen, 
dass  bei  eintretendem  ersten  leisen  Harndrange  reflektorisch  der  M.  sphincter 
Vesicae  internus  sich  kontrahirt  und  den  etwa  eintretenden  Zusammenziehungen 
der  übrigen  Blasenmuskulatur  entgegenwirkt.  Es  existirt,  wie  anatomisch  leicht 
^nachgewiesen  werden  kann  (s.  darüber  das  Kapitel:  „Harnröhre"),  eine  mit  der 
Muskulatur  des  Trigonum  vesicae  zusammenhängende  glatte  Muskelschicbt, 
Welche  sich  nach  vorn  um  die  Harnröhre  herumlegt  and  sehr  wohl  als  ein 
Sphincter  vesicae  —  besser:  urethrae  —  wirken  kann.  In  diese  Muskellage 
ist  meines  Erachtens  der  regelnde  Verschluss  der  Blase  zu  versetzen,  welcher 
den  Detrusor-Kontraktionen  entgegenwirkt,  nicht  in  die  gestreifte  Dammmusku- 
•atur,  welche  erst  in  zweiter  Instanz  in  Frage  kommt.  So  lange  die  austreibende 
ßlascnmuskulatur  sich  nicht  kontrahirt,  reicht  der  rein  anatomische  Vciscliluss 
^^s,  wie  z.  B.  an  der  Leiche;  wenn  aber  Kontraktionen  beginnen,  dann  muss 
diesen  auch  physiologisch  entgegengewirkt  werden. 

Soll  nun  die  Blase  entleert  werden,  so  setzen  wir  die  Blasenwand- 
^uskulatur  in  Aktion,  und  zwar,  so  bald  wir  Herr  unseres  Regelungsmccha- 
^ismus  geworden  sind,  vom  Hirncentrum  der  Blase  aus;  gleichzeitig  hemmen 
^ii',  wahrscheinlich  von  demselben  Centrum  aus,  die  Verschlussmuskulatur, 
^ie  Bauchpresse  kann  bekanntlich  die  Harnentleerung  fördern,  ist  aber  für  die- 
selbe nicht  nothwendig. 

Was  endlich  die  Stellung  der  oberen,  sympathischen  Blasenbahn  zur 


1)  Finger,    E.,    Zur    Anatomie    und   Physiologie    der   Harnröhre    und    Blase 
Wiener  mediz.  Wochenschrift.  1896.  S.  1153. 

^Valdeyer,  Das  Becken.  -^ 


325  Bamblase:  Pathologische  Verhältnisse* 

unteren,  cerebrospinalen  anlangt,  so  könnte  erstere  wohl  als  die  primitive 
Einrichtung  angesehen  werden,  welche  in  erster  Linie  funktionirt  und  allein 
thätig  ist,  wenn  der  Gehirneinflnss,  wie  z.  B.  im  ersten  Kindesalter,  oder  i^ 
Schlafe,  ruht^). 

Pathologische  Verhältnisse  der  Harnblase. 

I.  Rücklauf  von  Harnröhreninhalt  in  die  Blase.  Eine  praktisch  wich- 
tige Frage  ist  die,  ob  unter  gewöhnlichen  Umständen  Harnröhreninhalt? 
namentlich  pathologischer  Art  (Eiter,  infektiöse  Flüssigkeiten,  Blut  u.  a-)?  ^^ 
die  Blase  zurückfliesst,  oder  ob  derselbe  stets  seinen  Weg  zum  Orificium  ex- 
ternum  urethrae  nimmt.  Damit  verknüpft  sich  die  weitere  Frage,  ob  es  g^' 
lingt,  vom  vorderen  Abschnitte  der  Harnröhre  aus  Flüssigkeiten  in  die  Blase 
einzutreiben. 

So  weit  es  erprobt  worden  ist,  bildet  die  Pars  membranacea  der  Harß' 
röhre,  s.  w.  u.,  hier  eine  wichtige  Grenze,  indem  sie  eine  auch  entwicklungs- 
geschichtlich begründete  Trennung  in  eine  Urethra  posterior  (Pars  prosta- 
tica  urethrae)  und  anterior  schafft.  Flüssigkeiten  aus  der  Urethra  posterior 
treten  leicht  in  die  Blase  zurück,  aus  der  Urethra  anterior  ohne  Injektion 
wohl  niemals.  Injektionen,  welche  in  die  Urethra  anterior  gemacht  werde»; 
erreichen  die  Blase  nur  bei  hohem  Drucke. 

Schon  vorhin  ist  der  Annahme  gedacht  worden,  dass  die  Urethra  posterior  ge- 
wissermaassen  ein  Anhang  der  Blase  sei,  der  bei  starker  Füllung  mit  in  die  Blase 
einbezogen  werde;  ich  musste  dies  letztere  zurückweisen.  Dafür  sprechen  auch,  '^^^ 
hier  noch  erwähnt  werden  mag,  Versuche  v.  Zeissl's,  welcher  (bei  Leichen)  die  Blase 
von  den  üreteren  aus  füllte,  nachdem  vom  Scheitel  her  ein  Endoskop,  unter  festeßi 
Verschlusse  der  Oeffnung,  eingeführt  worden  war;  er  fand  das  Orificium  urethrae 
internum  stets  geschlossen. 

II.  Rücklauf  von  Blaseninhalt  in  die  üreteren.  Dass  unter  patholog*' 
sehen  Verhältnissen  eine  Rückstauung  des  Harnes  zum  Nierenbecken  hin  statt' 
finden  kann,  ist  nicht  in  Abrede  zu  stellen.  Ueberraschender  Weise  habe» 
aber  L e w i n  und  Goldschmidt 2)  gezeigt,  dass  bei  lebenden  Kaninchen? 


1)  Vgl.  zur  Physiologie  der  Blase  noch:  Gaule,  J.,  Versuch  eines  Schemas  der 
Innervation  der  Blase,  insbesondere  der  lokalen  Reflexbahn.  Arch.  f.  Anatomie  "U^ 
Physiologie.  1892.  --  Langley  &  Anderson,  The  innervation  of  the  pelvic  and  ad- 
joining  viscera.  Journ.  of  physiology  vol.  XIX,  1895  und  vol.  XX,  1896.  —  Sb  er- 
rington, C.  S.,  The  lumbosacral  plexus.  Ibid.  vol.  XIII.  p.  678.  —  Griffiths,  X,  ^^' 
servations  of  the  urinary  bladder  and  Urethra.  The  Journ.  of  anat.  and  physiol.  vo  • 
XXIX.  p.  61  and  254.  —  Born,  Zur  Kritik  über  den  gegenwärtigen  Stand  von 
der  Frage  von  den  Blasenfunktionen.  Deutsche  Zeitschrift  f.  Chirurgie  Bd.  25.  1^  ' 
S.  118.  —  Zeissl,  M.,  Ueber  den  Blasenverschluss  etc.  Wiener  med.  Presse.  1^^  * 
Nr.  21.  —  Derselbe,  Ueber  die  entnervte  Blase.  Wiener  klin.  Wochenschrift.  1^^  * 
Nr.  20.  —  Rehfisch,  E.,  Ueber  den  Mechanismus  des  Harnblasenverschlusses  ^^ 
der  Hamblasenentleerung.   Virchow's  Arch.  Bd.  150,  1897  (mit  Literatur). 

2)  Lewin,  L.,   und  Goldschmidt,  H.,   Experimentelle   Studien   über   die  ^ 
Ziehungen  zwischen  Blase    und  Harnleiter.    Berliner  klinische  Wochenschrift.   ^^ 
Nr.  32.    S.  auch  Virchow's  Archiv  1893. 


Harnblase:  Pathologische  Verhältnisöe.  323 

wenn  die  Blase  muskelkräftig  ist,  insbesondere,  wenn  dabei  die  Urethra  ab- 
gesperrt ist  und  die  Füllung  nicht  zu  stark  war,  die  injicirte  Flüssigkeit 
nicht  selten  bis  zu  den  Nierenbecken  zurückgetrieben  wurde;  durch  peristaltische 
Üreterenbewegungen  wird  sie  dann  auch  wieder  zur  Blase  geführt.  Die 
physiologische  und  vor  allem  die  pathologische  Bedeutung  dieses  Befundes 
leuchtet  ein. 

III.  Resorption  von  der  Blasenschleimhaut  aus.  Gerota  in  seiner 
S.  303  citirten  Schrift  (Arch.  für  Anat.  und  Physiol.  1897)  führt  aus,  dass, 
bei  unversehrter  Schleimhaut,  eine  Resorption  im  strengen  Wortsinne  nicht 
stattfindet,  sondern  nur  eine  geringe  Diffusion.  Ist  die  Schleimhaut  zerstört, 
so  kann  eine  Resorption  sowohl  von  den  Venen,  wie  auch  von  den  Lymph- 
gefässen  der  Muscularis  ausgehen,  insbesondere  am  Trigonum.  Infektiöse  Neo- 
plasmen, welche  hier  wachsen,  können  daher  auch  leicht  auf  dem  Wege  der 
Lymphbahnen,  bezüglich  deren  S.  303  verglichen  werden  möge,  sich  weiter 
verbreiten.  —  Morro  und  Gaebelein  (Zeitschr.  f.  klin.  Med.  32.  Bd.  1897) 
fanden  auch  bei  unversehrter  Schleimhaut,  Resorption  von  Zucker,  Harnstoff, 
Cocain  u.  a.  in  nennenswerther  Menge. 

IV.  Neurosen  der  Blase,  Störungen  der  Harnentleerung.  Die  unter 
Umständen,  namentlich  bei  pathologischen  Zuständen,  hohe  Sensibilität  der 
Blase  erklärt  sich  aus  den,  insbesondere  von  Retzius  I.e.  (S.  319)  nachge- 
wiesenen intraepithelialen  Nervenendigungen,  unter  den  mannigfaltigen  und  so 
wichtigen  Störungen  der  Blaseninnervation,  welche  unter  allen  Neurosen  mit  die 
bedeutsamste  Stelle  einnehmen,  sei  hier  nur  der  Ischuria  paradoxa  gedacht. 

Dieselbe  stellt  sich  ein,  wenn  der  Austreibungsniechanisnms  der  Blase  gelähmt 
ist,  was  auf  verschiedene  Weise  geschehen  kann,  z.  B.  durch  Lähmung  des  nervösen 
Blasencentrums  im  Lendenmarke,  durch  übermässige  Ausdehnung  der  Blasenmusku- 
latur  bei  bestehenden  mechanischen  Hindernissen  des  Harnabflusses,  u.  a.  Ist  nun 
infolge  dieser  Lähmung  die  Blase  soweit  gefüllt,  dass  der  intravesikale  hydrostatische 
E)ruck  allein  ausreicht,  um  die  natürlichen  Abflusshindernisse  zu  überwinden,  so  fliesst 
eben  der  Harn  aus  der  Blase  ab,  wie  aus  einem  übervollen  Gefässe,  tropfenweise, 
^obei  die  Blase  stark  gefüllt  bleibt.  Auch  bei  bestehenden  pathologischen  Hinder- 
iiissen  für  den  Harnabfluss  ist  eine  solche  tropfenweise  Entleerung  wohl  möglich, 
l^er  Ausdruck  „Ischuria  paradoxa**  weist  auf  den  Widerspruch  hin,  der  zwischen  der 
starken  Füllung  der  Blase  und  dem  gleichzeitigen  fortwährenden  Harnabträufeln  be- 
steht. Insbesondere  bemerkenswerth  sind  jene  Fälle,  bei  denen  den  betreffenden 
I'atienten,  infolge  der  Lähmung  auch  der  sensiblen  Blasennerven,  noch  das  Gefühl 
*ies  Harndranges  abhanden  gekommen  ist. 

Als  pathologische  Hindernisse  der  Harnentleerung  sind  am  häufigsten  Prost ata- 
hypertrophien  und  Strikturen  der  Harnröhre  zu  nennen;  nächstdem  Ge- 
schwülste und  Stein bildungen  in  der  Blase.  Auf  die  übrigen  Störungen  der 
Harnentleerung  einzugehen,  ist  hier  nicht  der  Ort. 

V.  Blasenblutungen.  Falls  nicht  direkte  Verletzungen  der  Blase  vor- 
liegen, die  eine  andere  Stelle  betreflfen,  und  man  sich  vergewissert  hat,  dass 
das  abgehende  Blut  in  der  That  der  Harnblase  entstammt,  ist  in  erster  Linie 
^^  eine  Aflfektion  der  unteren  Blasenwand  zu  denken,  und  zwar  insbe- 
öondere  an  Neoplasmen,  oder  an  Steinbildungen;  bei  den  letzteren  sind 


324  Harnblase:  Pathologische  Verhältnisse. 

aber  Blutunj^en    viel    seltener.     Selten    sind    auch    Blutungen   aus    varikös  er- 
weiterten Venen  des  Trigonum,  sogenannte  „Blasenhämorrhoiden",  s.  S.  303. 

VI.  Verletzungen  der  Blase;  Blasenrupturen i).  Zunächst  ist  bezüglich 
der  Blasenverletzungen  hervorzuheben,  dass  sie  zu  den  selteneren  Traumen  ge- 
hören, wie  sich  aus  der  geschützten  Lage  der  Blase  erklärt.  Wenn  beim 
Manne  auch  die  bei  Geburten  vorkommenden  Läsionen  wegfallen,  so  wird  dies 
reichlich  aufgewogen  durch  den  Umstand,  dass  der  Mann  weit  mehr  anderen 
Verletzungen  des  Beckens  vermöge  seiner  socialen  Stellung  ausgesetzt  ist.  Ein 
ansehnliches  Kontingent  von  Blasenverletzungen  liefern  die  Beckenschusswunden, 
namentlich  die  mit  Knochensplitterung  komplicirten,  und  die  Beckenbrüche  über- 
haupt; ferner  die  Blasenrupturen,  welche  durch  Schlag  auf  den  Bauch,  z.  B* 
Hufschlag,  bei  gefüllter  Blase  entstehen;  dies  erklärt  sich  einfach  aus  den  ana- 
tomischen Verhältnissen. 

Für  die  sehr  seltenen  Stichwunden  der  Blase  liegen  als  anatomisch  gegebene 
Pforten  vor:  Der  Damm  einschliesslich  des  Rectum  und  des  Anus,  die  Regi*^ 
pubica  und  das  Foramen  obturatum;  kaum  jemals  wird  die  Blase  durch  Stich 
von  höheren  Theilen  des  Bauches  oder  von  den  Foramina  ischiadica  her  verletzt. 

Blase nrupturen  durch  übermässige  Füllung  kommen,  falls  nicht  noch  ein 
anderes  mechanisches  Moment  hinzutritt,  kaum  vor;  es  sei  denn,  dass  wir  es  mit  nicht 
mehr  normalen,  morschen  Blasenwänden  zu  thun  haben.  Den  Ermittelungen  v.  Stu- 
benrauch's2)  zufolge  sind  zum  Zustandekommen  einer  Blasenzerreissung  meist 
starke  Gewalten  bei  einem  gewissen  FüUungsgrade  erforderlich.  Indirekte  Ein- 
wirkungen, z.  B.  durch  Sprung,  sind  fast  ebenso  wirksam  wie  direkte.  Die  hintere 
obere  Wand  neigt  am  meisten  zur  Euptur,  offenbar  wohl,  weil  sie  bei  der  Füllung 
sich  am  meisten  dehnt.  Starke  Bauchdecken,  die  Symphyse,  die  Wirbelsäule  und  ein 
gefülltes  Rectum  schützen  vor  einer  Ruptur.  Immer  gehen  die  Rupturen  von  innen 
nach  aussen,  wie  die  unvollständigen  Zerreissungen,  welche  stets  in  der  Schleimhaut 
beginnen,  erweisen. 

Einen  wichtigen  Unterschied  bedingt  der  Umstand,  ob  die  ßlasenwunden  voll* 
ständig  oder  unvollständig  sind,  d.  h.,  ob  sie  alle  oder  nur  einen  Theil  dev 
Blasenwandschichten  durchsetzen,  ferner,  ob  die  vollständigen  Verletzungen  nur  sub- 
peritonäale  oder  peritonäale  sind;  bei  den  letzteren,  den  sogenannten  pene- 
trirenden  Blasenwunden,  ist  auch  das  Bauchfell  verletzt. 

Bei  allen  Verletzungen  ist  die  erste  Behandlungsregel,  dass  man  für  freien 
Abfluss  des  Harnes  Sorge  trage,  denn  die  Gefahren  einer  Harninfiltration  sind» 
wegen  des  lockeren,  die  Blase  umgebenden  Bindegewebes,  der  ansehnlichen  Venen- 
plexus,  und  der  unmittelbaren  Nachbarschaft  der  Peritonäalhöble,  gross. 

VII.  Lageanomalien.  Wir  erwähnten,  dass  der  Vertex  der  Blase  bei 
starken  Füllungen  zur  Seite  abweichen  kann,  ferner  abnormen  Hoch-  nnd 
Tiefstand  der  Blase.  Ungewöhnliche  Hochstände  sind  z.  B.  in  den  Figuren  66 
und  86  beim  Manne  und  Weibe  zu  sehen.  Prostata-  und  Rektumanomalißi^ 
sowie  Beckentumoren  spielen  zur  Erzielung  eines  abnormen  Hochstandes  eine 
grosse  Rolle  (vgl  das  S.  308  Gesagte). 


1)  Vgl.  hierzu  die  monographische  Arbeit  von  M.  Bartels:   Die  Traumen  der 
Harnblase.    Archiv  für  klinische  Chirurgie.  1878.  Bd.  22. 

2)  Stubenrauch,   L.  v.,   Ueber   die  Festigkeit  und  Elasticität  der  Harnblase. 
Archiv  für  klinische  Chirurgie.  Bd.  51.  S.  386.  1896. 


Harnblase:  Pathologische  Verhältnisse.  325 

Wichtig  ist,  dass  die  Blase  durch  Knochenfrakturen,  in  welche  sie  einheilt,  aus 
ihrer  Lage  gebracht  werden  kann  i),  ferner  dadurch,  dass  sie  den  Inhalt  von  Hernien 
^nd  Vorfällen  bildet.  Beim  Manne  ist  die  Blase  am  häufigsten  als  Inhalt  einer  Leisten- 
hernie gefunden  worden  (40  Fälle  unter  56),  dann  als  Inhalt  einer  Perinealhernie.  Von 
ß^itheiligung  der  Blase  bei  einem  Prolapsus  kann  beim  Manne  nur  der  Prolapsus 
^ecti  in  Frage  kommen  (Rectocele  vesicalis) ;  andererseits  können  aber  Darmschlino-en 
in  einer  Cystocele  liegen.  Es  ist  bei  Blasenhernien  zu  merken,  dass  sie  durch  die 
Harnentleerung  abschwellen.  Falls  Darm  und  Blase  gleichzeitig  den  Inhalt  einer 
Hernie  bilden,  liegt  die  Blase  hinter  dem  Darme,  weil  dieser,  als  der  beweglichere 
Theil,  zuerst  in  den  Bruch  einbezogen  wird. 

Zu  den  Lageanomalien  können  auch  die  grösseren  ßlasendivertikel,  und 
jiie  excentrischen  wie  koncentrischen  Blasenhypertrophien  gestellt  werden, 
insofern  sie  Blasentheile  dorthin  verschoben  sein  lassen,  wohin  sie  nicht  gehören,  oder 
'^ie  Blase  einen  ungehörig  grossen  oder  kleinen  Raum  einnehmen  lassen. 

Die  Divertikel,  über  welche  wir  von  Englisch^)  eine  eingehende  Darstellung 
besitzen,  finden  sich  weitaus  am  häufigsten  an  der  hinteren  Wand,  was  mit  anatomi- 
schen und  physiologischen  Verhältnissen,  z.  B.  der  Fossa  retrouretcrica,  direkt  zu- 
sammenhängt. Die  grossen  Divertikel  des  Bas-fond  senken  sich  weit  zwischen  Rectum 
Und  Prostata  hinab  zum  Damme  hin;  sie  erreichen  zuweilen  eine  erstaunliche  Grösse, 
so  dass  sie  die  Blase,  von  der  sie  ausgegangen  sind,  an  Umfang  übertreffen 3).  Im 
Berliner  anatomischen  Institute  beobachtete  ich  zwei  Divertikel  von  je  Nussgrösse, 
Welche  an  der  hinteren  Blasenwand  vollkommen  symmetrisch  sich  entwickelt  hatten. 
Von  den  Divertikeln  müssen  sehr  wohl  die  sogenannten  „falschen  Blasen" 
Unterschieden  werden;  man  versteht  darunter  abgesackte,  umschriebene  Anhäufungen 
^on  Harn  in  der  Umgebung  der  Blase,  wie  sie  mitunter  nach  Kontinuitätstrennungen 
^^r  Harnwege,  insbesondere  der  Blase  selbst,  gebildet  werden ;  ihre  Verkennung  kann 
^u  verhängnissvollen  Irrthümern  führen. 

VIII.  Abnorme  Kommunikationen,  Blasenfisteln.  Die  abnormen  Kora- 
^unikationen  des  Blasenlumens,  welche  einen  dauernden  Charakter  tragen,  also 
Tifistulös"  geworden  sind,  können  sowohl  angeboren  wie  erworben  sein;  die 
angeborenen  behandeln  wir  im  Kapitel:  Missbildungen. 

Die  anatomischen  Verhältnisse  bedingen,  dass  wir  bei  Männern  haben:  1)  die 
äusseren  Blasenfisteln,  welche  entweder  am  Damme  oder  an  der  vorderen 
^'^-uchwand  oberhalb  der  Symphyse  münden  —  nur  ausnahmsweise  kann  wohl  eine 
andere  Oeffnungsstelle  noch  vorkommen  — ,  2)  die  inneren  Blasenfisteln,  wobei 
^s  sich  um  Kommunikationen  mit  einem  anderen  Eingeweiderohre  handelt.  Hier 
kommen  beim  Manne  nur  das  Rectum  (s.  S.  282,  283),  der  Dünndarm  und  das  Colon 
So  wie  der  Processus  vermiformis  —  in  sehr  seltenen  Fällen  auch  die  Samenblasen  — 
in  Betracht. 

IX.  Entzündliche  Veränderungen.  Nach  der  anatomischen  Schichtung 
^^^Y  Blasenwand  kann  man  —  unter  Berücksichtigung  der  von  R.  Virchow 
*öi'  die  Gebärmutter  gegebenen  Nomenklatur  —  unterscheiden : 

1)  Die  Pericystitis  (Epicystitis),  welche  die  Blasenserosa  betrifft  und 

1)  Gerota,  D.,  lieber  einen  seltenen  Fall  von  Beckenfraktur.  Archiv  für  klin. 
Chirurgie.  52.  Bd.  Heft  3.  1896. 

2)  Englisch,  lieber  Taschen  und  Ausbuchtungen  der  Harnblase.  Wiener  mediz. 
Wochenschrift.  1894.  S.  475. 

3)  Sick,  Vorstellung  eines  Falles  von  enormem  wahren  Blasendivertikel.  Deutsche 
ö^ediz.  Wochenschrift.  1897.  Nr.  29.  Vereinsbeilage.  S.  140. 


326  Harnblase:  Pathologische  Verhältnisse. 

immer  wohl  nur  Theilerscheinung  einer  Beckenperitonitis  oder  allgemeinen 
Peritonitis  ist;  sie  kann  nur  die  hintere  Blasenwand  betreffen.  2)  Die  Para- 
c  y  s  t  i  t  i  s,  worunter  die  Entzündung  des  die  Blase  umgebenden  subperitonäalen 
Bindegewebes  zu  verstehen  ist.  An  diese  schliessen  sich  die  Entzündungen  im 
submuskulären  (präfascialen)  und  prävesicalen  Eaume  (Cavum  Retzii)  an.  Die 
S.  223  ff.  gegebene  Schilderung  dieser  Bindegewebsräume  legt  die  hier  möglichen 
Verhältnisse  klar.  3)  Die  Cystitis,  welche  wieder  in  eine  Endocystitis? 
d.h.  eine  Entzündung  der  Blasenschleimhaut  und  in  eine  Cystitis  inter- 
stitialis  zerfällt;  bei  der  letzteren  spielt  sich  der  Process  in  der  Submucosa 
oder  in  der  Muskel  wand  der  Blase  ab.  Die  weitaus  wichtigsten  und  häufig- 
sten Formen  sind  die  Endocystitis  und  die  Paracystitis. 

X.  Neubildungen  der  Blase  i).  Es  ist  hier  nicht  der  Ort,  alle  in  der 
Blase  vorkommenden  Neubildungen  aufzuzählen;  es  handelt  sich  vielmehr 
darum,  die  anatomischen  Momente,  welche  die  Art,  die  Form  und  den  Sitz 
der  Blasenneubildungen  beeinflussen,  hervorzuheben. 

Was  die  Art  der  Blasengeschwülste  anlangt,  so  kommen  für  die  intravesikalen 
Formen  die  epithelialen,  fibrösen,  angiomatösen  und  myomatösen  Neubil- 
dungen am  meisten  in  Betracht,  wie  das  nach  dem  Baue  der  Blasenwand  erwartet 
werden  darf.  Auch  Cysten  können  vorkommen,  und  erklärt  sich  dies  nach  den 
vorhin  erwähnten  anatomischen  Befunden  der  v.  Brunn'schen  Epithelnester  und  der, 
wenn  auch  selten  vorkommenden  Drüsen.  Die  in  der  Blase,  wie  überall,  ein  oder 
das  anderemal  beobachteten  Dermoidkystome  harren  noch  ihrer  Erklärung  hier,  wi® 
anderwärts.    Vgl.  darüber  das  Kapitel:  „Eierstock". 

Es  hat  nichts  auffälliges,  wenn  wir  in  der  Blase  so  häufig  einer  villösen  Fori» 
der  Neubildungen  begegnen.  Wenn  von  der  Wand  eines  für  die  meiste  Zeit  mi*i 
Flüssigkeit  erfüllten  Hohlraumes  ein  Neoplasma  ausgeht,  welches  Gefässe  führt,  so 
sind  alle  physikalischen  Bedingungen  für  die  Entstehung  einer  Zottenform  gegeben. 

Die  Basis  der  Blase  ist  endlich  der  Ort  nicht  nur  für  die  Entwicklung  der 
Neoplasmen,  sondern  für  die  meisten  pathologischen  Processe  dieses  Organes  über- 
haupt; es  ist  dessen  „Zone  pathologique"  2).  Auch  dafür  lassen  sich  anatomisch-pby' 
Biologische  Gründe  anführen:  Die  komplicirtere  Zusammensetzung  der  Blasenbasis» 
die  Lage  der  Zugangs-  und  Abgangsöffnungen  daselbst,  die  Nachbarschaft  anderer 
Organe  und  des  Dammes,  so  wie  die  relative  Unbeweglichkeit,  welche  zu  Stagnationen 
des  Blaseninhaltes  führt  und  die  Entwicklung  krankhafter  Processe  nicht  stört. 

XI,  Blasensteine  und  Fremdkörper  in  der  Blase.  Fremdkörper  und 
Blasensteine  können  hier  zusammen  betrachtet  werden,  weil  die  Steine  si*^*^ 
in  vielen  Fällen  um  Fremdkörper  überhaupt  erst  entwickeln,  und  weil  sie  ßi^*^ 
ganz  und  gar,  der  Blase  gegenüber,  wie  Fremdkörper  verhalten.  Während 
aber  Steine  naturgeraäss  —  es  bedarf  wohl  keiner  weiteren  Begründung  "^ 
weit  häufiger  bei  Männern  sich  finden,  treffen  wir  Fremdkörper,  der  leichteren 
Einführbarkeit  wegen,  mindestens  eben  so  häufig  bei  Frauen  wie  hei  Männern- 

Steine,  wie  Fremdkörper  werden  in  erster  Linie  an  der  Blasenbasis  zu  suchen 
sein,  falls  sie  (Fremdkörper)  nicht  etwa  durch  hakenähnliche  Bildungen  auch  anders^^ 


1)  Albarran,  S.,  Les  tumeurs  de  la  Vessie,  Paris,  1892.  Steinheil. 

2)  Tuffier,  Appareü  urinaire.  Duplayet  Reclus:  Trait6  de  Chirurgie,  T.v^^» 
p.  763.  1892. 


Urachus.    Ligamentum  umbilicale  medium.  327 

festgeheftet  sind.  Grössere  Körper  wird  man  am  Trigonum  und  an  der  Stelle  des 
Bas-fond,  falls  ein  solcher  sich  zeigt,  also  mehr  in  der  mittleren  Region,  finden, 
kleinere  können  auch  in  die  Recessus  laterales  vesicae  gleiten.  Bemerkenswerth  sind 
die  Lagerung  in  Divertikeln  und  die  sogenannte  interstitielle  Lagerung;  bei 
letzterer  gelangen  Steine,  die  im  intramuralen  Theile  der  Ureteren  abgeklemmt 
wurden,  in  das  Gewebe  der  Blasenwand;  dasselbe  kann  auch  bei  vorhandenen  partiellen, 
z.B.  ulcerativen  Defekten  der  Blasenwand  vorkommen.  Lange,  stabförmige  Fremd- 
körper wird  man  meist  in  der  Querlage  finden.  .,„..,, 

Aus  der  Lagerung  der  Fremdkörper  und  der  Steine  erklärt  sich  ein  Theil  der 
Symptome  und  die  verschiedenen  oft  sehr  sonderbaren  Stellungen,  welche  Steinkranke 
annehmen,  um  ihren  Harn  lassen  zu  können. 

Endlieh  sei  darauf  aufmerksam  gemacht,  dass  inkrustirte  Pessanen  und  ver- 
kalkte Uterusmyome  beim  Weibe,  harte  Skybala  beim  Manne  Fremdkörper  m  der 
Blase,  insbesondere  Steine,  vortäuschen  können. 

Urachus.    Ligamentum  umbilicale  medium. 

Der  ürachus,  Harngang,  ein  Rest  des  fötalen  Allantoisganges,  stellt 
beim  Erwachsenen  einen  meist  genau  median  liegenden  Strang  dar,  welcher 
vom  Blasenscheitel  bis  zum  Nabelringe  sich  erstreckt.  Die  Abgangsstelle  von 
der  Blase,  „point  ouracal"  s.  S.  291,  liegt  bei  Erwachsenen  meist  etwas  vor 
«nd  unterhalb  des  höchsten  Scheitelpunktes.  In  der  Nähe  der  Blase,  auf  emer 
Strecke  von  1—2  cm,  ist  der  Hamgang  gewöhnlich  etwas  stärker,  wird  dann 
ein  feiner  Strang,  der  auf  den  unteren  zwei  Dritteln  seines  Laufes  bis  zum 
Nabel  meist  noch  sehr  deutlich  ist  und,  wenn  auch  kein  Lumen,  so  doch,  ab- 
gesehen von  einer  bindegewebigen  und  muskulösen  Wand,  ein  centrales  Epithel- 
rohr —  richtiger:  Epithelfaden  —  erkennen  lässt.  Auf  der  letzten  Drittelstrecke 
bis  zum  Nabel  findet  man  meist  keine  Epithelspur  mehr;  der  Strang  wird  dann 
zu  einem  dünnen  Faden,  welcher  sich  nur  schwer  noch  verfolgen  lässt  und, 
meist  excentrisch,  einfach  oder  auch  in  mehrere  Fäden  aufgelöst,  am  unteren 
Rande  des  Nabelringes  sich  befestigt. 

Mit  seiner  unteren  Partie  springt  nicht  selten  der  Urachus,  indem  er  das  Bauch- 
feil  in  einer  ansehnlichen  Falte  „Mesurachium"  abhebt,  stark  vor;  m  solchen  Fällen 
Ist  meist  das  gleiche  bei  den  Ligamenta  umbilicalia  lateralia,  den  obhterirten 
Nabelarterien,  der  Fall;  ich  bezeichne  die  auf  diese  Weise  entstehenden  Bauchfell- 
falten als  ,Mesangia  umbilicalia".  Die  tiefen  Taschen  zwischen  diesen Mesangien 
lind  dem  Mesurachium  können  Gelegenheit  zu  Hernien,  oder  Absackungen  von  Darm- 
schlingen geben;  falls  die  Mesangien  Fenster  bekommen,  können  sie  zu  inneren  Ein- 
klemmungen führen. 

Das  praktisch  Wichtigste  beim  Urachus  ist  aber  der  Umstand,  dass  «'  ganz 
oder  theilweise  offen  bleiben  kann.  Dies  führt  unter  Umständen,  namentlich  bei 
Cystitis,  zu  Nabelfisteln  oder  zur  Bildung  von  Cysten,  die  einen  enormen  Umfang 
erreichen  können.  Auch  fistulöse  Kommunikationen  mit  dem  Darme  und  der  Ualien- 
'>lase  können  sich  herstellen,  so  dass  Galle,  ja  selbst  Gallensteine,  m  die  Blase 
gelangen  1).  _,... 

Gewöhnlich  obliterirt  das  obere  Ende  des  Urachus  noch  während  der  Fotalzeit. 
Bei  Neugeborenen  ist  das  untere  Ende  noch  ein  dicker  Strang  und  «"""•*  »^'^''J''® 
eiae  Portsetzung  der  Blase  aus.    Vgl.  zum  Kapitel  Urachus  die  Figg.   61,  63  u.  üö. 

1)  Graf,  Fr.,  Urachusfisteln  und  ihre  Behandlung.    Inaug.-Diss.  Berlin.  1896. 


328  Arteriae  umbilicales.    Ligamenta  umbilicalia  lateralia.    Ureter. 

Arteriae  umbilicales,  Ligamenta  umbilicalia  lateralia. 

Wiederholt  schon,  insbesondere  S.  248  und  327,  ist  von  den  Arteriaß 
umbilicales  und  ihren  Rudimenten,  den  späteren  Ligamenta  vesi- 
c  a  1  i  a  1  a  t  e  r  a  1  i  Ry  die  Rede  gewesen ;  es  genügt  darauf  zu  verweisen.  Ic^ 
füge  nur,  mit  Rücksicht  auf  eine  unrichtige  Angabe  Mettenheimer's^)  hinzu, 
dass  dieselben  unterhalb  der  Ductus  deferentes  verlaufen,  ebenso  wie  beina 
Weibe  unterhalb  der  Ligamenta  teretia  uteri. 

Harnleiter  (Ureter). 

Man  versteht  unter  Harnleiter,  Ureter,  den  muskulös-häutigen  Gang? 
welcher  den  Harn  vom  Nierenbecken  zur  Harnblase  führt.  Da  das  Nieren- 
becken sich  allmählich  zum  Harnleiter  verjüngt,  so  ist  das  obere  (proximale) 
Ende  des  letzteren  nicht  genau  festzustellen;  in  der  Blase  endet  er  mit  dem 
scharf  bestimmbaren  und  im  vorigen  Abschnitte  beschriebenen  Orificiuni 
u  r  c  t  e  r  i  s  auf  dem  Trigonum  vesicae. 

Topographisch  sind  am  Ureter  eine  Pars  abdominalis  und  eine 
Pars  p  e  1 V  i  n  a  zu  unterscheiden ;  die  Pars  abdominalis  kann  man  wieder  in 
eine  Portio  a d r  e n a  1  i s  und  eine  Portio  infrarenalis  zerlegen,  wäh- 
rend die  Pars  pelvina  in  eine  Portio  par letalis  und  v i s c e r a I i s  zerfällt 

Wir  verstehen  unter  der  Portio  ad  renalis  ureteris  diejenige  Strecke  des 
Ganges,  welche  noch  dem  inneren  Nierenrande  anliegt,  tind  die  wir  bis  zum  unteren 
Nierenpole  rechnen,  wenngleich  hier  der  Harnleiter  sich  schon  von  der  Niere  zu  ent- 
fernen beginnt,  was  zum  Theil  durch  die  Krümmung  des  unteren  Nierenendes  he- 
dino't  ist.  Von  da  bis  zur  Berührung  mit  der  Arteria  iliaca  communis  (oder  extern») 
reicht  der  infrarenale  Theil  der  Pars  abdominalis.  Den  wandständigen  Abschnitt  des 
Beckentheiles  rechnen  wir  vom  Eintritte  in  das  kleine  Becken  bis  zu  der  Stelle,  ^^ 
der  Gang  sich  an  die  hintere  Wand  der  Harnblase  anlegt;  von  da  ab  beginnt  sein^ 
Portio  visceralis,  die  wieder  in  eine  Portio  extramuralis  und  intramuralis  zerleg* 
werden  kann. 

Beschreibend  anatomlsohe  Vorbemerkungen. 

Die  Länge  der  Ureteren  des  Mannes  beläuft  sich  durchschnittlich  ai^^ 
29  cm  rechts,  auf  30  cm  links  (Schwalbe  I.  c.  [S.  335]).  Das  Kaliber  des 
im  leeren  Zustande  von  vorn  nach  hinten  meist  abgeplatteten  Rohres  wechselt. 
In  der  Portio  adrcnalis  ist  es  weit  (etwa  6  mm),  verengt  sich  dann,  bis  in  einei* 
Entfernung  von  4 — 9  cm  vom  Hilus  renis  die  engste  Stelle  (oberer  Isth- 
mus, Schwalbe)  mit  3,2  mm  Durchmesser  erreicht  wird.  Nun  folgt  in  der 
Portio  infrarenalis  etwas  oberhalb  der  Arteria  iliaca  eine  spindelförmige  Erwei- 
terung (Hauptspindel,  Schwalbe)  mit  8 — 15mm.  Die  Stelle,  wo  der 
Ureter  die  Vasa  iliaca  kreuzt,  ist  wieder  enge  (unterer  Isthmus,  Schwalbe, 
4  mm).  Die  Pars  pelvina  zeigt  in  ihrem  parietalen  Abschnitte  meist  ein  gleich- 
massiges  Kaliber  oder  1  —  2  kleine  spindelige  Erweiterungen  (Holl,  Schwalbe)* 


1)  1.  c.  [S.  314]  S.  3G3. 


Ureter.  329 

Der  extramurale  Blasentheil  ist  mit  einer  muskulösen  von  der  Blasenmuskulatur 
stammenden  Seheide,  Ureterscheide,  umgeben,  welche  sich  leicht  ab- 
präpariren  lässt;  nach  Entfernung  derselben  erscheint  das  eigentliche  üreter- 
rohr  hier  eng,  und  bleibt  auch,  sich  noch  weiter  verjüngend,  enge  im  intra- 
muralen Abschnitte  bis  zur  Mündung  (Fig.  83). 

Die  Ureteren  sind  sowohl  in  der  Frontalebene  wie  in  der  Sagittalebene 
verschiedentlich  gekrümmt,  üreterkrümmungen,  Curvaturae  ure- 
teris,  und  zeigen  insbesondere  eine  mehr  oder  minder  scharfe  Knickung, 
Flexura  m argin alis,  Schwalbe,  da,  wo  sie  über  die  Vasa  iliaca  hin- 
weg von  der  Pars  abdominalis  in  die  Pars  pelvina  tibergehen;  hier  gesellt 
sich  zu  der  frontalen  Krümmung  noch  eine  sagittale. 

Die  frontalen  Krümmungen  sind  weniger  beträchtlich  als  die  sagittalen; 
es  sind  deren  zwei :  eine  in  der  Pars  abdominalis  mit  medianwärts  vorspringen- 
der Konvexität,  die  zweite,  auf  welche  bereits  Freund  und  L.  Joseph  auf- 
nierksam  gemacht  haben,  in  der  Pars  pelvina  unterhalb  der  Vasa  iliaca,  mit 
lateralwärts  vorspringender  Konvexität.  Beide  sind  leicht  erklärlich:  die  erste 
wird  durch  die  Lage  der  Portio  adrenalis  an  dem  medianwärts  vorspringenden 
unteren  Nierenende  eingeleitet  und  bedingt^  die  zweite  dadurch,  dass  der  Gang 
der  seitlichen  Beckenwand  folgt,  und  infolge  dessen  unterhalb  der  medianwärts 
vorspringenden  Vasa  iliaca  wieder  lateralwärts  ausbiegt. 

Die  sagittalen  Krümmungen  geben  dem  üreterrohre  in  ihrer  Ebene, 
wie  Funke  mit  Recht  bemerkt,  die  Gestalt  eines  lumbosakralen  Wirbelsäulen- 
durchschnittes (vordere  Grenzlinie  des  Schnittbildes).  In  der  Pars  abdominalis 
besteht  anfangs  eine  leichte  Krümmung  nach  vorn  wie  die  Lordosis  der  Lenden- 
wirbelsäule: darauf  folgt  mit  dem  Uebertritte  in  das  kleine  Becken  eine  stark 
nach  hinten  konvexe  Ausbiegung,  welche  mit  der  Kreuzbeinkrümmung  zu  ver- 
gleichen ist,  während  die  Uebergangsstelle  zwischen  diesen  beiden  entgegen- 
gesetzten Krümmungen  ähnlich  einem  Promontorium  vorspringt.  In  seinem 
ferneren  Laufe  wendet  sich  der  Ureter,  der  Steissbeinkrümmung  vergleichbar, 
wieder  scharf  nach  vorn  und  etwas  nach  oben,  um  die  Blase  zu  erreichen. 

An  der  Stelle  der  Schwalbe'schen  Flexura  marginalis  ist  es,  wo  der 
Gang  in  der  Frontalebene  lateralwärts  abbiegt,  um  Fühlung  mit  der  Becken- 
wand zu  behalten  und  sich  gleichzeitig  in  der  Sagittalebene  mit  der  pro- 
inontoriumähnlichen  Krümmung  stark  nach  hinten  wendet.  —  An  seiner  tiefsten 
Stelle  erreicht  der  Ureter  nahezu  den  Beckenboden. 

Ausser  diesen  grösseren  und  beständigen  Krümmungen  zeigt  der  Ureter  von 
älteren  Fötus  und  Neugeborenen  fast  regelmässig  einige  serpentinenförmige  kleinere 
Krümmungen  (S olger,  Gerota),  welche  sich  mit  dem  stärkeren  Körper wachsthume 
ausgleichen.  (Verhandl.  der  anat.  Ges.  1896  (Gerota)  und  1.  c.  inf.  Solger.) 

Dem  Gesagten  zufolge  haben  beide  Ureteren  zu  einander  zuerst  eine  Kon- 
vergenz, dann,  dicht  oberhalb  der  Vasa  iliaca,  eine  kleine  Divergenz,  auf  den 
Vasa  iliaca  wieder  eine  Konvergenz,  der  im  kleinen  Becken  eine  stärkere 
Divergenz  folgt;  im  Niveau  der  Spinae  ischiadicae  tritt  schliesslich  wieder  eine 
Konvergenz,  zur  Blase  hin,  ein.     Vgl.  die  Maasstabelle. 


330  GefUsse  der  üreteren.    Lage  der  Ureteren. 

Die  üreteren  sind  unter  normalen  Verhältnissen  weich  und  daher  nicht 
leicht  zu  fühlen;  bei  pathologischen  Zuständen,  insbesondere  bei  Tuberkulose, 
treten  sie  aber  als  harte,  bleistiftdicke,  rundliche  Stränge  hervor,  die  dann, 
namentlich  in  der  Pars  pelvina,  sich  von  der  Körperwand  abheben  und  eine 
mesenteriale  Bauchfellfalte  mit  sich  ziehen.  Die  üreteren  sind  ferner,  da  sie 
nur  an  der  Niere  und  beim  Blaseneintritte  stärker  befestigt  sind,  und  im  locke- 
ren subperitonäalen  Bindegewebe  liegen,  überall  leicht  verschieblich;  endlich 
sind  sie  sehr  dehnbar,  aber  nur  in  geringem  Grade  elastisch,  so  dass  sie,  v^^ß' 
nigstens  an  der  Leiche,  wenn  sie  einmal  gedehnt  wurden,  die  gewonnene  Länge 
behalten.     Bei  topographischen  Präparationen  ist  hierauf  Rücksicht  zu  nehmen. 

Oef&sie  der  Ureteren. 

Die  Arteria  renalis  reicht  mit  kleinen  Aesten  bis  zum  Anfangstheile  des 
Harnleiters;  die  folgende  Strecke  bis  über  die  Flexura  marginalis  hinaus,  fällt  der 
Arteria  spermatica  interna,  der  Rest  der  A.  haemorrhoidalis  media,  und  anderen 
Zweigen  der  A.  hypogastrica,  insbesondere  den  Aa.  vesicales  inferiores  zu. 

Die  Venen  ziehen  von  der  Portio  adrenalis  zum  Venengeflechte  der  Nieren- 
kapsel, oder,  an  deren  medialem  Rande  entlang,  auch  zur  Vena  renalis.  Eine  bogen- 
förmige Vene  zieht  in  der  Nieren fettkapsel  um  den  konvexen  Nierenrand  herum; 
diese  steht  unten  mit  Uretervenen  und  der  Vena  spermatica  interna,  oben  mit  den 
Nebennieren  und  Nierenvenen  in  Verbindung  i).  Vom  übrigen  Theile  der  Pars  ab- 
dominalis gelangen  die  Uretervenen  zum  Plexus  venosus  spermaticus;  von  der 
Pars  pelvina  gehen  kleine  Stämmchen  zur  Vena  hypogastrica  (oder  auch  zur  Vena 
iliaca  communis),  vom  Endstücke  des  Harnleiters  zum  venösen  Blasenplexus. 

Ueber  die  Lymphge fasse  des  menschlichen  Ureter  ist,  ausser  einer  kurzen 
Angabe  W.  Krause's 2),  welcher  eine  Abbildung  von  einem  Lymphgefässnetze  in  der 
Schleimhaut  des  menschlichen  Harnleiters  gibt,  nichts  bekannt.  Beim  Pferde  fand  sie 
Sappey  aus  der  Muskelhaut  des  Organes  zu  den  lumbalen  Lymphdrüsen  ziehen;  i» 
der  Schleimhaut  waren  sie  nicht  nachzuweisen. 

Der  Raum  zwischen  der  muskulösen  Ureterscheide  und  der  eigenen  Wand  des 
Harnleiters  ist  injicirbar;  ich  halte  denselben  für  einen  Lymphraum;  allerdings  ist  6S 
mir  bis  jetzt  nicht  gelungen,  von  da  aus  Lymphgefässe  zu  füllen. 

Die  Nerven  stammen  vom  Sympathicus,  dessen  Plexus  renalis,  spermaticus 
internus,  hypogastricus  und  vesicalis  hetheiligt  sind;  neben  marklosen  Fasern 
kommen  auch  reichlich  markhaltige  vor,  sowie  Nervenzellen  im  ganzen  Gebiete  des 
Ureter  (Protopopow  1.  c.  inf.). 

Lag^e  der  Ureteren. 

Die  Gesamtlage  der  Harnleiter  zum  Körper  und  zu  einander  ergibt  sich 
aus  dem  vorhin  über  die  Eintheilung  und  den  Verlauf  derselben  Angeführten. 

Das  Lageverhältniss  zum  Skelete  bestimmt *Tourneur  durch  eine 
Senkrechte,  welche  man  an  der  Grenze  zwischen  innerem  und  mittleren  Drittel 
des  Ligamentum  inguinale  errichtet;    sie  entspricht  ziemlieh  genau  dem  Laufe 


1)  Lejars,  Les  Veines  de  la  capsule  adipeuse  du  rein.   Arch.  de  physiol.  1891- 

2)  Krause,  W.,  Handbuch  der  menschlichen  Anatomie,  3.  Aufl.  des  C.  Krause- 
schen  Handbuches,  Bd.  I.  Hannover,  1876.  S.  248,  Fig.  148.  Nach  mündlicher  Mit- 
theilung des  Autors  bezieht  sich  diese  Figur  auf  den  menschlichen  Harnleiter. 


Lage  der  Ureteren,  331 

des  Ureter,  dessen  proximales  Ende  ungefähr  an  dem  Schnittpunkte  dieser  Linie 
mit  der  12.  Rippe  zu  suchen  wäre;  besser  jedoch  wohl,  nach  der  Angabe  von 
Parabeuf  (citirt  bei  Hall e),  an  der  Kreuzung  mit  einer  Querliuie,  die  man 
in  der  Höhe  des  Querfortsatzes  des  3.  Lendenwirbels  zieht  (etwa  5  Centimeter 
oberhalb  des  höchsten  Punktes  der  Crista  ossis  ilei).  Dabei  soll  der  linke 
Ureter  in  der  Höhe  des  oberen  Randes  des  genannten  Querfortsatzes,  der 
i*echte  in  der  Mitte  der  Vorderfläche  dieses  Fortsatzes  beginnen.  Vorher  schon 
wurde  darauf  hingewiesen,  wie  misslich  es  ist,  den  (proximalen)  Anfangspunkt 
des  Harnleiters  zu  bestimmen,  da  er  ganz  allmählich  aus  dem  Nierenbecken 
hervorgeht. 

Die  Mitte  des  Ureter  entspricht  (Halle)  der  Mitte  der  Entfernung  zwi- 
schen unterem  Ende  des  Processus  xiphoideus  und  oberem  Rande  der  Scham- 
f«ge;  er  liegt  hier  der  Wirbelsäule  am  nächsten,  etwa  3,5—4  cm  von  der 
Mittellinie  entfernt,  und  läuft  ungefähr  vor  der  Mitte  des  ÜL— V.  Lumbal- 
querfortsatzes  (0,5-^1  cm  medianwärts  von  den  lateralen  freien  Enden  dieser 
Fortsätze),  durch  die  Psoasfasern  von  den  Knochen  geschieden,  herab.  Ver- 
letzungen dieser  Knochentheile  könnten  also  den  Ureter  beeinträchtigen. 

Der  linke  Ureter  liegt  der  Wirbelsäule  etwas  näher  als  der  rechte.  Die 
Stelle  der  Flexura  marginalis,  also  die  Kreuzung  mit  den  Vasa  iliaca, 
liegt  ein  wenig  oberhalb  der  Horizontalebene  der  Spinae  iliacae  anteriores 
superiores.  Sie  entspricht  ungefähr  der  Synchondrosis  sacroiliaca  und  ist  von 
allen  Theilen  des  Ureters  der  vorderen  Bauchwand  am  nächsten.  —  Am  Pro- 
Qiontorium  ist  der  rechte  Ureter  etwa  2,5  cm  von  dem  V.  Lendenwirbelkörper 
entfernt;  der  linke  liegt  etwas  näher. 

Im  kleinen  Becken  streicht  der  Harnleiter  dicht  an  der  Basis  der  Spina 
ischiadica  her  (vgl.  Fig.  51)  und  ist  sowohl  vom  Foramen  infrapiriforme 
^ns,  wie  vom  Foramen  ischiadicum  minus  her  zu  erreichen. 

Syntopisch  sind  die  Lagebeziehungen  der  Harnleiter,  schon  des  langen 
Laufes  wegen,  äusserst  mannigfach;  vorerst  ist  zu  merken,  dass  sie  in  ihrer 
längsten  Strecke  unmittelbar  unterhalb  des  Bauchfelles,  umgeben  vom  locke- 
^'en  subperitonäalen  Bindegewebe  liegen  und  durch  einzelne  fibröse  Stränge  mit 
dem  Bauchfelle  verbunden  sind,  so  dass  sie  beim  Abstreifen  des  Peritonäum 
von  der  hinteren  Bauchwand  diesem  zu  folgen  pflegen. 

Die  Portio  adrenalis  grenzt  lateral wärts  unmittelbar  an  die  betreflfende 
Niere,  und  zwar  näher  an  deren  hintere  Fläche;  sie  ist  mit  der  Niere  ziemlich 
fest  verbunden,  so  dass  sie  einem  Zuge  an  derselben  folgt,  und  liegt,  einge- 
schlossen in  der  Nierenfettkapsel,  zwischen  den  beiden  Blättern  der  Fascia 
J'enalis,  welche  sich  weiter  abwärts  verliert^).  Zuweilen  findet  man  diesen 
Theil  des  Ureter  in  einer  Rinne  der  Nierensubstanz  eingebettet.  Rechterseits 
grenzt  die  Portio  adrenalis  medianwärts  an  die  Flexura  duodeni  secunda,  welche 
diesen  Theil   auch  noch  von  vorn   her  deckt.     Von   den  Dünndarmschlingen, 


1)  Vgl.  über  die  Fascia  renalis  Gerota,  D.,  Beiträge  zur  Kenntniss  des  Befesti- 
gnngsapparates  der  Niere.  Arch.  f.  Anat.  und  Physiologie.   Anat.  Abtheil.  1895.  S.  265. 


332  Lage  der  Ureteren. 

welche  sonst  fast  die  ganze  Pars  abdominalis  beider  Ureteren  decken,  ist  eB 
unnöthig  weiter  zu  handeln. 

Medianwärts  bleibt  ferner  rechts  in  geringer  Entfernung  die  Vena  cava 
inf.  der  Portio  adrenalis  benachbart;  links  liegt  ihr  die  Vena  spermatica  interna 
am  nächsten.  Die  Aorta  steht  auf  der  ganzen  Bauchstrecke  weiter  vom  linken 
Ureter  ab,  als  die  Vena  cava  vom  rechten.  Weiter  unten  kommen  noch  der 
sympathische  Grenzstrang  und  die  lumbalen  Lymphdrüsen  den  beiden  Ureteren 
nahe. 

Hinten  ruhen  die  Ureteren  auf  dem  Musculus  psoas  minor  (falls 
vorhanden)  und  auf  dem  Psoas  major;  der  Nervus  genitofemoralis 
zieht  hier,  kreuzend,  hinter  ihnen  her.  Vorn  werden  sie  unweit  der  Vasa 
iliaca  von  den  Vasa  spermatica  interna  mit  dem  Nervus  spermaticus  internus 
unter  spitzem  Winkel  gekreuzt;  von  dieser  Kreuzung  ab  liegt  der  rechte 
Ureter  unmittelbar  der  Vena  cava  inferior  an  und  zieht  unter  dem  queren 
Endstücke  des  Ileum  her.  Hier  können  auch  der  Blinddarm  und  der  Pro- 
cessus vermiformis,  wenn  letzterer  normal  gelagert  ist  und  in  das  kleine 
Becken  hinabreicht,  den  Harnleiter  erreichen.  Links  zieht  der  letztere  unter 
dem  Mesosigmoideum  her,  entsprechend  etwa  dessen  Fossa  intersigmoidea 
(Funke,  Glantenay).    Das  Colon  descendens  selbst  liegt  weiter  ab  vom  Ureter. 

Die  zum  Colon  ascendens  und  descendens  tretenden  Blutgefässe  ziehen  grössten- 
theils  vor  den  betreffenden  Ureteren  her:  nur  die  Arteria  und  Vena  mesenterica  in- 
ferior verlaufen  eine  Strecke  weit  am  medialen  Rande  des  linken  Ureter. 

Nunmehr  treten  die  Ureteren  in  die  S.  245  geschilderten  wichtigen  Lage- 
beziehungen  zu  den  Vasa  iliaca  und  h  y  p  o  g  a  s  t  r  i  c  a ;  es  sei  darauf  ver- 
wiesen und  hier  nur  kurz  gesagt,  dass  der  Ureter  sich  nach  vorn  medial  wendet, 
während  die  Aeste  der  Vasa  hypogastrica  nach  hinten  ziehen. 

Auch  im  Becken  halten  sich  die  beiden  Ureteren  dicht  an  das  Bauchfell? 
folgen  demselben  aber  beim  Abziehen  nicht  so  leicht,  wie  in  der  Bauchhöhle. 
Zwischen  die  Muskeln  der  Beckenwand,  welche  die  (laterale)  Unterlage  für  den 
Ureter  bilden,  und  den  letzteren  schieben  sich,  vom  Ureter  gekreuzt,  in  der 
Reihenfolge  von  oben  nach  unten  ein:  die  Lymphoglandulae  iliacae  und, 
weiter  unten,  die  hypogastricae,  der  Nervus  obturatorius,  die  Arten» 
umbilicalis  mit  den  Arteriae  vesicales,  dieArteria  obturatori»? 
die  Vena  obturatoria;  endlich  der  hintere  Abschnitt  des  Plexus  ve- 
nosus  vesicoprostaticus.  Zwischen  den  Ureter  und  die  genannten 
Theile  lagert  sich  meist  noch  reichliches  Fett  ein,  so  dass  er  sich  leicht  aui 
ihnen  bewegen  lässt.  Was  den  Plexus  vesicoprostaticus  betrifft,  so  zieht  das 
Endstück  des  Ureter  so  durchihn  hindurch,  dass  die  meisten  Venen  auf  seiner 
lateralen,  andere  indessen  auf  seiner  medialen  Seite  bleiben  (vgl.  hierzu  die 
Figuren  52,  61  und  62).  Die  Muskeln,  mit  denen  der  Ureter  hier  in  Be- 
ziehung tritt,  s.  Fig.  51,  sind  zumeist  nach  oben  und  hinten  der  Piriformis? 
dann  ein  Stück  des  Obturator  internus  und,  nach  unten  und  vorn,  der 
Levator  ani.  Alle  diese  Muskeln  aber  sind  durch  die  genannten  Gefässe  nebst 
deren  Fetthüllen  und  durch  den  Plexus  nervosus  sacralis  vom  Ureter  getrennt» 


Lage  der  Ureteren.  333 

Medial  befindet  sich  auf  dieser  Strecke  unmittelbar  am  Ureter  nur  das 
Bauchfell  und  die  Beckenhöhle;  doch  müssen  die  Beziehungen  zum  Rectum 
hier  erörtert  werden. 

Der  Harnleiter  kommt  dem  Mastdärme  am  nächsten  bald  nach  semem 
Eintritte  in  das  kleine  Becken^  da,  wo  er  in  seiner  dem  Kreuzbeine  ähnlichen 
Sagittalkrtimmung  am  meisten  nach  hinten  gelangt;  die  Entfernung  beider 
Theile  beläuft  sich  hier  jedoch  noch  auf  2,5  cm  links;  rechts  ist  sie  noch 
grösser  (Funk  e).  Tiefer  im  Becken  nähert  sich  zwar  der  Ureter  wieder  der 
Mittellinie,  wendet  sich  aber  zugleich  nach  vorn,  während  das  Rectum  nach 
hinten  zieht.  Immerhin  ist  jedoch  hei  der  Operation  hochsitzender  Mastdarm- 
tumoren, die  das  Volumen  des  Darmes  vergrössern,  oder  bei  Links-  oder  Rechts- 
abweichung des  Rectum  an  den  Ureter  zu  denken.  Vgl.  hierzu  die  Figuren 
51;  60  und  84  a. 

Indem  der  Ureter  die  seitliche  Beckenwand  verlässt,  um  an  den  Blasen- 
gi'und  zu  treten,  zieht  er  nahe  dem  Beckenboden  her  zwischen  Bauchfell  und 
Umschlagstelle  des  parietalen  Blattes  der  Beckenfascie  in  das  viscerale.  An 
den  Blasengrund  tritt  er  in  der  Richtung  von  hinten  nach  vorn,  umgeben  von 
den  Venen  des  Plexus  vesicalis  (s.  Figg.  52  und  61  linke  Seite,  70b  und  70c). 
Bevor  er  in  die  Blasenwand  sich  einsenkt,  wird  er  noch  vom  oberen  Ende 
der  Samenblase  überlagert,  welche  sein  Endstück  von  hinten  her  deckt. 

Hier  kommt  er  nun  auch  in  Beziehung  mit  dem  Ductus  deferens, 
welcher,  von  vorn  und  von  der  Seite  her  an  die  Blase  tretend,  zwischen 
dieser  und  der  Portio  visceralis  extramuralis  des  Ureter  verläuft,  um  im  Bogen 
über  das  obere  Ende  der  Samenblase  hinweg  an  deren  medialen  Rand  zu  treten. 
Somit  kreuzt  der  Ductus  deferens  den  Ureter,  indem  er  medianwärts  an  ihm 
vorbeistreicht;  diese  Kreuzung  findet  statt  im  Bereiche  der  hinteren  Blasen- 
Wand,  in  der  Nähe  des  lateralen  Randes  derselben.  Das  obere  Ende  der 
Sameublase  füllt  dabei  den  Winkel  zwischen  Ureter  und  Ductus  deferens  aus. 
Das  Bauchfell  überzieht  hier  noch  diese  Gebilde  eine  kurze  Strecke  weit  von 
vorn  und  oben  her.     (Vgl.  hierzu  Figg.  70  b  u.  70  c.) 

Da  der  Ductus  deferens  von  vorn  her  zur  Seitenfläche  der  Blase  tritt,  um 
hinter  ihr  zu  enden,  der  Ureter  aber  von  hinten  her,  um  weiter  vorn  in  die  Blase 
'^u  münden,  so  müssen  beide  Gänge  sich  kreuzen.  Wie  gesagt,  liegt  dabei  der  Ductus 
'Medianwärts  vom  Ureter,  und  zugleich  mehr  nach  oben;  ein  sogenanntes  „Reiten" 
*i^s  Ductus  auf  dem  Ureter,  wie  man  es  wohl  bezeichnet  hat,  findet  jedoch  meist 
^icht  statt;  auch  berühren  die  beiden  Gänge  für  gewöhnlich  einander  nicht,  indem 
^lue  0,5—1  cm  starke  Fettschicht  sie  trennt. 

Funke  macht  darauf  aufmerksam,  dass  die  Lagerungsverhältnisse  zwischen 
Ductus  deferens  und  Ureter  andere  seien  bei  leerer,  als  bei  gefüllter  Blase.  Bei  leerer 
ßlase  rücken  die  beiden  Ureterenmündungen  einander  näher,  die  Portio  extramuralis 
^^^  Ureter  läuft  mehr  gestreckt  und  die  Kreuzung  erfolgt  etwas  weiter  von  der  Ein- 
Pflanzungsstelle  der  Ureteren  entfernt.  Ist  die  Blase  gefüllt,  so  tritt  die  Kreuzung 
blicht  an  der  Einpflanzungsstelle  ein.  Ich  bemerke  hierzu,  dass  in  den  meisten  Fällen 
^er  Ureter  in  sagittaler  Richtung  an  die  Blasenwand  herantritt  und  sich  sofort  auch 
*^  dieselbe  einsenkt,  ohne  noch  eine  irgendwie  namhafte  Strecke  quer  an  ihr  zu 
^^rlaufen.  In  der  von  Funke  gegebenen  Figur  ist  dagegen  eine  solche  quere  extra- 
^Urale  Strecke  von   grösserer  Ausdehnung  nebst  einer  Knickung   des  Ureter   an- 


S34  Üreteren:  Physiologische  und  pathologische  Verhältnisse. 

gegeben.  Ich  finde,  dass  eine  solche  Umbiegung  vom  sagittalen  in  den  frontalen 
(queren)  Verlauf  erst  da  beginnt,  wo  der  Ureter  in  die  Muskelwand  der  Blase  eintritt, 
also  am  Beginne  der  (letzten)  intramuralen  Strecke  des  Ganges. 

Da  man  vom  Damme  her  durch  Einschneiden  des  Trigonum  rectourethralc 
(Centralpunkt  des  Perineum)  zur  Prostata  und  zu  den  Samenblasen  gelangen  kann, 
so  gelingt  es  auch  auf  diesem  Wege,  indem  man  am  lateralen  Rande  der  Samenblasen 
entlang  geht,  und  das  Bauchfell  vor  sich  her  schiebt,  zur  Portio  visceralis  der  Üreteren 
zu  gelangen;  störend  ist  hier  die  Lage  zwischen  den  Venen  des  Plexus  vesico- 
prostaticus.  Zur  Unterscheidung  zwischen  Ductus  deferens  und  Ureter  diene,  dass 
der   letztere  breiter  ist  und  sich  weicher  anfühlt,  der  Ductus  rundlich  und  härter. 

Andere  und  chirurgisch  mehr  betretene  Zugänge  zum  Ureter  verschafft  m^-n 
sich  durch  die  Laparotomie,  durch  den  insbesondere  von  Israel  gewählten 
Extraperitonaealschnitt  in  der  Lumbaigegend,  durch  die  Wegnahme  eines 
Stückes  vom  Sacrum  (Sakral schnitt),  wie  bei  der  Kraske'schen  Rectumoperation 
(Cabot),  durch  den  Inguinalschnitt,  wie  bei  der  Unterbindung  der  Arteria  iliaca 
und  endlich  von  der  Blase  aus  durch  den  hohen  Steinschnitt. 

Physiolo^sohe  und  pathologrlsohe  Verhältnisse. 

Einige  physiologische  Bemerkungen  (Zurückfiiessen  und  Ausfliessen  des 
Harnes,  Klappenbildung  an  der  üreterenmtindung)  wurden  bereits  bei  der  Blase 
gemacht.  —  Von  pathologischen  Zuständen  wurde  auf  die  grössere  Härte, 
Dicke  und  das  seitliche  Vorspringen  des  Ganges  bei  Tuberkulose  aufmerksaio 
gemacht.  Dasselbe  gilt  für  die  chronischen  Entzündungen  des  Organes  über- 
haupt. Bei  Harnstauungen  können  die  üreteren  bis  zum  Kaliber  des  Dünndarms 
erweitert  werden.  Noch  seien  der  verhältnissmässig  häufigen  Steinbildungen, 
der  grösseren  cystischen  Dilatationen  und  der  doppelten  üreteren  ^)  Erwähnung 
gethan.  Ich  fand  ebenso,  wie  es  aus  der  jüngsten  Zusammenstellung  von 
Haushalter  und  Jacques  hervorgeht,  den  einen  der  gedoppelten  üreteren 
meist  tiefer  unten,  mitunter  am  Eingange  der  Harnröhre  münden.  Auch  1^' 
Perforationen  eines  solchen  überzähligen  Ureters  kommen  vor.  Häufig  sind 
Kreuzungen  doppelter  üreteren;  mehrfach  wurden  Knickungen,  die  zu  cysti- 
schen Erweiterungen  führten,  beobachtet^). 


Schwalbe. 


Maasstabelle. 

1.  Länge  (rechts,  Mann) 29  cm 

2.  „       (links          „    ) 30 

3.  „       (rechts,  Weib) 28 

4.  „        (links         „     ) 29   .. 

(Funke  gibt  für  den  linken  Ureter  im  Durchschnitte  26—34  cm  an;  für  den 
rechten  etwas  weniger.) 

5.  Entfernung  des  oberen  Isthmus  vom  Hilus  renis  .   .   .    .  4— 9  cm  1   ^^   hwalbe« 

6.  „            beider  üreteren  von  einander  am  Hilus  renis  ^    »    J 


1)  Weigert,  C,  Ueber  einige  Bildungsfehler  der  üreteren.  Virchow*s  Archiv 
für  pathologische  Anatomie  Bd.  70,  S.  490.  1877  und  Bd.  72,  S.  130.  1878. 

2)  Haushalter,  P.,  u.  Jacques,  F.,  Des  accidents  cons^cutlfs  ä  Timperforation 
de  Textr^mitö  v^sicale  de  l'uret^re  et  specialement  des  uret^res  surnumeraires.  Presse 
mödicale,  Nr.  42,  22  Mai.  Paris,  1897. 


Prostata.  äSß 


Schwalbe. 


Schwalbe. 


7.  Entfernting  beider  Ureteren  von  einander  an  derFlexura 

marginalis 5,7    cm 

8.  Entfernung-  beider  Ureteren  von  einander   am   lateralen 

Scheitel  der  Curvatura  pelvina 9,8      „ 

(Funke  gibt  durchschnittlich  etAvas  höhere  Werthe  an.) 

9.  Entfernung  beider  Ureteren   von  einander  beim  Weibe 

am  Orificium  externum  uteri 7,5  cm    (Nagel). 

10.  Geringste  Entfernung  des  linken  Ureter  vom  Rectum    .  2,5  mm  (Funke). 

11.  Weite  der  Portio  adrenalis 6        n 

12.  ^      am  oberen  Isthmus 3,2     „ 

13.  „      in  der  Hauptspindel 8 — 15  » 

14.  „      am  unteren  Isthmus 4,0     „ 

Umi  bei  der  Besprechung  der  Ureteren  des  Weibes  die  Maasstabelle  nicht 
wiederholen  zu  müssen,  sind  hier  die  wichtigsten  Maasse  vom  Weibe  schon 
mit  aufgenommen  worden.  Die  topographischen  Verhältnisse  der  weiblichen 
Harnleiter  werden  bei  den  Beckenorganen  des  Weibes  besonders  besprochen^). 


Geschlechtsorgane  des  Mannes- 

Prostata  *). 

Mit  der  Prostata,  zu  deren  Topographie  wir  zunächst  tibergehen,  treten 
wir  in  die  Besprechung  der  Geschlechtsorgane  des  Mannes  ein.  In  einer 
systematisch  geordneten  Darstellung  würde  wohl  die  Harnröhre  unmittelbar 
an  die  Darstellung  der  Harnorgane  zu  reihen  sein;  da  sie  indessen,  beim  Manne 


1)  Engelmann,  W.,  Zur  Physiologie  des  Ureters.  Pflüger's  Archiv  für  die  ge- 
samte Physiologie  1869.  —  Tourneu r,  Uret^rite  et  periuret^rite.  Th^se  de  Paris.  1886. 
—  Hai  16,  Uret^rites  et  py^lites.  Th6se  de  Paris.  1887.  —  Perez,  Exploration  des 
uret^res.  Th^se  de  Paris.  —  Rousseau,  L.,  Contribution  4  l'^tude  des  uret^rites  et 
de  leur  traitement  chirurgical.  (Uret6rectomie.)  Paris,  Steinheil.  1893  (Th^se).  — 
Cabot,  A.  T.,  Observations  upon  the  anatomy  and  surgery  of  the  Ureter.  The  ameri- 
can  Journal  of  medical  Sciences.  New  Ser.  Vol.  103.  Philadelphia,  1892.  —  Mathes, 
Zur  Kasuistik  der  Ureterenimplantation  in  den  Darm.  Deutsche  Zeitschrift  für  Chi- 
J'urgie.  Bd.  45.  —  Solger,  B.,  Anatomie  des  menschlichen  Harnapparates  und  der 
Nebenniere.  „Anatomische  Einleitung"  zum  „Klinischen  Handbuch  der  Harn-  und 
Sexualorgane"  herausgeg.  von  W.  Zuelzer.  Leipzig,  1894.  Bd.I.  —  Solger,  B.,  Zur 
Kenntniss  der  spindelförmigen  Erweiterungen  des  menschlichen  Harnleiters,  Anatom. 
Anzeiger.  Bd.  XII.  Nr.  14.  1896.  —  Schwalbe,  G.,  Zur  Anatomie  der  Ureteren.  Ver- 
handlungen der  anatomischen  Gesellschaft.  Versammlung  zu  Berlin,  1896.  Jena. 
Fischer,  1896.  —  Funke,  E.,  Ueber  den  Verlauf  der  Ureteren.  Deutsche  medizinische 
Wochenschrift.  1897,  Nr.  18.  —  Waldeyer,  W.,  Ueber  die  sogenannte  Ureterenscheide. 
VerhandL  der  anat.  Gesellsch.  Versammlung  in  Wien,  1892.  Jena,  Fischer,  1892,  S.  259. 
-^  Protopopow,  S.  A.,  Beiträge  zur  Anatomie  und  Physiologie  der  Ureteren.  Pflü- 
ger's  Arch.  f.  die  gesamte  Physiologie.  Bd.  66.  1897.  S.  1.  —  Die  ausführlichste  Dar- 
stellung der  Topographie  der  Ureteren  gibt  L.  Glantenay:  Chirurgie  de  Turet^re. 
r*aris,  Bailliöre  et  fils.  1895. 

2)  Von  jiQotoxa/Mui  deutsch:  „Vorsteherdrüse*. 


336  Prostata. 

wenigstens,  in  ihrem  weitaus  grössten  Tlieile  auch  Ausftlhrungsweg  der  männ- 
lichen Geschlechtsprodukte  ist,  und  topographisch  durchaus  den  Geschlechts- 
organen angehört,  soll  sie  bei  diesen,  und  zwar  am  Schlüsse,  abgehandelt 
werden. 

Wir  besprechen  in  diesem  Abschnitte  zuerst  die  Prostata,  die  Samen- 
blasen und  die  Ductus  deferentes,  weil  diese  Organe  sich  unmittelbar  an 
die  Harnblase  und  an  das  Endstück  der  Ureteren  anschliessen. 

Besohreibend  anatomisohe  Vorbemerknngen. 

Die  Form  der  Prostata  wird  gewöhnlich  mit  der  einer  Esskastanie  ver- 
glichen. Das  stärkere  Ende,  die  Basis  prostatae,  sieht  nach  oben  und 
schliesst  sich  unmittelbar  an  die  Blase  an;  das  spitze  Ende,  Apex  prostatae, 
Schnabel  der  Prostata,  wendet  sich  nach  unten  und  vorn  gegen  den  Angulus 
pubis.  In  dieser  Lage  umschliesst  das  Organ  zum  Theil  den  Blasenhals  (in 
dem  S.  289  angenommenen  Sinne)  sowie  meist  vollständig  den  unmittelbar  aus 
der  Blase  hervorgehenden  proximalen  Abschnitt  der  Harnröhre,  und  zwar 
excentrisch,  indem  sein  grösserer  Theil  hinter,  sein  kleinerer  vor  der  Harnröhre 
belegen  ist.  Dieser  Harnröhrenabschnitt  wird  als  „Pars  prostatica  urethrae" 
bezeichnet. 

Der  Kastanienform  entsprechend,  werden  an  der  Prostata,  ausser  der 
Basis  und  der  Spitze,  noch  eine  vordere,  eine  hintere  Fläche  und  eine 
linke  und  rechte  Seitenfläche  unterschieden.  Die  hintere  Fläche  zeigt 
öfters  einen  flachen  medianen  Sulcus,  der  oben  in  einen  seichten  Ausschnitt, 
Incisura  prostatae,  ausläuft;  hierdurch  werden  an  dem  hinteren  Theile  des 
Organcs  zwei  leicht  abgerundete  Seitenlappcn,  Lobus  dexter  und  Lobus 
sinister  prostatae,  gebildet,  und  es  gewinnt  das  völlig  rein  präparirte,  von 
seiner  Kapsel  und  den  eintretenden  Ductus  ejaculatorii  befreite  Organ  an  seiner 
hinteren  Fläche  eine  Kartenherzform. 

Die  Incisura  prostatae  setzt  sich  nach  vorn,  zur  Harnblase  hin,  in  eine 
leicht  gekrümmte,  im  ganzen  quer,  von  rechts  nach  links  auf  der  Basis  ver- 
laufende Rinne  fort,  welche,  einem  Hilus  vergleichbar,  die  beiden  alsbald  7>u 
beschreibenden  Ductus  ejaculatorii  eintreten  lässt.  Diese  Rinne,  welche  die 
beiden  Seitenränder  der  Prostata  nicht  erreicht,  sondern  jederseits  nach  vorn 
ausläuft,  trennt  nun  an  der  Basis  abermals  einen  hinteren  von  einem  vorderen 
Abschnitte;  der  erstere  trägt  die  eben  genannte  Incisur,  der  andere  ist  meist 
sehr  klein,  mitunter  aber  springt  er  dicht  an  der  hinteren  Wand  des  Trigonum 
vesicae  deutlich  vor,  und  wird  dann  als  Lobus  medius  (tertius)  prostatae 
bezeichnet  ^).  Sein  oberes  abgerundetes  Ende  ragt  frei  vor  und  entspricht 
etwa  der  Mitte  des  Trigonum;  bei  stärkerer  Ausbildung,  wie  sie  bei  patho- 
logischen Zuständen  vorkommt,  kann  dieser  Lappen  einen  Vorsprung  an  der 
hinteren  Blasenwand   im  Bereiche  des  Trigonum    erzeugen,    der   auch    in   die 


1)   Home,   Practical  observations  on  the  treatment  of  thc  diseases  of  the  pro- 
state gland.  London,  1811. 


Prostata.  337 

Uvula  vesicae  hineinreicht,  und  so  zu  einer  Verengerung  des  Orificium  urethrae 
internum  führt.  S.  S.  295.  —  Die  vordere  Fläche  der  Prostata  steht  fast  vertikal 
i^nd  ist  erheblich  kürzer  als  die  hintere,  welche  unter  45^  gegen  die  Horizontal- 
ebene geneigt  ist.     S.  Figg.  66  a  und  68. 

Die  Substanz  der  Prostata  besteht,  abgesehen  von  einem  nicht  sonderlich 
i'eich  entwickelten  Bindegewebe  und  von  Gefässen  und  Nerven,  aus  reich  verzweigten 
tubulösen  Drüsen,  welche  mit  kleinen  Oeffnungen  um  den  Colliculus  seminalis  (s.  w.u.) 
herum  in  die  Pars  prostat! ca  urethrae  münden,  sowie  aus  g-latten  Muskelfasern, 
zu  denen  sich  vorn  und  oben  erst  vereinzelte,  dann,  weiter  unten,  zahh^eicher  auf- 
*^re.tende  quergestreifte  Muskelfasern  gesellen.  Henle  hat  diese,  noch  im  Be- 
^^'iche  der  Prostata  gelegTne  gestreifte  Muskulatur  als  „Sphincter  vesicae  externus" 
^beschrieben ;  wir  kommen  bei  Besprechung  der  Harnröhre  darauf  zurück. 

Das  Verhilltniss  zwischen  Muskel- und  Drüsensubstanz  ist  individuell  wechselnd; 
^8  gibt  muskulöse  und  glandulöse  Prostatae;  die  ersteren  fühlen  sich  fester  und  zäher 
^n,  die  anderen  weicher  und  brüchiger.  Die  Muskulatur  ist  vorzugsweise  im  vorderen 
Theile  der  Prostata  entwickelt,  das  Drüsengewebe  seitlich  und  hinten.  Ausserdem 
'»Iden  die  Muskelfasern  eine  äussere  Schicht,  von  der  aus  muskulöse  Septa  zwischen 
^ie  Drüsenpartien  einstrahlen  und  letztere  in  einzelne  Läppchen,  die  an  Durchschnitten 
'f'icht  mit  freiem  Auge  zu  erkennen  sind,  zerlegen.  Die  einstrahlenden  Muskelzüge 
konvergiren  gegen  die  Harnröhre,  in  deren  glatte  Muskulatur  sie  übergehen.  Man 
hat  die  innere,  muskulös  bindegewebige,  hinter  der  Harnröhre  die  Ductus  ejacuiatorii 
^^ingebende  Gewebsmasse  auch  wohl  als  „Centralkern"  der  Prostata  bezeichnet  („Noyau 
^^ntraP  der  französischen  Autoren).  Die  vorhandenen  schematischen  Abbildungen 
*^t)nnen  aber  leicht  eine  falsche  Vorstellung  erw^ecken,  denn  so  regelmässig,  wie  diese 
Anordnung  vielfach  gezeichnet  wird,  ist  sie  bei  weitem  nicht. 

In  der  Kindenschicht  der  Prostata  triift  man  zahlreiche  Venen,  M^elche  auch 
•*^'imtliche  das  Organ  durchziehende  und  in  ihm  lagernde  Hohlräume  begleiten  und 
^*it  einer  Art  von  erektilem  und  kompressiblem  (Henle)  Gewebe  umkleiden. 

Ausser  der  Harnröhre  umschliesst  die  Prostata  noch  ein  unpaares  kleines 
Hohlgebilde,  den  ütriculus  prostaticus,  und  die  paarigen  Ductus  ejacu- 
iatorii, d.  h.  die  vereinigten  Ausführungsgänge  der  Hoden  und  der  Samenblasen. 

Der  Ütriculus  prostaticus  stellt  ein  unter  normalen  Verhifltnissen 
'anglich  birnförmigcs,  mit  eigener  muskulöser  und  Schleimhaut-Wand  versehenes 
Suekchcn  dar^  welches  hinter  der  Harnröhre  sich  zur  Basis  der  Prostata  er- 
streckt und  in  dem  Centralkernc  zwischen  beiden  Ductus  ejacuiatorii  gelegen 
^^t.  Das  Säckchen  mündet  mit  fein  spaltförraiger  Mündung  von  2—5  mm  Länge 
'^  der  Medianlinie  auf  dem  vorderen  Abhänge  des  gleich  zu  schildernden 
Colliculus  seminalis.  Ein  wenig  mehr  hinten  auf  diesem  Abhänge,  und  zu 
^^^iden  Seiten  der  Spaltmtindung  des  ütriculuS;  trifft  man  die  weit  kleineren 
Endlichen  Mündungen  der  Ductus  ejacuiatorii  (S.  345). 

Der  Colliculus  seminalis  ist  eine  etwa  3  mm  hohe  und  an  ihrer 
^^sis  ebenso  breite,  länglich  rundliche  Erhabenheit,  welche  ungefähr  in  der 
Mitte  der  Pars  prostatica  der  Harnröhre  von  deren  hinterer  Wand  her  in  das 
^i^paen  derselben  vorspringt.  Seine  Länge  lässt  sich  nicht  genau  angeben, 
^^  er  sich  sow^ohl  proximal  wie  distal  in  eine  Schleimhautleiste,  Crista  ure- 
*hralis,  fortsetzt.  Die  proximale  Leiste  geht  in  die  Uvula  vesicae  über,  die 
distale  verstreicht  in  die  Schleimhautfalten  der  Pars  membranacea  und  bulbosa 
^^'ethrae,  häufig  unter  gabiiger  Theilung,  Frenula  cristae  urethralis. 

^aldeyer,  Das  Becken.  22 


338  Gefässe  der  Prostata. 

Der  Colliculus  besteht  in  der  Hauptsache  aus  einem  kavernösen,  mit  den  Vene^^ 
der  Harnröhre  und  der  Prostata  kommunicirenden  Maschenwerke,  dessen  Balken  reich- 
lich glatte  Muskelfasern  und  elastische  Fasern  führen.  Die  Mitte  des  Colliculus  wird 
von  einer  nach  dem  Lumen  der  Urethra  zu  breiter  werdenden  festen  Axensubstanz 
(elastisches  Gewebe  und  glatte  Muskelfasern)  eingenommen,  welches  da,  wo  Kanäle 
hindurchziehen,  zu  einem  kavernösen  Gewebe  aufgelockert  ist.  Das  ganze  Gebilde 
ist  von  der  Harnröhrenschleimhaut  überzogen,  hängt  aber  an  seiner  Basis  mit  der 
Muskulatur  und  mit  den  Gefässen  der  Prostata  zusammen.  —  Die  Lage  des  ColliculiJ^ 
in  der  Pars  prostatica  wechselt;  man  findet  ihn  in  der  Mitte  derselben,  oder  oberhalb 
oder  unterhalb  der  Mitte. 

Ausser  den  auf  dem  Colliculus  seminalis  mündenden  schon  genannten 
Theilen:  Utriculus  prostaticus  und  Ductus  ejaculatorii,  trifft  man  hinter  der 
Mündung  des  Utriculus  (also  näher  zur  Harnblase  hin)  und  seitlich  am  Colli- 
culus je  einen  grösseren  Ausführungsgang  der  Prostatadrüsen;  kleinere  Aus- 
führungsgänge derselben  münden  noch  auf  dem  vorderen  Abhänge  vor  den 
Mündungen  des  Utriculus  und  der  Ductus  ejaculatorii  ^), 

Fig.  111  zeigt  den  Colliculus  seminalis  mit  der  längsspaltförmigen  Mündung  des 
Utriculus;  Fig.  68  kann  eine  gute  Vorstellung  von  der  Gestalt  und  Lage  des  letzteren 
geben,  obwohl  das  dort  in  der  Substanz  der  Prostata  abgebildete  nicht  den  UtriculuS; 
sondern  einen  der  Ductus  ejaculatorii  darstellt,  dessen  erweitertes  oberes  Ende  der 
Uebergangsstelle  in  die  Ampulla  ductus  deferentis  entspricht. 

Der  Utriculus  prostaticus  misst  für  gewöhnlich  von  seiner  Mündung  his 
zum  blinden  erweiterten  Ende  10 — 12  mm;  in  diesem  Falle  überschreitet  er  die 
Grenzen  der  Prostata  nicht.  Nicht  selten  findet  man  ihn  grösser,  so  dass  ^^ 
blindsackig,  von  der  Prostatakapsel  umhüllt,  zwischen  beiden  AmpuUae  ductuum 
deferentium  hervorragt.  Diese  Zustände  in  weiterer  Ausbildung  führen  zu  der 
hermaphroditischen  Missbildung  eines  „Uterus  masculinus",  eventuell  mit  Va- 
gina masculina,  da  der  Utriculus  prostaticus  das  Rudiment  der  verschmolzenen 
kaudalen  Enden  der  Müller 'sehen  Gänge,  aus  denen  beim  Weibe  sich  Uterus 
und  Vagina  entwickeln,  darstellt.  (Vgl.  das  Kapitel  Entwicklungsgeschichte 
und  Missbildungen.)  Wenn  der  Utriculus  stärker  entwickelt  ist,  als  gewöhnlich? 
dann  verlaufen  die  Ductus  ejaculatorii  auf  der  ganzen  Strecke  dicht  an  seinem' 
Wand,  so  dass  sie  fast  wie  in  die  letztere  eingelagert  erscheinen.  Alle  die 
hier  in  Betracht  kommenden  Wandungen  (des  Utriculusund  der  Ductus)  siod 
sehr  dünn. 

Gefftsse  der  Prostata. 

Die  Arterien  der  Prostata  stammen  von  den  Arteriae  vesicales  i^^ 
feriores  und  haemorrhoidales  mediae;  sie  treten  an  verschiedene» 
Stellen  des  Umfanges  der  Drüse,  insbesondere  aber  mit  den  Ductus  ejacula- 
torii ein. 

Die  Venen  sind  sehr  reichlich  entwickelt,  ihre  kavernösen  Bildungen  i^ 
Innern  der  Prostata,  sowie  ihr  zahlreiches  Vorkommen  in  der  Rindenschicht 
wurde  bereits  berührt.     Sie  hängen  mit  den  Venen  der  Samenblasen,  der  AiO' 


1)  Siehe  He  nie,  J.,  Splanchnologie.   2.  Aufl.  S.  400. 


Nerven  der  Prostata.    Lage  der  Prostata.  339 

pullen  der  Ductus  deferentes,   der  Harnblase   und   des  Rectum  zusammen  und 
nitinden  in  die  Plexus  vesicoprostatici  beider  Seiten^). 

Nach  Sappey's  Darstellung  liefert  die  Prostata  zahlreiche  Lymphgefässe, 
welche  am  hinteren  und  unteren  Umfange  der  Drüse  ein  Netz  bilden,  aus 
welchem  vier  Hauptstämme  hervorgehen.  Zwei  obere  dünnere  begeben  sich 
5^-u  je  einer  Lymphdrüse  am  oberen  Umfange  des  Canalis  obturatorius, 
Zwei  stärkere  laterale  ziehen,  der  eine  rechts,  der  andere  links,  zu  den  Lym- 
phoglandulae  hypogastricae. 

Nerven  der  Prostata, 

Die  Prostata  nerven  sind,  so  weit  man  sie  kennt,  sympathischen  Ur- 
sprunges, vom  Plexus  hypogastricus,  und  sind  mit  zahh-eichen  kleinen  Ganglien- 
knoten versehen.  An  der  Aussenfläche  der  Prostata  finden  sich  Vater 'sehe 
Kurperchen  ^). 

Lage  der  Prostata. 

Die  Gesamtlage  der  Prostata  ist  vorhin,  S.  335/336,  angegeben  worden. 
Skeletotopisch  bestehen  folgende  Beziehungen:  Die  vordere  Fläche  des 
Organes  liegt  hinter  der  Symphysis  ossium  pubis,  deren  Breite  sie  wenig  tiber- 
schreitet. Ihr  oberer  Rand  reicht  in  der  Horizontalebene  meist  bis  zur  Mitte 
der  Symphyse,  kann  aber  auch  höher  oder  tiefer  gelegen  sein;  ihre  Spitze 
'i^gt  etwas  tiefer  (0,5  cm)  als  der  Schambogen,  zuweilen  auch  in  gleichem 
Niveau,  oder  ein  w^enig  höher.  Zwischen  ihr  und  der  Symphyse  befindet  sich 
der  Plexus  pudendalis  mit  seinen  beiden  seitlichen  Verbindungen  zu  den  Plexus 
Vesicoprostatici.  Vom  Schambogen  ist  sie  nur  durch  einen  Abstand  von  4 — 8  mm 
getrennt;  höher  oben  beträgt  derselbe  10— 12  mm.     S.  Figg.  66  und  66a. 

Von  den  Beckenöffnungen  liegt  ihr,  ausser  der  unteren  Apertur  am 
Schambogen,  das  Foramen  obturatum  am  nächsten.  Stiche,  w^elche  am 
i^aedialen  Rande  desselben  eindringen,  können,  bei  medianwärts  gewendeter 
liichtung,  die  Prostata  treffen. 

Bei  der  Syntopie  der  Prostata  müssen  deren  verschiedene  Flächen  be- 
sonders betrachtet  werden.  Oben  ruht  der  Blasenhals  auf  der  Prostata  und 
'liuinit  die  vorderen  zwei  Drittel  derselben  ein;  das  hintere  Drittel  dient  zur 
Unterlage  für  die  Samenblasen  und  die  Ampullen  der  Ductus  deferentes,  welche 
*^icht  auf  der  Prostata  einander  berühren. 

unten  ruht  das  Organ  auf  dem  Musculus  trigoni  urogenitalis,  bezw. 
^^i  dem  unter  dem  freien  Rande  des  Musculus  levator  ani  herziehenden,  den 
Musculus  trigoni  deckenden  Theile  der  Beckenfascie  (Figg.  57  a  [S.  204],  65 
^iid  111).     Da,  wo  vorn  die  Harnröhre  liegt,    erstreckt  sich  der  Schnabel  der 


IVGuepin,  Les  Veines  de  la  Prostate.  La  France  mödical  et  Paris  medical, 
1897,  Nro.  3. 

2)  Siehe  Krause,  W.»  3.  Aufl.  des  C.  Krause'schen  Handbuches  der  mensch- 
^»«ilien  Anatomie.  Bd.  I.  S.  272. 


340  Lage  der  Prostata. 

Prostata  in  den  Musculus  trigoni  hinein,  dessen  Fasern  sich  als  der  He  nie - 
sehe  Sphincter  vesicae  externus  (s.  S.  337  u.  Kapitel  Urethra)  auf  die  vordere 
Prostatafläche  fortsetzen.  Hier  besteht  also  eine  besonders  innige  Verbindung 
zwischen  Prostata  und  Beckenboden.  Auch  der  untere  freie  Randtheil  des 
Musculus  levator  ani  schiebt  sich  von  der  Seite  her  noch  etwas  unter  die 
Prostata  (Figg.  111  und  58,  S.  206).  Durch  den  Musculus  trigoni  urogenitalis 
getrennt,  liegt  noch  der  Bulbus  urethrae  im  Bereiche  des  hinteren  Theiles 
der  Prostata,  und,  wenn  die  Glandulae  bulbourethrales  gross  sind,  können 
sie  ebenfalls  in  diesen  Bereich  kommen.  Freilich  sind  auch  sie  von  der  Pf<^' 
stata  durch  Fasern  des  Musculus  trigoni  urogenitalis  geschieden  (Fig.  57  a). 

Seitlich  liegt  innerhalb  der  Prostatakapsel,  s.  w.  u.,  also  dicht  an  der 
Dfüse  selbst,  jederseits  der  Plexus  venosus  vesicoprostaticus;  derselbe 
nimmt  insbesondere  den  oberen  Umfang  des  Organes  ein  und  füllt  die  zwischen 
ihm  und  der  Blase  bleibende  Rinne  aus.  Vorn  haben  wir  in  gleicher  Lage 
den  Plexus  pudendalis,  der  aus  einem  unpaaren  Mittelstücke  und  ^wei 
paarigen  Seitentheilen  besteht,  welch'  letztere  sich  ohne  scharfe  Grenze  in  die 
Plexus  vesicoprostatici  fortsetzen.  Der  Plexus  pudendalis  ist  vorn  und  oben 
gedeckt  durch  die  von  der  Harnblase  und  der  Prostata  zum  Schambeine 
ziehenden  Ligamenta  und  Musculi  pubovesicalia  und  puboprostatica*)» 
Besonders  ist  hier  auf  die  'Vena  dorsalis  penis  subfascialis  aufmerksam 
zu  machen,  welche  unter  der  Symphyse  her  dicht  vor  der  Prostata  aufwärts 
zum  Plexus  pudendalis  zieht.  (Vgl.  hierzu  Figg.  52,  59a,  61,  64,  66a,  lH 
und  113.) 

Seitlich  ist  noch  der  Musculus  levator  ani  zu  erwähnen,  dessen 
unterer  Rand  der  Prostata  dicht  anliegt.  Nach  einigen  Autoren  (u.  a.  Disse 
1.  c.  [S.  206])  setzen  sich  Fasern  dieses  Muskels  an  die  Prostatakapsel;  ich  habe 
solche  nicht  finden  können;  doch  will  ich  ihr  Vorkommen  als  Varietät  nicut 
bestreiten. 

Insbesondere  wichtig  ist  die  syntopische  Beziehung  der  hintere» 
Prostata  fläche  zum  Rectum,  und  zwar  handelt  es  sich  um  den  unteren 
Abschnitt  von  dessen  Pars  pelvina  (Figg.  66  und  66  a).  Zwischen  der  Rectum- 
wand  und  der  Prostata  liegt  hier  nur  wenig  lockeres,  fettloses  Bindegewebe 
und  die  dünne  Prostatakapsel  so  dass  man  vom  Rectum  aus,  zumal  dessen 
hier  in  Betracht  kommender  Theil  nicht  hoch  liegt  (3  cm  vom  Anus)  und 
schon  sich  zur  AmpuUa  recti  zu  erweitern  beginnt,  sehr  bequem  die  Prostata 
untersuchen  kann.  Man  fühlt  von  da  aus  zuerst  den  Schnabel  der  Prostata? 
dann  deren  hintere  Fläche  mit  ihren  beiden  Lappen,  endlich  die  Basis  mi^ 
ihrer  Incisur  und  die  Samenblasen  mit  den  Ampullae  deferentiales.  Vgl.  hierzu 
auch  S.  277. 


1)  Diese  beiderlei  Ligamente  bilden  eine  zusammenliegende  Schicht;  beiß' 
Manne  finden  wir  sowohl  muskulöse  und  bindegewebige  Züge,  welche  zur  Blase»' 
wand  gehen,  als  auch  solche,  welche  zur  vorderen  oberen  Prostatawand  treten,  ^^f' 
halb  sind  hier  beide  Namen  gerechtfertigt.  Beim  Weibe  haben  wir  natürlich  nur  die 
Ligamenta  pubovesicalia. 


Zugänge  zur  Prostata.    Kapsel  der  Prostata.  341 

Von  Belang  sind  endlich  die  idiotopischen  Verhältnisse  der  Prostata. 
Durch  den  vorderen  Abschnitt  des  Organes  zieht,  wie  gesagt,  der  Anfangstheil 
der  Harnröhre  hindurch  (Figg.  57a,  65,  66  und  66a).  Gewöhnlich  liegt, 
wie  bemerkt,  nur  ein  geringer  Theil  drüsiger  Substanz  vor  der  Harnröhre, 
wnd  zwar  mehr  nach  unten  (Fig.  66  a);  die  Drüsen  können  hier  auch  völlig 
fehlen,  so  dass  nur  Muskulatur  gefunden  wird,  welche  hauptsächlich  den  Henle'- 
schen  M.  sphincter  vesicae  internus  bildet  (s.  Kapitel  „Urethra^)  und  mit  der 
Muskulatur  des  drüsigen  Theiles  der  Prostata  zusammenhängt.  In  diesen  Ab- 
schnitt der  Harnröhre  ragt,  wie  erwähnt,    der  Colliculus  seminalis  hinein. 

Hinter  der  Harnröhre  durchsetzen  die  Ductus  ejaculatorii  das  Organ, 
lind  zwischen  ihnen  liegt  der  Utriculus  prostaticus  (s.  vorhin).  Die  Ductus 
ejaculatorii  nähern  sich  während  ihres  Verlaufes  durch  die  Prostata  zu  ihren 
Mündungen  hin  immer  mehr  der  Mittellinie.  —  lieber  die  Lage  eines  dritten 
oder  mittleren  Prostatalappens  wurde  vorhin  das  Nöthige  angeführt. 

Zng^Singe  zur  Prostata. 

Der  gewöhnliche  Weg,  um  zur  Prostata  zu  gelangen,  ist  der  Weg  vom 
Centrum  perineale  her.  Man  kann  von  hier  aus  die  Prostata  und  die  Samen- 
hlasen  in  der  Weise  freilegen,  wie  das  in  Fig.  58  dargestellt  ist.  Auch  vom 
Rectum  her  gelangt  man  zur  Prostata,  z.  B.  zur  Eröffnung  von  Prostataabscessen. 
Langenbuch^)  hat  behufs  Eröffnung  der  Harnblase  den  Zugang  unterhalb  der 
Symphyse  her  empfohlen,  dessen  anatomische  Führung  von  mir  dargelegt  wurde. 
Dieser  Weg  leitet  zum  Schnabel  der  Vorsteherdrüse  und  zu  deren  vorderer  Wand. 

Kapsel  der  Prostata. 

Wie  Denonvill^ers*^)  zuerst  des  genaueren  gezeigt  hat,  ist  die  Prostata 
von  einer  visceralen  Fascie  umgeben,  welche  sie,  wie  eine  Kapsel  von  allen 
Seiten,  mit  Ausnahme  der  vorderen  Fläche,  der  Spitze  und  der  Basis,  umschliesst 
und  ihr  grösstentheils  dicht  anliegt.  Von  derselben  Fascie  werden  noch  die 
obere  Fläche  des  Plexus  pudendalis,  die  Plexus  vesicoprostatici  so  wie  die 
Samenblasen  und  die  Ampullen  der  Ductus  deferentes  mit  eingeschlossen. 

Diese  Kapsel  hebt  sich  an  den  Seiten  und  hinten  von  der  parietalen 
Beckenfascie  ab,  und  erscheint  wie  ein  Umschlag  dieser  Fascie  auf  die  Pro- 
stata. Von  dieser  geht  sie  über  die  genannten  Venenplexus  hinweg  auf  die 
ßlase  über,  wo  sie  sich  allmählich  in  dem  die  Blase  deckenden  subperitonäalen 
Bindegewebe  verliert.  Vorn  kommt  die  Prostata,  da  sie  unter  der  ümschlags- 
stelle  liegt,  nicht  in  Betracht.  Hinten,  zwischen  Rectum  und  Prostata,  ist  die 
Kapsel  am  stärksten;  sie  wird  hier  als  Fascia  rectovesicalis  bezeichnet, 
^ud  ist  am  Grunde  der  Excavatiorectovesicalis  mit  dem  Bauchfelle  verwachsen. 
Sie   enthält    hier    auch    glatte    Muskelfasern    und    erstreckt    sich    mit    einem 

1)  Langenbuch,  K.,  Die  Sectio  alta  subpubica.  Eine  anatomisch-chirurgische 
Studie  nebst  einer  Vorbemerkung  von  W.  Waldeyer.    Berlin,  1888.    8<*. 

2)  Denonvillers,  Ch.  P.,  Propositions  et  observations  d'anatomie,  de  Physio- 
logie et  de  Pathologie.    Thöse  de  Paris,  1837. 


342      Prostata:  Altersunterschiede.    Maasse.    Physiol.  und  pathol.  Verhältnisse. 

medianen  Fortsatze,  der  an  die  Harnblase  im  Trigonum  interanipullare  ange- 
heftet ist,  zwischen  die  beiden  Ampullen  der  Ductus  deferentes  hinein.  Id 
den  Figuren  111,  113  und  114  sind  die  einzelnen  Theile  dieser  Kapsel  nach 
Präparaten  zum  Theil  halbscheniatisch  mit  gelben  Linien  eingezeichnet.  Fig.  H^ 
gibt  die  Seitentheile,  Fig.  113  das  vordere  und  das  hintere  Blatt,  Fig.  H^ 
einen  horizontalen  Durchschnitt.  Auf  dem  letzteren  sind  aber  nicht  die  Fyo- 
stata,  sondeni  die  Samenblasen  und  die  Ductus  deferentes  zu  sehen;  das  Ver- 
halten ist  aber  bei  der  Prostata  dasselbe. 

Altersimtersohiede  der  Prostata. 

Bei  Kindern  bis  zum  Eintritte  der  Pubertät  ist  die  Prostata  nur  schwach 
entwickelt.  Mit  dem  Beginne  der  Mannbarkeit  erreicht  sie  rasch  ihre  volle, 
dem  jugendlichen  Mannesalter  entsprechende  Grösse.  Meist  pflegt  sie  dann, 
mit  dem  Beginne  des  Greisenalters,  eine  weitere  Vergrösserung  einzugehen,  die 
ohne  alle  störenden  Folgen  bleiben  kann,  oft  aber  zu  den  schwersten  Behinde- 
rungen der  Harnentleerung  führt.  Seltener  sind  Altersatrophien.  Häufiger  als 
im  jugendlichen  Alter  findet  man  bei  älteren  Leuten  auch  die  concentrischen 
Prostatakörper. 

Maass-  und  Zahlentabelle. 

Winkel  der  Prostatalängsaxe  mit  der  Vertikalen 20—25*' 

Neigung  der  hinteren  Prostatafläche  gegen  den  Horizont 40—45^ 

Länge  im  jüngeren  Mannesalter 28—^0  rtim 

Breite    „  „  „  40-45    » 

Dicke  in  der  Mitte 20-25     - 

Gewicht 20-25  gr 

(In  höherem  Alter  können  diene  Maasse  auf  das  doppelte  kommen.) 
Entfernung  von  der  Symphyse 8  —  12  mt^ 

(Wechselt  nach  der  B^ntwicklung*  der  Prostata   bezw.  des  Venenplexus  und  des 

zwischengelag:erten  Fettes.) 
Entfernung-  der  Spitze  vom  Anus 30—40  i^^ 

Physioloerische  nnd  pathologrl>che  Verhältnisse. 

Verschiedene  Gründe  thun  es  unzweifelhaft  dar,  dass  die  Prostata  zum  Ge- 
schlechtsapparate zu  rechnen  ist;  so  vor  allem  ihre  starke  Entwicklung*  mit  Beginn 
der  Pubertät,  die  Entleerung  ihres  Sekretes  beim  Beg-attuiij^sakte,  und  ihre  Atrophi*? 
nach  der  Kastration.  Fürbringer*)  hat  gezeigt,  dass  hauptsächlich  der  emulsiv^» 
milchige  Succus  prostaticus  es  ist,  welcher  dem  Ejakulate  dos  Mannes  den  eigenthixn^' 
liehen  Geruch  gibt,  und  dass  die  in  dem  Ejakulate  auftretenden  Kry stalle  ebenfall'* 
dem  Prostatasekrete  angehören.  In  demselben  werden  auch  mitunter  die  meist  bräun- 
lich gefärbten  sogenannten  concentrischen  Körper  der  Prostata  gefunden.  VVa*> 
speciell  die  Bedeutung  der  Prostata  für  den  Organismus  und  insbesondere  für  ^^^ 
Geschlechtsfunktion  und  das  Ejakulat  sei,  ist  noch  unaufgeklärt;  Fürbringer  f«-^"' 
dass  der  Succus  prostaticus  Spermien,  welche  noch  nicht  im  Absterben  begriffen,  s^n- 
nur  physiologisch  erstarrt  sind,  wieder  in  lebhafte  Bewegung  zu  versetzen  vermag' 


1)  Fürbringer,  P.,  Die  Störungen  der  Geschlechtsfunktion  des  Mannes.   Wien» 
1895.   Holder.    (Mit  Literatur). 


Samenblasen.  343 

Pathologisch  gehört  die  Prostata  für  den  männlichen  Harn-  und  Ge- 
schlechtsapparat mit  zu  den  bedeutsamsten  Organen,  hauptsächlich  wegen  der 
schon  erwähnten,  im  höheren  Alter  fast  regelmässig  eintretenden  Hypertrophie, 
die,  wie  bemerkt,  zu  den  schwersten  Störungen  der  Harnentleerung  führen 
kann;  dann  wegen  verschiedener  Neubildungen,  bei  denen  insbesondere  Car- 
cinome,  Myome  und  Adenome,  entsprechend  dem  Baue  des  Organes,  eine 
gi'osse  Rolle  spielen.  Endlich  kommen  Abscesse  häufiger  vor,  zumeist  im 
Anschlüsse  an  eine  gonorrhoische  Infektion  oder  an  eine  Cystitis. 

Die  krankhaften  Prostatahypertrophien  mit  Behinderung  der  Harnentleerung, 
deren  Träger  als  „Prostatiker"  bezeichnet  werden,  hängen  wohl,  wie  Guyon, 
Qieines  Erachtens  mit  Recht,  bemerkt,  vorzugsweise  mit  chronischen  Arterien- 
Erkrankungen,  wie  sie  das  höhere  Alter  aufweist,  zusammen. 

Die  Hypertrophie  betrifft  vorzugsweise  das  Bindegewebe  und  die  glatten  Muskeln; 
die  Drüsen  sind  häufig  atrophisch.    Daneben  bestehen  venöse  Stauungen  i). 

Die  Abscesse  können  sich  in  die  Blase,  in  die  Harnröhre,  in  die  Samen- 
blasen und  Ampullen  (selten)  oder  in  das  Rectum  eröffnen,  freilich  auch  nach 
<iem  Damme  hin  oder  in  das  Cavum  pelvis.  Mitunter  kommt  es  infolge  ihrer 
Eröffnung  nach  beiden  Seiten  zu  einer  Blasen-Mastdarm-,  oder  Harnröhren-Mast- 
darmfistel. Die  vorhin  besprochenen  Lageverhältnisse  erklären  alle  diese  Vor- 
kommnisse ungezwungen. 


Samenblasen  (Vesiculae  seminales). 

AmpuUen  der  Ductus  deferentes  (Ampullae  ductuum  deferentium). 

Ausspritzungsgänge  (Ductus  ejaculatorii). 

Die  in  der  Ueberschrift  genannten  drei  Organe  gehören  anatomisch  wie 
physiologisch  zusammen;  insbesondere  können  sie  bei  einer  topographischen 
Betrachtung  nicht  getrennt  werden;  die  letztere  hat  auch  die  Portio  vesi- 
^alis  extramuralis  der  Ureteren  aufs  neue  einzubegreifen. 

Beschreibend  anatomisolie  Vorbemerkung^en. 

Die  Samenblasen^  Vesiculae  seminales,  stellen  sich  als  platt- 
^llipsoidische  Körper  von  flach-höckerigem  Aussehen  dar.  Bei  stärkerer  FüHung 
runden  sich  die  Höcker  zu  traubigen  Formen  ab,  wobei  auch  die  Gesamt-Ab- 
plattung  sich  verliert.  Meist  ist  das  obere  Ende,  Basis  vesiculae  seminalis, 
^in  wenig  breiter  als  das  untere,  welches  sich  zu  dem  sogenannten  Halse 
^der  Ausführungsgange  der  Samenblase,  Ductus  excretorius  ves.  sem.,  ver- 
jüngt. Man  kann  ferner  eine  vordere  oder  Harnblasen-Fläche,  eine 
hintere  oder  Rectum- Fläche,  und  zwei  abgerundete  Ränder,  einen  me- 
dialen und  einen  lateralen  unterscheiden.  Durchschnittlich  haben  die  Or- 
gane bei  4 — 5  cm  Länge  und  2  cm  Breite  eine  Dicke  von  1  cm;  doch  variirt 

1)  Vgl.  Gas  per,  L.,  Experimentelle  Untersuchungen  über  die  Prostata  mit  Rück- 
sicht auf  die  modernen  Behandlungsmethoden  der  Prostata-Hypertrophie.  Berliner 
klin.  Wochenschr.  1897. 


344  Samenblasen.    Ampullen.    Ductus  ejaculatorii. 

dies  nach  Lebensalter  und  Individualität.  Meist  sind  die  Samenblasen  einer 
und  derselben  Person  verschieden  gross;  häufig  ist  die  rechte  grösser  als  die 
linke,  jedoch  kann  auch  das  Umgekehrte  vorkommen. 

Die  Samenblasen  stellen  sich  dar  als  Divertikel  der  Pars  ampullaris  der 
Ductus  deferentes;  sie  bestehen  aus  einem  grösseren,  mit  Erweiterungen  und 
Verengerungen  versehenen,  blind  endenden  Hauptgange,  von  dem  eine  ver- 
schieden grosse  Zahl  von  gleichfalls  blind  endenden  Nebengängen  nach  beiden 
Seiten  hin  ausgehen.  So  erhält  man,  wie  es  Rehfisch^)  richtig  beschreibt? 
auf  dem  frontalen  Längsschnitte  des  Organes  das  Bild  eines  gefiederten  Kanal- 
systems, welches  besonders  deutlich  an  injicirten  Exemplaren  hervortritt. 
Das  blinde  Ende  des  Hauptganges  ist  häufig  hakenförmig  umgebogen,  ebenso 
die  Enden  der  längeren  Nebengänge.  Alle  Nebengänge  sind  eng  aneinander 
und  an  den  Hauptgang  angelegt,  so  dass  das  Ganze  das  Bild  des  eingangs 
erwähnten  traubigen  Körpers  darbietet.  Dazu  kommt,  dass  die  einzelnen 
einander  bertthrenden  Windungen  und  Gänge  bindegewebig  verknüpft  sind; 
erst  nach  Entfernung  des  Bindegewebes  gelingt  die  Entwirrung;  der  isolirte 
und  gestreckte  Hauptgang  kann  dann  eine  Länge  von  10 — 12  cm  zeigen.  Das 
Lumen  sämtlicher  Gänge  ist  noch  durch  anastomosirende  Leisten  und  grubigß 
Vertiefungen  in  zahlreiche  Fächer  zerlegt,  so  dass  der  Durchschnitt  ein  sehr 
charakteristisches  Bild  gewährt.  Die  stark  muskulöse  Wandung  der  Samen- 
blasen ist,  wenigstens  an  der  Leiche,  etwas  brüchig.  Der  Inhalt,  von  leicht 
bräunlicher  Färbung,  stellt  eine  dickliche  trübe  Flüssigkeit  dar,  in  der  sich 
bei  gesunden  Leuten  während  des  geschlechtsthätigen  Alters  fast  stets  reife 
Spermien  befinden. 

Mit  dem  Namen  „Ampulle^^  —  Ampulla  ductus  deferentis  —  belegte 
He  nie 2)  die  spindelförmige  Erweiterung  des  Ductus  dcferens,  welche  derselbe 
im  Bereiche  der  betreffenden  Samenblase  zeigt,  während  er  an  deren  medialem 
Rande  herabläuft.  Die  Ampulle  hat  ein  ähnliches  höckeriges  Aussehen,  den- 
selben fächerigen  Bau  (Diverticula  am  pull  ae)  und  denselben  Inhalt,  wie  die 
Samenblasen,  als  deren  Vorläufer  man  sie  ansehen  kann.  Sie  ist  von  vorn 
nach  hinten  abgeplattet  und  hat  etwa  eine  Länge  von  3—4  cm  bei  0,7 — 1,0  cm 
grösster  Breite. 

In  das  verjüngte  untere  Ende  der  Ampulle  mündet  der  Ductus  ex- 
cretorius  der  Samenblase  ein,  so  dass  von  hier  ab  nur  ein  einfacher  Kanal, 
der  Ductus  ejaculatorius  weiter  geht,  welcher  alsbald  in  die  Prostata  ein- 
tritt (s.  S.  337  ff.). 

Die  Verhältnisse  an  der  Vcreinigungsstelle  sind  nicht  unwichtig.  P'^ 
Mündung  des  Ductus  cxcretorius  findet  sich  in  der  lateralen  Wand  des  Ampulle, 
und  ist  verhältnissmässig  weit;  sie  erscheint  wie  ein  seitlich  in  diese  Wand 
eingelassenes  Fenster  und  zeigt  kaum   einen  Mündungssporn.     Das  Lumen  der 


1)  Rehfisch,  E.,  Neuere  Untersuchungen  über  die  Physiologie  der  Samenblasen. 
Deutsche  mediz.  Wochenschrift,  1896.  Nr.  16. 

2)  Henle,  J.,   Handbtich  der  systematischen  Anatomie  des  Menschen.    2.  Aufl- 
Bd.  II  (Eingeweidelehre).   Braunschweig,  1873.    S.  383. 


Samenblasen:  Kapsel,  Gefässe,  Nerven.  345 

Samenblase  oberhalb  der  Mündung  ist  weit,  oder  erweitert  sich  doch  bald  bis 
fast  auf  1  cra  im  Lichten,  während  das  des  Ductus  ejaculatorius  sich  rasch  bis 
auf  1 — 2  mm  verengert. 

Die  beiden  Ductus  ejaculatorii  siud  sehr  enge  und  dünnwandige 
Kanäle-  sie  haben  bei  20—25  mm  Länge  am  Anfange  1,5—2  mm  Breite,  und 
verengern  sich  an  ihrer  rundlich-elliptischen  Mündung  bis  auf  0,5  mm.  In  ihrer 
letzten  Strecke  laufen  die  kleinen  Kanälchen  dicht  an  der  Wand  des  Utriculus 
prostaticus,  ja  sie  erscheinen  zuweilen  in  diese  Wand  eingelassen  (s.  S.  338); 
selten  nur  kommt  es  indessen  vor,  dass  sie  in  den  Utriculus  selbst  münden; 
selten  ist  auch  eine  einfaciic  gemeinsame  Mündung  beider  Kanäle. 

Kapsel  der  Samenblasen. 

Die  Samenblasen  mit  der  Ampulle  des  Ductus  deferens  sind  von  einer 
fibrös-muskulösen  Kapsel  umgeben,  welche  nach  unten  in  die  Prostatakapsel 
sich  fortsetzt  und  einen  Tlieil  der  Fascia  rectovesicalis  bildet  (Figg.  70c,  113, 
114).  Vorn  und  hinten,  gegen  Blase  und  Rectum  hin,  ist  die  Kapsel  geschlossen; 
seitlich  und  unten  treten  die  Gefässe  und  Nerven  ein  und  es  verliert  sich  hier 
sowie  nach  oben  die  Kapsel  in  das  Beckenbindegewebe  bezw.  in  die  Fascia 
vesicae.  Die  (glatten)  Muskelfasern  finden  sich  vorzugsweise  in  der  Pars  inter- 
anipullarisi)  vesicae,  wo  sie  von  einem  medianen  Sehnenstreifen  nach  beiden 
Seiten  und  nach  hinten  in  die  Samenblasen-Kapsel  und  von  dieser  zum  Fundus 
excavationis  rectovesicalis  und  dessen  Nachbarschaft  hinziehen;  sie  hängen 
nfiit  der  vom  Rectum  ausstrahlenden  Muskulatur  zusammen. 

Mit  ihrer  Kapsel  sind  die  Samenblasen  ebenso  wie  die  Ampullen  nur 
locker  verbunden,  so  dass  sie  sich  leicht  herausschälen  lassen.  Die  vordere 
Kapselwand  mit  einer  mehr  oder  minder  starken  Schicht  Fettbindegewebe 
trennt  die  Portio  vesicalis  cxtranmralis  des  Ureter  von  der  Samenblase. 

Gefässe  nnd  Nerven  der  Samenblasen  und  der  Ampullen 
der  Ductus  deferentes. 

Die  Arterien  sind  Zweige  der  Aa.  vesicales  inferiores,  der  Aa.  hae- 
uiorrhoidales  mediae  und  auch  der  Aa.  deferentiales;  sie  zeigen  viele  Ver- 
**^*hiedenheiten  in  ihrem  Ursprünge  und  in  ihrer  Vertheilung. 

Die  Venen  sind  sehr  stark  und  zahlreich;  sie  bilden  auf  der  hinteren  Fläche 
*^^*i'  Sainenblasen  ein  erhebliches  Geflecht,  welches  man  als  Plexus  venosus  se- 
*»^  in  aus  zu  unterscheiden  pflegt;  dasselbe  ist  ein  Anhang-  des  Plexus  vesicoprostaticus, 
*ii  den  es  abfliesst,  und  zeigt  auch  Verbindungen  mit  dem  Plexus  venosus  haemorrhoi- 
"alis.  Auch  die  Ampullen  sind  von  einem  kleineren  engmaschigen  Venengeflechte  um- 
sponnen, welches  sich  weit  am  Ductus  deferens  hinauferstreckt;  hierdurch  kontrastirt 
^er  Ductus  mit  dem  Ureter,  bei  welchem  ein  solcher  Plexus  fehlt. 

Ueber  die  Lymphgefässe  besitzen  wir  Angaben  von  Sappey^);  sie  sind,  wie 
^ie  Venen,  reichlich  entwickelt,  und  bilden  auch  einen  Plexus  an  der  Oberfläche  der 
^^rgane,  von  wo  sich  jederseits  2—3  Stämmchen  zu  den  Lymphoglandulae  hypo- 
S'astricae  beg'eben. 


1)  V^I.  Henle,  Splanchnologie,  2.  Aufl.  1873.  S.  387,  Fig-.  291. 

2)  S.  dessen  grrosses,  weiter  unten  S.  352  citirtes  Werk,  Taf.  48. 


346  Samenblasen:  Alters  Verschiedenheiten,  Lag-e. 

Die  Nerven  entstammen  dem  Plexus  sympathicus  hypogastricus  und 
ziehen  mit  dessen  sekundären  Abzweig-ungen,  den  Plexus  vesicalis  und  hae- 
morrhoidalis  medius,  läng-s  der  Arterien  zu  den  Samenblasen;  sie  führen  haupt- 
sächlich marklose  Fasern;  markhaltige  fehlen  jedoch  nicht.  Den  Geflechten  der  mark- 
losen Fasern  sind  in  der  Aussenhaut  der  Samenblasen  Häufchen  von  Nervenzellen 
eingelagert.  Timofeew*)  fand  solche  beim  Hunde  auch  am  Prostata-Ende  des  Ductus 
defercns.  In  der  Muskelhaut  der  Ductus  deferentes  ist  von  ihm  und  Sclavunos*) 
ein  reichlicher  Plexus  markloser  Nervenfasern  —  Plexus  myospermaticus  Scla- 
vunos  ~  beschrieben  worden,  von  dem  auch  Fasern  zur  Mucosa  verfolgbar  waren. 
Man  darf  annehmen,  dass  dieselben  Verhältnisse  bei  den  Samenblasen  vorliegen. 

Altersveriohledenheiten. 

Bis  zum  Beginne  des  Eintrittes  der  Geschlechtsreife  sind  die  Samenblasen  i^ 
Verhältnisse  zu  den  Nachbartheilen  klein,  ebenso  die  Ampullen.  Ihre  volle  Entwick- 
lung zeig'en  sie  erst  im  g'eschlechtsthätigen  Alter.  Wenn  im  höheren  Alter  die  Ge- 
schlechtsfunktion abnimmt,  pflegt  auch  die  Grösse  der  Samenblasen  sich  zu  vermindern. 
Man  findet  bei  alten  Leuten  auch  nicht  selten  dünnere  Wände  und  eine  gesteigerte 
Brüchigkeit  des  Organes. 

Isa,ge  der  Samenblasen  nnd  der  Ampullen. 

Zunächst  ist  für  die  Gesamtlage  festzustellen,  dass  die  in  Rede  stehenden 
Organe,  von  ihrer  Kapsel  eingehüllt,  unmittelbar  oberhalb  der  Prostata,  zwischen 
Rectum  und  Harnblase,  an  der  hinteren  unteren  Wand  der  letzteren  ihren  Plat^ 
haben.  Die  Ampullen  liegen  am  medialen  Rande  der  Samenblasen  entlang; 
letztere  weichen  von  der  Prostata  an,  wo  sich  die  beiden  Ampullen  in  der 
Mittellinie  berühren,  allmählich  von  einander  ab,  so  dass  ihre  beiden  oberen 
Enden  (Basen)  6 — 7  cm  von  einander  abstehen  und  sich  der  seitlichen  Becken- 
wand bis  fast  zur  Berührung  nähern.  S.  Figg.  60  und  70b.  Die  Ampullen 
folgen  in  ihrem  Uebergange  zu  den  betreffenden  Ductus  deferentes  dieser 
Divergenz. 

Wichtig  ist  es  ferner  zu  merken,  dass  die  Längsaxen  der  Samenblasen 
und  Ampullen  bei  aufrechter  Stellung  des  betreffenden  Menschen  auch  nicht  in 
der  Vertikelebene  liegen,  sondern  unter  einem  Winkel  von  50—60*^  gegen  den 
Horizont  geneigt  bleiben,  indem  sie  der  Lage  des  unteren  Theiles  der  Pars 
pelvina  recti  folgen.  (Vgl.  Figg.  66  a  und  70c.)  Ich  bemerke  das  umsomehr, 
als  manche  der  Figuren,  in  denen  die  Samenblasen  zusammen  mit  der  Pro- 
stata und  der  Harnblase  abgebildet  sind,  die  Vorstellung  von  einer  mehr  senk- 
rechten Lage  leicht  aufkommen  lassen. 

Skeletotopisch  entspricht  die  Lage  der  Samenblasen  ungefähr  dem 
Steissbeine  (natürlich  dessen  Seitenränder  gedacht);  die  Spitze  des  Steissbeines 
dürfte,  projicirt,  der  Pars  interampullaris  vesicae  zugehören  und  dies  würde 
der  Grenze   zwischen    unterem    und  mittleren  Symphysendrittel  gleichkommen. 


1)  Timofe'ew,  D.  A.,  Zur  Kenntniss  der  Nervenendigungen  in  den  männ- 
lichen Geschlechtsorganen  der  Säuger.  Anat.  Anz.  Bd.  IX,  S.  342.  1894.  —  S.  auch 
Inauguraldiss.  Kasan,  1896.  (Russisch.) 

2)  Sclavunos,  G.,  lieber  die  feineren  Nerven  und  ihre  Endigungen  in  den 
männlichen  Genitalien.   Anat.  Anz.  IX.  S.  42.  1894. 


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Svnln,M...  Wir  ...nvahnf.ii  .HrL.p'  <lor  Anipuiln,  /.u  d.n  SnuHTi- 
l.l.i.ni.  'irviuM-  .ii.-  r-r/i.-hHU^vn  /m-  i'n..|at:i.  wo  auHi,  s.  S,  .T'.T.  .-.-■ts  un.l  ;M  ! . 
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dN-s,.   l'nnkK'  nur  das  (irsa;:!*'.    Hin-  sin. <-l.   dir  (,ap'iuv,idnn>p-n  zur  llarn- 

Ma.r    yn.n    li..-l„.n.   /,..   ,U'U   ImvUuv,,    un.l    /,nn.    üancliloli.   im   Zusamuu'Hl.ani:-.- 

<l;,™,l...v,u  obwohl  .iM-sHbrn  au.l,  s,-l In.  .!.;>,  Kapür!,,  üamhlas,.  ■  S.  :;u<J;,;in, 

K'rcjuHi   uN.  -77     .lu.i    rivl.T   ^S.  ;r,r,,   iHTi.iin    ^^.•^l.a.   musslvn. 


Kiu'.  Till 


!ii:|ii''li 


^48  Samenblasen:  Lage. 

culae  seminales  entsprechen  den  seitlichen  Funduspartien  der  Harnblase.  Von 
der  Muskelwand  der  Harnblase  sind  sie,  ausser  durch  den  vorderen  Theil  ihrer 
Kapsel,  noch  durch  eine  mehr  oder  minder  starke  Schicht  perivesikalen  Fett- 
gewebes getrennt.  Die  mehrfach  (s.  S.  277)  erwähnte  Pars  interampullaris, 
welche  mit  spitzem  Winkel  nach  unten  schaut,  da,  wo  beide  Ampullen  sich 
berühren,  blcil)t  zwischen  den  letzteren,  sowohl  von  diesen  Organen,  wie  auch 
vom  Bauchfelle  frei.  Bei  mittlerer  Füllung  der  Harnblase  misst  ihre  Basis 
2  cm,  ihre  Höhe  1,5  cm.  Uebrigens  kommen  viel  grössere  interampullare  Felder 
vor;  in  einem  Falle  fand  sicli  4,3  cm  Basisbreite  bei  4,2  cm  Höhe. 

Man  hat  vor<,^eschIiigen,  vom  Rectum  aus  durch  die  Pars  interampullaris  hin- 
durch die  Blase  zu  punktircn  (S.  277,  313);  doch  ist  die  Vornahme  einer  solchen 
Operation,  wegen  der  wechselnden  Dimensionen  des  Operationsfeldes  und  der  Schwie- 
rigkeit dasselbe  beim  Lebenden  genau  abzugrenzen,  nicht  anzurathen,  und  man  ist 
auch  davon  zurückgekommen. 

Nach  hinten  lagern  die  Sanienblasen  auf  dem  unteren  ampullären  Ab- 
schnitte der  Pars  pelviua  recti,  und  kommen,  da  zwischen  ihrer  hinteren 
Kapsclwand,  welche  zugleich,  als  Fascia  rectovesicalis,  einen  Theil  der  Fascia 
recti  darstellt,  und  der  vorderen  Rectumwand  gewöhnlich  nur  wenig  lockeres 
Bindegewebe  zu  liegen  pflegt  —  nur  fettleibige  Personen  machen  eine  Aus- 
nahme —  dem  Rectum  sehr  nahe.  Vgl.  hierzu  die  Figg.  61,  66  und  66  a, 
ferner  70c,  113  und  114,  in  welchen  drei  letzteren  das  Verhältniss  der  Samen- 
blasenkapsel zur  Fascia  recti,  bez.  der  Fascia  rectovesicalis  zum  Ausdrucke 
gebracht  ist. 

Erwägt  man  nun  das  vorhin  geschilderte  Verhalten  der  glatten  Muskeln 
der  Kapsel  zum  Rectum,  so  ist  leicht  verständlich,  wie  die  Samenblasen  auch 
den  Bewegungen  und  Ausdehnungen  des  Rectum  folgen  müssen,  s.  S.  277. 

Die  Lagebeziehungen  der  Vesiculae  seminales  und  der  Ampullen  zum  Kectum 
sind  vor  allem  deshalb  Avichtig,  weil  sie  die  Untersuchung  dieser  Organe  durch 
Palpation  und  auch  durch  Inspektion  vom  Rectum  her  gestatten,  desgleichen  manche 
pathologische  Vorkommnisse  erklären  und  operative  Zugänge  ermöglichen.  Füllung 
der  Blase,  falls  sie  nicht  zu  stark  ist,  erleichtert  die  Palpation  der  betreffenden  Organe 
vom  Rectum  her;  man  kann  bei  einer  gewissen  Füllung  der  Samenblasen  ihr  Sekret 
durch  Fingerdruck  in  die  Harnröhre  entleeren  i). 

Was  das  Bauchfell  anlangt,  so  deckt  dasselbe,  wie  gesagt,  von  der 
Excavatio  rectovesicalis  her  das  obere  Drittel  und,  unter  Umständen  gar  die 
obere  Hälfte  der  Samenblasen,  je  nach  ihrer  Grösse  und  Füllung  und  nach 
dem  Grade  ihrer  seitlichen  Divergenz;  im  Bereiche  der  Pars  interampullaris 
senkt  es  sich  etwas  tiefer  ein.  Die  obere  Partie  der  Samenblasen  und  der 
anliegende  Theil  der  Ampulle  wird  sonach  durch  diese  Bauchfelleinsenkung  vom 
Rectum  geschieden  und  tritt  damit  auch  in  Beziehung  zum  Cavuni  serosum 
pelvis. 

Was  endlich  die  Lage  der  Ureteren  zu  den  Ampullen  imd  zu  den 
Samenblasen  betrifft,  so  deckt  der  obere  (basale)  Theil  der  letzteren  mit 
seiner  lateralen  Randpartie   meist   ein  kleines  Stück  der  Ureteren  (deren  Pars 


1)  Vgl.  Kehfisch,  1.  c.  [S.  iÖ28]. 


:iii^ 


350  Saraeublasen :  physiologische  und  pathologische  Verhältnisse. 

vesicalis  extramuralis).  Es  ist  nicht  richtig,  dass  von  der  extramuralen  Strecke 
noch  ein  Theil  flu  er  vor  den  Samenblasen,  zwischen  diesen  und  der  Harn- 
blasemvand  einwärts  ziehe.  Wo  der  Ureter  au  die  Blasenwand  tritt,  senkt  er 
sich  auch,  nach  nur  w^enigen  Millimetern  freien  Laufes,  in  dieselbe  ein;  den 
mehr  queren  Lauf  nimmt  er  erst  in  seiner  intramuralen  Strecke,  d.  h.  in  den 
üreterenfalten  ein.  Der  Ureter  ist  aber  auch  da,  wo  er  im  Bei-eiche  der 
Samenblase  liegt,  durch  die  Samcnblasenkapsel  und  Fettgewebe,  wie  bemerkt; 
von  der  Samenblase  noch  getrennt. 

Mit  der  Ampulle  tritt  der  Ureter  in  keine  Lagebeziehungen,  wold  aber 
mit  dem  unmittelbar  auf  die  Ampulle  folgenden  Theile  der  Ductus  deferentes; 
dieses  Lageverhältniss  mag  schon  hier,  obwohl  wir  die  Ductus  erst  im  folgen- 
den Kapitel  abhandeln  werden,  des  Zusammenhanges  wegen,  noch  kurz  be- 
sprochen sein. 

Da  der  Ureter  von  hinten  nach  vorn  zur  Blase  zieht,  der  Ductus  deferens 
aber  von  vorn  nach  hinten,  so  müssen  sich  beide  kreuzen,  und  diese  Kreuzung 
erfolgt  im  Bereiche  der  seitlichen  Blasenwand,  am  Uebergange  des  Fundus 
vesicae  in  die  letztere.  Bei  der  Kreuzung  zieht  der  Ductus  an  der  medialen 
Seite  des  Ureter  vorbei;  ein  sogenanntes  „Reiten"  des  Ductus  auf  dem  Ureter, 
wobei  er  mediolateralwärts  über  den  letzteren  hinweg  zur  seitliehen  Becken- 
wand steige,  findet  nicht  statt;  Abbildungen,  welche  dieses  zeigen,  sind  ungenau. 
Wenn  der  Ductus  sich  von  der  Blasenwand  abhebt,  um  lateral  zur  Beckenwand 
zu  treten,  hat  er  die  Kreuzung  mit  dem  Ureter  schon  hinter  sich.  Bei  der 
Kreuzung  berühren  sich  beide  Gänge  nur  dann,  wenn  das  perivesikale  Gewebe 
fettlos  ist;  gewöhnlich  befindet  sich  eine  0,5—1,5  cm  starke  Fettgewebslage 
zwischen  ihnen.  Wenn  sich  die  Blase  füllt,  so  entfernen  sich,  wie  Funke^) 
angibt,  die  Gänge  noch  mehr  von  einander  bis  zu  3  cm. 

Physiolosriflohe  nnd  pathologische  Verh&ltnUse. 

Nach  den  neueren  Untersuchungen,  insbesondere  von  Rehfisch 2),  kann 
es  keinem  Zweifel  mehr  unterliegen,  dass,  wenigstens  beim  Menschen,  so  lange 
die  Hoden  Samenfäden  in  normaler  Menge  produciren,  solche  auch  in  den 
Samenblasen  gefunden  werden.  Wie  sie  dahin  gelangen,  ist  noch  nicht  fest- 
gestellt; doch  müssen  zwei  Umstände  hierbei  in  Betracht  gezogen  werden: 
1)  dass,  wie  schon  Regnerus  de  Graaf  nachwies,  und  wie  sich  (Rehfisch) 
leicht  bestätigen  lässt,  eine  in  den  Ductus  deferens  injicirte  Flüssigkeit  zunächst 
in  die  Samenblase  dringt  und  dieselbe  stark  füllt,  lievor  sie  aus  der  Mündung 
des  betreffenden  Ductus  ejaculatorius  am  Schnepfenkopfe  heraustritt.  Denselben 
Vorgang  wird  man  auch  intra  vitam  von  den  den  Ductus  deferens  passirenden 
Inhaltsmassen  annehmen  dürfen.  Es  wird  dies  Verhalten  verständlich  durch 
die  S.  344  beschriebene  Art  der  Zusammenmündung  der  Samenbiasen  und  der 
Ductus  deferentes,  indem  der  Zugang  zu  den  ersteren  viel  leichter  ist,  als  der 
Weg  durch  den  engen  Ductus  ejaculatorius.     2)  Dass  die  geschlechtlichen  Er- 

1)  Funke,  1.  c.  [S.  335]. 

2)  l  c.  [S.  344]. 


Samenleiter.  351 

regUDgen,  welche  auf  die  männlichen  Individuen  einwirken,  höchst  wahrschein- 
lich Bewegungen  der  Nebenhoden-  und  Ductus  deferens-Muskulatur  auslösen, 
durch  welche  nach  und  nach  das  Hoden-  und  Nebenhodensekret  mit  seinen 
Spermien  in  die  Samenblasen  zur  Ansammlung  und  Aufbewahrung  befördert 
wird.  Das  während  eines  Begattungsaktes  entleerte  Ejakulat  dürfte  wohl,  seiner 
Hauptmasse  nach,  aus  den  Vesiculae  seniinales  ^)  und  der  Prostata  stammen. 

Gleichwohl  kann  es  nicht  zweifelhaft  sein,  dass  die  Samenblasen  auch 
ein  eigenes  Sekret  liefern,  da  wir  zahlreiche  Becherzellen  ähnliche  Epithel- 
zellen in  ihnen  finden  und  der  Inhalt  der  Samenblasen  von  den  anderen  Se- 
kreten des  männlichen  Genitaltractus  verschieden  ist.  Ob  nun  dieses  Sekret 
nur  mechanischen  Zwecken  dient,  da  eine  hinreichend  kräftige  Ejakulation  nur 
bei  einer  gewissen  Menge  des  Ejakulates  denkbar  ist,  oder  ob  dasselbe  auch 
auf  die  Samenfäden  in  irgend  einer  Weise  günstig  einwirkt,  lässt  sich  zur  Zeit 
nicht  mit  Bestimmtheit  entscheiden. 

Die  pathologischen  Vorkommnisse  anlangend,  so  lehren  die  besprochenen 
Lageverhältnisse  verstehen,  dass  bei  eitrigen  Spermatocystiden  Durchbrüche  nach 
der  Harnblase,  nach  dem  Rectum  und  nach  dem  Cavum  serosum  pelvis  erfolgen 
können,  dass  die  entzündlichen  Vorgänge  ferner  die  Prostata,  die  Ductus  deferentes 
und  die  Ureteren  interessiren  können,  indem  sie  sich  dorthin  fortpflanzen.  Der  ana- 
tomische Bau  erklärt  das  Vorkommen  von  Cysten  und  Ektasien  an  den  Samen 
blasen  und  Ampullen;  hier  kann  eine  Differentialdiag-nose  mit  Cystenbildun^en,  welche 
von  der  Prostata  (ütriculus  prostaticus)  oder  vom  Ductus  deferens  ausgehen,  oder 
niit  Blasendivertikeln  unter  Umständen  Schwierigkeiten  bereiten. 

Fernerhin  sind  Konkremente  in  den  Samenblasen  gefunden  worden,  soge- 
nannte Samensteine.  Sie  können  vom  Rectum  aus  gefühlt  werden;  man  möge  sich 
aber  vor  Verwechslungen  mit  Phlebolithen,  die  gelegentlich  in  den  Venengeflechten 
der  Samenblasen  vorkommen,  hüten. 

Nicht  selten  sind  tuberkulöse  Prozesse  der  Samenblasen  und  der  Ductus 
deferentes  mit  den  Ampullen  bei  allgemeiner  Urogenitaltuberkulose.  Die  betreffenden 
Theile  fühlen  sich  dann  bei  der  Palpation  vom  Rectum  her  besonders  hart  und 
höckerig  an. 

Da  die  Samenblasen  mit  den  Ampullen  wohl  von  alten  Beckenorganen  am 
meisten  geschützt  liegen,  so  begreift  es  sich,  dass  Verletzungen  derselben  sehr 
selten  sind. 

Samenleiter  (Ductiis  deferens). 

Unter  Ductus  deferens  versteht  man  den  vom  Ende  des  Nebenhoden, 
der  Cauda  epididymidis,  durch  den  Leistenkanal  hindurch  zum  Ductus  ejacula- 
torius  führenden  muskulösen  Gang,  dessen  ampuUäres  Endstück  wir  soeben  be- 
schrieben haben.  Derselbe  hat  etvra  die  Dicke  eines  starken  Kabenfederkieles 
und  die  Länge  eines  menschlichen  Vorderarmes  einschliesslich  der  Hand.  — 
Durch  diesen  Gang  werden  die  Produkte  des  Hoden  und  des  Nebenhoden  zu 
der  betreffenden  Samenblase  und  dem  Ductus  ejaculatorius  geleitet. 


1)  Hierfür  sprechen  insbesondere  die  von  Reliquet  unter  dem  Namen  „Colique 
spermatique**  beschriebenen,  bei  der  Anwesenheit  von  Samensteinen  während  des 
Coitus  ^auftretenden  Erscheinungen.  (Reliquet,  Coliques  spermatiques.  Paris,  1880. 
Extrait  de  la  Gaz.  des  Hopitaux.  1879.) 


352  Samenleiter:  Gefässe  und  Nerven,  Lage. 

Ausgezeichnet  ist  der  Gang  durch  seine  starke  Ringmuskulatur,  welche 
ihm  eine  knorpelartige  Härte  verleiht,  so  dass  es  leicht  möglich  ist,  ihn  wäh- 
rend seines  Verlaufes  im  vSamenstrangc  durch  die  Haut  hindurch  zu  palpiren. 
Sein  Lumen  ist  im  Verhältniss  zur  Wandungsdickc  ein  sehr  geringes.  An  die 
Blasenportion  des  Ganges  tritt,  gewöhnlich  von  einer  der  unteren  Blasenarterien 
ein  dünner  Zweig  heran,  der  bis  zum  Nebenhoden  verläuft,  die  Artcria  defe- 
rentialis  (s.  Fig.  72  und  72a). 

Der  Ursprung  der  Art.  deferentialis  unterliegt  mehrfaclion  Schwankungen, 
wie  schon  aus  den  versclüedenen  Angaben  der  Handbücher  hervorgeht;  auch  die  obere 
Blasenarterie  kann  die  Arteria  deferentialis  abgeben.  (Vgl.  S.  249.)  Am  unteren  Ende 
des  Nebenhodens  bestehen  zwischen  ihr  und  der  Arteria  spermatica  interna  Anasto- 
mosen, welche  für  die  Ernährung  des  Hoden  und  Nebenhoden,  im  Falle  einer  Be- 
hinderung des  Kreislaufes  in  der  Arteria  spermatica  interna,  wichtig  werden  können. 

Die  Venen  bilden  im  ganzen  Verlaufe  des  Ganges  an  seiner  Peripherie 
einen  Plexus,  welcher  im  Samenstrange  mit  dem  Plexus  pampiniforniis 
zusammenhängt  und  proximal  Verbindungen  mit  den  Harnblasenvencn,  dem 
Plexus  V  e  n  o  s  u  s  s  e  m  i  n  a  1  i  s  und  durch  diese  Geflechte  mit  dem  Plexus 
vesicoprostaticus  unterhält. 

Die  L  y  m  p  h  g  e  f  ä  s  s  e  sind  besonders  zahlreich  am  Anfangs-  und  End- 
thcile  des  Ductus;  dort  kommunicircn  sie,  wie  die  Abbildung  von  Sappey*) 
ergibt,  mit  den  Lymphgcfässen  des  Samenstranges,  hier  mit  denen  der  Samen- 
blasen. Es  gelang  Sappey  nur  in  der  Muscularis  die  Wurzeln  der  Lymph- 
gefässe  darzustellen,  niclit  in  der  Schleimhaut. 

Die  citirte  Tafel  48  bei  Sappey  zeigt  Lympligefässe,  welche  unmittelbar  an 
der  Wand  des  Ductus  deferens  liegen  und  vorn  Nebenhoden  ab  an  ihm  verlaufen; 
diese  begeben  sich  indessen  mit  den  übrigen  Lyniphgefässen  des  Sanienstrangcs 
durch  den  Leistenkanal  hindurch  zu  den  Lym[)hoglandulae  lumbales.  Ein  anderes 
LyniphgefHss  bildet  Sappey  an  der  Portio  vesicalis  des  Ductus  ab;  es  ergiesst  sicli 
zusammen  mit  Saugadern  der  Samenblase  in  eine  Lymphoglandula  hypogastrica. 
Horovitz  und  v.  Zeissl^)  wiesen  neuerdings  ein  Lymphgefäss  nach,  welches  von 
der  Cauda  epididymidi^  ab  den  Ductus  deferens  in  seiner  ganzen  Länge  begleitet 
und  in  eine  Lymphoglandula  hypogastrica  einmündet. 

Die  Nerven  stammen  hauptsächlich  vom  Plexus  hypogastricus  des 
Sympathicus  imd  bilden  ein  ansehnliches  Geflecht  um  den  Gang,  Plexus 
deferentialis  (s.  S.  257);  demselben  sind  einzelne  markhaltige  Fasern  beige- 
mischt. Wie  sie  sich  in  der  Wand  des  Ganges  vertheilen,  wurde  bereits  iiu 
vorigen  Kapitel,  S.  346,  angegeben. 

Tätige  des  Dnotns  deferens. 

Man  kann  am  Ductus  deferens  nach  Sappey  vier  Abschnitte  unter- 
scheiden: 1)  die  Pars  testicularis,  2)  die  Pars  funicularis,  3)  die  Pars 
inguinalis,  4)  die  Pars  pelvina,  welche  wieder  in  eine  Portio  parietalis 

1)  Anatomie,  Physiologie,  Pathologie  des  Vaisseaux  lymphatiques  consideres 
chez  THomme  et  les  Vertebres  par  Ph.  C.  Sappey.  Paris,  A.  Delahaye  et  E.  ^^' 
crosnier.    1874—1883.   Fol.   Taf.  48. 

2)  Horovitz,  M.,  und  v.  Zeissl,  M.,  Zur  Anatomie  der  Lymphgefässe  der  männ- 
lichen Gesehlechtstheile.   Arch.  f.  Dermatologie  und  Syphilis.  XXIL  Jahrg.  1890.  S.  5^>3' 


Samenleiter:  Laj^e.  353 

und  eine  Portio  vesicalis   zerfällt;    letztere    ist   bereits  im  vorigen  Kapitel 

beschrieben  worden. 

Die  Pars  testicularis  ist  der  kflrzeste  Abschnitt  (2.5cm,  Sappey). 
8ie  ist  die  direkte  Fortsetzung  des  Nebenhoden  und  wird  von  den  Venen  des 
Plexus  pampiniformis  posterior  (minor)  umsponnen.  Dieser  Abschnitt  geht  unter 
einem  stumpfen  Winkel  in  die  Pars  funicularis  über.  (Figg.  72  und  72 n.) 

Die  Pars  funicularis  reicht  bis  zum  Eintritte  in  den  subkutanen 
Leistcnring,  hat  also  die  Länge  des  Samenstranges  und  nimmt  den  hinteren 
Theil  desselben  ein  (Figg.  72  u.  72  a).    Vgl.  Kapitel  „Samenstrang"  (S.  .S82). 

Die  Pars  inguinalis  liegt  in  dem  Leistenkanale  und  hat  sonach 
dessen  Länge  (.S— 4  cm).  Sie  ruht  unmittelbar  auf  der  unteren  Wand  der 
Hohlrinne  des  Kanales,  welche  von  dem  Ligamentum  inguinale  retlexum  (Collesi) 
gebildet  wird.     Näheres  siehe  Kapitel  „Samenstrang". 

Die  Pars  p  elvi  na  steigt  beim  Verlassen  des  snbpcritonäalen  Leisten- 
i-inges  über  den  ürsprungstheil  der  Vasa  epigastriea  inferiora  hinweg,  wobei  sie 
erst  eine  kleine  Strecke  (etwa  1  cm^  noch  in  sagittaler  Richtuns:  mit  den  Vasa 
spermatica  interna  verläuft,  denen  sie  medial  dicht  anliegt:  alsbald  trennt  sie 
sich  unter  spitzem  Winkel  von  diesen  Gefässen  und  wendet  sieh  rasch  nach  ab- 
wärts und  hinten,  um  an  der  seitlichen  Beckenwand  bis  fast  zum  Reckenboden 
binabzusteigen.  Hier  geht  sie  am  hinteren  seitliclien  Umfange  der  Blase  in 
«lie  Pars  vesicalis  Aber,  welche  im  vorigen  Kapitel  abgehandelt  worden  ist. 

Wahrend  der  Ductus  deferens  an  der  seitlichen  Beckenwand  hinabsteijrt,  kreir/.t 
er  (vo-l.  Pifffr.  R1,  fi2  nnd  6?t)  zuerst  unter  fast  rechtem  Winkel  die  Arteria  und 
Vona'iliaca  externa,  dann  die  Arteria  umbilicalis.  Der  G.ansr  IHuft  hier  ziem- 
'ieh  parallel  der  Plica  vesicalis  transversa  und  bildet  mit  dieser  die  Fossa  paravesi- 
falis  posterior  (s.  R.  2.H8).  Weiter  abwärts  kreuzt  er  den  Nervus  und  die  Vasa  oh- 
^uratoria  und  bildet  die  vordere  Begrenzung  der  Fossa  obturatoria  (S.  2.TO\ 
Kndlich  kreuzt  er  noch  eine  oder  die  andere  obere  Blasenarterie.  Sein  Verhalten 
zum  Ureter  ist  im  vorigen  Kapitel  (S.  3.S3)  einsrehend  erörtert  worden. 

Auf  diesem  ganzen  Wege  liegt  der  Gang  unmittelbar  dem  Bauch- 
felle angeschmiegt;  überall  nimmt  er,  mit  welchem  Gebilde  er  sieh  auch 
kreuzen  mfige,  dessen  mediale  Seite  ein.  Er  ist  sehr  leicht  verschieblich, 
da  er  hinter  sich,  namentlich  in  der  Fossa  obturatoria,  reichliches  subperito- 
näales  Fettbindegewebe  hat;  beim  Abziehen  des  Bauchfelles  folgt  er  diesem 
Sern.  Auf  der  ganzen  Strecke,  namentlich  aber  in  der  Nähe  des  subperitonäalen 
Leistenringes,  sieht  man  den  Gang  ohne  weiteres  durch  das  Bauchfell  hin- 
durchschimmern. 

In  neuerer  Zeit  ist  vorgeschlagen  worden,  statt  der  Kastration  bei  Prostata- 
Vpertrophien  die  Resection  der  Ductus  deferentes  vorzunehmen:  es  sind  dabei  gute 
Erfolffe  erzielt  worden  i).  Bei  der  „Ausreissuno:''  des  Ductus  deferens,  welche  bei 
Kastration  weo-en  chronischer  Erkrankung  des  Cxcsamthodens  mit  Ucberffreifcn  des 
Processes  auf  den  betreffenden  Ductus  empfohlen  worden  ist  (v.  Bünffner),  wurden 
einige  Male  nicht  unbeträchtliche  Blutungen  beobachtet;  dieselben  erklären  sich  so- 
wohl aus    dem  unvermeidlichen  Zerreissen   der  Arteria  deferentialis,    welche   hier   an 

1)  Koehler,  A.,  Die  Resektion  des  Vas  deferens  zur  Heilung  der  Prostata- 
»»ypertrophie.   (Mit  Litteratur.)   Deutsche  med.  Wochenschr.  1897,  Nr.  4.    ^^ 

Waldeyer,  Das  Becken. 


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Männliches  Glied  (Peiijs). 

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Penis:  Formbestandtheile,  Gestalt.  355 

Im  Inneren  des  Corpus  cavernosum  urethrae  sieht  man  das  Lumen  urethrae 
als  queren  Schlitz.  Zwischen  beiden  Corpora  cavernosa  penis  befindet  sich  das  mit 
ihrer  Albu^-inea  zusammenhängende  Septum  penis,  dem  am  Rücken  des  Gliedes 
eine  flache  mediane  Furche,  Sulcus  dorsalis  penis,  entspricht.  In  der  Fif^ur  ist 
ferner  die  La<re  der  grossen  Gefässstämme  zu  sehen;  sie  befinden  sich  hauptsächlich 
in  der  Dorsalfurche.  Zwischen  Haut  und  Fascie,  in  der  Tela  subcutanea  eino-ebettet, 
liegt  in  der  Mittellinie  die  Vena  dorsalis  penis  subcutanea  (in  der  Figur  ist 
noch  ein  Nebenast,  welcher  häufig  gefunden  wird,  zu  sehen).  Zwischen  der  Fascia 
Penis  und  der  Albuginea  corporum  cavernosorum  liegt  genau  in  der  Mittellinie  die 
Vena  dorsalis  subfascialis,  dicht  neben  ihr  jederseits  die  Arteria  dorsalis 
Penis  und  etwas  weiter  lateralwärts  der  Nervus  dorsalis  penis.  Mitten  im 
Schwellgewebe  der  Corpora  cavernosa  penis  zeigt  sich  die  Arteria  profunda  penis; 
zwischen  Corpus  cavernosum  urethrae  und  dem  Corpus  cavernosum  penis  sieht  man 
eine  Vena  circumflexa. 

Formbestandtheile  des  Penis.    Gestalt  des  Penis. 

Man  unterscheidet  am  Penis  zwei  Hauptabschnitte,  die  Wurzel,  Radix 
penis,  und  den  Schaft  (Körper)  des  Penis,  Corpus  penis.  Zum  Corpus 
penis   gehört    als    vorderes,    besonders    zu    besprechendes    Ende    die   Eichel, 

Glans  penis. 

Es  ist  nicht  völlig  bestimmt,  was  man  als  Wurzel  des  Penis,  was  als  Körper 
desselben  zu  bezeichnen  habe.  Wichtig  ist  die  Unterscheidung  eines  Dammtheiles, 
Pars  perinealis,  welcher  unter  der  Haut  des  Dammes  und  unter  dem  Scrotalansatze 
verborgen  liegt  und  dort  durch  Verwachsung  mit  dem  Ischiopubicum  und  der  Sym- 
physe, sowie  mit  dem  Trigonum  urogenitale  unverschieblich  befestigt  ist  (Pars 
occulta  sive  fixa  penis),  und  eines  unterhalb  der  Regio  pubica  frei  hervorragen- 
den, sichtbaren  und  leicht  beweglichen  Theiles,  welchen  man  schlechthin  unter  dem 
Namen  „Penis"  versteht,  und  welcher  ausschliesslich  als  Pars  copulatrix  des  Gliedes 
dient  (Pars  libera  sive  mobilis  penis).  Da  dieser  Theil  bei  schlaffem  Gliede  vor 
dem  Scrotum  herabhängt,  ist  er  auch  als  Pars  pendula  bezeichnet  worden. 

Die  Pars  perinealis  beginnt  mit  drei  anfangs  völlig  getrennten  Stücken,  den 
heiden  Crura  penis,  welche  am  Ischiopubicum  festgewachsen  sind  und  die  proxi- 
malen Theile  der  Corpora  cavernosa  penis  bilden,  und  dem  median  gelegenen 
Bulbus  urethrae,  welcher  das  Anfangsstück  des  Corpus  cavernosum  urethrae  dar- 
stellt. Diese  drei  Stücke  treten  noch  im  Bereiche  des  Angulus  pubis  zu  einem  Körper, 
Corpus  penis,  zusammen.  Dieser  Körper  ist  noch  eine  Strecke  weit  mit  der  Symphyse 
fest  verwachsen,  so  dass  er  äusserlich  nicht  frei  vortritt;  er  wird  erst  frei  weiter  oben 
Vor  der  Symphyse  bei  dem  sogenannten  Anc'ulus  penis,  Knickungswinkel  des  Penis, 
Welcher  indessen  nur  bei  schlaffem  Gliede  besteht,  beim  erigirten  aber  ausgeglichen 
Wird.     (Vgl.  das  S.  2.S1  und  232  Gesagte,  sowie  Figg.  53,  61,  f>ß.) 

Wie  weit  soll  man  nun  die  Wurzel  des  Penis  rechnen?  Bis  zur  Vereinigungs- 
stelle der  beiden  Corpora  cavernosa  penis  mit  dem  Corpus  cavernosum  urethrae,  oder 
^is  zum  Knickungswinkel,  also  bis  dahin,  wo  der  Penis  frei  wird?  Bei  der  ersteren 
-Ä^nnahme  würde  keine  einheitliche  Radix  penis  bestehen.  Bei  der  zweiten  würde 
^och  ein  Theil  des  Gliedes,  welcher  schon  einen  einheitlichen  Körper  bildet  und  eher 
2Um  Corpus  penis  gerechnet  werden  sollte,  der  Wurzel  zugetheilt  bleiben. 

Das  Corpus  penis  lägst  unterscheiden  eine  obere  Fläche,  Dorsum 
Penis,  und  eine  untere  Fläche,  Facies  urethralis,  welche  an  den  abge- 
blendeten Seitenflächen  ineinander  übergehen. 

Die  Glans  penis,  welche  das  distale  Endstück  des  Corpus  penis  bildet, 
^^t  im  ganzen  die  Form  eines  abgerundeten  Kegels,  welcher  auf  der  dorsalen 


^^^  Ponis:  Formhostnndtheilo,  Gestalt. 

Seite  doppelt  so  \aT\s^  ist,  als  auf  der  ventralen  (urethralen).  Sie  ist  auf  dem 
Klicken  nnd  an  den  Seitentbeilen  dnrch  einen  abprerundeten,  vorsprinefenden 
Rand,  Corona  s^landis,  ^ec^en  den  hinteren  Theil  des  Corpns  penis  abgesetzt. 

Die  Haut  des  Penis  ist  an  den  hinteren  Absehnitten  des  Or^anes,  wie 
bemerkt,  dnreh  ein  lockeres  fettloses  ünterhautirewcbc  von  den  Corpora  ca- 
vernosa  getrennt  und  daher  leicht  an  ihnen  verschieblich.  Sie  ireht  vorn  über 
die  Eichel,  zunächst  ohne  mit  ihr  zu  verwachsen,  hinwci?,  dieselbe  cranz  be- 
deckend; dann  schläfrt  sie  sich  am  vorderen  Ende  der  Eichel  nach  rückwärts 
um  und  bildet  so  eine  Dnplikatur,  Das  umc:eschla,£rene  Blatt  ^eht  nun  auf 
dem  Rücken  der  Eichel,  wieder  ohne  Verwachsung  mit  derselben,  bis  2 — B  mm 
hinter  die  Corona  ^landis  zurück,  und  dort  erst  verwächst  es  mit  dem  vorderen 
Ende  des  Corpus  penis.  Nunmehr  ^cht  dies  Hautblatt  zum  drittcnmale,  dies- 
mal aber  als  mit  dem  Corpus  cavernosum  ^landis  festverwachsene  Eichel  haut, 
bis  zum  Orificium  urethrae  externum,  wo  es  sich  in  die  Schleimhaut  der  Harn- 
röhre fortsetzt. 

Man  nennt  die  bewegliche  Hautduplikatur  welche  die  Eichel,  ohne  mit 
ihr  zu  verwachsen,  überzieht  und  sie  wie  in  eine  Tasche  aufnimmt,  die  Vor- 
haut des  Gliedes,  Pracputium  penis,  und  unterscheidet  nach  dem  Oesacrten 
an  ihr  zwei  Blätter  (Lamellen),  ein  äusseres  und  ein  inneres.  Das  äussere  reicht 
bis  zu  dem  ümschla^srande  am  vorderen  Umfange  der  Eichel,  das  innere  iC^ht 
von  da  bis  zu  der  eben  genannten  Vcrwachsun^stelle  am  Corpus  cavernosum 
penis  zurück;  nur  dieses  Blf^tt  ist,  wie  ausdrücklich  nochmals  hervorisrehoben 
werden  soll,  mit  dem  Corpus  cavernosum  penis  verwachsen  und  bildet  in  seiner 
Fortsetzung  die  äussere  Haut  der  Eichel.  Diejenige  Strecke  des  Penis,  welche 
zwischen  der  Verwachsun^sstclle  des  inneren  Vorhautblattes  mit  den  Corpora 
cavernosa  penis  und  der  Corona  erlandis  freieren  ist,  bezeichnet  man  als  Collum 
penis;  sie  bildet  bei  vorireschobcner  Vorhaut  den  Boden  einer  zwischen  Corona 
und  Vorhautansatz  befindlichen  Rinne,  des  Sulcus  retro^landularis. 

Die  Umschla^sstelle  der  beiden  Präputialblätter  am  vorderen  Eichelcnde 
in  einander  ist  rin^förmi<2:,  Annulus  praeputialis  m.  Die  Ocffnunjo:  dieses 
Rinkes,  Orificium  praeputii,  entspricht  im  alliremeinen,  wenn  die  Vorhaut 
nicht  zu  lang  ist,  der  äusseren  Harnröhrcnöffnunc:,  so  dass  der  Harn  auch  bei 
vorgeschobener  Vorhaut  leicht  entleert  wird. 

Bei  croschloc'htsreifon  Porsoiton  mit  iionnal  entwickelter  Eichel  und  norm'"^'*'^' 
Vorhaut  füllt  die  erstere  die  Vorhauttasche  auch  bei  schlaffem  Gliedc  soweit  aus,  dasS 
ein  deutlich  offener  Praeputialrin^  besteht  und  ein  mehr  oder  minder  «Tosses  StücK 
des  vorderen  Eichelendes  mit  dem  Orificium  urethrae  externum  freiließt.  Bei  Kindern, 
deren  Eichel  im  Ge^^^ensatze  zur  Vorhaut  noch  unentwickelt  ist,  ra^t  das  vordere 
Ende  der  letzteren  mehr  oder  weniger  weit  über  das  vordere  Eichelende  vor,  und  es 
besteht  kein  oifener  Praeputialring.  Ab<i:esehen  von  der  Kleinheit  des  Or^anes  be- 
ding-t  auch  dieses  einen  auflTällig'en  Unterschied  in  der  Form  des  kindlichen  PeniS' 
gegenüber  dem  des  Erwachsenen. 

Die  Verwachsungsstelle  des  inneren  Praeputialblattes  mit  dem  Corpus 
cavernosum  penis  geht  nun  aber  nicht  derart  ringförmig  um  das  Collum  pei^'^ 
herum^  dass  dem  vorderen  freien  Umschlagsringe  des  Praeputium  (Annulus  pr^*^ 


Penis:  Eichel,  Vorhaut.    Corpora  cavernosa  peiiis.  35t 

putialis)  ein  parallel  gestellter,  hinterer  Verwachsuugsring  entspräche, 
sondern  die  Verwachsungslinie  rückt  an  den  Seitenrändern  des  Penis  desto 
weiter  nach  vorn,  je  mehr  sie  nach  unten  gelangt,  und  das  innere  Vorhautblatt 
tritt  dabei  in  dieser  Linie  von  den  Corpora  cavernosa  penis  auf  das  Corpus  ca- 
vernosum  urethrae  und  die  untere  Eichelliäche  selbst  über.  Bald  berühren  sich 
hier  die  linke  und  die  rechte  Uebergangsfalte  des  inneren  Vorhautblattes  in  die 
Eichelhaut  und  bilden  ein  nach  vorn  zugespitztes,  fast  bis  zum  unteren  Winkel 
der  liarnröhrenmündung  reichendes  Bäudcheu,  das  Vorhaut  bändchen,  Frenu- 
lum  praeputii  (s.  Fig.  75).  Dieses  geht  also  mit  seiner  Basis  (hinten)  in 
den  ringförmig  am  Collum  penis  angewachsenen  Theil  des  inneren  Vorhaut- 
blattes über,  was  bei  zurückgezogener  Vorhaut  sofort  klar  wird  (Fig.  7ö). 

Dem  Gesagten  zufolge  verläuft  auch  der  Sulcus  retroglandularis  nicht 
ringförmig  um  die  Eichelbasis  herum,  sondern  er  geht  unten  am  Penis  in 
zwei  durch  das  Frenulum  getrennte  Schenkel  aus,  welche  sich  an  der  Basis 
des  Frenulum  jederseits  zu  einer  kleinen  Grube,  Fossa  frenuli,  erweitern. 

Bei  der  Erektion  des  Penis  tritt  infolge  der  Anschwellung  der  Kichel  diese  aus 
dem  Vorhautringe  hervor  und  die  Vorhaut  selbst  wird  zur  Bedecliung  des  ebenfalls 
vergrösserten  vorderen  Penisabschnittes  verwendet^  so  dass  dann  der  angewachsene 
Uand  des  inneren  Vorliautblattes  den  vordersten  Abschnitt  der  Vorhaut  bildet,  dessen 
"Spitze  in  der  Spitze  des  Frenulum  gelegen  ist.  Natürlich  l^ann  das  Zurückziehen  der 
Vorhaut  und  Vorschieben  derselben  auch  bei  schlatfem  Ghede  bewirkt  werden,  wie  in 
l^'ig.  75  dargestellt  ist  (zurückgezogene  Vorliaut).  Die  durch  die  Krcktion  entfaltete 
Vorhaut  stellt  sich  bei  der  Rückkehr  zum  erschlaö'ten  Zustande  unter  normalen  Ver- 
haltnissen von  selbst  wieder  her  und  schiebt  sich  wieder  über  die  Eictiel  vor. 

Der  schlaffe  Penis  hat  eine  im  allgemeinen  cylindrische  Form ;  nur  springt 
die  Gegend  der  Corona  glandis  auch  bei  Deckung  durch  die  Vorhaut  etwas 
vor,  ebenso  das  Corpus  cavernosum  urethrae  an  der  Unterseite  des  Gliedes. 
Dies  markirt  sich  natürlich  beim  Harnlassen  und  beim  Einführen  von  Instrumenten 
in  die  Harnröhre  noch  deutlicher.  Das  erschlaffte  Glied  fühlt  sich  überall 
gleichmässig  elastisch  weich  an,  mit  geringerer  Uesistenz  im  Bereiche  des  Corpus 
eavernosum  urethrae  und  der  Eichel.  Alle  härter  sich  zeigende  Stellen  am 
schlaffen  Gliede,  mögen  sie  noch  so  geringe  Abweichungen  vom  Normalen 
darbieten,  sind  daher,  gegebenen  Falles,  genau  zu  untersuchen  und  zu  beachten, 
da  sie  fast  immer  auf  pathologische  Veränderungen  deuten. 

Das  erigirte  Glied  nimmt  in  seinem  retroglandulären  Theile  die  Form 
eines  dreiseitigen,  abgerundeten  Prisma  an.  Die  Eichel  springt  bei  starker 
Krektion  mit  ihrer  Corona  erheblich  vor.  Ebenso  markirt  sich  an  der  unteren 
Fläche  des  Gliedes  die  Harnröhrenpartie  deutlicher.  Die  beiden  Corpora  ca- 
vernosa penis  werden  hart  und  fest;  die  Consistenz  der  Eichel  und  des  Corpus 
cavernosum  urethrae  bleibt  merkbar  geringer. 

Corpora  oavernosa  penlf . 

Die  Corpora  cavernosa  penis  sind  zwei  im  ganzen  cylindrische 
i'öhrcnförmige  Bildungen,  welche  am  Ischiopubicum  mit  einem  zugespitzten 
Anfange  beginnen  und  vorn  gleichfalls  zugespitzt  enden;    diese  Enden  hängen 


358  Corpus  cavernosum  urethrae. 

mit  der  Eichel  zusammen  und  liegen  in  derselben  verborgen.  Sie  bilden  den 
Rücken  des  Penis,  wo  sie  wie  die  beiden  Läufe  eines  Doppelgewehres  neben- 
einander lagern,  —  Von  den  dorsal  und  ventral  zwischen  ihnen  verbleibenden 
Sulci  ist  bereits  die  Rede  gewesen. 

Die  Wand  der  Röhren  besteht  aus  einer  fast  2  mm  dicken  derben,  weiss- 
glänzenden  fibrösen  Haut,  der  AI  bugin  ea,  der  Inhalt  aus  einem  cavernösen, 
bluthaltigen  Schwellgewebe,  welches  auf  dem  Durchschnitte  durch  seine 
dunkelrothe  Farbe  lebhaft  mit  der  weissen  Hülle  kontrastirt.  Inmitten  des 
Schwellgevvebes,  dessen  Balken  zahlreiche  glatte  Muskelfasern  führen,  jedoch 
etwas  näher  der  Mittellinie,  verläuft  die  A.  profunda  penis  mit  dem  sie 
umstrickenden  Geflechte  des  Nervus  profundus  penis.  Die  Septa,  welche 
die  Maschenräume  umschliessen,  gehen  von  der  Albuginea  aus  und  liängen  auch 
mit  der  Wand  der  Arterie  zusammen;  einzelne  stärkere  Blätter  unter  ihnen 
heben  sich  auf  Querschnitten  heraus  (Fig.  71).  Beide  Albugineae  sind,  wie 
bemerkt,  in  der  MittelHnie  zum  Septum  (Septum  penis)  verschmolzen,  lassen 
sich  jedoch  noch  voneinander  trennen. 

Hierbei  ergibt  sich,  dass,  hauptsächlich  vorn  und  dorsalwärts,  zahlreiche  Lücken 
in  dem  genannten  Septum  vorhanden  sind,  durch  welche  die  Maschenräume  beider 
cavernösen  Körper  und  die  Aa.  profundae  penis  miteinander  kommunizieren,  ein  Uiti- 
stand,  welcher  zur  Erzielung  einer  gleichmässig'en  Füllung  von  Wichtigkeit  ist.  Die 
Kommunikationsöffnungen  selbst  sind  spaltförmig;  das  Septum  wird  dadurch  in  einzelne 
kammzinkenförmige  Blätter  zerlegt,  welches  ihm  die  Bezeichnung  Septum  pectim- 
forme  eingetragen  hat. 

Der  Hauptansatz  der  Crura  penis  entspricht  der  Synostosis  ischiopubica, 
wie  bereits  S.  85  und  S.  231 — 232  kurz  bemerkt  worden  ist.  Indessen  er- 
streckt sich,  genau  genommen,  ein  verjüngtes  Anfangssttick  des  kavernösen 
Theiles  noch  über  diese  Stelle  hinaus  an  der  Innenfläche  des  Os  ischii  ent- 
lang, und  ein  rein  fibröses,  spitzes  Ende  ohne  Schwellgewebe  geht  noch  weiter 
nach  hinten  zum  Tuber  ischiadicum  hin.  Die  Albuginea  hängt  hier  fest  mit 
dem  Perioste  zusammen.  Nach  vorn  folgt  auf  den  zugespitzten  Anfang  des 
Crus  penis  eine  merkbare  Anschwellung  desselben,  Bulbus  cruris  penis, 
worauf  wieder  ein  schmäleres  Stück,  welche  Verschmälerung,  wie  es  scheint, 
durch  den  anliegenden  Bulbus  urethrae  bedingt  ist,  sich  zeigt.  Beide  Corpora 
cavernosa  kommen  zur  Verwachsung,  resp.  zur  Bildung  eines  Septum  penis,  am 
Angulus  pubis  und  sind  dann,  vereinigt,  noch  eine  Strecke  weit,  bis  zur  Mitte 
der  Symphyse  mit  dieser  durch  festes  fibröses  Gewebe,  Ligamentum  Suspen- 
sorium penis  (s.  weiter  unten)  verbunden. 

Der  Querschnitt  jedes  Corpus  cavernosum  ist  vom  hinteren  Apex  bis  z^"^ 
Angulus  pubis  ein  mandelförmiger,  die  Spitze  der  Mandelfigur  lateralwärts  gewendet, 
weiter  zur  Glans  hin  wird  der  Querschnitt  rundlich. 

Corpus  oavernosum  urethrae. 

Das  Corpus  cavernosum  urethrae  beginnt  am  Damme  mit  einer 
haselnussgrossen  Anschwellung,  Bulbus  urethrae  (Figg.  56  [gedeckt  yo^ 
Musculus  bulbocavernosus],  57  a,  61).  Bei  Füllung  des  cavernösen  Gewebes 
zeigt  sich  am  hinteren  Rande  des  Bulbus  eine  seichte  Einschnürung,   wodurch 


Glans  penis.  359 

derselbe  in  die  beiden  Hemisphaeria  bulbi  getrennt  wird.  Im  Inneren  ent- 
spricht dieser  Einschnürung,  sowie  einer  an  der  unteren  Fläche  verlaufenden 
schwachen  Rinne,  Sulcus  bulbi  urethrae,  ein  dünnes  fibröses,  medianes 
Septum,  Scptum  bulbi. 

Die  Autoren  unterscheiden  noch  die  zum  Anus  g-ekehrte  Fläche  als  Basis 
bulbi,  ferner  ein  vorderes  Ende,  welches  sie  an  den  Vereini^ung'swinkel  der  beiden 
Corpora  cavernosa  penis  verleg-en,  und  eine  obere,  eine  untere  und  zwei  Seiten- 
flächen. Hierbei  muss  jedoch  bemerkt  werden,  dass  eine  Grenze  des  Bulbus  vorn 
f?e.^en  das  Corpus  cavernosum  urethrae  nicht  anzug-eben  ist. 

Die  untere  und  die  Seitenfläche  des  Bulbus  mit  dem  Anfangstheile  des 
Corpus  cavernosum  urethrae  sind  gedeckt  durch  den  Musculus  bulbocavernosus 
(s.  S.  201,  Figg.  56  u.  58).  Die  obere  Fläche  ist  fest  mit  der  Aponeurose 
des  Trigonum  urogenitale  verbunden  (S.  203  ff.,  Fig.  57  a).  Der  Bulbus  wird 
von  obenher  schräg  von  der  Urethra  durchbohrt,  so  dass  die  Hauptmasse  des 
Corpus  cavernosum  urethrae  an  deren  unteren  Fläche  liegt;  diese  Masse  bildet 
denn  auch  den  Bulbus.  Von  beiden  Seiten  her  treten  in  den  Bulbus,  sein 
Schwellgewebe  ebenfalls  schräg  durchbohrend,  die  Ductus  excretorii  der  beiden 
Glandulae  bulbourethrales  ein  (s.  w.  u.  und  Fig.  66a). 

Das  Corpus  cavernosum  urethrae  wird  seiner  ganzen  Länge  nach  von  der 
Harnröhre  durchsetzt,  mit  deren  Wand  es  innig  zusammenhängt.  Kommuni- 
kationen zwischen  den  Maschenräumen  der  Corpora  cavernosa  penis  mit  denen 
des  Corpus  cavernosum  glandis  und  des  Corpus  cavernosum  urethrae  scheinen 
nicht  zu  bestehen.  Dagegen  sind  solche  reichlich  zwischen  dem  Corpus  ca- 
vernosum glandis  und  Corpus  cavernosum  urethrae  vorhanden,  so  dass  man 
vielfach  den  Schwellkörper  der  Eichel  als  vordere  Ausladung  des  Harnröhren- 
schwellkörpers  beschrieben  hat. 

Kobelti)  und  Kohlrausch 2)  haben  sich  für  eine  Kommunikation  zwischen 
Kichel-  und  Penisschwellkörper  ausgesprochen;  die  meisten  übrigen  Autoren  —  ich 
nenne  Langer 3)  und  Gerlach^)  --  erklären  sich  dagegen. 

Das  Verhalten  des  Harnröhrcnschwellkörpers  zur  Harnröhre,  dass  nämlich 
dessen  grösserer  Abschnitt  an  der  ventralen  Seite  der  Harnröhre  liegt,  bleibt 
in  der  ganzen  Länge  dieses  Fenistheiles  erhalten ;  im  Schwellkörper  der  Eichel 
aber  kehrt  es  sich  um. 

Olans  penis. 

Die  Glans  penis  ist  in  ihren  Formverhältnissen  zugleich  mit  der  sie 
deckenden  Vorhaut  bereits  beschrieben  worden.  Es  erübrigt  noch  anzugeben, 
wie  ihr  kavernöser  Körper  beschaffen  ist,  und  wie  er  sich  zu  den  Corpora 
cavernosa  penis  und  dem  Corpus  cavernosum  urethrae  verhält. 

Die  Eichel  besteht  fast  ausschliesslich  aus  einem  kavernösen  Körper, 
Corpus  cavernosum  glandis,  dessen  Form  man  mit  einem  um  das  vorderste 


1)  1.  c.  [S.  363]. 

2)  1.  c.  [S.  265]. 

3)  Wiener  akad.  Sitzungsberichte.   46.  Bd, 

4)  L  c.  [S.  40\:],  2)1 


360  Hüllen  des  Penis. 

Ende  der  Harnröhre  herunigelegten  ^Siegelringe  vergleichen  kann;  die  sehr 
dicke  abgerundete  Ringplatte  liegt  dorsal,  der  Ringbogen  an  den  Seiten  und 
unten.  In  der  Mittellinie  unten  ist  der  kavernöse  Ring  nicht  geschlossen,  son- 
dern es  tritt  hier,  auf  der  ytreckc,  die  dem  Frenulum  entspricht,  bis  zur  Harn- 
röhrenöffnung hin  elastisch-tibröses  Gewebe,  das  sogenannte  Ligamentum 
median  um  glandis,  an  die  Stelle  des  kavernösen  Gewebes. 

Der  Eichelring  steht  mit  dem  Corpus  cavernosum  urethrae  nach 
hinten  in  kontinuirlicher  Verbindung,  so  dass  er  wie  auf  einem  Stiel  (pilzhut- 
l'örmig)  befestigt  ist.  Die  Enden  der  Corpora  cavernosa  penis  sind  dorsal- 
wärts  vom  Corpus  cavernosum  urethrae  in  den  Eichelring  hineingesteckt,  dessen 
Platte  sich  über  sie  hinüberwölbt.  Von  den  zugespitzten  Enden  der  Corpora 
cavernosa  läuft  in  der  Medianlinie  auf  der  Dorsalseite  der  Harnröhre  ein  elastisch- 
bindegewebiges  Blatt  aus,  welches  sich,  wie  ventralwärts  das  Ligamentum  media- 
num,  bis  zur  Harnröhrenmündung  erstreckt  und  dort  in  die  Eichelhaut  (Cutis) 
übergeht.  Diese  Bindegewebsplatte  bildet  mit  dem  Ligamentum  medianum  zu- 
sammen ein  medianes  Scptum  der  Eichel,  welches  oben  und  unten  bis 
an  die  Harnröhrenschlcjmhaut  heranreicht.  Au  den  Seiten  der  Harnröhre  geht 
vom  dorsalen  Theile  des  Septum  glandis  zum  ventralen  ein  blattförmiger 
Fortsatz  hin,  welcher  ganz  vorn  mit  der  Harnröhrenschleimhaut  verwächst,  so 
dass  auf  diese  Weise  das  vordere  Ende  der  Harnröhre  von  einem  fibrös-elasti- 
schen Ringe  umgeben  ist,  der  es  von  dem  kavernösen  Gewebe  der  Eichel 
trennt.  Weiter  rückwärts  liegt  aber  dieser  fibröse  Ring  der  ürethralschleim- 
haut  nicht  unmittelbar  an,  sondern  es  schiebt  sich  hier  zunächst  ein  dichtes 
Venennetz,  welches  einem  kavernösen  Körper  auf  Durchschnitten  ähnlich  sieht, 
dazwischen  ein.  Dasselbe  geht  hinten  in  das  Corpus  cavernosum  urethrae 
über.  —  Von  dem  fibrös  elastischen  Urethralringe  ziehen  nach  allen  Seiten 
in  das  kavernöse  Gewebe  der  Eichel  zarte  blattartige  Septa  aus,  welche  in  die 
Eichelkutis  ausstrahlen.  Die  letztere  stellt  mit  ihrer  gleichfalls  dünnen  Epi- 
dermis zusammen  wohl  das  dünnste  Integumentum  commune  des  menschlichen 
Körpers  dar  und  ist  überall  mit  dem  unterliegenden  kavernösen  Gewebe  fest 
verwachsen. 

Der  kavernöse  Körper  der  Eichel  ist  nach  den  neueren  entwicklungsg'eschicht- 
lichen  Untersuchun<>'en  von  Kettereri)  ein  besonderes,  von  den  übrigen  Sciiwell- 
körpern  des  Gliedes  unabhängig-  sich  entwickelndes  Gebilde,  welches  erst  spater  m 
ausgedehntere  Verbindung  mit  dem  Corpus  cavernosum  urethrae  tritt.  Verbindungen 
mit  dem  Corpus  cavernosum  penis  sind,  wie  wir  berichtet  haben,  zweitelhaft. 

HtUlen  des  Peziis. 

Die  Hüllen  des  Penis  bestehen  1)  aus  der  Haut  mit  der  dazu  gehörigen 
Muskclschicht,  der  Tunica  dar  tos  penis,  und  dem  sehr  entwickelten,  locke- 
ren, fettlosen  Unterhautgewebe,  Tela  subcutanea  penis,  2)  aus  der  Fascia 
penis. 

1}  Note  sur  la  valeur  morphologique  du  gland  des  niammiferes.  Mem.  de  1*1 
Soc.  de  Biol.  18i)Ü;  Derselbe,  Sur  le  developpeinent  du  penis  et  du  clitoris  clieü  i^ 
loetus  huüiain.    Journ.  de  lanat.  1HÜ2.  S.  225. 


^Hüllen  des  Penis.  361 

Die  Haut  des  Penis  zeichnet  sich  aus  durch  ihre  Feinheit,  Zartheit 
und  Glätte,  durch  die  geringe  Entwicklung  ihres  Haarkleides,  ihre  dunklere 
Färbung  und  ihre  hohe  Elastieität,  Letztere  ist  für  alle  Operationen  am  Penis 
von  grösster  Bedeutung,  indem  bei  unvorsichtiger  Entfernung  von  Haut,  na- 
mentlich nach  vorherigem  starken  Anziehen  derselben,  grosse  Theile  des  Penis 
unbedeckt  bleiben  können;  hierbei  spielt  auch  die  gleich  zu  besprechende 
Muskelhaut,  Tunica  dartos  penis,  ihre  KoUe. 

Stärkere  Haare  linden  sich  vereinzelt  nur  an  dem  Bezirke,  wo  der  Penis  frei 
zu  werden  beginnt,  insbesondere  an  seiner  Facies  urethralis.  Bis  zur  äusseren  Vor- 
hautianielle  kommen  dann  noch  vereinzelte,  feine  Flaumhaare  mit  Talgdrüsen  vor; 
die  innere  Präputiallamelle  und  die  Eichelliaut  sind  gänzlich  haarlos.  Ueber  die 
Talgdrüsen  der  Eichel,  die  als  Tyson 'sehe  Drüsen  beschrieben  worden  sind,  hat  sich 
jüngst  eine  Kontroverse  erhoben,  indem  Sprunck^)  und  Stieda  die  Anwesenheit 
von  Talgdrüsen  auf  der  Eichel  überhaupt  in  Abrede  stellten,  während  K Olli k er 
seine  früheren  Angaben  von  ihrem  Vorkommen  aufrecht  erhielt.  Untersuchungen 
Von  Saalfeld  im  Berliner  anatomischen  Institute  bestätigen  die  Ergebnisse  Kölliker's 
Und  Schweigger-SeideTs-).  Es  ünden  sich  kleine  mit  2— 4  Endkammern  versehene 
Talgdrüsen  auf  der  Eichelhaut,  an  der  Corona,  sowie  auch  am  inneren  Praeputial- 
biatte,  jedoch  überall  nur  zerstreut  und  sparsam.  Sprunck  und  Stieda  haben  aber 
insofern  Recht,  als  besonders  zu  benennende,  zahlreiche  und  grössere  Talgdrüsen  an 
der  Eichelkrone  und  am  Praeputium  nicht  vorkommen.  Die  Namen  Glandulae 
praeputiales  oder  Tyson' sehe  Drüsen  sind  daher  entbehrlich,  und  es  sind  dar- 
nach die  S.  135  gemachten  Angaben,  welche  vor  dem  Erscheinen  der  Arbeit  Sprunck 's 
schon  gedruckt  waren,  zu  berichtigen. 

Das  sogenannte  Smegma  praeputii,  welches  sich  als  talgähnliche  weisse 
Masse  im  Sulcus  retroglandularis  ansammelt,  besteht  fast  ausschliesslich  aus  mit  ge- 
nngem  Hauttalge  inbibirten,  abgestossenen  Epidermiszelleni  s.  Heule,  Splanchnologie 
2.  Aufl.  S.  436.  Die  von  mehreren  Autoren,  insbesondere  auch  von  Heule  und 
Charpy3)  schon  beschriebenen  grossen,  wie  helle  Pünktchen  erscheinenden  Papillen 
an  der  Corona  glandis  sind  bei  manchen  Individuen  sehr  deutlich  entwickelt,  s.  auch 
Sprunck;  sie  haben  mit  Talgdrüsen  nichts  zu  thun. 

Die  Muskelhaut  des  Penis  ist  eine  mit  der  Tunica  dartos  scroti  zu- 
sammenhängende Schicht  netzförmig  verbundener  Bündel  glatter  Muskelfasern, 
welche  unmittelbar  unter  der  Cutis  gelegen  sind.  Öie  linden  sich  nur  an  der 
Ünterfläche  des  Penis,  w^o  sie,  vorwiegend  longitudinal  verlaufend,  bis  zum 
Annulus  praeputialis  reichen. 

Das  ünterhautgewebe  des  Penis  ist  sehr  reichlich  entwickelt  und 
gi'össtentheils  vollkommen  fettlos;  nur  gegen  den  Mons  pubis  hin  treten  kleine 
l^ettträubchen  auf;  jedoch  ist  hier  durch  das  kompakte  Fettgewebe  des  Scham- 
berges ein  gewisser  Absatz  zwischen  Penisrücken  und  Mons  pubis   bemerkbar, 


1)  H.  Sprunck,  Die  vermeintlichen  Tyson'schen  Drüsen.  Inaug.-Diss.  Königs- 
berg i.  Pr.,  1897.  8»  und  Stieda  u.  KöUiker,  Anatom.  Anzeiger,  Ergänzungsheft  zum 
XlII.  Band.  1897.  pag.  6—8. 

2)  Schweigger- Seidel,  F.,  Anatomische  Mittheilungen.  Arch.  f.  pathol.  Anat. 
tod  Physiol.  herausg.  von  R.  Virchow.  Bd.  37,  S.  219.  H.  Ueber  die  sog.  Tyson'- 
schen  Drüsen  (S.  225). 

3)  Charpy,  Cours  de  Splanchnologie.  Organes  Genito-Urinaires.  Toulouse, 
i890.    S.  177, 


362  Ligamenta  penis.    Gefässe  des  Penis. 

wogegen  man  leicht  vom  Penis  an  beiden  Seiten,  den  Samensträngen  entlang, 
in  dem  locker  bleibenden  Gewebe  zum  Bauche  aufwärts  und  zum  Scrotum  ab- 
wärts vordringen  kann,  was  für  die  Ausbreitung  pathoh)gischer  Vorgänge  in 
Betracht  kommt.  —  Vgl.  über  die  Hautgebilde  des  Penis  auch  S.  134  flf. 

Die  Fascia  penis  ist  eine  Fortsetzung  der  Fascia  superficialis  perinei 
(s.  Fig.  56).  Sie  reicht  nach  vorn  bis  zur  ümschlagsstelle  des  inneren  Vor- 
hautblattes auf  die  Eichelhaut  am  Collum  penis,  wo  sie  sich  an  die  Vorhaut 
selbst  befestigt.     Die  Fascie  enthält  reichlich  elastische  Fasern. 

Was  die  Zusammensetzung  der  Vorhaut  anlangt,  so  hat  jedes  Blatt  seine 
Hautschicht  und  Muskelschicht;  zwischen  die  beiden  Muskelschichten  schiebt  sich  die 
Tela  subcutanea  in  einfacher  beiden  Blättern  gemeinsamer  Lage  ein;  hier  ist  diese 
Tela  subcutanea  besonders  locker  und  mit  elastischen  Fasern  reich  versehen,  so  dass 
sich  die  Vorhautduplikatur  leicht  entfalten  kann. 

Bezüglich  der  hauptsächlich  von  den  französischen  Autoren  gebrauchten  Be- 
zeichnung des  inneren  Vorhautblattes  und  der  Haut  der  Eichel  als  schleimhautähn- 
licher Theile,  ist  das  Nöthige  in  der  Anmerkung  3  S.  135  gesagt  worden;  die  Schleim- 
haut beginnt  erst  am  Orificium  externum  urethrae.  Die  Verhältnisse  an  der  Eichel 
liegen  so  wie  an  der  Zone  des  Lippenrothes,  nur  dass  da  die  Talgdrüsen  gänzlich 
fehlen. 

Ug^amenta  penis. 

Als  Ligamenta  penis  werden  zwei  Bildungen  beschrieben,  das  Liga- 
mentum fundifornie  penis  nnd  das  Ligamentum  Suspensorium  penis. 
Das  Ligamentum  fundiforme  (BNA.)  ist  ein  elastisches  Band  von  gelblicher 
Farbe.  Es  entspringt  breit  von  der  Linea  alba,  wo  es  bis  zu  4—5  cm  ober- 
halb der  Symphyse  hinaufreicht,  und  hängt  hier  sowohl  mit  der  Aponeurose 
der  Bauchmuskeln  wie  mit  der  Fascia  subcutanea  abdominis  zusammen.  Auf 
dem  Rücken  des  Penis  angelangt,  strahlt  es  in  dessen  Fascie  aus  und  geht, 
in  zwei  Schenkel  gespalten,  zu  beiden  Seiten  des  Penis  herum  auf  dessen 
untere  Fläche,  wo  sich  beide  Schenkel  verbinden  und  in  das  Septum  scroti 
übergehen.  Zwischen  beiden  Schenkeln  treten  die  Vasa  dorsalia  subfascialia 
nebst  dem  Nervus  dorsalis  penis  unter  die  Schamfuge. 

Das  Ligamentum  Suspensorium  penis  entspringt  hinter  diesem  Bande 
von  der  Vorderfläche  der  Symphyse  und  dem  Angulus  pubis.  Es  besteht  aus 
straffen,  kurzen  Bindegewebsfasern  und  heftet  sich  an  die  Albuginea  der  Cor 
pora  cavernosa  penis  an  deren  Vereinigungsstelle,  wobei  es  zum  Ligamentum 
praeurethrale  Verbindungsztige  entsendet.  Zwischen  diesen  Zügen  befinden 
sich  Lücken  für  die  Nervi  et  Vasa  dorsalia  penis  ^). 

Oef&««6  des  Penis. 

Sämtliche  Gefässe  des  Penis  lassen  eine  Trennung  in  oberflächliche  und 
tiefe  zu,  von  denen  die  ersteren  den  Hüllen,  die  letzteren  den  SchwellkOrpevo 
angehören.    Freilich  finden  Anastomosen  zwischen  beiden  statt. 


1)  Die  Unterscheidung  dieser  beiden  Ligamente  gab  zuerst  Luschka,  DieA»*" 
tomie  des  menschlichen  Beckens,    Tübingen,  1864.    S.  320. 


Venen  des  Penis.  363 

Arterien  des  Penis.  Die  Arterien  der  Hüllen  des  Penis  stammen  von  den 
Arteriae  pudendae  externae  (A.  lemoralis),  den  Aa.  scrotales  posteriores 
(A.  pudenda  interna)  und  den  Aa.  dorsales  penis  (A.  pudenda  interna).  Letztere 
betheiligen  sich  hauptsächlich  an  der  Versorgung  der  vorderen  Penishaut  und  der  Vor- 
haut.   (Vgl.  hierzu  das  S.  138  über  die  Blutgefässe  der  ßeckenhaut  Gesagte.) 

Die  Schwellkörper  werden  sämtlich  von  der  A.  pudenda  interna  versorgt, 
und  zwar  mit  den  vier  S.  213  aufgeführten  Aesten,  wo  auch  das  Nähere  über  ihre 
Vertheilung  und  ihr  Verhalten  am  Penis  nachzusehen  ist.  Es  ist  hier  noch  hinzuzu- 
fügen, dass  insbesondere  die  beiden  Arteriae  profundae  penis  mittelst  zahlreicher 
Anastomosen  durch  die  Lücken  des  Septum  penis  in  Verbindung  treten  und  auch 
vorn,  an  der  Spitze  der  Corpora  cavernosa,  durch  eine  das  Septum  medianum  glandis 
durchbohrende  Endanastomose  in  einander  übergehen. 

Venen  des  Penis.  Die  Hautvenen  bilden  zunächst  einen  oder  zwei  in  der 
Mittellinie  des  Penisrückens  laufende  Längsstämme,  Vena  sc.  Venae  subcutaneae 
penis;  in  diese  münden  die  kleineren  von  den  Hüllen  des  Penis  abstammenden  Venen 
ein,  andere  treten  in  die  scrotalen  Hautvenen  über.  Alle  diese  Venen  verlaufen 
unterhalb  der  Tunica  dartos  penis  in  der  Tela  subcutanea.  Die  Vena  subcutanea 
selbst  gabelt  sich,  falls  sie  einfach  war,  um  in  die  linke  und  rechte  Vena  saphena 
magna  überzutreten,  oder  sie  mündet  ohne  Gabelung  in  die  linke  oder  rechte  ein. 
Testut^)  sah  sie  zuweilen  direkt  durch  eine  Lücke  der  Fascia  cribrosa  in  die  Vena 
femoralis  münden. 

Die  tiefen  Venen  zerfallen  in  die  Venen  der  Eichel,  Venae  glandis  penis, 
in  die  der  Corpora  cavernosa  penis,  des  Corpus  cavernosum  urethrae  und 
des  Bulbus.  Diese  Venen  fliessen  ab  1)  durch  die  Vena  dorsalis  penis  (subfascialis), 
2)  direkt  in  den  Plexus  pudendalis  (Santorini),  3)  in  die  Venae  profundae  penis. 

Die  Eichel  venen  sammeln  sich  zunächst  in  einem  zwischen  Eichelrücken  und 
Corpus  cavernosum  penis  eingeschobenen  Geflechte  (Kobelt)^)  und  treten  von  hier 
^Is  hauptsächlichste  Wurzel  der  Vena  dorsalis  penis  zusammen.  Die  Venen  der 
Corpora  cavernosa  penis  zerfallen  in  obere,  untere,  seitliche  und  hintere. 
I^ie  oberen  ziehen  direkt  durch  die  Albuginea  zur  Vena  dorsalis  penis;  die  unteren 
treten  links  und  rechts  aus  der  Rinne  zwischen  den  Corpora  cavernosa  penis  und  dem 
Corpus  cavernosum  urethrae  heraus;  sie  gehen  im  Bogen  an  den  Seitenflächen  des 
Penis  herum,  Venae  circumflexae  penis,  zur  tiefen  Rückenvene.  Vorn,  wo  sie 
Jioch  die  unteren  Eichelvenen  aufnehmen,  sind  sie  besonders  deutlich  entwickelt.  Die 
seitlichen  Zuflüsse  treten  in  die  Venae  circumflexae  ein  und  haben  vorn  Verbin- 
dungen mit  den  Eichelvenen.  Die  hinteren  bilden  die  Venae  profundae  penis, 
treten  an  der  Vereinigungsstelle  der  beiden  Corpora  cavernosa  penis,  aus  deren  me- 
dialen Fläche,  aus,  haben  Verbindungen  zum  Plexus  pudendalis  und  bilden  die  Haupt- 
^urzeln  der  Venae  pudendae  internae.    (Vgl.  S.  214 ff.  und  Fig  57a.) 

Die  Venen  des  Bulbus  urethrae  —  Venae  bulbi  urethrae  —  treten  aus 
dem  Bulbus  an  dessen  Unterfläche  hervor  und  münden  entweder  in  den  Plexus  pu- 
dendalis oder  in  die  Venae  pudendae  internae. 

Aus  dem  Corpus  cavernosum  urethrae  entwickeln  sich  verschiedene  Venen- 
stämrae,  die  als  obere  und  untere  unterschieden  werden  müssen.  Die  oberen,  in 
den  Sulcus  urethralis  austretenden  Venen  münden  in  die  Venae  circumflexae  penis 
^in,  oder  auch  in  deren  Zuflüsse  von  den  Corpora  cavernosa  penis  her,  das  heisst 
ftlßo  in  die  Venae  inferiores  corporum  cavernosorum.  Die  unteren  Venen  des  Corpus 
pavernosum  urethrae  treten  entweder  vereinzelt  zum  Plexus  pudendalis,  oder  bilden 
Jederseits  einen  Stamm,  Venae  urethrales,  der  zur  Vena  pudenda  interna  zieht. 

1)  Testut,  L.,  Traite  d'anatomie  humaine.   HL  6dit.   T.  IIL    pag.  511. 

2)  Kobelt,  Die  männlichen  und  weiblichen  Wollustorgane.  Freiburg  i.  Br.,  1844. 
(Hauptwerk.) 


304  Lyrnphg'efässc  des  Penis. 

Die  Vena  dorsalis  penis  subfaseialis  liegt  auf  dem  Rücken  des  Penis  im 
Sulcus  dorsalis  (vascularis);  sie  ist  stets  einfach  und  bildet  den  stärksten  Venen- 
stamm des  Penis.  Hauptsächlich  entwickelt  sie  sicli  aus  den  Venen  der  Eichel  und 
den  Venae  circumflexae  penis.  Sie  tritt  dicht  unterhalb  des  Ang'uius  pubis  zwischen 
diesem  und  dem  Lig-anientum  praeurethrale  hindurch  und  mündet,  meist  ^'ablig"  g^^' 
theilt,  in  den  Plexus  pudendalis,  der  hierdurch  seine  ursprüngliche  doppelte  Anlag'*' 
erweist  (Fig.  57  a). 

Geben  wir  noch  eine  kurze  lieb  ersieht  der  zahlreichen  Verbindungen, 
welche  die  Venen  des  l*enis  haben,  so  bestehen  solche  zwischen  den  Hautvenen 
des  Penis  und  denen  des  Scrotum,  der  vorderen  ßauchwand,  Aesten  der  Vena  saphena 
ma^na  und  der  Vena  obturatoria,  oder  auch  direkt  mit  der  Vena  femoralis  (s.  das 
vorhin  Gesagte  u.  S.  180). 

Die  tiefen  Venen  haben  auch  Verbindungen  mit  den  Hautvenen,  insbesondere 
hinter  der  Corona  glandis  durch  Vermitteliing  der  Venen  des  Praeputium  (Sappev, 
Traite  d'anatomie,  HI.  edit.  T.  4,  p.  HO),  und,  durch  ihre  Abflüsse,  mit  den)  Plexus 
pudendalis  und  der  Vena  pudenda  interna.  Man  sieht  aus  dieser  Zusammenstellung', 
dass  in  ausgiebigster  Weise  für  den  venösen  Rückfiuss  gesorgt  ist.  (Verg'l.  das  Kapitel 
„Physiologische  Bemerkungen".) 

Lymphgefässe  des  Penis.  Auch  die  Lymphgefässe  des  männlichen  Gliedes 
zerfVillen  in  oberflächliche  und  tiefe. 

Die  oberflächlichen  Lymphgefässe  kommen  aus  der  Haut,  der  Tunica 
dartos  penis  und  dem  subkutanen  Gewebe  und  zeigen  zwei  Wurzelnetze,  eines  im 
Praeputium  penis,  das  andere  am  Frenulum  und  an  der  Raphe  penis.  Aus  dem  pi'^' 
putialen  Netze  fliesst  alsbald  ein  medianer  Stamm  zusammen,  welcher  die  Vena  sub- 
cutanea penis  begleitet.  In  diesen  Stamm  münden  von  der  Untertiäche  des  Penis, 
nacli  Art  der  Venae  circumtlexae  verlaufend,  mehrere  kleine  Stämmchen  ein.  In  der 
Nähe  der  Wurzel  des  Penis  münden  auch  einige  dieser  kleinen  Stämmchen,  welche 
in  dem  Raphenetze  wurzeln,  direkt  in  die  obere  mediale  Gruppe  der  Leisten- 
drüsen (s.  S.  175).  Der  dorsale  Hauptlängsstamm  mündet  entweder  in  die  rechts- 
seitigen oder  in  die  linksseitigen  oberen  inneren  Leistendrüsen,  oder  aber  er  gabelt 
sich,  um  nach  beiden  Seiten  auszumünden.  Auch  kann  er  doppelt  vorhanden  sem, 
und  dann  mündet  zuweilen  das  linksseitige  Gefäss  in  die  rechtsseitigen  Leistendrüsen 
und  umgekehrt.  Auch  für  die  selbständig  einmündenden,  von  der  Raphe  kommenden 
Gefässe  ist  diese  Ueberkreuzung  beobachtet  worden. 

Die  tiefen  oder  subfascialen  Lymphgefässe  haben  ihr  sehr  dichtes  Wurzel- 
geliecht  hauptsächlich  in  der  Haut  der  Eichel,  wo  eine  oberflächliche  und  tietc 
Lage  zu  unterscheiden  ist.  Beide  Lagen  kommuniciren  am  Oriticium  urethrae  cx- 
ternum  mit  den  Lymphgefässen  der  Harnröhrenschleimhaut  und  mit  denen  der  Vor- 
haut, insbesondere  des  inneren  Blattes  derselben.  Aus  der  tieferen  Lymphgefäss- 
schicht  entwickeln  sich  zwei  stärkere  Plexus  (Panizza'sche  Plexus),  welche  in  der 
Fossa  lateralis  frenuli  gelegen  sind  ^).  Von  hier  aus,  sowie  von  der  Eichelhaut  sammch^ 
sich  die  Gefässe  zunächst  im  Sulcus  retroglandularis  und  üiessen  auf  dem  Rücken  des 
Gliedes  in  ein  oder  zwei  Stämme  zusammen,  welche  mit  der  Vena  subfaseialis  vol- 
laufen und,  ebenso  wie  die  oberflächlichen  Lymphgefässe,  in  die  mediale  obere  Grupp**' 
der  oberflächlichen  Leistendrüsen  einmünden.  Wenn  ein  Stamm  vorhanden  ist,  ^o 
soll  dieser  nach  Marchant^)  gewöhnlich  zu  den  linksseitigen  Leistendrüsen  sicn 
wenden,  sonst  gabelt  er  sich,  oder  mündet  (selten)  rechts  ein.  Bei  doppeltem  Haupt- 
stamme können  dieselben  Kreuzungen  vorkommen,  wie  sie  für  den  oberflächlichen 
Stamm  erwähnt  sind. 


1)  Panizza,  B.,  Osservazioni  antropo-zootomico-fisiologiche.   Pavia,  183Ö. 

2)  Marc  haut,  Recherches  sur  les  lymphatiques  des  teguments  des  organcs  g^' 
nitaux  de  Thonune.    Bull,  de  la  Soc.  anat.  1889. 


Nerven  des  Penis.  365 

Nerven  des  Penis. 

Die  Nerven  des  Penis  stammen,  wie  die  der  inneren  Reekeneingeweide, 
theils  von  cerebrospinalen,  theils  von  sympathischen  Quellen. 

Die  cerebrospinalen  Nerven  kommen  vom  N.  ilioing'iiinalis  (zur  dorsalen 
Haut  der  Peniswurzel)  und  vom  Nervus  pudendus  (s.  S.  138  u.  218). 

Der  Nervus  pudendiis  betheili^-t  sich  mit  zwei  Zweiten  an  der  Innervation  des 
Penis:  1)  mit  dem  Nervus  perinei  (S.  218)  und  2)  mit  dem  Nervus  dorsalis  penis. 
Der  Nervus  perinei  g-ibt  einen  tiefen  Ast  zum  Bulbus  und  Corpus  cavernosuTn  urethrae 
ab,  welche'r  atifan^'s  mit  den  Muskelzwei'y'en  des  N.  perinei  zusammenläuft,  dann  in 
die  «:enannten  kavernösen  Gebilde  eintritt  und  vorzugsweise  die  Harnröhren- 
Schleimhaut  versoro't.  Der  N.  dorsalis  penis.  dessen  La^re  bereits  ano-egeben  wurde 
(Pif?.  71),  verzwei^rt  sich  vornehmlich  in  der  Haut  des  freien  Theiles  des  Penis,  ins- 
hesondcre  in  der  Eichelhaut  und  im  Präputium;  er  entsendet  aber  auch  Aeste  in 
die  Corpora  cavernosa  penis  und  zur  Harnröhrenwand. 

Zu  den  cerebrospinalen  Nerven  o:ehört  noch  der  von  Eckhard^)  bei  Hunden 
aufgefundene  und  von  ihm  so  benannte  Nervus  eri^-ens.  Derselbe  muss  beim 
Menschen  vom  Plexus  pudendus  (3  und  4  Sakralnerven)  abgfeleitet  werden,  da  von 
diesem  Plexus  Zwei^'e  in  den  Plexus  prostaticus  nervi  sympathici  eintreten,  von  wo 
aus  sie  mit  dem  Plexus  cavernosus  sympathicus  zu  den  Corpora  cavernosa  penis 
ffelan^ren  (s.  S.  257  und  258).  Hierfür  sprechen  auch  pathologische  Befunde 2).  Eine 
isolirte  Präparation  des  Nervus  erii^ens  ist  beim  Menschen  noch  ein  Desiderat;  bei 
Hunden  f^eht  er  «^-ewöhnlich  aus  dem  I.  und  TT.  Sakralnerven  hervor.  Auch  aus  dem 
Plexus  lumbalis  sollen  (nach  physioio^-ischen  Untersuchung-en)  Fäden  in  die  Bahn 
des  Sympathicus  gelan«:en,  welche  auf  die  glatte  Muskulatur  der  Corpora  cavernosa 
Und  der  I*enisffefässe  einwirken.  Sie  sollen  zum  Theil  von  den  oberen  I^umbalnerven 
in  den  sympathischen  Grenzstrang  eintreten,  zum  Theil  —  FranQois-Franck^)  _  in  das 
Ganjrlion  mesentericum  inferius,  von  da  in  den  Plexus  interiliacus  und  hypog:astricus. 
Aus  dem  Grenzstranore  gehen  wieder  graue  marklose  Nerven  hervo»^  welche  entweder  zu 
den  sympathischen  Beckengeflechten  treten  und  von  da  aus  zu  den  Plexus  cavernosi, 
oder  sich  direkt  zum  N.  pudendus  begeben.  Alle  diese  cerebrospinalen  Nerven,  die 
vom  Lumbalplexus  stammenden  und  die  Nervi  erigentes,  <>-elangen  also  nicht  di- 
rekt, sondern  in  der  Bahn  des  Sympathicus,  zum  Penis.  Vgl.  das  Kapitel:  „Physiolo- 
gische und  pathologische  Verhältnisse". 

Die  sympathischen  Quellen  der  Penisnerven  liegen  in  den  sympathischen 
Beckengeflechten;  ihre  Bahn  ist  S.  257  und  258  angegeben  worden:  Plexus  hypo- 
Ä'astricus,  Plexus  prostaticus,  Plexus  cavernosus  mit  den  Nervi  cavernosi  penis  maiores 
^'t  minores.  Die  Nn.  cavernosi  penis  majores  treten  in  den  vorderen  Theil  der  Corpora 
cavernosa  penis  ein,  indem  sie  mit  dem  N.  dorsalis  penis  verlaufen;  ferner  ziehen  sie 
55um  Corpus  cavernosum  urethrae  glandis;  es  bestehen  Anastomosen  zwischen  N.  dor- 
salis penis  und  diesen  sympathischen  Nerven.  Die  Nn.  cavernosi  minores  versorgen 
die  Wurzel    der    Corpora  cavernosa  penis. 

In  der  Haut  der  Eichel  und  der  Vorhaut  sind  eine  Menge  verschiedener  Nerven- 
endkörperchen und  freie  Intraepitheliale  Nervenendigungen  beschrieben  worden,  ins- 
besondere von  W.  Krause^)   und    neuerdings  von  DogieH).    Als  Nervenendkörper- 

1)  Eckhard,  C,  Untersuchungen  über  die  Erektion  des  Penis  beim  Hunde. 
Beiträge  zur  Anat.  u.  Physiologie,  herausgeg.  von  C.  Eckhard.    Bd.  III,  IV  u.  VIT. 

2)  s.  Sarbo,  1.  c.  [S.  3061. 

3)  Fran<^ois-Franck,  Recherches  sur  Tinnervation  vasomotrice  du  penis.  Arch. 
^e  physiol.  norm,  et  pathol.  Ser.  V,  Tome  7,  p.  122.  1895. 

4)  1)  W.  Krause,  Handbuch  der  menschlichen  Anatomie,  III.  Aufl.  Bd.  I.  S.  522.  — 
2)  Dogicl,  A.  S.,  Die  Nervenendigungen  in  der  Haut  der  äusseren  Genitalorgane  des 


366  La^e  des  Penis. 

chen  finden  sich  Tastkörperchen  in  der  Spitze  der  Papillen,  Vate rasche  Körperchen 
in  der  Tela  subcutanea  penis  und  in  den  Corpora  cavernosa  penis  [Schweigger- 
Seidel  und  Klein]),  Endkolben  und  die  von  W.  Krause  sog-enannten  Genital- 
nerven kör  perc  he  n  an  der  Basis  der  Papillen.  Der  feinere  Bau  der  Genital- 
nervenkörperchen  entspricht  dern  der  Endkolben  und  sie  sind  wohl  als  Afrg*lomerato 
solcher  aufzufassen;  sie  zeigen  sehr  verschiedene  Grösse  mit  sehr  zahlreichen  und 
feinen  Endverzweigungen  der  eintretenden  Axencylinder. 

Tu  den  Balken  der  Corpora  cavernosa  haben  Sclavunos^)  und  Timofeew^) 
dichte  Netze  markloser  Nervenfasern,  insbesondere  in  den  glatten  Muskelfaserzügen, 
nachgewiesen.  Wie  es  scheint,  sind  die  Genitalnervenkörperchen  von  L.  Fick, 
1.  c.  zuerst  gesehen,  aber  von  den  Vater'schen  Körperchen  nicht  genau  unterschieden 
worden.  Benannt  und  scharf  unterschieden  hat  sie,  wie  bemerkt,  W.Krause.  Nach 
DogieTs  Darstellung,  1.  c.  [S.  316]  nehmen  die  Genitalnervenkörperchen  in  der  Haut 
der  Eichel  die  tiefste  Lage  ein;  subpapillär  folgen  die  Endkolben,  in  den  Papillen 
selbst  liegen  die  Tastkörperchen;  alle  diese  Terminalkörperchen  sind  durch  anasto- 
mosirende  Nervenfäden  verbunden.  Im  Epithel  finden  sich  freie  Endknöpfchen 
sowie  ein  terminales  Netzwerk  markloser  Endfäden.  Nervenfäden  treten  von  den 
Terminalkörperchen  aus  ins  Epithel  hinein,  um  dort  mit  Endknöpfchen  zu  endigen, 
oder  sich  mit  dem  terminalen  Netze  zu  verbinden ;  zu  beiden  Endigungen  treten  aber 
auch  Axencylinder,  welche  vorher  noch  keine  Körperchen  passirt  hatten. 

Lage  des  Penis. 

Bezüglich  der  Gesamtlage  des  männliclien  Gliedes  kann  auf  Seite  231 
und  232  verwiesen  werden.  Die  Idiotopie  der  Tlieilc  des  Penis  ergibt  sich 
aus  der  Erklärung  von  Fig.  71  (S.  354).  Es  ist  hier  nur  noch  auf  die  Lage- 
verhältnisse der  Pars  perinealis  penis  zurückzukommen,  wozu  Fig.57a 
zu  vergleichen  ist.. 

Die  beiden  Crura  penis  liegen  dem  unteren  und  inneren  Rande  des 
unteren  Sitzbein-  und  unteren  Schambeinastes  an ;  sie  sind  gedeckt  vom  Musculus 
ischiocavernosus  und  begeben  sich  mit  ihrem  hinteren  Ende  auf  die  Innenfläche 
des  Os  ischii.  Lateralwärts  grenzen  die  Musculi  gracilis  und  Adductor  magnus 
an,  medianwärts  und  nach  oben  das  Trigonum  urogenitale  und  die  Vasa  pu- 
denda  interna  mit  dem  Nervus  pudendus. 

Menschen.  Archiv  für  mikroskopische  Anatomie,  Bd.  41.  S.  585.  1893.  Hier  und  bei 
G.  Schwalbe,  Lehrb.  d.  Neurologie,  Erlangen,  1881,  und  Lehrbuch  der  Anatomie  der 
Sinnesorgane,  Erlangen,  1887,  findet  sich  die  weitere  Literatur, '  aus  der  noch  hervor- 
^elioben  sein  sollen:  3)  Axel  Key  und  Retzius,  G.,  Studien  in  der  Anatomie  des 
Nervensystems.  II.  Bd.  Stockholm,  1876.  —  4)  Retzius,  G.,  Biolog-.  Untersuchungen. 
Neue  Folge.  Bd.  VI,  S.  63.  Stockholm,  1894.  -  5)  Retzius,  G.,  Ueber  die  Endigungs- 
weise  der  Nerven  in  den  Genitalnervenkörperchen  des  Kaninchens.  Internationale 
Monatsschrift  für  Anatomie  u.  Physiol.  VII.  1890.  —  6)  Fick,  L.,  Lehrbuch  der  Ana- 
tomie des  Menschen.  Leipzig,  1845.  —  7)  Krause,  W.,  Ueber  die  Nervenendig-ung  in 
den  Geschlechtsorganen.  Zeitschr.  für  rationelle  Medizin  1866.  Bd.  28.  3te  Reihe.  — 
8)  Merkel,  Fr.,  Ueber  die  Endijrun^en  der  sensiblen  Nerven  in  der  Haut  der  Wirbel- 
thiere.  Rostock,  1890.  S.  138.  (Mit  Literatur.)  —  9)  Seh wei^^g-er-Seidel,  Anatom. 
Mitth.  Virchow's  Arch.  Bd.  37.  S.  230.  —  10)  Klein,  E.,  Die  äusseren  männlichen  und 
weiblichen  Genitalien  etc.  Stricker's  Handbuch  der  Lehre  von  den  Geweben.  1871* 
S.  635. 

1)  2)  1.  1.  c.  c.  [S.  346]. 


Maasse  des  Penis.    Physiologische  und  pathologische  Verhältnisse.  367 

Der  Bulbus  urethrae  mit  dem  Anfaugstbeile  des  Corpus  eavernosum 
urethrae  ruht  in  der  Medianlinie  auf  dem  Trigonum  urogenitale,  mit  welchem 
er  verwachsen  ist;  er  stösst  hinten  an  das  Centrum  perineale  und  ist  vom 
vorderen  Rande  des  Anus  nur  1  —  1 V2  cm  entfernt.  Durch  das  Trigonum  uro- 
genitale wird  er  von  der  Prostata  geschieden;  vorn  liegen  zwischen  ihm  und 
den  Corpora  cavernosa  penis,  in  dem  dreieckigen  Bezirke  des  Angulus  pubis, 
die  Vasa  dorsalia  penis  und  die  Vasa  profunda  penis  mit  den  begleitenden 
Nerven.  Auch  das  Ligamentum  Suspensorium  penis  tritt  hier  an  ihn,  bezw.  das 
Corpus  eavernosum  urethrae  heran. 

Am  hinteren  und  seitlichen  Umfange  des  Bulbus  liegen  die  Glandulae 
bulbo  urethral  es  in  der  Substanz  des  Musculus  trigoni  urogenitalis ;  dort 
treten  auch  die  Vasa  bulbi  urethrae  hinzu.  Dass  die  Harnröhre,  sowie  die 
Ductus  excretorii  glandulae  bulbourethralis  in  den  Bulbus  eintreten,  wurde 
S.  359  bereits  berichtet;  Genaueres  vgl.  Kapp.  „Harnröhre"  und  „Glandulae 
bulbourethrales". 

MaasstabeUe. 

Länge  der  Pars  iibera  des  erschlafften  Penis 9—10  cm 

»         »         ^  «  »     erigirten  „  14—16    „ 

Umfang  des  erschlafften  Penis  (Mitte  des  Corpus) 9    „ 

„  „     erigirten  „  „         „  „        12    „ 

Länge  der  Corpora  cavernosa  des  erschlafften  Penis 15—16    „ 

»         j»  «  »  „     crigirten  ^  19-20    „ 

Länge  des  Corpus  eavernosum  urethrae  mit  Eichel  des  erschlafften  f^enis     16  —  18    „ 

"        «          »                 „                   „            „         „         „     erigirten           „         20—22    „ 
Breite  des  erschlafften  Corpus  eavernosum  penis 1,0—1,2    „ 

„        „     erigirten  „  „  „        1,5-1,8   „ 

Breite  des  gefüllten  Bulbus 2,5    „ 

Höhe  des  Orificium  urethrae  externum 0,5—0,7    „ 

l^icke  der  Albuginea  corpor.  cavernos.  penis  (erschlaffter  Zustand)  ,     .      0,15—0,2    „ 

V        n  V  r,  17  r>      (eriglrter  Zustand)  (V2  nun)  0,05    „ 

Entfernung  des  Bulbus  vom  Anus  bei  jüngeren  Leuten 1,2—1,5   „ 

V  n         r,  „         „       „    älteren  „  1,0   „ 

Die  Maasse  des  Penis  unterliegen  grossen  individuellen  Schwankungen;  fast 
jedes  anatomische  Museum  enthält  ein  oder  das  andere  Exemplar  von  einer  das 
Durchschnittsmaass  erheblich  überschreitenden  Grösse.  Der  erschlaffte  Penis  alter 
Leute  ist  durchschnittlich  um  1 — 2  cm  länger  als  der  jüngerer  Individuen. 

Physlolos^isohe  und  pathologrisohe  Verhältnisse. 

Beim  Penis  kommen  die  Harnentleerung  (Miktion),  die  Samenent- 
'eerung  (Ejakulation)  und  die  Erektion  physiologisch  in  Betracht;  zu 
letzteren  beiden  tritt  das  Wollustgefühi  in  Beziehung. 

Indem  das  Corpus  eavernosum  urethrae,  selbst  bei  höchster  Füllung,  eine 
Reichere  Konsistenz  behält,  stellt  es  der  Entleerung  von  Harn  und  Samen 
keinen  Widerstand  entgegen.  Bekanntlich  ist  die  Harnentleerung  bei  starker 
Erektion  des  Penis  erschwert,  welches  in  der  Schwellung  des  CoUiculus  semi- 
^alis  seinen  Hauptgrund  haben  mag;  möglich  ist  sie  aber  dennoch^). 

1)  Vergl.  Horch ar dt,  G.,  Der  Mechanismus  der  Harnentleerung.  Diss.  inaug. 
ßerlin,  1896. 


368  Penis.     Physiologische  und  patholo^icische  Vorhältnisse. 

Für  die  Erektion  kommen,  ab^^eseben  von  der  anatomiscben  BescbaiFen- 
beit  des  Scbwellgewebes,  welcbes  sieb  leiebter  füllen  als  entleeren  lässt,  in 
Betraebt:  1)  der  vermebrte  Zufluss  dnrcb  die  Arterien,  2)  der  bebinderte  Ab- 
flnss  dnreb  die  Venen.  Eckbard  entdeckte,  dass  durcb  die  Reiziin/2:  der  von 
ibni  nacb^ewiesenen  Nervi  erierentes  ('s.  vorbin)  sieb  die  Arterien  des  Penis 
verkürzen  nnd  erweitern.  Diese  Nörven  sind  demnacb  die  Vasodilatatoren. 
Hicrdnrcb  kommt  der  vermebrte  Znflnss  zn  stände.  Zur  Bebinderunc:  des 
Venenabflusses  bei  eingeleiteter  Erektion  wirken  mebrere  Momente  zusammen  ^ 
der  Druck  auf  die  Vena  dorsalis  penis  durcb  die  Pressung  derselben  an  den 
Scbaraboj2:en  bei  erigirtem  Gliede  —  aucb  die  gespannte  Haut  und  die  gespannte 
Fascia  penis  können  bei  der  Volumsvermebrung  des  Gliedes  in  gleicbem  Sinne 
wirken  —  ferner  die  Kontraktion  des  Musculus  trigoni  urogenitalis  (Venae 
profundae  penis,  s.  S.  216);  endlicb  wird  bei  der  Scbwellung  der  Corpora  ca- 
vernosa  aucb  der  Rtickfluss  durcb  die  Venae  circumflexae  gehemmt  sein  mtlssen. 
Dass  wäbrend  der  Erektion  die  glatten  Muskeln  der  Corpora  cavernosa  erscblaflFen 
(Kölliker),  ist  böcbst  wabrscbeinlicb.  Durcb  ihre  Kontraktion  wird  der  erigirte 
Penis  wieder  in  den  erschlafften  Zustand  zurückversetzt. 

Als  diejenigen  Nervenendigungen,  welche  das  WollustgeftihI  vermitteln 
und  deren  Reizung  die  Ejakulation  reflektorisch  hervorruft,  haben  in  erster 
Linie  wohl  die  Krause'scben  Genitalnervenkörperchen  zii  gelten,  wäbrend  den 
übrigen  Nervenendigungen  die  ihnen  aucb  sonst  in  der  Haut  zukommenden 
Funktionen  verbleiben.  Die  Bahnen  aller  dieser  Empfindungen  verlaufen  itn 
Nervus  dorsalis  penis.  Die  vasokonstriktorischen  Nerven  des  Penis  sollen 
ursprünglich  in  den  vom  Lumbalgeflecbte  stammenden  Fäden  gelegen  sein, 
die  vasodilatatorischen  finden  sich,  wie  bemerkt,  in  den  Nn.  erigentes*)- 
Meiner  Ansicht  nach  treten  diese  Nerven  an  dieser  oder  jener  Stelle  ihres  Ver- 
laufes in  der  Sympathicusbahn  mit  Endbäumeben  an  sympathische  Ganglien- 
zellen heran,  deren  Neuriten  dann  zu  den  glatten  Muskelfasern  des  Penis  und 
seiner  Gefässe  gehen  ^).  —  Das  nächste  Reflexcentrum  für  die  Ejakulation  und 
Erektion  liegt  im  Lendenmarke  (Budge,  Goltz^);  im  übrigen  befinden  sich 
offenbar  im  Grosshirne  zahlreiche  Verbindungen  seitens  der  übrigen  Körper- 
nerven, insbelondere  des  Opticus,  des  Olfactorius  und  der  Tastnerven 
fast  der  gesamten  Haut  mit  Nervenbahnen,  welche  zu  dem  Lendencentrum 
(Centrum  genitospinale,  Budge)"^)  führen  und  sowohl  Reizungs-  wie  Hemmungs- 
fasern enthalten.    Die  Wege  dieser  Verbindungen  sind  noch  nicht  näher  bekannt. 

1)  Lov(''n,  Chr.,  Ueber  die  Erweiternn<r  von  Arterien  in  Fol<re  einer  Nervcn- 
erre^jfung.  Ber.  d.  k^l  Sachs.  Ges.  d.  Wissensch.  vom  Jahre  1866.  —  Nikolsky,  VV.» 
Ein  Beitra«:  zur  Physioloo-ie  der  Nn.  eriirentes.  Archiv  f.  Anat.  u.  Physiol.  Physiol- 
Abth.    1879.  —  Francois-Franck,  1.  c.  \S.  365]. 

2)  Ganglienzellen  in  den  Plexus  cavernosi  penis  sind  n ach <>'e wiesen  worden 
beim  Menschen  von  Job.  Müller,  lieber  die  organischen  Nerven  der  erektilen  männl- 
Geschlechtsor*^ane.  Abhdl.  d.  Könifjl  Preuss.  Akad.  d.  Wissenschaften  zu  Berlin  vom 
Jahre  183.5,  und  beim  Hunde  von  Loven,  1.  c. 

3)  Goltz,  Fr.,  1.  c.  [S.  319]. 

4)  Bud^e,  J.,  Lelirbuch  der  Physiologie  des  Menschen.   8.  Aufl. 


Penis.     Physiologische  und  pathologische  Verhältnisse.  369 

Von  pathologiBChen  Zuständen  sind  zunächst  gewisse  Abweichungen  der 
Vorhaut  zu  erwähnen,  welche  sich  unmittelbar  an  die  besprochenen  anatomischen 
Verhältnisse  anschliessen.  Es  g-ehören  dahin  die  Phimosis,  Paraphimosis  und  die 
Pr  äputialk  onkremente. 

Es  wurde  erwähnt,  dass  bei  Kindern  die  Vorhaut  über  die  Eichel  hinausragt; 
wenn  dieser  Theil  der  Vorhaut  ungewöhnlich  lang  ist,  so  springt  er  wie  ein  rüssel- 
förniiger  Fortsatz  vor  und  kann  sowohl  Behinderungen  bei  der  Harnentleerung  ver- 
ursachen, als  auch  zu  entzündlichen  Affektionen  disponiren;  doch  braucht  hierbei" 
noch  keine  Phimosis  im  engeren  Wortsinne  zu  bestehen.  Man  versteht  vielmehr  unter 
Phimosis  den  Zustand  eines  Missverhältnisses  zwischen  Vorhaut  und  Eichel  derart, 
dass  die  Entblössung  der  letzteren  von  der  Vorhaut  behindert  ist.  Hierbei  können 
verschiedene  Ursachen  mitwirken:  zu  grosse  Länge  der  Vorhaut,  abnorme  Enge  des 
Annulus  praeputialis,  eine  epitheliale  Verwachsung  bezw.  Verklebung  zwischen  Eichel 
und  innerem  Vorhautblatte,  zu  grosse  Straffheit  der  Tela  subcutanea  praeputii  u.  a. 
Bis  fast  zur  Geburt  hin  sind  normaler  Weise  inneres  Vorhautblatt  und  Eichel  epithelial 
verwachsen;  das  Bestehenbleiben  dieses  Zustandes  ist  also  eine  Hemmungsbildung. 

Ist  die  Vorhaut  rüsselförmig  verlängert  und  der  Annulus  praeputialis  sehr  enge, 
dann  erweitert  beim  Uriniren  der  Harn,  bevor  er  den  Vorhautsack  verlässt,  letzteren 
blasenförmig,  und  es  kann  dieser  Zustand  zu  sehr  ernsten  Störungen  der  Harn- 
entleerung Veranlassung  geben. 

Die  bisher  besprochene  Phimose  stellt  die  angeborene  Phimose  dar;  es 
l<ann  aber  auch  eine  Phimose  durch  Schwellungszustände  der  Vorhaut,  oder  durch 
Verwachsungen  nach  voraufgegangenen  Verletzungen,  oder  durch  Ulcerationen,  Neu- 
^)ildungen  u.  a.  entstehen:  erworbene  Phimose.  Meist  sind  es  entzündliche 
Schwellungen,  welche  den  Anlass  geben. 

Unter  Paraphimosis  begreift  man  denjenigen  Zustand,  welcher  eintritt,  wenn 
t^ine  enge  Vorhaut  hinter  die  Corona  glandis  zurückgestreift  worden  war  und  nicht 
nieder  über  die  Eichel  hinwegzubringen  ist.  Es  entsteht  dann  eine  Einklemmung  des 
Collum  penis,  welche  zu  Gangrän  der  Eichel  führen  kann. 

Vorhautsteine,  Calculi  praeputiales,  entwickeln  sich,  im  Anschlüsse  an 
<^ie  soeben  besprochenen  Zustände,  durch  Harnretention  im  Vorhautsacke;  sie  kommen 
^ber  auch  bei  unreinlichen  Leuten  durch  Verhärtung  von  grösseren  Smegmamasseu 
55U  Stande;  endlich  können  sie  sogar  von  Blasenkonkrementen  abstammen;  welche  bei 
'w^eiter  Vorhaut  im  Praeputialsacke  zurückgehalten  wurden. 

Verletzungen  des  Penis.  Geringfügige  Verletzungen  an  der  Eichel,  der 
Vorhaut,  und  namentlich  am  Frenulum  praeputii,  insbesondere  wenn  dieses  zu  kurz 
ist,  kommen  beim  Coitus  sehr  häufig  vor;  sie  führen,  was  bei  der  Masse  des  lockeren 
subkutanen  Gewebes  leicht  begreiflich  ist,  häufig  zu  ödematösen  Anschwellungen  der 
Vorhaxit,  sind  aber  unter  allen  Umständen  wichtig  wegen  der  damit  verbundenen  In- 
fektionsgefahr. Man  darf  dreist  behaupten,  dass  eine  der  Hauptursachen  der  ge- 
schlechtlichen Infektionskrankheiten  in  der  Nichtbeachtung  solcher  geringfügiger 
Verletzungen  neben  mangelhafter  Sorge  für  Reinlichkeit  liegt. 

Blutungen  nach  Verletzungen  des  Penis  sind  besonders  stark  bei  Erektions- 
zuständen;  wenn  sie  subkutan  verlaufen,  so  geben  sie  zu  beträchtlichen  Infiltrationen 
Veranlassung,  welche  sich  zur  Gegend  des  Leistenringes  nach  aufwärts  und  zum 
Hodensacke  nach  abwärts,  dem  Verlaufe  der  Tela  subcutanea  folgend,  erstrecken. 

Aus  der  reichlichen  Entwicklung  des  lockeren  Unterhautgewebes,  der  hohen 
Elasticität  der  Penishaut  und  der  starken  Kontraktilität  der  Corpora  cavernosa  er- 
klären sich  noch  die  sogenannte  „Schindung**  des  Penis  und  die  „Luxatio  penis", 
Welche  namentlich  bei  starken  Quetschungen  des  Organes  beobachtet  werden.  Als 
Schindung  des  Penis  bezeichnet  man  die  traumatische  Entblössung  des  Corpus  penis 
Von  seiner  Hautumhüllung;  Luxatio  penis  wird  derjenige  Zustand  genannt,  wobei 
Waldeyer,  Das  Becken.  24 


370  Hoden.    Nebenhoden.    SamenBtrang.    Hodensack. 

das  Corpiis  penis,  nach  rino^'förmig'cm  Abreissen  seiner  Hantbekleidunp:'  am  Collum 
penis,  sich  g-anz  in  seiner  Hatitröhre  bis  unter  die  Banchhaut  zurückzieht i). 

Mit  dem  Namen  „Penisfraktur"  belegt  man  die  Einreissun^  oder  Zerreissung 
eines  oder  beider  Corpora  cavernosa. 

Die  entzündlichen  Veränderungen  am  männlichen  Gliede  müssen  vor 
allem  in  infektiöse  und  nicht  infektiöse  unterschieden  werden.  Bei  den  in- 
fektiösen Formen,  wo  fast  ausschliesslich  das  Virus  syphiliticum  in  Frajre  kommt, 
fol^t  der  patholog-ische  Prozess  dem  We^j^e  der  Lymphbahnen,  welche,  wie  wir  g-esehen 
haben,  nicht  selten  unter  Kreuzung",  in  die  obere  mediale  Gruppe  der  oberflächlichen 
Leistendrüsen  führen.  Dass  diese  Infektionen  mit  Vorliebe  an  der  Vorhaut  und  p]ichel- 
partie  des  Penis  erfolgen,  dazu  träg-t,  abgresehen  von  der  feinen  und  zarten  Haut^ 
auch  der  Reichthum  an  Lymphwurzeln  das  Seini^e  bei. 

Von  Neubildung* en  wird  ebenfalls  häufig-  die  Eichelpartie  des  Gliedes  be- 
trofiFen;  insbesondere  sind  zu  erwähnen  die  Condylom  ata  acuminata,  die  sich 
vielfach  nach  Reizung-szuständen  entwickeln,  und  das  Karcinom,  welches  nicht 
selten  auch  in  kondylomatöser  Form  auftritt;  hier  ^ilt  es,  worauf  besonders 
Gussenbauer  hin<i:ewiesen  hat,  die  regrionären  Lymphdrüsen  der  Leisteng-eg-end  bei 
etwaigren  Operationen  mitzuentfernen.  Sehr  bemerkenswerth  ist  die  Erfahrung:  der 
Chirurgren  2),  dass  Aveitaus  die  meisten  Fälle  von  Carcinoma  penis  bei  Leuten  beobachtet 
worden  sind,  bei  denen  eine  Phimosis  besteht  oder  bestanden  hatte.  —  Endlich  seien 
noch  der  seltenen  Knorpel-  und  Knochenbildung-en  sowie  der  Verkalkung'eu 
im  Reptum  und  der  Albiiginea  penis  g:edacht.  Ob  man  bei  den  Knochenbildung:en 
im  Septum  an  das  Os  priapi  gewisser  Thierordnungen,  z.  B.  der  Carnivoren,  denken 
kann,  ist  zweifelhaft. 

Heber  einig:es  andere  hierherg'ehörig'e,  insbesondere  über  die  Elephantiasis  penis 
s.  S.  146  und  147;  ferner:  Hovorka,  0.  v.  Zderas,  Verstümmelungen  des  männlichen 
Gliedes  bei  einig:en  Völkern  des  Alterthumes  und  der  Jetztzeit.  Mitth.  der  anthropol. 
Gesellsch.  in  Wien.  XXIV.  Bd.  1894,  S.  131  und  Laurent,  Observations  sur  quelques 
anomalies  de  la  Verge  chez  les  d(^g:eneres  criminels.  Arch.  de  rAnthropolog*ie  crimi- 
nelle et  des  Sciences  pc^nales.  T.  VII.  Annee  7.  Nro.  37. 


Hoden  (Testis).    Nebenhoden  (Epididymis). 
Samenstrang  (Puniculus  spermaticus).    Hodensack  (Sero tum). 

Die  in  der  üeherschrift  genannten  Theile  gehören  topographisch  wie  be- 
schreibend anatomisch  zusammen.  Der  Hoden  stellt  die  Keimdrüse  dar,  deren 
Produkt  durch  den  Nebenhoden  in  den  Ductus  deferens  befördert  wird.  Der 
Samenstrang  erstreckt  sich  vom  hinteren  und  unteren  Umfange  des  Hoden 
und*  des  Nebenhoden  bis  znm  abdominalen  Leistenringe,  wo  er  sich  in  seine 
beiden  Hanptbestandtheile,  den  Ductus  deferens  und  das  für  den  Hoden  und 
Nebenhoden  bestimmte  Gefäss-  und  Nervenbündel  trennt.  Der  Hoden  sack 
ist  eine  beuteiförmige  Tasche  der  äusseren  Haut  und  der  sehr  muskelreichen 
Tcla  subcutanea,    der  „Tunica  dartos",    in  v^^elcher  Tasche   intraperitonäal  als 


1)  Vgl.  Baum  garten,  S.,  Seit  elf  Jahren  bestehende  Luxatio  penis  aus  bisher 
in  der  Litteratur  nicht  beschriebener  Ursache.  Reposition  auf  blutigem  Wege.  Phallo- 
plastik.    Deutsche  med.  Wochenschrift.  1895.  Nr.  43. 

2)  Tillnianns,  Lehrl>uch  der  speciellen  Chirurgie.  3.  Aufl.  Bd.  II.  S.  325- 
Leipzig,  1894. 


Hoden  und  Nebenhoden.  37I 

„Eingeweide"  der  Hoden  und  Nebenhoden,  extraperitonäal  der  Samenstrang  mit 
den  zugehörigen  Hüllen  gelegen  sind. 

Hoden  und  Nebenhoden  (Oesamthoden). 

Jeder  Hoden  stellt  einen  abgeplattet  cllipsoidischen  Körper  von  etwa 
Wallnuss-Gn'isse  dar.  Seine  Farbe  ist  wegen  der  ihn  unikleidenden  starken 
fibrösen  Hant,  Albuginea  testis  (s.  Fig.  74),  bläulich  weiss.  Man  sieht  in- 
dessen durch  die  Albuginea  /ahlreiche  Venenstämme  hindurchschimmern,  welche 
einander  parallel  vom  vorderen  zum  hinteren  Hodenrandc  verlaufen. 

Man  unterscheidet  an  dem  Hoden  eine  laterale  und  eine  mediale 
Fläche  (Facies  lateralis  et  medialis),  einen  vorderen  und  einen  hinteren 
Rand  (Margo  anterior  et  posterior),  sow^ie  ein  oberes  und  ein  unteres 
Ende  (Extremitas  superior  et  inferior). 

Der  hintere  Rand  verläuft  ziemlich  gerade.  An  ihm  ist  in  einer  Avenig  ge- 
bogenen Kurve  der  Nebenhoden  befestigt,  und  es  treten  dort  die  Blutgefässe 
Und  Nerven  zum  Hoden  hin.  Hier  liegt  also  der  Hilus  testis  und  es  hat  der 
Hoden  hier  seine  Befestigung.  Eine  andere  Befestigung,  das  Ligamentum 
scrotale  testis  (Gubernaculum  testis  [Hunteri])  (s.  Fig.  73),  geht  vom  unteren 
Ende  des  Hoden  und  Nebenhoden  zum  Boden  des  Scrotum.  Dasselbe  besteht 
aus  Bindegewebe  und  glatten  Muskelfasern.  (S.  w.  u.  und  das  Kapitel  „Ent- 
wicklungsgeschichte" .) 

Die  mediale  Fläche  ist  mehr  abgeplattet,,  die  laterale  leicht  convex.  Beide 
Flächen,  sowie  der  vordere  Eand  sind  von  dem  visceralen  Blatte  der  serösen 
Tunica  propria  testis  bekleidet  (Fig.  74  u.  75)  und  infolgedessen  glatt;  daher 
ist  auch  der  Hoden  in  seinen  Hüllen  leicht  verschieblich  und  gleitet  unter  der 
untersuchenden  Hand. 

Die  laterale  Fläche  wird  von  der  medialen  durch  folgende  Besonderheiten 
unterschieden:  An  ihr  tritt  der  Nebenhoden  vor,  nebst  der  unter  dem  Kopfe 
dieses  Organes  gelegenen  gelappten  Hydatide,  Appendix  testis  (Mor- 
gagni i  —  fehlt  in  den  Figuren);  ferner  bildet  die  viscerale  Serosa  hier  eine 
von  dem  Hoden  auf  den  Nebenhoden  übergehende  Falte,  deren  beide  Enden 
als  Ligamentum  e  p  i  d  i  d  y  m  i  d  i  s  s  u  p  e  r  i  u  s  und  i  n  f  e  r  i  u  s  bezeichnet 
Werden,  und  unter  der  sich  ein  schmaler  Recessus,  der  Sinus  epididymidis 
befindet.  Die  mediale  Fläche  ist  bis  zum  Eintritte  der  beiden  grossen  Gefässbündel 
gänzlich  frei;  dagegen  wird  hier  der  Körper  des  Nebenhoden  durch  diese  Bündel 
fast  völlig  verdeckt;  nur  sein  Kopf  ragt  hervor,  und  man  sieht  zwischen  den 
Geßissen  den  Ductus  deferens  in  die  Cauda  epididymidis  sich  umbiegen. 
Das  obere  Ende  des  Hoden  ist  abgerundet  und  ist  durch  den  an  ihm  vorsprin- 
genden Kopf  des  Nebenhoden,  sowie  durch  die  genannte  Appendix  testis  leicht  kennt- 
'ich.  Das  untereEnde  ist  ein  wenig  mehr  zugespitzt;  über  ihm  liegt  die  eben  erwähnte 
Umbiegung  des  Ductus  deferens  und  es  geht  von  ihm  das  Ligamentum  serotale  ab. 
Zu  präciser  Unterscheidung  ist  es  nöthig,  ausser  den  Bezeichnungen 
jiHoden"  und  „Nebenhoden",  noch  eine  dritte  zu  verwenden,  welche  diese  beiden 
Theile  zusammen  umfasst;   wir  wählen  dafür  den  Namen  „Gesamthoden", 


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ft\sl!s,  bi-Htrlil.  ilir  -r-rii  <Li>  r«'^r|ms  }  li -hiü^  ii'i  hiii  Hill  lUrr'ii  /iip'si'lnlrfirii 
l-jiiiiii  k<Hj\.'r-irni.  H:i>  P:tri*iH'li\  m  luil  i-iiM'  lirllbr-iiitiH<"lH'  Vnrlmui:\  iiml  -lirfii 
iii|N|-vi|fs<(-ii   ili'iiliirli    \ini  ilvr   \\Un'yiiu':\   nw\   iU'iu    lirlhi!   Siruin:i    nl».      Ks    i>l 


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Hi,'  i;t>^laii.{lliiilr  i'iiM'<  lfHi|.iiI:i|'*|i<'!Hiis  snul  l'iiip%  \}ril-M'ii  -rnurinliiir. 
>H:irs:ij!i  miWnmnnilvr  nmi<imuir^nr'iidi'  K.-iiifik'lM.ii.  liu'ü  Mm  ihn'  Siiirk^ ^^nw^^ 
i;;irili.i.ijv>,  l'iiliiili  -i-.itji  1,1  i'cri.  Mm  itii!ri"<cli</idti  'T  ii  b  ti  I  i  ;^  r  in  i  ii  i  l'tM- i 
''^M^ilMriL    wdvhv.  du'hi   .'tiiiiii.iiHlii— vl^pii    iiiiii    iiiiliiiKiiiilfr    vcrsi^liiiiii.-riL 


I  III    X.'iN'll    l'!tl«'S'    7r!tiilll!II,L!;    ;ti|h    J  I 


N.'H'lila-- 


S%  Nebenhoden. 

die  Hauptmasse  jedes  Läppchens  ausmachen.  Sie  gehen  gegen  das  Mediastinum 
testis  in  kurze  enge  gerade  Kanälchen,  Tubuli  seminiferi  rccti,  über,  welche 
in  das  Bindegewebslager  desselben  eintreten  und  dort  ein  enges  Netzwerk, 
Kete  testis  (Halleri)  bilden.  Die  Kanäle  des  ßete  testis  sind  wandungslose 
Epithelröhren;  diese  fliessen  wieder  zu  10 — 15  Kanälchen  mit  eigener,  festerer 
Wand,  den  Ductuli  efferentes,  zusammen,  welche  in  den  Kopf  des  Neben- 
hoden eintreten  (s.  diesen). 

Die  Samenkanälchen  besitzen  eine  verhältnissmässig  starke  lamcllöse  Wand 
und  einen  zelligen  Inhalt,  welcher  sich  aus  den  verschiedenen  Entwicklungs- 
stufen der  Samenfäden  (Spermien),  sowie  diesen  letzteren  zusammensetzt; 
so  ist  es  wenigstens  beim  geschlechtsreifen  Manne.  Vor  dem  Pubertätsein- 
tritte zeigen  sich  keine  Spermien,  sondern  nur  deren  Bildungszellen  im  Zustande 
der  Ruhe. 

Zwischen  den  Samenkanälchen  befindet  sich  ein  reichliches  Bindegewebe, 
welches  als  Träger  der  Gefässe  und  Nerven  und  der  interstitiellen  H  o- 
d  e  n  z  c  1 1  e  n  dient. 

Die  interstitiellen  Hodenzellen  sind  grosse  Gebilde  von  epithelialem  Habitus, 
welche  den  Leberzellen  oder  auch  den  Zellen  des  Corpus  luteum  (s.  Kapitel  „Kku*- 
stock")  am  meisten  ähnlich  sehen.  Sie  sind  bei  manchen  Tiiieren,  wie  z.  ß.  beim 
Eber,  sehr  reichlich  vorhanden,  so  dass  ihre  Gesamtmasse  fast  der  der  samenbildenden 
Zellen  gleichkommt;  bei  anderen  Thieren  sind  sie  spärlich  vorhanden,  beim  Menschen 
in  einer  mittleren  Menge,  die  bei  den  einzelnen  Individuen  wechselt.  Wenn  sie  reich- 
lich vorhanden  sind,  erthcilen  sie  dem  Hodenparenchym  ein  dunkelbraunes  Aussehen. 

Nebenhoden  (Epididsrmis). 

Der  Nebenhoden  hat  die  Form  einer  leicht  s-förmig  gekrümmten 
Retorte,  deren  Kopftheil  kein  erheblich  grösseres  Volumen  zeigt  als  der 
Retortenhals.  Das  Organ  liegt  dem  hinteren  Rande  des  Hoden  auf,  mit  dem 
Kopftheile  am  oberen  Pole,  den  es  tiberragt,  mit  dem  Schwanztheile  am  unteren, 
wo  es  in  aufwärts  gerichteter  Krümmung  ohne  scharfe  Grenze  in  den  Ductus 
deferens  übergeht.  Die  ünterÜäche  des  Kopfes  ist  zum  grossen  Theile  und 
die  des  mittleren  Stückes,  Corpus  e  p  i  d  i  d  y  m  i  d  i  s,  gänzlich  mit  dem  Hoden 
verwachsen •,  das  umgekrümmte  untere  Ende,  Cauda  epididymidis,  wii'd 
frei  (Fig.  72,  73,  74).  lieber  die  Volumens-  und  Gewichtsverhältnisse  ist 
vorhin  schon  gesprochen  worden,  desgleichen  wurden  der  Sinus  und  die 
Ligamenta  epididymidis  erwähnt.  Der  Kopf  des  Nebenhoden  hat  un- 
gefähr dieselbe  Konsistenz  wie  der  Hoden ;  Corpus  und  Cauda  fühlen  sich  fester 
an.  Die  Farbe  des  Organes  ist  ähnlich  der  des  Hodens,  da  es  am  Kopfe  und, 
soweit  Corpus  und  Cauda  mit  dem  Hoden  verwachsen  sind,  mit  derselben  weissen 
fibrösen  Haut  (Albuginea)  überzogen  ist. 

Die  Albuginea  verliert  sich  am  üebergange  der  Cauda  in  den  Ductus 
deferens  allmählich  in  dessen  adventitielles  Bindegewebe  und  ist  überhaupt 
dünner  als  die  Albuginea  testis. 

Der  Kopf  des  Nebenhoden  besteht  aus  etwa  einem  Dutzend  muskulöser  Kanal- 
chen,  welche  sich  aus  dem  llete  testis  entwickeln.    Aus  diesem  Rete  treten  sie  anfangs 


Gefässe  des  Gesamthoden.  377 

als  schmale  gerade  Kanälchen  (Ductuli  efferentes  testis);  diese  knäueln  sich 
bald  auf  und  bilden  durch  die  aneinander  gelegten  Windungen  kleine,  kegelförmige 
Läppchen  (Lobuli  epididy midis).  Die  Spitzen  der  Kegel  werden  von  den  Du- 
ctuli efterentes  gebildet,  die  Basen  derselben  wenden  sich  zur  freien  Oberfläche  des 
Nebenhodenkopfes.  Das  oberste  Läppchen  ist  gewöhnlich  das  grösste,  und  der  das- 
selbe bildende  Ductulus  geht  an  der  Basis  des  Läppchens  unter  einfacher  Umkrüm- 
niung  in  ein  langes  gewundenes  Rohr  über,  welches  den  Anfang  des  Ductus  deferens 
ausmacht,  indem  es  in  denselben  sich  kontinuirlich  fortsetzt.  Soweit  das  Rohr  dem  Neben- 
hoden angehört,  ist  es  stark  gewunden;  es  nimmt,  wälirend  es  distal  weiterläuft,  als 
Ductus  epididymidis  die  Gänge  der  übrigen  Nebenhodenläppchen  einzeln  auf^ 
wobei  sich  sein  Kaliber  und  seine  muskulöse  Wand  verstärken.  Körper  und  Schwanz 
des  Nebenhoden  werden  ausschliesslich  von  dem  gewundenen  Ductus  epididymidis 
gebildet.  Den  Ductus  deferens  lassen  wir  da  beginnen,  wo  die  Windungen  des 
Ganges  aufhören;  daselbst  verstärkt  sich  auch  noch  ansehnlich  seine  Wandung. 

Was  den  feineren  Bau  des  Nebenhoden  anlangt,  so  sind  seine  Kanälchen  bis 
fast  zum  Ductus  deferens  mit  einem  hochzelligen,  langwimperigen  Flimmerepithel 
ausgestattet,  dessen  Cilien  in  der  Richtung  zum  Ductus  deferens  hin  schlagen,  also 
wohl  der  Fortbewegung  des  Sperma  dienen.  Bei  geschlechtsreifen  Personen  findet 
nian,  falls  nicht  kurz  vorher  eine  Samenentleerung  stattgefunden  hatte,  die  Neben- 
hodenkanälchen  voller  Spermien;  soweit  es  die  Untersuchungen  bei  Thieren  ergeben, 
zeigen  sie  lebhaftere  Bewegungen,  als  die  aus  den  Hodenkanälchen  selbst  entnommenen. 

V.  Mihalkovics,  l.  c.  [S.  379]  sprach  die  Vermuthung  aus,  gestützt  auf  das 
von  ihm  nachgewiesene  eigenthümliche  Verhalten  der  Kapiilargefässe,  dass  der  Neben- 
hoden auch  sekretorische  Funktionen  habe.  Dies  wird  durch  neuere  Untersu- 
chungen Hammar's^)  unterstützt. 

Oefässe  des  Gesamthoden. 

Die  Arterien  sind  die  A  r  t  e  r  i  a  t  e  s  t  i  c  u  1  a  r  i  s  (spermatica  interna), 
und  die  Arteria  defer entialis,  beides  lange  und  dünne  Gefässe. 

Die  A  r  t  e  r  i  a  t  e  s  t  i  c  u  1  a  r  i  s  entspringt  gewöhnlich  von  der  Aorta  abdomi- 
nalis dicht  unterhalb  der  Nierenarterien;  zu  ihr  tritt,  nach  kurzem  Laufe,  unter  spitzem 
Winkel  die  Ve  n  a  t  e  s  t  i  c  u  1  a  r  i  s.  Beide  Gefässe,  bezw.  das  von  der  Vene  alsbald 
gebildete  die  Arterie  umspinnende  Getlecht,  treten  durch  den  Leistenkanal,  von  wo 
sie,  als  Bestandtheile  des  Samenstranges,  zum  hinteren  Umfange  des  Hoden  weiter- 
ziehen. Hier  durchbohrt  die  Arterie  mit  3— 4  Hauptzweigen  das  Rete  testis,  um  (inner- 
halb des  Hoden)  in  oberflächliche  Aeste,  welche  unter  der  Albuginea  in  der 
Tunica  vasculosa  (erythroides)  liegen,  und  in  tiefe,  welche  den  Septula  folgen,  zu  zer- 
fallen; ihre  Kapillaren  umgeben  die  Samenkanälchen  mit  einem  dichten  Netze.  Ein 
Nebenzweig  geht  zur  Epididymis,  wo  er  mit  der  Arteria  deferentialis 
(s.S.  352)  anastomosirt;  letztere  versorgt  hauptsächlich  Cauda  und  Corpus  des  Neben- 
hoden. Diese  Anastomose  ist  wichtig;  sie  zeigt,  dass  die  A.  testicularis  für  den  Hoden 
keine  Endarterie  ist  und  dass  sie  ohne  dauernde  Funktionsstörung  für  das  Organ 
Unterbunden  werden  kann  2). 

Die  Wanderung  der  Hoden,  s.  das  Kapitel  „Entwicklungsgeschichte",  macht  den 
fangen  Lauf  der  Hodengefässe  verständlich. 

1)  Hammar,  J.  A.,  Ueber  Sekretionserscheinungen  im  Nebenhoden  des  Hundes. 
Arch.  f.  Anat.  u.  Physiol.  Anat.  Abth.  Supplementband.  1897. 

2)  Griffiths,  J.,  The  effects  upon  the  testes  ofligature  of  the  spermatic  artery, 
spermatic  veins,  and  of  boths  artery  and  veins.  The  Journ.  of  anatomy  and  physiol. 
cond.  by  Humphry,  Turner  and  Mc  Kendrick.  Vol.  XXX,  p.  81.  1895.  (Mit  Literatur.) 
Miflet,  v.  Langenbeck's  Archiv  für  klin.  Chirurgie  Bd.  24,  war  für  den  endarteriellen 
Charakter  der  Art.  testicularis  eingetreten. 


378  Gefässe  des  Gesamthoden. 

Die  Venen  des  Hoden  haben  im  Parencbym  desselben  oberflächliche 
und  tiefe  Wurzelzweige,  welche  aus  dem  Mediastinum  testis  austreten.  Zu 
ihnen  gesellen  sich  die  Venen  vom  Kopfe  des  Nebenhoden;  zusammen  entstehen 
so  5 — ü  ansehnliche  Venenstäuime,  welche  vor  dem  Ductus  del'erens  im  Samen- 
strange aufsteigen  (vordere  Venengruppe);  mit  dieser  Gruppe  verläuft 
die  Arteria  testicularis.  Eine  zweite  kleinere,  aus  dem  Körper  und  Schwänze 
des. Nebenhoden  stammende  Venengruppe  (2 — 3  Stämme)  liegt  näher  am  Ductus 
deferens,  zumeist  hinter  ihm  (hintere  Gruppe,  Deferensgruppe);  mit 
ihr  zieht  die  Arteria  deferentialis. 

Beide  Venengruppen  sind  insbesondere  in  sich,  aber  auch  untereinander  anasto- 
motisch  verbunden:  Plexus  pampinilormis,  Ranke nplexus;  hauptsächlich  wird 
dieser  wichtige  Plexus  von  den  Venen  der  vorderen  Gruppe  gebildet  und  erreicht 
seine  beste  Entwicklung  im  Sanienstrange.  Weitere  Verbindungen  bestehen  mit 
den  aus  der  Wand  des  Ductus  del'erens  sich  ablösenden  Venen,  sowie  mit  denen, 
weiche  aus  dem  Bindegewebe  des  Samenstranges  und  von  den  Hüllen  des  Scrotum 
kommen  (Vv.  spermaticae  externae),  endlich  mit  den  subkutanen  Venen  des  Penis, 
der  Bauchhaut  und  der  Leistengegend,  womit  Beziehungen  zur  V.  saphena  magna 
und  zur  V.  femoraUs  gegeben  sind.  Wie  Perier^)  zeigte,  ergiessen  sich  die  Venen 
der  hinteren  (kleineren)  Gruppe,  meist  zu  einem  Stamme  vereinigt,  in  die  Vena 
epigastrica  inferior.  Zwischen  den  Venen  der  linken  und  rechten  Seite  be- 
steht eine  vor  der  Symphyse  quer  verlautende  Anastomose  (Anastomosis  praepubica, 
Perrone'2)  und  Perier).  Die  Venen  der  vorderen  (grösseren)  Gruppe  begleiten 
die  Art.  testicularis  zu  mehreren  anastomotisch  verbunden  bis  in  die  Nähe  der  Articu- 
latio  sacroiliaca,  wo  sie  zunächst  zu  zwei,  dann  bald  zu  einer  Vene,  der  Ve  n  a 
testicularis  (spermatica  interna)  zusammenHiessen ;  diese  mündet  rechts 
gewöhnlich  unter  spitzem  Winkel  in  die  Vena  cava  inlerior  (unterhalb  der  Nieren- 
vene), links,  unter  rechtem  Winkel,  in  die  V.  renalis.  In  Bezug  auf  die  Mündungs- 
verhältnisse  bestehen  zahlreiche  Varietäten. 

Es  sei  noch  bemerkt,  dass  die  Arteria  testicularis  in  der  Bauchhöhle 
Zweige  zum  Harnleiter  (s.  S.  330),  zur  Fettkapsel  der  Niere,  mitunter  selbst  zur  Niere, 
zum  Bauchfelle  und  zu  den  Lymphoglandulae  lumbales  abzugeben  ptiegt,  lerner  im 
Samenstrange  Zweigelchen  zum  M.  cremaster  und  den  übrigen  Hüllen;  diese  anasto- 
mosiren  mit  den  Zweigen  der  Arteria  spermatica  externa  (s.  Scrotum);  auch  besteht 
eine  Anastomose  mit  der  Arteria  epigastrica  inferior.  Zu  den  Hodenvenen  ziehen 
gleicherweise  kleine  Zuflüsse  aus  denselben  Quellen. 

Der  Klappenapparat  der  Vv.  testiculares  und  des  Plexus  pampiniformiö 
zeigt  nur  eine  schwache  Entwicklung. 

Zahlreich  und  ähnlich  den  Venen  sich  verhaltend  sind  auch  dieLympl*' 
gefässe  des  Hoden  und  des  Nebenhoden,  Vasa  lymphatica  testis  et 
epididy midis.  Sie  begleiten  innerhalb  des  Hoden  entweder  die  Septula 
(Vasa  lymphatica  profunda),  oder  verlaufen  in  der  Tunica  vaseulosa  dicht  unter- 
halb der  Albuginea  (Vasa  lymphatica  superticialia).  Zu  ihnen  gesellen  sich  die 
Lymphgefässe  aus  dem  Körper  und  dem  öchwanze  des  Nebenhoden.  Die  am 
hinteren  Rande  des  Hoden  austretenden  grösseren  Stämme,  6—8  an  der  Zahl, 


1)  Parier,  Gh.,  Considerations  sur  Tanatomie  et  la  physiologie  des  Veines  spei'' 
matiques.    These  de  Paris  1864,    S.  223  ist  irrthümlich  „Perier"  statt  „Perier"  gedruckt.) 

2)  Perrone,   P.,   Trattato   elementare    di    anatomia  speciale.    Napoli,   1857.  I^* 
p.  1G7.    (Citirt  nach  Romiti,  Trattato  di  anatomia  deü'  uomo.   T.  I.  p.  983.) 


Gefässe  des" Gesamthoden*  3t9 

sind,  in  Anbetracht  der  Grösse  des  Hoden  und  des  Nebenhoden,  sehr  ansehn- 
liche Gefässe^);  sie  verlaufen  im  8amenstrange  mit  den  beiden  Vencnbündeln, 
und  zwar  zumeist  an  der  Peripherie  der  letzteren.  In  der  Bauchhöhle  ver- 
bleiben sie  sämtlich  bei  der  Hauptgruppe  der  Vv.  testiculares  und  münden  in 
die  Lymphoglandulae  lumbales^).    Anastomosen  zwischen  ihnen  sind  selten. 

Die  Wurzeln  der  L  y  m  p  h  g  e  f  ä  s  s  e  im  Hoden  liegen  in  der  Wand  der 
Samenkanälchen  und  in  dem  weichen  interstitiellen  Bindegewebe.  Hier  finden  sieh 
nach  den  Angaben  v.  R  e  c  k  1  i  n  g  h  a  u  s  e  n's^),  denen  ich  mich  anschliesse,  einmal 
Saftlücken  gewöhnlichen  Kalibers,  welche  einzelne  Bindegewebszellen  beherbergen 
und  zugleich  als  erste  Sammelstätten  tür  die  Lymphe  dienen  — -  ich  finde  solche  in 
der  Albuginea,  in  den  Septulis  und  im  Mediastinum  testis  —  ,  ferner  grössere  Saftlücken, 
wie  sie  auch  in  der  Hornhaut  und  im  Centrum  tendineum  vorkommen,  und  die 
mehrere  platte  Bindegew^ebszellen  enthalten,  endlich  grössere  spaltiörmige  Räume^ 
welche,  von  platten  (Endothel-)Zellen  ausgekleidet,  vollständige  oder  (meist)  unvoll- 
ständige Scheiden  um  die  Samenkanälchen  bilden. 

Ludwig  und  Tomsa  haben  von  den  Lymphgefässen  aus  verschieden  grosse 
und  unregelmässige  Spalten  im  Hoden  injicirt,  ßindegewebslakunen  oder  Lymph- 
spalten, wie  sie  dieselben  synonym  benennen,  und  sehen  diese  als  die  Wurzeln 
der  Lymphgefässe  an.  v.  Reckling'hausen  erkennt  diese  Räume  als  Lymphräume 
und  Lymphwurzeln  nur  dann  an,  wenn  sie  einen  vollständigen  Endothelbelag  auf- 
weisen, wie  ein  solcher  von  His  und  von  Tommasi,  dessen  Arbeit  unter  v.  Reck- 
linghausen's  Leitung  entstanden  ist  4),  in  manchen  derselben  nachgewiesen  wurde. 
Es  bleibt  nur  zweifelhaft,  ob  alle  die  von  Ludwig  und  Tomsa^)  injicirten  Räume 
in  der  That  echte  Lymph wurzeln  waren,  denn  in  dem  weichen  Hodenbindegewebe 
sind  die  Injektionsresultate  mit  grosser  Vorsicht  zu  beurtheilen. 

Auch  röhrenförmige  Lymphkapillaren  mit  isolirtem  Verlaufe  sind  in  den  Septula 
und  in  der  Albuginea  von  Tommasi  nachgewiesen  worden;  v.  Mihalkovics**)  stellt 
indessen  solche  in  Abrede. 

Was  den  Ursprung  von  Lymphwurzeln  in  der  Wand  der  Samenkanälchen  an- 
langt, so  zeigte  v.  Mihalkovics,  dessen  Präparate  ich  selbst  eingesehen  habe,  dass 


1)  Hat  man  Gelegenheit  die  frische  Leiche  eines  gesunden  kräftigen  Mannes  zu 
untersuchen,  so  sind  die  Lymphgefässe  im  Samenstrange  leicht  ohne  jede  Präparatiou 
zu  erkennen;  man  kann  sie  nach  Abbindung  des  Samenstranges  durch  leichten  Druck 
auf  den  Hoden  noch  zu  stärkerer  Füllung  bringen.  Um  ein  grösseres  Quantum  reiner 
Lymphe  zu  gewinnen,  genügt  dasselbe  Verfahren  beim  Hoden  und  Samenstrange 
eines  Stieres;    hier  sind  die  gefüllten  Lymphgefässe  fast  so  stark  wie  die  Venen. 

2)  Da  die  BNA.  einen  Unterschied  zwischen  lateralen  und  medialen  lumbalen 
Lymphdrüsen  (s.  Henle,  Gefässlehre,  2.  Aufl.  S.  465)  nicht  machen,  so  sei  hier  noch 
bemerkt,  dass  die  Lymphoglandulae  lumbales  laterales  gemeint  sind.  Die  medialen 
werden  auch  als  Lymphoglandulae  praeaorticae  bezeichnet. 

3)  Recklinghausen,  F.  v.,  »Das  Lymphgefässsystem"  in  Stricker's  Hand- 
buch der  Lehre  von  den  Geweben.  Leipzig,  1871.  S.  214  und  brietiiche  Mittheilung, 
Januar  1898. 

4)  Tommasi,  Ueber  den  Ursprung  der  Lymphgefässe  im  Hoden.  Virchow's 
Archiv.  28.  Bd.,  S.  370.  1863. 

5)  Ludwig  und  Tomsa,  Die  Lymph wege  des  Hodens  und  ihr  Verhältniss  zu 
den  Blut-  und  Samengefässen.  Wiener  akad,  Sitzungsber.  46.  Bd.  1862.  (Math.-naturw. 
Abth.)  —  His,  W.,  Ueber  das  Epithel  der  Lymphgefässwurzeln  und  über  die  v.  Reck- 
Hnghausen'schen  Saftkanälchen.    Zeitschr.  f.  wiss.  Zool.  13.  Bd.  S.  469.  1863. 

6)  Mihalkovics,  V.  v.,  Beiträge  zur  Anatomie  und  Histologie  des  Hodens. 
Sitzungsber.  der  Könia-l.  Sachs.  Gesellsch.  der  Wissenschaften.  Bd.  25.  1873. 


380  Nerven  des  öesamthodens.    Hodenanhäng-e. 

die  kapillaren  Spalten,  welche  zwischen  den  bindegewebigen  Lamellen,  aus  denen  die 
Wand  der  Samenkanälchcn  zusammengesetzt  ist,  sieh  befinden,  von  den  Hodenlymph- 
gefässen  aus  injicirbar  sind.  Diese  als  concentrische  Rohren  die  Samenkanälchen 
umgebenden  Spalten  sind  auch  mit  Endothel  bekleidet.  Bei  der  festen  Beschaffenheit 
dieser  Wandungen  sind  Kunstprodukte,  welclie  durch  die  Injektion  geschaffen  wären, 
wohl  auszusch Hessen. 

Nerven  des  Gesamthoden. 

Zum  Hoden  und  Nebenhoden  treten  die  Nerven  mit  den  Blntgefässcii, 
und  zwar  als  sympathische  Nervenplexus,  welche  /Aigleich  die  Gefässe  versorgen 
und  umflechten.  Der  Plexus  s  y  m  p  a  t  li  i  c  u  s  s  p  c  r  m  a  t  i  c  u  s  begleitet  die 
Arteria  testicularis  und  geht  zum  Hoden  und  Nebenhodenkopfe;  der  Plexus 
deferentialis  verläuft  mit  der  Arteria  deferentialis  ausschliesslich  zum 
Nebenhoden. 

Beide  Plexus  führen  vorzugsweise  marklosc  Fasern,  jedoch  auch  einige 
markhaltige,  von  denen  die  Sensibilität  der  in  Rede  stehenden  Organe  bedingt 
sein  dürfte. 

Ueber  die  Endigungsweise  der  Nerven  sind  die  Angaben  noch  widerspruchsvoll. 
Letzerich's^)  meist  bezweifelte  Mittheiiung,  dass  die  Nerven  in  das  Innere  der  Samen- 
kanälchen einträten,  ist  neuerdings  vonFalcone^)  und  Sclavunos^)  bestätigt  und 
erweitert  worden;  dagegen  konnten  sich  G.  Hetz  ins*)  und  Tiniofeew*'')  liiervon 
nicht  überzeugen;  sie  fanden  die  Nerven  nur  an  den  Blutgefäss-  und  an  den  Kanälchen- 
wänden. 

Hodenanhänge  (Appendioes  testis). 
Mit    dem   Sammelnamen :    Hodenanhänge,    Appendices    testiS; 
bezeichnen  wir  eine  Anzahl    von    kleinen  Gebilden,    welche  Ueberreste   fötaler 
Zustände  darstellen,    die   nicht   zum    völligen  Schwinden  gekonmien  sind.     Es 
gehören  hierher: 

1)  Der  Hodenanhang  (Hodenhydatide)  Appendix  testis  (Mor- 
gagni i). 

2)  Der  Nebenhodenanhang,  Appendix  epididymidis. 

3)  Die  Anhänge  des  Rete  testis. 

4)  Die  Paradidymis. 

5)  Die  Ductuli  aberrantes. 

6)  Die  serösen  Hodenbläschen. 

Wenn,  wie  schon  die  Namen  sagen,  nicht  alle  diese  Theile  Anhänge  dei' 
Hoden  selbst  sind,  so  hängen  sie  doch  mit  seiner  Bildung  und  mit  dem  zum  Hoden 
gehörigen  Nebenhoden  zusammen,  und  so  mag  die  Sammelbezeichnung  „Appen- 
dices testis"  gerechtfertigt  erscheinen.     Diese   kleinen  Dinge  haben   einen   ge- 

1)  Letzerich,  Ueber  die  Endigungsweise  der  Nerven  in  den  Hoden  der  Säuge- 
thiere  und  des  Menschen.    Virchow's  Arch.  f.  pathoL  Anatomie.   Bd.  42.    S.  570.    1868. 

2)  Falcone,  Suile  terminazione  nervöse  nel  testicolo.    Monitore  zool.  ital.  1894. 

3)  Sclavunos,  1.  c.  [S.  346]. 

4)  Ketzius,  G.,  Biologische  Untersuchungen,  N.  Folge.  Bd.  V.  1893.  S.  34. 

5)  Timofeew,  1.  c.  [S.  346]. 


Hodenanhäiige.  381 

wissen  Werth,  einmal  weil  sie  Licht  auf  die  Entwicklun^svorgänge  werfen, 
dann  auch,  weil  sie  gelegentlieh  sich  zu  Cysten  umgestalten  können ;  ein  Theil 
der  sogenannten  kSamencysten  darf  wenigstens  auf  sie  zurückgeführt  werden. 

Der  Hodenanhang  sitzt  breit  auf  dem  oberen  Hodenende,  dicht  unter 
dem  Nebenhodenkopfe;  er  wird  auch  als  un  gestielter  Anhang  oder,  nach  der 
alten  Bezeichnung,  als  lappige  oder  sessile  Hydatide  aufgeführt.  Er  ist  0,5— 1,0 em 
lang  und  0,2—0,3  em  breit.  Sein  freies  Ende  ist  lappig  und  oft  deutlich  trichterförmig 
vertieft,  so  dass  es  ganz  einem  Infundibulum  tubae  uterinae  im  kleinen  gleicht. 
Nicht  selten  erstreckt  sich  von  der  Trichterhöhle  ein  kleines  Kanälchen  zum  Hoden 
hin.  Trichter  und  Kanälchen  sind  häufig  mit  Flimmerzellen  besetzt i).  Roth  sah 
mitunter  einen  Ductulus  abcrrans  von  den  Nebenhodenkanälchen,  oder  von  den  Ductus 
efferentes  testis  oder  dem  Rete  testis  abgehen  und  offen  in  dies  Kanälchen  oder 
in  den  Trichter  münden.  —  Di^er  Hoden anhang  muss  als  Ueberrest  des  kranialen 
Endes  des  MüUer'schen  Ganges  und  somit  als  Homologen  des  Infundibulum  tubac 
uterinae  angesprochen  werden  (Kobelt)^). 

Der  Nebenhodenanhang  hängt  in  der  Form  eines  kleinen  gestielten  birn- 
förmigen  Bläschens  am  freien  Ende  des  Nebenhodenkopfes  oberhalb  des  Hoden- 
anhanges; für  Ihn  passt  der  Name  „gestielte  Hydatide".  Es  können  mehrere  solche 
Anhänge  vorkommen.  Wahrscheinlich  entstehen  sie  aus  Anlagen  von  Ductuli  effe- 
rentes. 

Die  Anhänge  des  Rete  testis  sind  von  Roth^)  und  Poirier*)  beschrieben 
worden.  Es  sind  blind  endigende,  mit  Flimmerepithel  bekleidete  Kanälchen,  welche 
vom  Rete  testis  ausgehen,  theils  im  Kopfe  des  Nebenhoden  liegen,  theils  als  kleine 
gestielte  Cysten  nach  aussen  vortreten.  Sie  wurzeln  am  unteren  Ende  des  Nebenhoden- 
kopfes, also  an  der  Verbindungsstelle  desselben  mit  dem  Hoden,  und  liegen  im  vorderen 
unteren  Theile  des  Samenstranges,  an  der  medialen  Seite  des  Nebenhoden,  dicht  auf 
dem  Hodenrücken;  sie  haben  eine  den  beiden  eben  aufgeführten  Bildungen  entgegen- 
gesetzte Richtung.  Nach  Roth  entständen  sie  aus  Sexualkanälchen  des  Wolff'schen 
Körpers,  welche  zwar  den  Anschluss  an  den  Hoden  gewonnen,  sich  aber  später  vom 
Wolff^schen  Gange  abgelöst  hätten,  und  dadurch  ihr  blindes  Ende  erhielten. 

DieParadidymis&)(Girald6s'0rgan,  Beihoden,  Rauber)  stellt  eine  Gruppe  weiss- 
licher  flockiger  Körper  dar,  welche  im  ganzen  von  länglicher  Form  ist  und  im  untersten 
Ende  des  Samenstranges,  dicht  am  Nebenhodenkopfe  liegt,  und  zwar  stets  vor  dem  Ge- 
fässbündel.  Nach  Toi dt's  Untersuchungen«)  sind  hier  zwei  verschiedene  Dinge  ausein- 
ander zu  halten.  Der  eine  (obere)  Abschnitt  der  Faradidymis  ist  ein  Ueberrest  des 
Urnierentheiles  des  WolfTschen  Körpers;  er  findet  sich  nur  im  frühen  Kindesalter, 
immer  oberhalb  des  Nebenhodenkopfes,  und  besteht  aus  einem  oder  mehreren  ge- 
wundenen, beiderseitig  blind  endenden  Kanälchen,  welche  mit  Cylinderepithel  be- 
kleidet sind;  sie  können  sich  auch  zu  kleinen  Bläschen  abschnüren;  sie  enthalten  nie- 
mals Samenfäden.  Diese  Bildungen  scheinen  später  stets  zu  schwinden;  sie  allein 
entsprechen  dem  ebenfalls  zeitig  schwindenden  Paroophoron  des  Weibes.  (S.  Anhänge 


1)  Griffiths,  1.  c.  i.,  Journ.  of  anat.  Bd.  XXVTIf,  spricht  nur  von  Cylinderepithel. 

2)  Kobelt,  G.  L.,  Der  Nebeneierstock  des  Weibes,  etc.    Heidelberg,  1847. 

3)  Roth,  M.,  Ueber  Vasa  aberrantia  am  Rete  testis.  Zeitschr.  f.  Anat.  u.  Entw.- 
Gesch.,  herausg.  von  His  und  Braune.  Bd.  H.  S.  125.  1872. 

4)  Poirier,  P.,  Anatomie  de  Tepididyme,  le  vas  du  rete,  kystes  spermatiques. 
Verhandlungen  des  X.  internationalen  mediz.  Kongresses  in  Berlin  1890.  Berlin,  1891. 
A.  Hirschwald.    Bd.  IL  S.  58. 

5)  Wal  de  y  er,  Eierstock  und  Ei.    Leipzig,  1870.    S.  142. 

6)  Toi  dt,  C,  Verhandlungen  der  Anatomischen  Gesellschaft  vom  Jahre  1892. 
(Versammlung  in  Wien,)   S.  241.    Jena,  G.  Fischer,  1892. 


382  SameDstran^.    Hodcnsack.    Hüllen  des  Hoden  und  Nebenhoden. 

des  Eierstockes.)  Der  zweite  Abschnitt  bleibt  auch  in  späteren  Jahren  erhalten;  er 
liefet  hinter  dem  Nebenhodenkopfe,  ebenfalls  an  der  vorderen  Fhäche  des  Venen- 
plexus.  Er  besteht  aus  einem  einzijren  gewundenen,  Öfter  mit  Erweiterungen  ver- 
sehenen Kanälchen;  dasselbe  führt  FlimmerepitheP),  ist  zuweilen  an  beiden  Enden 
geschlossen,  oder  hängt  mit  dem  Ductus  epididymidis  oder  mit  dem  Rete  testis,  oder 
mit  beiden  zusammen.  Es  stellt  nach  allem  dem  einen  sekundär  abgelösten  Ductulus 
efferens  dar  und  gehört  daher  in  dieselbe  Kategorie,  wie  der  Appendix  epididy- 
midis, und  die  sonstigen  am  Hoden  liegenden  Anhänge  des  Rete  testis. 

Als  Ductuli  a  b  e  r  r  a  n  t  e  s  bezeichnet  man  grössere  gewundene  gangförmige 
Anhänge,  welche,  blind  endigend,  im  Nebenhoden  verlaufen.  Der  eine  derselben, 
Ductulus  aberrans  superior,  geht  ebenfalls  vom  Rete  testis  aus,  läuft  aber, 
im  Kopfe  des  Nebenhoden  eingeschlossen,  nach  abwärts.  Der  andere,  grössere, 
Ductulus  aberrans  inferior,  entspringt  vom  Ductus  epididymidis  weiter 
unten  im  Schwänze  des  Nebenhoden,  und  steigt,  aufgeknäuelt  und  blind  endend,  im 
Körper  des  Nebenhoden  aufwärts;  auch  in  ihm  haben  wir  ein  übrig  gebliebenes 
Kanälchen  des  Wolffschen  Körpers  zu  erblicken. 

Die  serösen  Hodenbläschen  sind  kleine  Cysten,  welche  sich  häufig  unter 
der  Serosa  testis  an  der  lateralen  Hodenfläche,  und  zwar  zumeist,  worauf  Po iri er 
(1.  c.)  hinweist,  in  der  Nähe  des  Kopfes  und  der  Cauda  des  Nebenhoden  finden.  Sie 
sollen  nach  Po  iri  er  seröse  Cysten  darstellen,  welche  durch  die  Ausbildung  der 
Ligamenta  epididymidis  superius  et  inferius  zu  erklären  seien,  indem  anfangs  Kopf 
und  Schwanz  des  Nebenhoden  ganz  frei  liegen,  später  aber  durch  seröse  Verwachsung 
unter  Bildung  der  Ligamenta  epididymidis  an  den  Hoden  herangezogen  werden.  Sie 
sind  mit  Platten  epithel  ausgekleidet. 

Anhangsweise  erwähnt  seien  noch  die  von  Dagonet^)  beschriebenen  Anhänge 
von  Nebennierensubstanz,  welche  sich  zwischen  Hoden  und  Kopf  des  Nebenhoden 
vorfanden  3). 


Samenstrang  (Puniculus  spermaticus).    Hodensack  (Scrotum). 

Hüllen  des  Hoden  und  des  Nebenhoden  (Involucra 

testis  et  epididymidis). 

Der  Sanienstrang  ist  ein  rundlicher,  glattwandiger  Strang  von  der 
Stärke  eines  kleinen  Fingers  und  der  Länge  etwa  einer  Hand;  er  reicht  vom 
Annnlus  inguinalis  subperitonaealis  (abdominalis  BNA.)  bis  zum  hinteren  Rande 
des  Hoden.  Seine  Farbe  ist  grauröthlich  mit  durchschimmerndem  Venenblau, 
seine  Konsistenz  im  ganzen  weich;    nur  das   in   ihm    enthaltene  Hauptgebilde, 

1)  V^l.  auch  Roth,  M.,  üeber  Flimmerepithel  im  Girald^s'schen  Organ.  Zeitschr. 
für  Anat.  u.  Entw.-Geschichte,   heraus*;',  von  His  und  Braune.   Bd.  IL    S.  217.    1872. 

2)  Dagonet,  J.,  Beiträge  zur  pathologischen  Anat.  d.  Nebennieren  d.  Menschen. 
Zeitschr.  f.  Heilk.  1885.  Bd.  VI.  S.  1.  (Fortsetzung-  der  Prager  Vierteljahrsschr.) 

3)  Ueber  die  Appendices  testis  vgl.  insbesondere  noch:  Roth,  M.,  Ueber  das 
Vas  aberrans  der  Morgagni'schen  Hydatide,  Virchow's  Arch.  Bd.  81.  S.  47.  1880.  —  lieber 
einige  Urnierenreste  beim  Menschen.  Festschrift  zur  SOOjähr.  Jubelfeier  der  Universität 
Würzburg.  Basel,  1882.  ~~  Toldt,  C,  Die  Anhangsgebilde  des  menschlichen  Hodens 
und  Nebenhodens.  I.  Wiener  akad,  Sitzungsberichte.  Abth.  3.  1891.  —  Griffiths,  Jo 
Observations  on  the  Appendix  of  the  Testicle  and  on  the  Cysts  of  the  P:pididymis,  the 
Vasa  efterentia,  and  the  rete  testis.  Journ.  of  Anatomy  and  physioL,  cond.  by  Hum- 
phry,  Turner  and  M^  Kendrick.    Vol.  XXVIII.  p.  107.  1894. 


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384  Samenstrang.    Hodensack.    Hüllen  des  Hoden  und  Nebenhoden. 

der  Ductus  deferens,  fühlt  sich  knorpelhart  an  und  kann  deshalb,  wie  bemerkt, 
von  seinen  übrigen  Bestandtheilen  leicht,  selbst  durch  die  Haut  hindurch,  unter- 
schieden werden. 

Der  Sanicnstran^  umfasst  den  Ausftthrungsgang  des  Hoden  und  des  Neben- 
hoden,   d,  i.  den  Ductus    deferens,    sowie    die    sämtlichen    zu    den    genannten 
Thcilen  ziehenden,  bezw.  von  ihnen  kommenden  Gefässe  und  Nerven,  alles  dieses 
umschlossen  von  mehreren  Häuten,    die    auch    zu    den  Hüllen    des  Hoden    und 
Nebenhoden  gehören  und  noch   besondere  Gefässe  und  Nerven  beziehen. 
Einzeln  aufgeführt  sind  folgende  Theile  zum  Samenstrange  vereinigt: 
1.  Als  Inhalt:  1)  Der  Ductus  deferens,  2)  die  Arteria  deferen- 
tialis,    3)  die  Vv.   def  eren  t  i  ales,    4)  der  Plexus  nervosus 
deferentialis,    5)  die  Arteria  t esticularis,    6)  die  Venen 
des    Plexus   pamp iniform is,    7)    die    Nerven  des   Plexus 
spermaticus,    8)    die  Lymph  gefässe,    9)   das  Rudiment  um 
Processus  vaginalis,   10)  die  Paradidymidis  und  gelegent- 
licheDuctuli  aberrantes,    11)  Glatte  Muskelfaserbündel 
(Musculus  cremaster  internus). 
II.  Als  Hüllen,    von   aussen   nach    innen   gezählt:    1)  Die  Fascia  cre- 
maste rica,    2)  der  Musculus   cremaster   externus,    3)  die 
Tunica  vaginalis  communis,  4)  der  Musculus  cre m a s t e r 
medius. 
III.  Als  Hüllengefässe:  1)  Die  Arteria  spermatica  externa,   2)  die 
Vv.  spermaticae  externae,    3)  Lymphgefässe,  4)  der  Nervus 
s  p  e  r  m  a  t  i  c  u  s  e  x  t  e  r  n  u  s,    5)  oben  meist  noch  der  vordere  Endast 
des  Nervus  ilioinguin  alis,   6)  häufig  ein  Zweig  des  Nervus 
1  u  m  b  0  i  n  g  u  i  n  a  1  i  s.  —  Sonach  gehört  der  Samenstrang  zu  den  kom- 
plicirtesten  Gebilden  des  Körpers. 
Man  kann  am  besten  den  proximalen  Beginn   des  Stranges   an  den  sub- 
p  c  r  i  1 0  n  ä  a  1  e  n  Leistenring  verlegen,  dahin,  wo  der  vom  kleinen  Becken  auf- 
steigende Ductus  deferens  samt  den  Vasa  et  Nervi  deferentialis 
zu   den    vor    dem    Psoas    hinablaufenden    Vasa   et    Nervi    testicularia 
tritt;  an  dieser  Stelle  besteht  aber  der  Strang  nur  erst  aus  den  genannten  Theilen 
nebst    einer    geringen  Menge    lockeren    subperitonäalen  Bindegewebes.     Indem 
diese  Gebilde  sich  in   den  Leistenkanal    versenken,    gewinnen  sie  beim  Durch- 
laufen desselben  nach  und  nach  ihre  Hüllen,  und  es  treten  die  übrigen  Theile 
hinzu,  so  dass  der  Samenstrang  erst  vollständig  gebildet  ist  da,  wo  er  aus  dem 
subkutanen  Leistenringe   hervor   in  das  subkutane  Bindegewebe  der  Regio 
pubis  tritt. 

Dicht  am  subperitonäalen  Leistenringe  erhält  der  Strang  seine  innerste  und 
am  meisten  charakteristische  Hülle,  die  gemeinsame  Scheidenhaut, 
T  u  n  i  c  a  V  a  g  i  n  a  1  i  s  communis  (seil,  testis  et  f  uniculi  spermatici).  Diese  Haut 
kann  als  eine  Fortsetzung  der  F  a  s  c  i  a  t  r  a  n  s  v  e  r  s  a  1  i  s  a  b  d  o  m  i  n  i  s  an- 
gesehen werden. 

Man  überzeugt  sich  am  besten  hiervon  an  Schnitten  von  Formolpräparaten; 


Sameiistrang.    Hodenhüllen.  385 

8.  Fig.  75,  wobei  man  beachten  wolle,  dass  diese  Haut  innerhalb  des  Leisten- 
kanalcs  sehr  dünn  ist  und  sich  erst  in  der  Nähe  des  Hoden  und  um  diesen 
herum  zu  einer  festen,  leicht  isolirbaren  Hülle  gestaltet.  In  der  inneren  Schicht 
derselben  findet  sich  ein  Lager  zerstreuter  glatter  Muskelfaserbündel,  welches 
als  Musculus  cremaster  medius  bezeichnet  worden  ist  (Barrois)')  —  s.  w.  u. 

Im  Leistenkanale  selbst  legen  sich  dünne  Bündel  gestreifter  Muskelfasern 
vom  M.  obliquus  internus  abdominis  und  transversus  ^)  aussen  auf  die  Tunica 
vaginalis  communis  und  begleiten  diese  bis  um  den  Hoden  herum,  den  sie, 
fächerförmig  auseinanderfahrend  und  netzförmig  zusammenhängend,  samt  seinen 
inneren  Hüllen  umfassen.  Der  so  entstehende  beuteiförmige  Muskel  ist  der 
Musculus  eremaster  externus,  der  Hebemuskel  des  Hoden.  Derselbe 
ist  dem  Willen  unterworfen  und  vermag  bei  kräftiger  Ausbildung  den  Gesamt- 
hoden ruckweise  gegen  den  subkutanen  Leistenring  anzuziehen.  Toldt  )  ist 
der  Ansicht,  dass  er  auch  zur  Auspressung  des  Inhaltes  einen  Druck  auf  den 
Nebenhodenkopf  ausüben  und  die  venöse  Zirkulation  begünstigen  könne.  Bei 
ihrem  Ursprünge  im  Leistenkanale  liegen  die  Kremasterfasern  hauptsäehhch  am 
hinteren  unteren  Umfange  des  Samenstranges  beisammen. 

Beim  Austritte  aus  dem  subkutanen  Ringe  legt  sich  die  letzte  und 
äusscrste  Hülle  dem  Samenstrange  an,  die  Fascia  cremaster i ca.  Die- 
selbe geht  von  den  beiden  Crura  des  Leistenringes  aus  und  ist  besonders  deut- 
lieh hier  an  ihrem  Ursprünge;  weiter  abwärts,  zum  Hoden  hin,  wird  sie  unter 
normalen  Verhältnissen  dünner,  so  dass  sie  ihren  fascialen  Charakter  aufgibt 
und  sich  im  Bindegewebe,  welches  die  Kremasterbündel  zusammenhält,  verliert. 
Da  sie  oben  am  Ringe  den  Musculus  cremaster  externus  deutlich  fascienartig 
deckt,  wird  sie  als  ,Fa  s  c  i  a  c  r  e  m  a  s  t  e  r  i  c  a"  bezeichnet.  Ich  halte  sie  für 
die  Fortsetzung  der  Fascia  propria  externa  des  M.  obliquus  externus  abdominis. 

A.  Cooper  hat  darauf  hingewiesen,  dass  diese  Haut  bei  grösseren  altereu 
Leistenbrüchen  oft  sehr  stark  wird ;  man  hat  sie  seitdem  auch  als  F  a  s  c  i  a  C  o  o  p  e  r  i 
benannt  (vgl.  hierzu  S.  221  ff.,  insbesondere  S.  223). 

Als  Rudimentum  processus  vaginalis  bezeichnet  man  einen 
fadenförmigen,  etwas  festeren  bindegewebigen  Strang,  welcher  sich  mitten  durch 
das  lockere  Gewebe  des  Funiculus  spermaticus  der  Länge  nach  hindurchzieht. 
Derselbe  ist  oben  an  der  seichten  Einsenkung  des  Bauchfelles,  welche  in  den 
subperitonäalen  Leistenring  hineinragt,  befestigt,  unten  an  der  Spitze  des  Sackes 
der  Tunica  vaginalis  propria  testis.    Ein   solcher  Strang   ist  jedoch   nicht   in 

allen  Fällen  vorhanden.  „    ,    t^     -.  i     „j 

Wir  erfahren  aus  der  Entwicklungsgeschichte,   s.  das  betreibende  Kap.te    und 

Pigg.  119,  119a,  ll9b,   dass  zugleich  mit  dem  Hoden  ein  beutcltörmiger  Fortsatz  des 


1)  Barrois,  Th.  Ch.,  Contribution  h  l'ötude  des  cnveloppes  du  testicule.    Lille, 

^^'   2)*'Toidt,  K.,  Lehrbuch  der  Anatomie,  Wien,  1897,  nennt  nur  den  Musculus  ob- 

•quus  mternus^^  K.,  Ueber  den  Musculus  cremaster.   Verhandlungen  der  anatomischen 

Gesellschaft  in  Wien.  1892.  S.  243. 

25 
Waldeyer,  Das  Becken. 


386  Samenstrang.    Hodenhüllen. 

Bauchfelles,  der  Processus  vaginalis  peritonaei,  in  das  Scrotum  hinabsteigt, 
hinter  welchem  unten  (distal)  der  Hoden  mit  dem  Nebenhoden,  oben  (proximal)  der 
Ductus  deferens  mit  dem  Gefässbündel  gelagert  sind,  alles  dieses  von  den  eben  be- 
schriebenen Hüllen  des  Samenstranges  eingeschlossen.  So  kommt  es,  dass  bis  %ur 
Geburt,  und  mitunter  noch  kurze  Zeit  nachher,  bei  den  Knaben  die  Bauchhöhle  sich 
durch  den  Processus  vaginalis  in  jede  Skrotalhälfte  fortsetzt;  mit  anderen  Worten :  der 
Hoden,  als  Eingeweide  der  Bauchhöhle,  nimmt  bei  seinem  Descensus  einen  Appendix 
der  serösen  Höhle  mit.  Später  verwachsen,  wie  Pellacani  (1.  c.  S.  389)  gezeigt  hat, 
die  Wände  dieses  Appendix  durch  einen  Granulationsprocess;  nur  der  unterste  Theil 
der  Höhle,  der,  welcher  den  Gesamthoden  umfasst,  bleibt  als  „Skro talhöhle"  erhal- 
ten. Der  obliterirte  Theil  bildet  das  eben  beschriebene  Rudimen  tum.  Nach  Frankl's 
Befunden  1.  c.  [S.  388]  beginnt  die  Obliteration  oben  am  Leistenringe  und  in  der 
Mitte;  von  der  Mitte  aus  schreitet  sie  dann  nach  oben  und  nach  unten  fort. 

Wichtig  ist,  dass  diese  Obliteration  auch  nur  theilweise  erfolgen  kann;  dies  giht 
Veranlassung  zur  Bildung  von  Samenstrangcysten.  In  dieselben  können  sich 
Leistenbrüche  und  andere  Tumoren  des  Hoden  und  des  Sainenstranges  einstülpen; 
bei  Hydrocele  können  sie  sich  ebenfalls  füllen  und  zu  erheblicher  Grösse  anwachsen. 

Mitunter  vollzieht  sich  die  Obliteration  des  Processus  vaginalis  überhaupt  nicht. 
Uebcr  das  Verhalten  etwaiger  Hernien  bei  offen  gebliebenem  Processus  vaginalis 
s.  Kap.  „Leistenhernien  beim  Manne"  Joessel  IT 2  S.  157  ff. 

Die  sonst  den  Inhalt  des  Samenstranges  bildenden  Theile  wurden  10 
ihren  Lageverhältnissen  bereits  bei  Besprechung  der  Hodengcfässe  und  Hoden- 
nerven erörtert;  es  sei  hier  wiederholt,  dass  der  Ductus  deferens  in  Begleitung 
der  Gefässe  der  Deferensgruppe  nach  hinten  liegt  und  leicht  von  der  Hoden- 
gefässgruppe  gesondert  werden  kann. 

üeber  die  Paradidymis  und  die  Ductuli  aberrantes,  vergh 
das  Kapitel  „Appendices". 

Die  H  ü  1 1  e  n  g  e  f  ä  s  s  e  und  -nerven  des  Sanienstranges  werden  zusam- 
men mit  denen  der  Hodenhüllen  und  des  Ilodensackes  besprochen;  desgleichen 
die  glatte  Muskulatur  (Cremaster  medius  und  internus  und  die  im  Samen- 
strange, am  Hoden  und  Nebenhoden  und  im  Ligamentum  scrotale  liegenden 
Muskelbündel). 

Hodenhmien. 

Die  Hodenhüllen  umfassen  den  Gesamthoden ;  sie  sind  dieselben,  wie 
die  des  Samenstranges;  nur  kommt  noch  die  seröse  Ho  denh  ül  le,  die 
Tunica  vaginalis  propria  tcstis,  mit  dem  von  ihr  gebildeten  serösen 
Sacke,  der  Skr 0 talhöhle,  Cavum  (serosum)  scroti  (Saccus  tunicae 
vaginalis  propriae)  hinzu  ^). 

Der  Hodensack,  das  Scrotum,  bildet  zwar  als  Hautbekleidung  ebenso 

eine  Hülle  für  den  Hoden,   und  für  den  untersten  Theil  des  Samenstranges, 
wie  die   im  Nachfolgenden   zu   beschreibenden  Theile;    doch   thut   man  wob , 

1)  Da  der  Hodensack  mit  den  von  ihm  eingeschlossenen  Hodenhüllen  s^^"*^^^^ 
Theile  der  Bauchwand  aufweist,  so  ist  ebenso,  wie  wir  für  die  Höhle  des  Peritonaeu^ 
kurz  den  Namen  „Bauchhöhle"  gebrauchen,  die  des  Hodensackes  passend  „Hodensac  ^ 
höhle"  oder  „Skrotalhöhle"  zu  nennen.  Wie  wir  aber  auch  zu  schärferer  Bezeichnung 
„Peritonäalhöhle"  sagen,  so  lässt  sich  auch  der  Name  „Scheidenhauthöhle"  verwende 


Hodenhüllen.    Tunica  vaginalis  propria.  387 

denselben    von    den  Hodenhüllen   im  engeren  Sinne  zu  trennen  und  gesondert 
m  besprechen.    (Vgl.  Kapitel  „Entwicklungsgeschichte".) 

Von  aussen  nach  innen  vorgehend  würden  wir  demnach  als  Hoden- 
«nd  Ncbenhodenhüllen  haben:  1)  Die  Fascia  cremasterica,  2)  den 
Musculus  crem  aste  r  extern  us,  3)  die  Tunica  vaginalis  com- 
munis mit  ihrer  glatten  Muskulatur,  dem  Cremaster  medius,  4)  die 
Tunicavaginalis  propria  mit  glatter  Muskulatur,  Cremaster  internus 
(Barrois). 

Ueber  die  ersten  drei  Hüllen  ist  das  Nöthige  bereits  beim  Samenstrange 
berichtet  worden;  auch  wurden  die  Besonderheiten  erwähnt,  welche  sie  in  ihrem 
y-um  Hoden  gehörigen  Tlieile  aufweisen. 

Die  Tunica  vaginalis  propria  testis  etepididymidis  bildet, 
wie  gesagt,  die  seröse  Hoden-  und  Nebenhodenhülle  und  entwickelt 
sich  gleichzeitig  mit  dem  Descensus  testiculi  als  ein  beuteiförmiger  Peritonäal- 
fortsatz,  der  den  Hoden  bis  zum  Grunde  des  Scrotum  begleitet.  Nach  der 
Obliteration  ihres  mittleren  und  oberen  Kanaltheiles,  s.  vorige  Seite,  bleibt  nur 
das  untere  Stück  als  seröser  Sack  um  Hoden  und  Nebenhoden  zurück,  Saccus 
tunicae  vaginalis  propriae,  oder  kurz  „Skro talhöhle".  Die  in  sich 
geschlossene  Wand  dieses  Sackes  zerfällt,  genau  wie  bei  den  übrigen  serösen 
Säcken,  in  ein  viscerales  und  ein  parietales  Blatt,  welche  im  allgemeinen 
iini  hinteren  und  unteren  Umfange  des  Gesamthoden  in  einander  sich  um- 
sehlagen. Das  parietale  Blatt  —  Lamina  parietalis  —  bekleidet 
von  innen  als  dünne  seröse  Haut  die  Tunica  vaginalis  communis;  zwischen  bei- 
den Häuten  findet  sich  jedoch  noch  eine  Schicht  lockeren  Bindegewebes,  wel- 
ches kopfwärts  mit  dem  lockeren  Bindegewebe  des  Samenstranges,  fusswärts 
mit  dem  des  Ligamentum  scrotale  (Fig.  73),  und  an  der  Eintrittsstelle  der 
Gefässe  in  den  Hoden,  mit  dessen  Mediastinum  zusammenhängt.  Alles  dieses 
Bindewebe  ist  in  letzter  Instanz  eineDependenz  der  Tela 
subpcritonaealis. 

Die  Umsclilagsstellen  des  visceralen  in  das  parietale  Blatt  liegen  folgender- 
uiassen : 

Oben  geht  das  viscerale  Blatt  vorn  vom  Hoden  über  den  Kopf  des  Nebenhoden 
hinweg  auf  den  Samenstrang,  den  es  hier  meist  in  einer  Ausdehnung  von  0,5  cm  be- 
kleidet, ebenso  auf  beiden  Seiten  des  Kopfes,  wo  es  bis  zu  1  cm  am  Saraenstränge 
hinaufreicht.  An  diesem  erfolgt  somit  der  Umschlag  in  das  parietale  Blatt  in  einer 
gekrümmten,  an  den  Seiten  zu  zwei  Blindsäcken  emporsteigenden  Linie.  Am  Körper 
^cs  Nebenhoden,  zwischen  den  beiden  Ligamenta  epididymidis,  senkt  sich  die  vis- 
^*erale  Serosa  von  beiden  Seiter  her,  lateral  zwischen  Hoden  und  Nebenhoden,  medial 
^wischen  Samenstrang  (Gefässbündel)  und  Nebenhoden,  blindsackig  ein,  so  dass  hier 
^in  kurzes  Mesenterium  für  den  Nebenhoden  entsteht,  das  Mesoepididymium, 
55wischen  dessen  beiden  Blättern  feine  Nebenhodengefässe  und  Nerven  verlaufen.  Die 
laterale  Einsenkung  bildet  den  Sinus  epididymidis  (s.  Fig.  72). 

Unten,  im  Bereiche  des  Nebenhodenschwanzes  und  des  Ligamentum  scrotale, 
(^ig.  73)  geht  die  viscerale  Lamelle  vorn  und  lateral  vom  unteren  Ende  des  Hoden 
^uf  das  genannte  Ligament  über  und  auf  diesem  zum  Grunde  des  Scrotum  hinab, 
^o  sie  sich  in  das  parietale  Blatt  umschlägt;  die  hintere  und  mediale  Fläche  bleiben 
^ubekleidet.    Demnach   werden  von  der  visceralen  Serosa  überdeckt:   der  Kopf  des 


388  Hodenhüüen.    Tiiuica  vaginalis. 

Nebenhoden  mit  Ausnahme  seiner  dem  hintern  Hodenrande  anliegenden  Fläche,  an 
der  die  Ductuli  cfferentes  eintreten,  der  Körper  des  Nebenhoden,  abg-esehen  von  der 
schmalen  Ansatzlinie  des  Mcsoepididymium,  die  beiden  Appendices  testis  et  epididy- 
midis,  das  unterste  Stück  des  Samenstranges  vorn  und  an  beiden  Seiten,  das  Ligfa- 
mentum  scrotale  vorn  und  lateral  und  der  Hoden  fast  vollständig,  mit  Ausnahme  seines 
hinteren  Randes,  da,  wo  er  mit  dem  Kopfe  des  Nebenhoden  verwachsen  ist,  und  wo, 
dem  Mediastinum  testis  entsprechend,  die  Gefässe  zu-  und  abtreten. 

In  demjenigen  Theile  des  Samenstranges,  welcher  von  der  visceralen  Serosa 
überzogen  wird,  liegt  nach  vorn  die  Paradidymis  und  nach  hinten  der  obere  Theil 
des  Ductulus  aberrans  inferior  (Halleri). 

Es  folgt  aus  dem  Angegebenen,  dass  der  seröse  Skrotalsack  am  Samen- 
strange entlang  mit  einem  leicht  zugespitzten  Ende  hinaufreicht,  was  insbeson- 
dere bei  Ergüssen  in  denselben  hervortritt  und  diagnostisch  wichtig  ist.  Ferner 
ergibt  sich,  dass  der  Körper  des  Nebenhoden  wegen  des  Mcsoepididymium 
leicht  beweglich  ist,  und  bei  Ergüssen,  unter  Zerrung  und  Verlängerung  seiner 
kleinen  Bauchfellduplikatur,  vom  Hoden  abgedrängt  und  quer  gelagert  werden 
kann.  (S.  Abschnitt  „Pathologische  Zustände".)  Endlich  wird  bei  Ergüssen 
der  Hoden  gegen  die  hintere  Wand  und  den  Grund  des  Scrotum  gedrängt  werden, 
wo  er  seine  normale  Verbindung  mit  dem  letzteren  hat. 

Es  wurde  bei  der  Besprechung  des  Samenstranges  bereits  erwähnt,  dass 
die  T  u  n  i  c  a  vaginalis  communis  erst  im  Bereiche  des  Hoden  ihre  volle 
Ausbildung  zu  einer  deutlichen  festen  Membran  erlangt.  Hier  ist  hinzuzufügen, 
dass  die  parietale  Tunica  vaginalis  propriaim  Grunde  des  Scrotum 
fest  mit  ihr  verwächst.  Ferner  ist  hier  die  Tunica  vaginalis  communis  einerseits 
mit  dem  von  der  Serosa  nicht  bekleideten  unteren  Ende  des  Hoden  und  Neben- 
hoden, andererseits  mit  der  Tunica  dartos  und  der  Skrotalkutis  verwachsen;  diese 
bandförmige  Verwachsung  bildet  aber  z.T.  das  schon  oft  genannte  Ligamen- 
tum scrotale  testis.  Vergl.  Fig.  73  und  die  Figg.  119,  119a,  ll9b, 
aus  denen  die  Entstehung  dieser  Verbindung  ersichtlich  wird.  Alles  dieses 
erklärt  die  in  praktischer  Beziehung  bedeutsame  festere  Verbindung  des  Ge- 
samthoden mit  dem  Skrotalgrunde. 

Wie  aus  der  Entwicklungsgeschichte  des  Hoden  hervorgeht,  s.  das  betreffende 
Kapitel,  ist  derselbe  nicht  von  der  fibrös-elastischen  Lamelle  des  Peritonäum  über- 
zogen, sondern  nur  von  dessen  Epithel,  welches  sich  hier,  wie  beim  Eierstocke,  in  der 
ursprüng-lichen  cylindrischen  Form,  als  Keimepithel,  wenigstens  theilweise  auch  beim 
Erwachsenen  erhält  1).  Die  Albuginea  testis  entwickelt  sich  aus  den  äusseren  Schichten 
des  bindegewebigen  Stroma  der  Keimdrüsenanlage.  Man  Icann  daher  vom  Hoden 
ebensowenig  wie  vom  Eierstocke  eine  Serosa  in  Form  einer  Membran,  wie  etwa  vom 
Darme  oder  von  der  Leber  abpräpariren.  Dies  gelingt  jedoch  wohl  an  der  von  der 
Tunica  vaginalis  propria  bekleideten  Strecke  des  Samenstranges,  am  Nebenhoden,  »m 
Ligamentum  scrotale  und  beim  ganzen  parietalen  Blatte.  Sonach  lässt  sich  beim 
Hoden  von  einem  visceralen  serösen  Blatte  im  strengen  Wortsinne  nicht  sprechen; 
es  ist  dies    auch    nur    des  einfacheren  und  kürzeren  Ausdruckes  halber   geschehen  )• 

1)  V.  la  Valette  St.  George,  Der  Hoden.  Stricker's  Handbuch  der  Gewebe- 
lehre. S.522.  Leipzig,  187L  —  Waldeyer,  W.,  Eierstock  und  Ei.  S.  137.  Leipzig»  1^70. 

2)  Vgl.  hierzu:  Frankl,  0.,  pjuiges  über  die  Involution  des  Scheidenfortsatsses 
und  die  Hüllen  des  Hodens,   Arch.  f.  Anatomie  u.  Physiol.,   Anat.  Abth.   1895.  S.  33  • 


Hodensack.  SSÖ 

Am  Nebenhoden  tritt  oft  eine  sekundäre  feste  Verwachsung:  zwischen  Albu^^inoa  und 
Corpus  serosuni  tunicae  vaginalis  ein. 

Kurz  ma«^  hier  noch  der  von  Luschka^)  an  der  Tunica  vaginalis  propria  be- 
schriebenen kleinen  zottigen  Auswüchse  —  Scheide nh au tzottcn  —  und  der  von 
Hektorzik2)  an  der  äusseren  Fläche  der  Tunica  vaginalis  communis  nachge- 
wiesenen Bindegewebsauswüchse,  die  er  den  Arachnoidealzotten  an  die  Seite  setzt, 
gedacht  sein.    Diese   Bildungen  kommen   für  pathologische  Verhältnisse  in  Betracht. 

Muskulatur  des  Hoden  und  seiner  Hüllen.  Musculi  cremaster 
medius  et  internus,  v.  Kölliker^)  wies  zuerst  nach,  dass  an  der  hinteren 
Fläche  des  Hoden,  da,  wo  die  Gefässe  liegen,  sich  meist  ein  grösseres  Bündel 
glatter  Muskelfasern  findet,  von  welchem  auch  Züge  in  den  Samenstrang  und 
in  die  Hodenhüllen  einstrahlen.  Wir  wissen  jetzt,  durch  die  Untersuchungen 
von  Henle,  Rouget,  E.  Klein^),  Barrois^),  und  Pellacani^),  dass  diese 
Muskelzüge  sich  im  Samenstrange  zerstreut  bis  fast  zum  subkutanen  Leisten- 
ringe fortsetzen,  dass  sie  ferner  mit  den  Gefässen  in  die  Septula  testis  ein- 
strahlen, in  der  äusseren  Lage  der  Tunica  vaginalis  propria  parietalis  und  in 
der  inneren  der  Tunica  vaginalis  communis  eine  mitunter  recht  starke  Schicht 
bilden  und  endlich  sich  in  das  Ligamentum  scrotale  fortsetzen.  Henle^)  be- 
nannte diese  gesamte  Muskulatur  als  „Cremaster  internus".  Neuerdings  hat 
nian  mit  Barrois  diesen  Namen  für  die  Muskelschicht  der  Tunica  vaginalis 
propria  reservirt  und  die  Muskellage  der  Tunica  vaginalis  communis  als  „Cre- 
master medius"  bezeichnet,  s.S.  385.  Nimmt  man  die  glatte  Muskulatur  der 
Tunica  dartos  hinzu,  so  zeigt  sich,  dass  der  Hode  mit  seinen  Hüllen  über  einen 
sehr  starken  glatten  Muskelapparat  verfügt,  dessen  einzelne  Bestandtheile  unter- 
einander zusammenhängen.  Den  Zusammenhang  mit  der  Tunica  dartos  vermittelt 
das  Ligamentum  scrotale,  dessen  glatte  Muskulatur  vom  Gubernaculum  testis  — 
Ligamentum  genitoinguinale  — ,  s.  das  Kapitel  „Entwicklungs-Geschicbte",  abzu- 
leiten ist.  In  letzter  Linie  handelt  es  sich  um  eine  kutane  (Tunica  dartos) 
ttnd  um  eine  subseröse  Muskulatur«).  Vergl.  hierzu  den  Abschnitt  „Physiolo- 
gische Bemerkungen". 

Hoden«aok,  Sorotum. 

Als  „Hodensaek"  ist  die  von  dem  äusseren  Intcgumcnte  gelieferte 
beutelfürmige   Bildung    zu    bezeichnen,    welche   den   Gesamthoden,    sowie    den 

1)  V.  Luschka,  H.,  Die  Appendiculargebilde  des  Hoden.  Virchow's  Archiv  f. 
Path.  Anatomie.  Bd.  VI,  S.  310.  1854, 

2)  Rektorzik,  E.,  Sitzungsber.  der  Wiener  Akademie,  niathem.-naturw.  Kl.  1857. 

3)  V.  Kölliker,  A.,  Beiträge  zur  Kenntniss  der  glatten  Muskeln.  Zeitschr.  für 
^iss.  Zoologie.  Bd.  I.  1849.  S.  48  [1848  erschienen]. 

4)  Klein,  E.,  Stricker's  Handbuch  d.  Gewebelehre.  Art.  „Aeussere  Geschlechts- 
öi'gane«.    Leipzig,  1871. 

5)  Barrois,  1.  c.  (mit  Litteratur). 

6)  Pellacani,  P.,  Der  Bau  des  menschlichen  Samenstranges.  Archiv  f.  mikr. 
Anat.  Bd.  23.  S.  305.  1884  (mit  Litteratur). 

7)  Henle,  J.,  Handbuch  der  Eingeweidelehre  des  Menschen.  IL  Aufl.  1873.  S.  441. 

8)  Gegenbaur,  K.,  Lehrbuch  der  Anatomie  des  Menschen.  6.  Aufl.  Bd.  IL  S.  157. 


39Ö  Hodensack. 

unteren  Tlieil  des  Samenstranges  nebst  den  dazu  gehörigen  eben  beschrie- 
benen Hüllen  zu  äusserst  einschliesst.  Aussehen  und  Form  des  Organes,  sowie 
die  Eigenthtlmlichkeiten  der  Skrotalhaut  nebst  deren  Gelassen  und  Nerven  sind 
bereits  bei  Besprechung  der  äusseren  Haut  des  Beckens  S.  134 flf.  und 
bei  der  Regio  pudendalis  S.  231  geschildert  worden.  Als  T heile  des 
aus  zwei  getrennten  Hälften  bestehenden  Scrotum  nennen  wir  dessen  Wurzel, 
Radix  oder  Basis  scroti,  dessen  Grund,  Fundus  scroti  und  dessen 
äusserlich  durch  die  Raphe  scroti  markirtes  Septum  scroti.  Vgl.  hierzu 
die  Figg.  11,  61,  66  und  75.  Als  Schichten  folgen  einander  von  aussen 
nach  innen :  Die  Cutis  mit  der  Epidermis,  darunter  eine  starke  Lage 
zu  kleineren  Bündeln  vereinigter  glatter  Muskelfasern,  die  T  u  n  i  c  a  d  a  r  t  o  s, 
imd  ein  sehr  lockeres  fettloses  Unter hautbindegewebe.  In  letzterer 
Schicht  lässt  sich,  wie  bemerkt,  die  Skrotalwand  leicht  von  den  folgenden 
Hüllen  des  Samenstranges  und  des  Hoden  trennen.  Nur  am  Grunde  des  Scro- 
tum besteht,  wie  gleichfalls  angegeben,  eine  festere  Verbindung  durch  das 
Ligamentum  scrotale.  Vorn  und  seitlich  gewinnt  man  durch  Einstichinjektion 
einen  gut  abgegrenzten,  die  Hodenhüllen  umgreifenden  subkutanen  Spaltranni, 
„skrotaler  Spaltraum"  Disse^).  Dieser  ist  nicht  mit  der  (serösen)  Skro- 
talhöhle  zu  verwechseln. 

Das  Septum  scroti  setzt  sich  zusammen  aus  zwei  Blättern  der  Tunica 
dar  tos,  deren  jede  einer  Hodensackhälfte  angehört,  und  einer  zwischen  diesen 
beiden  Dartosblättern  befindlichen  dünnen  lockeren  Bindegewebslage,  Ein 
kleiner  Theil  der  Dartos  geht  indessen  über  die  Raphe  scroti  hinweg  von  einer 
Seite  zur  anderen,  ohne  in  die  Septum-Dartos  umzubiegen.  Das  Septum  heftet 
sich  in  der  Gegend  der  Raphe  perinei  mit  seiner  Bindegewebsschicht  an  die 
J^ascia  perinei  an;  seine  Dartosblätter  gehen  in  die  Dartos  perinei  und  in  die 
Dartos  penis,  s.  S.  198  und  360,  über. 

Wir  lassen  nun  noch  eine  kurze  Aufzählung  der  Gefässe  und  Nerven 
der  Hüllen  des  Hoden  und  des  Samenstranges  folgen,  indem  wir  wegen  der 
betreflFenden  Theile  des  Scrotum  auf  die  S.  138  gegebene  Tabelle  verweisen, 
und  nur  noch  hinzufügen,  dass  alle  Skrotalgefässe  reichliche  Anastomosen 
haben,  sowohl  an  derselben  Seite  als  auch  über  die  Raphe  hinaus,  und  dass 
—  im  Ligamentum  scrotale  und  an  der  W^urzel  des  Scrotum  —  Anastomosen 
mit  den  eigentlichen  Httllengefässen  bestehen;  diese  wieder  haben  Verbindungen 
mit  den  Gefässen  des  Hoden  und  Nebenhoden.  Es  treten  also  alle  drei  a» 
der  Versorgung  des  Scrotum  und  seines  Inhaltes  betheiligten  Gefässlager,  das 
kutane,  das  muskulofasciale  und  das  testikuläre  in  Konnex. 

Die  muskulofascialen,  für  die  Fascia  cremasterica,   den  Cremaster  externu*? 
und  internus,  die  Tunica  vaginalis  eoniinunis  samt  der  Pars  parietalis  der  Tunica  vag'i' 
nalis  propria  bestimmten  Arterien  entstammen  der  A r  t e r  i  a  s p  e r m  a  t i  c  a  externa» 
einem  Zweite  der  A.  epigastriea  inferior;  sie  tritt  bereits  im  Leistenkanale  von  lünte 
her  an  den  Samenstrang  heran.    Die  Venen  verlaufen  hauptsächlich  mit  den  Vene 


1)  Disse,  J.,  Beiträge  zur  Kenntniss  der  Spalträume  des  Menschen.    Archiv 
Anatomie  und  Physiologie.   Anatom.  Abtheilung.  Supplementband.  1889.  S.  229. 


Lage  des  Hoden,  des  Scrotum  und  des  Samenstranges.  391 

der  Deferensgruppe  (s.S.  377)  alsVv.  spermaticae  externaei)  zur  Vena  epigastrica 
inferior,  haben  aber  aucii  anastomotische  Abflüsse  zu  den  Hautvenen  des  Scrotum 
und  mit  diesen  nach  vorn  zur  Vena  saphena  magna,  nach  hinten,  dammwärts  mit 
den  Vv.  scrotales  posteriores  zur  Vena  pudenda  interna. 

Die  Ly m p hg e fasse  der  Skrotalhaut  sind  äusserst  zahh*eich;  sie  anastomo- 
siren  nur  spärlich  mit  den  tieferen  Lymphgefässen ,  welche  beim  Hoden  beschrieben 
wurden  und  zu  denen  auch  die  des  Samenstranges  und  der  Hodenhüllen  treten;  sie 
münden  zusammen  mit  denen  des  Penis  in  die  oberflächlichen  Leistendrüsen,  ge- 
wöhnlich in  deren  obere  mediale  Gruppe. 

Die  Nerven  stammen  vom  Nervus  spermaticus  externus  (N.  genito- 
femoralis,  Plexus  lumbalis);  häufig  tritt  zu  diesem  noch  ein  Zweig  des  Nervus 
lumboinguinalis.  Beide  Nerven  führen  sensible  Fasern,  der  N.  spermaticus  ex- 
ternus auch  motorische  für  den  M.  cremaster  externus.  Die  Nerven  für  die  glatte 
Muskulatur  des  Hodenapparates  stammen  wahrscheinlich  von  den  sympathischen 
Pasern  des  Samenstranges. 


Iiag^e  des  Hoden  und  des  Nebenhoden.    Lage  des  Sorotom  nnd  des 

Samenstrang^es. 

Von  der  Zeit  der  Geburtsreife  an  liegen  beim  Menschen  beide  Hoden 
mit  ihren  Nebenhoden,  an  den  betreffenden  Samensträngen  gleichsam  aufge- 
hängt, jeder  im  Grunde  der  zugehörigen  Hodensackhälfte.  Sind  die  Hoden 
gut  ausgebildet  und  ist  die  Muskulatur  des  Scrotum  ausser  Thätigkeit,  dann 
zeigen  sie  sich  in  ihrer  Form  durch  die  Hüllen  hindurch  deutlich  abgesetzt 
und  bedingen  die  charakteristische  Gestalt  des  Scrotum.  Durch  die  Thätig- 
keit der  genannten  Muskulatnr  werden  die  Hoden  gegen  den  Leistenring 
emporgehoben  und  an  die  Wurzel  des  Penis  angepresst.  Dabei  nimmt  (Wir- 
kung der  Tunica  dartos)  der  Hodensack  eine  rundliche  Form  an  unter  starker 
Kräuselung  seiner  Haut. 

Durch  dasScptum  scroti  sind  die  beiden  Gesamthoden  nebst  den  An- 
fängen ihrer  Samenstränge  gänzlich  von  einander  getrennt;  nur  zwischen  den 
venösen  Plexus  beider  Seiten  besteht  vermittelst  der  Venen  des  Septum  ein 
Zusammenhang. 

Jeder  Hoden  ist  in  seiner  Skrotaltasche  unter  einem  Winkel  von  40  bis 
50 <*  schief  gelagert,  so  dass  der  obere  Pol  mehr  nach  vorn,  der  untere  nach 
hinten  gewendet  ist. 

Die  Lage  der  Epididymis  imd  der  Gefässbündel  mit  dem  Ductus 
deferens  zum  Hoden,  ferner  die  der  Appendices  testis,  sowie  derjenigen  Theile, 
\velche  vom  Hoden  zum  Grunde  des  Scrotum  ziehen,  kurz,  die  Idiotopia 
testis  wurde  bereits  vorhin  erörtert. 

Bekannt  ist  die  Wanderung  der  Hoden,  Descensus  tcstium. 
Dieselben  werden  beim  Fötus  in  der  Höhe  des  H.  Lendenwirbels  angelegt, 
dem  unteren  Abschnitte  der  bleibenden  Niere  gegenüber,   am  oberen  medialen 


1)  Die  Autoren,  sowie  die  BNA.  gebrauchen  diesen  Namen  nicht,  obwohl  die 
Venen,  welche  die  Arteria  spermatica  externa  begleiten,  bekannt  sind.  Sappe y  nennt 
öie  einfach  „Veines  spermatiques  qui  sont  situees  en  arriere  du  canal  döferent", 


39^  Hoden:  Altersverschiedenheite«,  pathologische  Zustände. 

Ende  der  Urniere.  Mit  dem  dritten  Fötalmonate  beginnt  der  Hoden  nach  ab- 
wärts zu  wandern  und  erreicht  mit  dem  sechsten  den  subpcritonäalen  Leisten- 
ring. 2 — 3  Monate  gebraucht  er  dann,  um  durch  den  Leistenkanal  in  den 
I lodensack  hinabzusteigen,  wo  er  normaler  Weise  kurz  vor  Eintritt  der  Geburt 
anlangt,  so  dass  man  den  Befund  der  Hoden  im  Hodensacke  als  Zeichen  der 
Reife  eines  neugeborenen  Knaben  ansieht.  (Vgl.  Kap.  ^Entwicklungsgeschichte".) 
Während  des  kindlichen  Alters  treten  die  Hoden  äusserlich  noch  wenig 
hervor;  das  vorhin  geschilderte  Vcriialten  markirt  sich  erst  mit  Eintritt  der 
Geschlechtsreife.  —  Bei  Greisen  und  geschwächten  Personen  pflegt  der  Hoden- 
sack unter  zunehmender  Schlaffheit  der  Hüllengewebe,  insbesondere  ihrer  Mus- 
kulatur, sich  zu  verlängern. 

Altersversohiedenheiten. 

Abgesehen  von  den  eben  erwähnten  Befunden  während  der  Fötalzcit  und 
im  Knabenalter,  sowie  von  der  im  höheren  Alter  eintretenden  Schlaffheit  der 
Gewebe,  zeigt  sich  mit  dem  Beginne  des  Greisenalters  häufig  eine  Atrophie  des 
Hodenparenchyms,  wobei  dasselbe  entweder  ein  blasseres  oder  auch  ein  dunk- 
leres Aussehen  annehmen  kann.  Die  Spermienproduktion  hört  dann  ganz  auf, 
oder  sie  wird  bedeutend  herabgesetzt.  In  den  höchsten  Graden  kommt  es  zu 
einer  Bindegewebs -Produktion  an  Stelle  der  atrophirenden  Samenkanälehen 
und  der  Zwischensubstanzzellen  \V  Bleibt  die  senile  Atrophie  aus,  so  pflegt  auch 
die  Spermienproduktion  und  mit  ihr  die  Libido  sexualis  sowie  die  geschlecht- 
liche Potenz  bis  ins  hohe  Alter  bestehen  zu  bleiben.  Nicht  selten  stellen  sich 
bei  Greisen  dunklere  Pigmentirung  der  Skrotalhaut,  Erweiterung  der  Venen 
mit  Bildung  von  Venensteinen  ein,  ohne  grade  bis  zu  pathologischen  Störungen 
sich  auszubilden. 

Die  Spermienproduktion  kann  bereits  mit  dem  14.  Lebensjahre,  oder  gar 
früher,  beginnen  und  bis  zu  den  höchsten  Lebensaltern  andauern;  so  fand  sie 
Cordes^)  bei  zwei  Knaben  von  14  Jahren,  aber  auch  bei  einem  92jährigen 
Greise  in  reichlichem  Gange. 

Pathologische  Zustände. 

Von  den  pathologischen  Affektionen  der  S  k  r  o  t  a  1  li  a  u  t  ist  bereits 
S.  147  die  Rede  gewesen;  dort  wurde  auch  der  Elephantiasis  scroti  «i^edacht, 
sowie  der  eigentümlichen  Krebsformen  und  der  Atherome. 

I.  Seröse  Ergüsse.  Eiteransammlung' en.  Blutergüsse.  Aui 
Grund  der  anatomischen  Verhältnisse  müssen  streng  von  einander  unterschieden 
werden   diejenigen  Ergüsse,  welche  in  das  subkutane  Bindegewebe  des  Scrotum  er- 


1)  Griffiths,  J.,  The  structural  changes  observed  in  the  testicles  of  aged  pcr- 
sons.  Journ.  of  anat.  and  physiol.  eond.  by  Humphry,  Turner  and  M'Kendrick 
Vol.  XXVII,  p.  474.  1893. 

2)  Cordes,  H.,  Untersuchungen  über  den  Einfluss  acuter  und  chronischer  All- 
gemeinerkrankung auf  den  Testikel  etc.  Virehow's  Archiv  f.  pathol.  Anat.  Bd.  l^h 
S,  402.  1898. 


Pathologische  Zustände  des  Hoden,  des  Samensti*anges  etc.  393 

folgen:  Oedema  scroti  und  diejenigen,  welche  in  die  Skrotalhöhle,  in  den  Sack 
der  Tunica  vaginalis  propria,  geschehen,  Hydrocele.  Eine  Abart  der  letzteren 
bilden  diejenigen  Fälle,  in  denen  der  Erguss  in  einen  offen  gebliebenen  Theil  des 
Processus  vaginalis  peritonaei  stattfindet.  Bleibt  der  gesamte  Processus  vaginalis 
peritonaei  offen,  dann  kommunicirt  die  Hydrocele  mit  der  Bauchhöhle,  in  der  dann 
gewöhnlich  gleichzeitig  Ascites  besteht. 

Man  kann  im  allgemeinen  sagen,  dass  das  Oedema  scroti,  wenn  man  von  trauma- 
tischen Fällen  absieht,  meist  auf  denselben  Ursachen  beruht,  wie  wässrige  Ergüsse  im 
Unterhautbindegewebc  (Anasarka)  überhaupt,  dass  dagegen  eine  Hydrocele  meist  an 
Erkrankungen  der  Hoden  und  der  Nebenhoden,  so  wie  an  Veränderungen  der  Tunica 
vaginalis  propria  geknüpft  ist. 

Die  anatomischen  Verhältnisse  bedingen  es,  dass  fast  sämtliche  Ergüsse  und  In- 
filtrationen der  Tela  subcutanea  scroti  zunächst  dem  Samenstrange  folgen  und  auf 
die  Tela  subcutanea  des  Bauches  und  des  Penis  übergehen;  ferner  ziehen  sie  sich 
am  Damme  bis  zur  Analgegend  hin. 

Was  im  besondern  die  Hydrocelen  anlangt,  so  unterscheidet  man  zunächst, 
wie  bemerkt,  nach  ihrem  Entstehungsorte  die  Hydrocele  testis  und  die  Hydro- 
cele funiculi  spermatici;  letztere  hat  ihren  Sitz  in  einem  oder  mehreren  offen- 
gebliebenen Theilen  des  Processus  vaginalis  peritonaei.  Diese  beiden  Formen  der 
Hydrocele,  insbesondere  die  Hydrocele  testis,  sind  die  am  häufigsten  vorkommenden; 
sie  bilden  zusammen  die  in  tra vaginalen  Hydrocelen.  Von  ihnen  müssen  nun 
die  extravaginalen  Hydrocelen  unterschieden  werden.  Dieses  sind  Ergüsse, 
welche  zwischen  den  beiden  Scheidenhäuten,  also  zwischen  der  Tunica  vagi- 
nalis communis  und  der  Tunica  vaginalis  propria  gelegen  sind.  Seröse  Ergüsse 
kommen  freilich  hier  originär  kaum  vor;  häufiger  sind  es  eitrige  (Pyocelen)  oder 
blutige  (Haematocelen).  Aber  es  kann  aus  einer  geplatzten  oder  sonst  irgend 
wie  eröffneten  Hydrocele  intravaginalis  eine  extravaginale  werden.  Endlich  bezeichnet 
man  —  vom  genetischen  Standpunkte  aus  allerdings  fälschlich  —  aus  praktischen 
Gründen  eine  Hydrocele  (intravaginalis)  funiculi  spermatici,  wenn  sie  weit 
in  den  Bereich  des  Hoden  hinabreicht  und  dabei ,  wie  anatomisch  ohne  weiteres  klar 
ist,  mit  ihrem  unteren  Ende  zwischen  die  beiden  Scheidenhäute  zu  liegen  kommt 
gleichfalls  als  eine  Hydrocele  extravaginalis  testis. 

Die  echten  extravaginaien  Ergüsse  können  sich,  dem  lockeren  Bindegewebe 
des  Samenstranges  entlang,  weit  nach  oben,  bis  in  die  Fossa  iliaca  hinein,  ausdehnen, 
während  die  vaginalen  als  umschriebene  Formen  auftreten  müssen. 

Der  Hoden  liegt  bei  den  gewöhnlichen  Formen  der  Hydrocele  testis,  wie  sich 
das  aus  den  anatomischen  Verhältnissen  leicht  begreift,  s.  S.  387,  am  hinteren 
unteren  Umfange  des  Geschwulstsackes;  nur  bei  Verwachsungen  und  bei  ander- 
weiten Komplikationen  kann  er  anderswo  gefunden  werden.  Bei  stärkeren  Ergüssen 
wird  der  Nebenhoden  vom  Hoden  weit  abgedrängt  unter  Verlängerung  des  Mesoepi- 
didymium,  s.  S.  387. 

Bei  den  Hydrocelen  des  Samenstranges  muss,  den  anatomischen  Ver- 
hältnissen zufolge,  der  Hoden  mit  dem  Nebenhoden  unterhalb  des  Cystensackes  und 
gegen  denselben  frei  beweglich  gefunden  werden;  das  Gefässbündel  mit  dem  Ductus 
deferens  liegt  hinter  dem  Sacke. 

Auf  die  verschiedenen  und  zahlreichen  Varietäten  der  Samenstranghydrocelen, 
die  intrainguinalen,  extrainguinalen  und  totalen,  so  wie  auf  die  bilocu- 
laren  und  multilocularen  Formen,  kann  hier  nicht  näher  eingegangen  werden; 
sie  alle  finden  ihre  Erklärung  in  den  verschiedenen  Weisen,  in  denen  der  Processus 
Vaginalis  peritonaei  offenbleiben  kann.  Es  kommen  auch  intraabdominale  Hydro- 
celen sacke  vor;  diese  erklären  sich  aus  kongenitalen  Bildungen,  z.  B.  aus  sub- 
peritonäalen  Divertikeln  des  Processus  vaginalis  peritonaei. 

Wie  die  wässrigen  Ergüsse,  so  verhalten  sich  auch  die  eitrigen  und  blutführen- 


39^  Pathologische  Zustande  de<!  TT«^»     ^      n 

^  .  ^''''^"'  '^««  Samenstranges  etc. 

als  den  Ansammlungsort  ansehen  "»^'^S^^-esenen  skrotalen  Spaltraum  (S  389" 

Kanulchen,  meistens  denen  des  KoS  ^us   ?' Z'^T''"  ^"'''^"  ^'"»  ^en  Nebenl  odo!,! 
«ammenhunge,  .wischen  Hoden  und  Same;,./  o"'  ""'  '^*""  Nebenhoden  im  zt 

Gramm  Flüssigkeit   enthalten   und   .cSen   S"^'"  •    '"  '^'""^"  ^'«  ^^^rere  hundert 
Ende  „ach  unten  gerichtet,  im  oJelt.e^^^tnT.  ""f™  "'"  «^«^  -'''"» 
Andere  Spermiocysten  o.el,en  vnn  7    ?  Hydrocelen. 

"ass  m   ursprünglich   echte  HvHr„„  T  **'**'  ^*^»'n  scroti  vor 

f  f-°'  -'  -«W.  Krause  u'dPrS","''^';"'^'''^'^  «P^™-»  ''-4-  ""«ein- 

Lymphextravasaten,  oder,  nach  Platzen  voj  Samen  "^       ""^  anfanglichen  Blut-  oder 
mB.„dcgewebe  ''^wischen  Hoden  und  Nebe^hoZf^'"  '"^"'"  ^amencysten,   mitten 
Stranges,  entwickeln  können.  ««"enhoden,  bezw.  „„  unteren  Ende  des  Samen- 

Von    den   samenführenden    r,.cfo„ 

■sa„  ,..,„»,.„,.  „„.,^,^,„^  ^.^_^^,^^_^,»  Ä",i  ::j°' '■"">"""■■ "»- 

^tranges,   «inen  z„,,„,,  ,:,,\^^f  JJ--^  -^^^  ,er  Venen   des  Samen- 

Korpergegenden   entspricht,   bezeichnet   man    als  Varl     '""f "   ^''  ^''"«"   '^-'^'^^'^^ 
[S.377J   soll   diese   Erweiterung   vorzugsw -ise   dt  V.f  "^    ^'"'•"  ^«"«'•.   J-  ^• 
welche  .n  die  Vena  cava  inferior    odefTn  dl  v\     T   "''   ^'"»'deren    Grippe, 
überhaupt  die  Länge  der  Blutsüule   in   de",  VenL  T.      ,'*"'"""''^"'   ^'•«^««n-    I>ass 
n.ass,ge  Entwicklung  der  Klappen  kommt     dfeRMH       ""'"'"'"'  ^°='"   »«<="    d"'   "«r 
Samenstrango  begünstigen  miss,  liegt  äut  d  r  Ha,  7^  '""  Venenerweiterungen   im 
diese   anatomischen  Gründe   nicht   ausreichen     V    T'   '"  ""'^  *'"'•  «''^f'  ^«rde"  aber 
rZfT-\  7'«"«   •«  Veränderungen  Tel   Baues   .'"T""  •■^"'''•^'    P^ädisponirende 
ThUt.gke,t    derTunica   dartos,   soM^ie   des  Crema«f      ,  '"'"^^"^    ""<*    in    geringer 
wirkender  Tunica  dartos  beko;men  selten  e^nTva  T""'   ''"'=="•    Leute  mit  ^ut 

Anschwel  ungen  der  Blutgefässe,  b(f  anruelnr'°'  ''  ^"'''  '""««'^»  <^'«  «*-*-" 
«ameuthch  wenn  dann  der  Geschlecht  rieb  u^L"S"  ,  f  ^^'«^^""''^''en  Erregungen, 
Thatsache  ,st  wenigstens,  dass  die  Varicoce^  i^h.  -^  "**''  herangezogen  ;erden. 
m  Alter  der  besten  Geschlechtsreife  reotehte?'''T''  ^«' J'^^endlichen  Leuten, 
schlechtsthätigkeit  oft  spontan  zurücko-eiu  i''''  .^""^"»^  "^«^  abnehmender  Ge- 
ubngens  nicht  selten  die  Folge  einer  startn  f .''"^'''^ '^''«  betreffenden  Hoden  ist 
..        Dass  die  Varicocele  hii^iig      Lts  ^„r  S'''!  .^'''  '^««'*^'"^"'i«n  Varicocele. 

sachhchausdenEinmündungsve^huSenlrV^^^^^^^^^  '-'   --   »»-P^- 

^ _____  «er  vv.  testiculares  zu  erklären  versucht. 


Pathologische  Zustände  des  Hoden,  des  Samenstranges  etc.  395 

Links  sind  dieselben,  da  die  V.  testicularis  sinistra  meist,  und  zwar  unter  rechtem 
Winkel,  in  die  V.  renalis  mündet,  ungünstiger  als  rechts,  wo  die  Mündung  direkt  in 
die  Vena  cava  inferior,  unter  gleicher  Stromesrichtung,  geschieht.  Es  kommt  hinzu, 
dass  meistens  der  Hodensack  links  getragen  wird  und  der  Jinke  Hoden  tiefer  hinab- 
reicht, als  der  rechte. 

Ausgedehnte  Thrombose  in  den  so  veränderten  Venen  kann  zu  Gangrän  des 
Hoden  fuhren,  was  die  Experimente  von  Griffiths  1.  c.  [S.  377]  bestätigen. 

IV.  Entzündliche  und  infektiöse  Processe.  Bei  diesen  ist  vor  allem 
eine  Scheidung  nach  den  verschiedenen  anatomischen  Substraten:  den  Häuten  und 
deren  Inhalte,  Hoden,  Nebenhoden,  Samenstrang  vorzunehmen;  beim  Hoden  und 
Nebenhoden  ferner  nach  der  Betheiligung  des  Parenchyms  und  des  Gerüstes.  Wegen 
des  reichlichen  lockeren  Bindegewebes  und  der  zahlreichen  Lymphgefässe  sind  ent- 
zündliche Processe  am  Scrotum  grösserer  Ausbreitung  unterworfen  und  mit  erheb- 
licher Schwellung  vergesellschaftet;  infektiöse  Skrotalentzündungen  können  aus  den- 
selben Gründen  leicht  gefährlich  werden. 

Wie  bemerkt,  sind  bei  allen  akuten  und  chronischen  entzündlichen  Processen 
Ergüsse  in  das  Cavum  scroti  häufig.  Nach  der  Lage  und  Form  der  drei  Theile 
—  Hoden,  Nebenhoden,  Skrotalhöhle  —  wird  man  bei  der  Untersuchung  und  Diagnose 
sich  zu  richten  haben.  Die  Geschwulst  liegt  bei  Ergüssen  in  die  Skrotalhöhle  und 
auch  bei  Ansammlungen  im  skrotalen  Spaltraume  am  meisten  nach  vorn;  bei  der  aus- 
schliesslich orchitischen  Schwellung  fühlt  man  den  unveränderten  Nebenhoden  am 
hinteren  Umfange  des  Hodentumors,  bei  der  Epididymitis  einen  gekrümmten  Tumor 
auf  dem  relativ  kleinen  Hoden,  welchen  er  oben  und  unten  überragt. 

V.  Lageveränderungen  des  Hodenapparates.  Wir  trennen  dieselben  in 
die  totalen  und  idiotopischen;  beide  können  wieder  angeboren  oder  erworben 
sein.  Zu  den  totalen  angeborenen  Lageveränderungen  werden  gezählt:  die  Inversio 
testis,  die  Ectopia  testis  und  die  Ketentio  testis.  Nach  Kocher  (1.  c.  S.  397) 
ist  die  Inversio  verticalis,  wobei  der  Hodenapparat  sich  um  seine  Längsaxe  dreht, 
so  dass  der  Nebenhoden  nach  vorn  kommt,  von  der  Inversio  horizontalis  zu 
unterscheiden;  bei  dieser  kommt  der  Nebenhoden  nach  oben  oder  unten  zu  liegen. 
Wegen  der  Zerrungen  der  Gefässe  und  Nerven  können  mit  der  Inversion  schwere 
Störungen  verbunden  sein. 

Als  Ektopien  des  Hodenapparates  werden  diejenigen  Lageanomalien  aufge- 
führt, wobei  man  denselben  zwar  ausserhalb  der  Bauchwand,  aber  nicht  im  Scrotum 
vorfindet.  Es  kann  dann  der  Gesamthoden  liegen  1)  oberhalb  oder  seitlich  vom  sub- 
kutanen Leistenringe  unter  der  Bauchhaut  —  Ectopia  abdominalis  — ,  2)  in  der 
Fossa  subinguinalis  ~  Ectopia  femoralis  —  und  3)  am  Damme,  Ectopia  perinealis. 

Zur  Retentio  testis  gehören  diejenigen  Fälle,  in  denen  der  Gesamthoden  über- 
haupt nicht  aus  der  Bauchwand  hervorgetreten  ist.  Hier  sind  zu  unterscheiden  die 
Retentio  abdominalis  (Lagerung  an  der  hinteren  Bauchwand),  die  Retentio 
iliaca  (Lagerung  in  der  Nähe  des  subperitonäalen  Leistenringes)  und  die  Retentio 
inguinalis,  Leistenhoden  (Lagerung  im  Leistcnkanale  oder  im  subperitonäalen 
oder  subkutanen  Leistenringe).  Sind  beide  Gesamthoden  in  dieser  oder  jener  Lage 
zurückgehalten  worden,  so  spricht  man  von  Kryptorchismus,  wenn  nur  einer,  von 
Monokryptorchismus;  als  Monorchismus  endlich  müssen  diejenigen  Zustände  be- 
zeichnet werden,  bei  denen  überhaupt  nur  ein  Hoden  zur  Entwicklung  gekommen  ist. 
Anorchismus  ist  das  angeborene  Fehlen  beider  Hoden.  Retinirte  Hoden  werden 
vor   der  Zeit  —  früher  oder  später  —  stets  atrophisch  i). 


1)  Stilling,  H.,  Versuche  über  die  Atrophie  des  verlagerten  Hoden.  Traveaux 
de  ITnstitut  pathologique  de  Lausanne.  L  Fase.  Jena,  Fischer,  1895.  (Mit  Literatur.)  — 
Griffiths,  J.,   The  structural  changes  in  the  testicie  of  the  dog  when  it  is  replaced 


396  Pathologische  Zustände  des  Hoden,  des  Samenstranges  etc. 

Von  allen  diesen  Zuständen  ist  der  Leisten h öden  der  praktisch  wichtigste 
wegen  der  Beschwerden,  welche  er,  vor  allem  bei  eintretender  Mannbarkeit,  ver- 
ursacht, abgesehen  von  der  Gefahr  der  Atrophie,  der  Entwicklung  von  Neubildungen, 
und  von  diagnostischen  Verwechslungen,  insbesondere  mit  Hernien,  üebrigens  können 
letztere,  sowie  auch  Hydrocele  mit  Leistenhoden  kombinirt  sein. 

Die  Ursachen  aller  dieser  Lageveränderungen  sind  noch  nicht  aufgeklärt;  sie 
hängen  meist  mit  gestörten  entwicklungsgeschichtlichen  Vorgängen  zusammen;  vgl. 
den  Abschnitt:  Entwicklungsgeschichte. 

Erworbene  totale  Lageveränderungen  des  Hodenapparates,  die  zu  Ektopien 
führen,  und  bei  denen  die  kutanen  Hüllen  unverletzt  sind,  bezeichnet  man  als 
Luxatio  testis;  es  sind  Fälle  bekannt,  wo  in  solcher  Veranlassung  beide  Hoden  in 
die  Tnguinalkanäle  zurückgedrängt  wurden.  Starker  Kremasterzug  kann  hierbei  mit- 
wirken. Bei  den  angeborenen  P^ktopien  hängt  der  Gesamthoden,  ohne  hintere  mesor- 
chiale  Anheftung,  an  seinen  Gefässen  und  an  dem  Ductus  deferens  gleichsam  frei  wie 
an  einem  Stiel  —  Testis  pediculatus  — ;  hierbei  besteht  die  Gefahr  einer  Torsion 
des  Gefässbündels  mit  ihren  oft  verhängnissvollen  Folgen.  Sind  die  sämtlichen  Hüllen 
des  Hoden  samt  der  Skrotalhaut  verletzt,  und  tritt  dabei  eine  Lageveränderung  der 
Art  ein,  dass  der  Hodenapparat  durch  die  Verletzungsstelle  vorfällt,  so  bezeichnet 
man  das  als  „Prolapsus  testis". 

Als  idiotopische  Lageveränderungen  des  Hodenapparates  sind  solche  zu 
bezeichnen,  bei  denen  Abweichungen  in  der  Lage  der  einzelnen  Theile  dieses  Appa- 
rates zu  einander  bestehen,  während  der  ganze  Apparat  an  seiner  normalen  Stelle 
entweder  bleiben  kann,  oder  eine  oder  die  andere  der  genannten  totalen  Lage  Ver- 
änderungen erleidet.  So  kann  sich,  wie  vorhin  erwähnt,  die  Lage  des  Nebenhoden 
zum  Hoden  bei  Hydrocelen  beträchtlich  ändern;  auch  in  der  Lage  des  Gefässbündels 
und  des  Ductus  deferens  zum  Hoden  können  Abweichungen  vorkommen. 

VL  Neubildungen.  Es  sind  alle  möglichen  Formen  beschrieben;  nur  das 
Lipom  scheint  dem  Hoden  zu  fehlen,  während  es  im  Samenstrange  beobachtet  ist. 
Hier  erklärt  sich  sein  Vorkommen  aus  den  Fettläppchen,  welche  im  lockeren  Binde- 
gewebe des  Funiculus  sehr  häufig  gefunden  werden  und  von  dem  subperitonäalen  Fett- 
gewebe herzuleiten  sind.  An  den  Scheidenhäuten  und  im  Samenstrange  sind  Neu- 
bildungen im  ganzen  selten  und  beschränken  sich,  abgesehen  von  den  wenigen 
Lipomen,  meist  auf  Fibrome  und  Sarkome.  Auch  am  Ductus  deferens  und  Neben- 
hoden sind  originäre  Neoplasmen  sehr  selten.  Desto  häufiger  wird  der  Hoden  er- 
griffen. Nach  den  vorhin  kurz  besprochenen  Struktur-Bestandtheilen  wären  vor  allem 
die  epithelialen,  vom  Inhalte  der  Samenkanälchen  ausgehenden  Tumoren  von  den 
bindegewebigen  zu  trennen.  Zu  der  ersteren  Gruppe  gehören,  wie  das  Langhans 
eingehend  dargethan  hat,  die  Karzinome  und  die  Kystome;  sie  werden  auf  die 
runden  Hodenzellen  zurückgeführt.  Die  bindegewebigen  Wucherungen  liefern  die 
(seltenen)  Fibrome  und  Osteome,  die  ziemlich  häufigen  Chondrome  und  Myxome, 
sowie  die  Sarkome,  welche  unter  den  bindegewebigen  Hodenneubildungen  die  erste 
Stelle  einnehmen. 

Es  ist  noch  nicht  sicher  ausgemacht,  welche  Rolle  die  interstitiell  enHoden- 
Zellen  bei  der  Entwicklung  der  Sarkome  spielen.  Ich  verfüge  über  Beobachtungen, 
denen  zufolge  sie  sich  an  Neubildungen  gleichfalls  betheiligen. 

Sehr  auffällig  ist  das  häufige  Vorkommen  von  Mischgeschwülsten;  reine 
Chondrome  oder  Sarkome  kommen  z.  B.  kaum  vor;  fast  immer  sind  sie  mit  epithelialen, 
oft  cystischen  Neubildungen  vergesellschaftet;  dies  gibt  zu  äusserst  komplicirten  Bil- 
dungen, bei  denen  sich  auch  Muskelgewebe  betheiligen  kann,  Veranlassung. 


within  the  abdominal  cavity.   Journ.  of  anat.  and  phys.  cond.  by  Humphry,  Turnef 
and  M'Kendrick.    Vol.  XXVII.  p.  483.    1893.  —  S.  a.  Ibid.  Vol.  XXVIII.  p.  209.  1894. 


Männliche  Harnröhre.  397 

Der  Weiterverbreitung  der  Neubildungen  steht  bei  der  reichen  Entwicklung  von 
Venen  und  Lymphgefässen  mit  weiten  spaltförmigen  Wurzeln  Thür  und  Thor  offen. 
Eklatant  ist  in  dieser  Beziehung  ein  von  mir^)  beschriebener  Fall,  wo  myxomatöse 
schlauchförmige  Wucherungen  mit  der  Wand  der  Venen  in  Verbindung  standen  und 
weit  hinauf  in  den  Venen  des  Samenstranges  gefunden  wurden,  ferner  eine  jüngst  von 
V.  Recklinghausen  mitgetheilte  Beobachtung 2),  wo  die  Einwucherung  in  die  Lymph- 
gefässe  hervortrat.  Nach  der  Beschaffenheit  der  Muttergewebe  ist  es  verständlich, 
wenn  die  meisten  Krebse  wie  Sarkome  des  Hoden  zu  den  weichen  Formen  ihrer  Art 
gehören.  Ich  hege  die  Meinung,  dass  die  Mischgeschwülste  des  Hoden,  wenn  sie 
atheromatöse  Kysten,  gestreifte  Muskelmassen  und  Knorpel  enthalten,  ätiologisch  zu 
den  Dermoiden  zu  stellen  seien. 

Fast  alle  genannten  pathologischen  Affektionen  des  Hoden,  des  Nebenhoden 
und  der  Hüllen  führen  in  erster  Linie  zu  Schwellungen.  Findet  sich  eine  Schwellung 
in  der  Leistengegend  oder  am  Scrotum,  so  ist  zunächst  an  eine  Hernie  zu  denken; 
nach  Ausschluss  dieser  kommen  die  H^'drocelen,  die  Varicocele  und  die  entzündlichen 
Schwellungen  an  die  Reihe,  dann  die  Neubildungen;  nicht  selten  liegen  aber  Kombi- 
nationen dieser  Zustände  vor,  insbesondere,  wie  bemerkt,  die  von  Hernien  mit  Hydro- 
celen.  Für  die  Diagnostik  spielen  die  mitgetheilten  anatomischen  Daten  die  wich- 
tigste Rollet). 

Allgemeinerkrankungen  zeigen  einen  erheblichen  Einfluss  auf  die  Sa- 
menbereitung. Cordes,  I.e.  [S.  392]  fand  bei  akuten  Erkrankungen  in  75  pct.  geringe 
oder  gänzlich  fehlende  Samenproduktion.  Bei  chronischen  Krankheiten  scheint  es  auf 
den  Grad  der  Kachexie  anzukommen. 

Nach  den  Untersuchungen  von  Ribbert  (Virchows  Arch.  1890,  S.  247,  Bd.  120) 
scheint  bei  Thieren  eine  kompensatorische  Hypertrophie  des  Hoden  vorzukommen; 
auch  beim  Menschen  sprechen  manche  Beobachtungen  dafür. 

Männliche  Harnröhre  (Urethra  virUis). 
Nach  den  Schilderungen  des  Dammes  und  der  männlichen  Geschlechts- 
organe ist  es  nunmehr  möglich,  eine  zusammenhängende  topographische  Dar- 
stellung der  männlichen  Harnröhre  zu  geben.  Dabei  können  die  Eintheilung 
dieses  Rohres  in  verschiedene  Abschnitte  sowie  die  praktisch  wichtigen  Bau- 
verhältnisse desselben  nicht  übergangen  werden. 

Form  und  Hanpttheile  der  männlichen  Harnröhre.    Feste  und  bewegliche 

Abschnitte  derselben. 

Die  männliche  Urethra  bildet  bei  ersehlaflftem  Penis  im  ganzen  ein 
«^-förmig  gekrümmtes  Rohr  von  der  Stärke  eines  Seh  wanenfederkieles  und  der 
Länge  einer  Mamishand  (s.  die  Maasstabelle  und  Fig.  75  a)*^). 

1)  Waldeyer,  Myxoma  intravasculare  arborescens  funiculi  spermatici,  zugleich 
ein  Beitrag  zur  Kenntniss  des  CvHndroms.  Virchow's  Arch.  f.  pathol.  Anatomie,  44.  Bd., 
S.  83.   1868. 

2)  Recklinghausen,  F.  v.,  Hoden-  und  Nierentumoren.  Deutsche  medizinische 
Wochenschrift.  1898.  Nr.  9  (3.  März).  Vereinsbeilage. 

3)  Vgl.  über  die  pathologischen  Verhältnisse  des  gesamten  Hodenapparates: 
Kocher,  Th.,  Die  Krankheiten  der  männlichen  Geschlechtsorgane.  Stuttgart,  1887. 
(Deutsche  Chirurgie  Lief.  50  b.) 

4)  Man  hat  die  Form  der  männlichen  Harnröhre  bei  erschlafftem  Penis  mit  der 
eines  lateinischen  S  verglichen.  Dies  stimmt  ungefähr;  jedoch  muss  man  das  S  qner 
legen   und   den    betreffenden  Körper   im  Profil   so   zu  sich  stellen,   dass  man  dessen 


398  Männliche  Harnröhre:  Form,  Theile;  feste  u.  bewegliche  Abschnitte. 

Nach  den  von  ihr  durchsetzten  Gebilden  kann  man  an  der  Harnröhre 
unterscheiden:  1)  die  Pars  intramuralis,  2)  die  Pars  prostatica,  3)  die 
Pars  trigonalis  (membranacea  BNA.),  4)  die  Pars  praetrigonalis  (bul- 
bosa),  und  5)  die  Pars  cavernosa;  dazu  kommen  noch  die  beiden  Mündun- 
gen, das  Orificium  urethrae  internum  und  externum. 

Nach  den  Körpergegenden,  welche  die  Harnröhre  durchläuft,  hat  man 
1)  einen  Beckentheil  —  Pars  pelvina,  —  2)  einen  Dammtheil  —  Pars 
perinealis,  —  3)  einen  Penistheil  —  Pars  penis  zu  unterscheiden.  Diese 
letztere  Betrachtung  der  Harnröhre  ist  praktisch  von  grösster  Wichtigkeit,  weil 
sie  uns,  neben  der  topographischen  Lage,  auch  Aufschluss  über  die  verschiedene 
Beweglichkeit  des  Kanales  gibt,  wovon  alsbald  genauer  die  Rede  sein  soll. 
Der  Beckentheil  ist  der  oberhalb  des  Trigonum  urogenitale  gelegene  Abschnitt; 
er  verläuft  (bei  aufrechter  Stellung)  im  grossen  und  ganzen  senkrecht  nach 
abwärts  und  befindet  sich  an  den  meisten  Becken  oberhalb  der  zwischen  Angu- 
lus  pubis  und  Steissbeinspitze  gezogenen  Linie  (D.  r.  ex.  Fig.  25).  Er  geht 
in  den  Dammtheil  über  durch  einen  kurzen  gekrümmten  Abschnitt,  die  Curva- 
tura  SU b pubica  urethrae;  diese  liegt  genau  unter  dem  Angulus  pubis, 
grösstentheils  eingeschlossen  in  das  Trigonum  urogenitale  und  entspricht  (nach 
Gely)  durchschnittlich  dem  Bogenabschnitte  eines  Kreises  von  etwa  6  cm 
Radius.  Der  Dammtheil  verläuft  ziemlich  horizontal  und,  bei  natürlicher  Hal- 
tung des  erschlafften  Penis,  ein  wenig  nach  vorn  aufsteigend  (s.  Fig.  75a). 
Er  liegt  in  der  Pars  fixa  des  Penis  (s.  S.  354)  und  endet  mit  dieser  am  Ueber- 
gange  derselben  in  die  Pars  libera  oder  copulatrix  des  Gliedes,  welche  den 
dritten  Theil  der  Harnröhre,  die  Pars  penis,  enthält.  Der  üebergang  des 
zweiten  in  den  dritten  Theil  vollzieht  sich  mittelst  einer  zweiten,  schärferen 
Krümmung,  der  Curvatura  praepubica. 

Nur  die  Curvatura  subpubica  ist  eine  feste  und  bestimmte  und  hat  einzig 
und  allein  praktischen  Werth;  die  Curvatura  praepubica  ändert  sich  leicht  mit 
der  Haltunj^  des  Gliedes.  Sie  ist  hier  so  geschildert  und  in  Fi^.  75  a  dargestellt,  wie 
sie  erscheint,  wenn  die  Pars  libera  penis  flaccidi  ihre  natürliche  Haltung  bewahrt, 
wie  sie  bei  liegender  oder  aufrechter  Stellung"  der  Leiche  ohne  Zerrung  oder  Druck 
des  Penis  ist.  Beim  Gefrierenlassen  der  Leichen  oder  Erhärten  derselben  zur  Vor- 
bereitung für  Durchschnitte,  kommen  leicht  solche  Zerrungen  oder  kleine  Verschie- 
bungen vor,  und  dann  ändert  sich  sofort  die  Curvatura  praepubica  und  damit  der 
Lauf  des  Dammtheiles.  Bei  den  Leichen  älterer  Leute  ist  die  Curvatura  praepubica 
auch  schwächer  ausgeprägt.  Wird  der  Penis  gegen  die  Bauchdecken  erhoben,  wie 
bei  der  Erektion,  so  gleicht  sich  diese  Krümmung  aus,  und  man  bringt  deshalb,  be- 
hufs Einführung  von  Instrumenten  in  den  Dammtheil  oder  Beck  entheil  der  Harnröhre, 
oder  in  die  Blase  (Sondirung,  Katheterismus)  den  Penis  in  diese  Lage. 

Dass  der  dritte  Abschnitt  der  Urethra  als  Penistheil  bezeichnet  wird,  wo  doch 
der  zweite  auch  bereits  im  Penis  liegt,  rechtfertigt  sich  aus  dem  Sprachgebrauchc 
unter  „Penis"  gewöhnlich  nur  die  Pars  libera  (copulatrix)  des  Gliedes  zu  verstehen. 

Was    nun    die    verschiedene  Beweglichkeit    der  Harnröhre   anlangt, 

Rücken  fläche  zur  Linken  hat,  wenn  man  seine  rechte  Seite  betrachtet;  der  rechte 
Schenkel  des  S  entspricht  dann  der  Pars  pendula  der  Urethra.  Das  Spiegelbild  der 
Fig.  75a  erfüllt  diese  Bedingungen. 


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iirrr    lüirr    d:is    »iii-rfriliilr    I tistriiiiinil,    suihJitii    drr    II:!ii|itl!ihil    Aw   Fiiliriiii- 


400  Männliche  Harnröhre:  Anatomie  ihrer  einzehien  Theile. 

wird  von  der  festliegenden  Harnröhre  übernommen,  und  der  Arzt  hat  sieh  nach 
ihr  zu  richten. 

Hierzu  ist  noch  wichtig  zu  beachten,  dass  wir  in  der  Urethra  fixa 
verschiedene  Grade  der  Festlegung  des  Kanales  zu  unterscheiden  haben.  Ab- 
solut fest  ist  nur  der  im  Trigonum  urogenitale  liegende  Abschnitt,  die  Pars 
trigonalis  (membranacea),  welcher,  wie  wir  sahen,  hauptsächlich  die  Curva- 
tura  subpubica  zufällt;  weniger  fest  sind  der  übrige  (grössere)  Daramtheil  und 
der  Beckentheil  (die  Pars  prostatica  und  intramuralis),  welcher  letztere  um  so 
beweglicher  wird,  je  mehr  wir  uns  der  Harnblase  nähern.  Der  Damratheil 
ist  —  und  das  ist  ein  Punkt  von  äusscrster  Wichtigkeit  für  den 
Katlieterismus  oder  die  Sondirung  —  am  meisten  beweglich  dicht 
vor  der  Pars  trigonalis,  also  unmittelbar  vor  dem  festesten  Theile. 
Die  Harnröhre  liegt  hier  vor  und  oberhalb  des  Bulbus  urethrae,  welcher  leicht 
nach  hinten  und  abwärts  verschieblich  ist;  wir  bezeichneten  diesen  kurzen  Ab- 
schnitt als  „Pars  praetrigonalis",    s.  das  folgende  Kapitel. 

Man  kann  endlich  die  Harnröhre  eintheilen  nach  der  Entwicklung  der- 
selben, womit  auch  zugleich  eine  physiologische  Eintheilung  verbunden 
ist.  Sie  zerfällt  darnach  in  eine  Urethra  posterior,  welche  vom  Ori- 
ficium  internum  bis  zur  Mündung  der  Ductus  ejaculatorii  reicht,  und  in  eine 
Urethra  anterior,  von  da  bis  zum  Orificium  cxtcrnum.  (S.  die  Entwicke- 
lungsgeschichte.)  Die  Urethra  posterior  ist  reiner  Harnweg  und  kann  demnach 
auch  als  „Urethra  propria"  bezeichnet  werden;  die  Urethra  anterior  ist  Harn- 
und  Samenweg,  „Urethra  ambigua". 

Anatomie  der  einzelnen  Theile  der  Urethra. 

Das  Orificium  urethrae  internum  ist  bereits  bei  dem  Kapitel 
„Harnblase"  besprochen  worden. 

Pars  intramuralis  urethrae. 

Es  ist  nicht  unwichtig,  diesen  Theil  der  Harnröhre,  welcher  den  in  der 
Dicke  der  Blasenwand  selbst  gelegenen  kurzen  Abschnitt  begreift,  besonders 
hervorzuheben.  Derselbe  (s.  Fig.  75  b  1)  ist  unter  gewöhnlichen  Verhältnissen 
merklich  enger  als  der  folgende  Abschnitt,  die  Pars  prostatica;  vorn  und  seit- 
lieh ist  er  von  einer  Verdickung  der  Eingmuskulatur  der  Blase  umgeben,  hinten 
von  der  starken  Muskulatur  des  Trigonum  vesicae  (s.  S.  296).  Dieser  Muskel- 
ring wird  als  A  n  n  u  1  u  s  u  r  e  t  h  r  a  1  i  s  bezeichnet  (BNA.  —  Annulus  prostaticus 
Dittel)^).  Bei  stark  ausgedehnter  Blase  wird  natürlich  die  Pars  intramuralis 
urethrae  erheblich  verkürzt.     Sie  ist  leicht  zu  erweitern. 

Pars  prostatica  (Fig\  75  b  2). 
Die  Pars  prostatica  gehört  zu  den  weiten  Theilen  der  Harnröhre  und  ist 
ausserdem  sehr  erweiterungsfähig.     Man  sieht  in   ihr,    ziemlich   genau   in   der 

1)  Dittel,  L.,  Strieturen  der  Harnröhre.  Deutsche  Chirurgie,  herausg'eg'cben 
von  Billroth  und  Luecke.    Lief.  49.   Stuttgart,  Euke.    1880.  [S.  12.] 


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40ä  Männliche  ÖarnrÖhre:  Pars  trigonalis  (membranaceaV 

In  diese  Sulci  münden  die  meisten  Ausftihrungsgänge  der  Prostatadrüsen, 
namentlich  die  beiden  grösseren.     S.  Kapitel:  Prostata,  S.  338. 

Die  Crista  urethralis  und  die  Frenula  cristae  wurden  S.  337  erwähnt.  — 
Auch  der  Annulus  urethralis  und  die  Fossula  prostatiea  sind  bei  der  Einfüh- 
rung von  Instrumenten  zu  beachten. 

Wichtig  ist  die  Bestimmung  der  Lage  der  Harnröhre  in  der  Pro- 
stata. In  den  oberen  drei  Vierteln  der  Strecke  liegt  dieselbe  der  vorderen 
Wand  bedeutend  näher;  im  unteren  Viertel  nimmt  sie  die  Mitte  der  Prostata 
ein  und  gelangt  im  Schnabel  der  letzteren  mitunter  hinter  die  Mitte.  S.  Fi^^- 
75  a  und  75  b;  Fig.  111  kann  zur  Abschätzung  der  seitlichen  Entfernungen, 
welche  beiderseits  gleich  sind,  benutzt  werden. 

Pars  trigonalis  (raembranacea)  (Fig.  75  b  3). 

Mit  dem  Namen  „Pars  trigonalis"  bezeichne  ich  denjenigen  Theil  der 
Urethra,  welcher  fest  in  das  Trigonum  urogenitale  eingelassen  ist;  er  durch- 
setzt dasselbe  in  schräger  Richtung  von  hinten  oben  nach  vorn  unten.  Mit 
diesem  Abs chnitte  beginnt  dieCurvatura  subpubica,  welche  ihren  Scheitel- 
punkt in  der  zum  folgenden  Abschnitte,  der  Pars  praetrigonalis  gehörigen  Fossa 
bulbi  erreicht  und  im  hinteren  Theile  der  Pars  cavernosa  endet.  Vergl- 
Fig.  75  b,  wo  die  vordere  Grenze  der  Curvatur  durch  eine  zwischen  4  und  5 
liegende  weisspunktirtc  Linie  bezeichnet  ist. 

Die  Pars  trigonalis  der  Harnröhre  ist  nur  so  weit  zu  rechnen,  als  die 
letztere  in  der  That  im  Trigonum  urogenitale  verläuft;  beckenwärts  bildet  die 
auf  die  Beckenfläche  des  Musculus  trigoni  urogenitalis  sich  fortsetzende  Fascia 
pelvis  die  Grenze,  dammwärts  die  Aponeurosis  trigoni,  welche,  namentlich  von 
beiden  Seiten  her,  die  Harnröhre  erreicht.  Die  beste  Vorstellung  von  der  Aus- 
dehnung und  der  Lage  der  Pars  trigonalis  gibt  ein  Frontalschnitt,  wie  er  in 
Fig.  111  abgebildet  ist.  Auf  einem  Medianschnitte  liegt,  namentlich  vorn,  die 
Sache  nicht  so  klar,  weil  sich  da  die  Muskulatur  des  Trigonum  in  die  Pro- 
stata fortsetzt.  Fehlt  dann,  wie  es  nicht  selten  der  Fall  ist,  vorn  die  Drüsen- 
substanz der  Prostata,  dann  ist  es  unmöglich,  eine  genaue  Grenze  der  letzteren 
hier  festzustellen ;  hinten  reicht  die  Drüsensubstanz,  deutlich  erkennbar,  bis  zum 
Musculus  trigoni  urogenitalis  herab.  Man  wird  also  von  hier  aus  die  Grenzen 
der  Pars  trigonalis  urethrae  zu  bestimmen  haben.  Die  untere  (Damm-)  Grenze 
am  hinteren  Umfange  ergibt  sich  durch  das  kavernöse  Gewebe  des  Bulbus 
urethrae,  am  vorderen  Umfange  durch  das  Ligamentum  praeurethrale. 

Die  Crista  urethralis  setzt  sich  in  die  Pars  trigonalis  fort,  und  löst  sich 
dort  in  feinere  Längsfalten  auf,  welche  sich  auch  noch  in  die  folgende  Ab- 
theilung hinüberziehen.    (S.  auch  S.  337 :  Frenula  cristae.) 

Pars  praetrigonalis;  Fossa  bulbi  (Fig.  75b  4). 
An  der  vorderen  Harnröhren  wand  beginnt  mit  dem  Ende  des  Ligamentum 
praeurethrale  nicht  sofort   das   kavernöse  Gewebe  des  Schwellkörpers  der  Harn- 
röhre,   sondern  0,5—1  cm  weiter    distal.     Hinten    findet    man   dagegen    schon 
kavernöses    Gewebe,     das    des    Bulbus   urethrae,    welches,   je   weiter    distal; 


Harnröhre:  Pars  praetrigonalis.  403 

desto  mehr  die  Harnröhre  von  den  Seiten  her  umsehlicsst,  bis  die  gänzliche 
kavernöse  Umhüllung  erreicht  ist.  Von  hier  ab  ist  erst  die  Pars  cavernosa 
urethrae  m  rechnen.  Es  besteht  also  ein  Abschnitt  der  Harnröhre  zwischen 
der  Pars  trigonalis  und  der  Pars  cavernosa,  welcher  mit  Fug  keinem  dieser 
beiden  Abschnitte  zugerechnet  werden  kann,  und  der  sich  durch  manche  wich- 
tige Besonderheiten  auszeichnet;  er  mag  als  Pars  praetrigonalis  bezeich- 
net werden^).     In  Fig.  75b  entspricht  ihm  die  mit  4  markirte  Strecke. 

Die  Besonderheiten  dieses  Abschnittes  sind  folgende:  Die  vordere  Wand 
der  Harnröhre  ist  hier  die  dünnste,  welche  sie  überhaupt  besitzt;  ausser  der 
Schleimhaut  und  dem  submukösen  Venennetze  wird  sie  nur  von  den  letzten 
dünnen  Ausläufern  der  glatten  Harnröhrenmuskulatur  gebildet,  welche  sich  in 
der  Pars  cavernosa  dann  gänzlich  verlieren.  Vorn  grenzt  diese  dünne  nach- 
giebige Wand  unmittelbar  an  das  ebenfalls  nachgiebige,  lockere  subsymphysiäre 
Bindcgew^ebe,  in  welchem  die  Nervi  und  Vasa  dorsalia  penis  verlaufen.  Hinten 
und  zu  den  Seiten  liegt  der  Harnröhre  das  dicke  Polster  des  kavernösen  Bul- 
busgewebes  an,  welches  von  allen  Abschnitten  des  kavernösen  Schwellgewebes 
das  nachgiebigste  ist.  Besonders  wichtig  ist  nun  aber  der  Umstand,  dass  hier 
eine  beständige  und  erhebliche  Erw^eiterung  des  Harnröhrenlumens  zum  Bulbus 
hin  besteht,  die  Fossa  bulbi  (Hyrtl),  s.  Fig.  75b,  welche  nach  hinten  und 
oben  fast  unvermittelt  in  die  enge,  unnachgiebige  und  festgelegte  Pars  trigonalis 
tibergeht,  während  sie  vorn  sich  allmählich  zur  Pars  cavernosa  verjüngt.  Dazu 
kommt,  dass  mit  der  Pars  praetrigonalis  die  Curvatura  subpubica  beginnt.  Dies 
ist  also  die  kritische  Stelle,  bei  deren  Passiren  ein  in  die  Blase  einzuführendes 
Instrument  seinen  bisherigen  Weg  ändern  muss.  Ferner  kann  in  der  Pars 
praetrigonalis  wegen  der  Fossa  und  wegen  der  nachgiebigen  Wände  das  In- 
strument —  der  Katheter  z.  B.  —  leicht  nach  allen  Seiten  abweichen,  wäh- 
rend er  unmittelbar  darauf  in  die  engste  und  zugleich  unbeweglichste  Strecke 
der  ganzen  Harnröhre  einzutreten  hat.  Endlich  ist,  als  ein  sehr  zu  berück- 
sichtigender Punkt,  das  Ligamentum  praeurethrale  zu  nennen,  durch 
welches  bei  zu  früher  Senkung  des  Instrumentes  oder  zu  weiter  Führung  des- 
selben nach  vorn  eine  Hemmung  eintreten  kann,  w^obei  noch  die  vordere  dünne, 
nachgiebige,  leicht  verletzbare  Wand  dieses  Harnröhrenabschnittes  zu  bedenken 
ist.  —  Hat  das  Instrument  einmal  die  Pars  trigonalis  passirt,  so  pflegen  sich 
ihm  in  einer  normalen,  selbst  in  einer  nicht  zu  stark  veränderten  Prostata 
keine  Hindernisse  mehr  entgegen  zu  stellen,  es  sei  denn  eine  tiefe  Fossula 
prostatica  mit  starkem  Annulus  urethralis  vorhanden  (S.  400  u.  402). 

Pars  cavernosa. 

Die  Pars  cavernosa  beginnt  hinten  da,  wo  die  Harnröhre  allseitig  von  ihrem 

1)  Testut,  Trait6  d'anatomie  hutnaine,  3l^me  ^dit.,  führt  ihn  als  dritten  (unteren) 
Abschnitt  seiner  Pars  menibranacea  auf;  J.  v.  Gerlach,  Lehrbuch  der  Anatomie,  Er- 
langen, 1890,  S.  747,  nennt  ihn  „Pars  praediaphragmatica«;  die  Pars  membranacea 
^vird  bei  ihm  als  Pars  diaphragmatica  bezeichnet.  —  In  der  von  J.  v.  Ger  lach  gege- 
benen Figur  zeigt  die  Fossa  bulbi  einen  hinteren  besonderen  Blindsack.  Das  kommt 
vor,  namentlich  bei  alten  Leuten;  es  ist  aber  schon  als  eine  Abnormität  zu  bezeichnen, 


4o4  Harnröhre:  Pars  cävemosa.    Form,  Lauf  und  Kaliber. 

Scliwellkörper  umgeben  ist.  Die  betreifende  Stelle  an  der  oberen  Wand  hebt 
sich  nicht  sonderlich  scharf  heraus,  da  hier  das  kavernöse  Gewebe  zunächst 
in  sehr  dünner  Lage  auftritt.  In  Fig.  75  b  führt  der  zwischen  3  und  4  gele- 
gene Punktstrich  mit  seinem  vorderen  Ende  dorthin.  Dieser  Abschnitt  der 
Harnröhre  ist  der  längste,  und  endet  vorn  mit  dem  Orificium  extermun. 

In  der  Pars  cavernosa  zeigen  sich  zumeist  in  der  Mitte  der  oberen 
Wand  die  grösseren  Morgagni'schen  Lakunen  (Lacunae  urethrales)., 
seitlich  davon  in  zwei  Längsreihen  die  kleineren;  doch  kommen  solche  ver- 
einzelt auch  noch  an  anderen  Stellen  vor.  —  An  der  unteren  Wand  finden 
sich  im  Anfangstheile  der  kavernösen  Harnröhrenstrecke  die  beiden  symmetrisch 
gelegenen  Mündungen  der  Glandulae  bulbourethrales;  sie  sind  nicht 
leicht  von  grösseren  Morgagni 'sehen  Lakunen  zu  unterscheiden.  S.  w.  u. 
Kapitel:  „Glandulae  bulbourethrales^. 

In  der  Eichel  erweitert  sich  die  Harnröhre  zum  dritten  Male,  und  zw^ar 
zur  Fossa  navicularis  (Morgagni i).  An  der  oberen  Wand  dieser 
Fossa,  etwa  1 — 1,5  cm  vom  Orificium  externum  entfernt,  findet  man  häufig  den 
Sinus  fossae  navicularis  mit  der  ihn  von  unten  deckenden,  dünnen, 
halbmondförmigen  Schleimhautfalte,  Valvula  fossae  navicularis^).  In 
dieser  Tasche,  sowie  in  einer  der  grösseren  Morgagni'schen  Lakunen  kann 
sich  w^ohl  die  Spitze  eines  dünnen  Bougies  verfangen,  zumal  die  Oeffnungcn 
dieser  Taschen  gegen  das  Orificium  urethrae  externum  gerichtet  sind.  Es 
empfiehlt  sich  daher,  alle  dünneren  Instrumente  (Sonden,  Bougies)  an  der  un- 
teren Wand  vorzuschieben.  Der  Sinus  fossae  navicularis  pflegt  5—8  mm  tief 
zu  sein. 

Form,  Lauf  und  Kaliber  der  Harnröhre. 

Die  leere  Harnröhre  zeigt  in  ihrer  Pars  prostatica  nahe  der  Blase  ein 
rundlich  sternförmiges  Lumen,  im  Anschlüsse  an  die  Gestalt  des  Orificium  inter- 
num.  Weiter  abwärts  (Fossa  prostatica)  gleicht  es  einem  Querspalt  mit  etwas 
ausgeweiteten  seitlichen  Ecken,  dann,  in  der  Gegend  des  Colliculus,  wird  es 
bogenförmig,  weiterhin  in  der  Pars  cavernosa  wieder  querspaltig,  dicht  an  der 
Eichclbasis  _L-förmig,  endlich  in  der  Eichel  vcrtikalspaltig,  geradeso  wie  am 
Orificium  externum. 

Der  Verlauf  der  Harnröhre  im  ganzen  wurde  schon  zu  Anfang  dieses 
Kapitels  beschrieben;  es  ist  aber  noch  darauf  aufmerksam  zu  machen,  dass 
beim  Durchlaufen  von  Flüssigkeiten,  wie  bei  der  Miktion,  nicht  nur  die  ver- 
schiedenen Lichtungsformen  zu  einer  rundliehen  werden,  sondern  dass  auch  der 
Kanal  im  ganzen  eine  leichte  seitliche  Biegung  macht,  welche  bei  Iiyektionen 
mit  leichtflüssigem  Metall  sich  fixiren  läset. 

Der  Gang  dieser  Biegung  scheint  nicht  stets  derselbe  zu  sein;  es  gibt  Fälle,  i^ 
denen  in  der  Gegend  der  Pars  praetrigonalis  die  Harnröhre  (von  hinten  gesehen)  z^^* 


1)  Guerin'sche  Tasche,  Guerin'sche  Palte.  S.  Guerin,  Alphonse  F.  M.,  K*^" 
ments  de  eliirurgie  operatoire.  I.  edit.  18r)5;  ferner  in  Gazette  med.  de  Paris,  18^"* 
Nro.  30  et  o^y. 


Muskulatur  der  Harnröhre.  405 

nächst  nach  links  abweicht,   um  dann  wieder  nach  rechts  einzubiegen;   es  gibt  aber 
auch  umgekehrt  verlaufende  Bie^-ung-en. 

Das  Kaliber  der  Harnröhre  ist  imOrificium  externuni  am  engsten, 
wozu  der  dasselbe  umgebende  fibrös-elastische  King  das  Seinige  beiträgt.  Es 
folgt  0,5  cm  hinter  demselben  die  weite  Fossa  navicularis,  dann  eine  massige 
Verengerung,  welche  in  den  sich  gleichbleibenden  mittelweiten  Kanal  der  Pars 
cavernosa  überleitet.  Die  Fossa  b  u  1  b  i  bildet  eine  zweiteEr  Weiterung, 
der  eine  starke  Verengerung,  CoIIet  du  ßulbe  der  französischen 
Autoren,  am  Beginne  der  Pars  trigonalis  folgt;  letztere  ist  nächst  dem  Ori- 
ficium  externum  und  dem  Collet  du  Bulbe  der  engste  Theil  der  Harnröhre; 
darauf  folgt  in  der  Fossa  prostatica  der  dritte  weite  Abschnitt.  Die  Ge- 
gend des  Annulus  urethralis  und  das  Orificium  internum  sind  wieder  enger, 
S,  w.  u.  die  Maasstabelle. 


Muskulatur  der  Harnröhre. 

Die  Muskulatur  der  Harnröhre  zerfällt  in  eine  innere  glatte,  unwill- 
kürliche und  in  eine  äussere,  gestreifte,  willkürliche.  Die  erstere  ist 
eine  Dependenz  des  Trigonum  vesicae  und,  durch  dieses,  der  Ureteren- 
muskulatur;  die  gestreifte  gehört  zur  Dammmuskulatur. 

Die  glatte  Muskulatur  hat  in  der  Hauptmasse  ihren  Sitz  näher  zur  Blase 
hin,  also  näher  zur  Eingeweidemuskulatur;  die  gestreifte  am  Damme,  also  näher 
der  Skelet-  und  Hautmuskulatur.  Beide  Muskulaturen  gehen  distal  über  die 
Pars  praetrigonalis  nicht  weit  hinaus.  Die  glatte  Muskulatur,  welche  proximal 
eher  beginnt,  endet  früher  distal;  man  sieht  sie  am  Anfangstheile  der  Pars 
cavernosa  in  einzelne  Bündel  sich  auflösen,  welche  mit  der  Muskulatur  des 
kavernösen  Gewebes  sich  in  Verbindung  setzen.  Die  gestreifte  Muskulatur,  zu 
der  hauptsächlich  der  Musculus  trigoni  urogenitalis  und  der  M.  bulbo- 
cavernosus  zu  rechnen  sind,  beginnt  später  proximal,  reicht  aber  dafür  weiter 
distal,  als  die  glatte. 

Im  grossen  und  ganzen  ist  also  die  relativ  sehr  kräftige  Muskulatur  der 
männlichen  Harnröhre  auf  deren  hinteren  Damm  theil  und  deren  Beck  en- 
theil beschränkt;  dies  bedingt  wieder  eine  äusserst  wichtige  Eintheilung  der 
Harnröhre  in  einen  muskulösen  und  einen  muskelfreien  Theil. 

Die  Wichtigkeit  dieses  Unterschiedes  ergibt  sich  bei  der  Einführung  eines  In- 
strumentes, bei  sonstigen  Operationen  an  der  Harnröhre  und  bei  Verletzungen  der- 
selben; im  muskulösen  Theile  ist  dabei  immer  mit  der  Muskelaktion  zu  rechnen. 

Der  glatte  Harnröhrenmuskel  zeigt  eine  innere  longitudinale  und 
eine  äussere  zirkuläre  Schicht;  die  erstere  (longitudinale)  ist  die  schwächere 
und  begleitet  die  Harnröhre  vom  Trigonum  an,  mit  dessen  innerster  Schicht 
sie  zusammenhängt,  bis  zum  Beginne  der  Pars  cavernosa.  Am  vorderen  Um- 
fange des  Orificium  internum  hängt  sie  mit  der  dort  befindlichen  innersten 
Blasenmuskulatur  zusammen.  Die  K  r  e  i  s  s  c  h  i  c  h  t,  von  H  e  n  1  e  als  „Sphincter 
vesicae  internus"  —  besser  wohl  Sp  hin  et  er  urethrae  laevis,  Lisso- 
sphincter  urethrae  m.  —  benannt,  geht  nach  den  Befunden  von  0.  Ka- 


406  Muskulatur  der  Harnröhre. 

1  i  s  c  h  e  r  ^)  ausschliesslich  aus  den  tieferen  Muskelschichten  des  Trigonum 
vesicae  hervor.  Die  vordere  Partie  der  Blasenringmuskulatur  nimmt  daran  nicht 
Theil;  sie  hilft  zwar  den  „Annulus  urethralis"  s.  vorhin,  bilden,  setzt  sich  aber 
vom  Lissosphincter  urethrae  scharf  ab.  Dies  findet  man  vielfach  unrichtig 
beschrieben.  Die  Hauptrauskulatur  des  Trigonum  zieht  von  hinten  her  schräg 
abwärts  an  beiden  Seiten  der  Harnröhre  herum  nach  vorn  und  vereinigt  sich 
dort,  im  Gebiete  der  Prostata,  zum  Sphincter;  dieser  liegt  also  in  einer  schiefen 
nach  vorn  abwärts  gesenkten  Ebene,  lieber  dem  vorderen,  tiefer  liegenden 
Bogen  des  Sphincterringes  bleibt  der  Platz  frei  für  die  hier  verdickte  Blasen- 
ringmuskulatur, die  in  die  Bildung  des  Annulus  urethralis  eingeht  (Fig.  75  b). 

Wollte  man  etwas  einen  Sphincter  vesicae  nennen,  dann  passt  das  für  die 
Muskulatur  des  Annulus;  es  ist  jedoch  zu  bedenken,  dass  hier,  um  die  Pars  intra- 
muralis  urethrae  herum,  keine  völlig  ausgebildeten  Ringfasern  liegen.  Der  richtige 
Muskelabschluss   der  Harnsäule  wird   erst   durch  den  Lissosphincter  urethrae  bewirkt. 

Die  glatte  Muskulatur  der  Harnröhre  ist  im  Bereiche  der  Prostata  nicht  von 
der  glatten  Muskulatur  dieses  Organes  zu  trennen;  der  Lissosphincter  urethrae  bildet 
einen  Theil  des  Musculus  prostaticus  BNA.  Insbesondere  zeigt  sich  dieses  in  dem 
vor  der  Harnröhre  gelegenen  Prostata- Abschnitte,  in  welchem  die  Drüsensubstanz 
gänzlich  fehlen  oder  auf  unbedeutende  Reste  beschränkt  sein  kann  2). 

Der  aus  schmalen  gestreiften  Muskelfasern  bestehende  willkürliche 
Schliessmuskel  der  Harnröhre,  Sphincter  urethrae  striatus,  Rhab- 
dosphincter  urethrae  ra.,  liegt  dem  glatten  Sphinkter  aussen  auf.  Er  ist 
der  wesentlichste  Theil  des  Musculus  trigoni  urogenitalis  (S.  205).  Damm- 
wärts  (unten)  schliesst  er  sich  an  die  tiefen  Schichten  des  M.  bulbocaver- 
nosus  (Musculus  compressor  hemisphaerium  bulbi  und  compressor  bulbi  proprius 
8.  w.  u.)  unmittelbar  an  und  setzt  sich  beckenwärts,  im  Gebiete  der  Prostata, 
bis  über  das  Niveau  des  Colliculus  seminalis,  also  bis  in  das  Bereich  der  Fossa 
prostatica  der  Harnröhre  fort.  Während  er  aber  an  der  Pars  trigonalis  eine 
kräftig  entwickelte  Schicht  vollkommener  Kreisfasern  aufweist,  hören  solche 
im  Bereiche  der  Prostata  auf.  Hier  befinden  sich  gestreifte  Muskelfasern  nur 
noch  vor  der  Harnröhre;  sie  enden  in  dem  festen  Bindegewebe  an  den  Seiten- 
flächen der  Prostata  mit  elastischen  Sehnen. 

HolP)  unterscheidet  drei  Theile    des  Rhabdosphincter:    1)  den  Compressor 


1)  Kalischer,  0.,  Die  Sphinkteren  der  Harnblase.  Sitzungsber.  des  XH.  intern. 
Kongresses  in  Moskau.    August,  1897. 

2)  In  Fig.  75  b  sieht  man  vorn  nur  einen  kleinen  Theil  Drüsensubstanz  dicht 
über  3,  Man  vergleiche  auch  die  bekannte  instruktive  Figur  in  Henle's  Splanchno- 
logie,  2.  Autl.  Nr.  295.  S.  395.  lieber  den  glatten  Sphinkter  der  Harnblase  bezw.  der 
Harnröhre  hat  jüngst  R.  Versari  aus  Todaro 's  Laboratorium  in  Rom  eine  ein- 
gehende Arbeit  geliefert:  Ricerche  suUa  tonaca  muscolare  della  vesica  urinaria  e  spc- 
cialmente  sul  musculo  sfintere  interno.  Richerche  fatti  nel  Laboratorio  di  Anat.  norm. 
della  R.  Univ.  di  Roma  ed  in  altri  Laboratorii  biologici.  Vol.  VI,  Fase.  1.  1897.  S.  »• 
Annales  des  nialadies  des  organes  genitourinaires  par  Guyon  et  Lanceraux.  T.  XV, 
Pag.  1089  et  1151.    Paris,  1897. 

3)  Ho  11,  M.,  Die  Muskeln  und  Fascien  des  Beckenausganges.  (4.  Lieferung  des 
Handbuches  der  Anatomie  des  Menschen,  herausg.  von  K.  v.  Bardeleben.  Jena, 
1897.)    HolTs  Buch  erschien,  als  bereits  meine  Darstelluni^  der  Beckenausffangsmusku- 


Muskulatur  der  Harnröhre.  407 

glandulae  bulbourethralis,  2)  den  Sphincter  urethrae  membranaceae,  3)  den  Sphincter 
urethrae  prostaiicae.  Diese  Unterscheidung  hat  vorwiegend  ein  physiologisches  In- 
teresse, da  nach  HolTs  eigenen  Angaben  alle  drei  Lagen  untereinander  zusammen- 
hängen. Es  heisst  bei  ihm  1.  c.  S.  243/244:  „Wenn  man  berücksichtigt,  dass  alle  die 
Muskehl,  welche  die  Harnröhre  umgeben,  der  M.  bulbocavernosus  mit  seinen  Theilen, 
der  M.  compressor  gland.  Cowp.,  die  Mm.  sphincter  urethrae  membr.  und  prost,  un- 
mittelbar aneinander  schliessen,  dann  kann  man  wirklich  sagen,  die  Harnröhre  steckt, 
von  der  Blase  (Prostata)  angefangen,  bis  über  die  Pars  bulbina  hinaus  in  einem  ein- 
zigen röhrenförmigen  Schliessmuskel,  welcher  auf  seinem  langen  Wege  nothwendiger- 
weise  verschiedene  Ansatzstellen  erhalten  muss." 

Nur  die  inneren  Lagen  des  M.  rhabdosphincter  urethrae  an  der  Pars  trigonalis 
urethrae  sind  kreisförmig  geschlossen,  die  äusseren  ziehen  seitlich  an  der  Urethra 
vorbei  und  gehen  in  den  M.  bulbocavernosus  und  in  das  Centrum  perineale  über 
(Centrum  tendineum  HoU's).  Als  Ursprünge  des  Muskels  nennt  Holl  die  Lamina 
aponeurotica  trigoni  urogenitalis  (Figg.  56,  57)  (s.  S.  203),  das  Ligamentum  prae- 
urethrale  (Fig.  57a),  sowie  die  Venen  des  Plexus  pudendalis.  Diese  Venen- Verbin- 
bindungen  müssen  m.  E.  als  „Ansätze'',  nicht  als  „Ursprünge"  aufgefasst  werden.  — 
Ferner  beschreibt  Holl  als  Ursprungslinie  eine  sehnige,  oft  sehr  deutliche  llaphe 
unter  dem  Namen  Tendo  intercruralis  (oder  Membrana  intercruralis),  welche  an 
der  Beckenfläche  des  Bulbus  urethrae  liegt  und  dort  die  Raphe  musculi  bulbocavernosi 
als  Gegenstück  zu  der  bekannteren  Raphe  an  der  Dammfiäche  des  Bulbocavernosus 
(Fig.  56)  bildet.  Sie  ist  mit  der  Aponeurosis  trigoni  verwachsen  und  erstreckt  sich 
vom  Ligamentum  intercrurale  (s.  w.  u.)  und  praeurethrale  in  der  Mittellinie  bis 
zur  vorderen  Fläche  der  Pars  praetrigonalis  urethrae.  Das  Ligamentum  intercru- 
rale Holl  verbindet  die  beiden  Corpora  cavernosa  penis  im  Angulus  intercruralis 
und  rundet  diesen  Winkel  aus. 

Glatte  Muskelfasern  sind  reichlich  dem  gestreiften  Sphincter  urethrae  zu- 
gemischt. Auch  Längsbündel  gestreifter  Muskelfasern  finden  sich  vor  der  Harn- 
röhre; sie  durchsetzen  nach  Holl  die  gestreiften  Sphinkter  fasern  vom  Ligamentum 
praeurethrale  bis  fast  zur  Blase.  Ich  stimme  Holl  zu,  wenn  er  diesen  Fasern  lediglich 
die  Wirkung  einer  Verkürzung  der  Harnröhre  zuschreibt  und  mit  Tschaussow') 
die  Existenz  von  Dilatatorfasern  überhaupt  in  Abrede  stellt. 

Es  mag  hier  noch  des  von  Vlacovich^)  so  benannten  und  am  genauesten  be- 
schriebenen Musculus  ischiopubicus  kurz  gedacht  sein.  Derselbe,  bei  Hunden 
z.  B.  konstant,  ist  beim  Menschen  häufig  sehnig  zurückgebildet  und  entspringt  an  der 
Synostosis  ischiopubica,  von  wo  er  am  oberen  inneren  Umfange  des  Schambeines,  ge- 
deckt vom  Crus  penis,  zum  Angulus  pubis  verläuft  und  dort  sich  gabiig  theilt.  Der 
eine  Gabelast  geht  in  das  Ligamentum  arcuatum  inferius  der  Symphyse  über,  der 
andere  in  das  Ligamentum  praeurethrale;  Holl  fasst  beide  Ligamente  geradezu  als 
Sehnen  des  Muskels  auf.  Diese  gespaltene  Sehne  würde  somit  den  Schlitz  bilden, 
durch  welchen  die  Vena  dorsalis  penis  in  das  Becken  tritt. 

Nimmt  man  die  gesamte  Muskulatur  der  Urethra  in  einer  Besehreibung 
zusammen,  so  kommen  zum  Lisso-  und  Rhabdosphincter,  vs^elehes  freilich  die 
wichtigsten  Theile  derselben  sind,  noch  der  Bulbocavernosus  und  der  Trans* 


latur  gedruckt  war;   somit   wolle   man    das  hier  Angeführte  auch  als  einen  Nachtrag 
zu  dem  betreffenden  Kapitel,  S.  201  ff.  ansehen. 

1)  Tschausso w,  N.,  Resultate  makro-  und  mikroskopischer  Untersuchungen 
über  die  tiefen  Muskeln  des  vorderen  Dammes  beim  Manne  und  über  das  Verhalten 
der  Venen  zu  ihnen.   Arch.  f.  Anat.  u.  Physiol.  Anat.  Abth.  1883. 

2)  Vlacü  vich,  G.,  In  „Atti  dell'  istituto  veneto  di  scienze".  1865.  Ser.  III.  Vol.  10: 
»Sopra  un  musculo  anomale  situato  sull'  ambito  perineale  della  pelvi." 


408  Feinerer  Bau  der  Harnröhre. 

versus  perinei,  der  sieh  öfters  mit  dem  Bulbocavernosus  verbindet,  sowie 
auch  Beziehungen  zur  Aponeurosis  trigoni  hat,  hinzu  (s.  S.  201).  Nach  Holl 
wären  auch  noch  Fasern  des  Levator  ani,  und  zwar  der  von  ihm  als  M. 
puborectalis  aufgeführten  Portion  desselben,  welche  um  den  hinteren  Rand 
des  Trigonum  urogenitale  herumgehen  und  mit  dessen  Aponeurose,  sowie  mit 
dem  Musculus  bulbocavernosus  sich  verbinden,  hierher  zu  zählen. 

Von  Luschka  sind  besondere  gestreifte  Miiskelbündel  als  Pars  urethralis 
levator is  ani  beschrieben  worden;  Andere  haben  von  einem  „Levator  prostatae" 
als  abgezweigten  Bündeln  des  Levator  ani  gesprochen.  Ich  stimme  mit  Holl  überein, 
wenn  er  keine  solchen  besonderen  Muskelzü^e  anerkennt,  s.  auch  S.  340.  Luschka's 
Pars  urethralis  levatoris  ani  sollen  nach  Holl  Fasern  des  M.  puborectalis  entsprechen, 
welche  von  den  Seiten  her  an  die  Vorderfläche  des  Rectum  treten,  und  dort  in  der 
Mittellinie  mit  dem  Centrum  perineale  verschmelzen.  ~  Nach  Einsicht  der  Originalmit- 
theilung Wilsons^),  welche  ich  erst  jetzt  vornehmen  konnte,  muss  ich  das  S.  205  Ge- 
sagte dahin  berichtigen,  dass  das  in  Fig.  57  a  als  Wilson 'scher  Muskel  bezeichnete 
und  als  solcher  kurz  erwähnte  Bündel  der  Wilson 'sehen  Beschreibung  nicht  ent- 
spricht. Diese,  Fig.  57  a  abgebildete  Muskelpartie  existirt;  sie  Ist  aber  nicht  der 
Wilson 'sehe  Muskel.  Wilson  hat  unzweifelhaft  Bündel  des  Levator  ani  vor  sieb 
gehabt,  die  er  irrthümlich  zur  Harnröhre  hin  verlaufen  Hess." 

Feinerer  Bau  der  Harnröhre. 

Vom  feineren  Baue  der  Harnröhre  ist  hier  zu  merken,  dass  ihr  Epithel  wechselt. 
In  den  hinteren  Abschnitten :  Partes  prostatica,  trigonalis  und  Fossa  bulbi,  zeigt  die 
untere  Wand  ein  ^-eschichtetes  Plattenepithel,  während  die  obere  ein  Uebergangsepi- 
thel,  wie  das  der  Harnblase  führt.  In  der  Pars  cavernosa  —  die  Grenzen  der  verschie- 
denen Epithelarten  sind  nicht  scharf  —  tritt  ein  geschichtetes  Cylinderepithel  auf,  dem 
von  der  Fossa  navicularis  ab  eingeschichtetes  Plattenepithel  folgt  2).  Kleine  Schleim- 
drüsen (Littre'sche^)  Drüsen)  finden  sich  zerstreut  in  der  Pars  prostatica  (unten  und 
seitlich),  trigonalis  und  cavernosa;  sie  fehlen  nur  in  den  vorderen  2—3  Centimetern 
des  Kanales.  Wo  Platten-  oder  Uebergan<2;'sepithel  vorhanden  ist,  zeigen  sich  auch  kleine 
Gefässpapillen;  die  längsten  in  der  Fossa  navicularis;  sie  sollen  (nach  Robiu  und 
Cadiat^)  im  Alter  an  Grösse  zunehmen.  Die  Bedeutung  der  seltsamen  Lacunae  ure- 
thrales ist  noch  nicht  aufgeklärt;  praktisch  sind  sie,  aus  dem  vorhin  erwähnten  Grunde 
und  weil  sie  infektiösen  Stoffen  schwer  zu  erreichende  Aufenthaltsorte  bieten,  nicht 
unwichtig. 

Bemerkens werth  ist  der  grosse  Reichthum  der  Harnröhrenschleimhaut  an  elasti- 
schen Fasern;  man  kann  dieselbe  geradezu  eine  „Mucosa  elastica"  nennen;  in  einem 
gewissen  Gegensatze  hierzu  ist  diese  Schleimhaut  jedoch  leicht  verletzlich. 

An  der  Stelle  der  Submucosa  zeigt  sich  ein  reichlich  entwickeltes  Venen- 
netz mit  dilatirten  Stellen;  dasselbe  nimmt  bei  der  Erektion  an  der  Füllung  der 
kavernösen  Körper  Theil;  seine  Gefässe  kommuniziren  auch  mit  den  Maschenräumen 
der  letzteren,  sowie  mit  dem  kavernösen  Gewebe  des  Colliculus  seminalis. 

1)  Wilson,  J.,  Description  of  two  muscles  surrounding  the  membranous  part 
of  the  Urethra  (read  13.  Dcbr.  1808).  Medico-chirurgical  transactions.  London  1815. 
Vol.  I,  p.  173. 

2)  Vgl.  Klein,  E.,  Kap.  XXIX  des  Handbuches  der  Lehre  von  den  Geweben, 
herausgeg.  von  S.  Stricker,  Leipzig,  1871. 

3)  Littre,  A.  L.,  Description  de  l'urethre  de  l'homme.  Mem.  de  TAcad.  de  Chir.  l?^* 

4)  Robin,  C.  et  Cadiat,  Recherches  sur  la  structure  intime  de  la  muqueuse  ^^ 
des  glandes  urethrales.   Journ.  de  Tanat.  et  de  la  physiol.  1874. 


Gefässe  und  Nerven  der  Harnröhre.  409 

Gefässe  der  Harnröhre. 

Arterien.  Zur  Pars  prostatica  der  Harnröhre  kommen  Aeste  der  Arter iae 
haemorrhoidalis  media  und  vcsicalis  inferior,  zur  Pars  tri^-onalis  von  der 
A.  haemorrhoidalis  media  und  der  A.  per  in  ei;  den  Bulbustheil  versorg-t  die 
A.  bulbi  urethrae,  die  Pars  cavernosa  die  A.  urethralis.  Auch  die  Arteriae  dor- 
salis  und  profunda  penis  betheiligen  sich. 

Venen.  Die  Harnröhrenvenen  gehen  zunächst  in  das  erwähnte  submuköse 
Venennetz  über,  von  da  in  die  Blasen-  und  Prostatavenen  (Pars  prostatica)  und  in 
die  Penisvenen  (s.  S.  363). 

Lymphge fasse.  Es  besteht  ein  sehr  reiches  Lymphgefässnetz  in  der  Mucosa 
urethrae  (Sapp(^yi),  welches  hinten  mit  den  Lymphgefässen  des  Trigonum  vesicae 
zusammenhängt  (Gerota,  1.  c.  [S.  303]),  vorn  mit  denen  der  Eichel  des  Penis.  Sappey 
zufolge  findet  sich  in  der  Schleimhaut  auch  ein  paariger  Lymphgefässstamm,  der 
hinten  bis  zur  Pars  membranacea  reicht,  vorn  am  Frenulum  praeputii  zu  den  Lymph- 
gefässen an  der  Corona  glandis  tritt;  somit  gewinnt  die  Harnröhre  auch  eine  Ver- 
bindung mit  den  Lymphoglandulae  inguinales, 

Nerven  der  Harnröhre. 

Wir  finden  cerebrospinale  Nervenfasern,  die  sensiblen  und  Reflex- 
leitungen dienen  und  den  Rhabdosphincter  versorgen,  hauptsächlich  vom 
Plexus  pudendalis  durch  den  Nervus  pudendus  zugeleitet,  und  zwar  sowohl 
durch  den  Nervus  dorsalis  penis  (S,  218  u.  365),  als  auch  durch  den 
tiefen,  vaxy  Dammmuskulatur,  insbesondere  auch  zum  Rhabdosphincter  urethrae, 
und  zur  Urethralschleimhaut  tretenden  Zweig  des  Nervus  perineus  (S.  218 
u.  S.  365)^).  Andere  cerebrospinale  Fasern  verlaufen  vom  Plexus  sacralis 
aus  mit  den  sympathischen  Nervenbahnen  im  Plexus  prostaticus  und  Plexus 
cavernosus  (S.  257  und  258)  zur  Harnröhre.  Diese  gehören  wohl  zu  den  „prä- 
ganglionären Fasern"  Langley's,  also  zu  denjenigen  Fasern,  welche  in  den 
sympathischen  Ganglien  mit  pericellulären  Endbäumchen  endigen,  xmd  so  vom 
cerebrospinalen  Systeme  aus  das  sympathische  Nervensystem  beeinflussen;  wir 
haben  diese  Fasern  wiederholt  bei  den  übrigen  Beckenorganen  kennen  gelernt, 
s,  z.  B.  S.  319. 

Sympathische  Fasern  für  die  glatte  Muskulatur  und  die  Drüsen  der  Harn- 
röhre gelangen  zu  ihr  durch  die  ebengenannten  sympathischen  Plexus.  Rudolf 
Mai  er  3)  und  v.  Plann  er*)  haben  an  den  Nervenverzweigungen  der  Harnröhren- 
sehleimhaut  kleine  Ganglien  beschrieben.  Von  allen  Beobachtern,  insbesondere  von 
v.  PI  anner,  werden  die  Nerven  als  sehr  reichlich  vorhanden  angegeben.  Letzterer 
sah  auch  Endigungen  derselben  in  Krause'schen  Endkolben  in  der  Schleimhaut, 
G.  Retzius^)  intraepitheliale  Nervenendigung  derselben  Art,  wie  sie  von  ihm  in  der 
Harnblasenschleimhaut  beschrieben  wurden  (s.  S.  319). 


1)  Sappey,  1.  c.  [S.  88]  und  „Traite  d'anatomie  descriptive**. 

2)  Es  ist  dies  der  Nervus  musculo-urcthralis  einiger  Autoren. 

3)  I.  c.  [S.  305]. 

4)  Plann  er,  R.  v.,    Ueber   das  Vorkommen  von  Nerven-Endkörperchen    in   der 
männlichen  Harnröhre.    Arch.  für  mikrosk.  Anat.  1888,  Bd.  31.  S.  22. 

5)  1.  c.  Biologische  Untersuchungen,  Neue  Folge,  Bd.  VI.  1894. 


410  Lagebeziehuugen  der  Harnröhre. 

liagebeziehnns^en  der  Harnröhre. 

Die  Lagebeziehungen  der  männlichen  Harnröhre  sind  durch  die 
einzehien  Theile  gegeben,  dnrch  welche  dieselbe  hindurchtritt;  wir  verweisen 
dieserhalb  auf  die  Kapitel:  Harnblase,  Prostata,  Trigonum  uro- 
genitale und  Penis.  Andere  Punkte,  wie  gewisse  Lageverhältnisse  inner- 
halb der  Prostata,  innerhalb  des  Trigonum,  dessen  schräge  Durchbohrung, 
die  Pars  praetrigonalis  und  die  Lagebeziehungen  zum  Bulbus  urethrae,  ferner 
die  idiotopischen  Lagerungen  der  einzelnen  Abschnitte  der  Harnröhre  zu  ein- 
ander, sowie  die  der  Lacunae  Morgagnii  und  des  Sinus  fossae  navicularis  mussten 
schon  vorhin  zur  Sprache  gebracht  werden.  Auch  wolle  man  die  weiter  unten 
gegebene  Maasstabelle  konsultiren.  Auf  einiges  ist  jedoch  noch  besonders  auf- 
merksam zu  machen.  Zunächst  handelt  es  sich  um  die  genauere  Feststellung 
der  skeletotopischen  Lagebeziehungen  der  Harnröhre,  welche  wir 
an  der  Hand  einer  Figur  Testut's  feststellen  (Fig.  75c). 

Das  Orificium  urethrae  internum  liegt  entweder  der  Mitte  der  Symphyse 
gegenüber  oder  zumeist  —  s.  S.  307  —  oberhalb  der  Mitte  oder  unterhalb 
derselben.  Es  ist  keineswegs  eine  so  grosse  Ausnahme,  wie  Testut  es  will, 
Lehrbuch,  3.  Aufl.  T.III  S.430^),  dass  dasselbe  auch  bei  Erwachsenen  in  der  Höhe 
des  oberen  Drittels  der  Symphyse  liegt  (vgl,  die  Fig.  75  a  hier  und  die  S.  307 
citirten  Abbildungen,  wobei  es  sich  (Braune 's  und  mein  Fall)  um  Leichen 
von  Leuten  unter  30  Jahren,  bei  Bardeleben  um  einen  alten  Mann  handelte; 
bei  Disse  ist  das  Alter  nicht  angegeben.  In  meinem  Falle  lag  nur  eine 
massige  Füllung  des  Rectum  vor;  in  den  anderen  eine  starke;  darauf  kommt 
ja,  wie  wir  sahen  (S.  307),  viel  an. 

Die  Pars  intramuralis  und  prostatica  liegen  bei  hohem  Stande  des  Ori- 
ficium internum  und  mittlerer  Grösse  der  Prostata  hinter  der  Symphyse;  bei 
tieferem  Stande  ragt  das  untere  Ende  der  Pars  prostatica  weiter  hinab  (bis 
zu  1  cm). 

Der  tiefste  Punkt  der  Harnröhre  (3  in  Fig.  75c)  liegt  gewöhnlich 
in  der  Fossa  bulbi  in  mittlerer  Entfernung  von  18 — 20  mm  vom  Angulus  pubis; 
derselbe  kann  sowohl  hinter  (Fig.  75  c),  wie  vor  (Fig.  75  a),  wie  auch  senk- 
recht unterhalb  des  Angulus  sich  befinden  (Fig.  75  b);  meist  liegt  er  hinter 
demselben.  Die  Curvatura  praepubica  hat  der  Regel  nach,  s.  Fig.  75c 
(4)  unterhalb  der  Horizontalen  des  Angulus  (dd)  ihre  Lage,  gewöhnlich  5  bis 
6  mm  oberhalb  des  tiefsten  Punktes  der  Harnröhre  (Abstand  der  Linien  ee  und 
ff),  so  dass  die  Pars  perinealis  in  der  Richtung  von  hinten  nach  vorn  etwus  an- 
steigt ;  sie  kann  aber  auch  horizontal  laufen,  oder  sogar  nach  vorn  absteigend. 

Die  Harnröhre,  in  der  Medianlinie  gelegen,  steht  von  beiden  Seiten  wänden 
des  knöchernen  Beckens  gleichweit  ab,  im  Mittel  etwa  2,5  cm.  Die  Spitze  des 
Steissbeines  steht  (in  der  Horizontalen)  meist  tiefer  als  das  Orificium  internum. 


1)  S.  auch  Testut,  M.  L.,  Note  sur  la  topographie  de  Turcthre  fixe^  6tudiee 
sur  des  eoupes  de  sujcts  congeles.  Compt.  rend.  de  TAcad.  des  Sciences.  Paris, 
9  Juillet  1894. 


L;i^H-lK-/.ii'iiu!i^i'n  «irr   Ilaniriitir.', 


in 


Die  wiel.ti-Htv»  .svuto,n.cl..u  Hr/.i.Imi.p.'i.  der  l'av,  prost  atica 
!i,.,.,.,.  al.^vHlu-n  v<m  .i*:n  \,^^d.-y.]vhnncvu  <Ut  rn.sf.-.l;.  selbst,  aul  uvlHu.  vci- 
wicMMi  winl  s  S  :;;ur  iu  F<.ii;Ti.K'iu:  hintrr  <Um-  IhiniröliiT  iH-lhnlrt.  sich  .l,c 
lla.mtin.ss.  d.r  rn.>tata.  vor  ihr  l;.sl  nur  -h.t).  Muskdn.  ,iv,r  Lissosphm.tcr 
„ivtlini.-  davor,  /wisob.a  dios,,„  aad  der  Svin|d,ys<-.  d.r  anicro  i;!as»adotl- 
k.;r,,cr  und  der  Plexas  v.aosH^  |,„d..udai,s,  scti.d.  du'  M.u.  l,■^aro^.s  a,u.  DarH. 
,,,„   „,„,,,„  Th.:i!   der   ITo^tata   bis  ot.ua   zur  Mdle   hin   kaiiu  «l.o  lian>rol,ro   ,ü 


'  ,,)  II  ^'  r  l  ;t  !  i     h  o  Itl  i  II  i 


2.  Onlivunn    i/rr'/7//v/r;   //^//-/'i^/ii^^ 

fi,  C'ifiyan     i'i'sicfti:, 

7.  ihiiiiis  ///'/V/V'^/x. 

lo.  Uli  Huts   in'i'fhf'^fc. 


der   Modianlinio  >nittolsl   ciuos  S.dinhtcs  orolT.U't  wonU-n,   widoher  ktaac  wcitorou 
Thoilo  vorlorzf.  )iiiiiioiilli(di  iiiidil   die  Duolus  ojacttlaiuiii. 

Dio    Pars  triu-onalis  hat.  al.p'soiiou  von  ihrer  Maskolhüllo.   uaoh  vorn 
das   lapuuontun.   praourothrahs  dor.  i'h'NUs   pn,ion<lalis,  dio  Vasa  <lorsal,a  ponis 

1)  Au^  Tos!  tu -.s  l.,'i.riau-l..  IH-  AulL  S.  4no.  T.  IM. 


412  Harnröhre:  Maasstabelle. 

und  die  Symphyse,  nach  hinten  und  seitlich  die  Glandulae  bulbourethrales, 
endlich  nach  hinten  das  Rectum  (Grenzgebiet  desselben  zwischen  Pars  pelvina 
und  Pars  perinealis).  Das  Rectum  hat  hier  den  nach  vorn  einspringenden  Winkel 
(siehe  S,  262/63  und  die  Maasstabelle;  ferner  Fig.  75b  oberhalb  R.). 

Die  Pars  practrigonalis  liegt  bereits  ausserhalb  des  Beckenbodens 
und  ruht  vorn  auf  dem  Bulbus  urethrae,  welcher  sie,  sich  mehr  und  mehr  zum 
Ringe  schliessend,  rinnenartig  umfasst.  Die  Glandulae  bulbourethrales 
bleiben  seitlich  in  der  Nachbarschaft.  Die  Lage  der  Pars  cavernosa 
ergibt  sich  aus  der  idiotopischen  Beschreibung  des  Penis;  es  sei  nur  hervor- 
gehoben, dass  die  Ausführungsgänge  der  Glandulae  bulboure- 
thrales auf  einer  Strecke  von  etwa  15  mm  anfangs  seitlich,  dann  unten  ihr 
anliegen,  um  in  sie  einzumünden,  und  dass  aus  den  Beziehungen  zu  den  Cor- 
pora cavernosa  penis  unmittelbar  die  von  vom  her  sehr  geschützte  Lage  der 
Harnröhre  sich  ergibt,  während  sie  von  unten  her  auf  der  ganzen  Strecke,  auch 
in  der  Pars  glandularis,  leicht  zu  erreichen  ist. 

Maasstabelle  ^). 

L  ä n  g  e nm  a  a  s  s  e  der  ganzen   Urethra. 
Lange  Urethra  Erwachsener  (die  grössere  Hälfte  kommt  auf  die  Pars  libera, 

besonders  bei  alten  Leuten) 24  cm 

Kurze  Urethra  Erwachsener .  14  „ 

Mittlere  Läng-e  bei  Erwachsenen 18—20  ^ 

Länge  bei  Neugeborenen 5—6  „ 

„         „     Kindern  von  1—2  Jahren 6— 7  » 

w         »           V           ^     ^  Jahren 8—10  „ 

„       im  Beginne  der  Pubertätszeit  (Jarjavay) 10—12  „ 

L  ä  n  g  e  n  m  a  a  s  s  c   der  einzelnen  Abschnitte   der   Urethra. 

L  Bei  Erwachsenen:  Pars  pendula 7—9  cra 

„      fixa 10  » 

Von  letzterem  Maasse  entfallen  auf:  die  Pars  intramuralis  ....  0,5  „ 

„        „      prostatica 2,0—2,5  „ 

„       „      tri^onalis 1,0  „ 

„       „      cavernosa  fixa   .    .     .  6,5  „ 

ir.  Bei  Kindern  von  4—5  Jahren:  Pars  pendula 3,5—4  » 

„      tixa 5—6  „ 

Von  letzterem  Maasse  entfallen  auf:  die  Pars  intramuralis    ....  0,3  » 

„        „      prostatica 1,3  w 

„        „      tri^onalis 0,7  „ 

„        „      cavernosa  fixa    .     .     .  2,3—3,4  » 

Weitenmaasse  der  Urethra  Erwachsener. 
(Durchmesser  des  zum  Cylinder  entfalteten  Rohres  =  Kaliber). 

Mässig-e  Ausdehnung,  wie  beim  Harnlassen,  im  Mittel 5—7  nun 

Starke  Ausdehnung*  (nach  einem  Metallausgusse)  im  Mittel 10,5     r 

1)  Nach  eigenen  Messungen  und  nach  den  Angaben  von  Jarjavay,  Rechercheö 
anatomiques  sur  l'ur^tre  de  l'homme,  Paris  1856,  4,  und  Symington,  The  topographi- 
cal  anatomy  of  the  child.    Edinburgh  and  London,  1887  Fol. 


Harnröhre:  Alteröverschiedenheiten.  413 

Stärkste  zulässige  Ausdehnung  der  engsten  Stellen  ^) 10  mm 

Weite  der  Fossa  prostatica  (nach  Finger 2) 12—15    „ 

n        V        P             V           (Metailausguss) 11,3     ^ 

„        „        „       bulbi  (Finger) 13-17     „ 

ff        »        „           n      (Metailausguss) 16,8    „ 

Weite  des  Collet  de  Bulbe  (Metailausguss) 4,5    „ 

Andere  Maasse  zur  Harnröhre. 

Entfernung  zwischen  Orificium  urethrae  internum  und  Symphyse  in  der 

Horizontalen 2,5—3,0  cm 

Entfernung  zwischen  Angulus  pubis   und  tiefstem  Punkte  der  Harnröhre 

(Fig.  75c)  =--  1,2— 2,5  mm;  im  Mittel 1,8»),, 

Höhe  des  Orificium  urethrae  internum  über  dem  tiefsten  Punkte  (cf)  .    .  3,2— 4,4 3)  „ 

Höhe  des  Orificium  urethrae  internum  über  dem  Scheitel  der  Curvatura 

praepubica  (ce) 2,G^)  „ 

Höhe  des  oberen  Symphysenrandes  über  dem  tiefsten  Punkte  der  Harnröhre  4,6  ^)  „ 

Abstand  der  Harnröhre  in  der  Mitte  der  Pars  prostatica  von  den  Seiten- 
wänden des  Beckens  (Os  pubis) 2,4—2,5    „ 

Mittlerer  Vertikalabstand  des  oberen  Symphysenrandes  vom  Orificium  in- 
ternum (zwischen  Linie  cc  und  der  obersten  rothen  Horizontalen, 
Fig.  75c) 1,4    „ 

Abstand  des  Orificium  urethrae  internum  von  der  Mitte  des  Angulus  pubis 

(punktirte  Linie  in  Fig.  75  c) 2,5—3,7     „ 

Gerade  Linie  vom  Orificium  urethrae  internum  zum  Scheitel  der  Curva- 
tura praebubica  (zwischen  den  Ziffern  2  und  4  in  Fig.  75  c)     .     .    .  5,4—7,5     „ 

Vertikalabstand  des  Scheitels  der  Curvatura  praepubica  von  der  Angulus- 

Horizontalen  (zwischen  4  und  Linie  dd  in  Fig.  75  c) 0,5—1,0    „ 

Abstand  der  Harnröhre  vom  Angulus  pubis  gemessen  auf  der  Symphysen- 

axe  (rothe  Linie  b  b  der  Fig.  75  c) 0,8—2,4     „ 

Abstand  des  tiefsten  Punktes  der  Harnröhre  von  der  Angulus-llorizontalen 

(zwischen  3  und  Linie  dd  in  Fig.  löc)  {df) 0,8-3,0    „ 


Altersversohledenheiten. 

Die  Urethra  des  kindlicben  Alters  (von  der  Geburt  bis  zum  Beginne  der 
Pubertät)  unterscheidet  sich  von  der  des  geschlechtsrcifcn  Mannes  in  folgenden 
Punkten:  1)  sie  ist  bedeutend  kürzer;  2)  hat  sie  ein  geringeres  Kaliber;  3)  we- 
nigstens in  den  ersten  Lebensjahren  auch  eine  andere  Richtung,  üeber  die 
beiden  ersten  Punkte  wolle  man  die  Maasstabelle  vergleichen.  Nach  den  Er- 
fahrungen von  Keegan,  welche  Symington,  1.  c.  (S.  409)  mittheilt,  lässt 
die  Harnröhre  von  1  jährigem  Knaben  schon  Instrumente  für  Lithotrypsie   zu. 


1)  Orificium  externum,  Uebergang  der  Pars  membranacea  in  die  Pars  cavernosa 
(Collet  du  Bulbe).  Die  weiten  Stellen:  Fossa  navicularis,  Fossa  bulbi  und  Fossa  pro- 
statica können  über  10  mm  gedehnt  werden,  insbesondere  das  Orificium  vesicale  bis 
20  mm. 

2)  Finger,  E.,  Zur  Anatomie  und  Physiologie  der  Harnröhre.  Wiener  med. 
Wochenschrift  1896.  S.  1153. 

3)  Nach  T es  tut  auf  Grund  der  Fig.  75 c. 


414  Harnröhre:  Pathologische  Zustände. 

Was  die  Richtung  anbelangt,  so  ist  namentlich  die  Urethra  posterior  wegen  des 
Hochstandes  der  Blase  und  des  engeren  Beckenraumes  steiler  gestellt;  die  Cur- 
vatura  subpubica  ist  eine  etwas  schärfere.  —  Ferner  ist  anzuführen,  dass  die 
Fossae  navicularis  und  prostatica  weniger  ausgebildet  sind,  ebenso  die  Fossa 
bulbi;  es  sei  jedoch  ausdrücklich  bemerkt,  dass  die  letztere  sich  schon  bei  Neu- 
geborenen deutlich  zeigt. 

Die  Harnröhren  älterer  Leute  pflegen  meist  etwas  länger  zu  sein, 
als  die  jüngerer  Personen,  es  fällt  dies  auf  Rechnung  der  meist  vergrösserten 
Prostata  und  des  längeren  schlaffen  Penis  (s.  S.  367).  Der  wichtigste  Unter- 
schied liegt  in  der  fast  regelmässig  eintretenden  Erweiterung  der  Fossa 
bulbi,  an  welcher  sich  zuweilen  der  von  J.  v.  Gerlach  (1.  c.)  gezeichnete 
Blindsack  entwickelt.  Ferner  bedingt  die  Altershypertrophie  der  Prostata 
(S.  342)  mit  der  häufigen  Entwicklung  eines  dritten  Lappen  bemerkenswerthe 
Veränderungen  im  Kaliber  der  Pars  prostatica  und  intramuralis.  Hierzu  kommt 
die  öfters  eintretende  grössere  Brtichigkcit  des  Prostatagewebes,  die  Ver- 
grösserung  des  Bulbus  urcthrae  und  die  grössere  Schlaffheit  der  gesamten 
Urethralwandungen,  welche  auf  den  Altersveränderungen  der  Gewebe  beruhen. 

Pathologisohe  Zustände. 

Die  wichtigsten  pathologischen  Veränderungen  der  Harnröhre  sind:  1)  deren 
abnorme  Verengerung-en,  Strikturen;  2)  deren  entzündliche  Zustände  und  3)  deren 
Verletzungen. 

Verengerungen  der  Harnröhre  können  auf  die  verschiedenste  Weise  hervor- 
gebracht werden,  wie  durch  Druck  von  aussen,  durch  Fremdkörper,  Abscesse,  Neu- 
bildungen und  anderes;  unter  einer  Striktur  versteht  man  aber  lokale  Verenge- 
rungen der  Harnröhre,  welche  durch  Veränderungen  ihrer  Wandung  —  abgesehen  von 
Neoplasmen  —  bedingt  sind.  Demzufolge  unterscheidet  man  (nach  Dittel  1.  c.  [S.  400]) 
die  (akut)  entzündlichen  und  die  organischen  Strikturen;  die  letzteren  sind  die 
wichtigsten  und  beruhen  zumeist  auf  chronisch  entzündlichen  oder  Vernarbungspro- 
cessen;  ihr  Sitz  ist,  wie  aus  den  anatomischen  Verhältnissen  sich  leicht  erklärt,  an» 
häufigsten  die  Pars  trigonalis.  Zu  diesen  Strikturen  kommen  noch  die  spastischen 
Strikturen,  welche  auf  einem  Reflexkrampfe  der  Harnröhrenmuskulatur  beruhen 
und,  wie  aus  der  Beschreibung  der  Muskulatur  hervorgeht,  ihren  Sitz  auch  nur  in 
der  Pars  membranacea  und  im  anstossenden  Theile  der  Pars  prostatica  haben  können. 

An  die  Strikturen  schliessen  sich  die  Fälle  von  abnormen  Falten-  und  Taschen- 
bildungen in  der  Pars  prostatica,  welche  ernste  Hindernisse  für  die  Harnentleerung 
abgeben  können  i). 

Für  die  entzündlichen  Veränderungen  überwiegt  bei  weitem  als  Ursache 
die  Gonokokkeninfektion  alle  übrigen.  Für  die  Prognose  und  Therapie  derselben  kommt 
als  wichtigstes  anatomisches  Moment  in  Betracht,  ob  dieselben  nur  in  der  von  den 
Praktikern  sogenannten  Urethra  anterior  oder  posterior  ihren  Sitz  haben.  Der 
Begriff,  welchen  die  Praktiker  diesen  Ausdrücken  geben,  deckt  sich  nicht  vollkommen 


1)  S.  u.  a.  Poppert,  Zur  Kasuistik  der  Blasenhalsklappen.  Arch.  f.  klin.  Chi- 
rurgie. Bd.  44,  S.  52.  1892,  und  Schlagenhau fer,  Ein  Beitrag  zu  den  angeborenen 
Klappenbildungen  im  Bereiche  der  Pars  prostatica  urethrae,  Wiener  klin.  Wochenschr. 
1896.  Nr»  15,  S.  208. 


Glandulae  bulbourethrales.  4lß 

mit  dem,  welchen  die  Entwicklungsgeschichte  damit  verbindet.  Sie  nehmen  den  will- 
kürlichen Schliessmuskel  der  Harnröhre,  also  den  Musculus  trigoni  urogenitalis,  als 
Grenze  zwischen  der  Urethra  anterior  und  posterior  an^).  Demnach  wären  zur 
Urethra  posterior  unsere  Pars  intramuralis,  prostatica  und  trigonalis  zu  rechnen,  der 
Rest  der  Harnröhre  wäre  die  Urethra  anterior.  Entwicklungsg-eschichtlich  reicht, 
s.  das  betreffende  Kapitel  und  das  S.  398  Bemerkte,  die  Urethra  posterior  nur  bis  zur 
Mündung-  der  Ductus  ejaculatorii.  Die  Unterscheidung  der  Praktiker  ist  eine  unge- 
mein wichtige,  insofern  der  Schliessmuskel  die  Ausbreitung  pathologischer  Processe 
von  einer  zur  anderen  Abtheilung  erschwert  und  auch  die  Ausführung  der  therapeu- 
tischen Eingriffe  wesentlich  beeinflusst.  Ferner  sind  prognostisch  die  Infektionen  und 
sonstigen  pathologischen  Veränderungen  der  Urethra  posterior  weit  ernster  zu  nehmen, 
weil  von  hier  aus  die  Ausbreitung  derselben  auf  die  Blase,  die  Prostata  und  (durch 
die  Ductus  ejaculatorii)  den  Gesamthoden  hin  freisteht  und  die  Gefahr  der  Betheili- 
gung des  Cavum  serosum  pelvis  und  der  übrigen  Beckenorgane  näher  gerückt  wird. 
Auch  die  Gefahr  einer  Allgemeininfektion  beginnt  wohl  erst  mit  dem  Uebertritte 
der  Erkrankung  in  die  Urethra  posterior;  denn  einmal  kommen  hier  die  grössere 
Zahl  der  Lymphwege  und  die  Venenplexus  in  Betracht,  ferner  die  Ueberpflanzung 
durch  die  Ureteren  nach  den  Nieren  (s.  S.  322).  Die  Erfahrungen  mehren  sich,  dass 
die  Nieren  zu  einer  Pforte  für  Allgemeininfektion  auf  dem  Wege  der  Lymph-  und 
Blutbahnen  werden  können,  sowie,  dass  die  Sekundärerkrankungen  nach  gonorrhoi- 
schen Infektionen  weit  häufiger  und  vielgestaltiger  sind,  als  man  bisher  anzunehmen 
geneigt  war. 

Bemerkenswerth  ist  die  Hartnäckigkeit,  mit  welcher  infektiöse  Processe  auch  in 
der  Urethra  anterior  therapeutischen  Eingriffen  zu  widerstehen  pflegen;  auch  hierfür 
ergeben  sich  anatomische  Gründe:  die  Länge  und  Enge  des  Kanals,  die  verschiedenen 
Erweiterungen,  welche  zu  ebensoviel  Reservoiren  von  Sekreten  werden,  die  zahl- 
reichen Falten  und  Furchen  und  vielleicht  auch  die  Lacunae  urethrales  und  die 
Nachbarschaft  des  kavernösen  Gewebes. 

Die  Verletzungen  der  Harnröhre  sind  insbesondere  wichtig  wegen  der  Gefahr 
der  Harninfiltration,  welche  steigt,  jemehr  die  Verletzung  sich  der  Urethra  poste- 
rior nähert. 

Ueber  die  Fremdkörper  und  deren  Extraktion  ist  im  allgemeinen  schwer 
etwas  auszusagen;  aus  den  anatomischen  Verhältnissen  ergibt  sich  aber,  dass  die- 
selben sich  leicht  festheften  können  und  ihre  Entfernung  mit  grossen  Schwierigkeiten 
verknüpft  sein  kann.  Der  Modus  procedendi  wird  sich  von  Fall  zu  Fall  und  nur 
unter  Berücksichtigung  der  anatomischen  Verhältnisse  ergeben  müssen. 

Bezüglich  der  Untersuch ungsmethodcn  der  Harnröhre  und  der  einschlä- 
gigen Diagnostik  sei  auf  das  bei  der  Blase  Gesagte  (Kystoskopie)  verwiesen.  Hier 
wäre  noch  zu  erwähnen,  dass  man  versucht  hat,  photographische  Bilder  von  der  Harn- 
röhre lebender  Menschen  zu  gewinnen-). 


Glandulae  bulbourethrales  (Oowperi). 

Die  Glandulae  bulbourethrales  (Cowper'sche  Drüsen)  sind  meisten- 
theils  erbsengrosse  und  nahezu  erbsenförmige  Drüsenkörper  von  leicht  höckeriger 
maulbeerförmiger  Oberfläche  und  ziemlich  fester  Konsistenz  (ähnlich  der  der 
Thränendrüse). 


1)  Vgl.  Posner,  C.  Diagnostik  der  Harnkrankheiten.  Berlin,  1896.  H.Aufl.  S.  11, 

2)  K  oll  mann,  A.,  die  Photographie  des  Harnröhreninnern  beim  lebenden  Men* 
sehen.    Internat,  mediz.  photogr.  Monatsschr,  Bd.  I,  Heft  2.  Febr.  1894. 


4l6  Glandulae  bulbourethrales. 

Dieselben  liegen,  eingeschlossen  in  den  Musculus  trigoni  urogenitalis,  zu 
beiden  Seiten  des  Bulbus  uretbrae,  dicht  an  diesem,  bezw.  dem  Musculus  bulbo- 
cavernosus  und  sind  etwa  5—6  mm  von  einander  entfernt  (s.  Figg.  56,  57a  u. 
58).  Somit  deckt  der  Bulbus  die  Drüse  zum  Tbeil  auch  von  unten  her  (s.  Figg. 
75a  und  75b). 

Der  Ausführungsgang  der  Drüse  hat  die  Stärke  einer  gewöhnlichen 
Stricknadel  und  verläuft  nach  vorn  und  medianwärts  zunächst  zwischen  der 
oberen  Wand  des  Bulbus  und  der  unteren  Wand  der  Pars  membranacea  und 
bulbosa  urethrae.  Diese  Strecke  hat  die  Länge  von  etwa  5  mm  (s.  Fig.  75b). 
Dann  tritt  derselbe  in  das  Corpus  cavernosum  bulbi  ein,  in  welchem  er  eine 
Strecke  von  gleicher  Länge  verläuft.  Weiterhin  zieht  er  mehr  gerade  nach 
vorn  unter  der  Mucosa  urethrae  hin  und  öffnet  sich  mit  einer  kleinen  schlitz- 
förmigen Mündung  an  der  unteren  Harnröhrenwand;  beide  Mündungen  liegen 
1 — 2  mm  von  einander  entfernt,  können  aber  auch  in  eine  zusammentiicssen. 
Der  Ausführungsgang  kann  abnorm  lang  werden;  Cr  uv eil  hier,  citirt  bei  Ko- 
mi ti,  Anatomia  del'  uomo,  spricht  von  einem  18  cm  langen  Ausführungsgange, 

Die  submuköse  Strecke  des  Ductus  excretorius  kann  20—25  mm  messen,  aber 
auch  erheblich  kürzer  sein.   Zu  den  kürzeren  Fallen  gehört  der  in  Fig.  75  b  abgebildete. 

Die  äussere  Gestaltung  und  Grösse  der  Drüse  unterliegt  mannigfachen  Schwan- 
kungen. Dieselbe  kann  an  beiden  Seiten  ein  sehr  verschiedenes  Ausmaass  zeigen 
(s.  Fig.  57  a).  Grössere  Drüsen  reichen  dann  vorn  fast  bis  zur  Harnröhre,  hinten  bis 
zum  Centrum  perineale  und  gelangen  noch  in  das  topographische  Bereich  der  Pro- 
stata. Ferner  kann  der  Drüsenkörper  sich  in  eine  Anzahl  kleinerer  Läppchen  aul- 
lösen und  ist  dann  schwer  präparatorisch  darstellbar. 

Nach  den  Untersuchungen  von  Vitalis  Müller^)  wächst  die  erste  Anlage  der 
Drüse,  die  dem  Sinus  urogenitalis  entstammt,  zunächst  mitten  in  das  Gewebe  des 
Bulbus  urethrae  hinein;  es  fand  dann  auch  Wassilieff^)  öfters  bei  Erwacliseneu 
noch  mitten  im  kavernösen  Gewebe  kleine  Drüsenläppchen. 

Nach  dem  Gesagten  ist  eine  besondere  Aufzählung  der  Lagebeziehungen 
nicht  mehr  erforderlich. 

Die  Gefässe  und  Nerven  der  Drüse  sind  noch  nicht  genauer  untersucht. 
Die  Arterien  kommen  aus  der  Arteria  bulbi  urethralis  (A.  pudenda  interna); 
die  Venen  verlaufen  zu  denen  des  Bulbus  und  des  Musculus  trigoni  urogeni- 
talis. Die  Lymphgefässe  ziehen  nach  Komiti  (1.  c.)  zu  den  Lymphoglau- 
dulae  hypogastricae.  Nerven  kommen  nach  demselben  Autor  vom  Nervus  pu- 
dendus zur  Drüse,  wo  sie  von  V.  Müller  nachgewiesen  wurden;  über  ihre 
Endigung  ist  jedoch  genaueres  nicht  bekannt. 

Physiologisch  gehört  die  Drüse  unzweifelhaft  zum  Geschlechtsapparate,  wie 
H.  Stillingö)  nachgewiesen  hat.  —  Von  pathologischen  Veränderungen  sind 

1)  Vitalis  Müller,  Ueber  die  Entwicklungsgeschichte  und  feinere  Anatomie 
der  Bartholini'schen  und  Cowper'schen  Drüsen  des  Menschen.  Archiv  für  mikroskop. 
Anatomie.  Bd.  39.    Bonn,  1892.  S.  33. 

2)  Wassilieff,  Ueber  den  histologischen  Bau  der  in  den  äusseren  Urogenital- 
organen des  Menschen  und  der  Thiere  vorkommenden  Drüsen.  Arbeiten  aus  dem 
Laboratorium  der  med.  Fakultät  der  Universität  in  Warschau.  Heft  VI,  1880  (russisch). 

3)  Stilling,  H.,  Ueber  die  Cowper'schen  Drüsen.  Virchow's  Archiv  1885. 
Bd.  100.  S.  170. 


Cavum  serosuni  pelvis  maris.  417 

« 

Cystenbildungen,  infektiöse  gonorrhoische  Entzündungen  undAbscess- 
bildungen  (meist  im  Gefolge  der  letzteren)  zu  erwähnen.  Es  ist  überall  bei  Fällen, 
wo  die  Drüse  vergrössert  gefunden  wurde,  oder  wo  man  sie  präparatoriseh  vergeb- 
lieh suchte,  daran  zu  denken,  dass  pathologische  Ursaclien  zur  Vergrösserung  oder 
zum  Schwunde  des  Organes  geführt  haben  dürften. 


Nach  Besprechung  der  Eegionen  und  Wandungen  des  männlichen  Beckens, 
seiner  Cavitas  ossea  und  muscularis,  sowie  der  Eingeweide  desselben,  erübrigt 
es  noch  die  Fascien,  die  Anordnung  des  Beckenbindegewebes  und  das 
Cavum  serosum  pelvis  übersichtlich  darzustellen. 

Der  Raumersparniss  willen  sollen  jedoch  die  Fascien  und  die  topographi- 
sche Bindegewebsanordnung  am  Schlüsse  der  Besprechung  des  weiblichen  Beckens, 
und  zwar  für  beide  Geschlechter  zusammen  abgehandelt  werden;  dagegen 
wird  hier  noch  eine  kurze  üebersicht  dcsCavumserosum  pelvis  maris 
angeschlossen. 

Cavum  serosum  pelvis  maris. 

Die  seröse  Beckenhöhle  des  Mannes  zerfällt,  wie  die  knöcherne  und  mus- 
kulöse, in  zwei  Abtheilungen,  die  seröse  Höhle  des  grossen  Beckens  und 
die  seröse  Höhle  des  kleinen  Beckens;  beide  sind  an  den  Seiten  durch 
den  Vorsprung  der  Musculi  psoas  major  und  minor,  in  der  Mitte  durch  das 
Promontorium  von  einander  getrennt. 

Die  grosse  seröse  Beckenhöhle  fällt  mit  der  Bauchhöhle  zusammen, 
deren  untersten  Abschnitt  sie  darstellt.  Sieht  man  von  der  kleinen  Becken- 
höhle, in  welche  sie  in  ihrem  grösseren,  mittleren  Bezirke  unmittelbar  übergeht, 
ab,  so  hat  sie  die  Form  eines  nach  unten,  d.  i.  am  Kande  des  Ligamentum 
inguinale,  zugeschärften  Raumes  mit  zwei  nach  oben  und  hinten  sich  erstrecken- 
den seitlichen  Ausbuchtungen,  den  Fossae  iliacae.  Das  Bauchfell  der 
Fossae  iliacae  ist  sehr  leicht  abzupräpariren,  wegen  der  grossen  Menge  lockereu 
subperitonäalen  Bindegewebes.  Ist  das  letztere  wenig  fettreich,  dann  erkennt 
man  leicht  durch  das  Bauchfell  hindurch  die  unter  demselben  gelegenen  Theile; 
ebenso  an  der  vorderen  Wand.  Dieselben  wurden  bereits  beschrieben  und  es 
wird    bezüglich    der  vorderen  Wand  und  ihrer  Foveae  auf  Fig.  63  verwiesen. 

Falls  die  A.  iliaca  communis  stark  vorspringt,  bildet  sich  jederseits,  lateral 
und  nach  oben  von  ihr,  eine  kleine  Grube,  deren  Grund  vom  Musculus  psoas 
major  geliefert  wird;  in  derselben  liegen  rechts  Dünndarmschlingen,  links  der 
Uebergang  des  Colon  sigmoideum  in  das  Colon  pelvinum;  auch  der  Ureter  zieht 
durch  diese  Grube  hindurch. 

Die  kleine  seröse  Beckenhöhle  geht  vorn  ohne  Grenze  in  die 
grosse  über.  Seitlich  ist  die  Grenze  durch  die  Vasa  iliaca  externa  und  com- 
munia,  insbesondere  durch  die  Arterie  markirt,  hinten  durch  das  Promontorium. 
Infolge  der  Divergenz  der   seitlichen  Grenzlinien    (M.  psoas)    ist    der  Eingang 

27 

Wald ey er,  Das  Becken. 


418  beckenwandüngen  des  Weibes. 

zum  Cavum  serosum  pelvis  minoris  hinten  weit  schmaler^  als  vom  (nur  Vs 
so  weit). 

An  besonderen  Abtheilungen  der  kleinen  serösen  Beckenhöhle  lassen  sieh 
folgende  unterscheiden:  1)  die  vordere  oder  Blasenabth eilung;  2)  die 
beiden  seitlichen  Abtheilungen,  welche  durch  das  Rectum  von  ein- 
ander geschieden  werden ;  3)dieExcavatio  rectovesicalis;  letztere 
wird  durch  die  beiden  halbmondförmigen,  das  Rectum  umkreisenden,  von  der 
Blase  ausgehenden  Plicae  Douglasi  von  den  übrigen  Räumen  geschieden,  und 
stellt  einen  kleinen  spaltförmigen  Blindsack  dar,  welcher  auf  dem  Querschnitte 
ebenfalls  halbmondförmig  erscheint. 

Die  Blasenabtheilung  ist  bei  weitem  die  grösste.  Bei  leerer  Blase 
ist  sie  ein  unten  abgerundeter  Raum,  der  nach  oben  in  die  grosse  Beckenhöhle 
und  nach  hinten  in  die  beiden  seitlichen  Abtheilungen  ohne  Grenze  übergeht. 
Ist  die  Blase  stark  gefüllt,  so  nimmt  sie  den  ganzen  Raum  ein  und  reicht  noch 
in  die  grosse  Beckenhöhle,  sowie  in  die  beiden  ebengenannten  seitlichen  Ab- 
theilungen hinein.  Es  bilden  sich  dann  jederseits  zwischen  ihr  und  der  seitlichen 
Beckenwand  zwei  von  hinten  her  sich  vorschiebende- schmale  Spalten. 

Die  beiden  seitlichen  Abtheilungen  des  kleinen  serösen  Beckenraunies 
stellen,  wenn  das  Rectum  gefüllt  ist,  neben  dem  hinteren  Umfange  dieses  Or- 
gaues  gleichfalls  zwei  solche  Spalten  dar,  Recessus  para rectales  (S.  271), 
die  nach  vorn  und  unten  sich  in  das  Cavum  Douglasi  fortsetzen;  nacli  oben 
laufen  sie  je  in  eine  kleine  Grube  aus,  welche  zwischen  Promontorium  und  der 
überhängenden  Arteria  iliaca  communis  sich  austieft.  Die  Seitenwand  zeigt  die- 
jenigen Reliefs,  welche  früher,  Seite  236  flf.,  beschrieben  worden  sind. 

Auch  im  kleinen  Beckenraume  lässt  sich  das  Bauchfell  überall  leicht  von 
den  unterliegenden  Theilen  abheben;  am  festesten  ist  es  mit  der  vorderen  Wand 
des  Rectum  verbunden. 


Beckenwandungen  des  Weibes  nach  den  einzelnen 

Gegenden. 

I.  Kreuzbeingegend  (Regio  sacralis)  (4)  *). 

Abgesehen  von  den  allgemeinen  Geschlechtsunterschieden  in  der  Beschaffen- 
heit der  Haut  (S.  7,  15,  IM)  und  des  Skeletes  (S.  21  und  27),  zeigt  die 
Regio  sacralis  des  Weibes  in  ihrer  Schichtung  und  in  ihren  sonstigen  topo- 
graphischen Verhältnissen  keine  Verschiedenheit  von  der  des  Mannes.  Es  wird 
daher  auf  die  Seite  148  ff.  gegebene  Beschreibung  und  auf  die  Abbildungen 
Fig.  49  (S.  153);  Fig.  61  (S.  237);  Fig.  76;  Fig.  84  u.  84a  verwiesen. 


1)  Die  Ziffern   beziehen   sicli   auf  die   in   den   Figuren  1  und  2  (S.  3)   zur   Be- 
zeichnung der  Gegend  eingetragenen  Zaiilzeichen, 


Beckenwandungen  des  Weibes.  419 

Die  Figuren  49,  84;und  84a  zeigen  drei  in  der  Tiefe  aufeinanderfolgende 
Schichten  der  Kreuzbein-Ghitaeal-  und  Analgegend  der  Leiche  eines  18— 19jährigen 
Mädchens  1).  Fig.  49  gibt  die  oberflächlichen  Schichten  nach  Wegnahme  der  Haut 
und  des  Unterhautfettgewebes.  Die  Stelle  der  Fossula  lumbalis  lateralis  in- 
ferior (rechts  in  der  Figur)  ist  durch  ein  Kreuz  bezeichnet.  Man  erkennt  die  Bänder, 
die  wichtigsten  Knochenreliefs,  die  Gelenklinie  der  Articulatio  sacroiliaca  (links)  und 
oberhalb  derselben  eine  durch  ein  weisses  Sternchen  markirte  beständige  Grube 
(s.  S.  152);  ferner  die  Mm.  glutaeus  maximus,  piriformis  und  coccygeus,  das 
Ligamentum  an  ococcygeum,  den  geöffneten  Kreuzbeinkanal  mit  dem  durch 
eine  blaue  Injection  gefüllten  letzten  Ende  des  Duralsackes,  einen  Theil  der  Nerven 
der  Cauda  equina,  nebst  den  begleitenden  Venen. 

In  Fig.  84  ist  der  untere  Theil  des  Kreuzbeines  entfernt;  das  Steissbein  ist  mit 
dem  M.  coccygeus  und  dem  zugehörigen  Theiie  des  M.  levator  ani  in  Verbindung 
geblieben.  Mau  sieht  die  Nerven  des  Plexus  coccygeus,  namentlich  die  zum  Le- 
vator ani  und  M.  coccygeus  tretenden  Zweige,  dann  die  an  der  Vorderfiäche  des 
Kreuzbeines  gelegenen  untersten  Theiie  des  sympathischen  Grenzstranges,  sowie 
die  Arteriae  sacrales  lateralis  et  media.  Die  Pars  coccygea  der  letzteren  mit 
der  Stelle  des  Glomus  coccygeum  ist  durch  das  Steissbein  durchschimmernd  ange- 
deutet^).  Vor  diesen  Theilen  gewahrt  man  in  der  Mitte  das  stark  ausgedehnte  Rectum, 
bedeckt  von  seiner  Fascia  propria;  rechts  ist  der  M.  piriformis  erhalten,  nebst  den 
Ligamenta  sacroiliaca  postica  longum  und  breve:  links  ist  der  Muskel  ent- 
fernt, wodurch  der  Plexus  sacralis  in  seineu  Lagebeziehungen  zur  Kreuz beingegend 
und  zum  Rectum,    nebst  den   begleitenden  Aa.  glutaeae  et  pudenda  in  Sicht  kommt. 

In  Fig.  84  a  ist  durch  Wegnahme  eines  grösseren  Theiles  des  M.  coccygeus  und 
des  M.  levator  ani  nebst  den  zugehörigen  Nerven,  der  Aa.  sacrales  und  der  Fascia  recti, 
sowie  durch  Seitwärtsdrängung  des  Plexus  sacralis  und  der  Vasa  glutaea  an  der 
linken  Seite  eine  noch  tiefere  Schicht  freigelegt  worden.  Man  erkennt  die  Muskel- 
wand des  Rectum  und  die  dasselbe  von  hinten  her  deckenden  Vasa  haemorrhoi- 
dalia  super iora,  ferner  die  beiden  seitlichen  Ausbuchtungen  der  kleinen  serösen 
Beckenhöhle  (s.  S.  418).  In  die  linke  seröse  Tasche  ist  ein  ovales  Fenster  einge- 
schnitten, durch  welches  man  Tube  und  Eierstock  in  ihrer  Lage  gewahrt.  Am 
unteren  Umfange  beider  seröser  Taschen  sind  die  Vasa  uterina  und  die  Ureteren 
angegeben, 

Fig.  76  zeigt  die  Schichtung  der  Kreuzbeingegend  auf  einem  Horizontal- 
schnitte; man  sieht  die  Hautschicht  mit  dem  Fettpolster,  den  Durchschnitt  der 
Articulatio  sacrococcygea  mit  dem  Ansätze  des  M.  coccygeus,  davor  die  Vasa 
sacralia  media,  die  Fascia  recti,  Durchschnitte  der  Vasa  haemorrhoidalia 
superiora  in  dem  perirectalen  Bindegewebe  und  das  Rectum.  —  Diese  Figur  gibt 
zugleich  eine  Uebersicht  über  das  gesarate  Cavum  pelvis  des  Weibes. 


1)  Bei  Fig.  84  hat  noch  ein  Präparat  einer  anderen  Leiche  zur  Ergänzung 
gedient. 

2)  Ueber  die  bemerkenswerthen  Anomalien  der  A.  sacralis  media  —  es  kommen 
u.  a.  bei  tiefer  Nierenlage  Zweige  zur  Niere  vor  —  sowie  über  ihre  morphologische 
Bedeutung  vgl.  Young,  A.  H.,  Abnormalities  of  the  middle  sacral  artery  and  their 
morphological  significance.  Journ.  of  anat.  and  phys.  cond.  by  Humphry,  Turner 
und  Mc.  Ken dr ick.  Vol.  XXXI,  p.  169.  1897. 


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Gesässgegend,  Hüftgegeud,  Rollhügelgegend,  Leistengegend  des  Weibes.      421 

IL  Gesässgegend  (Regio  glutaea)  (9).   Hüftgegend  (Regio  coxae)  (7). 
Rollhügelgegend  (Regio  trochanterica  (8). 

Abgesehen  von  dem  stärkeren  Fettpolster  der  drei  in  der  Ueberselirift 
genannten  Gegenden  des  weibliehen  Körpers^  von  der  schwächeren  Eutwick- 
h]ng  der  Muskulatur  und  des  Bandapparates  und  von  der  grösseren  Weite  der 
Foramina  isehiadica,  sind  die  topographischen  Verhältnisse  hier  dieselben  wie 
beim  Manne,  und  es  wird  auf  die  Seite  157  —  170  gegebene  Beschreibung  ver- 
wiesen. Ausser  den  dort  gegebenen  Figuren  50  und  51  mögen  noch  die  Fi- 
guren 84  und  84a  verglichen  werden,  insbesondere  die  drei  letzteren,  welche 
zu  weiblichen  Körpern  gehören.  Fig.  51  ist  Seite  162 — 167  genau  beschrie- 
ben worden;  sie  gibt  über  die  topographischen  Beziehungen  der  Weichtheile 
der  seitlichen  Beckenwand  des  Weibes  zu  dessen  Beckeneingeweiden  genaue 
Auskunft.  Die  Figuren  84  und  84  a  wurden  im  vorigen  Abschnitte  (S.  419) 
beschrieben;  sie  geben  insbesondere  über  die  Regio  glutaea  Bescheid,  sowie 
über  deren  Verhältniss  zu  den  benachbarten  Regiones  sacralis  und  analis. 

Aus  Fig.  84a  ist  insbesondere  ersichtlich,  wie  das  untere  Ende  der  seitlichen 
kleinen  serösen  BeckenkavitHt  gegen  das  Foramen  infrapiriforme  und  ischiadicum 
minus  hingewendet  ist,  und  wie  auch  die  Lage  des  Eierstockes  es  erklärt,  dass  der- 
selbe Inhalt  einer  Hernia  ischiadica  werden  kann  (s.  S.  167—169). 

IIL  Leistengegend  (Regio  inguinalis)  (5).    ünterleistengegend 
(Regio  subinguinalis)  (6). 

Ausser  den  Figuren  53  und  63,  welche  auch  für  das  Weib  benutzt  wer- 
den können,    sind    die  Figuren  19 — 23  (Regio  obturatoria)  und  die  Figg.  55  a 
u,  b  (Hernia  obturatoria),    sowie  Fig.  54  (Gesamtsitus)  heranzuziehen.    Für  die 
Beschreibung  ist  das  Seite  170—188  Gesagte  auch  für  das  Weib   gültig,   und 
sind  einzelne  Besonderheiten,  die  das  letztere  betreffen,  dort  schon  angegeben. 
Als  wichtigste  Unterschiede  mögen   noch   einmal   hervorgehoben   sein;    1)  die 
grössere  Engedes  Leistenringes  und  des  Leistenkanales,  durch 
welchen  nicht  der  Samenstrang,   sondern   das  Ligamentum   teres   uteri 
verläuft;    ferner  treten  die  Vasa  spermatica  interna  (ovarica)  und   der 
gleichnamige  Nerv  nicht  hindurch,  sondern  begeben  sich  in  die  kleine  Becken- 
höhle  zum  Ovarium   und   zur  Tube.     Gewöhnlich   ist   das  Li g.    inguinale 
reflexum  (Collesi).   des  subkutanen  Leistenringes  beim  Weibe  stärker  als 
beim  Manne,  jedenfalls  relativ  stärker;    dies   trägt  zur  Verengerung  und 
zur  Verstärkung   des   subkutanen  Leistenringes   bei.     (lieber   das  Ligamentum 
teres  uteri  vergl.  das  Kapitel  „Regio  pubica"  und  das  betreffende  besondere  Ka- 
pitel bei  den  Becken eingeweiden   des  Weibes).     2)  Die  Lacuna   vasorum 
femoraliuni  des  Weibes   (Eintrittspforte  für  die  Schenkelbrüche),    sowie 
die  Fossa  ovalis    mit    ihrem  Margo    falciformis    (subkutane  Austrittspforte  der 
Schenkelbrüche)    sind    erheblich  weiter,    als  die  des  Mannes.     3)  Auch    der 
Canalis    obturatorius   pflegt    beim  Weibe   merklich    weiter   zu  sein    (s. 
S.  187  „Ursachen  der  Hernia  obturatoria"). 


422  Daniiiigegend  und  Damm  des  Weibes. 

Nach  wiederholten  Schwan<?erschaften  findet  man  meist  die  unteren  Enden  der 
Musculi  recti  weiter  von  einander  entfernt,  als  beim  Manne;  in  der  Rej^el  sind  die- 
selben, sowie  die  schiefen  Bauchmuskeln  schwächer  entwickelt.  Auch  das  Ligamentum 
inguinale  ist  meist  schwächer, 


IV.  Dammgegend  (Regio  perinealis)  (3). 
Allgremeines. 

Die  Dammgegend  des  Weibes  ist  von  der  des  Mannes  in  vielen  wichtigen 
Punkten  verschieden,  sodass  eine  besondere  Beschreibung  für  einige  Theile  der- 
selben erforderlich  wird.  Die  Umgrenzung,  Eintheilung  und  das  äussere 
Bild  des  Dammes  sind  S.  10  und  S.  188  if.  an  der  Hand  der  Figg.  4  (S.4), 
10  (S.  11),  und  54  (S.  183)  beschrieben  worden.  Daselbst  wurde  auch  der 
Unterschiede  zwischen  Mann  und  Weib  gedacht.  Ferner  gelten  die  äussere 
Untersuchung  und  Präparation,  welche  Seite  190  angegeben  wurde,  die  topo- 
graphische Uebersicht  (S.  192)  und  die  Schichtenfolgc  der  Regio  perinealis 
(S.  195)  für  beide  Geschlechter,  üeber  die  Verhältnisse  der  Haut  des  Dammes 
wolle  man  S.  134  ff.  vergleichen.  Besonders  zu  besprechen  sind,  ausser  dem 
Gesamtverhalten  des  weiblichen  Dammes  und  einigen  Einzelnheiten,  noch  die 
Muskeln,  Gefässe  und  Nerven,  s.  Fig.  77. 

Beg^o  iiros:enitalis.    Damm  (Perlnetim). 

Die  Regio  urogenitalis  ist  eine  Unterabtheihmg  der  Regio  perinealis. 
Es  besteht,  wie  S.  190  bereits  bemerkt  wurde,  insofern  ein  Unterschied  in  der 
Abgrenzung  dieser  Gegenden  beim  Manne  und  beim  Weibe,  als  bei  dem  letz- 
teren die  Regio  pudendalis  sich  in  die  Regio  urogenitalis  bis  zur  Linea 
septi  perinei  hinein  erstreckt. 

üeber  den  Begriff  des  Dammes,  Perineum,  ist  S.  189  gebandelt 
worden;  dem  dort  Gesagten  ftige  ich  hier  noch  hinzu,  dass  beim  Weibe  viele 
Verschiedenheiten  in  der  äusseren  Gestaltung  des  Dammes  vorhanden  sind. 
Derselbe  kann,  je  nach  der  Lage  der  Geschlechtsspalte  und  der  AfteröflFnung, 
kürzer  oder  länger  sein ;  die  Länge  der  sagittalen  Durchmesser  wechselt  zwischen 
2 — 2,5  cm.  Auch  nach  der  grösseren  oder  geringeren  Entwicklung  des  sub- 
kutanen Fettgewebes,  insbesondere  an  den  Natesfortsätzen  (S.  10,  11  und 
Fig.  10)  ändert  sich  das  Bild  des  Dammes  beträchtlich  und  gewinnt  bei  ab- 
gemagerten Personen  ein  völlig  anderes  Ansehen  als  bei  wohlgenährten. 

Die  Figur  des  Dammes  auf  dem  medianen  Durchschnitte  zeigt  ihn, 
wenn  man  die  in  ihm  liegenden  Muskeln  Fett-  und  Bindegewebsmassen  hinzu- 
rechnet, als  eine  im  ganzen  keilförmig  gestaltete  Masse,  deren  verjüngtes  oberes 
Ende  der  Grenze  zwischen  Pars  perinealis  und  Pars  pelvina  recti  entspricht. 
Es  ist  dies  die  Stelle,  wo  das  Rectum  die  S.  262  u.  263  erwähnte  Krümmung 
nach  vorn  zeigt;  von  da  ab  nach  oben  beginnt  das  Septum  recto vaginale. 
Die  Begrenzungslinie  der  Basis  des  Dammes  ist  gewöhnlich  eine  etwas  ge- 
krümmte, so  dass  die  Mitte  des  Dammes  (entsprechend  dem  hinteren  Ende  der 


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424  Damm  des  Weibes:  Haut,  Fascia  perinei. 

Labia  majora)  am  tiefsten  steht,  während  von  da  zum  Rectum  nach  hinten  und 
zur  Scheide  nach  vorn  seine  Beg:renzun^slinie  aufsteigt.  Der  Damm  steht  so- 
nach in  seiner  mittleren  Partie  tiefer  als  die  Harnnihren-,  Scheiden-  und  Rck- 
tummündungen  (vgl.  Fig.  81a). 

Die  Masse  des  Dammes  hat  infolge  der  zahlreichen  in  ihm  enthaltenen 
gestreiften  und  glatten  Muskelfasern  und  elastischen  Fasern  eine  grosse  Festig- 
keit und  Elasticität  zugleich,  und,  indem  er  sich  gegen  das  untei-e  Scheiden- 
ende vorschiebt,  gewährt  er  der  Scheide  und  durch  sie  auch  der  Ge- 
bärmutter eine  wichtige  Stütze.  Dies  zeigt  sich  evident  in  allen  Fällen, 
wo  der  Damm  seine  normale  Widerstandsfähigkeit  verloren  hat,  insbesondere 
nach  unvollkommen  geheilten  Verletzungen   (Dammrissen,  s.  das  betreff.  Kap.). 

Auch  bei  gewissen  Veränderungen  der  äusseren  Genitalien  kann  das  äussere 
Dammbild  stark  verändert  werden;  so  verweise  ich  auf  Fig.  10,  wo  von  den 
beiden  kleinen  Schamlippen  zwei  starke  Falten  ausgehen  (b),  welche  sich  zu 
einer  ungewöhnlich  starken  Raphe  perinei  vereinigen.  In  Fig.  54  besteht  (1) 
eine  sehr  deutliche  Commissura  labiorum  majorum  posterior,  welche  so  stark 
vorspringt,  dass  sie  den  Damm  bei  dieser  Stellung  des  Körpers  ganz  ver- 
deckt. Ich  komme  auf  diese  Bildungen  bei  Besprechung  der  äusseren  Geni- 
talien zurück. 

A.  Hant.    Tnnioa  dartos,    Tela  snboatanea. 

Die  Haut  und  die  Tela  subcutanea  der  Regio  urogenitalis  zeigen  dieselben 
Verhältnisse  wie  beim  Manne;  von  der  Innenfläche  und  dem  freien  (unteren) 
Rande  der  grossen  Schamlippen  aus  erstrecken  sich  die  glatten  Muskelfasern 
der  Tunica  dartos  des  Weibes  in  die  Haut  und  in  die  Tela  subcutanea  des 
Dammes  hinein.  An  der  linken  Hälfte  der  Figur  77  (rechte  Körperseite)  sind 
die  subcutanen  Venen  der  Regio  perinealis  und  deren  Verbindungen  dar- 
gestellt. Dieselben  gehen  nach  vorn  über  in  das  Gebiet  der  Vena  saphena 
magna  (Vv.  pudendae  externae);  in  der  Mitte  sind  bemerkenswerth  die  Ver- 
bindungen zu  der  V.  obturatoria  fRami  ad  v.  obturatoriam  —  linke  Figur- 
seite),   hinten  zur  V.  pudenda  interna  (V.  pud.  int.   der  linken  Figurseite). 

B,  Fasoia  perinei. 

Die  Seite  198  von  der  Fascia  perinei  des  Mannes  gegebene  Beschreibung 
gilt  auch  für  das  Weib  mit  der  Einschränkung,  dass  bei  dem  letzteren  eine 
Anheftung  der  Fascie  an  eine  Raphe  des  Musculus  bulbocavernosus  nicht  statt- 
finden kann.  Diese  mittlere  Anheftung,  durch  die  das  Fascienfach  in  2  seit- 
liche Kammern  getheilt  wird,  besteht  hier  nur  im  Centrum  perineale;  vorn  wird 
die  Theilung  durch  die  Scheide  und  durch  die  Harnröhre  gegeben.  Die  beiden 
Abtheilungen  des  Fascienfaches  setzen  sich  nach  vorn  auf  die  Labia  majora 
und  den  Bauch  fort.  Vergl.  auch  die  am  Schlüsse  der  Besprechung  der  Becken- 
organe des  Weibes  gegebene  übersichtliche  Darstellung  der  Beckenfascien  des 
Mannes  und  des  Weibes, 


Subfasciale  Dammnerven,  -gefässe  und  -muskeln  des  Weibes.  425 

C,  Subfasciale  Nerven  imd  Gefässe, 

Für  diese  kann  auf  die  S.  199  gegebene  Besehreibung  verwiesen  werden; 
es  ist  nur  an  die  Stelle  des  Wortes  „scrotalis",  „labialis",  und  statt  „Scro- 
tum",  „Labium  majus"  /u  setzen.  Audi  ist  zu  merken,  dass  Nerven  wie  Ge- 
fässe  durchschnittlich  ein  geringeres  Kaliber  haben,  als  beim  Manne. 

Von  den  Nerven  sind  an  der  linken  Körperhälfte  (rechte  Seite  der  Figur)  in 
Fig.  77  dargestellt  der  Nervus  perineus  longus^)  (vom  N.  cutaneus  femoris 
posterior)  und  die  Rami  per  in  ei  vom  N.  pudendus:  Die  Kami  perinei  des  letzteren 
zerfallen  in  die  Nu.  labiales  posteriores  lateralis  und  medialis,  sowie  in 
Muskelzweige  und  Zweige  zur  Vagina,  welche  sämtlich  in  der  Figur  wieder- 
gegeben sind.  Die  oberflächlichste  Lage  von  diesen  Nerven  hat  der  N.  perineus  longus. 
Es  sei  hier  gleich  angefügt,  dass  von  sonstigen  Nerven  in  der  Zeichnung  noch  sicht- 
bar sind  (von  hinten  nach  vorn  genommen):  die  Nn.  clunium  inferiores  (vom  N.  cuta- 
neus fem.  post.),  die  Nu.  haemorrhoidales  inferiores  (vom  N.  pudendus)  und  der  N.  dor- 
salis  clitoridis. 

D.   Sabfasoiale  Muskeln, 
Musculus  transversus  perinei. 

Der  M.  transversus  perinei  des  Weibes  ist  gewöhnlich  kleiner  als  der 
des  Mannes;  es  kommt  auch  der  von  Lesshaft  (s.  S.  201)  beschriebene  Haut- 
muskel, Transversus  perinei  superficialis,  öfter  vor.  Fig.  77  ist 
links  (Figur)  —  rechte  Körperseitc  —  dieser  Hautmuskel  abgebildet,  rechts 
(Figur)  —  linke  Körperseite  —  der  Transversus  perinei.  Im  Uebrigen  vergl. 
S.  201. 

Nach  Ho  11  1.  c.  [S.  406]  können  die  beiden  hier  und  S.  201  beschriebenen  Mm. 
transversi  in  den  weitaus  meisten  Fallen  keinen  Anspruch  auf  Selbständigkeit  erheben; 
sie  sind  abgezweigte  Bündel  des  M.  levator  ani,  insbesondere  dessen  von  Holl  als 
M.  puborectalis  bezeichneten  Portion.  An  der  linken  Seite  der  Fig.  77  sind  solche 
Bündel  zu  sehen. 

Musculus  bulbocayernosus. 

Der  Musculus  bulbocavernosus  des  Weibes  zeigt  die  grössten  Ab- 
weichungen von  dem  des  Mannes,  und  zwar  deshalb,  weil  die  Vagina  ihn 
durchsetzt  und  ihn,  wie  auch  den  Bulbus  vestibuli  des  Weibes,  in  2  symme- 
trische Hälften,  die  sich  an  der  Klitoris  allerdings  vereinigen,  trennt.  Bei  der 
Präparation  vom  Damme  her  sieht  man  ihn  als  dünne  breite  blassrothe  Muskel- 
lage zur  Seite   der  Scheide   den    bläulich    durchschimmernden  Bulbus   decken. 


1)  N.  pudendus  longus  inferior  Hirschfeld  et  Leveillc  und  Henle,  N.  cuta- 
neus femoris  circumflexus  H.  Meyer,  N.  cutaneus  perinei  Schwalbe,  Ramus  geni- 
talis s.  scrotalis  nervi  cutanei  femoris  postici,  N.  scrotalis  inferior,  Autt.  Longor  in- 
ferior pudendal  nerve  der  Engländer,  Rami  perineali,  Ramo  genito-crurale  Romiti, 
Branche  genitale  (du  Nerf  fessier  inferieur)  Sappey,  Rami  perineales  ENA.  —  Dieser 
Nerv  ist  durch  seinen  Lauf  und  seine  beträchtliche  Länge  im  Verhältniss  zu  den 
übrigen  Perinealnerven  so  ausgezeichnet,  dass  er  einen  besonderen  Namen  verdient 
und  nicht  mit  „Rami  perinealis"  abgethan  werden  sollte.  Besser  als  alle  sonst  ge- 
brauchten Bezeichnungen  scheint  mir  der  hier  gewählte  Name  (s.  auch  S.  199,  200 
und  21.S)  zu  passen. 


426  Mm.  bulbocavernosus  und  ischiocavernosus  des  Weibes. 

Er  umkreist  mit  diesem  die  Scheide  und  spaltet  sich  vom  in  zwei  Bündel. 
Das  laterale  geht  in  der  Nähe  der  ümbiegungsstelle  des  Crus  clitoridis  auf 
dessen  Seiten-  und  Rückenfläche  über,  wo  es  sich  sehnig  an  der  Tunica  albu- 
ginea  befestigt;  das  mediale  vereinigt  sich  mit  dem  der  anderen  Seite  unter- 
halb des  Corpus  clitoridis  zu  einer  unpaaren  sehnigen  Platte,  welche  in  dem 
Vereinigungswinkel  der  beiden  Crura  clitoridis  zum  Crus  clitoridis  sich  befestigt 
(Ligam.  in tercrurale,  Ho  11).  Hinten  befestigt  sich  der  Bulbocavernosus 
am  Centrum  perineale,  der  Raphe  anobulbosa,  und  an  der  Lamina  aponeurotica 
des  Trigonum  urogenitale;  er  geht  daselbst,  wie  der  Bulbocavernosus  des  Mannes, 
Verbindungen    ein   mit   den  Mm.  sphincter  ani  externus  und  transversi  perinei. 

Topographisch  sind  hervorzuheben  seine  Beziehungen  zur  Scheide,  die 
er  seitlich  umfasst  und  verengern  kann,  woher  seine  Benennung  „Constrictor 
cunni"  (vaginae)  abzuleiten  ist,  ferner  zur  Glandula  vestibularis  major,  die  er 
mit  seiner  medialen  (tieferen)  Portion  an  ihrem  hinteren  Umfange  deckt.  Er  selbst 
wird  vom  Damme  her  überlagert  von  den  oberflächlichen  Nn.  perinei  und  Vasa 
perinei.  Vorn  liegt  er  dem  M.  ischiocavernosus  dicht  an;  hinten  kann  man 
beide  Muskeln  leicht  von  einander  trennen  und  stösst  dann  auf  die  Aponeu- 
rose  des  Musculus  trigoni  uro^^enitalis  (Fig.  77). 

Holl  trennt  wie  beim  Musculus  bulbocavernosus  dos  Mannes  die  mit  den  beiden 
o'oschilrlerton  Ansätzen  zusammenhänjrrndon  Mnskolpartion  als  zwei  selbständifre 
Muskeln.  Die  mit  den  beiden  lateralen  Ansätzen  an  die  Crnra  clitoridis  sich  befesti- 
o-enden  mehr  oborflächlichen  und  lateralen  Muskelpartien,  welche  sich  von  den  übrigen 
friit  abtrennen  lassen,  bilden  seinen  Musculus  constrictor  radicis  clitoridis, 
homolog  der  oberflächlichen  und  in  ;rleicher  Weise  an  den  Penis  befestigten  Portion 
des  M.  bulbocavernosus  des  Mannes  (Constrictor  radicis  penis  Holl).  Der  im  Winkel 
der  Crura  clitoridis  am  Lio-amentum  intercrurale  inserirende  mediale  und  tiefer  ge- 
le^rcne  Theil  ist  der  M.  compressor  bulbi  Holl's,  homolojr  der  tieferen  und  ebenso 
am  Angulus  intercruralis  befestigten  Portion  des  männlichen  Musculus  bulbocavernosus. 

M.  ischiocaYernosus. 

Der  Musculus  ischiocavernosus  des  Weibes  ist  zu  den  Crura 
clitoridis  genau  so  gelegen,  wie  der  des  Mannes  zu  denen  des  Penis;  auch 
nach  Ursprung  und  Ansatz  (an  die  Albuginea  der  Crura  clitoridis)  verhält  er 
sich  gleich.  Es  darf  daher  auf  S.  202  verwiesen  werden.  Nur  sei  noch  be- 
merkt, dass  der  Musculus  ischiocavernosus  zwar  viel  schmächtiger  ist,  als  der 
des  Mannes,  ihn  an  Länge  aber,  wegen  der  Länge  des  Arcus  pubis,  wohl  tiber- 
treffen kann  (8  cm,  Kobelt,  1.  c.  [S.  363]).  Holl  weist  darauf  hin,  dass  beim 
Manne,  wie  beim  Weibe  ein  besonderer  medialer  Antheil  der  Mm.  ischiocaver- 
nosi  unterschieden  werden  müsse,  welcher  im  Angulus  intercruralis  in  das  Liga- 
mentum intercrurale  von  beiden  Seiten  tibergeht,  also  hier  mit  der  tiefen  medi- 
alen Portion  des  M.  bulbocavernosus  zusammentrifft. 

Die  Nerven  und  6e fasse  der  drei  genannten  Muskeln  sind 
dieselben  wie  beim  Manne. 

In  Figur  77  sind  die  bis  jetzt  beschriebenen  drei  Muskeln  und  auch  die 
beiden  Ansätze  des  M.  bulbocavernosus  zu  sehen. 


Trigonum  urogenitale  des  Weibes.  427 

E.  Sohwellkörper, 

Zur  vorläufii^en  Orientirung  sei  auf  Fig.  77  verwiesen,  wo  die  Klitoris 
mit  ihrer  Eichel,  ihrem  Corpus  und  ihren  beiden  Crura,  sowie  die  beiden  Bulbi 
vestibuli  in  ihrer  Lage  abgebildet  sind.  Die  genauere  Besprechung  erfolgt 
später  (Kap.  „Aeussere  Geschlechtstheile"). 

F.  Trigonnm  urogenitale. 

Das  Trigonum  urogenitale  des  Weibes  verhält  sich  in  seiner  Zusammen- 
setzung und  in  seiner  Gesamtlage  wie  beim  Manne.  Wir  finden  unten  (damm- 
wärts)  die  aponeurotischc  Platte,  beckenwärts  die  Beckenfascie,  zwischen  beiden 
den  Musculus  trigoni  urogenitalis;  vorn  endet  derselbe  mit  dem  Liga- 
mentum praeurethrale,  zu  welchem  die  Crura  clitoridis  und  die  Nervi 
und  Vasa  dorsalia  clitoridis  dieselben  Beziehungen  haben,  wie  beim 
Manne  die  homologen  Theile.  Wichtig  ist  aber,  dass  beim  Weibe,  ausser  der 
Harnröhre,  noch  die  Scheide  das  Trigonum  durchsetzt  und  dadurch  mit 
dessen  Muskeln  und  Fascien  in  enge  Beziehungen  tritt. 

Nach  den  Untersuchungen  von  0.  Kalischer*)  verhalten  sich  die  ge- 
streiften Muskeln  des  Trigonum  urogenitale  beim  Weibe  folgendermaassen : 
Man  kann  eine  Pars  anterior  musculi  trigoni  urogenitalis  (musculi  urethralis, 
wie  Kalischer  den  Muskel' nach  Gegenbaur  benennt)  und  eine  Pars  media 
unterscheiden.  Eine  Pars  posterior  s.  prostatica,  welche  ausserdem  noch 
beim  Manne  besteht  —  Kalischer  begreift  darunter  diejenigen  Fasern,  welche 
halbkreisförmig  die  Vorderfläche  der  Prostata  decken  (Henle's  M.  sphincter 
vesicae  externus)  —  fehlt  beim  Weibe.  Die  Fasern  der  —  am  meisten  damm- 
wärts  gelegenen  —  Pars  anterior,  liegen  zu  den  Seiten  der  Vagina,  gedeckt 
von  den  Bulbi  vestibuli;  vorn  kreuzen  sie  sich  vielfach  vor  der  Harnröhre  und 
inseriren,  wie  ich  finde,  in  dem  dort  vorhandenen  elastischen  Bindegewebe  und 
am  Ligamentum  praeurethrale  (Kalischer  lässt  sie  zumeist  frei  auslaufen). 
Hinten  gehen  die  Muskelfasern  der  Pars  anterior  jederseits  zur  Synostosis  ischio- 
pubica,  wo  sie  am  Periost  (Kalischer  sagt:  „in  der  Nähe  des  Knochens") 
ihren  Ansatz  finden.  Dabei  durchsetzen  und  decken  diese  Fasern  die  Glan- 
dulae vestibuläres  majores.  Diese  Portion  des  M,  trigoni  würde  also  als 
Compressor  urethrae  et  vaginae  lateralis  und  als  Compressor  glandulae  vestibu- 
laris  wirken.  An  der  Kompression  dieser  Drüse  betheiligt  sich  aber  nach 
Kali  scher 's  Meinung,  der  ich  beipflichte,  auch  noch  der  Muse,  bulbocavernosus. 
Holl  erwähnt  gleichfalls  (S.  249)  der  nahen  Beziehungen  zwischen  diesem 
Muskel  und  der  Drüse, 

Beckenwärts  folgt  auf  die  Pars  anterior  die  Pars  media  in  unmittel- 
barem Anschlüsse.  Zu  dieser  zählen  in  der  Höhe  des  Scheideneinganges  zu- 
nächst Ringfasern,  welche  Harnröhre  und  Scheide  auf  kurzer  Strecke  gemein- 
sam umgeben.     Hinter  der  Scheide  sollen  indessen  (Kalischer)  die  Fasern 

1)  Kalischer,  0.,  I.  c.  [S.  406]. 


428  Tvigonum  urogenitale  des  Weibes. 

frei  ausstrahlen,  vor  der  Harnröhre  aber  sphinktermässig  in  einander  tiber- 
greifen. Es  folgen  dann  (höher  beckenwärts)  Fasern,  welche  sich  zur  Harn- 
röhre in  gleicher  Weise  verhalten,  an  der  Vagina  jedoch  schon  seitlich  ilir 
Ende  finden;  endlich  weiter  oben  umgeben  die  Muskelfasern  nur  noch  die  Harn- 
röhre, indem  sie  hinten  im  Scptum  urethrovaginale  und  an  der  vorderen 
Vaginalwand  endigen. 

Einzelne  der  von  der  Harnröhre  zur  Scheide  ziehenden  Muskelbtindelchen 
laufen  seitlich  in  der  Rinne  zwischen  beiden  Rohren  hinab,  gleich  longitudinalen 
Zügen  (Kalischer). 

Ho  11  zerlegt  den  M.  trigonl  urogenitalis  des  Weibes  wie  beim  Manne  in  die  drei 
Theile:  Musculus  ischiopubicus,  M.  transversus  perinei  profundus  und  M. 
urethro  vaji'iiialis.  Der  M.  ischiopubicus  verhält  sich  wie  beim  Manne  (s.  S.  407);  seine 
Sehnen  sind  das  Ligamentum  arcuatum  pubis  und  praeurethrale;  er  fehlt  aber  häu- 
figer und  ist  schwächer.  Kali  seh  er  hat  diesen  Muskel  in  seine  Beschreibung  nicht 
mit  aufgenommen.  Der  M.  transversus  perinei  profundus  Holl's  steckt  in 
denjeni<2^en  Fasern  der  Pars  anterior  Kalischer's,  welche  in  der  Nähe  der  Synostosis 
ischiopubica  inseriren.  Ich  verweise  auf  meine  S.  205  gegebene  Beschreibung  beim 
Manne,  welche  auch  für  diese  Abtheilung  des  weiblichen  Musculus  trigoni  Geltung 
hat,  und  sich  näher  an  Hol!  anschliesst.  Doch  muss  ich  Kali  seh  er  völlig  Kecht 
geben,  wenn  er  behauptet,  dass  beim  Fötus  und  bei  Kindern  nur  rein  circuläre 
Fasern  um  die  Urethra  (bezw.  die  Sch(*.ide)  im  Bereiche  des  Muse,  trigoni  existiren, 
die  nirgends  eine  Anheftung  an  den  Knochenrahmen  aufweisen ;  in  dieser  Altersperiode 
ist  also  der  M.  trigoni  ein  reiner  M.  urethralis  (Mann)  oder  urethrovaginalis  (Weib), 
und  es  besteht  noch  kein  M.  transversus  perinei  profundus  im  strengen  Wortsinne. 
Erst  später  stellen  sich  die  Beziehungen  zum  Knochen  und  zu  den  Bändern  ein,  die 
auch  Kali  seh  er  zugibt,  freilich  nicht  in  dem  Maasse,  wie  Hol!  und  ich. 

Der  Musculus  urethrovaginalis  Holl's  entspricht  dem  Rhabdosphincter 
urethrae  des  Mannes  (S.  406/407)  und  der  Hauptsache  nach  der  Pars  media  Kalischer's, 
enthält  aber  auch  einen  Theil  der  Fasern  der  Pars  anterior,  und  zwar  diejenigen,  welche 
zur  Glandula  vestibularis  major  gehören.  Zwar  erwähnt  an  der  betreffenden  Stelle 
(S.  253)  Ho  11  diese  Drüsenmuskelpartie  nicht  besonders  beim  Weibe,  wohl  aber  beim 
Manne,   und  verweist  auf  die  für  letzteren  gegebene  Beschreibung. 

Luschka^),  Lesshaft^)  und  Tschaussow^)  haben  als  Musculus  constrictor 
vestibuli  (Sphincter  vaginae,  Sphincter  vaginourethralis  Tschausso w)  eine  gestreifte 
Muskel portion  beschrieben,  welche  (nach  Luschka)  vorn  im  Septura  urethrovaginale, 
s.  w.  u.,  entspringen,  die  Scheide  ringförmig  umgreifen  und  hinter  derselben  im 
Centrum  perineale  enden  soll.  Tschaussow,  welcher  die  genauesten  Angaben  hat, 
lässt  vorn  den  Muskel  im  Angulus  intercruralis  (clitoridis)  enden,  hinten  am  Centrum 
perineale;  demnach  würde  ein  solcher  Muskel  kein  reiner  Sphincter  vaginae  sein,  son- 
dern, wie  Tschaussow  ihn  auch  benennt,  ein  Sphincter  vaginourethralis.  Mir  scheint 
es,  dass  derselbe  theils  in  der  Pars  anterior,  theils  in  der  Pars  media  Kaiisch  ers 
enthalten  ist.  Ho  11  entscheidet  sich  über  die  Zugehörigkeit  dieser  Fasern,  die  von 
den  3  genannten  Autoren,  Luschka,  Lesshaft  und  Tschaussow,  verschieden  be- 
schrieben werden,  nicht;  sie  könnten  sowohl  zum  ßulbocavernosus,  als  auch  zum  M. 
trigoni  zu  rechnen  sein.    Jedenfalls   ist  eine   rein    circulär    die  Scheide  um- 


1)  Luschka,  H.  v.,  Die  Muskulatur  am  Boden  des  weiblichen  Beckens.     Denk- 
schriften der  K.  Akad.  d.  Wissensch.  zu  Wien.    Mathem.-naturw.  Kl.  Bd.  20.  1862. 

2)  1.  c.  [S.  212]. 

3)  1.  c.  [S.  212]. 


Regio  analis  des  Weibes.  429 

grelifende   gestreifte   Muskelpartie,    also   ein   reiner  Sphincter   vaginae, 
nicht  sicher  nachgewiesen. 

In  Fig.  77  ist  der  Musculus  trigoni,  allerdings  noch  von  seiner  perinealen  Apo- 
neurose  bedeckt,  in  der  Weise,  wie  er  bei  der  Präparation  vom  Damme  her  als  Ganzes 
in  Sicht  kommt,  dargestellt. 

Auf  die  Wirkungsweise  dieser  Muskeln,  sowie  auf  ihre  Gesamtbeziehungen 
zu  den  weiblichen  Beckenorganen  wird  bei  Besprechung  der  letzteren  zurück- 
zukommen sein. 

Die  Verhältnisse  der  Fascien  sind  in  der  Hauptanlage  dieselben  wie 
beim  Manne;  nach  Abhandlung  der  weiblichen  Beckenorgane  folgt  noch  eine 
übersichtliche  Darstellung  derselben  beim  Manne  und  beim  Weibe.  —  Im  Tri- 
gonum  eingeschlossen  liegen  die  Arteria  clitoridis  in  Begleitung  des  Wurzel- 
gcfässes  der  Vena  pudcnda  interna  und  des  Nervus  dorsalis  clitoridis; 
die  Lage  ist  dieselbe;  wie  beim  Manne  (Fig.  57  und  57  a). 

O.    Tiefes  (subsertfses)  Lag^er  der  Regio  urogenitalis. 

Bezüglich  des  hier  in  Frage  kommenden  Eecessus  pubiciis  fossae 
ischiorectalis  vgl.  das  S.  207  Gesagte.  Auf  der  Beckenfläche  des  Trigonuui 
ruhen  subserös  beim  Weibe  zunächst  die  Harnblase,  die  hintere  Wand  der 
Scheide,  die  Becken fascie  und  die  vorderen  Vcncnplexus  (pudendalis  und 
vesicovaginalis).  Weiter  aber  sind  hierhin  noch  der  Uterus,  das  Liga- 
mentum ovarii  und  die  Anf angstheile  des  Ligamentum  latum  und  der 
Tube  zu  rechnen,  da  sie  ebenfalls  subserös  in  dem  genannten  Bereiche  gele- 
gen sind. 

Regio  analis. 

Die  allgemeinen  Verhältnisse  der  Regio  analis  sind  dieselben  wie 
beim  Manne,  s.  S.  207,  Auch  ist  die  Eintheilung  in  die  verschiedenen  Schichten 
dieselbe. 

A.    Haut.    Hautmuskeln. 

Vgl.  S.  134  und  208.  Ich  füge  dem  S.  208  Gesagten  hinzu,  dass  ich 
die  von  den  beiden  Abtheilungen  des  Musculus  levator  ani,  die  H  o  1 1  unter- 
scheidet, nach  Letzterem  in  die  Haut  des  Afters  übergehenden  Sehnen- 
fasern bestätigen  kann. 

B.    Fettgewebe  der  Fossa  isohioreotalis. 

Vgl.  hierüber  S.  193  und  208  und  die  an  letzterem  Orte  citirten  Figuren. 

C.    Mnsonliui  sphincter  ani  externa«. 

Der  Musculus  sphincter  ani  extern us  verhält  sich  beim  Weibe 
wie  beim  Manne.  Vgl.  S.  208  und  Fig.  77.  Die  vorn  am  Centrum  perineale 
sich  kreuzenden  Bündel  des  Sphinkter  sind  in  der  Figur  zu  stark  und  zu  sehr 
abgerundet  ausgefallen.  Man  sieht  dort  auch  (linke  Seite  der  Figur)  einen 
üebergang  von  Sphinkterfasern  in  den  Musculus  transversus  perinei  superficialis. 


430        Nerven  und  Gefässe  der  Kegio  analis  des  Weibes.    Diaphragma  pelvis. 

D.    Oberfläohliohe  Nerven  nnd  Oefässe  der  Beg^io  analis. 

Vgl.  S.  209.  Ferner  S.  140,  200  (Lymphgefässe)  212  und  218.  In  Fig. 
77  sind  (links)  die  Venen,  rechts  ein  Theil  der  Nerven  abgebildet;  die  Er- 
klärung ergibt  sich  unmittelbar  aus  den  Bezeichnungen. 

E.    Diaphragma  pelvis  (Mosoulus  levator  ani,  mosoalus  ooocygreus). 

Die  Ursprungs-  und  Ansatzverhältnisse  der  Muskeln  des  Diaphragma 
pelvis  sind  wie  beim  Manne,  und  es  sei  dieserhalb  auf  S.  209  verwiesen. 
Hier  ist  nur  hervorzuheben,  dass  die  Portio  pubococeygea  des  Muskels, 
d.  i.  der  Levator  ani  im  öinne  H  e  n  1  e  's  und  der  meisten  neueren  Autoren, 
dicht  an  beiden  Seiten  der  Scheide  vorbeizieht,  und  so  in  Beziehungen 
zu  derselben  tritt,  indem  er  als  Compressor  lateralis  des  Vaginal- 
rohres tungirt;  er  liegt  dabei  der  Scheide  höher  oben,  d.  h.  mehr  uterin- 
wärts  an,  als  die  vorhin  genannten  Fasern  des  Bulbocavernosus  und  des  Muse, 
trigoni  urogenitalis.  Ferner  aber  kann  er  dadurch  auf  die  Scheide  wirken, 
dass  eine  Anzahl  seiner  Fasern  vor  dem  Rectum  zur  Haut  und  zum  Centrum 
perineale  herabsteigen;  diese  heben  die  Haut  des  Dammes  und  dessen  gesamte 
Masse  und  ziehen  sie  nach  vorn,  wodurch  das  Scheidenrohr  verengert  und 
namentlich  dessen  hintere  Wand  gehoben  und  gestützt  werden  muss.  Der 
Musculus  levator  ani  hat  deshalb  für  die  Scheide  eine  grosse  Wichtigkeit. 
Weiteres  s.  Kap.  „Scheide"  und  „Vaginismus". 

Ein  Ansatz  von  Muskelfasern  des  Levator  ani  an  die 
Scheidenwand  selbst  findet  nicht  statt. 

Der  Musculus  coccygeus  verhält  sich  wie  beim  Manne  (s.  S.  211). 

Zur  Vervollständigung  der  !S.  2U9  gegebenen  Beschreibung  des  Diaphragma 
pelvis  füge  ich  hier  dessen  Kintheilung  nach  Holl  1.  c.  [S.  406]  noch  an: 

Ho  11  unterscheidet  am  Diaphragma  pelvis  (Diaphragma  pelvis  rectale  Holl) 
vier  Muskeln;  1)  Den  Musculus  ischiococcygeus;  es  ist  dies  der  S.  211  beschrie- 
bene Musculus  coccygeus  der  Autoren.  2)  Den  Musculus  iliococcygeus.  Dieser 
Muskel  ist  identisch  mit  dem  von  Henle  beschriebenen  M.  ischiococcygeus,  den  er 
in  richtiger  Weise  vom  Levator  ani  der  Autoren  abtrennte,  da  er  von  einem  beson- 
deren Nerven  versorgt  wird.  Diese  Trennung  fülirt  (s.  bei  Holl)  auf  die  vergleichend 
anatomischen  Beluude  von  Strauss-Dürckheim^)  zurück,  und  ist  neuerdings  ins- 
besondere von  Kollmann  1.  c.  [S.  212J,  Lartschneider  l.  c.  [S.  207]  und  Holl  be- 
gründet worden.  Vergl.  die  Beschreibung  S.  210.  3)  Den  Musculus  pubococcygeus. 
4)  Den  Musculus  puborectalis.  Holl  zerlegt  in  diese  beiden  Muskeln  den  8.  210 
beschriebenen  Musculus  pubococcygeus  (Kollmann,  Lartschneider),  welcher 
den  Henle 'sehen  Musculus  levator  ani  bedeutet.  Der  M.  puborectalis  Holls  um- 
fasst  diejenigen  Faserzüge,  welche  sich  unmittelbar  an  den  Sphincter  ani  externus 
anschliessen  und  hinten  um  die  Pars  perinealis  recti  herumgehen,  um  in  das  Liga- 
mentum anococcygeum  zu  inseriren.  Der  Musculus  pubococcygeus  HoU's  tolgt 
mit  seiner  hauptsächlichen  Insertion  am  Steissbeine  hoher  oben  (beckenwärts)  auf  den 
M.  puborectahs.  Beide  Muskeln,  der  PuborectaHs  sowohl,  wie  der  Pubococcygeus, 
haben  indessen  auch  Insertionen  in  der  Haut  und  am  Rectum  (s.  vorhin  sub  A);  der 


1)  Strauss-Dürckheim,  Anatomie  descriptive  et  comparative  du  chat.  Paris, 
1845. 


Gefässe  u.  Nerven  der  Reg.  perin.    Centrum  perineale  des  Weibes.  431 

Musculus  pubococcygeus,  indem  zwischen  seinen  Bündeln  bindegewebige  und  elasti- 
sche Fasern  hervortreten,  welche  die  Sphinkterbündel  durchsetzen  und  in  der  Haut 
inseriren,  ferner,  indem  ein  Theil  seiner  Fasern  (der  innersten,  unmittelbar  an  der 
Symphyse  entspringenden)  an  der  Vor  der  wand  des  Rectum  zur  Haut  hinabsteigt. 
Vom  Musculus  puborectalis  ziehen  Fasern  zur  Vorderseitenwand  des  Rectum,  und 
ihre  Sehnen  gehen  mit  den  elastischen  Sehnen  der  glatten  Längsmuskulatur  des  Rectum 
zur  Haut  am  Anus  und  zum  Centrum  perineale.  Der  Musculus  puborectalis  ist  der 
Hauptsache  nach,  wegen  der  schleifenförmig  hinten  das  Rectum  umgreifenden  Fasern, 
ein  Sphincter  recti,  kann  aber  mit  dem  Pubococcygeus  zusammen,  wegen  der  am 
Rectum  herablaufenden,  den  Sphincter  ani  durchsetzenden  und  in  der  Analhaut 
endenden  Fasern    auch   als    richtiger  Levator   ani  wirken. 

F.    Vasa  pudenda  interna.    Hervi  res^onis  perinealii. 

Die  Verhältnisse  sind  für  diese  Gebilde  dieselben,  wie  beim  Manne;  man 
wolle  S.  212  vergleiche«;  wo  die  für  das  Weib  zu  berücksichtigenden  Aendc- 
rungen  bereits  angegeben  sind;  ferner  S.  425  und  Fig.  77.  Weiteres  folgt 
noch  bei  Besprechung  der  weibliehen  Geschlechtsorgane.  Die  venösen  Becken- 
plexus  des  Weibes  werden  am  besten  erst  nacli  Absolvirung  der  weiblichen 
Beckeneingeweide   besprochen. 

G.    Centrum  perineale. 

Das  Centrum  perineale  verhält  sich  beim  Weibe,  wie  beim  Manne. 
In  Fig.  77  liegt  es  an  der  Stelle  der  zwischen  Scheide  und  Anus  sich  kreu- 
zenden beiden  Bündel  des  Musculus  sj)hincter  ani  externus,  und  zwar  unter 
denselben.  Es  ist  nur  zu  erwähnen,  dass  es  stärker  ausgebildet  ist,  wie  beim 
Manne  und  aus  dicht  verwebten  bindegewebigen  und  elastischen  Fasern,  nebst 
glatten  Muskelfasern  besteht;  ein  grosser  Theil  der  gestreiften  Muskulatur  des 
Dammes  und  des  Diaphragma  pclvis  (Levator  <ani)  inseriren  in  der  elastisch 
bindegewebigen  Masse  (s.  S.  219). 

Pathologische  Zustände  der  Regio  perinealis. 

Für  die  Besprechung  derselben  ist  z.  Th.  auf  das  S.  219  Gesagte  zn  ver- 
weisen. Für  das  Weib  wären  noch  besonders  zu  besprechen:  die  Dammrisse, 
die  Vorfälle  nnd  die  Hernien;  letzteres  beides  auch  noch  für  den  Mann; 
bei  diesem  handelt  es  sich  nur  um  die  viel  selteneren  Mastdarmvorfälle;  auch 
Perinealhernien*  sind  bei  ihm  sehr  selten.  Am  besten  wird  alles  dieses  im  Zu- 
sammenhange erledigt,  und  zwar  nach  der  Darstellung  der  weiblichen  Becken- 
organe. 

V.    Schoossgegend  (Regio  pubica)  (1)  und  Schamgegend 
(Regio  pudendalis)  (2). 

Das  äussere  Bild  der  Regio  pubica  des  Weibes  ist  S.  3— 12  ge- 
schildert worden ;  die  R  e  g  i  o  p  u  d  e  n  d  a  1  i  s,  der  Bezirk  der  äusseren  Ge- 
schlechtstheile,  erstreckt  sich,  wie  bemerkt,  weit  in  die  Regio  perinealis  hinein, 
bis  fast  zur  Regio  analis  hin.     Wie   beim  Manne,   so   unterscheiden   wir   auch 


432  Schoossgegend  des  Weibes. 

beim  Weibe  in  der  Regio  pubica  einen  oberen  (kranialen)  Abschnitt,  welcher 
die  oberhalb  der  Symphyse  gelegenen,  dem  Mons  pubis  zugehörigen  Theile 
begreift,  und  einen  unteren  (kaudalen),  als  welcher  der  Syniphysenbezirk  anzu- 
sehen ist. 

Regio  pubica. 

Die  Schichtenfolge  in  der  Regio  pubica  ist  dieselbe  wie  beim  Manne, 
s.  S.  220;  nur  muss  es  in  der  zweiten  Schicht  hcissen:  statt  „Samenstrang^S 
„Ligamentum  teres  uteri"  und  statt  „Ligamentum  Suspensorium  penis", 
„Ligamentum  Suspensorium  clitoridis"  und  gleicherweise  „Liga- 
mentum f  u  n  d  i  f  0  r  m  e  clitoridis". 

A.    Haatsohioht. 

Abgesehen  von  den»  S.  5,  15  u.  134  Gesagten,  ist  das  Kapitel  „Aeussere 
Geschlechtstheile  des  Weibes"  zu  vergleichen. 

B.    Fasoia  superfloialis  and  subfasolale  Bildung^en. 

Die  S.  222  gegebene  Beschreibung  hat  bereits  die  Verhältnisse  beim  Weibe 
berücksichtigt  und  es  ist  dort  auch  auf  i^'ig.  78  verwiesen  worden.  Wir  erblicken 
in  dieser  das  Bild  der  Regio  pubis  nach  Wegnahme  der  Haut  und  des  sub- 
kutanen Fettgewebes,  welche  zusammen  durch  einen  Bogenschnitt  abgelöst  und 
nach  unten  umgelegt  sind.  Bei  4,  4,  4  a  und  4  a  ist  die  Fascia  clitoridis  von 
ihrer  Befestigung  am  Schambeinrande  abgetrennt  und  dadurch  das  subfascialc 
Clitorisfach  eröflnet  worden,  welches  nach  oben  in  das  subfascialc  Gewebe  des 
Bauches  übergeht.  (S.  die  Beschreibung  ö.  222,)  Auch  die  Ligamenta  fundi- 
forme  und  Suspensorium  clitoridis  sind  entfernt,  so  dass  das  Ligamentum  ar- 
cuatum  pubis  völlig  frei  wurde.  Besonders  wichtig  in  der  Figur  ist  das  Bild 
der  Symphyse  mit  dem  Ligamentum  arcuatum  pubisy  ferner  das  der  beiden 
subkutanen  Leisteuringe  mit  den  aus  ihnen  heraustretenden  runden  Mutterbän- 
dern, welche  bei  dem  Zurücklegen  der  Haut  abgeschnitten  wurden. 

Man  erkennt,  genau  der  Symphyse  entsprechend,  an  deren  oberem  Rande 
einen  kleinen  Vorsprung,  daneben,  links  wie  rechts,  eine  kleine  Vertiefung; 
dicht  am  unteren  Umfange  des  Leistenringes,  m  der  Figur  vom  Ligamentum 
teres  verdeckt,  liegt  das  leicht  durchzufühlende  Tuberculum  pubicum.  Alles 
dieses,  sowie  die  beiden,  ebenfalls  sehr  hervortretenden  Crura  des  Leistenringes 
dienen  zur  Orientirung  bei  der  Aufsuchung  des  Ligamentum  teres  uteri.  Wei- 
teres über  das  letztere  siehe  beim  Kapitel:  „Rundes  Mutterband". 

In  der  Figur  erkennt  man  ferner  die  Konturen  der  Musculi  adductor  longus 
und  gracilis,  die  Bauchaponeurose,  die  Crura  und  die  Glans  clitoridis  und  deren 
dorsale  Gefässe  und  Nerven,  worüber  bei  den  Geschlechtsorganen  das  Nähere 
angegeben  wird.  Die  durchschnittene  kleine  Symphysenvene,  welche  mit  der 
Vena  dorsalis  clitoridis  anastomosirt  und  häufig  gefunden  wird,  ist  S.  223 
beschrieben  worden. 


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iiitiiiriillifli  ihH'li  iiiili:i].  iilic.T  d'n'  liiiiifliiL'issrii  xifv:  iln^  iii.i:';uiiriil  um  ;,iiTii;h 
^■inii    iHibis    <Tsr'hriiit    in    Iiiiriiciil  fiVlni'   llrritr   ihm!    wcirlil    ii.ir'li    liiüir-ii   ziirfii^k, 

l.iilrrli.'iih  d'iNsi'llMii  ki»iiiiiil  .iti  fit'fd't'ii  Sclivii  riii  kli^iiK^s  Sliiek  drs  Li- 
i^'ii  iii  ^'11 1  II 111  |i  r;i  (M!  ri' I  li  IM  I  i-  ziiiii  \"Mrsr|ii'iti,  iii  w t'l^'Iirni  !ii;ni  ilit«  1  hii'i'liirilr^^ 
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ilvnii't  ihu\vt.  Wiv  N<i:"\-i'{i  >r!lisl.  ,«iv\f<^  (liv  Arl<Ti;ii/  sl«>ivs;ilrs  i-filoriilis 
<hul   tijllrriil ;   <k!i,ü'i'^tMi    i<i    die*    Venu    <l<,M's:ilfs   ,s  ii  h  f  ji  si' i;i  I  i  s  rrlL-illrn. 

i^ii'   zw'is-'litii    iN'ifkif   riMti*;}   rliiiHiflis    li«'i:-iiHli'   I ''i'\Vi'li>fii;rsM\     iilni'    firi'iMi 


IV 


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4ä6  Weichtheile  der  inneren  Beckenwand  des  Weibes. 

Für  die  Symphysis  ossium  pubis,  D,,  wird  auf  S.  33,  229  und  auf 
das  eben  zu  Fig.  79  Bemerkte  verwiesen. 

E.  Die  hinter  der  Symphyse  belegenen  Tlicile,  insbesondere 
die  Vasa  retropubica.  Da  bereits  S.  230  die  Fig.  80,  welche  nach  dem 
Präparate  einer  weiblichen  Symphysengegend  gezeichnet  ist,  genau  beschrieben 
wurde,  so  kann  darauf  Bezug  genommen  werden. 

Regio  pudendalis. 

Die  Regio  pudendalis  imifasst  (s.  Figur  4  und  S.  3)  die  äusseren 
Geschlcchlstheile.  Wenn  wir  bei  der  Besprechung  der  Regio  pudendalis  des 
Mannes  (S.  231)  eine  kurze  Schilderung  der  topographischen  Verliältnisse  gege- 
ben haben,  so  ist  dieses  beim  Weibe  unnöthig,  da  die  später  zu  erstattende 
Beschreibung  der  äusseren  weiblichen  Geschlechtsorgane  sich  viel  natürlicher 
als  beim  Manne  mit  der  regionären  Topographie  in  Verbindung  bringen  lässt; 
es  wird  daher  auf  das  betreffende  Kapitel  verwiesen. 


Innere  Topographie  des  weiblichen  ^Beckens:  Die  Weich- 
theile der  inneren  Beckenwand  und  die  von  ihnen 
begrenzte  Höhle       Oavum  pelvis  musculare. 

Die  Seite  233  und  234  gegebene  üebersichtsschilderung  des  männlichen 
Beckenraumes  kann  grösstentheils  auch  für  das  weibliche  Becken  gelten.  Für 
die  besonderen  Verhältnisse  des  letzteren  ist  auf  Fig.  70  und  deren  Beschrei- 
bung (S.  418  u.  419)  zu  verweisen. 

Die  Weichtheile  der  hinteren  Beckenwand. 

Für  die  Weichtheile  der  hinteren  Beckenwand  gilt  die  S.  236  gegebene 
Beschreibung,  ferner  die  Schilderung  der  Regio  sacralis  des  Weibes,  wozu  die 
Figg.  61,  76,  84  und  84a  verglichen  werden  müssen. 

Die  Weichtheile  der  seitlichen  Beckenwand. 

Die  Weichtheile  der  seitlichen  ]3eckenwand  des  Weibes  sind  gnisstentheils 
dieselben  wie  die  des  Mannes,  und  wolle  man  zunächst  die  Seite  236 — 240  ge- 
gebene Darstellung,  sowie  die  Figg.  76  und  81a  zu  ihrer  Kenntnissnahmc 
benutzen.  Es  ist  dort  auf  die  Verhältnisse  des  weiblichen  Beckens  auch  bereits 
Rücksicht  genommen  worden. 

In  Fig.  81a  ist  ein  Bild  der  Weichtheile  der  Seitenwand  des  weiblichen 
Beckens  gegeben,  wie  dieselben  durch  das  Bauchfell  hindurch  erkennbar  sind. 
Dazu  kommen  die  dort  lagernden  beiden  Eingeweide,  die  Tuba  Falloppü 
und  der  Eierstock.  Von  vorn  nach  hinten  gehend,  sieht  man  zunächst  die 
Plica  vesicalis  transversa,    welche   die  Fossa  paravesicales  anterior 


Innere  Weichtheilc  der  vorderen  und  der  unteren  Bockenwand  des  Weibes.    437 

von  der   Fossa  paravesicalis  posterior    scheidet.     Durch   die  Fossa  para- 
vesicalis  anterior  zieht  sagittal  nach  oben  die  Fortsetzung  der  Arteria  umbili- 
calis =^  Lii^anicntnm   vesicounibilicale  laterale;    von    ihr   geht,    lateral 
vom  Ligamentnm  tcres  uteri  nnd  der  Plica  vesiealis  transversa,  beide  Bildungen 
kreuzend,  die  Arteria  vesiealis  superior  ab.    Die  hintere  Grenze  der  Fossa 
paravcsicalis   posterior   bildet   beim   Weibe    das    Ligamentum    teres    uteri 
fPars  pelvina    desselben),  welches  an  Stelle  des  Ductus  deferens  tritt  und  wie 
dieser    über    die  Vasa   epigastrica  inferiora    bogenförmig    zum    siibperitonäalen 
Leistenringe   verläuft.     Wir    vermissen    hier    beim  Weibe    die  Vasa  spermatica 
interna  und    sehen  diese  (s.  a.  Fig.  146)  weiter  nach  hinten  in  einem  ziemlich 
dicken  Strange,    dem   Ligamentum   Suspensorium   ovarii,    über   die  Vasa 
iliaca  externa  an  die  ümbiegungsstelle  der  Tuba  Falloppii  und  an  den  oberen 
Pol  des  Eierstockes  (Tnbenpol)    treten.     Hierin  liegt  ein   weiterer   bemerkens- 
werther  unterschied  zwischen  dem  inneren  Beckenbilde  des  Mannes  und  Weibes. 
Hinter  dem  Ligamentum  teres  uteri,    zwischen   diesem    und    dem  Ureter, 
mit  den  Vasa  hypogastrica  (nach  hinten)   liegt  die  tiefe  Fossa  obturatoria; 
sie  wird   l)cim  Weibe    gewöhnlich    durch   die    Pars  ascendens   tubae   und    das 
Endstück  des  Ligamentum  Suspensorium  ovarii  in  zwei  ünterabtheilungen,  eine 
vordere  und  eine  hintere,  zerlegt.    Tn  der  flacheren  vorderen  erblicken  wir  die 
Arteria    umbilicalis;    mitunter  schimmern    auch  noch  der  Nervus  und 
die  Vasa  obturatoria  durch  (in  der  Figur  nicht  erkennbar;  siehe  jedoch 
Fig.  62    vom    Manne).     In  der  hinteren    liegt   der  Eierstock.     Sehr   häufig 
ist   dessen    Lagerstätte    noch    zu    einer    besonderen,    ihn    genau  aufnehmenden 
Grube,   der  Fossa  ovarica  ausgetieft.    (S.  Kap.  „Eierstock".)     Oberhalb  des 
Eierstockes  besteht  noch  eine  besondere  kleine   dreieckige  Vertiefung,    in  dem 
W^inkcl  zwischen  Ureter  und  Vena  iliaca  externa,  in  welcher  der  N  e  r  v  u  s  ob- 
turatorius,  und,  häufig,  ein  Truncus  communis  arteriae  umbili- 
calis et  u  t  e  r  i  n  a  e  gelegen  sind. 

Die  Weichtheile  der  vorderen  Beckenwand. 

Für  die  Weichtheile  der  vorderen  Beckenwand  kann  auf  die  Figur  63, 
S.  241  und  die  dort  gegebene  Beschreibung  verwiesen  werden;  nur  ist  an  Stelle 
des  Ductus  deferens  das  Ligamentum  teres  uteri  zu  setzen.  Fig.  64, 
S.  242  passt  für  das  Weib,  wie  für  den  Mann. 

Die  Weichtheile  der  unteren  Beckenwand. 

Für  die  Weichtheile  des  weiblichen  Beckenbodens  gilt  die  Seite  242  bis 
244  gegebene  Schilderung,  und  es  kann  Fig.  65  zur  Veranschaulichung  der- 
selben mit  der  Erweiterung  benutzt  werden,  dass  zwischen  Prostata  und  Harn- 
röhre (6)  und  Rectum  (7)  noch  das  Vaginalroll r  den  Musculus  Icvator  ani 
durchsetzt,  und  dass  das  Centrum  perineale  zwischen  Rectum  und  Scheide  zu 
verlegen  ist,  ferner,  dass  die  Harnröhre  ohne  Prostata,  als  einfaches  Rohr,  er- 


hrlitiiil.  l^iiiÜN'li  pvliiirl  liii'iifi'T  i!ir  r>r'si'lircihiiii;i:*  der  Dmuiuisvixiniil  iiit  .u'iiliZiii 
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Beckeiieiiigeweide  des  Weibes. 

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iiiiil  i  li  r  i' 1"  L:i.i!''i'  ,t:'«'\\  ii!nrii  wir  :iii>  ik'ii  Fi,aiiri'ii  >K  sl  n^  s-j  uml  ,<l\. 
IHv  l'1;i:iy*ii  '"^1  iiii'*!  ^l  n  -{rlli^ii  'M  rdi  ;t  iis  r  li  h  i  |  le  d*»^  ;u:<' s:i  iii  I  cii  HiM'k4*ii> 
lull  l^''r:tiitii  ikii'.  vvt'lrlit*  .n'rlfortii  lj;illi'ii.  In  l"1;iiti'  s  |  ist  t/iiir  linkt' 
llri'k  eil  Iki!  n.i;  Ulli  iliri'in  SMiüflitditn  Iiilüillt'  \v'H'rlci;i:*i'.^*fbrii.  I''ii!'i!r  Hl  i^ 
zeii:1    iii    ,u'!rr^sserti'   \\'ii'<k'ri::aJ'>i'    eun'    n'i'htv   Il'cr  kr  ii  li:l  1  fl  t*    mwU    I^iiiri-riiiiiii;' 

I)   l*i%i'r'|i:ir;i!  {{III   Mlls^'i   ;Ui.'i:Ui!u.    Ar;j;r{i|i'»r.*i(<'tisis„   \\';i.|<li*\'i.'r  Irr*,, 


440  Beckeneingeweide  des  Weibes.     Uebersicht. 

Menge  Fäkalmassen.  Von  hinten  nach  vorn  gezählt,  folgen  aufeinander:  das 
Rectum,  die  Scheide  mit  dem  Uterus  und  die  Harnblase  mit  der  Harn- 
röhre. Ein  beträchtlicher  Thcil  der  Harnröhre,  der  Scheide  wie  des  Rectu^i  liegt 
unterhalb  der  Ebene  des  Beckenausganges,  zusammen  mit  dem  Damme 
und  mit  den  äusseren  Geschlechtstheilen.  Von  letzteren  sieht  man  in  Figur 
81a  die  grossen  und  die  kleinen  Schamlippen,  den  Medianschnitt  des  vor- 
deren Clitorisendes,  mit  der  nach  rückwärts  und  abwärts  gebogenen  Eichel, 
die  rechte  Hälfte  des  Vestibulum  vaginae  mit  den  Mündungen  der  Harn- 
röhre und  der  Scheide,  dahinter  den  tief  herabtretenden,  stumpf  abgerun- 
deten Damm  und  hinter  diesem  die  Pars  perincalis  reeti  mit  dem  Anus, 
der  hinteren  Partie  des  M.  sphincter  ani  externus  mit  dem  Ligamentum 
anococcygeum.  Zwischen  Symphyse  und  Harnröhre  treffen  wir  den  oberen 
und  unteren  prävesicalen  Fettkörper,  die  Vena  dorsalis  clitoridis  sub- 
fascialis  und  die  Durchschnitte  der  Venen  des  Plexus  pudendalis  und  der 
Dammmuskulatur.  Zwischen  Scheide  und  Harnröhre  liegt  das  feste  Septum 
urethrovaginalc,  dem  nach  oben  das  mehr  lockere  Septum  vesicovagi- 
nale  und  vesicouterinum  folgt.  Oberhalb  des  Dammes  liegt  das  gleich- 
falls lockere  Septum  recto vaginale.  Deutlich  treten  die  Excavationes 
vesicouterina  und  rectouterina  mit  der  Plica  rectouterina  hervor.  Vorn 
auf  der  Blase  sieht  man  die  Plica  vesicalis  transversa. 

Fii^-.  81  zeigt  in  beiden  Excavationen  Dannsclilin«:en:  wir  werden  auf  das  Ver- 
hältniss  dieser  zu  den  inneren  Geschleehtsor^-anen  des  Weihes  später  näher  eingehen 
(vgl.  darüber  auch  das  S.  259  Gesagte). 

Alle  die  genannten  Theile  nehmen  den  mittleren  Theil  der  kleinen 
Beckenhöhle  ein.  In  die  grosse  Beckenhöhle  ragt  keiner  derselben  bei 
massiger  Füllung  hinauf.  Dies  ändert  sich  bei  starker  Ftillung  der  Blase,  wie 
wir  schon  beim  Manne  sahen,  und  bei  vorgeschrittenem  graviden  Zustande  der 
Gebärmutter  (s.  w.  u.). 

An  der  seitlichen  Beckenwand  (s.  Figur  81a)  finden  wir  an 
Beckeneingevveidcn,  von  vorn  nach  hinten  gehend,  das  Ligamentum  teres 
uteri,  die  Pars  ascendens  und  descendens  tubac,  den  Eierstock 
und   den  Ureter  (vgl.  die  S.  436  gegebene  Schilderung). 

Zur  Uebersicht  der  Lage  der  weiblichen  Beckenorgane  soll  auch  Fig.  76 
(Querschnitt)  dienen.  Wir  sehen  in  dieser  Figur  die  Gebärmutter,  wie  so  häufig, 
extramedian  gelegen,  und  zwar  nach  links. 

Ein  Theil  der  genannten  Eingeweide  liegt  auch,  während  er  von  der  Harn- 
blase bezw.  der  Gebärmutter  sich  zur  seitlichen  Beckenwand  begibt,  eine 
kürzere  Strecke  auf  dem  Beckenboden,  namentlich  dann,  wenn  der  Uterus 
nach  einer  Seite  abgewichen  ist,  auf  der  freien  Seite  (s.  Figg,  76  und  82 
rechte  Seite). 

Fig.  82/)    gibt    eine    Uebersicht    der  Lage    der    Beckenorgane    und    der 

1)  Diese  Figur  ist  eine  verbesserte  Wiedergahe  der  Fig.  1,  Tafel  T,  aus:  „Wal- 
deyer,  Beitrag  zur  Kenntniss  der  weiblichen  Beckeuorgunc.  Bonn,  1892.  Friedrich 
Cohen'*,  und  ist  nach  der  Leiche  einer  siebzelmjährigen  Jungfrau  gezeichnet. 


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442  Beckeneiiigeweide  des  Weibes.    Uebersicht. 

gesamten  Ranmverliältnisse  des  Beckens  hei  der  Ansieht  von  ohen.  Wir 
sehen  zunächst  die  wichtigsten  Bcstandtheile  der  Beckenwandun^  auf 
dem  Durclisehnitte.  An  der  hinteren  Wnnd  sind  durch  Wegnahme  eines  Theiles 
des  Bauchfelles  ein  Stück  der  Wirhelsäule  und  der  Musculi  psoas  und 
iliacus,  die  Aorta  mit  ihrer  Theilung  imd  ebenso  die  Vena  cava  inferior, 
die  Vasa  spermatica  interna  und  (links)  ein  Theil  des  sympathischen 
ftrenzstranges  freigelegt  worden.  Wir  erblicken  ferner,  vom  Querschnitte 
des  Colon  pelvinum  ausgehend,  die  beiden  Blätter  des  Mesosigmoideum 
quer  durchgeschnitten  und  die  darin  liegenden  Gefässe.  Im  übrigen  ist  die 
Serosa  erhalten,  sodass  man  erfährt,  welche  Tlieile  durch  dieselbe  hindurch 
gesehen  werden  können.  Es  sei  hier  gleich  auf  das  reichliche  subseröse 
Fettbindegewebe  aufmerksam  gemacht,  wie  man  es  bei  normal  ernährten, 
gesunden  Frauen  immer  trifft. 

Wir  überblicken  ferner  in  der  Figur  das  ganze  Cavum  serosum  pel- 
vis  majori 8  und  minoris;  links  und  rechts  die  beiden  seitlichen  Abthei- 
lungen des  grossen  Beckens,  vorn,  hinter  beiden  sich  vorbauschenden  Musculi 
recti,  dessen  mitttlere  Atheilung,  welche  an  der  hier  sichtbaren  Harnblase  in 
den  kleinen  Beekenraum  tibergeht. 

Der  Letztere  erscheint  in  seiner  überaus  charakteristischen,  am  Eingange 
unregehnässig  dreieckigen,  nach  der  Tiefe  hin  trichterförmigen  Gestalt;  hinten 
begrenzt  vom  Vorsprunge  des  Promontorium,  seitlieh  von  den  Vasa  iliaca. 
Das  Rectum,  dessen  oberes,  noch  zum  Colon  sigmoideum  gehöriges  Ende  man 
im  Durchschnitte  sieht,  nimmt  die  hintere,  die  Gebärmutter  die  mitt- 
lere, die  Harnblase  die  vordere  Abtheilung  des  Raumes  ein.  (S.  w. 
u.  Kap.  Cavum  serosum  pelvis  fem.).  Der  Scheitel  der  letzteren  geht  zugespitzt 
in  das  Ligamentum  umbilicale  medium  über ;  seitlich  sieht  man  die 
Ligamenta  umbilicalia  lateralia  und  die  Vasa  epigastrica  infe- 
riora.  Quer  zwischen  Uterus  und  Blase  zieht,  sehr  deutlich  hervortretend, 
die  Plica  vesicalis  transversa  her.  In  der  Gebärmutterabtheilung 
tritt  der  birnfilrmige  Uterus  mit  der  hinteren  Fläche  seines  Corpus  und  dem 
Fundus  hervor;  er  liegt  nach  vorn  zur  Blase  hin  geneigt  und  gebeugt 
(s.  a.  Fig.  81a  und  83).  Zu  beiden  Seiten  in  derselben  Abtheilung  finden 
wir  die  Adnexa  uteri;  Ligamentum  uteri  teres,  Tube,  Liga- 
mentum ovarii,  Ovarium  und  das  Ligamentum  latum  uteri,  dessen 
hintere  obere  Fläche  wir  überblicken. 

Zwischen  Tube  und  Ligamentum  ovarii  sehen  wir  rechts  die  Vasa  tubo- 
uterina;  links  sind  dieselben,  ebenso  wie  der  Eierstock,  wegen  der  dorthin 
gewendeten  extramedianen  Lage  des  Uterus  nicht  sichtbar. 

Hinten  läuft  das  Ligamentum  latum  in  zwei  bogenförmig  das  Rectum  um- 
fassende Falten  aus  (P 1  i  c  a  e  r  e  c  t  o  u  t  e  r  i  n  a  c  [Douglas  i]),  welche  mit 
scharfem  Rande  den  Eingang  in  den  Fundus  der  Excavatio  rectouterina  um- 
säumen. 

Von  den  äusseren  Geschlechtstheilen  ist  nur  der  Mons  pubis 
in  der  Figur  sichtbar. 


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444  Beckeneingeweide  des  Weibes:  Uebersicht. 

Weiteren  Aufschluss  über  die  Gesamtlage  der  weiblichen  Beekenorg:ane 
gewährt  dann  die  Fi^iir  83,  zu  welcher  man  noch  Figur  51  vergleichen 
möge.  Beide  Figuren  sind  durch  Präparation  von  aussen  nach  Wegnahme  des 
einen  Hüftbeines  gewonnen. 

Fig.  51  zeijit  die  rechte  Seite  und  dringt  nicht  ganz  bis  zu  den  ßecUenein- 
geweiden  vor.  Fig.  83  zeigt  die  linke  Seite  und  dringt  bis  zu  den  Eingeweiden  vor, 
wobei  ein  Theil  der  GefJisse  und  Nerven  entfernt  werden  inusstc. 

Tn  Fig.  51  ist  die  Stelle  des  vorderen  und  hinteren  Scheiden- 
gewölbes durch  einen  runden  Punkt  bezw.  durch  ein  Kreuz  markirt.  Die 
Ziffer  58  bezeichnet  die  Lage  der  Harnblase,  52  die  des  0  varium,  dessen 
Grenzen  ausserdem  durch  Punkte  umschrieben  sind;  auch  der  Ureter  ist  im 
gWissten  Theile  seines  Verlaufes  zu  übersehen  (5  5  gelb).  Den  Lauf  des 
Rectum  fixiren  die  ZiflFern  81,  31;  37  ist  die  Analöffnung,  38  der 
Damm,  48  dasOrificium  extern  um  urethrae,  40  die  Gl  ans  clito- 
ridis.  Auch  die  übrigen  äusseren  Geschlechtstbeile,  Labium  majus,  minus, 
Mons  pubis  sind  zu  sehen.  So  gibt  diese  Figur  ein  instruktives  Bild  von 
der  Lage  der  Eingeweide  zu  den  Beckenknochen,  Muskeln  und  Gefässen. 

Dies  Bild  wird  ergänzt  durch  Figur  83,  Man  sieht  hier  die  Harn- 
blase fest  leer,  in  ihrer  von  oben  abgeplatteten,  schtisselförmig  vertieften  Ge- 
stalt (s.  auch  Fig.  81a).  Auf  ihr  erhebt  sieh  die  Plica  vesicalis  trans- 
versa (1).  Dahinter,  durch  die  Excavatio  vesicouterina  getrennt,  sehen  wir 
den  antcvcrtirten  und  anteflcktirten  Uterus.  Man  erblickt  oberhalb  des 
Ureter  (gelb),  der  Arteria  uterina  ^4),  und  des  Plexus  venosus  utero- 
vaginalis  den  Körper  und  Fundus  des  Uterus  in  der  Profilansicht,  um- 
säumt von  dem  durchschnittenen  Bauchfelle  (3.  3.).  Letzteres,  in  der  Figur  hell 
gehalten,  zieht  als  seitliche  Begrenzung  der  Excavatio  rectouterina  an 
der  Innenfläche  der  Vasa  iliaca  externa  hinauf.  Dicht  dem  Bauchfelle  anliegend 
ziehen  zumeist  nach  oben  die  Arteria  uterina,  nahe  darunter  der  Ureter 
und  im  weiteren  Abstände  der  Venen  stamm,  welcher  vom  Plexus  vesico- 
vaginalis  und  uterovaginalis  zur  Vena  hypogastrica  führt;  diese  drei 
Theile  liegen  dem  Bauchfelle,  also  der  Cavitas  serosa  und  den  Eingeweiden 
dicht  an.  Weiter  lateralwärts  zeigen  sich  der  Nervus  und  die  Vasa  obtura- 
toria,  welche  abgeschnitten  sind.  Mehr  nach  hinten  verlaufen  der  Nervus 
und  die  Vasa  pudenda,  von  deren  Arterie  ein  im  weiteren  Verlaufe  abge- 
schnittener Kamus  vesicalis  (8)  seinen  Ursprung  ninmit.  Hinter  diesen  liegen 
querdurchschnittene  Aeste  des  Plexus  sacralis  und  der  Vasa  glutaca. 

Oberhalb  des  Musculus  levator  ani,  welcher,  sowie  die  ihn  deckende 
Bcckenfascie  (Fascia  pclvis)  mit  scharfem  Rande  durchschnitten  ist,  sieht  man 
einen  Theil  der  Harnröhre  (5),  dahinter  das  Septum  urethro vaginale, 
die  Scheide  (6),  dahinter  das  Septum  rectovaginale  und  dann  das  Re- 
ctum, welches  (bei  7)  von  der  Seite  her  eröffnet  ist.  Ebenso  ist  die  Scheide 
eröffnet,  sodass  man  die  Portio  vaginalis  erkennt  und  sich  ein  l^ild  von 
der  Gesamtlage  des  Uterus  machen  kann.  Die  Stelle  des  tiefsten  Endes  der 
Excavatio  rectouterina  ist  durch  ein  weisses  Kreuz  markirt. 


Mastdarm  des  Weibes.     Excavatio  rectouterina.  445 

unterhalb  des  Levator  ani  erscheint  das  hinten  abgeschnittene  Grus  c  1  i- 
toridis  und  die  Glans  clitoridis;  unterhalb  des  Crus  das  durchschnittene  Tri- 
gonum  urogenitale.  Zwischen  Levator  ani  und  Musculus  sphincter  ani 
e  X  t  e  r  n  u  s  ist  durch  Präparation  eine  grössere  Lücke  hergestellt,  durch  welche 
man  die  Pars  p  e  r  i  n  e  a  1 1  s  r  e  c  t  i  sieht.  Der  blaue  Punkt  auf  der  Mitte 
des  Musculus  sphincter  ani  externus  bezeichnet  die  stelle  des  Anus,  weiter 
vorn  der  rote  Punkt  auf  dem  Musculus  bulbocavernosus  die  ;S teile  des 
Orificium  vaginae  und  der  gelbe  Punkt  die  Stelle  des  Orificium 
urethrae  extern  um.  Hält  man  die  Lage  dieser  Stellen  zusammen  mit  der 
Durchschnittslinie  des  Levator  ani,  so  ersieht  man  aus  der  l'igur  sofort  das 
gegenseitige  Verhalten  des  pelviuen  und  des  perinealen  Theiles  der 
weiblichen  Beckeneingeweide. 

Seitlich  (rechts)  vom  Uteruskörper  erblickt  man  die  obere  Tubentlexur 
mit  dem  Tubenpole  des  Eierstockes,  beide  am  Ligamentum  Suspensorium 
ovarii  befestigt,  aus  der  Tiefe  des  seitlichen  üeckenraumes  auftauchend. 

Mastdarm  (Rectum).    After  (Anus). 

Ucbcr  die  Abgrenzung  des  Mastdarmes  beim  Weibe  als  Ganzes  und 
die  seiner  X h c i  1  c,  über  die  Fascia  rccti,  das  pcrirectale  Gewebe  und 
die  pcrirectaien  Bindegewebsräume,  über  die  Befestigungen  des 
Rectum,  die  Blut-  und  Lymphgefässe  desselben,  über  die  anatomischen 
Verhältnisse  des  Anus,  über  die  Altersunterschiede,  die  physiolo- 
gischen und  pathologischen  Zustände,  sowie  endlich  über  die  hier 
in  Betracht  kommenden  jVl  a  a  s  s  v  e  r  h  ä  1 1  n  i  s  s  e  des  Rectum  gilt  das,  was 
Seite  261 — 2b6  für  den  Mann  gesagt  worden  ist,  auch  für  das  Weib,  und  es 
darf  sonach  für  alles  dieses  auf  das  daselbst  Angeführte  verwiesen  werden. 

Wichtige  Unterschiede  ergeben  sich  dagegen  in  den  Beziehungen 
des  Rectum  zum  Bauchfelle,  in  den  s y  n  t o p i s c h e n  L a g e  v e r  h ä  1 1- 
nissen  und  in  einigen  pathologischen  Dingen.  Auch  wären  noch 
einige  Maassverhältnisse  mitzutheilen;  endlicü  ist  die  Benutzung  des 
Rectum  zu  diagnostischen  Zwecken  abermals  zu  besprechen. 

Beziehungen  des  Bectum  zum  Bauchfelle. 
Excavatio  rectouterina,    Kecessus  pararectales. 

Während  im  grossen  und  ganzen  die  B  ezieh  ungen  des  Rectum  zum 
Bauchfelle  dieselben  bleiben,  wie  beim  Manne,  kommt  es  beim  VV^eibe,  in- 
folge der  Zwischenlagerung  des  Uterus  und  der  Scheide,  zu  einer  Verdoppelung 
der  zum  Beckenboden  hinabreichenden  blinden  Bauchfelltasche,  welche  wir 
beim  Manne  als  Excavatio  rectovesicalis  kennen  gelernt  und  Seite 
554  beschrieben  haben.  Die  beiden  serösen  Becken bodentasclien  des  Weibes 
sind  die  Excavatio  vesicouterina  zwischen  131ase  und  Uterus  und  die 
Excavatio  rectouterina  zwischen  Rectum  und  Uterus  (s.  Fig.  81  a)^ 
hier  haben  wir  es  mit  der  letzteren  zu  thun. 


446  Excavatio  rectouterina.    Recessus  pararectales. 

Die  Excavatio  rectouterina  (Douglas i)  kommt  dadurch  7A\ 
Stande,  dass  die  Serosa  der  hinteren  Uteruswand  sich  zwischen  Rectum  und 
Uterus  bis  auf  das  obere  Ende  der  Scheide  hinabsenkt.  Man  kann  an  ihr  einen 
oberen  geräumigeren  Theil,  Atrium  excavationis  rectouterinae  m.  und 
einen  engeren  unteren  Abschnitt  Fundus  excavationis  rectouterinae  m. 
unterscheiden.  Die  Grenze  zwischen  beiden  Theilen  wird,  ähnlich  wie  beim 
Manne,  durch  eine  halbmondförmige  Falte  jcderseits  bezeichnet,  die 
Plica  rectouterina.  Beide  Plicae  rectouterinae  gehen  an  der  Hinter- 
wand der  Cervix  uteri  (s.  w.  u.)  in  einander  über.  Der  Uebergang  erscheint 
bei  Neugeborenen  und  Kindern  wie  ein  mehr  oder  minder  vorspringender  Saum ; 
bei  Erwachsenen  nicht  selten  als  ein  stärkerer  Querwulst;  er  wird  dann  „Torus 
utcrinus"  genannt.  In  Hcnle's  Splanchnologie  11.  Aufl.  S.  911  ist  eine  sehr 
gute  Abbildung  des  Saumes  oder  der  Falte  bei  einem  männlichen  Kinde  — 
Plica  rectovesicalis  —  Henle  —  gegeben.  Die  Falten  sind  stärker  wie  beim 
Manne,  und  werden  im  wesentlichen  durch  die  Ligamenta  r e-c t o u t e ri n a 
erzeugt,  über  welche  beim  Uterus  das  Nähere  gesagt  werden  soll.  Die  Falten, 
wie  den  auf  der  hinteren  Uterinfläche  liegenden  Verbindungssaum,  sieht  man  in 
Fig.  81a  deutlich  hervortreten;  ein  Tonis  uterinus  ist  in  Fig.  85  zu  sehen. 
Die  Durchschnitte  der  Ligamenta  r^-e^i^ute^ina  sind  in  Fig.  84a  wieder- 
gegeben. ^lA^c^tv»^ 

Auf  die  hintere  Wand  der  Scheide  reicht  die  Excavatio  rectouterina  IV2 
bis  2  cm  weit  hinab,  sodass  das  ganze  hintere  Scheidengewölbe  noch  in 
den  unmittelbaren  Bereich  des  Bauchfelles  gezogen  wird. 

Am  Rectum  fällt  das  blinde  Ende  des  Douglas'schen  Raumes  (Fundus 
excavationis  rectouterinae)  in  das  untere  Drittel  der  Pars  pelvina  und  entspricht 
so  ziemlich  der  unteren  Schleim liautquerfalte  des  Rectum,  die  unter  dem  Namen 
der  Kohlrausch'schen  Falte  bekannt  ist^).  Demnach  würde  diese  Falte 
etwa  in  der  Höhe  des  hinteren  Scheidengewölbes  liegen. 

Bei  weiblichen  Kindern  ist  ein  grösserer  Tiefstand  der  Excavatio  recto- 
uterina die  Regel;  ebenso  bei  männlichen  der  der  Excavatio  rectovesicalis. 
Ein  solcher  Tiefstand  kann  sich  erhalten  und  Veranlassung  zu  Perinealhernien 
geben.  S.  diese  w.  u.  Zuweilen  spaltet  sich  die  eine  oder  die  andere  Ex- 
cavation  unten  in  mehrere  blinde  Divertikel,  die  sich  auch  abschnüren  und 
cystisch  umbilden  können.  S.  Ziegenspeck  und  0.  Zuckerkandl  1.  c.  Kap. 
„Perinealhernien".  Die  Höhe  des  Fundus  excavationis  rectouterinae  über  dem 
Anus  beläuft  sich  auf  durchschnittlich  5 — 6  cm.  Die  Tiefe  des  Fundus  ex- 
cavationis unterhalb  des  Ansatzes  der  Plicae  rectouterinae  an  das  Rectum  be- 
trägt 3 — 5  cm. 

In  der  oberen  Abtheilung  (Atrium  excavationis)  finden  sich  regelmässig 
Darmschlingen,  der  Regel  nach  das  Colon  pelvinum  oder  Theile  des  Colon 
sigmoideum,  jedoch  auch  Dünndarmschlingen  (s.  Fig.  81).  Im  Fundus  excava- 
tionis trifft  man  unter  normalen  Verhältnissen  keine  Darmschlingeu ;    hier  liegt 


1)  Vergl  die  Original  figur  von  Kohl  rausch  l.  c.  [S.  2i)h]. 


profiri  a  0  IiI.im'I  11  iii. 


448  Syntopie  des  Rectum  beim  Weibe. 

also  die  seröse  Rectumwand  der   serösen  Wand   des   oberen  Seheidengewölbes 
und  der  hinteren  Fläche  der  Cervix  uteri  dicht  an. 

Ebenso  wie  beim  Manne  bilden  sich  auch  beim  Weibe  die  Recessus 
pararectales  aus,  welche  bei  der  Präparation  von  hinten  her  deutlich  zu 
beiden  Seiten  neben  dem  Rectum  erscheinen.  Eröffnet  man  dieselben,  so  wird 
vorn  und  seitlich  das  Ovarium  mit  dem  oberen  Tubenende  sichtbar  (s.  Fig.  84  a). 

Syntopie  des  Reotum  beim  Weibe. 

Die  hintere  Fläche  des  Rectum  zeigt  beim  Weibe  dieselben  Lagever- 
hältnisse wie  beim  Manne.  Es  kann  daher  auf  das  S.  276  u.  277  Gesagte  und 
auf  die  Erklärung  der  Fig.  84,  welche  bereits  S.  156  u.  419  beschrieben  wor- 
den ist,  verwiesen  werden.  Vor  der  Pars  pelvina  recti  liegen  in  den  oberen 
zwei  Dritteln,  getrennt  durch  die  eben  geschilderte  Excavatio  rectoute- 
rina  bezw,  durch  Darmschliiigen,  die  Cervix  uteri,  der  Torus  uteri  und 
die  hintere  S  c  h  e  i  d  e  n  w  a  n  d  im  Bereiche  des  hinteren  S  c  h  e  i  d  e  n  g  c- 
w  ö  1  b  e  s.  Das  untere  Drittel  ist,  abgesehen  von  den  beiderseitigen  Muskel- 
wänden des  Rectum  und  der  Scheide,  durch  ziemlich  lockeres,  wenig  fetthaltiges 
Bindegewebe,  Septum  rectovaginale,  von  der  Scheide  getrennt.  Von  Lich- 
tung zu  Lichtung  gemessen,  beträgt  die  Gesamtdicke  der  rectovagi- 
naien  Zwischenwand  kaum  1  cm.  Wie  bereits  S.  263  erwähnt,  bildet 
das  untere  Ende  der  Pars  pelvina  recti  unmittelbar  vor  dem  üebergange  in 
die  Pars  perinealis  eine  deutliche  Vor  buchtung  nach  vorn,  und  hier  ist  die 
Zwischenwand  beider  Rohre,  des  Rectalrohres  und  des  Scheidenrohrcs,  am 
dünnsten   (s.  Figg.  81  und  8ia). 

Mit  dem  Beginne  der  Pars  perinealis  recti  verbreitert  sich  rasch  dieses 
Septum  und  wird  zum  Damme  (s.  S.  422).  Die  Entfernung  zwischen 
vorderem  Rande  des  Anus  und  dem  Frenulum  labiorum  beträgt 
durchschnittlich  3  cm.  Ebensoviel  beträgt  auch  die  Entfernung  des  hinteren 
Analrandes  von  der  Spitze  des  Steissbeines  (Figg.  81  und  81a). 

Man  hat  die  keilförmige  Dammmasse  ihrer  Gestalt  wegen  als  Trigonum 
rectovaginale  bezeichnet;  die  Spitze  dieses  Trigonum  würde,  dem  Gesagten 
zufolge,  am  oberen  Ende  der  Pars  perinealis  recti  liegen,  und  hier  würden 
Rectum  und  Scheide  am  nächsten  zusammentreffen,  was  bei  allen  operativen 
Eingriffen  vom  Damme  des  Weibes  aus  wohl  zu  beachten  ist. 

Zum  Septum  rectovaginale  gehört  auch  die  F  a  s  c  i  a  recti,  resp.  r  e  c  t  o- 
vaginalis,  welche  der  Fascia  rectovesicalis  beim  Manne  entspricht; 
sie  ist  beim  Weibe  ebenfalls  mit  der  Serosa  am  Fundus  der  Excavatio  recto- 
uterina   verbunden  und  trägt  somit  zur  Bildung  dieses  Fundus  bei. 

Vergleicht  man  die  Richtung  des  Rectal-  und  des  Vaginalrohres 
und  der  Cavitas  uteri,  Fig.  81a,  so  sieht  man,  dass  die  Axe  der  Cavitas 
uteri,  insbesondere  die  des  Cervicalkanales,  nahezu  senkrecht  auf  der  Richtung 
der  Pars  pelvina  recti  steht,  dagegen  mit  der  Axe  der  Pars  perinealis  recti  zu- 
sammenfällt, sodass  ein  in  dieser  letzteren  Axe  eingeführtes  und  bis  zum  Uterus 
in   derselben  Richtung   vorgeschobenes   Instrument   den   äusseren  Mutter- 


450  Untersuchung  vom  Rectum  aus.    Pathologische  Zustände. 

sam,  dass  der  intraabdominale  Druck,  der  Lage  der  genannten  Axen  wegen, 
komprimirend  auf  den  unteren  Abschnitt  der  Pars  pelvina  recti  wirken  muss, 
wozu  insbesondere  beim  Weibe  noch  der  Uterus  beitragen  kann.  Vom  und 
unten  vor  der  Pars  perinealis  liegen  auch  die  Glandulae  vestibuläres 
majores  (Bartholini).  Wenn  dieselben  auch  weit  näher  an  der  Scheide  gele- 
gen sind,  so  können  sie  doch  bei  Erkrankungen,  namentlich  Absoessbildungen, 
auch  fttr  das  Rectum  in  Frage  kommen. 

Fdr  gewöhnlich  liegt  der  Eierstock  mit  dem  oberen  Abschnitte  der 
Tube  ansehnlich  weit  vom  Rectum  entfernt  an  der  seitlichen  Beckenwand 
Ts.  Figg.  81  a  und  84a  linke  Seite,  wo  der  Eierstock  mit  einem  weissen 
Ringe,  die  Tube  mit  einem  weissen  Kreuze  bezeichnet  sind).  In  manchen 
Fällen  kommen  aber  beide  Theile  auch  unter  normalen  Verhältnissen  hinter  und 
unter  den  Ureter  auf  die  vordere  Abdachung  der  Douglas'schen  Falten 
zu  liegen  und  gerathen  dann  in  die  Nähe  des  Rectum;  näheres  siehe  Kapitel 
„Eierstock". 

Untersuohiing  der  Beokenhöhle  vom  Beotum  ans. 

Die  Untersuchung  des  Beckens  und  auch  eines  Theiles  der  Abdominal- 
eingeweide vom  Rectum  aus  ist  bereits  (S.  285)  berticksichtigt  worden.  Es 
sei  hier  noch  kurz  auf  ein  paar  besondere  Verhältnisse  beim  Weibe  hingewiesen. 

Die  Exploration  der  Blase  und  Harnröhre  vom  Rectum  aus  ist  zwar  heim  Weibe 
nicht  unmöglich,  bietet  aber,  der  Äwischenlagerung  der  Scheide  wegen,  srrössere  Schwie- 
rigkeiten als  beim  Manna.  Bemerkenswerth  dagegen  ist  die  grosse  Deutlichkeit,  mit 
welcher  der  untere  Gebärmutterabschnitt  mit  seiner  Umgebung  vom  Rectum  her  ab- 
getastet werden  kann;  vor  allem  bietet  die  kombinirte  Untersuchung  vom  Rectum 
und  von  der  Scheide  aus  grosse  Vortheile.  Schwierigkeiten  kann  hier  manchmal  eine 
stark  entwickelte  Kohlrausch'sche  Falte  mit  sich  bringen,  namentlich  wenn  ober- 
halb derselben  Skybala  versteckt  geblieben  sind  (vergleiche  Ho  Ist  ^).  Ausser  der 
Seite  286  empfohlenen  Knieellenbogenlage  sind  auch  die  Rückenlage  mit  erhöhtem 
Steisse  und  die  Seitenlage  für  die  Untersuchung  per  Rectum  günstig. 

Pathologlsohe  Zast&nde  des  Reotom  beim  Weibe. 

Insbesondere  wichtig  und  aus  anatomischen  Verhältnissen  ohne  weiteres  erklär- 
bar ist  die  Mitleidenschaft,  in  welche  das  Rectum  durch  Erkrankungen  der  Scheide, 
der  Gebärmutter  und  des  Dammes  gezogen  wird.  Hauptsächlich  sind  hier  die  Damm- 
risse, welche  bis  zum  Rectum  vordringen  können  und  die  von  der  Scheide  her 
kommenden  Einrisse,  welche  zu  Mastdarm  scheiden  fisteln  führen,  zu  erwähnen. 
Ferner  ist  es  durch  die  Berücksichtigung  der  anatomischen  Verhältnisse,  insbesondere 
der  vorderen  Ausbuchtung  des  Rectum  an  der  Grenze  der  Pars  pelvina  und  peri- 
nealis (s.  Figg.  81  und  81a)  ersichtlich,  dass  Vorfälle  der  hinteren  Scheiden- 
wand solche  des  Rectum  fast  mit  Notwendigkeit  nach  sich  ziehen  müssen.  An- 
dererseits haben  Vorfälle  des  Rectum  Senkungen  des  Uterus  und  der  hinteren 
Scheidenwand  im  Gefolge. 

Schliesslich  ist  auf  die  viel  grössere  Infektionsgefahr,  welche  dem  Rectum 
des  Weibes  seitens  seiner  Genitalorgane  droht,  hinzuweisen.  Infektiöse  Ausflüsse 
der  Scheide  können  leicht  über  den  Damm  hinweg  den  Anus  erreichen  und,  bei  nicht 
genügender  Sorge  für  Reinlichkeit,  den  krankhaften  Process  auf  die  Mastdarm- 
schleimhaut übertragen. 


1)  Holst,  Beiträge  zur  Gynäkologie  und  Geburtskunde.  I.  Tübingen,  1865. 


Harnblase  des  Weibes.  451 


Harnorgane  des  Weibes. 

Beim  Weibe  haben  wir,  wie  beim  Manne,  die  Nieren,  die  Harnleiter 
die  Harnblase,  die  Harnröhre  und  den  Harngang  zu  unterscheiden.  Nur 
die  Harnleiter,  die  Harnblase  und  die  Harnröhre  sind  hier  besonders  zu  be- 
sprechen. 

Harnblase  des  Weibes  (Vesica  urinaria  muliebris). 

Im  folgenden  Kapitel  sind  die  Unterschiede  der  weiblichen  Harnblase  von 
der  männlichen  anzugeben;  im  übrigen  muss  auf  S.  287flF.  verwiesen  werden. 
Diese  Unterschiede  liegen  in  der  Form,  in  der  Stärke  der  Wandungen,  in 
der  Beschaffenheit  des  Trigonum  vesicae  und  der  des  Orificium  in- 
ternum  urethrae,  vor  allem  aber  in  den  Lagebeziehungen. 

Der  Form  nach  zeigt  sich  die  Weiberblase  in  der  Gegend  der  Recessus 
laterales  häufig  stärker  in  die  Quere  ausgedehnt;  dies  erklärt  sich  durch  die 
Einlagerung  des  Uterus  und  der  Scheide,  wodurch  der  Beckenraum  in  sagittaler 
Richtung  beengt  wird,  während  seitlich,  bei  dem  grösseren  Qnerdnrchmesser 
des  weibliehen  Beckens,  reichlich  Raum  vorhanden  ist.  So  zeigt  denn  die 
gefüllte  Blase  beim  Weibe  gewöhnlich  eine  mehr  dreiseitige,  von  vorn  nach 
hinten  abgeplattete  Gestalt.  Es  fehlen  aber  auch  die  ellipsoidischen  Formen, 
wie  sie  der  Männerblase  eigen  sind,  nicht. 

Die  leere  erschlaffte  Weiberblase  hat  meist  eine  von  oben  her 
abgeplattete,  häufig  Schüsse I-  oder  napfförmig  vertiefte  Form;  es 
hängt  dies  zusammen  mit  der  geringeren  Dicke  der  Wandung,  vielleicht  auch 
z.  Th.  mit  dem  Umstände,  dass  der  Fundus  uteri  der  Regel  nach  der  hinteren 
oberen  Blasenwand  dicht  aufruht  und  ihr  bei  der  Füllung  und  Entleerung  folgt. 

K.  V.  Bardeleben  hat  deshalb  die  Vertiefung  als  „Impressio  uterina"  be- 
zeichnet; er  findet  dieselbe  auch .  an  der  gefüllten  Blase,  selbst  an  dem  aus  dem 
Körper  entfernten  und  aufgeblasenen  Organe*).  W.  Na  gel  2)  wies  den  Eindruck  (bei 
anteflektirtem  Uterus)  schon  an  der  Harnblase  von  Embryonen  nach. 

Eine  so  gestaltete  Blase  zeigt  in  leerem  Zustande  und  auch  noch  bei 
massiger  Füllung  eine  deutlich  unterschiedene  obere  und  hintere  Wand,  die 
unter  einem  mehr  oder  minder  spitzen  Winkel,  Blasenwinkel  m,  in  ein- 
ander übergehen.  Der  Blasenwinkel  legt  sich  in  den  meist  entsprechenden 
Üteruswinkel,  s.  w.  u.,  hinein,   Figg.  81,  81a,  83,  94,  95  und  97. 

Wie  die  letztgenannten  Figuren  zeigen,  bleibt  der  Blasenwinkel  auch  beim 
graviden  Zustande    erhalten.     Hat,  wie  in  Fig.  86,    die  Blase  noch  die  kind- 


1)  Bardeleben,  K.  v.,  Ueber  die  Lage  der  weiblichen  Beckenor^ane.  Ver- 
handlungen der  anatom,  Gesellschaft  auf  der  IL  Versammlung  in  Würzburg.  Jena, 
Fischer,  1888.    S.  41  (80). 

2)  Nagel,  W.,  Ueber  die  Lage  des  Uterus  im  menschlichen  Embryo.  Arch.  f. 
Gynäkologie.  41.  Bd.  —  Die  weibl.  Geschlechtsorgane  in  K.  v.  Bardeleben's  Handbuch 
der  Anatom  ie  des  Menschen.  Bd.  VIL  Tbl.  IL  Abth.  1.  Jena,  1896.  S.  6, 


452  Harnblase  des  Weibes:  Lage. 

liehe  Form,  so  ist  der  Winkel  zwar  weniger  ausgeprägt,  fehlt  aber  nicht. 
Dies  bildet  einen  bemerkenswerthen  Unterschied  zwischen  der  Form  der 
Männer-  und  Weiberblase,  wenn  auch  zuzugeben  ist,  dass  ein  Blasenwinkel  mit- 
unter bei  Männern  vorkommt,  s.  Fig.  66.  Selbstverständlich  ist  bei  stark- 
wandigen  und  kontrahirten  Weiberblasen  der  Winkel  weniger  deutlich,  und  die 
weibliche  Blase  hat  dann  eine  der  männlichen  ähnliche  Form;  nur  bleibt  sie 
meistens  etwas  mehr  länglich,  wie  eine  Kinderblase.  Solche  Blasen  zeigen 
dann  (leer)  auf  dem  Medianschnitte  kaum  eine  Gren/marke  zwischen  Blasen- 
lichtung und  Harnröhre  (Figg.  96  und  99).  Form  ab  weich  ungen,  wie 
asymmetrische  Gestaltung  u.  a.  sind  bei  der  weiblichen  Blase  häufiger,  als  bei 
der  männliclien;  vielleicht  spielt  dabei  die  nicht  seltene  extramediane  Lage  des 
Uterus  eine  Rolle. 

Im  Allgemeinen  sind  die  Ausmaasse  der  weiblichen  Blase  geringer  als 
beim  Manne,  ihre  Wände  sind  oft  um  Va  schwächer.  Ebenso  sind  die  Maasse 
des  Trigonum  vesicae  (Fig.  88b)  geringer  und  seine  Ausbildung  ist  weniger 
deutlich.  Eine  Uvula  vesicae  ist  selten  zu  sehen,  sodass  das  Orificium 
internum  urethrae  gewölinlich  rundlich  trichterförmig  erscheint.  Der  Ab- 
satz des  Blascnlumcns  gegen  die  Harnröhre  tritt  auch  wegen  des  Mangels  der 
Prostata  weniger  hervor. 

Einige  Autoren  geben  an,  dass  die  Kapacität  der  Frauenblase  gleich 
oder  nahezu  gleich  der  der  Männerblase  sei.  Genouville^)  behauptet  dem 
gegenüber,  dass  bei  der  Injektion  in  die  Blase  unter  dem  Drucke  einer 
Atmosphäre,  die  Männerblasc  mehr  aufnehme;  wenn  aber  der  Druck  über  eine 
Atmosphäre  hinausgehe,  so  nehme  die  Frauenblase  mehr  auf,  sie  sei  (insbeson- 
dere wohl  wegen  der  dünnen  Wandung)  in  höherem  Grade  erweiterungsfähig 
als  die  Männerblase. 

Die  wichtigsten  Veränderungen  weisen  die  Lagebeziehungen  der  weib- 
lichen Blase  auf.  Vor  allem  ist  hervorzuheben,  dass  die  Weiberblase 
tiefer  steht,  als  die  des  Mannes,  was  sich  unschwer  aus  dem  Fehlen  einer 
Prostata  begreift;  denn  die  grössere  Geräumigkeit  des  Beckens,  die  man 
ausserdem  anführen  könnte,  wird  durch  Scheide,  Uterus  und  dessen  Adnexa 
kompensirt.  —  Der  grössere  Tiefstand  trifft  die  gesamte  Blase,  den  Seheitel 
sowohl  wie  die  innere  Harnröhrenmündung.  Der  Scheitel  liegt  bei  leerer  Blase 
immer  hinter  der  Symphyse,  das  Orificium  urethrae  steht  im  Mittel  60  mm 
unterhalb  der  Konjugata  des  Beckeneinganges;  nicht  gar  selten  liegt  es  unter- 
halb der  Verbindungslinie  zwischen  Arcus  pubis  und  letztem  Kreuz wirbelende^) 
(Disse,  1.  c.  [S.  306]). 

Die  Syntopie  der  Weiberblase  nach  vorn  ist  im  Wesentlichen  dieselbe 
wie  beim  Manne  und  wird  durch  die  Figuren  76,  78,  79,  80,  81a,  83,  91,  94 
und  95  erläutert. 


1)  Genouville,  F.  L.,  Du  retrecissement  blennorrhag-ique  de  rurethra  chez  l^'i 
femnie.  Etüde  comparntive  des  org-anes  de  la  niiction  daiis  les  deux  sexes.  Arch.  de 
Tocolo;4'.  t't  de  Gynrcol.  T.  XX.  1893.  p.  21)7  et  325. 

2)  Präparat  der  Berliner  Samml.  (Gefrierschnitt  des  Beckens  einer  20jähr.  Jungfrau). 


Harnblase  des  Weibes:  Lage.  453 

Fig.. 76  zeigt  die  vor  der  Blase  gelegenen  Theile  im  Horizontalschnitte:  Haut 
und  subkutanes  Fettgewebe,  Musculi  pyramidales  und  Rectussehnen,  Symphysis  ossium 
pubis,  dahinter  den  hier  sehr  schmalen  prävesikalen  Raum  (ohne  Bezeichnung),  der 
seitlich  in  den  perivesikalen  und  periuterinen  Raum  übergeht  (Tela  adiposa  I). 
Dann  folgt  das  subperitonäale  direkt  die  Blase  umgebende  Fettgewebe,  welches  mit 
dem  zwischen  den  Blättern  des  Ligamentum  latum  befindliche  Fettbindegewebe  (Tela 
adiposa  II)  zusammenhängt.  Beide  Fettlagen  sind  durch  die  „Fascia  pelvis  visce- 
ralis"  getrennt  (s.  die  Bezeichnung  an  der  linken  Seite  und  Figg.  59a  u.  b). 

Die  Figuren  78,  79  und  80  ergänzen  dies  Durchschnittsbild  durch  Flächen- 
ansichten, namentlich  Fig.  80,  auf  welche  bereits  bei  Besprechung  der  männlichen 
Blase  und  bei  der  Schilderung  der  Regio  pubica  des  Weibes  verwiesen  wurde.  Vgl. 
die  Beschreibung  S.  230,  300  u.  S.  432  ff.  Fig.  81a  zeigt  das  Verhalten  einer  völlig 
leeren  schüsseiförmigen  Blase  zur  Symphyse  und  zum  unteren  prävesikalen  Fettkörper; 
Fig.  83  gibt  eine  Seitenansicht  der  massig  gefüllten  Blase  mit  dem  Urachus  und  mit 
beiden  Fettkörpern,  dem  oberen  (10)  und  dem  unteren  (11)  (S.  310/311)  in  situ;  in  der 
Mitte  liegt  die  Blase  der  Symphyse  hart  an;  unten  vorn  zeigt  sich  die  Vena  dor- 
salis  clitoridis. 

In  Fig.  91  ist  der  mit  lockerem  fetthaltigem  Bindegewebe  erfüllte  prävesikale 
Raum  gezeichnet;  vorn  und  unten  der  Plexus  venosus  pudendalis  mit  der  Vena 
dorsalis  clitoridis.  Dasselbe  bei  einer  im  dritten  Monate  Schwangeren  bietet 
Fig.  95;  hier  ist  aber  deutlich  die  Fascia  vesicae  zu  sehen,  welche  den  prävesi- 
kalen Raum  von  dem  subperitonäalen  Gewebe  trennt. 

Hinten  und  oben  grenzt  die  Weiberblase  mit  dem  Vertex  an  Dünn- 
darmschlingen, mit  dem  Corpus,  dureh  die  Excavatio  vesicouterina  getrennt, 
an  den  Fundus  und  das  Corpus  uteri  (vgl.  darüber  das  Kapitel  „Uterus"). 
Bei  vergrössertem,  insonderheit  bei  schwangerem  Uterus,  liegt  allein  dieser  der 
Blase  auf.  (Figg.  81,  81a,  83,  94,  95,  97.)  Seitlich  legen  sich  bei  der 
typischen  üteruslage  (Anteversioflexio  uteri),  in  ähnlicher  Weise  die  am  Uterus 
wurzelnden  Anfangsstücke  der  Adnexa  uteri  mit  dem  sie  umfassenden  Liga- 
mentum latum  auf  die  obere  Blasen  wand  (Figg.  85  und  86).  Bei  retro- 
vertirtem  Uterus  ist  dies  jedoch  nicht  der  Fall.  Ebenso  wie  beim  Manne, 
zeigt  die  leere  Blase  eine  Plica  vesicalis  transversa  (Fig.  86,  Nr.  23, 
Figg.  81a,  83,  82  u.  85). 

Die  unterhalb  des  Blasenwinkels  befindliche  hintere  Wand  (Fundus 
vesicae)  grenzt,  bindegewebig  verknüpft,  bei  Kindern  und  jugendlichen  Per- 
sonen im  Pubertätsalter  oben  an  die  Cervix  uteri,  weiter  unten  an  das  obere 
Drittel  der  Scheide.  Bei  völlig  Erwachsenen  grenzt  dieser  Abschnitt,  der 
dem  Trigonum  vesicae  entspricht,  nur  an  die  Scheide;  höchstens  kommt 
noch  die  Portio  vaginalis  uteri  in  seinen  Bereich.  S.  hierzu  die  Figg.  81,  81a, 
86  u.  91.  In  Fig.  86  ist  zwar  der  Uterus  nicht  getroffen;  man  kann  jedoch 
ersehen,  dass   hier  der  Fundus  vesicae  noch  die  Cervix  uteri  erreicht. 

Die  Beziehungen  zur  Scheide  sind  besonders  wichtig  für  die  Untersuchung 
der  Blase  von  der  Scheide  aus,  ferner  wegen  der  Möglichkeit  der  Eröffnung  der 
Blase  von  hierher,  wegen  der  Coeliotomia  vaginalis  anterior  (s.  Kapitel  „Ope- 
rationsanatomie"), und  endlich  wegen  zahlreicher  pathologischer  Vorkommnisse. 

Endlich  liegen,  vor  ihrem  Eintritte  in  die  Blase,  die  Endstücke  der 
üreteren,  umhüllt  von  ihrer  Scheide,  und  zwischen  Vagina  und  Blase  gleich" 


454  Öarnblase  des  Weibes:  Lage. 

sam  eingeklemmt,  dicht  der  hinteren  Wand  der  letzteren  auf  einer  kurzen 
Strecke  an.     Vgl.  Kap.  „Ureter  des  Weibes". 

Wie  beim  Manne  muss  hier  noch  der  venösen  Plexus  und  der  prä- 
vesikalen  und  perivesikalen  Bindegewebsräume  gedacht  werden.  Vorn 
haben  wir  an  der  Blase  den  Plexus  venosus  pudendalis,  seitlich  die  beiden 
Plexus  venosi  vesicovaginales.  Das  Bindegewebslager  zwischen  Uterus 
und  Scheide  einerseits  und  der  Blase  andererseits,  s.  Fig.  88  b,  verhält  sich 
so,  dass  von  der  Excavatio  vesicouterina  an  bis  zum  unteren  Drittel  der  Cervix 
uteri  ein  sehr  lockeres  lamellöses  Bindegewebe  vorhanden  ist;  von  da  ab,  und 
später  zwischen  Scheide  und  Blase,  wird  es  etwas  fester,  lässt  sich  aber  noch 
leicht  stumpf  abblättern.  Erst  zwischen  Urethra  und  Scheide  tritt  eine  feste 
Verbindung,  das  Septum  urethrovaginale  auf^).   S.  „Harnröhre". 

Unterhalb  der  Blase  findet  man,  wie  bemerkt,  bei  gewissen  Lagen  der 
Blase  (s.  Fig.  83)  nach  vorn  die  Symphyse,  den  unteren  Fettkörper, 
und  den  Plexus  pudendalis.  In  der  Mitte  kommt  als  Unterlage  der 
Blase  die  Harnröhre  mit  ihrer  Muskulatur.  Ist  die  Blase  gefüllt,  so  dienen 
auch  die  vordere  Scheidenwand  und  das  Septum  urethrovaginale  als  Unterlage 
(Fig.  91).  Unten  und  seitlich  liegt  der  Plexus  vesicovaginalis,  das 
Bindegewebe  des  Parametrium  (s.  d.)  und  die  Muskulatur  des  Becken- 
bodens, insbesondere  der  M.  levator  ani.  Vgl.  ausser  den  citirten  Median- 
schnitten insbesondere  die  Figg.  83  u.  115.  Letztere  zeigt  zwar  die  Blase 
nicht;  diese  lässt  sich  jedoch  leicht  in  Gedanken  und  mit  Zuhülfenahme  der 
Fig.  111  ergänzen. 

Seitlich  kommt  die  Arteria  umbilicalis  und  die  seitliche 
Beckenwand  in  Betracht;  wir  verweisen  hierfür  auf  die  S.  436  gegebene 
Beschreibung  und  die  dort  citirten  Figuren,  insbesondere  auch  auf  die  Fig.  85, 
welche  ein  Flächenbild  der  hinteren  Blasenwand  und  der  seitlich  benachbarten 
Theile  gibt. 

Idio topisch  ist  zu  merken,  dass  die  üreterenmündungen  durchschnitt- 
lich 2  cm  oberhalb  des  Orificium  internum  urethrae  stehen ;  sie  liegen  ungefähr 
im  selben  Niveau  wie  der  äussere  Muttermund  (NuUiparae).    S.  Fig.  83. 

Beim  lebenden  Weibe  lässt  sich  unter  normalen  Verhältnissen  eine  leere  und 
selbst  eine  massig  gefüllte  Blase,  da  sie  keine  merkliche  Resistenz  zeigt,  kaum  ab- 
tasten; sie  fühlt  sich  wie  eine  weiche  Masse  von  unbestimmten  Grenzen  an;  erst  bei 
der  physiologischen  Füllung  palpirt  man  die  Blase  als  schlaffe  Cyste;  bei  starker  Füllung 
als  prall  gespannte  Cyste,  die  zu  Täuschungen  Veranlassung  geben  kann.  Abwechselnde 
Füllung  und  Entleerung  können  hier  wichtige  Aufschlüsse  geben. 

Verschiedenheiten  der  Blasenlage  beim  Weibe.  Beim  Vergleiche  der 
zahlreich  vorliegenden  Abbildungen,  insbesondere  der  Schnitte  von  Legendre^), 


1)  Waldeyer,  W.,  Medianschnitt  einer  Hochschwangeren  bei  Steisslage  des 
Fötus  nebst  Bemerkungen  über  die  Lage-  und  Formverhältnisse  des  Uterus  gravidus 
nach  Längs-  und  Querschnitten.  Bonn,  Fr.  Cohen,  1886.  —  Die  hier  für  Schwangere 
beschriebenen  Befunde  gelten  auch  für  Nichtschwangere. 

2)  Legendre,  Anatomie  homalographique.   Paris,  1868. 


Harnblase  des  Weibes:  Bauchfell,  Excavatio  vesicouterina.  455 

Pirogoff^),  Kölliker^)  und  Braune^)  untereinander  und  mit  meinen  Präpa- 
raten, ergibt  sich  eine  ziemlich  grosse  Schwankung  in  der  Blasenlage,  grösser, 
wie  mir  scheint,  als  bei  Männern.  Es  mögen  dazu  wohl  voraufgegangene 
Schwangerschaften  und  die  jeweilige  Beschaifenheit  des  Uterus,  die  ja  so  sehr 
wechselnd  ist,  das  ihrige  beitragen.  Besonders  führe  ich  ungewöhnlichen  Hoch- 
stand und  Tiefstand  der  Blase  an.  Von  ersterem  gibt  Fig.  86  ein  Bei- 
spiel; bei  letzterem  steht  das  Orificium  internum  vesicae  mehr  oder  minder  weit 
unter  dem  Arcus  pubis;  Erschlaffung  des  Beckenbodens  und  der  Vaginal  wände 
kommen  hier  in  Betracht.  —  Ueber  die  Lage  der  Blase  bei  Schwangeren 
s.  das  Kapitel:  „Graviditätsanatomie". 

Blase  weiblicher  Kinder.  Während  der  ersten  Kinderzeit,  insbesondere 
bei  Neugeborenen,  bestehen,  abgesehen  von  den  syntopischen  Verhältnissen, 
keine  Unterschiede  zwischen  dem  Verhalten  der  Blase  bei  Knaben  und  Mäd- 
chen; indessen  tritt  bereits  während  des  ersten  Lebensjahres  eine  stärkere  Sen- 
kung beim  weiblichen  Geschlechte  ein;  der  Verlauf  der  weiteren  Senkung  im 
späteren  Leben  gestaltet  sich,  wie  es  für  die  männliche  Blase  beschrieben 
w^urde.  Ueber  den  Wechsel  im  Verhalten  des  Bauchfelles  zur  Blase  bei  Kin- 
dern und  Erwachsenen  s.  den  folgenden  Abschnitt. 

Verhalten  des  Bauchfelles  zur  Harnblase  beim  Weibe. 
Ezoavatio  vesioonterina. 

Das  Bauchfell  überzieht  die  weibliche  Harnblase  in  derselben  Weise, 
wie  beim  Manne  und  bildet  zwischen  der  Blase  und  der  Gebärmutter  eine 
mehr  oder  weniger  tiefe  Einsenkung,  die  Excavatio  vesicouterina 
(vorderer  Douglas'scher  Raum  der  Gynäkologen).  Liegt  die  Gebärmutter 
in  ihrer  typischen  Weise  antevertirt  und  anteflektirt,  so  bildet  diese  Excavation 
einen  engen  Spaltraum,  dessen  vordere  Grenze  der  Fundus  uteri  bezeichnet, 
und  der  durch  die  Plica  vesicalis  transversa  (s.  vorhin)  in  zwei  Ab- 
schnitte, einen  vorderen  und  einen  hinteren,  gebracht  wird.  Den  Boden 
dieses  Raumes  (unterhalb  des  Bauchfelles)  nimmt  das  lockere  Bindegewebe  zwi- 
schen Blase  und  Cervix  uteri  (vorderes  Parametrium)  ein,  seitlich  wird  er  durch 
den  üebergang  der  Ligamenta  lata  zum  serösen  Blasenbezuge  begrenzt.  Darm- 
schlingen werden  unter  gewöhnlichen  Verhältnissen  in  diesem  Räume  nicht 
angetroflfen;  anders  ist  es,  wenn  der  Uterus  mehr  aufgerichtet  im  Becken  steht, 
oder  gar  nach  hinten  gewendet  ist. 

An  den  Uterus  tritt  von  der  Excavatio  vesicouterina  aus  das  Bauchfell 
ziemlich  beständig  in  der  Höhe  des  inneren  Muttermundes  (s.  Kap.  „Uterus")  heran. 


1)  Pirogoff,  Anatome  topographica.  1859. 

2)  Kölliker,  A.,  Die  Lage  der  inneren  weibliehen  Geschlechtsorgane,  In:  Bei- 
träge zur  Anat.  u.  Entwicklungsgesch.  Festgabe  an  J.  He  nie.  Bonn,  Friedrich  Cohen. 
1882.  4.   Auch  als  Sonderabdruck  in  8®. 

3)  Braune,  W.,  Topographisch-anatom.  Atlas.  Nach  Durchschnitten  an  ge- 
frorenen Cadavern.    Leipzig,  1875. 


456  Öarnbtase  des  Weibes:  Bauchfell,  Excavatio  vesicouterina. 

Zwischen  dem  vorderen  und  dem  hinteren  Doiiglas'schen  Räume,  der  Ex- 
cavatio rectouterina,  besteht  der  Unterschied,  dass  der  hintere  mehr  senkrecht 
verläuft  und  einen  nahezu  frontalen  serösen  Spalt  darstellt,  während  der 
vordere,  bei  leerer  Blase,  fast  horizontal  liegt;  füllt  sich  die  Blase,  so  kommt 
er  auch  mehr  in  die  frontale  Stellung  hinein.  Ferner  steht  der  Fundus  der 
Excavatio  vesicouterina  höher,  als  der  der  Excavatio  rectouterina.  Die  Ent- 
fernung vom  Mittelpunkte  des  Dammes  beläuft  sich  bei  dem  ersteren  auf  7  cm 
(nach  Messungen  an  verschiedenen  Präparaten  der  Berliner  Sammlung).  Bei 
Erwachsenen  schwankte  das  Maass  zwischen  4,5 — 10,8,  also  in  weiten  Grenzen. 
Die  Entfernung  von  der  Mitte  des  Orificium  vaginae  betrug  im  Mittel  6  cm ;  sie 
sehwankte  zwischen  4,2 — 8,3  cm.  —  Im  folgenden  sollen  noch  einige  nähere 
Angaben  über  das  Verhalten  des  Blasenbauchfelles  an  der  Symphyse  und  beim 
Umschlage  auf  den  Uterus  sowie  bei  der  kindlichen  Blase  gemacht  werden. 

Das  Verhalten  des  Bauchfelles  vorn  wird  durch  die  Figuren  80,  81,  83,  86, 
94  und  95  iilustrirt.  In  Fig.  80  sehen  wir  es  seitlich  tiefer  hinabreichen,  als  in  der 
Mediangegend;  dass  der  Urachus  dasselbe  hochspannen  kann,  lehrt  Fig.  83.  Fig.  86 
zeigt  (bei  einer  15jährigen  Jungfrau)  einen  ungewöhnlichen  Hochstand  der  völlig  con- 
trahirten  Blase;  dieselbe  überragt  weit  die  Symphyse;  ein  peritoiiäaler  Syinphysen- 
Blindsack  fehlt,  oder  ist  doch  nur  angedeutet;  die  Ziffern  24  und  25  zeigen  die 
beiden  vorderen  Fettkörper  an. 

Einen  Symphysen  blindsack  des  Blasenbauchfelles  habe  ich  beim  Weibe 
ziemlich  häufig  angetroffen.  Fig.  81  gibt  eine  massig  gefüllte  Blase  wieder;  auf 
ihrer  oberen,  fast  horizontalen  Fläche  ruhen  Dünndarmschlingen;  es  besteht  ein  kleiner 
Symphysenblindsack;  94  zeigt  denselben  etwas  tiefer,  aber  weit;  95  ist  sehr  bemer- 
kenswerth  wegen  des  engen  deutlichen  Blindsackes. 

Das  Verhalten  des  Bauchfelles  an  der  hinteren  Blasen  wand  wird  durch  die 
Figuren  81,  81a,  82,  83,  85,  86,  94  und  95  demonstrirt.  Die  Hauptsache  ist,  dass 
wohl  kaum  jemals  (bei  Erwachsenen)  das  Bauchfell  den  Blasenwinkel 
erreicht,  geschweige  denn  über  ihn  hinaus  auf  die  hintere  Biasenwand  geht.  Der 
Blasenwinkel  bildet  hinten  die  Bauchfellgrenze.  Meist  schlägt  sich  die 
Serosa  schon  etwas  oberhalb  des  Winkels  auf  den  Uterus  um. 

Bei  bestehender  Schwangerschaft  und  bei  starker  Knickung  des  Uterus  kann 
das  Bauchfell  in  horizontaler  Richtung  nach  hinten  über  den  Blasenwinkel  hinaus- 
gehen, um  seinen  Umschlagsort,  die  Grenze  zwischen  Corpus  und  Cervix  uteri,  zu  er- 
reichen (Fig.  94);  es  geht  aber  nie  auf  den  Blasenfundus  unterhalb  des  Winkels  über, 
selbst  nicht  in  den  Fällen,  wo  es  ausnahmsweise  tief  steht,  wie  in  dem  Präparate  von 
Testut,    nach  welchem  die  Figur  91   gezeichnet  ist.    Vgl.  hierzu  Disse,  1.  c.  [S.  306], 

Das  Verhalten  des  Bauchfelles  zur  Blase  steht  mit  der  Blasensenkung  in  innigem 
Zusammenhange.  Es  gilt  dasselbe  Gesetz  wie  beim  männlichen  Geschlechte:  je  jünger 
das  betreffende  Individuum,  desto  tiefer  steht  das  Bauchtell;  aber  es  reicht  beim  weib- 
lichen Geschlechte  im  allgemeinen  weniger  tief  hinab,  als  beim  männlichen.  Dies 
liegt  offenbar  daran,  dass  die  Blase  nicht  das  Rectum,  sondern  das  Genitalrohr,  Uterus 
und  Scheide,  zum  Nachbarn  hat. 

Schon  bei  neugeborenen  Mädchen  kann  ein  kleiner  Theil  der  Hinterwand  der 
Blase  vom  Bauchfelle  frei  bleiben;  sie  kann  aber  auch  noch  ganz  von  der  Serosa  be- 
kleidet sein;  mit  anderen  Worten:  der  Fundus  der  Excavatio  vesicouterina  reicht  bis 
zum  Beginne  der  Urethra  hinab.  Im  ersten  bis  zweiten  Jahre  liegt  die  Umschlagsstelle 
des  Bauchfelles  von  der  Blase  zum  Uterus  meist  in  der  Höhe  der  Ureterenmündungen, 
jedoch  auch  schon  höher.  Bei  Mädchen  von  3—8  Jahren  war  letzteres,  soweit  Prä- 
parate vorliegen,   stets  der  Fall,   und   trat   auch    schon    die  Serosa   in  der  Höhe  des 


Hnrnröhre  des  Woibes:  Form,  Theile.  457 

inneren   Muttermundes   an    den  Uterus,    so  dass,    wie   beim   Erwachsenen,    hierdurch 
äusserlich  die  Grenze  zwischen  Corpus  und  Cervix  uteri  markirt  war. 

Blutgefässe  der  weiblichen  Blase.  Es  ist  anzumerken,  dass  die  Arteriae 
vesicales  inferiores  zwisclien  Scheide  und  Blase  zur  letzteren  hintreten,  und 
dass  an  die  hintere  Wand  auch  Zweige  von  der  A.  uterina,  insbesondere  von 
deren  Ramus  cervicovaginalis  gelangen.  Die  Venen  der  Harnblase  gehen 
hinten  und   seitlich   zu  den  Plexus  venosus  uterovaginalis  und  vesicovaginalis. 

Einige  physiologische  und  pathologische  Verhältnisse  sollen  nach  Ab- 
solvirung  des  Kapitels  „Harnröhre"  besprochen  werden. 


Harnröhre  des  Weibes  (Urethra  muliebris). 
Form,  Dimensionen. 

Die  weibliche  Harnröhre  stellt  ein  im  ganzen  cylindrisches  Rohr  dar, 
dessen  Wandungen,  falls  dasselbe  leer  ist,  in  Falten  liegen;  in  der  Mitte  hat 
das  Rohr  meist  eine  geringe  spindelförmige  Erweiterung.  Sie  hat  eine  durch- 
schnittliche Länge  von  3  cm;  in  einzelnen  Fällen  wurden  2,5,  in  anderen 
4 — 5  cm  gefunden.  Ihr  Durchmesser  beträgt  im  ganzen  7 — 8  mm,  lässt  sich 
aber  bis  auf  2 — 2  5  cm  erweitern,  ohne  dass  später  Incontinentia  urinae  ein- 
tritt, wenn  die  Erweiterung  nicht  in  brüsker  Weise  vorgenommen  wird.  Die 
Wandungsdicke  beträgt  0,5 — 0,6  cm. 

Diese  grosse  Ausdehnungsfilhigkeit  ist  für  cndourcthrale  und  endocystische 
Operationen  von  Wichtigkeit;  sie  erklärt  auch  die  nicht  gar  so  S(*lten  beobachteten 
und  wohl  beglaubigten  Falle,  dass,  bei  Mangel  oder  Verschluss  der  Scheide,  die  Im- 
missi.o  penis  in  die  Urethra  hinein  stattfand,    ohne    eine  Inkontinenz   herbeizuführen. 

Theile  der  weiblichen  Harnröhre. 

Wir  unterscheiden  an  der  weiblichen  Harnröhre  1)  das  Orificium  in- 
tern um  (vesicale),  2)  die  Pars  in tramuralis,  3)  die  Pars  superior 
s.  libera,  4)  die  Pars  inferior  s.  vaginalis,  5)  das  Orificium  ex- 
ternum  (vestibuläre).     Diese  Eintheilung   gründet   sich  auf  die  Verhält- 
nisse der  Harnröhre  an  sich;  berücksichtigt  man  ihre  Beziehungen  zur  Musku- 
latur des  Beckenbodens,    so    ist  einmal  auch  bei  ihr  der  wichtige  Unterschied 
einer    Pars    supratrigonalis,    trigonalis  und  praetrigonal  is    zu 
machen;  die  Pars  supratrigonalis,  welche  topographisch  der  Pars  prostatica  der 
männlichen  Harnröhre  zu  vergleichen  wäre,    ist   bei  weitem  der  längste  dieser 
Abschnitte.    Zum   andern   ist   zu   berücksichtigen,    dass  der  Musculus  levator 
ani  jederseits  an  der  Harnröhre  vorbeistreicht,    und  dass    man    an  ihr  sonach 
auch  einen  oberhalb  und  einen  unterhalb  des  Diaphragma  pelvis  gelegenen 
Abschnitt  unterscheiden  kann.     Der  erstere  würde  als  die  Pars  pelvina,  der 
andere  als  die  Pars  perinealis  zu  bezeichnen  sein;    letztere  ist  die  längere; 
die    erste    entspricht  der  gleich  näher  zu  schildernden  Pars  superior  s.  libera. 
Ueber  diese  Beziehungen   zum  Trigonum  urogenitale  und    zum  M.  levator  ani 
gibt  Fig.  83  Aufschluss;  das  Orificium  extcrnum  urethrae  ist  dort  durch  einen 
gelben  Punkt  markirt. 


458  Weibliche  Harnröhre:  Bau,  Muskulatur. 

Pars  intramuralis.  Die  Pars  intramuralis  der  weiblichen  Harnröhre 
ist,  bei  der  geringeren  Stärke  der  Blasenmuskulatur,  von  geringerer  Länge  als 
beim  Maune;  ein  Annuliis  Urethra lis  ist  nicht  deutlich. 

Pars  superior  (libera).  Die  Pars  superior  ist  derjenige  Theil,  welcher 
vom  Austritte  aus  der  Blasenwand  bis  zu  der  Stelle  reicht,  wo  die  Harnröhren- 
wand und  die  Scheiden  wand  miteinander  zum  Septum  urethrovaginale 
(s.  u.)  verschmelzen.  Diese  Strecke  ist  mit  ihrer  Umgebung,  insbesondere  auch 
mit  der  Scheide,  nur  durch  lockeres  Bindegewebe  verbunden,  ist  also  freier  be- 
weglich und  leicht  zu  isoliren;  sie  hat  kaum  1  cm  Länge. 

Pars  inferior  (vaginalis).  Dieser  Theil  der  Harnröhre  ist  der  längste 
und  ist  dadurch  ausgezeichnet,  dass  seine  Wand  mit  der  vorderen  Vaginal- 
wand durch  festes,  an  elastischen  und  Muskelfasern  reiches  Bindegewebe  zu 
einem  festen  Blatte,  dem  Septum  urethrovaginale  verlöthet  ist.  Dasselbe 
hat  im  oberen  Theile  durchschnittlich  1  cm  Stärke  und  nimmt  nach  unten  zu. 
Die  Grenze  zwischen  den  beiden  letztgenannten  Harnröhren-Theilen  ist  nicht 
ganz  scharf. 

Das  Orificium  urethrae  internum  ist  beim  Kapitel  „Harnblase  des 
Weibes''  besprochen  worden;  das  Orificium  cxternum  mündet  im  Vestibulum 
vaginae;  dasselbe  wird  am  passendsten  zusammen  mit  den  äusseren  Geschlechts- 
theilen  abgehandelt. 

Ban  der  weiblichen  Harnröhre.    Maskolator. 

Die  an  elastischem  Gewebe  sehr  reiche  Schleimhaut  der  weiblichen 
Harnröhre  trägt  ein  Epithel,  welches  nach  den  vorhandenen  Angaben^)  ver- 
schieden zu  sein  scheint;  genannt  werden  ein  Cylinderepithel  mit  cylindri- 
schen  Zellen  am  Lumen  und  rundlichen  Zellen  zwischen  den  unteren  Enden 
der  Cylinderzellen,  ferner  ein  geschichtetes  Pflasterepithel,  dieses  nament- 
lich im  unteren  Abschnitte,  und  auch  ein  üebergangsepithel  wie  in  der  Harn- 
blase. Es  finden  sich  in  ihr  Lacunae  urethrales,  wie  in  der  männlichen 
Harnröhre  und  kleine  tubulöse  Drüsen,  welche  nach  den  Befunden  von  R.  Vir- 
chow^)  und  Tourneux^)  als  Homologa  der  Prostatadrüsen  des  Mannes 
anzusehen  sind.  Eine  grössere  Gruppe  dieser  Drüsen  mündet  jederseits  am 
Orificium  externum  urethrae  mit  einem  besonderen  Sammelrohre,  Ductus  para- 
urethralis,  aus.     S.  w.  u.  Kapitel  „Aeussere  Geschlechtstheile". 

Von  dem  in  das  Orificium  internum  hineinragenden  Ende  des  Trigonum 
vesicae  zieht  an  der  hinteren  Wand  eine  stärkere  Längsfalte,  Cristaurethra- 


1)  Oberdieck,  G.,  Ueber  Epithel  und  Drüsen  der  Harnblase  und  der  weiib- 
lichen  und  männlichen  Urethra.  Göttingen,  1884.  G.  Calvör.  4,  —  Schüller,  M., 
Ein  Beitrag  zur  Anatomie  der  weiblichen  Harnröhre.  Festschrift  für  Bernhard 
Schultze.  Berlin,  1883.  4.  (S.  16.)  —  Stöhr,  Ph.,  Lehrbuch  der  Histologie.  8.  Aufl. 
Jena,  1898. 

2)  Virchow,  R.,  Prostataconcretionen  beim  Weibe.  Archiv  für  patholog.  Anat. 
Bd.  V,  S.  403.  1853.  —  Tourneu x,  Sur  la  strueture  des  glandes  urethrales  (prosta- 
tiques)  chez  la  femrae.  Bullet,  de  la  Sociöte  de  Biol.  1888. 


%  Weibliche  Harnröhre:  Verlauf  und  Lage.  459 

lis,  bis  in  die  Nähe  des  Orificium  externum;  daneben  finden  sieh  (Schüller) 
meist  noch  zwei  grössere  seitliche  Falten,  die  kurz  vor  dem  genannten  Orificium 
in  die  mittlere  Falte  umbiegen.  —  Die  Schleimhaut  trägt,  namentlich  am 
distalen  Ende  des  Rohres,  Papillen. 

Der  Mucosa  liegt  zunächst  eine  starke,  lockere  Submucosa  an  mit  ka- 
vernösen Venen  netzen,  welche  sich  noch  zwischen  die  Muskelschichten 
fortsetzen.  Infolge  dieser  Venennetze  hat  die  Schleimhaut  bei  der  Lebenden 
eine  dunklere  Färbung  als  die  der  Harnblase;  sie  ist  oft  bläulich  roth. 

Von  Muskellagen  sind  zu  unterscheiden  eine  innere  longitudinale 
und  eine  äussere  stärkere  ringförmige  Schicht  glatter  Fasern;  dazu  kommt 
der  gestreifte,  vom  Musculus  trigoni  urogenitalis  herrührende  äusserste 
Muskelbelag. 

Die  ringförmige  Schicht  glatter  Muskelfasern  hängt,  wie  beim  Manne,  mit 
der  Muskulatur  des  Trigonum  vesicae  zusammen.  Die  Muskelfasern  des  letz- 
teren ziehen  schräg  abwärts  um  die  Harnröhre  herum  auf  deren  vordere  Wand, 
setzen  sich  aber,  da  keine  Prostata  eingeschoben  ist,  kontinuirlich  bis  zum  Ori- 
ficium externum  fort;  sie  bilden  den  Lissosphincter  urethrae  des  Weibes. 
Vorn  und  oben  am  Orificium  vesicale  ist,  ebenfalls  wie  beim  Manne,  die  Ring- 
muskulatur der  Blase  als  ein  besonders  abgesetzter  Theil  vorhanden,  der  nicht 
in  diese  ringförmige  Harnröhrenmuskelschicht  tibergeht. 

Die  gestreifte  Muskulatur  hilft  den  Rhabdosphincter  urethrae  bilden; 
sie  geht  vorn  fast  an  der  ganzen  Länge  der  Harnröhre  herab,  hinten  zeigt  sie 
sich  aber  nur  dicht  unter  der  Blase  an  der  Pars  libera,  so  dass  nur  am 
oberen  Harnröhrenabsehnitte  ein  besonderer  gestreifter  Harnröhrensphincter 
existirt.  Weiter  abwärts  umschliesst  die  gestreifte  Muskulatur  ausser  der  Harn- 
röhre auch  noch  die  Scheide,  und  noch  mehr  distal  endet  sie  bereits  an  der 
Seitenwand  der  Scheide,  bildet  also  nur  einen  Halbring.  Die  Verhältnisse  sind 
demnach  ähnlich  denen  des  Mannes.     Vgl.  auch  S.  405/406. 

Verlauf  und  Iias^e  der  weiblichen  Harnröhre. 

Die  Harnröhre  des  Weibes  verläuft,  leicht  nach  hinten  konvex  gebogen, 
ähnlich  wie  die  Scheide,  nahezu  senkrecht  —  bei  aufrechter  Stellung.  Wie 
die  Scheide  nimmt  sie  auch  in  geringem  Grade  eine  schiefe  Richtung  von  hinten 
oben  nach  unten  vorn,  und  zwar  ein  wenig  mehr  ausgeprägt,  als  die  Scheide, 
so  dass  ihr  Orificium  externum  weiter  von  der  Vagina  entfernt  liegt,  als  das 
Orificium  internum. 

Das  Orificium  internum  steht,  wie  die  gesamte  Harnblase,  ein  wenig 
tiefer,  als  das  des  Mannes,  gewöhnlich  also  unterhalb  der  Mitte  der  Symphyse; 
von  der  es  in  der  Horizontalen  nach  hinten  durchschnittlich  2 — 2,5  cm  entfernt 
bleibt.  Nicht  selten  rückt  dasselbe  in  das  Niveau  des  Arcus,  oder  gar  unter 
dieses  herab.  Die  Entfernung  der  Harnröhre  vom  Arcus  pubis  beläuft  sich 
auf  1,5 — 2  cm;  sie  lässt  sich  aber  leicht  weiter  abdrängen. 

Vorn  grenzt  die  Harnröhre  an  den  Plexus  venosus  pudendalis, 
an  das  Trigonum  urogenitale,    welches  sie  durchsetzt,  an  den  Angu- 


4G0     Weibliche  Harnröhre:  Gefässe  u.  Nerven.    Physiol.  u.  pathol,  Verhältnisse. 

lus  intercruralis  der  Klitoris  und  endlich  an  die  vordere  Vereinigung 
der  Bulbi  vestibuli;  alle  diese  Theile  begleiten  sie  auch  an  den  Seiten. 
Hinten  liegt  sie  in  ihrer  ganzen  Länge  der  Scheide  an,  und  zwar,  wie  be- 
merkt, im  oberen  Drittel  isolirt,  durch  den  hinteren  oberen  Theil  des  Rhabdo- 
sphincter  und  lockeres  Bindegewebe  von  der  vorderen  Scheidewand  getrennt, 
unten  fest  mit  der  letzteren  ira  Septum  urethrovaginale  verbunden. 

Oefässe  und  Nerven  der  weiblichen  Harnröhre. 

Die  Arterien  stammen  aus  der  A.  pudenda  interna  (für  den  un- 
teren Abschnitt),  aus  der  A.  vesicalis  inferior  (für  den  oberen)  und  von 
dem  Ramus  cervicovaginalis  der  Arteria  uterina  (für  den  oberen  und 
mittleren). 

Die  Venen  ergiessen  sich  in  den  Plexus  vesicovaginalis  und  den 
Plexus  pudendalis-,  sie  hängen  unten  mit  den  Venenräumen  der  kavernösen 
Körper  der  Klitoris  und  der  Bulbi  vestibuli  zusammen. 

Die  Lymphgefässe  gehen  zu  den  Lymphoglandulae  hypogastricae; 
nach  Sappey^)  verbinden  sie  sich,  soweit  sie  aus  den  unteren  Abschnitten 
kommen,  mit  den  Lymphgefässen  der  Labia  minora  und  ergiessen  sich  in  die 
Lymphoglandulae  inguinales.  Die  im  Inneren  des  Beckens  gelegenen 
Lymphdrüsen  erwähnt  Sappey  bei  dieser  Gelegenheit  nicht. 

Die  Nerven  kommen  aus  denselben  Quellen  wie  beim  Manne,  dem  Ner- 
vus pudendus,  der  die  sensiblen  Fasern  zuführt  und  den  Rhabdosphincter 
innervirt,  und  vom  Becken  Sympathien  s,  welcher  als  der  Nerv  der  glatten 
Muskulatur  bezeichnet  werden  muss. 

Physiologische  Verhältnisse. 

Auch  die  weibliche  Blase  vermag  in  der  Leiche,  selbst  bei  starker  Füllung",  den 
Harn  zu  halten;  es  ist  also  eine  Muskelaktion,  falls  keine  Vis  a  tcrgo,  z.  B.  durch  die 
Bauchpresse,  oder  durch  Kontraktionen  der  Blasenmuskeln  ausgeübt  wird,  zur  Retention 
des  Harnes  nicht  erforderlich.  Soll  die  Blase  während  des  Lebens  entleert  werden,  so 
muss  eine  Erschlaffung  des  Lissosphincter  eintreten.  Hierüber  vergleiche  das  bei  der 
Männerblase  Gesagte. 

Die  Schleimhaut  der  Harnröhre  des  Weibes  ist  im  gesunden  Zustande  sehr 
wenig  empfindlich. 

Pathologische  Zustände. 

Wegen  der  bedeutenderen  Kürze,  grösseren  Weite  und  des  einfacheren 
Verlaufes,  endlieh  wegen  des  wichtigen  Umstandes,  dass  die  weibliche  Harn- 
röhre ausschliesslich  als  harnleitender  Weg  dient,  eine  „Urethra  propria'*  ist, 
und  nur  mit  der  Harnblase  in  Verbindung  steht,  sind  ihre  pathologischen  Zu- 
stände  weniger  zahlreich,  nicht  so  komplicirt  und  leichter  zu  behandeln  als  beim 
Manne.  Was  man  häufiger  an  ihr  zu  beobachten  hat,  sind  Verletzungen 
in  Folge  schwerer  Geburten  mit  den  nachfolgenden  fistulösen  Verbin- 
dungen, über  welche  beim  Kapitel  „Uterus"  und  „Scheide"  gehandelt  werden 
soll.  —  Wegen    der    festen  Verbindung   mit   der  Scheide   folgt  die  Harnröhre 


1)  1.  c.  [S.  88]  (Sappey  pag.  54). 


Gebärmutter.  461 

den  Dislokationen  der  letzteren.  Oefter  als  beim  Manne  werden  auch  Neubil- 
dungen und  ein  unter  dem  Bilde  einer  polypösen  Neubildung  erscheinender 
Prolapsus  der  Schleimhaut,  welcher  bei  der  männlichen  Harnröhre 
überhaupt  nicht  vorkommt,  angetroffen. 

In  neuerer  Zeit  —  vgl.  die  Arbeiten  von  G  enou  vil  le  1.  c,  [S.  450]  und 
P  a  s  t  e  a  u  —  hat  man  auch  den  S  t  r  i  k  t  u  r  e  n  der  weihlichen  Harnröhre  eine 
grössere  Aufmerksamkeit  geschenkt  und  gefunden,  dass  sie  häufiger  vorkommen, 
als  man  geglaubt  hat.  Die  traumatischen  Strikturen,  in  Folge  von  Entbindungen, 
pflegen  mehr  zur  Blase  hin,  die  gonorrhoischen  näher  zum  Orificium  externum 
hin  ihren  Sitz  zu  haben.  —  Fremdkörper  gelangen,  der  Lage  der  Dinge 
entsprechend,  häufiger  in  die  weibliche  Harnröhre,  als  in  die  männliche. 


Gebärmutter  (Uterus), 

Die  Gebärmutter  nimmt  sowohl  ihrer  Lage,  als  auch  ihrer  Bedeutung 
nach  inmitten  der  weiblichen  Beckeneingeweide  die  centrale  Stelle  ein.  In  der 
S.  442  gegebenen  Uebersicht  ist  dies  bezüglich  der  Lage  bereits  hervorgehoben 
worden;  hinsichtlich  der  physiologischen  Bedeutung  wissen  wir,  dass  die  Gebär- 
mutter das  befruchtete  Ei  aufzunehmen  und  bis  zur  Stufe  eines  ausserhalb  des 
mütterlichen  Körpers  lebensfähigen  Kindes  zu  bringen  hat,  ferner,  dass  nur 
die  Gebärmutter  imstande  ist,  wie  es  ja  auch  der  deutsche  Name  besagt,  ein 
solches  Kind  im  Geburtsakte  auf  natürliche  Weise  ans  Licht  der  Welt  zu 
befördern. 

Dieser  centralen  Stellung  unter  den  Geschlechtsorganen  entspricht  auch 
die  Wichtigkeit,  welche  der  Uterus  in  der  gesamten  Biologie  des  Weibes  — 
auch  in  der  pathologischen  —  erreicht^). 

Die  ei>enarti^'e  physiologische  Rolle  des  Uterus  bringt  es  mit  sich,  dass  der- 
selbe, ungeachtet  seiner  so  hohen  Bedeutung  für  das  gesamte  Leben  des  weiblichen 
Organismus,  doch  den  grössten  Theil  dieser  Lebenszeit  bei  den  meisten  Frauen  ausser 
Funktion  ist;  ja  bei  Frauen,  welche  nicht  konzipiren,  streno:  genommen,  niemals  funktio- 
nirt.  Tritt  dagegen  der  Uterus  in  Funktion,  so  erleidet  er  eine  so  erhebliche  Ver- 
änderung und  entfaltet  eine  so  ausserordentb'che  Thätigkeit,  Avie  kaum  ein  anderes 
Organ  des  menschlichen  Körpers.  —  Gänzlich  unthätig  ist  jedoch  die  Gebärmutter  bei 
gesunden  Frauen  ausserhalb  der  Zeit  der  Schwangerschaft  nicht.  Ohne  Zweifel  müssen 
wenigstens  die  mit  vierwöchentlichen  Zwischenpausen  auftretenden  Menstruations- 
erscheinungen als  eine  Funktion  des  Uterus  anpresehen  werden;  diese  steht  in 
inniger  Verbindung  mit  seiner  Hauptaufgabe,  der  Heranbildung  eines  befruchteten 
Eies  zur  reifen  Frucht. 


1)  Dabei  bleibt  vollkommen  zu  Recht  bestehen,  was  Chereau  und  R.  Virchow, 
s.  des  Letzteren  ^Gesammelte  Abhandlungen«,  Frankfurt  a./M.  1856,  S.  747,  bezüglich 
des  prädominirenden  Einflusses  sagen,  den  die  Existenz  des  Eierstockes  für  das  Wesen 
des  Weibes  ausübt.  Man  kann  aber  ebenso  sehr  dem  treffenden  Ausspruche  von 
H.  Fritsch  zustimmen,  wenn  er  sich  (Die  Lageveränderungen  und  Entzündungen  der 
Gebärmutter,  Stuttgart  1885)  äussert:  „Die  Fälle  sind  nicht  selten,  wo  eine  im  ersten 
Wochenbette  entstandene  Reflexion  aus  einer  blühenden,  kräftigen  Frau  eine  Ruine 
gemacht  hat"  (l.  c.  S.  119). 


Gebärmutter:  Form  und  Theile.  463 

Dem  Gesagten  zufolge  haben  wir  die  Gebärmutter  in  ihren  zwei  ver- 
schiedenen Zuständen:  in  dem  unthätigen,  ruhenden  und  in  dem  thätigen  zu 
schildern.  Der  erste  Abschnitt  wird  handeln  von  der  Anatomie  der  Gebär- 
mutter im  nicht  schwangeren  Zustande  und  ausserhalb  der  Menstruationszeit; 
der  zweite  hat  den  menstruirenden,  schwangeren  und  puerperalen  Uterus, 
letzteren  bis  zur  vollendeten  Rückbildung  in  den  Ruhezustand,  zu  besprechen. 
Wir  lassen  diesen  zweiten  Abschnitt  jedoch  nicht  unmittelbar  auf  den  ersten 
folgen,  sondern  behandeln  ihn  erst  nach  Erledigung  der  übrigen  weiblichen 
Geschlechtsorgane,  da  auch  diese  an  den  betreffenden  Veränderungen  zum  Theil 
erheblichen  Antheil  nehmen. 

Anatomische  Vorbemerknngen. 
I.   Form  und  Theile  des  Uterus. 

Wir  unterscheiden  am  Uterus  den  Körper,  Corpus  uteri,  und  den  Hals, 
Cervix  uteri.  Der  Körper  zerfällt  wieder  in  das  gewölbte,  blinde  Ende, 
Fundus  uteri  und  in  das  Corpus  proprium. 

Von  der  Beckenhöhle  aus  gesehen  liegt  nur  das  Corpus  proprium  mit  dem 
Fundus  frei  vor.  Die  Cervix  kann  nur  an  der  hinteren  Fläche,  nnd  auch  da 
nicht  vollständig  gesehen  werden.  Der  freiliegende  Theil  der  Gebärnmtter  hat 
die  Gestalt  einer  von  vorn  nach  hinten  abgeplatteten  Birne  (s.  Fi^.  85);  die 
Abplattung  macht  gegen  das  untere  (cervikale)  Ende  einer  nindlichen  Form  Platz. 

Nach  beiden  Seiten  hin  gehen  vom  Corpus  uteri  die  Adnexa  uteri  ab: 
Ligamentum  teres,  Tuba  uterina  und  Ligamentum  ovarii  mit  dem  Ovarium 
(s.  Fig.  85).  Als  Fundus  uteri  wird  nun  derjenige  Theil  bezeiclinet,  welcher  frei 
über  die  Abgangsstelle  dieser  Adnexa  hinausreicht;  derselbe  ist  konvex  begrenzt. 

Die  Grenze  zwischen  Corpus  und  Cervix  ist  äusserlich  nicht  völlig  genau 
anzugeben;  doch  trifft  man  hier  meist  eine  seichte  Einschnürung,  Isthmus  uteri. 

Einen  freien  Rand  am  Uterus  zeigt  nur  der  Fundus.  Beide  Seiten- 
ränder sind  durch  den  Abgang  der  Adnexa  und  des  Ligamentum  latum  besetzt. 

Die  hintere  Fläche  der  Gebärmutter  ist  am  Corpus  mehr  vorspringend 
als  die  vordere,  welche  ihrer  Auflagerung  auf  die  Harnblase  eine  grössere  Ab- 
plattung verdankt. 

Da,  wo  die  Adnexa  abgehen,  bestehen  zwischen  ihnen  und  dem  Seiten- 
rande des  Uterus  fast  rechte  Winkel;  von  diesen  pflegt  der  unterhalb  des 
Tubenabganges  befindliche  besonders  als  Tubenwinkel  bezeichnet  zu  werden. 

Auch  vom  Halstheile  des  Uterus  ist  nur  ein  verhältnissmässig  kleiner 
Abschnitt  am  unversehrt  lagernden  Organe  zu  sehen,  nämlich  der  grössere  Theil 
der  hinteren  Fläche  (s.  Figg.  85  u.  86)  ^).     Die  vordere  Fläche   ist  durch  die 


1)  Die  Figur  86  soll  wesentlich  zur  Veranschaulichung  der  Lage  der  Adnexa 
uteri,  insbesondere  des  Eierstockes  dienen,  ferner  zur  Demonstration  der  Lage  des 
Dünndarmes  zu  den  Beckenorganen.  Der  Uterus  lag  in  der  Leiche  extramedian;  in- 
dessen kann  doch  an  dem  kleinen  durch  die  Säge  getroffenen  Reste  sehr  gut  die  Ver- 
deckung  der  vorderen  Cervixwand  durch  die  Harnblase  gesehen  werden,  und  wir 
stellen  deshalb  die  Figur  schon  hierher. 


Gebärmutter:  Form  und  Theile.  465 

Blase  verborgen  und  ein  Drittel  der  ganzen  Cervix  steckt  wie  ein  vorragender 
Zapfen  im  oberen  Ende  des  Scheidenrohres,  welches  er  verschliesst,  indeni  dessen 
Wände  ringsum  an  ihn  angewachsen  sind.  Dies  Verhältniss  bedingt  die  Unter- 
scheidung einer  Portio  vaginalis  und  supravaginalis  der  Cervix. 

Aus  dem  Gesagten  folgt,  dass  nur  von  unten  und  von  den  Seiten  her 
Theile  an  den  Uterus  herantreten  bezw,  von  ihm  abgehen  können,  und  dass 
er  an  diesen  Stellen  befestigt  ist,  hier  also  auch  bei  operativer  Entfernung 
gelöst  werden  muss  (s.  w.  u.  Befestigungen  des  Uterus). 

Die  Verwachsung  der  Scheide  mit  der  Cervix  uteri  ist  sehr  fest,  indem 
die  glatten  Muskelfasern,  Bindegewebs-  und  elastischen  Fasern,  sowie  die  Schleim- 
haut von  einem  zum  anderen  Theile  tibergehen;  beide  Organe  entstehen  ja 
auch  aus  derselben  Anlage.  Die  Anheftungszone  der  Scheide  läuft  schräg  um 
die  Cervix  uteri  herum,  indem  sie  vorn  weiter  hinabreicht  als  hinten.  Diese 
Zone  hat  eine  Breite  von  fast  Vg  cm. 

Der  ringförmige,  zwischen  Scheidenwand  und  Zapfen  der  Portio  vaginalis 
verbleibende  Raum  heisst  Scheidengewölbe,  Fornix  vaginae.  Man  pflegt 
zur  genaueren  Orientirung  ein  hinteres,  ein  vorderes  und  zwei  seitliche 
Gewölbe  zu  unterscheiden. 

Indem  sich  der  Hohlraum  des  Uterus  am  Ende  der  Portio  vaginalis  in  die 
Scheide  öffnet  (Orificium  externum  uteri),  wird  das  freie  Ende  der  Portio 
in  zwei  Abschnitte  zerlegt.  Diese  erscheinen,  da  das  Orificium  meist  als  Quer- 
spalt auftritt,  in  Form  eines  vorderen  und  hinteren  Querwulstes,  Muttermund s- 
lippen,  Labium  anterius  und  Labium  posterius  uteri. 

Die  angegebene  Eintheilung  der  Cervix  uteri  in  eine  Portio  vaginalis  und  supra- 
vaginalis ist  die  übliche,  Karl  S  c  h  r  ö  d  e  r^)  hat  eine  andere  Eintheilung  angegeben, 
indem  er  eine  Querebene  durch  die  Grenze  zwischen  Corpus  und  Cervix  uteri  (den 
inneren  Muttermund,  s.  w.  u.)  senkrecht  zur  Corpusaxe  des  Uterus  legt,  ferner  eine 
zweite  Ebene  paraUel  zur  ersten  durch  das  hintere  Scheidengewölbe  und  eine  dritte 
Parallelebene  durch  das  vordere.  So  erhält  er  drei  Theile  der  Cervix,  einen  Theii 
zwischen  innerem  Muttermunde  und  zweiter  Querebene,  der  gänzlich  oberhalb  der 
Scheide  liegt  —  Pars  supravaginalis  —,  einen  zweiten,  Pars  intermedia,  zwischen 
zweiter  und  dritter  Querebene,  welcher  hinten  (Labium  posterius  z.  Th.)  innerhalb, 
vorn  ausserhalb  der  Scheidenlichtung  gelegen  ist  und  einen  dritten  (Labium  anterius, 
und  ßest  des  Labium  posterius),  welcher  gänzlich  innerhalb  des  Scheidenrohres  liegt. 

Das  Corpus  uteri  (mit  dem  Fundus)  umfasst  ^/g  des  ganzen  Organes. 

Der  im  Innern  des  Uterus  befindliche  Hohlraum  hat  in  beiden  Ab- 
schnitten des  Organes  eine  völlig  verschiedene  Gestalt.  Im  Corpus  bildet  der- 
selbe einen  dreieckigen,  engen,  quergestellten  (Fig.  88)  Spaltraum,  dessen 
beide  obere  Winkel  in  die  Tuben,  dessen  unterer  in  den  Hohlraum  der  Cervix, 
Canalis  cervicis  übergeht  (Fig.  87).  Der  dreieckige  Raum  des  Corpus, 
Cavum  uteri,  zeigt  zwei  längere  Seitenschenkel  und  einen  kürzeren  oberen 
Querschenkel.  Alle  drei  sind  beim  Uterus  einer  NuUipara  gegen  die  Lichtung 
konvex   eingebogen,    sodass   wir   es  mit   einem   sphärischen  Dreiecke  zu  thun 


1)  Schröder,  K.,  Handbuch  der  Krankheiten  der  weiblichen  Geschlechtsorgane. 
8.  Aufl.    S.  76.    1887. 

Waldeyer,  Das  Becken.  30 


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Gebärmutter:  Struktur.  467 

das  Lumen  der  Tube  gegen  das  Cavura  uteri  hin  beträchtlich  verengert.  Daher 
dringen  flüssige  Contenta  des  Uterus,  wie  z.  B.  Blut,  nur  selten  in  die  Tube  vor. 

Die  Grenze  zwischen  Cavura  uteri  und  Canalis  cervicis  entspricht  aussen 
dem  Isthmus  uteri;  an  dieser  Stelle  ist  der  engste  Theil  der  gesamten  Uteruslich- 
tung. Er  wird  der  innere  Muttermund,  Orificium  internum  uteri,  genannt. 
Auch  hier  ist,  ebenso  wenig  wie  beim  Isthmus,  eine  lineare  Grenze  anzugeben;  ge- 
wöhnlich besteht  zwischen  Cavum  uteri  und  Canalis  cervicis  ein  4—5  mm  langer 
Engpass,  den  man  dann  als  Orificium  internum  zu  bezeichnen  hat.  Für  das 
unbewaffnete  Auge  giebt  die  Engigkeit  dieser  Stelle  gegenüber  den  beiden 
übrigen  Kanalabschnitten,  ferner  das  verschiedene  Aussehen  der  Korpus-  und 
Cervixschleimhaut  (s.  w.  u.)  die  ünterscheidungsmarke  an. 

Der  Canalis  cervicis  (Fig.  88b)  hat  bei  Nulliparen  und  jüngeren 
Frauen,  auch  wenn  sie  öfter  geboren  haben,  eine  rundlich  spindelförmige  Rohr- 
lichtuüg,  dessen  grösste  Erweiterung  etwa  in  seiner  Mitte  gelegen  ist;  durch 
das  Orificium  externum  geht  er  in  das  Scheidenrohr  über. 

Die  Gestalt  des  Orificium  externum  und  der  dasselbe  begrenzenden  Mutter- 
mundslippen soll  zusammen  mit  der  Scheide  näher  besprochen  werden. 

IL   Bemerkungen  über  die  Struktur  des  Uterus. 

Von  aussen  nach  innen  gerechnet  finden  wir  an  der  Gebärmutter  folgende 
Schichten:  1)  das  Perimetrium,  2)  das  Parametrium,  3)  das  Myometrium, 
4)  das  Endometrium  (Fig.  88).  Unter  „Perimetrium"  wird  der  seröse 
üeberzug  des  Uterus,  das  ihm  zugehörige  viscerale  Peritonäum,  unter  „Para- 
metrium" das  den  Uterus  am  unteren  Theile  des  Corpus  und  an  der  Cervix 
umgebende  subperitonäale  Bindegewebe,  unter  „Myometrium"  die  Muskelwand 
und  unter  „Endometrium"  seine  Schleimhautauskleidung  verstanden.  Die  Be- 
zeichnungen für  eine  grosse  Reihe  von  wichtigen  pathologischen  Zuständen  des 
Organes  (s.  w.  u.)  knüpfen  an  diese  Namen  an  ^). 

Der  Besprechung  des  Perimetrium  und  des  Parametrium  widmen  wir  je 
ein  besonderes  Kapitel;  hier  sollen  die  praktisch  wichtigen  Punkte  aus  der 
Anatomie  des  Myo-  und  Endometrium  zur  Sprache  gebracht  werden. 

Die  Muskulatur  der  Gebärmutter  ist  durchweg*  eine  glatte ;  zuweilen  sind  jedoch 
gestreifte  Muskelfasern  in  der  Uteruswand  gefunden  worden 2).  Wahrscheinlich  han- 
delt es  sich  in  solchen  Fällen  um  Keimversprengungen.  Die  Hauptmasse  der  Mus- 
kulatur ist  am  Corpus  uteri  in  einer  mittleren  wesentlich  kreisfasrigen  Schicht  ange- 
ordnet. In  dieser  Schicht  finden  sich  auch  die  grösseren  Gefässe  der  Uteruswand, 
weshalb  sie  Kreitzer  „Stratum  vasculare"  benannte.  Man  erkennt  dieses 
Verhalten  insbesondere  bei  Multiparen  auf  Durchschnitten  des  Organes  schon  mit 
freiem  Auge. 

Die  Muskulatur  der  Cervix  zeigt  eine  solche  gefässreiche  Schicht  nicht; 


1)  Virchow,  R,  Verhandlungen  der  Gesellschaft  für  Geburtshülfe  in  Berlin. 
Bd.  IV.  S.85.  —  Derselbe,  Ueber  puerperale  diffuse  Metritis  und  Parametritis.  Arch. 
für  patholog.  Anat.  Bd.  23.  1862.  S.  415. 

2)  Nehrkorn,  A.,  Quergestreifte  Muskelfasern  in  der  Uterus  wand.  Arch.  für 
patholog.  Anatomie.  Bd.  151.  1898. 


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470  Gebärmutter:  Struktur. 

Das  Epithel  der  Korpusschleimhaut  und  deren  Drüsen  ist  ein  cylindrisches 
Flimmerepithel.  Die  Kerne  der  Cylinderzellen  liegen  meist  in  der  Mitte  der  letzteren ; 
ihr  Protoplasma  ist  ziemlieh  gut  färbbar. 

Die  Cervixmucosa  zeigt  folgende  Unterschiede:  die  flimmernden  Epithel- 
zellen sind  höher  und  schlanker,  an  der  Basis  verjüngt;  sie  erscheinen  heller  und  ihr 
Protoplasma  färbt  sich  kaum.  Auch  Becherzellenformen  kommen  vor.  Die  Kerne 
sind  länglich  und  meist  im  basalen  Abschnitte  der  Zellen  gelegen.  Die  Schleimhaut 
zeigt  gegen  die  Muscularis  hin  eine  deutlichere  Abgrenzung;  ihr  Grundgewebe  hat 
mehr  bindegewebige  Fasern  und  weniger  Rundzellen;  sie  ist  dicker  als  die  Corpus- 
mucosa.  An  der  vorderen  und  hinteren  Wand  des  Canalis  cervicis  zeigt  sich  je  eine, 
äusserst  zierliche,  einem  gerippten  Blatte  ähnliche  Faltenbildung,  Plica  palmata 
(Fig.  87).  Die  Rippen  der  einen  Blattfalte  legen  sich  in  die  Furchen  der  anderen. 
Auch  die  Drüsen  der  Cervix  sind  verschieden  von  denen  des  Corpus.  Es  sind  ziem- 
lich weite,  mit  vielen  Seitensprossen  versehene  buchtige  Schläuche,  welche  in  den 
Furchen  der  Plicae  palmatae  ausmünden;  sie  sondern  einen  sehr  zähen,  durch  Ab- 
wischen kaum  entfernbaren  Schleim  ab,  welcher  als  sogenannter  „Schleimpfropf"  den 
Canalis  cervicis  erfüllt  und  nicht  selten  aus  dem  Orificium  externum  in  das  Scheiden- 
rohr vorragt  (Fig.  90  und  Fig.  90a). 

Die  Flimmerhaare  beider  Abtheilungen  des  Uterus  schlagen  in  der  Richtung 
von  den  Tubenmündungen  zum  Orificium  externum  hin  M,  also  in  derselben  Richtung 
wie  die  Flimmern  des  Tubenepitheles;  der  Flimmerstrom  muss  daher  von  den  ein- 
dringenden Spermatozoen  überwunden  werden.  Die  Flimmerung  in  den  Drüsen  geht 
vom  Fundus  derselben  zu  ihrer  Mündung^). 

Eine  besondere  Besprechung  verdienen  die  Uebergangsstellen  an  den 
Tubenmündungen,  an  dem  inneren  Muttermunde  und  am  äusseren  Muttermunde.  An 
den  Tubenmündungen  verdünnt  sich  die  Schleimhaut  allmählich;  die  Uterindrüsen 
werden  bald  kürzer  und  spärlicher  und  hören  schon  in  der  Pars  intramuralis  tubae 
ganz  auf. 

Am  Orificium  intern  um  ist  auch  histologisch  keine  scharfe  Grenze  zwischen 
Corpus  und  Cervix  anzugeben,  indem  sowohl  allmähliche  Uebergänge  zwischen  den 
beiden  geschilderten  Epithelformen  vorhanden  sind,  wie  auch  zackiges  Ineinander- 
. greifen  beider  Arten.  Auch  gibt  es  an  Stellen,  wo  noch  unzweifelhafte  Uterindrüsen- 
formen  gefunden  werden,  schon  ein  hochcylindrisches  Epithel  wie  in  der  Cervix;  in 
manchen  dieser  Zellen  stehen  aber  noch  die  Kerne  in  der  Mitte  (Uebergangsformen)^). 

Bei  älteren  Foeten  und  Neugeborenen  findet  man  mitunter  ein  gleichartiges 
Epithel  im  Corpus  und  in  der  Cervix;  selten  sind  in  diesem  frühen  Lebensalter  Drüsen 
im  Corpus,  häufig  aber  in  der  Cervix  (Robert  Meyer  1.  c). 

Die  Verhältnisse  an  der  Portio  vaginalis  werden  wie  diese  selbst  im  Zu- 
sammenhange mit  der  Anatomie  der  Scheide  besprochen  werden. 

Die  eingehendere  Darstellung  des  feineren  Baues  rechtfertigt  sich  durch 
die  Rücksichtnahme  auf  die  Diagnostik  pathologischer  Zustände;  welche  durch 
die  methodische  Untersuchung  der  beim  Curettement  entfernten  Stückchen  der 
üterusschleimhaut  (Stückchendiagnose)  sehr  gefördert  worden  ist*). 


1)  Hofmeier,  M.,  Zur  Kenntniss  der  normalen  Uterusschleimhaut.  Centralblatt 
für  Gynäkologie  1893. 

2)  Lott,  Zur  Anatomie  und  Physiologie  der  Cervix  uteri.   Erlangen,  1872. 

3)  Franque,  0.  v.»  Cervix  und  unteres  Uterinsegment.    Stuttgart,  Enke.   1897. 

4)  Winter,  G.,  Lehrbuch  der  gynäkologischen  Diagnostik.  2.  Aufl.  Leipzig, 
1897.  —  Abel,  K.,  Die  mikroskopische  Technik  und  Diagnostik  in  der  gynäkologischen 
Praxis.  Berlin,  1895.  8.  2.  Aufl.  1898.  —  Amann  jun.,  J.  A.,  Kurzgefasstes  Lehrbuch 
der  mikroskopisch-gynäkolog.  Diagnostik.   Wiesbaden,  1896.  8. 


Gebärmutter:  Beziehungen  zum  Bauchfelle.  471 

Bezlehnngren  des  Uterus  zum  Bauchfelle. 

Der  grösste  Tlieil  der  Gebärmutter  wird  in  einer  sehr  bemerkenswerthen 
Weise  von  der  visceralen  Beckenserosa  überkleidet.  Verfolgen  wir  den  Weg  des 
Bauchfelles  von  hinten  nach  vorn^  so  überzieht  dasselbe,  aus  dem  Douglas 'sehen 
Räume  aufsteigend,  den  obersten  Abschnitt  der  hinteren  Scheidenwand,  die 
hintere  Wand  der  Pars  supravaginalis  cervicis,  die  hintere  Fläche  des  Corpus, 
den  Fundus  und  die  vordere  Fläche  des  Corpus  uteri.  Der  Regel  nach  geht 
vorn  das  Bauchfell  in  der  Gegend  des  inneren  Muttermundes,  also  an  der 
Grenze  zwischen  Corpus  und  Cervix,  durch  Umschlag  auf  die  hintere  Blasenwand 
über,  in  der  Tiefe  der  Excavatio  vesicouterina  (s.  liicrzu  die  Figg.  76,  81, 
81a).  Selten  reicht  bei  Nulliparen  vorn  das  Bauchfell  tiefer  herab,  sodass  noch 
ein  Theil  der  vorderen  Fläche  der  Pars  supravaginalis  cervieis  serös  bekleidet 
ist;  häufiger  kommt  das  bei  Multiparen  vor.  In  einzelnen  Fällen  reichte  das 
Bauchfell  bis  auf  die  vordere  Scheiden  wand  ^)  (s.  Figg.  94  und  103). 

An  beiden  Seiten  geht  das  Bauchfell,  eine  Duplikatur  bildend,  als  Liga- 
mentum latum  (s.  w.  u.)  auf  die  Adnexa  uteri  über  und  fasst  zugleich  die  zu 
der  Gebärmutter  tretenden  Gefässe  und  Nerven  in  diese  Duplikatur  ein. 

Dem  Gesagten  zufolge  bleiben  gewöhnlich  bauchfellfrei:  die  beiden 
Seitenränder  des  Uterus,  die  vordere  Fläche  und  der  Seitenrand  der  Cervix 
uteri  und  die  Portio  vaginalis.  Die  Seitenränder  und  die  freibleibende  Pars 
supravaginalis  sind  von  Bindegewebe  bekleidet,  zum  Theil  indessen  durch  die 
Verwachsung  mit  der  Scheidenwand  gedeckt;  an  allen  diesen  Theilen  treten 
die  Gefässe  und  Nerven  und  sonstigen  Anhangsgebilde  zu  und  ab.  Die  Portio 
vaginalis  dagegen  ist  von  Schleimhaut  überzogen  und  bleibt  von  zutretenden 
Theilen  frei. 

Sehr  wichtig  ist  die  Befestigung  des  Bauchfelles  am  Uterus.  Man 
kann  im  allgemeinen  sagen,  dass  die  Serosa  am  Fundus  und  am  grössten  Theile 
des  Corpus  uteri  untrennbar  fest  anliegt.  Sie  ist  hier  auch  sehr  dünn  und  es  fehlt 
eine  Subserosa,  so  dass  es  aus  all  diesen  Gründen  nicht  gelingt,  das  Bauchfell 
von  dem  Myometrium  abzupräpariren,  wie  das  z.  B.  an  der  Magen-  und  Darmwand 
so  leicht  möglich  ist.  Infolge  dieser  straffen  Befestigung  gewinnt  die  gesunde 
üterinwand  eine  sehr  glatte  Oberfläche,  so  dass  sie  leicht  gegen  die  Nachbar- 
organe verschieblich  wird. 

An  der  Cervix  (hintere  Fläche)  ist  ein  reichliches  subseröses  Gewebe  vor- 
handen. Hier  kann  das  Bauchfell  leicht  in  einer  Falte  erhoben  werden,  es 
kann  stumpf,  oder  mit  dem  Messer  abpräparirt  werden  und  es  können  sich 
hier  Ergüsse  ansammeln  oder  Oedeme  ausbilden. 

Bemerkenswerth  ist  nun  das  Vorhandensein  einer  intermediären  Zone  an 
der  vorderen  und  hinteren  Corpusfläche,  wo  zwar  das  Bauchfell  nicht  mehr  in  einer 
Falte  erhebbar  ist,  jedoch  noch  abpräparirbar  bleibt,  sodass  es  bei  Operationen 
noch  stumpf  zurückgeschoben  werden  kann.     Die  Grenze  dieses  relativ  lockeren 


1)  Vgl.  hierzu  die  von  0.  v.  Franqu6  gegebene  Zusammenstellung  I.e.  S.  95ff. 


472  Gebärmutter:  Parametrium,  Gefässe. 

Bauchfellbezuges  gegen  den  absolut  festen  ist  vom  und  hinten  verschieden,  und 
da  die  Seitenränder  überhaupt  nur  locker  mit  dem  Bauchfelle  verbunden  sind, 
so  muss  die  Grenzlinie  die  Gestalt  einer  Mondsichel  haben,  deren  beide  Spitzen 
an  den  Abgangsstellen  der  Adnexa  uteri  liegen,  während  der  Sichelscheitel  zur 
Cervix  (nach  unten)  gewendet  ist.  Hinten  reicht  der  konvexe  Bogen  der  Sichel 
tiefer  herab,  so  dass  man  dort  weniger  weit  nach  oben  das  Bauchfell  zurück- 
schieben kann.  Die  beiden  Sichelspitzen  enden  hier  an  den  Abgangsstellen  der 
Ligamenta  ovarii.  Vorn  ist  der  Bogen  weit  flacher,  und  die  Sichelspitzen  liegen 
an  den  Abgangsstellen  der  Ligamenta  teretia.  Vorn  mag  der  Einfluss  der 
regelmässig  sich  füllenden  und  leerenden  Blase,  welche  dem  Uterus  unmittelbar 
anliegt,  zur  grösseren  Ausbreitung  des  lockeren  Anheftungsgebietes  beitragen. 

Parametrium. 

Unter  Parametrium  versteht  man  seit  ß.  Vir  chow  I.e.  [S.465])  das- 
jenige Bindegewebe,  welches  den  supravaginalen  Theil  der  Cervix  uteri  um- 
gibt und  sich  an  den  Seitenrändern  desselben  mit  den  Gefässen  bis  zur  Ab- 
gangsstelle der  Adnexa  hinauf  erstreckt. 

Dies  Gewebe  bildet  ein  Stück  des  Beckenbindegewebes  und  gehört  speciell 
dessen  subserösem  Antheile  zu.  Dies  Bindegewebe  ist  eigenthümlicher  Art, 
insofern  sich  festere  und  lockere  Theile  in  ihm  unterscheiden  lassen.  Die 
festeren  Züge  begleiten  namentlich  die  grösseren  Gefässstämme,  insbesondere 
die  Arteria  uterina,  welche  von  ihnen,  wie  von  einem  Maschenwerke  umstrickt 
wird.  Dazwischen  liegen  lockerer  gefügte  Massen,  welche  bei  normal  genährten 
Frauen  regelmässig  mehr  oder  weniger  Fett  enthalten.  Bei  hoher  Abmagerung 
nimmt  dieses  Gewebe  den  bekannten  oedematös-gallertigen  Zustand  an. 

Das  Parametrium  zeigt  hauptsächlich  Verbindungen  mit  dem  paravaginalen, 
paravesikalen  und  pararektalen  Bindegewebe  und  erstreckt  sich  längs  der  Arteria 
uterina  und  dem  Ureter,  an  der  Basis  der  Ligamenta  lata,  zur  seitlichen  Becken- 
wand. (Wir  kommen  auf  das  Parametrium  bei  der  allgemeinen  Besprechung  des 
Beckenbindegewebes  noch  zurück.) 

OefUsse  des  Utenui. 

Während  gewöhnlich  der  Uterus  sein  Blut  aus  den  Vasa  hypogastrica 
bezieht,  resp.  an  diese  abgibt,  —  A.  u.V.  uterina  —  kommen  als  Varianten  ^) 
und  unter  besonderen  Verhältnissen,  vor  allem  bei  der  Gravidität,  noch  zwei 
andere  Gefässe  in  Betracht:  die  Vasa  ovarica  aus  der  Aorta  abdominalis 
resp.  Vena  cava  inf.  und  die  Vasa  spermatica  externa  aus  den  Vasa 
epigastrica  inferiora  (iliaca  externa). 

Diese  Gefässe  kommen  wegen  ihrer  Anastomosen  mit  den  Vasa  uterina 
in  Frage.  Für  gewöhnlich  wird  durch  diese  Anastomosen  Blut  von  den  Uterin- 
gefässen  in  die  beiden  genannten  anderen  Gefässzüge  geleitet;  es  kann  aber 
auch  das  Umgekehrte  eintreten. 


1)  Hyrtl,  Die  Korrosions-Anatomie  und  ihre  Ergebnisse.    Wien,  1873.  Taf.  XII 
und  Fred  et,  1.  c.  inf,  Fig.  9.  S.  96. 


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474  Gebärmutter:  Arterien. 

Arterien  des  Uterus.  Die  Arteria  uterina  entspringt  aus  dem  vorderen 
Hauptaste  der  Arteria  hypogastrica,  meist  in  dessen  Mitte.  Bei  ihrem  Ursprünge 
liegt  sie  dicht  an  der  Nabelarterie,  oder  es  findet  sich  für  beide,  entsprechend 
der  Thatsache,  dass  beim  Fötus  und  Neugeborenen  die  A.  uterina  als  Ast  der 
Art.  umbilicalis  erscheint,  ein  kurzer  gemeinsamer  Stamm ;  sie  kann  aber  auch 
mit  der  unteren  Blasenarterie  zusammenliegen  oder  mit  der  Pudenda  interna. 
Sie  steigt  zunächst  an  der  seitlichen  Beckenwand  hinab  in  Begleitung  der  Vena 
uterina,  wobei  sie  lateralwärts  vom  Ovarium  und  unterhalb  desselben  im  unteren 
hinteren  Rande  der  Fossa  ovarica  und  dicht  vor  dem  Ureter  gelegen  ist  ^).  Der  letz- 
tere liegt  dabei  mclir  median,  d.  h.  näher  dem  Peritonäum,  die  Arterie  näher  der 
Beckenwand,  Dann  tritt  sie  4 — 5  cm  unterhalb  ihres  Ursprunges  in  die  Basis  des 
Ligamentum  latum  ein  und  wendet  sich  medianwärts  zum  Uterus.  Dabei  muss  an 
diesem  Wendepunkte  eine  Kreuzung  mit  dem  Ureter  stattfinden,  einmal,  weil  die 
Arterie  bisher  lateral  vom  Ureter  lag  und  nun  medianwärts  zum  Uterus  ab- 
biegt und  zum  andern,  weil  sie  hier  in  ihrem  Laufe  nach  vorn  innehält,  während 
der  bislang  hinter  ihr  gelegene  Ureter  nach  vorn  und  abwärts  weiter  zieht. 
Aus  diesen  Verhältnissen  folgt  unmittelbar,  dass  bei  der  Kreuzung  die  Arterie 
fast  quer  und  oberhalb  des  Ureter  weggeht  (Fig.  88c).  Die  Kreuzungs- 
stelle, einer  der  wichtigsten  topographischen  Punkte  des  weiblichen  Beckens, 
liegt  ungefähr  in  der  Höhe  der  Portio  vaginalis  im  Mittel  2  cm  vom  Uterus- 
rande entfernt.  Nunmehr  zieht  die  A.  uterina  in  kurzem,  nahezu  horizontalem 
Laufe  zur  Pars  supravaginalis  cervicis  uteri.  Ihren  ersten  Hauptast,  den  ab- 
wärts verlaufenden  Ramus  cervicovaginalis  gibt  sie  in  der  Regel  in 
der  Nähe  der  Ureterkreuzung  ab,  manchmal  auch  schon  lateralwärts  von  der- 
selben, manchmal  medianwärts.  Der  Stamm  der  Uterina  läuft  nun  am  Seiten- 
rande der  Gebärmutter  entlang  zum  Fundus  uteri.  Bei  Multiparen  zeigt  er  auf 
dieser  Strecke  starke  Windungen,  die  von  einem  reichen  Venennetze  umsponnen 
sind.  An  der  Abgangsstelle  des  Ligamentum  ovarii  zerfällt  das  Gefäss  in  seine 
Endzweige,  in  einen  Ramus  tubarius,  einen  Ramus  ovarii  und  in  einen 
oder  mehrere  Rami  fundi  uteri  (s.  Fig.  87). 

Wenn  die  Autoren ,  z.  B.  Broeckaert,  von  einer  Pars  descendens, 
intermedia,  ascendens  und  transverflalis  sprechen ,  so  gelten  die  letz- 
teren Bezeichnungen  nur  für  den  Fall,  dass  die  Gebärmutter  ihre  gewöhnliche  Lage 
verlassen  hat  und  mehr  senkrecht  im  Becken  steht  oder,  zur  Erleichterung  der  Ueber- 
sieht,  in  schulmässiger  Weise  gerade  gestreckt  gedacht,  bezw.  gezeichnet  ist,  wie  in 
Fig.  87.  Für  die  getreue  Lage  der  Arteria  uterina  wolle  man  die  Figuren  51,  83 
und  88c  vergleichen.  Wenn  Uterus,  Eierstock  und  Tube  in  der  typischen  Lage  sich 
befinden,  so  kann  am  Corpus  uteri  von  einer  Pars  ascendens  der  Arterie  nicht  die 
Rede  sein;  auch  für  Eierstock  und  Tube  trifft  der  Name  „Pars  transversalis"  nur  für 
eine  kleine  Strecke  zu. 

Die  Endäste,  d.  i.  der  Ramus  tubarius,  und  der  Ramus  ovarii,  können  auch  mit 
einem  gemeinsamen  Stamme  entspringen.    Zuweilen   findet  man   einen,   stärkeren, 


1)  Vergl.  die  Abbildungen  zu:  Waldeyer,  W.,  Topographical  sketch  of  the 
lateral  wall  of  the  pelvic  cavity,  with  special  reference  to  the  ovarian  Groove.  The 
Journ.  of  anatomy  etc.  Vol.  XXXII.  P.  1.  Plate  1.  1897. 


Gebärmutter:  Arterien.  475 

Ramus  fundi,   zuweilen  mehrere,   in  die  sich  das  Ende  der  Arteria  uterina  gleichsam 
auflöst. 

Von  einem  Arterienkranze  in  der  Gegend  des  inneren  Muttermundes,  dem  so- 
genannten Circulus  arteriosus  Huguieri,  kann  als  einer  besonders  er- 
wähnenswerthen  und  beständigen  Bildung  nicht  gesprochen  werden. 

Der  Ramus  tubarius  ist  der  vordere  Endzweig;  er  zieht  unterhalb  und  vor 
dem  Ligamentum  ovarii  zur  Abgangsstelle  der  Tube,  an  deren  unterem  Rande  er 
dann  entlang  läuft.  Er  entsendet  auch  Zweige  zum  Eierstocke,  Nebeneierstocke,  und 
zum  Ligamentum  latum.  Der  Ramus  ovarii  ist  der  stärkere;  er  zieht  am  Lig. 
ovarii  und  Hilus  ovarii  entlang,  beiden  Zweige  sendend.  Beide  Endzweige  anasto- 
mosiren  mit  der  Arteria  ovarica  und  unter  sich. 

Vom  Stamme  der  Arteria  uterina  werden  noch  folgende  bemerkenswerthe  Aeste 
abgegeben :  l)Rami  ligamentilati;  diese  kommen  auch  noch  von  den  Rami 
tubarii  (für  die  Mesolsalpinx)  und  ovarii.  2)  Ein  kleiner  Ramus  Ureter  is,  welcher 
an  die  Ureter-Kreuzung  herantritt  und  rückläufig  weiterzieht  (Nagel  1.  c).  3)  Ein 
Ramus  lig amenti  teretis;  dieser  anastomosiert  mit  der  Art.  spermatica  externa 
(Art.  epigastrica  inferior).  4)  Rami  ve  s  i  c  a  1  e  s  für  die  hintere  Blasenwand  i).  Zwi- 
schen den  Aesten  der  Art.  uterina  im  Ligamentum  latum  und  am  Uterus  derselben 
Seite,  sowie  auch  am  Uterus  beider  Seiten,  bestehen  reichliche  Anastomosen;  solche 
kommen  auch,  wie  bemerkt,  zwischen  den  Rami  tubarii  und  ovarii  vor.  Die  beider- 
seitigen Anastomosen  verlaufen  am  Uterus  im  ganzen  quer  (s.  die  Abbildungen  von 
Broeckaert,  Nagel  und  insbesondere  von  D  a  v  i  d  s  o  h  n  (1.  1.  c.  c).  Es  finden 
sich  aber  auch  längslaufende  Anastomosen.  Nach  Nagel's  Angabe,  welche  ich  be- 
stätigen kann,  liegt  die  stärkste  Queranastomose  an  der  hinteren  Uteruswand  in  der 
Höhe  des  Tubenwinkels;  überhaupt  sind  die  Aeste  der  hinteren  Wand  etwas  stärker 
als  die  der  vorderen. 

Wichtig  ist  die  Angabe  D  a  v  i  d  s  0  h  n's  und  N  a  g  e  l's,  der  ich  zustimme,  dass 
das  ganze  Corpus  uteri  in  gleichmässiger  Weise  durch  quere  Seitenäste  versorgt 
werde,  so  dass  ein  Unterschied  zwischen  einem  unteren  Corpusabschnitte  und  einem 
oberen  in  dieser  Beziehung  nicht  besteht;  natürlich  sind  die  Zweige  unten,  am 
schmaleren  Corpnstheile  und  auch  an  der  Cervix  nicht  so  stark,  wie  an  dem  massi- 
veren oberen  Abschnitte;  ihre  Zahl  hingegen  und  die  Abstände,  in  denen  sie  ent- 
springen, zeigen  keine  Verschiedenheit.  Man  vergl.  hierzu  inbesondere  die  Abbildungen 
von  Davidsohn  und  die  auch  für  Lagebeziehungen  sehr  instruktiven  Figuren  in 
dem  anatomischen  Atlas  von  Toi  dt.  Lief.  VI,  S.  589  und  590  (Figg.  965  u.  966)  1898. 
Die  Anastomose  zwischen  der  Arteria  ovarica  von  der  Aorta  und  der  Arteria 
uterina  wird  hauptsächlich  durch  den  Ramus  ovarii  der  letzteren  vermittelt;  es  ist, 
wie  Nagel  mit  Recht  angibt,  gar  nicht  möglich  zu  sagen,  wo  die  eine  Arterie  — 
ovarica  aortae  —  beginnt  und  die  andere  —  Ramus  ovarii  art.  uterina e  —  aufhört. 
Es  handelt  sich  um  ein  typisches  Beispiel  einer  „Anastomose  k  plein  canal"^).  (S.  Fig.  87.) 
Das  ist  nicht  so  beim  Embryo,  bei  welchem  die  Art.  ovarica  aortae  einzig  und  allein 
das  Ovarium  und  die  Art.  uterina  den  Uterus  versorgt;  die  Anastomose  stellt  sich 
erst  später,  nach  dem  Descensus  ovarii  her. 

Zwei  Punkte  von  hervorragender  topographischer  und  praktisch- anato- 
mischer Wichtigkeit  sollen  bei  der  Arteria  uterina  nochmals  besonders  hervor- 
gehoben sein:  es  ist  das  ihre  Kreuzung  mit  dem  Ureter  und  die  Thatsache, 
dass  sie  bei  jugendlichen  Individuen  —  s.  insbesondere  Broeckaert  — 
während  sie  am  Seitenrande  des  Uterus  zum  Tubenwinkel  verläuft,  noch  V2~~l  c™ 


1)  Ricard,  De  quelques  rapports  de  Tut^rine  et  de  Turet^re.   Semaine  m^dicale. 
Paris  1887.  p.  39. 

2)  Testut,  Trait^,  III.  6dit.  1.  c.  [S.  137].  S.  604. 


476  Gebärmutter:  Venen. 

vom  Uterus  entfernt  liegt;  an  der  Cervix  und  am  unteren  XJterinsegmente  liegt 
sie  weiter  ab,  als  am  oberen.  Nach  wiederholten  Geburten  nähert  sie  sich 
dem  Uterusrande;  es  nehmen  dann,  wie  bemerkt,  auch  die  Windungen  zu  und 
die  Arterie  ist  bei  Operationen  schwerer  vom  Uterus  zu  trennen.  —  Ueber  die 
Lage  zum  Ureter  geben  die  Figuren  83,  87  und  88  c  Auskunft.  Man  sieht 
daraus,  und  aus  dem  vorhin  Gesagten,  dass  man  beim  Herabziehen  der  Gebär- 
mutter durch  das  Scheidengewölbe  (bei  der  vaginalen  Exstirpatio  uteri)  die 
Arteria  uterina  schlingenförmig  über  den  Ureter  hinbiegt  ^). 

Venen  des  Uterus,  Die  Venen  der  Gebärmutter  sind  äusserst  zahlreich, 
sehr  dünnwandig,  so  dass  sie  auf  Durchschnitten  wie  Spalträume  erscheinen,  ähn- 
lich den  Sinus  durae  matris.  Sie  treten  von  der  vaskulären  Schicht  der  Uterus- 
muskulatur als  schon  grössere  Stämme  sämtlich  an  die  Seitenränder  des  Organes, 
wo  sie  einen  starken  die  Windungen  der  A.  uterina  umstrickenden  Plexus  bilden. 
Dieser  Plexus  geht  abwärts  ohne  scharfe  Grenze  in  den  venösen  Plexus  der 
hinteren  und  seitlichen  Scheidenwand  über.  Dieses  gesamte  Venengeflecht 
bezeichnen  wir  als  Plexus  utero  vaginalis.  Von  ihm  aus  sammeln  sich 
beiderseits  in  der  Höhe  des  äusseren  Muttermundes  die  Venae  uterinae. 
Diese  begleiten  anfangs  die  Arteria  uterina  in  doppelter  Zahl;  eine  derselben 
pflegt  mit  der  Arterie  vor  dem  Ureter,  die  andere  hinter  demselben  herzulaufen 
(s.  Figg.  83,  87  und  88  c).  Der  gemeinsame  Stamm  der  Vena  uterina  oder 
auch,  falls  sie  getrennt  bleiben,  beide  Venae  uterinae,  fliessen  dann  gewöhnlich 
mit  den  Sammelvenen  des  Plexus  vesicovaginalis  zu  einem  gemeinschaft- 
lichen Stamme  zusammen,  der  oft  auch  noch  die  Vena  obturatoria  aufnimmt 
und  dann  in  die  Vena  hypogastrica  einmündet,  deren  stärksten  Zufluss  er  unter 
diesen  Verhältnissen  bildet  (vgl.  hierzu  Figg.  51  —  für  den  Plexus  vesico- 
vaginalis —  und  83  u.  88  c). 

Die  Venae  uterinae  nehmen  auch  die  Venen  des  Ligamentum  latum  auf,  zwischen 
dessen  Blättern  sie  verlaufen,  siehe  Fig.  87  rechte  Seite.  Sie  haben  ferner  Verbin- 
dungen mit  den  Venen  des  Ligamentum  teres  und  durch  diese  mit  den  Venen  der 
Bauchhaut  und  der  äusseren  Geschlechtsorgane,  ferner  mit  den  Venen  der  Tube  und 
des  Ovarium  und  dadurch  mit  den  Venae  ovaricae  (Vena  cava  inferior  und  V.  renalis). 
Endlich,  wie  aus  dem  Gesagten  bereits  hervorging,  mit  den  Venen  der  Blase  und  der 
Scheide,  durch  diese  wieder  mit  den  Venen  des  Beckenbodens,  des  Rectum  und  der 
äusseren  Genitalien  (vergl.  hierzu  Figg.  83,  87  und  das  Kapitel:  venöse  Beckenplexus 


1)  Ueber  die  Arteria  uterina  vergleiche:  Broeckaert,  Jules,  Contribution  k 
r6tude  de  Tartöre  ut6rine.  Ann.  de  la  Soc.  de  M6d.  de  Gand.  1892.  —  Davidsohn,  S., 
Ueber  die  Arteria  uterina,  insbesondere  über  ihre  Beziehungen  zum  unteren  Uterin- 
segment. Morpholog.  Arbeiten,  herausgegeben  von  G.  Schwalbe.  Jena,  1893.  — 
Benckiser  u.  Hofmeier,  Beiträge  zur  Anatomie  des  schwangeren  und  kreissenden 
Uterus.  Stuttgart  1887.  —  Fredet,  P.,  Quelques  recherches  sur  les  Art^res  de  l'ut^rüs. 
Journ.  de  l'anat.  et  de  la  physiolog.  Nr.  L  1898.  S.  79.  —  Soul  ige  ux,  Gh.,  Art^res 
et  veines  de  l'ut^rus  et  de  Fovaire.  Bulletin  de  la  Societ6  anatomique  de  Paris. 
LXIXe  aunee.  1894.  S.  831.  —  Nagel,  W.,  Die  weiblichen  Geschlechtsorgane.  Jena, 
Fischer  1896  (S.  32)  in:  „Handbuch  der  Anatomie  des  Menschen,  herausgegeben  von 
K.  von  Bar  de  leben."  Bd.  VIL  —  Nag-el,  W.,  Beitrag  zur  Anatomie  der  weiblichen 
Beckenorgane.   Archiv  für  Gynäkologie.  Bd.  53.  1897. 


Gebärmutter:  Lymphgeßlsse.  477 

beim  Weibe).   —   Die   Klappen    dieser  Venen    sind   überall   nur   unvollständig    ent- 
wickelt. 

Hennigi)  legt  Gewicht  auf  die  sogenannte  „Ringvene**  des  Uterus,  welche 
sich  in  der  Gegend  des  inneren  Muttermundes  finden  soll.  In  der  That  sieht  man 
häufig  dort  auf  Längsschnitten  ein  grösseres  venöses  Gefäss  klaffen;  ob  dasselbe  aber 
stets  ringförmig  herumgeht,  ist  nicht  erwiesen;  auch  ist  es  nicht  konstant.  Die  grössten 
Venen  der  Uteruswand  befinden  sich  subserös  an  der  hinteren  Fläche,  wo  sie  im  all- 
gemeinen stärker  entwickelt  sind  als  vorn. 

Lymphgefässe  des  Uterus.  Die  Wurzeln  der  Lymphgefässe  sind  an 
drei  Stellen  der  Gebärmutter  zu  suchen:  in  der  Mucosae  in  der  Museularis 
und   im  Peritonaeum  nebst  der  subperitonaealen  Schicht. 

In  der  Mucosa  sind  bisher  deutliche  röhrenförmige  Lymphkapillaren  mit  Sicher- 
heit nicht  nachgewiesen  worden.  Nach  den  Angaben  von  P  o  i  r  i  e  r  und  S  a  p  p  e  y 
gelang  es  zwar  einige  Male  in  der  Cervixschleimhaut  ein  Netzwerk  im  Zusammen- 
hange mit  grösseren,  echten  Lymphbahnen  zu  injiciren,  welches  sich  eine  Strecke 
weit  in  die  Mucosa  corporis  ausbreitete.  P  o  i  r  i  e  r  vermochte  jedoch  dies  Netz  an 
seinen  Präparaten  nicht  zu  konstatiren.  Beide  Autoren  arbeiteten  mit  Quecksilber.  — 
B  r  u  h  n  s ,  welcher  die  neuen ,  von  G  e  r  o  t  a*  angegebenen,  Massen  verwendete ,  er- 
zielte in  der  Mucosa  weder  des  Corpus  noch  des  Collum  eine  Injection  isolirbarer 
Lymphkapillaren,  während  es  leicht  gelang  solche  in  der  Museularis  und  Serosa  zu 
füllen.  Leopold  war  auf  Grund  seiner  Injektionen  zu  der  Ansicht  gekommen,  dass 
isolirbare  Lymphkapillaren  in  der  Mucosa  überhaupt  nicht  vorhanden  seien,  sondern 
Hess  die  Lymphe  dort  in  wandungslosen  Räumen  zwischen  den  Rundzellen  des  Inter- 
glandulargewebes  sich  sammeln.  Die  platten  Zellen  des  Gerüstes  vergleicht  er  endo- 
thelialen Scheiden-Zellen  und  findet  solche  in  vollständigerem  Zusammenschlüsse  ins- 
besondere auf  den  Wandungen  der  Blutgefässe  und  der  Drüsen.  Letztere  beide 
Bildungen  würden  daher,  wenigstens  theilweise,  in  Lymphscheiden  eingebettet  sein  und 
die  ganze  Anordnung  der  Dinge  würde  der  beim  Hoden  beschriebenen  ähnlich  sein.  — 
Da  gegen  das  Epithel  hin  und  um  die  Drüsen  eine  Basalmembran  vorhanden  ist,  so 
wäre  damit  eine  weitere  Absperrung  der  wandungslosen  Lymphbahnen  gegen  die 
Lumina  uteri  gegeben.  Ich  bin  geneigt  der  Ansicht  Leopol d's  beizutreten,  dessen 
Präparate  ich  seinerzeit  einsehen  konnte^). 

Die  Lymphwurzeln  und  die  feineren  Lymphgefässe  in  der  Museularis  uteri 
sind  ebensowenig  genau  bekannt,  wie  sonst  in  der  glatten  Muskulatur.  Vor  allen 
Dingen  ist  ihr  Verhältniss  zu  den  Blutgefässen  noch  näher  zu  eruiren.  Bei  Einstich- 
injektionen in  die  Wand  von  Gebärmüttern,  deren  Blutgefässe  vorher  nicht  injicirt 
waren,  bleibt  man  bezüglich  der  Wandungen  feinerer  Lymphgefässe  stets  Täuschungen 
ausgesetzt.  Leopold  nimmt  in  der  Museularis  sowohl  Lymphspalten  als  isolirbare 
Lymphröhren  an.  —  Die  serösen  und  subserösen  Lymphgefässwurzeln  sind  dieselben 
wie  sie  von  v.  Recklinghausen  und  Anderen  in  den  serösen  Häuten  überhaupt 
nachgewiesen  worden  sind. 

Nach  Einstichinjektionen  in  die  Schleimhaut  kann  man  von  da  aus  leicht 
Lymphgefässe  in  der  Museularis  injiciren  und  ebenso  gelingt  die  Injektion  der 
letzteren  durch  Einstich  in  die  Museularis  selbst,  und  von  hier  aus  auch  die  Injektion 
der  subserösen  und  serösen  Lymphbahnen  an  der  ganzen  damit  versehenen  Oberfläche 
des  Uterus.  Sonach  hängen  die  Lymphbahnen  sämtlicher  drei  Uterusschichten  innig 
zusammen.    Die  Lymphgefässe  der  Museularis  cervicis   bilden   ein  feineres 


1)  Hennig,  C,  Ueber  die  Uterusvenen  in  normaler  und  in  pathologischer  Hin- 
sicht.  Virchow's  Archiv  für  patholog.  Anatomie.  Bd.  131.  S.  509.  1$93. 

2)  Leopold,  G.,  Die  Lymphgefässe  des  normalen,   nicht   schwangeren  Uterus. 
Archiv  für  Gynäkologie.  Bd.  VI.  1874. 


478  Gebärmutter:  Lymphgefässe. 

Netz  als  die  des  Corpus  uteri.  Bruhns  giebt  an,  dass  die  feinen  Lymphgefässe  weit 
reichlicher  in  der  Muscularis  vorhanden  seien,  als  die  feinen  Blutgefässe.  Erstere  soll 
man  durch  die  netzförmige  Verzweigung  leicht  von  den  baumförmig  verzweigten 
feineren  Blutgefässen  unterscheiden  können. 

Wichtig  sind  die  von  A.  Seelig ^)  durch  das  Studium  der  Ausbreitung  von 
Krebsgeschwülsten  gewonnenen  Erfahrungen  über  das  Verhalten  der  feineren  und 
gröberen  Lymphbahnen  in  der  Uteruswand  selbst.  Demnach  liegen  in  der  Muscu- 
laris uteri  zahlreiche  grössere  Lymphgefässe,  zusammen  mit  den  grösseren  Blut- 
bahnen der  mittleren  und  äusseren  Muskelschicht;  durch  diese  Lymphstrasse  wird 
auch  die  Verbindung  zwischen  den  Lymphgefässen  der  Cervix  und  des  Corpus 
hergestellt.  Ferner  ergab  sich,  dass  die  Lymphgefässe  in  den  inneren  Schichten 
der  Muskulatur,  gegen  die  Schleimhaut  hin,  erheblich  enger  sind  als  die  eben- 
genannten. Auch  die  von  Abel  und  Landau  2)  erwähnten  perivaskulären 
Lymphbahnen  in  der  Uteruswand  scheint  Seelig  anzunehmen;  ich  habe  mich  an 
Abel's  Präparaten,  sowie  an  eigenen,  gleichfalls  von  ihrer  Existenz  überzeugt. 

Ueber  die  gröberen  Lyipph bahnen  der  Gebärmutter  sind 
wir  jetzt  durch  die  Untersuchungen  insbesondere  von  Sappe y,  Poirier  und 
Bruhns  gut  unterrichtet^).  Zunächst  mag  erwähnt  sein,  dass  wir  die 
stärksten  Netze  und  grösseren  subserösen  Stämme,  ähnlich  den  Venen,  an  der 
hinteren  Wand,  insbesondere  in  der  Nähe  des  Abganges  der  Adnexa 
uteri  antreffen.  Hier  finden  sich  zum  Theil  recht  weite  Lymphgefässe.  Ferner 
verlaufen  stärkere  Lymphgefässstämme  mit  den  Arterien  und  Venen  an  den 
Seitenwänden  der  Gebärmutter. 

Die  von  dem  Organe  abtretenden  Lymphgefässstämme  schildere  ich  nach 
den  Angaben  von  Bruhns,  der  seine  Untersuchungen  im  Berliner  anatomischen 
Institute  anstellte.  Die  Ergebnisse  derselben  stimmen  im  wesentlichen  mit 
denen  Poirier's  tiberein.  Wir  können  demnach  die  Uteruslymphgefässe  ein- 
theilen  in  die  der  Cervix  und  die  des  Corpus  uteri. 

Von  der  Cervix  gehen  2—3  Aeste  zu  denjenigen  Lymphoglandulae 
hypogastricae  (s.  S.  251),  welche  im  Winkel  zwischen  A.  iliaca  externa 
und  A.  hypogastrica  gelegen  sind.  Die  Lymphgefässe  der  Vaginalschleimhaut 
ziehen  zu  denselben  Drüsen  und  zwar  zu  den  unteren.  Einmal  sah  Bruhns 
auch  ein  Lympbgefäss  von  der  Cervix  zu  der  untersten  Drüse  dieser  Gruppe 
verlaufen. 

1)  Seelig,  A.,  Pathol.  anat.  Untersuchungen  über  die  Ausbreitungswege  des 
Gebärmutterkrebses.  Dissert  inaug.  Strassburg,  1894.  (Aus  v.  Recklinghausen 's 
Laboratorium.) 

2)  Landau,  Th.,  und  Abel,  K.,  Beiträge  zur  normalen  u.  pathol.  Anatomie 
des  Gebärmutterhalses.    Arch.  f.  Gynäkol.  Bd.  38.  1890. 

3)  Sappey,  Ph.,  1.  c.  [S.  88].  —  Poirier,  P..  Lymphatiques  des  organes  ge- 
nitaux  de  la  femme.  Progr^s  medical.  1889.  IL  p.  491  ff.  —  Ferner:  Derselbe,  Du 
röle  des  lymphatiques  dans  les  inflammations  de  l'ut^rus,  des  annexes  et  du  p^ritoine 
pelvien.  Progr^s  medical.  1890.  L  p.  41  ff.  —  Bruhns,  C,  Ueber  die  Lymphgefässe 
der  weiblichen  Genitalien  nebst  einigen  Bemerkungen  über  die  Topographie  der 
Leistendrüsen.  Archiv  für  Anatomie  und  Physiologie.  Anat,  Abth.  S.  57.  1898.  (Mit 
Litteratur.) 


Gebärmutter:  Nerven.  479 

In  zwei  Fällen  fand  Bruhns  die  von  Sappey  beschriebene  ut ero- 
vaginale Lymphdrüse,  welche  dicht  am  Collum  uteri  in  der  Nähe  des 
Scheidenansatzes  im  Ligamentum  latum  gelegen  ist. 

Vom  Corpus  uteri  ziehen  zunächst  zwei  oder  mehrere  Aeste  zu  den 
eben  genannten  Lymphoglan du  lae  hypogastricae,  und  zwar  zu  den 
oberen  Drüsen  der  Gruppe.  Zwei  weitere  Lymphstämme  begeben  sich  am 
oberen  Rande  des  Ligamentum  latum  entlang  zum  Lymphgefässgeflechte  des 
Ovarium^  von  diesem  längs  der  Vasa  ovarica  zu  den  mittleren  Lympho- 
glandulae  lumbales  (S.  251),  und  zwar  zu  denjenigen,  welche  in  der 
Höhe  des  unteren  Nierenendes  gelegen  sind. 

Endlich  finden  sich  Lymphgefässstämme,  welche  sich  mit  denen  der 
Tuben  (s.o.)  und  mit  denen  der  Ligamenta  teretia  in  Verbindung  setzen; 
letztere  Hessen  sich  bis  zu  den  Leistendrüsen  verfolgen,  und  zwar  zu  den 
oberen,  —  In  einem  Falle  fand  Bruhns  eine  kleine  Lymphdrüse  an  der 
Arteria  uterina,  dort  wo  sie  den  Ureter  kreuzt.  Es  zog  ein  Lymphgefäss  zu 
ihm  vom  Corpus  uteri. 

Sappey  gibt  noch  an,  dass  vom  Collum  uteri  Lymphgefässe  zu  Ljunphdrüsen 
ziehen,  welche  zwischen  Os  sacrum  und  Arteria  hypogastrica,  also  an  deren  medialer 
Seite,  gelegen  sind.  Häufig  fand  er  auch  ein  Lymphgefäss,  welches  vor  dem  Kreuz- 
beine zu  einer  Drüse  vor  dem  fünften  Lendenwirbel  zog,  ferner  einen  Lymphstamm, 
der  vom  Uterus  über  die  Vasa  iliaca  communia  zu  qiner  grossen  Drüse  an  deren 
Aussenseite  verlief. 

Ebenso  wie  bei  den  Venen  haben  wir  bei  den  Lymphbahnen  des  Uterus  den 
Zusammenhang  derselben  mit  den  benachbarten  Lymphgefässplexus  hervorzuheben, 
insbesondere  mit  denen  der  Scheide  und  durch  diese  mit  denen  des  Rectum  —  s.  Kap. 
„Scheide"  — ,  des  Ligamentum  latum,  der  Tuben,  der  Eierstöcke  und  denen  des  Liga- 
mentum teres.  Die  regionären  zum  Uterus  gehörenden  Lymphdrüsen,  nament- 
lich die  Lymphoglandulae  hypogastricae,  von  denen  die  oberste  in  der  Höhe 
des  Beckeneinganges  Hegt,  lassen  sich  bei  Anschwellungen  vom  Becken  aus  palpiren. 

Nerven  des  Uterus.  Von  den  Centralorganen  treten  cerebrospinale 
Zweige,  soweit  man  weiss,  in  der  Bahn  des  dritten  und  vierten  Sakral- 
nerven zum  Uterus;  auch  vom  zweiten  Sakralnerven  scheinen  Fäden  hinzu- 
gehen. Ein  weiterer  Zuzug  entstammt  dem  sympathischen  Systeme,  und 
zwar  dem  Plexus  interiliacus  (s.  S.  257),  welcher  ja  von  Tiedemann  mit 
dem  Namen   „Plexus  uterinus  communis"  bezeichnet  worden  ist. 

Von  diesem  Plexus  gehen  starke  Zweige  zur  Seite  des  Mastdarmes  und 
von  da,  am  Ligamentum  uterosacrum  entlang,  zur  Cervix  uteri  zu  einem  unter 
der  Kreuzungsstellc  der  Vasa  uterina  mit  dem  Ureter  gelegenen,  von  Robert 
Lee*)  entdeckten  grossen  Ganglion,  dem  Ganglion  cervicis  uteri.  Nach 
Lee  haben  Frankenhäuser  ^)  und  R e i n  ^),  Letzterer  bei  Meerschweinchen 


1)  Lee,  Robert,  The  Anatomy  of  the  nerves  of  the  Uterus.  Philos.  Trans- 
actions.  1841,  Part  2;  1842,  Part  2;  1846,  Part  2.  (Die  Originalpräparate  Lee 's  be- 
finden sich  im  anatomischen  Museum  zu  Cambridge,  Engl.) 

2)  Frankenhäuser,  Die  Nerven  der  Gebärmutter.  Jena  1867. 

3)  Rein,  G.,  Notes  sur  le  Plexus  nerveux  fondamental  de  l'ut^rus.  Comptes 
rendus  des  s^ances  et  Memoires  de  la  Soc.  de  Biol.   Paris  1882.  S.  161. 


480  Lage  der  Gebärmutter. 

und  Kaninchen,  die  betreflFenden  Verhältnisse  am  genauesten  untersucht.  Nach 
Lee  und  Frankenhäuser  sind  noch  2  andere  Ganglien  zu  erwähnen, 
welche,  das  eine  an  der  lateralen  Seite  des  Ureter,  dicht  am  Eintritte  desselben 
in  die  Blase,  das  andere  an  dessen  medialer  Seite,  zwischen  ihm  und  der 
Cervix  uteri  gelegen  sind.  Nach  ßein's  Untersuchungen  finden  sich  bei 
Meerschweinchen  und  Kaninchen  an  den  betreffenden  Stellen,  Cervix  uteri  und 
Scheidengewölbe,  eine  grosse  Anzahl  kleiner  Ganglien.  Als  wichtigstes  Er- 
gebniss  seiner  Untersuchungen  ist  hervorzuheben,  dass  bei  den  genannten 
Thieren  kein  Nerv  zum  Uterus  tritt,  bevor  er  nicht  diese  Ganglien  passirt  hat. 
Ob  sich  dies  beim  Menschen  ebenso  verhält  und  ob  die  genannten  Ganglien 
die  einzigen  Uteringanglien  sind,  steht  noch  dahin.  So  sollen  nach  Lee  und 
Frankenhäuser  wenigstens  vom  Plexus  hypogastricus  direkt  Fäden  zum 
Uterus  gehen,  und  v.  Herff ^)  und  insbesondere  v.  Gawronsky  haben 
Zellen  in  der  Muscularis  uteri  und  dicht  unter  der  Mucosa  beschrieben,  welche 
sie  für  Ganglienzellen  halten  möchten. 

Ueber  die  Endigungen  der  Nerven  in  den  verschiedenen  Schichten  des  Uterus 
bestehen  noch  keine  abschliessende  Angaben;  doch  darf  man  wohl  nach  den  positiven 
Mittheilungen  von  v.  Gawronsky^)  und  von  Kalischer  1.  c.  [S.  319]  annehmen, 
dass  sie  in  das  Oberflächen-  und  Drüsenepithel  eintreten  und  dort  meist  mit  kleinen 
Knöpfchen  frei  endigen.  In  der  Muscularis  sah  v.  Gawronsky  knöpfchenförmige 
und  scheibenförmige  Endignngen  und  freie  Spitzen;  eine  genaue  Angabe  indessen, 
wie  diese  sich  zu  den  Muskelfasern  verhalten,  fehlt. 

v.  Gawronsky  hat  die  von  ihm  für  Nervenzellen  gehaltenen  Gebilde  nur 
mit  Hülfe  des  Golgi'schen  Verfahrens  dargestellt;  Kalischer  fand  solche  in  der 
Wand  der  Scheide  auch  durch  die  Methylenblaubehandlung,  jedoch  bis  jetzt  nicht  in 
der  Wand  der  Gebärmutter.  Ich  halte  den  Nachweis  von  Nervenzellen  ausserhalb  der 
Centralorgan«  einzig  und  allein  durch  das  Golgi'sche  Verfahren  nicht  für  genügend; 
es  müssen  da  noch  andere  Verfahren,  insbesondere  die  Vergoldung,  die  Behandlung 
mit  Methylenblau,  mit  Thionin  u.  a.  zur  Unterstützung  herangezogen  werden.  Ich 
erwähne  noch,  dass  jüngst  Herlizka^)  markhaltige  Nervenfasern  in  der  Uterin- 
wand beschreibt,  welche  dort  mit  Endbäumchen  frei  endigen  sollen,  ohne  mit  den 
sympathischen  Nerven  oder  mit  den  Muskelfasern  im  Zusammenhange  zu  stehen. 
Diese  Nerven  dürfen  wohl  als  sensible  und  als  cerebrospinale  Reflexnerven  ange- 
sprochen werden. 

Lage  des  Utenui. 

Der  Besprechung  der  Lage  der  Gebärmutter  muss  vorausgeschickt 
werden,  dass  der  Uterus  zu  den  am  meisten  bev^^eglichen  Theilen  des 
Körpers  gehört,  und  dass  diese  Beweglichkeit  für  die  Beurtheilung,  ob  seine 
Lage  eine  normale  sei  oder  nicht,  wesentlich  mit  in's  Gewicht  fällt. 


1)  Her  ff,  0.  V.,  Ueber  das  anatomische  Verhalten  der  Nerven  in  dem  Uterus 
und  in  den  Ovarien  des  Menschen.    Münchener  mediz.  Wochenschrift  1892.  Nr.  4. 

2)  Gawronsky,  N.  v.,  Ueber  Verbreitung  und  Endigung  der  Nerven  in  den 
weiblichen  Genitalien.    Arch.  f.  Gynäkol.  Bd.  XLVII.  1894. 

3)  Herlizka,  L.,  Contributo  allo  studio  dell'  innervazione  uterino.  BuUettino 
deir  Accademia  medicofisica  fiorentina.  30.  Novbr.  1897.  (Annal.  des  malad,  genito- 
urin.  T.  XV.  1897.  p.  1226.) 


Lage  der  Gebärmutter.  481 

Auf  Grund  dieses  Verhaltens  ist  die  Meinung  ausgesprochen  worden,  dass 
es  eine  normale  Lage  des  Uterus  überhaupt  nicht  gebe.  Dem  wird  der  Anatom 
niemals  beipflichten  können.  Doch  erkenne  ich  an,  dass  der  Uterus  in  einer 
grossen  Breite  in  seiner  Lage  schwanken  kann,  ohne  dass  dadurch  eine  Störung 
entsteht.  Unter  allen  diesen  Lagen,  die  innerhalb  der  Gesundheitszone  bleiben, 
ist  aber  dennoch  nur  eine,  welche  im  anatomischen  Sinne  als  die  normale  Lage 
bezeichnet  werden  darf.  Ich  werde  diese  als  die  (für  das  Genus  „Homo") 
typische  üteruslage  bezeichnen.  Normaler  Uteruslagen  gibt  es  also 
mehrere;  typisch  ist  nur  eine! 

Die  erwähnte  Beweglichkeit  des  Uterus,  von  der  später  noch  besonders 
zu  handeln  ist,  vertheilt  sich  auf  die  2  Abschnitte  der  Gebärmutter  in  ungleichem 
Grade:  Das  Corpus  uteri  ist  in  sehr  weiten  Grenzen  beweglich,  namentlich  um 
eine  durch  den  Isthmus  uteri  gelegte  Queraxe ;  diesem  gegenüber  ist  die  Cervix 
uteri  relativ  fest,  immerhin  jedoch  nicht  nur  durch  von  aussen  kommende  Ein- 
griffe, sondern  auch  durch  Einflüsse  seitens  der  benachbarten  Beckenorgane 
erheblich  verschiebbar. 

Für  die  Verschiebungen  der  Gebärmutter  aus  der  typischen  Lage  hinaus 
sind  eine  Anzahl  von  Bezeichnungen  gebräuchlich,  die  wir  aus  praktischen 
Gründen  schon  jetzt  erklären  wollen;  es  wird  das  die  genauere  Beschreibung 
der  typischen  und  normalen  Lagen  erleichtern. 

Die  Abweichungen  des  gesamten  Uterus  nach  hinten  heissen  Retro Posi- 
tionen, nach  vorn  Antepositionen,  nach  der  Seite  Lateropositionen; 
Erhebungen  werden  als  Elevationen,  Senkungen,  insoweit  sie  sich  nicht 
von  der  normalen  Breite  entfernen,  als  Depressionen  benannt.  Diese 
Lagen  betreffen,  wie  bemerkt,  das  ganze  Organ  und  rücken  sowohl  das  Corpus 
wie  die  Cervix  aus  der  typischen  Lage  hinaus,  wobei  die  Idiotopie  des  Organes 
dieselbe  bleiben  oder  aber  geändert  werden  kann. 

Wenn  das  ganze  Organ  um  seine  Längsaxe  gedreht  ist,  so  heissen  wir 
das  Torsio  uteri,  die  in  eine  Dextro-und  Sinistrotorsio  zerfällt; 
eine  Torsion  kann  wiederum  mit  jeder  anderen  Lageveränderung  vergesell- 
schaftet sein. 

Nehmen  wir  an,  es  stehe  im  Mittel  die  Längsaxe  des  Uterus,  d.  b.  die 
des  Corpus  und  der  Cervix  zusammen,  in  der  Führungslinie  des  Beckens,  so 
kann  davon  eine  Abweichung  nach  allen  Seiten  vorkommen:  Neigung  des 
Uterus,  Ve  r  s  i  0  ;  es  werden  eine  Anteversio,Retroversio  und  L  a  t  e  r  o- 
versio  unterschieden.  Bildet  die  Längsaxe  des  Körpers  mit  der  des  Uterus- 
halses einen  W^inkel,  so  haben  wir  die  F 1  e  x  i  o  uteri,  Beugung  oder  Knickung 
der  Gebärmutter,  und  zwar  hauptsächlich  die  Anteflexio,  Retroflexio 
und  Lateroflexio,  wobei  der  Beugungswinkel  am  Isthmus  uteri  (innerem 
Muttermunde)  liegt.  Die  Flexionen  betreffen,  wie  leicht  ersichtlich,  die  I  d  i  o- 
topie  des  Uterus.  Selbstverständlich  können  nun  die  Neigungen  und  Beu- 
gungen wieder  mit  verschiedenen  Positionen  und  Torsionen  vergesellschaftet 
sein,  und  es  ergibt  sich  so  eine  grosse  Mannigfaltigkeit  von  Lagen  der  Ge- 
bärmutter.     Um   diese   übersichtlicher   einzutheilen,    hat  man   sich   in   neuerer 

AValdeyer,  Das  Becken.  ^^ 


482  Lage  der  Gebärmutter. 

Zeit  gewöhnt,  alle  Abweichungen  nach  einer  und  derselben  Richtung  hin  unter 
dem  Sammelnamen  „Deviationen"  zu  vereinigen,  und  spricht  so  von  Retro- 
deviationen,  Antedeviationen  und  Laterodeviationen  des 
Uterus.  So  umfasst  der  Name  „Retrodeviation"  die  Retropositio,  Retroversio 
und  Retroflexio  uteri  u.  s.  f.  Meines  Erachtens  hat  B.  Schnitze  nicht  Un- 
recht, wenn  er  auf  gewisse  Gefahren  dieser  Collektivbezeichnungen  hinweist  ^). 

Man  würde  auch  auf  alle  diese  Einzelheiten  kein  Gewicht  gelegt  haben, 
wenn  sie  nicht,  bei  Ueberschreitung  eines  gewissen  Grades,  zu  oft  sehr  erheb- 
lichen Störungen  Veranlassung  geben  könnten,  und  wenn  nicht  sowohl  eine  exakte 
Diagnose  wie  eine  zweckentsprechende  Therapie  auf  ihrer  genauen  Kenntniss 
beruhte. 

Man  kann  nun  ohne  Zaudern  sagen,  dass  alle  diese  Varietäten  der  Haltung 
(Stellung)  und  Gesamtlagerung  der  Gebärmutter,  d.  i.  der  Holotopie  und  Idio- 
topie  derselben,  bis  zu  einem  gewissen  Grade  normal  sein  können,  ohne  es 
aber  deshalb  aufgeben  zu  müssen  nach  einer  normalen  Lage  im  rein  anato- 
mischen Sinne,  nach  einer  typischen  Lage  des  Uterus,  wie  ich  sie  nannte,  zu 
forschen.  Eine  solche  gibt  es  in  der  That!  Ich  wiederhole  aber  ausdrücklich, 
dass  zu  dieser  Lage,  falls  sie  auch  physiologisch  normal  sein  soll,  die  normale 
Beweglichkeit,  insbesondere  des  Uteruskörpers,  gehört;  beides  ist  untrennbar 
verknüpft,  wenn  es  sich  um  die  Beurtheiinng  des  Gesunden  handelt. 

Als  typische  Lage  der  Gebärnmtter  muss  diejenige  bezeichnet  werden, 
bei  der  in  aufrechter  Stellung  des  Weibes  das  Organ  in  der  Mitte  des 
kleinen  Beckenraumes  liegt,  so,  dass  das  Orificium  uteri  externum  ungefähr 
in  der  Höhe  des  oberen  Symphysenrandes  und  in  der  Ebene  der  Spinae 
ischiadicae  —  Planum  interspinosuui  —  sich  hält,  bei  der  die  Axe  der  Cervix 
in  der  Führungslinie  des  Beckens,  bei  dieser  Höhenlage  also  „antevertirt", 
läuft,  bei  der  endlich  eine  um  eine  Winkelgrösse  von  70 — 100^  schwankende 
Anteflexion  des  Corpus  uteri,  ohne  Torsion,  besteht.  Kurz  gesagt 
liegt  also  der  menschliche  Uterus,  bei  skeletotopischer 
Norm,  in  der  Medianebenc  antevertirt  und  anteflektirt. 
Diese  Bestimmung  gilt,  wie  ausdrücklich  zu  bemerken  ist,  nur  für  leeres 
Rektum  und  leere  Blase,  bis  zu  massiger  Füllung  beider  Organe.  Von  dieser 
Lage  geben  insbesondere  die  Figuren  83  und  87  eine  klare  Vorstellung ; 
auch  auf  Fig.  86  kann  verwiesen  werden,  obwohl  hier  der  Schnitt  durch  den 
Seitenrand  des  Uterus  geht.  In  Fig.  85  besteht,  wie  so  sehr  häufig,  eine 
geringe  Lateroversio  nach  links  (Sinistroversio). 

Die  Gründe,  weshalb  diese  Lage  für  die  typische  zu  erklären  ist,  sind 
folgende : 

1)  zeigt  sich  schon  beim  Fötus  ^)  regelmässig  eine  geringe  Anteversio- 
flexio  uteri,  die  mit  fortschreitender  Entwicklung  zunimmt,  bis  sie  mit  Aus- 
bildung der  Pubertät  den  typischen  Stand  erreicht; 

1)  Schnitze,  B.,  in  „Verhandlungen  der  Deutschen  gynäkologischen  Gesell- 
schaft" 1897.  (Bericht  über  Retroversion  und  Retroflexion  des  Uterus.) 

2)  Vergl.  Nagel,  1.  c.  (Lehrbuch).  Figg.  2-6. 


Lage  der  Gebärmutter.  483 

2)  hat  auch  der  schwangere  Uterus,  solange  derselbe  noch  im  kleinen  Becken 
sich  befindet,  diese  Stellung  und  Haltung  (s.  Fig. 96).  Der  bekannte  Braune'sche 
Durchschnitt  einer  im  zweiten  Monate  Schwangeren  kann  nicht  als  Gegen- 
argument angeführt  werden,  denn  in  diesem  entspricht  die  Stellung  der  Gebär- 
mutter sicherlich  nicht  dem  gewöhnlichen  Befunde  an  lebenden  Schwangeren 
dieser  Periode.  Denkt  man  sich  den  Uterus  in  dieser  Stellung  weiter  ver- 
grössert,  so  würde  er  das  Promontorium  treflfen,  während  die  antevertirte  Lage 
des  schwangeren  Uterus  ihn  bei  weiterer  Entwicklung  auf  ganz  natürlichem 
Wege  aus  dem  kleinen  Becken  hinauswachsen  lässt; 

3)  nimmt  auch  der  puerperale  Uterus  alsbald  nach  der  Entbindung  die 
von  mir  als  typisch  bezeichnete  Lage  wieder  ein.  Er  kann  auch  bei  seinem 
Volumen  kaum  anders  liegen  (Fig.  103  und  Kap.  „Puerperium"); 

4)  wird  der  Uterus  in  der  typischen  Lage  sich  am  einfachsten  an  alle 
Aenderungen  der  übrigen  Bauch-  und  Beckeneingeweide  akkommodiren  können, 
ohne  Störungen  zu  erleiden  oder  zu  verursachen.  Es  ist  klar,  dass,  wenn  bei 
gerade  aufgerichtetem  Uterus,  bei  leicht  retrovertirtem  oder  stärker  seitlich 
abgewichenem  Uterus  Darmschlingen  das  Organ  ^^on  vorn  und  hinten  oder 
von  einer  Seite  umgeben,  er  durch  deren  wechselnde  Füllung  mit  Gas-  und 
Faekalmassen  viel  mclir  Störungen  unterworfen  ist,  als  wenn  derselbe  in  der 
Anteversio-flcxio  liegt,  wo  die  Darmsclilingen  nur  von  oben  aufrulien  und 
ihn  einzig  gegen  die  Blase,  auf  der  er  wie  auf  einem  Wasserkissen  ruht,  hin- 
drängen. Die  Füllung  der  Blase  aber,  welche  den  Uterus  hebt,  geschieht  so 
langsam,  dass  irgend  eine  Störung  dadurch  nicht  eintreten  kann.  Eine  ge- 
schütztere und  für  alle  Verhältnisse  passendere  Lage,  wie  die  typische,  lässt 
sich  in  der  That  nicht  denken; 

5)  wird  endlich,  was  die  Hauptsache  ist,  der  Uterus  bei  gesunden  Frauen, 
namentlich  bei  Nulliparen,  sowohl  bei  lebenden,  wie  in  der  Leiche  thatsächlich 
in  dieser  typischen  Lage  gefunden,  sobald  keine  Abnormitäten  im  Becken  vor- 
banden  sind.  Bei  den  von  mir  untersuchten  Leichen  fand  ich  ihn  bis  jetzt 
unter  solchen  Umständen  stets  so  gelagert,  häufig  allerdings  mit  einer  leichten 
Lateroversio,  meist  einer  Sinistroversio.  Es  ist  mir  geradezu  aufi'allend,  dass 
die  meisten  übrigen  Autoren  von  einer  häufigeren  Dextroversio  sprechen. 
Immerhin  muss  man  aber  sagen,  dass  man  wohl  nicht  fehl  geht,  eine  genaue  * 
mediane  Lage  als  die  typische  und  mehr  normale  zu  bezeichnen. 

Die  Erfahrung,  namentlich  an  der  Lebenden,  hat  nun,  wie  schon  Eingangs 
dieses  Kapitels  bemerkt  wurde,  ergeben,  dass  Abweichungen  von  dieser  typischen 
Lagerung  sowohl  ohne  Störung  für  das  Allgemeinbefinden,  als  auch  für  die  nor- 
male Funktion  der  Gebärmutter  bestehen  können.  So  können  Retro-,  Ante-  und 
Lateropositionen  bis  zu  einem  gewissen  Grade  noch  normal  sein,  desgleichen 
stärkere  Anteversionen  und  Anteflexionen  als  gewöhnlich.  Auch  findet  man  nament- 
lich bei  Nulliparen  nicht  selten  eine  spitzwinklige  Anteflexion  ohne  Störung. 
Selbst  für  die  Geradstellung  im  Becken  und  für  massige  Retroversionen  und 
Lateroversionen,  für  geringe  Elevationen  und  Depressionen  triflft  dies  zu;  dagegen 
muss  allemal  eine  mit  Retroversion  verbundene  Retroflexion  als  eine 


484  Lage  der  Gebärmutter:  Skeletotopie. 

pathologische  Lagerung  bezeichnet  werden,  denn  es  ist  klar,  dass  in  dieser 
Lage  und  Haltung  jede  Vergrösserung  der  Gebärmutter  bei  der  Menstruation  und  vor 
allem  bei  eintretender  Gravidität  zu  Störungen  selbst  schwerster  Art  führen  wird. 

Wie  gleichfalls  schon  betont  wurde,  gehört  zu  jeder  Lage  des  Uterus, 
die  als  eine  normale  bezeichnet  werden  soll,  ein  gewisser  Grad  von  Beweg- 
lichkeit, namentlich  des  Corpus  gegen  die  Cervix,  damit  die  Gebärmutter  den 
Füllungen  und  Entleerungen  der  anderen  Beckenorgane  Rechnung  tragen  könne 
und  auch  selbst  bei  ihren  verschiedenen  Füllungsgraden  sich  der  Beckenhöhle 
zu  adaptiren  vermöge.  Dies  wird  schon  gebieterisch  durch  die  Holotopie  des 
Uterus  in  der  Mitte  der  kleinen  Beckenhöhlc,  zwischen  Blase  und  Rectum 
erfordert.  Selbst  eine  in  den  typischen  Grenzen  sich  haltende  Anteversio  und 
Anteflexio  kann  bei  Unbeweglichkcit  im  Pseudogelenke  des  Uterus  —  so  wollen 
wir  die  charnierartig  bewegliche  Stelle  am  Isthmus  uteri  nennen  —  zu  einer 
pathologischen  werden.  Ein  starrwandiger  Uterus  steht  sicher  besser  in  der 
von  Testut  als  normal  bezeichneten  Lage  (Traite,  1.  c.  Bd.  IIL  S.  582.  Fig. 
347  5  vgl.  ferner  Fig.  81  hier). 

Was  die  von  manchen  Seiten  als  häufig  bezeichnete  Torsion  der  Gebär- 
mutter anlangt,  wobei  die  eine  Seitenkante  der  Vorderwand  des  Beckens  näher 
liegen  würde  als  die  andere,  so  muss  ich  nach  meinen  Befunden  Webster*) 
beipflichten,  der  dies  für  einen  seltenen  Befund  erklärt-,  wenn  sie  vorkommt, 
so  ist  sie  jedenfalls  unbedeutend. 

Skeletotopie  des  Uterus.  Bei  der  im  Vorstehenden  geschilderten  Lage 
des  Uterus  finden  wir  folgende  Beziehungen  zum  Skelct:  Wie  bereits  er- 
wähnt, steht  die  Axe  der  Cervix  in  der  Führungslinie  des  Beckens.  Das  Ori- 
ficium  uteri  externum  entspricht  der  Höhe  des  ersten  oder  zweiten  Steisswirbels, 
was  so  ziemlich  mit  der  Höhe  des  oberen  Symphysenrandes  zusammenfällt 
(der  letztere  ist  gewöhnlich  ein  wenig  tiefer).  In  Fig.  81a  liegt  der  äussere 
Muttermund  in  einer  Horizontalen  mit  dem  unteren  Rande  des  zweiten  Steiss- 
wirbels und  etwas  über  dem  oberen  Symphysenrande.  In  derselben  Höhe  liegt 
er  in  Fig.  83.     In  Fig.  81  liegt  er  (bei  starker  Beckenneigung)  höher. 

Der  äussere  Muttermund  liegt  ferner,  wie  vorhin  bemerkt,  ungefähr  im 
Planum  interspinosum,  das  heisst  also  in  der  durch  die  beiden  Spinae  ischiadicae 
geführten  senkrechten  Ebene. 

Diese  Ebene  ist  dem  untersten  Kreuzwirbel  etwas  näher  als  der 
Syraphysenmitte,  so  dass  man  sagen  kann,  dass  der  äussere  Muttermund  Er- 
wachsener der  hinteren  Beckenwand  (speziell  dem  untersten  Kreuzwirbel)  näher 
liege  als  der  vorderen.  Bei  Embryonen  bis  zum  Neugeborenen  liegt  er  in  der 
That  fast  genau  in  der  Mitte  des  Beckens.  Sehr  weit  nach  hinten  stehend 
zeigt  ihn  die  v.  Bardeleben'sche  Abbildung,  ferner  Fig.  103,  jedoch  nicht  in 
dem  Grade.  Aus  der  Vergleichung  aber  aller  der  gegebenen  Figuren  muss 
man  doch  den  Schluss  ziehen,  dass  die  vorhin  angegebene  Lage  in  der  Becken- 


1)  Webster,  J.  C,  The  occurrenee  and  signification  of  Rotation  of  the  Uterus. 
Transact.  obstetr.  Soc.  of  Edinburgh.  1892/93. 


La^e  der  Gebärmutter:  Syntopie.  485 

mitte  als  die  typische  zu  bezeichnen  sei.  Grossen  Einflnss  haben  natürlich  die 
Füllung  von  Rectum  und  Blase  und  auch  vor  oder  hinter  dem  Uterus  liegende 
Darmschlingen. 

Ein  vom  vordersten  Punkte  des  Fundus  auf  die  Horizontalebene  gefälltes 
Lot  geht  durch  die  Mitte  des  Scptiim  urethrovaginale;  ein  gleiches  Lot  vom 
inneren  Muttermunde  geht  hinter  der  Mitte  des  Dammes  vorbei;  ein  Lot  vom 
äusseren  Muttermunde  durch  das  hintere  Viertel  des  Dammes.  Dasselbe  kann 
jedoch  bis  in  das  Bereich  des  Anus  gelangen.  In  Figur  81  liegen  alle  diese 
Lote  mehr  nach  vorn.  Natürlich  wechseln  diese  Stelhingen  mit  der  Füllung 
von  Rectum  und  Blase  und  auch  wohl  individuell  in  gewissen  Grenzen. 

Die  Gebärmutter  liegt  ferner  zwischen  den  Ebenen  des  Beckeneinganges 
und  -Ausganges,  welche  beide  sie  nicht  treffen,  ungefähr  in  der  Mitte.  Die 
Horizontale  durch  den  höchsten  Punkt  des  Uterus,  welcher  bei  der  typischen 
Lage  dem  Corpus  angehört,  trifft  in  der  Regel  den  vierten  Kreuzwirbel,  kann 
aber  bei  mehr  senkrechter  Stellung  des  Uterus  bis  zum  dritten  hinaufreichen. 
Der  tiefste  Punkt  der  Gebärmutter  ist  das  untere  Ende  der  vorderen  Mutter- 
niundslippe;  derselbe  liegt  in  einer  Höhe  mit  den  unteren  Steisswirbeln  und 
dem  oberen  Drittel  der  Symphyse. 

Syntopie  des  Uterus.  Die  typische  Lage  des  Uterus  vorausgesetzt, 
müssen  wir  einmal  diejenigen  Nachbarorgane  unterscheiden,  welche  ausschliess- 
lich seiner  serösen  Bekleidung  anliegen,  also  noch  durch  einen,  wenn  auch 
noch  so  schmalen  Spaltraum  von  ihm  getrennt  sind,  ferner  diejenigen,  welche 
nur  durch  eine  Bindegewebslage  von  ihm  geschieden  sind,  wozu  drittens  die 
mit  ihm  organisch  verbundenen  (verwachsenen)  Theile  kommen.  Für  die  Aus- 
breitung pathologischer  Processe,  und  auch  in  physiologischer  Beziehung,  ist 
diese  Unterscheidung  von  Bedeutung. 

An  der  gesamten  hinteren,  oberen  und  vorderen  Fläche  des  Uterus  bis 
zum  Grunde  der  Excavatio  vesicouterina  finden  nur  seröse  Berührungen  statt; 
hinten  und  unten,  durch  den  Douglas'schen  Raum  vermittelt,  zwischen  Cervix 
uteri  und  Rectum,  weiter  oben  kommt  gewöhnlich  das  Colon  pelvinum  in 
Betracht.  Auf  dem  Fundus  uteri  ruhen  meist  Dünndarmschlingen  (Fig.  81), 
oder  auch  Colon  pelvinum  und  sigmoideum,  wie  das  z.  B.  in  Fig.  86,  welche 
nach  Entfernung  dieser  Darmtheile  gezeichnet  wurde,  der  Fall  war.  Vorn, 
durch  die  Excavatio  vesicouterina  getrennt,  ruht  der  Uterus  auf  der  Blase;  bei 
der  typischen  Lage  finden  sich,  wie  bemerkt  (S.  455)  niemals  Darmschlingen 
zwischen  Blase  und  Uterus.  Gewöhnlich  reicht  der  Fundus  uteri  vorn  bis 
zur  Plica  vesicalis  transversa  (Figg.  85,  81a,  83).  Die  vordere  Wand  der 
Cervix  ist  durch  lockeres  Bindegewebe  mit  der  hinteren  Blasenwand  verbunden; 
für  gewöhnlich  ist  die  ganze  Länge  der  Cervix  in  dieser  Weise  der  Blase  an- 
gelagert. Es  wurde  aber  schon  bemerkt  (S.  456),  dass  unter  Umständen  das 
Bauchfell  sich  zwischen  Cervix  und  Blase  bis  auf  die  vordere  Scheidenwand  herab- 
senken kann,  und  somit  die  Blase  gänzlich  ausser  Beziehung  zum  Uterus  kommt. 

Mit  zu  den  wichtigsten  syntopischen  Beziehungen  gehören  die,  welche 
zwischen  Uterus  und  Ureter   obwalten.     Der  Ureter   kreuzt   in   der   vorhin 


486  Gebärmutter:  Befestigungen  und  Beweglichkeit. 

angegebenen  Weise  die  Arteria  uterina  2  cm  von  der  seitlichen  üteruswand 
entfernt,  an  der  er  weiterhin  ungefähr  in  der  Mitte  der  Cervix  vorbeizieht; 
hier  kann  die  Entfernung  von  der  Uterinwand  bis  zu  1  cm  herabgehen.  Der 
Ureter   tritt  dann  auf  seinem  Wege   zur  Blase  an  die  vordere  Scheidenwand. 

Ich  begnüge  mich  hier  mit  diesen  wenigen  Angaben,  da,  wie  schon  be- 
merkt, das  Genauere  einem  besonderen  Kapitel  „Ureter  muliebris"  vorbehalten 
werden  soll. 

Der  vom  Uterus  abgehenden  und  mit  ihm  verwachsenen  Organe  ist  in 
einigen  Punkten  schon  gedacht  worden;  andere  topographische  Beziehungen 
derselben  werden  später  noch  zur  Sprache  kommen  (s.  insbesondere  Kapitel 
„Scheide"). 

Idiotopie  des  Uterus.  Die  wichtigsten  idiotopischen  Beziehungen  mussten 
bereits  im  Zusammenhange  mit  der  Holotopie  des  Organes  erwähnt  werden; 
für  die  Idiotopie  der  Portio  vaginalis  verweise  ich  auf  den  Abschnitt  „Scheide". 
Hier  ist  nur  noch  zu  erwähnen,  dass  der  Fundus  uteri  stark  1  cm  nach  vorn 
und  oben  über  die  Tubeninsertion  hervorsteht,  dass  die  Tubenostien  lateral  im 
Winkel  zwischen  Fundus  und  Corpus  gelegen  sind,  dass  das  Orificium  internum 
der  Knickungsstelle  des  Uterus  entspricht  und  dass  unterhalb  desselben  der 
Zugang  und  Abgang  der  Blutgefässe  und  Nerven  zum  Uterus  erfolgt. 

Auf  die  Lage  des  Uterus  haben  sehr  verschiedene  Umstände  Einfluss: 
1)  zunächst  das  Lebensalter  (s.  Kap.  „Altersverschiedenheiten"),  2)  der  abdomi- 
nelle Druck  —  in  der  Knieellenbogenlage,  wo  dieser  Druck  fast  ganz  auf- 
gehoben ist,  tritt  das  Organ  in  Elevation,  während  es  beim  Stehen  tiefer  hinab- 
sinkt. Man  erkennt  diesen  Einfluss  auch  durch  die  Bewegungen  des  Uterus 
beim  Athmen. 

3)  Eine  starke  Füllung  der  Gefässe,  insbesondere  der  Venen,  bedingt  eine 
Art  Erektion  des  Organes  und  vermindert  die  Flexion  am  Isthmus  uteri.  Von 
Wichtigkeit  ist  ferner  4)  der  Zustand  der  Nachbarorgane,  wie  bereits  erwähnt 
wurde,  des  Perimetrium,  des  Parametrium  und  des  Beckenbodens,  insbesondere 
aber  des  Darmes;  endlich  5)  die  Gestalt  des  knöchernen  Beckens,  seine  ßaum- 
verhältnisse  und  seine  Neigung. 

Befestig^unsren  des  Uteras.    Bewegrllohkeit  des  Uterus. 

Es  ist  klar,  dass  alle  diejenigen  Bildungen,  welche  mit  der  Gebärmutter 
in  Verbindung  stehen,  zu  ihrer  Befestigung  beitragen :  Die  Scheide,  und  durch 
sie  der  Beckenboden,  das  Parametrium,  das  Perimetrium,  insbe- 
sondere die  Ligamenta  lata,  die  Ligamenta  teretia  und  utero- 
Sacra  sowie  die  Blutgefässe.  Man  hat  bald  diesem,  bald  jenem  den 
Haupteinfluss  zugewiesen ;  meines  Erachtens  ist  es  die  Scheide  und  mit  ihr  der 
Beckenboden  (Damm),  ferner  die  Blutgefässe  mit  den  festeren,  sie  begleitenden 
Bindegewebszügen,  die  in  erster  Linie  zu  nennen  sind.  Kocks*)  hat  diesen  Binde- 


1)  Kocks,  J.,   Die   normale   und   pathologische  Lage   und  Gestalt   des  Uterus 
sowie  deren  Mechanik.   Bonn,  1880.   Friedrich  Cohen. 


Gebärmutter:  Befestigungen  und  Beweglichkeit.  487 

gewebsztigen  die  Bedeutung  von  Ligamenten  zugewiesen,  Ligamenta  car- 
dinalia,  Angelligamente  Kocks,  die  den  Uterus  in  seiner  Lage  halten 
und  um  die  er  sieh  wie  um  eine  Queraxe  drehen  sollte.  Soweit  darf  man 
meiner  Meinung  nicht  gehen ;  auch  findet  die  Drehung  des  Uterus,  wie  bemerkt, 
nicht  um  einen  solchen  Bandapparat,  sondern  zwischen  Corpus  und  Cervix 
statt.  Gern  gebe  ich  aber  zu,  dass  dieses  parametrische  Bindegewebe  eine 
wichtige  Rolle  bei  der  Festlagerung  des  Uterus  spiele.  —  Mackcnrodt^)  legt 
auf  die  an  der  Cervix  uteri  festsitzenden,  die  Arteria  uterina  begleitenden,  von 
Muskelfasern  durchsetzten  festeren  Bindegewebsztige,  die  er  von  der  Fascia 
pelvis  ausgehen  lässt,  Gewicht.  Er  nennt  sie:  Ligamentum  transversum 
colli.  Es  scheint  mir,  dass  dies  im  ganzen  den  K ocks 'sehen  Angelligamenten 
entspricht. 

Gegen  die  Bedeutung  der  Scheide  und  des  Dammes  für  die  Befestigung 
der  Gebärmutter  findet  man  wohl  das  Experiment  HohTs  angeführt,  der  an 
der  Leiche  nach  Abtragung  von  Scheide  und  Damm  den  Uterus  seine  Lage 
nicht  ändern  sah.  Es  braucht  nicht  viel  üeberlegung,  um  die  Werthlosigkeit 
dieses  Versuches  für  die  hier  besprochene  Frage  einzusehen.  Viel  bedeutsamer 
scheinen  mir  die  tausendfältigen  Erfahrungen  an  Lebenden,  die  lehren,  eine 
wie  grosse  Bedeutung  eine  straffe  unversehrte  Scheidenwand  mit  ihrem  erektilen 
Gewebe  und  ein  intakter  fester  und  elastischer  Damm  für  die  Erhaltung  einer 
normalen  Gebärmutterlage  haben. 

Den  Ligamenta  uterosacra,  s.  S.  495,  kommt,  wie  B.  S.  Schultze 
mit  Recht  hervorgehoben  hat,  ein  bedeutsamer  Einfluss  auf  die  Erhaltung  der 
normalen  Anteversioflexio  uteri  zu.  Indem  sie  vermittelst  der  Beckenfascie 
eine  Befestigung  am  Kreuzbeine  gewinnen,  sind  sie  hierzu  wohl  geeignet.  In 
welcher  Weise  die  sie  begleitenden  glatten  Muskelfasern,  die  keine  festen  An- 
satzpunkte haben,  hierbei  etwa  mitwirken,  bleibt  noch  zweifelhaft. 

Nicht  unwichtig  erscheint  mir  auch  die  Ante versio  uteri,  die  dem  Organe 
einen  Unterstützungspunkt  auf  der  Blase  leiht.  Ich  bin  der  Meinung,  dass 
häufige  starke  Füllungen  der  Blase  und  des  Rectum  sehr  ungünstig  auf  den 
Uterus  einwirken,  und  dass  strenge  diätetische  Regelung  dieser  Dinge  die  Frauen 
vor  vielem  Uebel  bewahren  könne. 

Wichtig  ist  als  regulirender  Faktor  endlich  ein  normaler  intraabdomi- 
naler Druck  ohne  zu  grosse  Schwankungen. 

Die  Beweglichkeit  des  Uterus  ist  schon  wiederholt  hervorgehoben 
worden;  doch  ist  hier  noch  auf  die  grosse  Ausdehnung  derselben,  wie  sie  bei 
Exploration  des  Beckens  an  der  Lebenden  möglich  erscheint,  ohne  Schädigungen 
zu  hinterlassen,  aufmerksam  zu  machen.  Ich  entleline  dem  Lehrbuche  von 
Winter-)  Folgendes:  Der  Uterus  lässt  sich  an  die  Symphyse  heranziehen,  in 
die  Kreuzbeinhöhle  drängen,    zur  seitlichen  Beckenwand  verschieben,  mit  dem 


1)  Mackenrodt,  A.,  Ueber  die  Ursache  der  normalen  und  pathologischen  Lagen 
des  Uterus.    Arch.  f.  Gynäkologie.    Bd.  48,  S.  393.    1895. 

2)  Winter,  G.,  Lehrbuch  der  gynäkologischen  Diagnostik.  2.  Aufl.  Leipzig,  1897. 


4HS  Gebärmutter:  Altersverschiedenheiten. 

Fundus  bis  zur  halben  Nabelhöhe  heben  und  mit  der  Portio  bis  fast  zum  Seheiden- 
eingange  herabdrängen  oder  herabziehen,  ohne  dass  wesentliche  Sehmerzen  auf- 
ireten.  Hieraus  geht  hervor,  dass  dem  Bauchfelle  und  den  sogenannten  üterus- 
ligamenten  ein  wesentlicher  Einfluss  auf  die  Befestigung  des  Organes  nicht 
zukommen  kann. 

Altersverschiedenheiten. 

Schon  beim  foetalen  Uterus  zeigt  sich  der  Gegensatz  zwischen  Corpus 
und  Cervix  uteri  und  im  kindlichen  Lebensalter  ist  der  Isthmus  uteri  am 
deutlichsten  ausgesprochen.  Das  Corpus  ist  rundlich  und  verhältnissmässig  breit, 
die  Cervix,  länger  als  das  Corpus,  stellt  das  Hauptstück  des  Organes  dar. 
Der  Uterus  liegt  mehr  gerade  gestreckt ;  dies  hängt  mit  der  Enge  des  Becken- 
raumes und  mit  der  Steilstellung  der  Blase  zusammen.  Immerhin  ist  eine  ge- 
ringe Abknickung  in  der  Gegend  des  inneren  Muttermundes  und  eine  geringe 
Anteversio  bereits  vorhanden.  Die  definitive  typische  Lagerung  nimmt  die 
Gebärmutter  erst  mit  dem  Eintritte  der  Pubertät  ein. 

Auch  wichtige  Grössen-  und  Strukturverschiedenheiten  bestehen.  Vor 
dem  Eintritte  der  Geschlechtsreife  ist  die  Gebärmutter  absolut  und  relativ  klein 
(vgl.  die  Maasstabelle).  Die  Muskulatur  ist  schwächer.  Die  Schleimhaut  zeigt 
eine  geringere  zellige  Infiltration.  Flimmerung  tritt  am  Epithel  erst  gegen 
das  Pubertätsalter  auf;  meistens  fehlen  im  kindlichen  Alter  die  Drüsen  im 
Corpus,  während  sie  in  der  Cervix  schon  häufiger  sind.  (Rob.  Meyer,  1.  c.) 

Das  Cylinderepithel  reicht  tiefer  hinab,  nicht  selten  bis  zum  Orificium 
externum  (sogenannte  physiologische  Erosion;  siehe  „Scheide"  und  „Portio 
vaginalis").  Robert  Meyer  (1.  c.)  macht  insbesondere  auf  die  Faltungen  und 
Biegungen  des  Lumen  uteri  beim  Fötus  und  im  frühen  Kindesalter  aufmerksam, 
durch  welche  sich  das  Querschnittsbild  des  Uterus  infantilis  und  adultus  so 
sehr  unterscheiden;  ferner  auf  die  nicht  unwichtigen  buchtigen  Schleimhaut- 
einsenkungen, die  zu  Schleimhautabsprengungen  und  Cystenbildungen  führen 
können. 

Während  der  geschlechtsthätigen  Zeit  schwillt  der  Uterus  zur  Zeit  der 
Menstruation  jedesmal  an,  wobei  er  im  Laufe  der  Jahre  bei  gesunden  Frauen, 
wenn  sie  geschlechtlich  verkehren,  auch  ohne  dass  sie  geboren  haben,  ein  etwas 
grösseres  Volumen  zu  gewinnen  pflegt,  als  er  es  bei  jungen  Virgines  besitzt.  Treten 
Geburten  ein,  so  pflegt  —  immer  ein  gesunder  Allgemeinzustand  vorausgesetzt  — 
die  Gebärmutter  auch  ausserhalb  der  Gravidität  gegen  den  jungfräulichen  und 
nuUiparen  Zustand  etwas  vergrössert  zu  bleiben.  Dies  kommt  namentlich  auf 
Rechnung  einer  stärkeren  Wandungsdicke.  —  Der  Fundus  ist  bei  NuUiparen 
weniger  gewölbt,  der  innere  Muttermund  schärfer  abgesetzt  als  bei  Frauen, 
welche  geboren  haben. 

Bei  Matronen,  deren  Geschlechtsthätigkeit  im  Klimakterium  zum  Abschlüsse 
gelangt  ist,  bildet  sich  eine  neue  Form  des  Uterus  aus,  die  einer  gewöhnlichen 
Birnform  am  meisten  entspricht.  Der  Körper  bleibt  verhältnissmässig  gross, 
wenn  auch  seine  Wandung  sich  verdünnt;  es  kann  dabei  die  Lichtung  weiter 
werden.     Der  Absatz  zwischen  Körper  und  Cervix  wird  fast  ganz  aufgehoben 


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490  Rundes  Mutterband. 

erscheint,  dieselben  aus  den  übrigen  Adnexa  uteri  herauszuheben  und  beim 
Uterus  selbst  zu  besprechen;  erst  nachher  lassen  wir  die  Maasstabelle  und  das 
Kapitel  „Pathologische  Zustände  des  Uterus"  folgen.  Dagegen  sind  die  Liga- 
menta lata  uteri  auch  mit  sämtlichen  Adnexis  uteri  und  selbst  mit  der  Scheide 
verbunden,  weshalb  es  sich  empfiehlt  diese  erst  später  abzuhandeln. 

Die  Ligamenta  teretia  sind  bei  Erwachsenen  12 — 15  cm  lange,  im 
wesentlichen  muskulöse  Stränge,  welche  von  den  oberen  seitlichen  Winkeln 
des  Uterus  bis  zum  Leistenkanalc,  und  durch  diesen  hindurch  zur  Basis  der 
grossen  Schamlippen  und  zum  Tuberculum  pubicum  ziehen.  Sie  haben  eine 
fast  durchweg  rundliche  Form  und  zeigen  eine  Breite  von  3—5  Millimetern. 
Nach  dem  Austritte  aus  dem  subkutanen  Leistenringe  verbreitern  sie  sich 
fächerförmig  und  lösen  sich  in  einzelne  muskulös-fibröse  Stränge  auf,  die  theils 
in  das  Bindegewebe  und  die  Cutis  der  Labia  majora  tibergehen,  aber  auch  am 
Perioste  der  Basis  der  Tubercula  pubica  und  an  den  fibrösen  Wänden  des 
Leistenringes,  insbesondere  am  Ligamentum  inguinale  reflexum  (Collesi)  ihr 
Ende  finden. 

Das  Ligamentum  tercs  entspringt  unterhalb  des  Tubenabganges,  vor  dem 
Ligamentum  ovarii,  vom  vorderen  Seitenrande  des  Uterus.  Man  kann  seiner 
Lage  nach,  an  ihm  eine  Portio  intrapelvina  und  eine  Portio  extrapelvina 
unterscheiden.  Die  Portio  intrapelvina  lässt  sich  wieder  in  eine.  Pars  uterina, 
eine  Pars  ligamenti  lati  und  eine  Pars  iliaca  zerlegen;  die  Portio  extra- 
pelvina in  eine  Pars  inguinalis  und  praeinguinalis. 

Die  Pars  uterina  umfasst  die  Wurzel  des  Bandes  am  Uterus  und  eine 
kurze  Strecke  desselben  (etwa  1  cm),  auf  der  es  noch  am  Seitenrande  des  Uterus 
vor  den  Vasa  uterina  herabläuft.     Das  Band  tritt  hier  nur  wenig  hervor. 

Die  Pars  ligamenti  lati  verläuft  anfangs  fast  horizontal,  entsprechend 
der  Lage  des  Uterus,  bis  zur  seitlichen  Beckenwand.  Sie  ruht  hier  in  der 
Basis  des  Ligamentum  latum  und  zieht  nach  der  Kreuzungsstelle  der  Vasa 
uterina  mit  dem  Ureter  über  diese  und  über  die  Vasa  vesicovaginalia  hinweg. 
Vergl.  hierzu  Fig.  88  c,  aus  der  dies  Verhalten  klar  ersichtlich  ist,  obwohl 
nur  ein  kleines  Stück  des  Ligamentum  teres  dargestellt  wurde.  Nunmehr 
steigt  das  Band  an  der  seitlichen  Beckenwand  nach  aufwärts  und  nach  vorn, 
bis  es  den  subperitonäalen  Leistenring  erreicht,  in  den  es  eintritt.  Diesen 
Theil  bezeichnen  wir  als  Pars  iliaca. 

Die  Pars  iliaca  ist  der  längste  Abschnitt  des  Bandes.  Auf  dieser 
Strecke  springt  dasselbe  nicht  selten  soweit  vor,  dass  ihm  ein  kurzes 
Mesenterium  (Mesodesma^)  gebildet  wird.  (Vergl.  hierzu  Figg.  81,  83 
und  85.)  Es  nimmt  hier  eine  ähnliche  Lage  ein,  wie  der  Ductus  deferens 
beim  Manne.  Demnach  bildet  es  die  Grenze  zwischen  der  Fossa  paravesicalis 
posterior  und  der  Fossa  obturatoria  und  zieht,  stets  unmittelbar  unter  dem 
Bauchfelle  gelegen,  über  die  Vasa  und  den  Nervus  obturatorius,  über  die  Arteria 
umbilicalis,    die   Vasa  iliaca  externa,    endlich,    leicht   hakenförmig   gekrümmt, 

1)  Zusammengesetzt  mit  t6  diofiaj  das  Band. 


Rundes  Mutterband.  491 

lateral  über  den  Ursprung  der  Vasa  epigastrica  inferiora  hinweg,  um  in  den 
subperitonäalen  Leistenring  einzudringen.  Hier  gesellt  sich,  lateral  zum  Bande 
liegend,  zu  ihm  der  Nervus  spermaticus  externus.  (Vgl.  hierzu  S.  238  u. 
S.  252  ff.  —  Lage  des  Ductus  deferens  —  und  Figg.  61  und  62.)  Mit  Rück- 
sicht auf  die  Beckeneingeweide  hat  das  Ligamentum  teres  vor  sich  und  median- 
wärts  die  Harnblase,  hinter  sich  und  lateralwärts  Tube  und  Eierstock.  Bei 
leerer  Blase  sieht  man  es  ungefähr  der  Plica  vesicalis  transversa  (siehe  die 
genannten  Figuren  und  S.  301)  parallel  verlaufen.  Lateralwärts  verbreitet  sich 
nicht  selten  die  genannte  Plica  in  dreieckiger  Form,  und  zieht  über  das  runde 
Mutterband  zu  den  Vasa  iliaca  externa  hinweg. 

Die  Pars  inguinalis  bekommt  von  selten  der  Vasa  epigastrica  inferiora 
die  Vasa  spermatica  externa  hinzu.  Dieselben  (s.  die  Arterie  in  Fig.  88  f.) 
treten  im  Bogen  an  das  Band  heran;  ferner  treten  von  unten  und  lateralwärts 
her  der  Nervus  spermaticus  externus  und  der  Musculus  cremaster 
externus  hinzu  und  es  wird  von  einem  dünnen  Fortsatze  der  Fascia  trans- 
versalis  eingescheidet.  Dieser  Fortsatz  entspricht  der  Tunica  vaginalis  communis 
am  Samenstrange  des  Mannes.  Beim  Weibe  verliert  sich  diese  Hülle  ganz  un- 
merklich beim  Aufgehen   des  Bandes  in  das  Bindegewebe  der  grossen  Labien. 

Die  Pars  praeinguinalis  des  Ligamentum  teres  ist  der  kurze,  ausser- 
halb des  subkutanen  Leistenringes  gelegene  Theil  des  Bandes,  mit  welchem 
dasselbe  pinselförmig  oder  fächerförmig,  wie  vorhin  angegeben,  ausstrahlt 
und  endet.  Dieser  Theil  des  Bandes  hat  ungefähr  2  cm  Länge  und  läuft 
median-  und  abwärts  gerichtet.  Für  die  Aufsuchung  desselben,  beziehungs- 
weise des  Bandes  von  aussen  her,  wolle  man  merken,  dass  der  subkutane 
Leistenring  des  Weibes  dicht  lateral  und  ein  wenig  oberhalb  vom  Tuberculum 
pubicum,  welches  leicht  durchzufühlen  ist,  liegt,  und  dass  sein  Mittelpunkt  von 
der  Linea  alba  3,5 — 4  cm  entfernt  ist. 

Mit  Rücksicht  auf  die  in  der  neueren  Zeit  durch  die  Alquie-Alexander- 
sche  Operation  gesteigerte  praktische  Bedeutung  des  Bandes  ist  die  Pars 
extrapelvina  desselben  in  den  Figuren  88  d,  e  u.  f  in  natürlicher  Grösse  nach 
ihren  topographischen  Beziehungen  abgebildet  worden,  und  es  soll  im  folgen- 
den noch  eine  Erklärung  der  Figuren  gegeben  werden:  Fig.  88 d  zeigt  das 
Band,  wie  es  nach  Durchtrennung  der  Haut,  des  Panniculus  adiposus,  der 
Fascia  subcutanea  und  der  Tela  subfascialis  erscheint.  Man  sieht  dann  die 
Pars  praeinguinalis,  bedeckt  von  der  Fascia  cremasterica,  einer  sehr  dünnen 
Hülle,  die  von  den  Rändern  des  Leistenringes  ausgeht,  durchschimmern.  Das 
Band  erscheint  zwischen  den  beiden  Crura  des  subkutanen  Leistenringes  (Grus 
superius  und  Grus  inferius  s.  Ligamentum  inguinale  in  der  Figur),  lateralwärts 
ist  es  durch  die  Fibrae  intercrurales  begrenzt.  Dieser  Theil  wird  gekreuzt  von 
Aesten  der  Vena  pudenda  externa  und  von  einem  Zweige  des  Nervus  ilio- 
inguinalis,  welcher  schräg  über  das  Band  zwischen  den  Venenästen  hindurch- 
zieht. Der  Stamm  dieses  Nerven  liegt  gewöhnlich  in  einer  gewissen  Entfernung 
oberhalb,  so  dass  er  bei  der  Operation  leicht  vermieden  werden  kann;  er  tritt 
meist   durch   eine   besondere  OeflFnung   des  Grus  superius  aus.    Hinter   diesem 


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Rundes  Mutterband.  493 

Auch  in  Fig.  88  d  ist  die  Stelle  des  Tuberculum  pubicum  durch  einen 
Punkt  kenntlich  gemacht  (genau  an  der  Stelle  der  Kreuzung  des  N.  ilioingui- 
naüs  mit  der  Gabelung  der  Vena  pudenda  externa,  welche  in  Fig.  88  e  und  f 
etwas  nach  vorn  verschoben  ist). 

In  Fig.  88  f  ist  die  vordere  Wand  des  Leistenkanales  in  ihrer  ganzen 
Ausdehnung  gespalten,  zunächst  die  Aponeurose  des  Obliquus  externus,  dann 
auch  die  vereinigten  Musculi  obliquus  internus  und  transversus  abdominis,  welche 
noch  zum  guten  Theil  das  Ligamentum  teres  von  aussen  (vorn)  decken.  Als 
hintere  (beziehungsweise  innere)  Wand  des  Kanales  ersclieint  in  ganzer  Aus- 
dehnung die  Fascia  transversalis  und  das  Ligamentum  inguinale  reflexum 
(Collesi).  Hinter  der  P^ascia  transversalis  schimmern  die  Vasa  epigastrica 
inferiora  —  eine  Arterie  mit  zwei  Venen  —  durch,  sie  kreuzen  das  Band 
rechtwinklig  und  sind  nur  durch  die  Fascie  von  demselben  getrennt.  Vorn 
sieht  man  die  pinselförmigen  Insertionen  des  Bandes,  unter  anderen  eine  an 
das  Ligamentum  inguinale  reflexum.  Oben  läuft,  in  langer  Ausdehnung  sicht- 
bar, der  Nervus  ilioinguinalis,  durch  die  beiden  inneren  Bauchmuskeln  vom  Bande 
getrennt. 

Besonders  ausgezeichnet  ist  die  Eintrittsstelle  des  Bandes  in  den  Kanal. 
Man  sieht  hier  vor  allem  (in  der  Figur  durch  blaue  Farbe  hervorgehoben) 
eine  kleine  Vorsttilpung  des  Bauchfelles  ~  Processus  vaginalis  peritonaei 
(Diverticulum  Nuckii)  —  welche  in  Form  eines  kleinen  Säckchens  das 
runde  Mutterband  von  oben  und  vorn  her  bedeckt,  dasselbe  jedoch  nicht,  wie 
es  hier  und  da  ausgedrückt  wird,  ringförmig  umgreift.  Dies  Peritonaealsäckchen 
kann  leicht  stumpf  zurückgeschoben  werden,  da  dasselbe  nicht  fest  angeheftet 
ist.  Unterhalb  des  Peritonaealsäckchens  sieht  man  den  nach  oben  und  lateral- 
wärts  konkaven  halbmondförmigen  Einstülpungsring  der  Fascia  transversalis 
—  Plica  semilunaris  fasciae  transversalis  Henle  — ,  über  welchen  das 
Band  hinwegsteigt,  wenn  es  in  den  Kanal  eintritt.  Die  übrigen  in  der  Figur 
sichtbaren  Theile  sind  vorhin  schon  aufgeführt;  die  Vasa  epigastrica  super- 
ficialia  sind  durchschnitten  gezeichnet. 

Aus  einer  jüngst  erschienenen  eingehenden  Untersuchung  des  Ligamentum  teres 
uteri  von  Eisleri)  führe  ich  noch  an,  dass  der  subkutane  Leistenring  in  einzelnen 
FäHen  eine  steilere  Stellung  hat,  als  gewöhnlich,  so  dass  dann  die  Pars  praeinguinalis 
des  Ligamentum  teres  mehr  vertikal  verläuft. 

Einen  offenen  g-rösseren  Processus  vaginalis  peritonaei  von  über  1  cm  Länge 
trifft  man  noch  bis  zum  achten  Monate  des  foetalen  Lebens,  dann  beginnt  derselbe 
zu  obliteriren  bis  auf  den  beschriebenen  kleinen  trichterförmigen  Rest.  Bei  Kindern 
fand  ihn  Z  u  c  k  e  r  k  a  n  d  1  2)  noch  in  etwa  20  %  der  Fälle  in  grösserer  Ausdehnung 
offen.  In  einzelnen  Fällen  bleibt  solch  ein  grösserer  Sack  auch  bis  ins  höhere  Alter 
bestehen  und  kann  dann  Veranlassung  zur  Bildung  einer  „Hydrocele  muliebris«  geben 
(siehe  pathologische  Zustände  der  Adnexa  uteri). 


1)  Eisler,  P.,   Zur  Anatomie   der   Regio   inguinalis    des  Weibes.    Münchener 
mediz.  Wochenschrift.  1898.  Nr.  16. 

2)  Zuckerkand  1,   Ueber  den  Scheidenfortsatz  des  Bauchfells  und  dessen  Be- 
ziehung zur  äusseren  Leistenhernie,    v.  Langenbeck's  Archiv  für  klin.  Chir.    Bd.  20. 


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Ligamenta  uterosacra.    Musculi  rectouterini.  495 

Das  Muskelgewebe  liegt  mehr  an  der  Peripherie,  das  Bindegewebe  mehr  in  der  Mitte 
des  Bandes.  Zu  diesen  grundlegenden  Bestandtheilen  treten  die  Venae  sper- 
maticae  externae,  welche  dem  Bande  entlang  einen  Plexus  bilden,  der  mit 
den  Uterinvenen,  den  Venen  der  Labia  majora  und  denen  der  ßauchwand  anastomo- 
sirt;  sonach  werden  die  Uterinvenen  mit  dem  Gebiete  der  Vena  saphena  (femoralis) 
in  Verbindung  gesetzt.  Der  Arterien  und  ihrer  Anastomose  mit  der  Arteria  uterina 
wurde  schon  gedacht.  Die  Lymphgefässe  des  Bandes  haben  einen  zweiseitigen 
Abfluss,  zu  den  Lymphoglandulae  iliacae  und  inguinales.  Die  Nerven  liefert  der 
Nervus  spermaticus  ext  er  n  u  s. 

Spiegelberg  (Monatsschrift  für  Geburtskunde,  24.  Band)  sah  auf  Reizung 
des  Bandes  bei  einer  Enthaupteten  Bewegungen  eintreten,  ebenso  Sherrington^) 
bei  Katzen,  wo  durch  Reizung  beider  Ligamente  eine  leichte  Vorwärtsbewegung  des 
Uterus  erzielt  wurde. 

Die  Ligamenta  teretia  zeigen  eine  nicht  unbedeutende  Festigkeit.  Beurnier^) 
fand  eine  Tragfähigkeit  von  600  gr;  Lanz  (citirt  bei  Eis  1er  1.  c.)  spricht  sogar  von 
5—5,5  kgr  Tragkraft. 

Gegen  das  Ende  der  Schwangerschaft  werden  die  runden  Mutterbänder  fast 
viermal  so  stark,  wie  im  nicht  schwangeren  Zustande;  auch  bei  Descensus  uteri  hat 
man  sie  hypertrophisch  gefunden.  Bei  der  typischen  Lage  des  Uterus  erscheinen  sie 
nicht  gespannt,  vielmehr  in  leichten  Biegungen  gelagert.  Ziegenspeck 3)  fand  sie 
auch  bei  der  Retroversio  uteri  nicht  wesentlich  verlängert*). 

lii^amenta  nterosaora.    Masouli  rectouterini. 

Dicht  unterhalb  des  Isthmus  uteri  entspringen  aus  der  Wand  der  Gebär- 
mutter eine  grössere  Quantität  glatter  Muskelfasern,  welche  mit  den  subserösen 
Muskelfasern  des  Ligamentum  latum  in  Verbindung  stehen;  zu  ihnen  treten 
noch  muskulöse  Elemente  aus  der  hinteren  Scheidenwand.  Die  oberen  Bündel 
beider  Seiten  vereinigen  sich  in  einem  quer  über  die  hintere  Cervixwand  hin- 
weg laufenden  Zuge,  welcher  gleichsam  die  Grundlage  dieser  Muskulatur  bildet. 
Von  hier  aus  strahlen  dieselben,  mit  festeren  Bindegewebs-  und  elastischen 
Fasern  gemengt,  in  die  Plicae  Douglasi  und,  wenn  solche  vorhanden,  auch  in 
die  Plicae  uterolumbales  (S.  531)  aus.  Je  weiter  nach  hinten,  desto  mehr 
entfalten  sie  sich  fächerförmig.  Sie  hängen  dabei  theils  mit  der  Muskulatur  des 
Rectum  zusammen,  theils  heften  sie  sich  an  die  Blätter  der  Serosa  oder  endlich 
an  die  Wände  der  Beckenplexus -Venen.  Die  Bindegewebsfaserzüge  lassen  sich 
bis  zur  Fascia  pelvis  verfolgen,  durch  welche  sie  wiederum  eine  Befestigung 
am  Perioste  des  Kreuzbeines  finden  (11  und  III  Kreuzwirbel).  Man  hat  sie  da- 
her als  Ligamenta  uterosacra  eingeführt.     Die  Muskelfasern  sind  als  Mus- 


1)  Sh  er  rington,  C.  S.,  Notes  of  the  arrangement  of  some  motorfibres  in  the 
lumbosacral  Plexus.    Journal  of  Physiologie.  Vol.  XIII.  1892. 

2)  Beurnier,  Ligaments  ronds  de  l'uterus.  These  de  Paris  1886. 

3)  Ziegen  speck,  R.,  Ueber  normale  und  pathologische  Anheftungen  der  Ge- 
bärmutter und  ihre  Beziehungen  zu  den  wichtigsten  Lageveränderungen.  Archiv  für 
Gynäkologie.  Bd.  31. 

4)  Ueber  das  Ligamentum  teres  uteri  vergl.  noch:  Edebohls,  George  M.,  Shor- 
tening  the  round  Ligaments.  Indications,  Technics  and  Results.  American  Gynaecol. 
and  obstetrical  Journ.  1896.  Mit  vollständiger  Litteratur  auch  über  die  Alqui^-Alex- 
ander'sche  Operation. 


496  Gebärmutter:  Maasstabelle. 

culi  rectouterini  bezeichnet  werden.  In  der  Nähe  des  Uterus,  und  zu 
beiden  Seiten  des  Rectum  stellen  diese  Züge  schmale,  aber  hohe  ziemlich  gut 
abgesetzte  Stränge  dar  (s.  Figg.  83,  9  und  84  a). 

Diese  Bildungen  sind  die  Grundlagen  der  Douglas'schen  Falten  und  der 
Plicae  uterolumbales.  Das  quere,  hinter  der  Cervix  uteri  herziehende  Grund- 
bündel bildet,  vom  Bauchfelle  tiberzogen,  den  oben  erwähnten  Querwulst,  der 
bei  deutlicher  Ausbildung  als  „Torus  utcrinus"  erscheint  (S.  446);  seiner 
Lage  nach  entspricht  er  ungefähr  dem  inneren  Muttermunde  (s.  Figg.  81a, 
85  und  86). 

In  der  Substanz  der  Bänder  und  der  Douglas'schen  Falten  liegen  kleine 
Arterien  und  Venen,  welche  die  Gefässe  des  Uterus  und  der  Scheide  mit 
denen  des  Rectum  verbinden;  auch  die  von  Morau  beschriebenen  Lymph- 
gefässverbindungen  zwischen  Scheide  und  Rectum  verlaufen  hier  (s.  Kap. 
„Scheide").  Testut  1.  c.  erwähnt  auch  sympathischer  Nervenfäden,  welche 
vom  Plexus  hypogastricus  zu  diesen  Bändern  ziehen. 

Die  Plicae  Douglasi  und  die  in  ihnen  liegenden  Bänder  stehen  4—5  cm  von  ein- 
ander ab;  beim  starken  Herabziehen  des  Uterus  nähern  sie  sich  einander  und  werden 
gespannt;   sie  können  dann  von  der  Scheide  und  vom  Rectum   aus    palpirt  werden^). 

Ausser  zum  Rectum  strahlen  auch  noch  zur  Harnblase  glatte  Muskelfasern  vom 
Uterus  und  von  den  Ligamenta  lata  aus:  Musculi  vesicouterini. 

Maasstabelle. 

Gesamtlänge  des  Uterus,  Nullipara 6,5  cm  (5—8) 

Multipara 7,5  „    (6-9) 

Corpuslänge,  Nullipara 4,0  „ 

Cervixlänge,  „ 2,5  „ 

Corpuslänge,  Multipara 4,5  „ 

Cervixlänge,  „  3,0  „ 

Gesamtlänge  der  Cavitas  uteri,  Nullipara 5,5  »    (4—7) 

Cavum  corporis  uteri,  Nullipara 3,0  „ 

Canalis  cervicis,  Nullipara       2,5  „ 

Gesamtlänge  der  Cavitas  uteri,  Multipara 6»5  » 

Cavum  corporis  uteri,  Multipara 4,0  „ 

Canalis  cervicis,  Multipara 2,5  „ 

Nullipara:  Grösste  Breite  des  Corpus 3,5—4,0  „ 

„        Dicke      „  „  2,5-3,0  „ 

y,         Wandungsdicke  des  Corpus  und  Fundus 1—1,5  „ 

„  „  der  Cervix        0,8— 1,0  „ 

„         Querdurchmesser    des  Cavum   corporis  dicht  unterhalb   der 

Tuben 2,5  „ 

„         Gewicht 40—50  gr 


1)  Ueber  die  Lage  und  die  Befestigungen  der  Gebärmutter,  insbesondere  über 
die  Rolle  der  Ligamenta  uterosacra,  vgl.  vor  Allem:  Schultz  e,  B.  S.,  Ueber  Versionen 
und  Flexionen,  speziell  über  die  mechanische  Behandlung  der  Rückwärtslagerungen 
der  Gebärmutter.  Arch.  f.  Gynäkologie.  Bd.  4.  —  Die  exakte  Ermittelung  der  Lage  des 
Uterus  in  der  lebenden  Frau.  Centralblatt  f.  GynäkoL  1878.  —  Zur  Kenntniss  von  der 
Lage  der  Eingeweide  im  weiblichen  Becken.  Arch.  f.  Gynäk.  Bd.  9.  —  Zur  Pathologie 
und  Therapie  der  Lageveränderungen  des  Uterus.    Berlin,  1881.  (Hauptwerk.) 


Gebärmutter:  Pathologische  Zustände.  497 

Multipara:  Grösste  Breite  des  Corpus 4,0—5,0  cm 

„  „       Dicke     „         „ 3,0    „ 

„  Querdurchmesser  des   Cavum  corporis  dicht  unterhalb  der 

Tuben 3,0—3,5    „ 

„  Gewicht 60—70  gr 

„  Länge  der  Portio  vaginalis  Erwachsener,  durchschnittlich  .    1,0  cm 

Gesamtlänge  des  kindlichen  Uterus  im  Durchschnitt 2,5—3,5    „ 

Gesamtlänge  des  senilen,  rückgebildeten  Uterus  im  Durchschnitt.    .    .    3,0    „ 
Schwangerer  Uterus  im  letzten  Monate;  Durchschnittsmaasse: 

Grösste  Länge 36,0    „ 

„       Corpusbreite 25,0    „ 

„       Corpusdicke 24,0    „ 

Gewicht 900-1200  gr 

Länge  der  Cervix  uteri  gravidi 4,5—5,0  cm 

Patholos^flohe  Zustände  der  Gebärmutter. 

1)  Lageveränderungen.  Es  wurde  schon  vorhin  erwähnt,  dass  jede 
innerhalb  der  normalen  Grenzen  vorkommende  Lage  der  Gebärmutter  zu  Störungen 
führen  kann  und  meist  auch  führt,  wenn  die  normale  Beweglichkeit  des  Uterus,  ins- 
besondere in  seinem  Pseudogclenke  am  Isthmus,  stärker  beeinträchtigt  oder  auf- 
gehoben ist,  so  dass  das  Organ  den  FüUungs-  und  Entleerungszuständen  der  übrigen 
Beckenorgane  sich  nicht  genügend  anzupassen  vermag.  Schon  R.  Virchow  (Ge- 
sammelte Abhandlungen  S.  812)  hat  auf  die  Wichtigkeit  der  normalen  Beweglichkeit 
der  Gebärmutter  hingewiesen. 

Aber  auch  bei  normaler  Beweglichkeit  können  die  Lagen  an  sich  pathologisch 
werden,  wenn  sie  zu  sehr  von  der  typischen  abweichen;  eine  Retroflexio  uteri 
muss,  wie  bemerkt,  unter  allen  Umständen  als  eine  pathologische  Lage  bezeichnet 
werden.  Nächst  ihr  gibt  der  Descensus  uteri  zu  den  meisten  Störungen  Veranlassung; 
dann  eine  mit  Descensus  verbundene  Anteflexio,  selbst  wenn  der  Descensus  ein  geringer 
ist.  Es  ist  klar,  dass  man  eine  Anteflexio  und  Retroflexio  durch  die  Untersuchung  per 
Vaginam  und  Rectum  an  dem  der  vordei*en  oder  hinteren  Scheidenwand  dicht  an- 
liegenden, fest  sich  anfühlenden  Fundus  uteri  zu  erkennen  vermag.  Als  seltene,  aber 
sehr  ernst  zu  nehmende  Lageveränderungen  sind  noch  die  erheblicheren  A  x  e  n- 
drehungen  und  die  Inversionen  zu  nennen.  Bei  den  stärkeren  Axendrehungen 
wird  der  Uteruskanal  unwegsam;  oft  verschmächtigt  sich  die  Drehungsstelle  zu  einem 
dünnen  Stiele;  auch  schwere  Kreislaufsstörungen  kommen  dabei  vor.  Die  In  v  e  r  s  i  o 
uteri,  der  Zustand  der  Einstülpung  des  Fundus  in  die  Uterinhöhle,  der  bis  zur  fast 
völligen  Umstülpung  des  Organes  sich  steigern  kann,  so  dass  die  TubenöfFnungen  frei 
nach  aussen  liegen,  kommt  am  häufigsten  unmittelbar  nach  der  Entbindung  oder  im 
Puerperium  vor.  Ausserhalb  dieser  Perioden  wohl  nur,  wenn  die  Uterinhöhle  er- 
weitert war  —  meist  durch  ein  Neoplasma  ~  und  wenn  dabei  die  Wandungen  er- 
schlafft sind.    Meist  besteht  dann  noch  Prolapsus  uteri  mit  Inversio  vaginae^). 

2)  Verengerungen  und  Erweiterungen  des  Cavum  uteri.  Wie 
bei  allen  Hohlkanälen,  so  bestehen  auch  beim  Uterus   anatomische  Dispositionen  zu 


1)  Vergl.  über  die  Lageveränderungen  der  Gebärmutter  vor  allem  die  S.  ^f^  I/qb 
citirten  Abhandlungen  B.  S.  Schultzens,  ferner  dessen  jüngst  erschienenes  „Referat 
über  Retroversion  und  Retrofiexion  des  Uterus**.  Verhandl.  der  Deutschen  gynäkol. 
Gesellschaft.  1897.  —  Sehr  eingehend  und  mit  reichem  Litteraturnachweise  versehen 
ist  das  Buch  von  H.  Fritsch:  „Die  Lageveränderungen  und  Entzündungen  der  Ge- 
bärmutter.« Deutsche  Chirurgie,  Lieferung  56.  Stuttgart,  Enke.  1885. 
Waldcyer,  Das  Becken. 


498  Gebärmutter:  Pathologische  Zustände. 

Verengerungen,  insbesondere  zu  Strikturen.  Abgesehen  von  angeborenen  Zuständen 
dieser  Art,  koin;nen  Verengerungen  durch  Knickungen,  Axendrehungen,  Geschwülste, 
entzündliche  Zustände  und  durch  Narbenbildungcn  vor.  Die  Stelle  des  inneren  Mutter- 
mundes, welche  normal  für  eine  3— 4  mm  starke  Sonde  passirbar  ist,  bietet  häufiger 
Verengerungen  dar^).  —  Hinter  den  verengerten  Stellen  kommt  es  dann  zu  Erwei- 
terungen durch  Flüssigkeitsansammlung'  (Hydrometra,  Hämometra,  Pyometra),  welche 
auch  die  Tuben  in  Mitleidenschaft  zielien  können.  Jedoch  ist  es  niclit  gerade  häufig, 
dass  sich  aufgestaute  Flüssigkeiten  vom  Cavum  uteri  in  die  Tuben  oder  umgekehrt 
ergiessen,  wofür  ein  Erklärungsgrund  in  der  Engigkeit  des  intramuralen  Tuben- 
kanales  gefunden  werden  darf. 

Während  der  geschlechtsthätigen  Zeit  wird  jede  Verengerung  des  Uterus,  ins- 
besondere des  Cervikalkanales,  eine  schwerere  Störung,  wegen  der  Behinderung  des 
Menstrualflusses  und  der  Konzeption. 

3)  E  n  t  z  ü  n  d  1  i  c  h  e  V  e  r  ä  n  d  e  r  u  n  g  e  n.  Wir  haben  schon  vorhin  die  Wichtig- 
keit des  Aufbaues  der  Gebärmutter  aus  drei  anatomischen  Hauptschichten  für  das 
Verständniss  zahlreicher  pathologischer  Processe  hervorgehoben.  Die  übliche  Ein- 
theilung  der  entzündlichen  Vorgänge  in  endometritischC;  myomet  ritische 
und  perimetritische  beruht  hierauf.  Hierzu  kommen  noch  die  parametriti- 
schen,  und  es  soll  nicht  vergessen   sein,  dass  alle  diese  häufig  auch  kombinirt  sind. 

Bei  den  endomet ritischen  Processen  sind  die  Veränderungen  des 
Interglandulargewebes  von  denen  der  Drüsen  zu  unterscheiden.  Chronische  Entzün- 
dungsformen können  zu  einer  Vermehrung  der  runden  Interglandularzellen ,  Schwel- 
lung, Verlängerung,  sägeartigem  Aussehen  der  Drüsenlumina  auf  Längsschnitten, 
ferner  zu  schleimigeitrigen  Ausflüssen  führen,  andererseits  auch  zu  atrophischen  Zu- 
ständen der  Schleimhaut,  bei  denen  deren  spindel-  und  sternförmige  Zellen  vermehrt 
sind,  die  Rundzellen  aber  zurücktreten. 

Die  reichlichen  Lymph-  und  weiten  Blutgefässe  der  Schleimhaut  des  gesamten 
Uterus,  die  nach  so  verschiedenen  Seiten  Verbindungen  haben,  ferner  die  grosse  seröse 
Fläche  des  Organes,  das  ansehnlich  entwickelte  Parametrium  mit  seinen  zahlreichen 
Gefässen,  dazu  die  frei  bewegliche  Lage  des  Uterus  in  der  Mitte  des  Beckens,  wo  alle 
übrigen  Organe  um  ihn  als  Mittelpunkt  gruppirt  sind,  die  menstruellen  Veränderungen, 
die  der  Schwangerschaft  und  des  Wochenbettes  sind  ungemein  wichtige  anatomische  und 
physiologische  Faktoren  für  die  Beurtheilung,  Prognose  und  Therapie,  wie  fast  aller  Er- 
krankungen der  Gebärmutter,  so  insbesondere  der  entzündlichen.  Vor  allem  erklärt 
sich  daraus  die  grosse  Gefahr,  welche  die  infektiösen  Entzündungen  im  Puerperium 
mit  sich  bringen.  Bei  diesen  kann  man  die  grossen  Venen  mit  puriform  zerfallenden 
Thromben  gefüllt  finden  und  die  grossen  Lymphgefässstämme  zu  kleinen  Eitersacken 
ausgedehnt.  Venenthrombosirungen  sind  hier  auch  wegen  des  Zusammenhanges  aller 
grossen  venösen  Beckenplexus  gefahrdrohend;  unter  anderen  können  sie  durch  Fort- 
setzung auf  die  Vena  femoralis  zur  Phlebothrombosis  femoralis  führen,  deren  Sym- 
ptomenkomplex unter  dem  Namen  ,,Phlegmasia  alba  dolens"  bekannt  ist. 

Leicht  greifen  infektiöse  Entzündungen  auf  das  Parametrium 
über  und  erzeugen  dort  pui^ulente  Infiltrationen,  welche  wegen  des  straffen,  festen 
Bindegewebes  einen  speckigen  Charakter  tragen,  aber  auch  unter  der  abscedirenden 
Form  auftreten  können.  Sie  verbreiten  sich,  infolge  des  Zusammenhanges  des  Becken- 
bindegewebes, unter  Umständen  im  ganzen  Becken,  bis  in  die  Bauchhöhle  hinauf  und, 
durch  die  natürlichen  Austrittspforten,  bis  unter  die  Gesässmuskulatur  oder  bis  zum 
Oberschenkel.  Vgl.  das  Kapitel  „Beckenabscesse".  Per  im  etritische  Vorgänge 
sind  selbst  nach  der  Heilung  in  ihren  Folgen  oft  schwer  störend,  indem  sie  durch 
pseudoligamentöse  Verwachsungen   zu  der  so  verhängnissvollen  Schwerbeweglichkeit 

1 )  G  u  y  0  n,  6tude  sur  les  cavit^s  de  l'uterus  k  l'^-tat  de  vacuite.  These  de  Paris.  1858. 


Gebärmutter:  Pathologische  Zustände.  499 

des  Uterus  und  zu  Lageveränderungen  führen;  davon  werden  dann  die  Adnexa  uteri 
meistens  mitbetroffen. 

4)  Abnorme  Kommunikationen  der  Gebärmutter.  Den  Lagever- 
liältnisscn  nach  kann  das  Lumen  uteri  mit  einer  ganzen  Reihe  von  Hohlorganen  ab- 
norme Verbindungen  eingehen.  Vor  allem  sind  zu  nennen  die  (seltenen)  Rectum- 
uterustisteln,  die  B  lasenuterusfisteln,  welche  meist  zwischen  Cervix  und 
Blase  bestehen,  aber  auch  das  Corpus  uteri  betreffen  können,  und  die  Ureter- 
uterusfisteln;  letztere  werden  nur  im  Gebiete  des  Canalis  cervicis  beobachtet. 
Es  können  auch  Verbindungen  mit  Dünndarmschlingen,  oder  mit  dem  Colon  sigmoi- 
deum  und  pelvinum  sieh  herstellen.  Als  Uterus-Abdominalfisteln  werden  Ver- 
bindungen des  Uteruskanalcs  mit  der  Peritonäalhöhle,  als  U  t  e  r  u  s-B  a  u  c  h  d  e  c  k  e  n- 
fisteTn  solche,  die  auf  die  äussere  Haut  führen,  bezeichnet. 

5)  Neubildungen.  Die  von  der  Schleimhaut  ausgehenden  Neubildungen, 
wozu  wir  auch  die  häufigen  kleinen  Cystenbildungen  rechnen  wollen,  müssen  in  solche 
der  C  o  r  p  u  s  s  c  h  1  c  i  m  h  a  u  t  und  der  C  e  r  v  i  x  s  c  h  1  e  i  m  h  a  u  t  getrennt  werden. 
Die  Cysten  der  Cervix  sind  meistens  Retentionsbildungen,  die  von  den  Cervikal- 
drüsen  ihren  Ursprung  nehmen.  Sie  sind  unter  dem  Namen  „Ovula  Nabothi"  be- 
kannt und  erreichen  gewöhnlich  Linsen-Erbsengrösse.  Auch  die  Corpusdrüsen  geben 
zu  Cystenbildungen  Veranlassung;  ferner  kommen  im  Corpus  auch  in  die  Tiefe  des 
Myometrium  versprengte  Schleimhautinseln  und  foetale  Urnierenreste  —  siehe  das 
Kapitel  „Eierstocks-  und  Tubenanhänge«  —  für  die  Cystenbildung  in  Betracht.  Die 
aus  den  Urnierenresten  hervorgehenden  Cysten  liegen  mehr  oberflächlich  in  der  Nähe 
der  Peritonealbekleidung.  Auch  der  Rest  des  Wolff'schen  Ganges,  welcher  sich  in 
der  Uteruswand  noch  längere  Zeit  zu  erhalten  pflegt,  s.  Kap.  Entwicklungsgeschichte, 
kann  zu  cystischen  Bildungen  sich  umformen.  Die  subserösen,  von  den  Urnieren  ab- 
stammenden Uteruscysten  fanden  v.  Recklinghausen,  1.  c.  [S.  502],  und  Pfannen- 
stieP)  mit  Flimmerepithel  ausgekleidet,  wogegen  in  den  submukösen  Uteruscysten 
und  in  den  Nabothseiern  das  Flimmerepithel  vermisst  wurde.  Kossmann*-*)  dagegen 
lässt  Flimmerung  in  Cysten,  die  von  den  Uterindrüsen  ausgehen,  die  Regel  sein. 

Aus  der  Existenz  der  kanalförmigen  Uteruslichtung  und  des  daran  sich  schliessen- 
den  Scheidenrohres  erklärt  sich  die  polypöse  Form,  welche  die  nach  diesen  Lich- 
tungen hin  vorwachsenden  Uterusgeschwülste  gemeinhin  annehmen;  meist  sind  diese 
polypösen  Tumoren,  Uteruspolypen,  ihrem  Baue  nach  Adenome,  Adenosarkome, 
Adenofibrome,  Adenomyome  oder  reine  Myome  mit  Schleimhautbezug. 

Die  wichtigsten  von  der  Schleimhaut  der  Gebärmutter  ausgehenden  Neubildungen 
sind  die  Karcinome;  sie  gehören  zu  den  häufigsten  Krebsen  des  menschlichen 
Körpers  überhaupt.  Meist  entwickeln  sie  sich  von  der  Portio  vaginalis  und  von  der 
Cervix  uteri,  soweit  deren  Schleimhaut  Plattenepithel  führt.  Sonach  stellen  sie  sich 
der  Mehrzahl  nach  in  die  Gruppe  der  „Hornkrebse"  und  sind  mit  den  bekannten 
konzentrischen  epithelialen  Krebskörpern  ausgestattet.  Häufig  zeigt  ihr  in  die  Scheide 
vorwuchernder  Theil  die  charakteristische  Form  sogenannter  „Blumenkohlgewächse", 
worauf  wohl  der  Bau  der  Portio  vaginalis,  deren  Schleimhaut  Papillen  trägt,  von 
Einfluss  ist.  Ausser  den  Hornkrebsen  kommen  aber  auch  Schleimkrebse,  die  von  den 
Drüsen  der  Cervix  ihren  Ausgang  nehmen,  vor. 

Selten  sind  primäre  Korpuskarcinome;  verhältnissmässig  häufig  mögen  sie  hier 
aus  primären  Adenomen  hervorgehen  oder  mit  ihnen  kombinirt  sein.  Auch  auf  die 
epithelialen  foetalen  Reste  muss  als  mögliche  Quelle  von  Korpuskarcinomen  hinge- 
wiesen werden. 


1)  Verhandlungen  der  Deutschen  Gesellschaft  für  Gynäkologie.  1892.  S.  318. 

2)  Kossmann,  R.,  Die  Abstammung  der  Drüseneinschlüsse  in  den  Adenomyomen 
des  Uterus  und  der  Tube.   Archiv  für  Gynäkologie.  Bd.  54.  1897. 


500  Gebärmutter:  Pathologische  Zustände. 

Von  besonderer  Wichtigkeit  ist  die  Verbreitungsweise  des  Uterus- 
krebses. Wir  beschränken  uns  hier  auf  den  Portiokrebs  und  den  Cervixkrebs. 
Aus  den  anatomischen  Verhältnissen  folgt,  dass  er  zunächst  durch  direktes  üeber- 
wuchern  von  der  Cervix  und  der  Portio  vaginalis  aus  die  Scheide,  das  Corpus  uteri 
und  das  Parametrium  ergreifen  kann.  Die  von  Winter^)  gesammelten  und 
kritisch  gewürdigten  bisherigen  Erfahrungen  ergeben,  dass,  was  zunächst  die 
kontinuirliche  Ausbreitung  des  primären  Heerdes  angeht,  der  Portio-  und 
Cervixkrebs  sich  fast  ausschliesslich  in  die  seitlichen  Theile  des  Para- 
metrium vorschiebt  —  ohne  hier  neue  i  s  o  1  i  r  t  e  Tumoren  zu  bilden  — ,  dass 
er  dann  von  da  vorzugsweise  nach  hinten,  gegen  die  Articulatio  sacroiliaca 
fortschreitet.  Zur  vorderen  Beckenwand  im  paravesikalen  Bindegewebe  geht  er 
nicht  fort;  dagegen  verbreitet  er  sich  wohl  im  cervikovesikalen  Bindegewebe,  so 
dass  von  hier  aus  sein  üebergreifen  auf  die  Harnblase  anatomisch  verständlich 
wird.     Selten  dringt  das  Cervixkarcinom  bis  zum  Douglas'schen  Räume  vor. 

Ein  zweiter  Weg,  der  der  embolischen  Verschleppung,  geschieht  durch 
die  Blutgefässe,  insbesondere  die  Venen,  und  durch  die  Lymphbahnen.  Neuere 
Untersuchungen,  vor  allem  die  von  Goldmann,  1.  c.  [S.  285],  haben  ein  häufiges 
Einwachsen  von  Krebszapfen  in  die  Venen  erwiesen;  seit  langem  bekannt  sind 
die  Verschleppungen  durch  die  Lymphwege.  Bei  diesen  Verbreitungen  durch 
die  Gefässbahn  ist  auch  die  Möglichkeit  eines  retrograden  Transportes  ins 
Auge  zu  fassen.  Endlich  muss  man  hierbei  die  „lokalen"  und  die  „Fernbahnen", 
wie  ich  dies  nennen  möchte,  unterscheiden.  Die  „lokalen  Bahnen"  sind  diejenigen 
Blut-  und  Lymphbahnen,  welche  in  dem  erkrankten  Organe  selbst  verbleiben. 
Es  kann,  wie  Seelig,  1.  c,  gezeigt  hat,  durch  die  Lymphwege  ein  Carcinoma 
colli  in  das  Corpus  uteri  verschleppt  werden;  dies  kann  unzweifelhaft  auch 
durch  die  Blutgefässe  geschehen.  „Fernbahnen"  will  ich  diejenigen  nennen, 
welche  über  das  Gebiet  des  Organes  hinausführen.  Die  lymphatischen  und 
hämatischen  Fernbahnen  ergeben  sich  aus  dem  vorhin  über  die  Gefässe  des 
Uterus  Mitgetheilten.  —  Die  Verschleppung  auf  dem  Wege  der  Blutgefässe  unter- 
scheidet sich  in  einem  wesentlichen  Punkte  von  der  lymphatischen:  bei  der 
ersteren  können  die  krebsigen  Emboli  sofort  durch  das  Herz  in  die  entferntesten 
Körperprovinzen  gelangen  und  weit  umhergestreut  werden ;  es  entstehen  dadurch 
diejenigen  Ueberpflanzungen  der  Neoplasmen,  welche  man  als  „metastatische" 
bezeichnet  hat,  während  die  lymphatische  Verbreitung  stets,  oder  doch  der 
Regel  nach,  bei  den  nächsten  Lymphdrüsen,  den  sogenannten  regionären 
Lymphdrüsen,  Halt  machen  muss.  Nach  Durchwucherung  dieser  Drüsen  geht 
es  zu  der  nächsten  im  Wege  des  Lymphstromes  liegenden  Drüsengruppe.  Der 
Lymphgefässweg  ist  also  eine  Art  Etappenstrasse,  mit  bestimmten  Haltpunkten ; 
er  ist  also  auch  der  langsamere.  Winter  unterscheidet  in  Rücksicht  auf  diese 
durch  die  anatomischen  Verhältnisse  bedingten  Verschiedenheiten:  die  lokale 


1)  Winter,  G.,  Ueber  die  Recidive  des  Uteruskrebses,  insbesondere  über  Impf- 
recidive.  Stuttgart,  Enke.  1893.  8.  Vgl.  auch  die  neuere  Zusammenstellung  von 
Winklei",  1.  c.  Kapitel  „Beckenabsccsse". 


Gebärmutter:  Pathologische  Zustände.  501 

Verbreitung  in  eontinuO;  die  lymphatische  Verbreitung  und  die  meta- 
statische, als  welche  er  die  durch  die  Blutgefässe  erfolgende  ansieht.  Die- 
selbe Einthcilung  gibt  Winter  für  die  Recidive.  Man  kann  dieser  Eintheilung 
zustimmen,  muss  sich  aber  klar  machen,  dass  die  Art  der  Verbreitung  auf  dem 
Lymph-  und  Blutwege,  falls  nicht  die  Gefäss Wandungen  selbst  in  Mitleiden- 
schaft gezogen  werden,  ihrem  Wesen  nach  dieselbe,  eine  embolische,  ist. 

Nach  den  Darlegungen  von  Gusserow^)  erfolgt  die  Weiterverbreitung 
der  Uteniskrebse  durch  die  Lymphbahnen  erst  spät. 

Alles  dieses  ist  praktisch  von  grösster  Bedeutung,  z.  B.  für  die  Fragen, 
wann  soll  man  noch  operiren?  wie  soll  man  operiren?  woher  kommen  die  Re- 
cidive? U.A.  Die  Gynäkologen  sind  jetzt  fast  alle  einig  darüber  (s.  Winter, 
1.  c.  S.  28),  dass  man  bei  sicher  geführtem  Nachweise  einer  Ausbreitung  des 
Krebses  auf  das  Paramctrium  sich  einer  Operation  enthalten  solle,  ferner,  dass 
man  nicht  mehr  partiell,  sondern  nur  total  operiren  solle  durch  Entfernung 
des  ganzen  Organes,  und  dass  man  bei  der  Operation  alle  Vcrmfiidöög  vonaA^Wi. 
Ueberimpfungen  durch  den  Operationsakt  selbst  zu  meiden  habe.  Beide  letzte- 
ren Grundsätze  sind  bereits  in  meiner  vor  25  Jahren  erschienenen  Schrift  über 
den  Krebs ^)  entschieden  vertreten  worden;  den  Uterus  hielt  ich  freilich  damals 
noch  nicht  für  in  toto  entfernbar. 

Sarkome  der  Gebärmutter  sind  gegenüber  den  Karcinomen  selten.  Siegehen 
meist  vom  Interglandulargewebc  aus. 

In  einigen  Fällen,  die  ich  aus  eigener  Anschauung  kenne,  hat  AbeP)  bei  länger 
bestehenden  Portiokrebsen  Veränderungen  der  Korpusschleimhaut  gefunden,  welche 
in  dem  Auftreten  zahlreicher  spindelförmiger  Zellen,  unter  Zurücktreten  der  Rund- 
zellen bestand,  so  dass  die  Schleimhaut  Aehnlichkeit  mit  dem  Baue  eines  diffusen 
Sarkomes  zeigte. 

Ausserordentlich  häufig  sind  die  vom  Myometrium  ausgehenden  Neubildungen, 
die  Uterusmyome.  Vorwiegend  bestehen  dieselben  aus  glatten  Muskelfasern 
„Leiomyome".  Als  Seltenheit  findet  man  auch  wolil  gestreifte  Muskelfasern  in  diesen 
Tumoren,  „Rhabdomyome"  (vergl.  die  vorhin  citirten  Befunde  von  N  c  h  r  k  o  r  n).  Von 
hohem  Interesse,  auch  für  die  allgemeine  Aetiologie  der  Geschwülste  ist  aber  der  zu- 
nächst durch  einzelne  Beobachtimgen,  insbesondere  von  Babes*),  Hauser  u.  A.,  dann 
aber  durch  eine  eingehende,  systematische  Untersuchung  v.  R  e  c  k  1  i  n  g  h  a  u  s  e  n's 
erbrachte  Nachweis,  dass  inmitten  vieler  dieser  Myome  epitheliale,  zum  Theil  cystisch 
erweiterte  und  verzweigte,  vielfach  tiimnicrndc  Kanäle  stecken,  welche  grösstentheils 
auf  die  weiter  unten  beschriebenen  und  vorhin  bereits  erwähnten  Urnierenreste  zurück- 


1)  Gusserow,  A.,  Ueber  Carcinoma  uteri.  Klinische  Vorträge,  herausgegeben 
von  R.  Volkmann.    Erste  Folge.  Nr.  18. 

2)  Waldeyer,  W.,  Ueber  den  Krebs.  Nr.  33  der  Klinischen  Vorträge,  heraus- 
gegeben von  R.  Volkmann.    Leipzig,  1872.   (Erste  Folge.) 

3)  Abel,  K.,  Ueber  das  Verhalten  der  Schleimhaut  des  Uteruskörpers  bei  Kar- 
cinom  der  Portio.   Arch.  f.  Gynäkol.  Bd.  32.  1888. 

4)  Babes,  Ueber  epitheliale  Geschwülste  in  Uterusmyomen.  Wiener  allgem. 
med.  Zeitung.  1882.  Nr.  36.  —  Hauser,  G.,  Ueber  das  Vorkommen  von  Drüsenschläu- 
chen in  einem  Fibromyom  des  Uterus.  Münchener  med.  Wochenschrift.  1893.  Nr.  10.  — 
Recklinghausen,  F.  v.,  Die  Adenomyome  und  Cystadenome  der  Uterus-  und  Tuben- 
wandung. Ihre  Abkunft  von  Resten  des  Wolft 'scheu  Körpers.  Berlin,  1896.  Hirscli- 
wald,  8.  (Litteratur.) 


C02  Muttertrompete. 

zuführen  sind.  Man  bezeichnet  diese  Myome  als  Adenomyome  bezw.  Cystadenome. 
Kossmann^  1.  c,  bestreitet,  dass  die  in  diesen  Uterus-  und  Tubenmyomen  gefun- 
denen epithelialen  Bildung-en  vom  Wolf f'schen  Gange  und  dessen  Derivaten,  den  üi- 
nierenkanälchen,  abzuleiten  wären ;  er  führt  sie  vielmehr  auf  Derivate  des  Müller- 
scheu  Ganges,  insbesondere  auf  die  sogenannten  „Nebentuben",  s.w.u.,  zurück.  Robert 
Meyer  (lieber  die  Genese  der  Cystadenome  und  Adenomyome  des  Uterus  etc.,  Zeitschr. 
f.  Geburtsh.  und  Gynäkologie,  37.  Bd.)  stellt  sich  auf  Seite  v.  Kecklinghausens. 
Dass  auch  Uterindrüsen  und  versprengte  Schleimhautepithelien  betheiligt  sein  können, 
wird  von  allen  Seiten  zugegeben. 

Dem  Sitze  nach  werden  die  Myome  als  submuköse,  interstitielle  und 
subseröse  bezeichnet.  Sie  können  unter  Umständen  eine  enorme  Grösse  erreichen 
und  auch  mit  anderen  Neoplasmen  zu  recht  bunten  Mischgeschwülsten  kombinirt  sein. 

Von  dem  Stratum  vasculare  der  Uteruswand  gehen  mitunter  Mischgeschwülste 
aus,  die  man  als  Angiomyome  zu  bezeichnen  hat  Von  dem  sogenannten  „Deci- 
duoma"  wird  später,  nach  Besprechung  der  Graviditätsanatomie,  die  Rede  sein. 

Die  Hysterocelen  und  im  Anschlüsse  daran  der  Prolapsus  uteri  sollen  bei 
den  Perinealhernien  besprochen  werden. 


Muttertrompete  (Tuba  uterina  [PalloppiiJ). 

Anatomische  Vorbemerkungen. 

Die  Mutter  trompete  ist  ein  paariges  Organ;  dasselbe  erstreckt  sich 
vom  Tubenwinkel  des  Uterus  bis  /Air  seitlichen  Beckenwand,  wo  es  am  Eier- 
stocke sein  Ende  findet. 

Man  unterscheidet  an  dem  langen,  dünnen,  röhrenförmigen  Organe,  von 
der  Gebärmutter  ab  gerechnet,  folgende  Abschnitte:  1)  die  im  Cavum  uteri  ge- 
legene, trichterförmige   enge  Uterinmttndung,    Ostium  uterinum  tubae, 

2)  den  in  der  Wandung  des  Uterus  befindlichen  Kanalabschnitt,  Pars  uterina, 

3)  einen  engen,  dem  Uterus  benachbarten,  proximalen  Theil,  Isthmus  tubae 
uterinae,  4)  einen  weiteren,  längeren  und  mehr  gewundenen  distalen  Ab- 
schnitt, Ampulla  tubae  uterinae;  dieser  geht  über  5)  in  ein  offenes, 
weites,  trichterförmiges,  in  zahlreiche  Fransen  oder  Fimbrien  zerschlitztes  End- 
stück, Infundibulum  tubae;  entfaltet  man  diesen  Trichter,  so  sieht  man 
im  Grunde  desselben  6)  eine  deutlich  abgesetzte  Oeffnung,  welche  von  der 
Ampulle  in  die  Trichterglocke  führt,  Ostium  abdominale  tubae. 

Man  wolle  für  diese  Theile  die  Figuren  87  und  88  a  vergleichen,  auf 
welchen  dieselben  sämtlich  erkennbar  sind. 

Der  Punkt,  wo  die  Pars  uterina  tubae  streng*  genommen  beginnt,  mit  anderen 
Worten,  das  Ostium  uterinum  tubae,  ist  —  s.  die  genannten  Figuren  —  wegen  des 
trichterförmigen  Ueberganges  nicht  scharf  zu  bestimmen ;  ebensowenig  ist  eine  scharfe 
Grenze  zwischen  Isthmus  und  Ampulla  tubae  vorhanden.  Die  Pars  uterina  verläuft 
durch  die  Tubenwand  in  einer  sanften  Bogenlinie  (Fig.  87). 

Die  Abgangsstelle  der  Tube  vom  Uterus  liegt  zwischen  der  des  Ligamentum 
teres  (nach  vorn)  und  der  des  Ligamentum  ovarii  (nach  hinten),  aber  ein  wenig  höher 
als  diese  beiden  (Figg.  85  und  87).  Bei  der  mehr  planen  Begrenzung  des  Fundus 
uteri  der  Nulliparen  erscheint  die  Tube  in  der  Ebene  des  Fundus  abzugehen,  während 
sie  bei  Multiparen,  von  dem  gewölbten  Fundus  deutlich  überragt  wird. 


Muttertrompete.  503 

Die  Fimbrien  des  Tubentrichters  i)  ruhen  gewöhnlich  dem  Eierstocke  auf  und 
sind  mehr  oder  weniger  entfaltet;  durch  das  Ostium  abdominale  tubae  g'ehen  sie  in 
die  Falten  der  Tubenschleimhaut  über.  Sie  sind  von  sehr  wechselnder  Grösse  und 
Gestalt;  eine  unter  ihnen  setzt  sich,  dem  freien  Rande  der  Mesosalpinx  entlang-,  bis 
zu  dem  oberen  oder  Tubenpole  des  Eierstockes  fort 2).  Genauer  genommen,  zeigt 
dieser  freie  Rand  eine  schmale  Rinne,  welche  vom  Tubentrichter  ausgeht  und  an  der 
Extremitas  tubaria  ovarii  auf  die  Eierstocks- Oberflüche  ausläuft;  die  Ränder  dieser  Rinne 
schliessen  sich  unmittelbar  an  die  Fimbrien  an,  so  dass  man  sie  als  eine  besonders 
lange  Fimbrie,  welche  rinnenförmig  vertieft  ist,  anzusehen  hat;  übrigens  finden  sich 
an  den  beiden  Rinnenrändern  noch  kleine  Nebenfimbrien.  Diese  Bildung  führt  den 
Namen  Fimbria  ovarica  und  darf,  wie  wir  alsbald  sehen  werden,  eine  besondere 
Wichtigkeit  beanspruchen.  (S.  Fig.  87.) 

Das  Tubenrohr  besteht  aus  einer  Schleimhaut,  Tunica  mucosa,  einer 
Muskelhaut^  Tunica  muscularis,  an  der  man  eine  schwache  äussere  Längs- 
schicht, Stratum  longitudinale,  und  eine  starke  innere  Kreisfaserschicht,  Stratum 
circulare,  unterscheidet.  Auch  zeigen  sich  schwache  innere  Längsztige,  die  in 
die  Schleimhaut  einstrahlen.  Nach  aussen  folgen  eine  Serosa  mit  deutlich  ent- 
wickelter Subserosa,  Tunica  serosa  und  Tunica  adventitia.  Eine  Sub- 
mucosa  fehlt. 

Die  Schleimhaut  ist  in  sehr  zierliche  Falten  gelegt.  Dieselben  beginnen  bereits 
am  Ausgange  der  Pars  uterina  als  sehr  kleine,  einfache  Längsfalten;  im  Isthmus 
werden  sie  allmählich  grösser.  Ihre  grösste  Entwicklung  erreichen  sie  jedoch  in  der 
Ampulle;  dort  sind  sie  an  beiden  Flächen  mit  primären  und  sekundären  Nebenfältchen 
besetzt,  so  dass  der  Querschnitt  der  Ampulle  ein  Bild  gibt,  welches  dem  Arbor  vitae 
des  Kleinhirnes  verglichen  werden  darf.  Die  Hauptfalten  in  der  Mitte  der  Ampulle 
sind  so  gross,  dass  sie  fast  die  gegenüberliegende  Wand  mit  ihrem  freien  Rande  er- 
reichen ;  so  wird  das  Bild  der  zwischen  den  Haupt-  und  Nebenfalten  übrig  bleibenden 
Räume  ein  so  verwickeltes,  dass  man  diese  Partie  als  das  „Tubenlaby rinth"  be- 
zeichnet hat. 

Wichtig  ist  auch  der  feinere  Bau  der  Schleimhaut  in  mehr  als  einer 
Beziehung.  Von  der  Mucosa  uteri  unterscheidet  sie  der  Mangel  jeglicher  Drüsen. 
Eine  Aehnlichkeit  dagegen  liegt  in  der  Auskleidung  mit  Flimmerepithel,  dessen 
Cilien  in  derselben  Richtung  wie  im  Uterus  (also  zur  Scheide  hin)  schlagen, 
in  dem  Mangel  einer  Submucosa  und  in  dem  Vorhandensein  mehr  oder  weniger 
zahlreicher  Rundzellen,  welche  denen  der  Uterusmucosa  gleichen,  im  Corpus 
mucosae.  Diese  Aehnlichkeit  maclit  uns  die  Tubenschwangerschaften  —  s.w.  u.  — 
verständlich.  Die  Schleimhaut  mit  ihrem  Flimmerepithel  setzt  sieh  unver- 
ändert über  die  ganze  Innenfläche  des  Trichters  bis  an  die  Ränder  der  einzel- 
nen Fimbrien  fort,  ja,  nach  den  Untersuchungen  von  Tourneux  und  Herr- 
mann^)  noch  ein  wenig  über  den  Rand  hinaus  bis  auf  die  äussere  Trichter- 
fläche; dort  wird  das  Flimmerepithel  von  dem  nicht  flimmernden,  platten  Serosa- 
epithel    abgelöst.      Durch    die    Fimbria    ovarica,    deren    Rinne    ebenfalls    mit 

1)  „Pavillon**  der  französischen  Autoren. 

2)  In  Fig.  87,  in  der  der  Eierstock  aus  seiner  natürlichen  Lage  gebracht  ist, 
liegt  dieser  Pol  lateral. 

3)  Tourneux  et  Herrmann,  Uterus,  anatomie  et  developpement.  Dictionn. 
encyclop.  des  sciences  m6d.  1886. 


£304  Muttertrompete:  Besondere  Verhältnisse;  Gefässe. 

Flimmerepithel  bekleidet  ist,  setzt  sich  das  letztere  kontinuirlich  in  das  Cy- 
linderepithel  (Keimepithel)  des  Eierstockes  fort.  Wir  kommen  auf  die  Bedeutung 
dieser  Thatsache  im  nächsten  Kapitel  zurück. 

Besondere  Verhältnisse  der  Tnbe. 

Es  ist  bereits  bemerkt  worden,  dass  die  Pars  ampullaris  der  Muttertrompete 
mehr  gewunden  verlaufe.  W.  A.  Freund i)  hat  darauf  hingewiesen,  dass  manche 
Tuben  erwachsener  Weiber  Schlängelungen  in  auffallend  hohem  Grade  haben,  und 
hat  diesen  Zustand  mit  Recht  als  eine  Bildungshemmung  aufgefasst  und  nachge- 
wiesen. Denn,  während  die  Tube  beim  Beginne  ihrer  Entwicklung  gestreckt  ist, 
zeigen  sich  alsbald  Schlängelungen,  die  meist  im  letzten  Fötalmonate  2)  am  stärksten 
ausgeprägt  sind,  in  der  postfötalen  Zeit  sich  indessen  bis  auf  geringe  Reste  in  der 
Pars  ampullaris  wieder  entfalten;  spiralige  Drehungen,  welche  Freund  als  die  haupt- 
sächlichsten angegeben  hatte,  kommen  vor,  jedoch  nicht  in  solchem  Umfange  2). 
Freund  glaubt  mit  Recht  im  Bestehenbleiben  der  Windungen  eine  Praedisposition 
zur  Entwicklung  von  Tubarschwangerschaften,  sowie  einen  erschwerenden  Umstand 
bei  verschiedenen  pathologischen  Veränderungen  der  Tube  erblicken  zu  dürfen. 

Eine  andere,  nicht  gar  selten  zu  beobachtende  Besonderheit  sind  die  über- 
zähligen Tubenöffnungen  3);  dieselben  befinden  sich  an  der  Pars  ampullaris 
tubae  und  sind  wie  die  Hauptöffnung  von  einem,  jedoch  kleineren  Fimbrientrichter 
umgeben.  Ihre  Zahl  schwankt  nach  den  bisherigen  Beobachtungen  zwischen  eins 
und  drei  an  einer  Tube;  sie  kommen  etwa  in  1,5  Procent  der  Fälle  vor  (vergl.  hierzu 
Fig.  87  rechte  Seite). 

Gefässe  der  Mnttertrompete. 

Arterien.  Sie  kommen  von  der  Arteria  uterina  und  von  der  Arteria  ovarica. 
Der  eine  Zweige  Ramus  tubarius  arteriae  uterin ae,  ist  einer  der  Endäste  der 
Uterinarterie  (s.  Kapitel  „Uterus").  Er  tritt  unmittelbar  vor  dem  Ligamentum  ovarii 
im  Tubenwinkel  an  die  Tube  heran  und  verläuft  am  unteren  Rande  derselben  (die 
Tube  und  den  Uterus  in  der  Stellung  gedacht,  Mde  in  Fig.  87)  dem  zweiten  arteriellen 
Gefässe,  dem  Ramus  tubarius  arteriae  ovaricae  entgegen^  Dieser  tritt  vor  der 
Fimbria  ovarica  in  die  Mesosalpinx  ein,  wendet  sich  zum  distalen  Ende  der  Ampulla 
tubae  und  an  dieser  entlang  zur  Anastomose  mit  dem  vorhin  genannten  Gefässe. 
Von  diesem  Gefässbogen  werden  Zweige  zur  Tube,  zur  Mesosalpinx  und  zum  Ovarium 
abgegeben;  letztere  anastomosiren  mit  der  Arteria  ovarica. 

Venen.  Die  Venen  nehmen  denselben  Verlauf  wie  die  Arterien ;  es  existirt  also 
ein  anastomotischer  Venenbogen  in  Begleitung  des  Arterienbogens,  der  seine  Zuflüsse 
aus  der  Tube,  der  Mesosalpinx  und  vom  Ovarium  her  bezieht  und  zur  Vena  uterina 
wie  zur  Vena  ovarica  hin  abfiiesst. 

Auffallend  ist  der  grosse  Gefässreichthum,  welchen  an  gelungenen  Injections- 
präparaten  die  sämtlichen  Schichten  der  Tube  aufweisen,  insbesondere  das  starke 
Venennetz  in  der  Subserosa  und  zwischen  beiden  Muskelschichten. 


1)  Freund,  W,  A.,  Ueber  die  Indikationen  zur  operativen  Behandlung  der  er- 
krankten Tuben.   R.  Volkmann's  „Sammlung  klinischer  Vorträge"  Nr.  323.  Leipzig,  1888. 

2)  Nagel,  W.,  Ueber  die  Entwicklung  des  Urogenitalsystems  des  Menschen. 
Arch.  f.  mikrosk.  Anat.  Bd.  34.  1889.  —  Wendeler,  P.,  Die  fötale  Entwicklung  der 
menschlichen  Tuben.  Ebend.  Bd.  45.  1895.  —  Abbildungen  der  geschlängelten  fötalen 
Tuben  s.  bei  Waldeyer,  Eierstock  und  Ei.  Leipzig,  1870.  Taf.  1. 

3)  Richard,  J.,  Anatomie  des  trorapes  de  l'uterus  chez  la  femme.  These  de 
Paris.  1851. 


Muttertrompete:  Nerven,  Maasse,  Lage.  505 

Lympligefässe.  Nach  den  Untersuchungen  von  Sappey,  Poirier  und  Bruhns 
(1.  c.)  verlaufen  die  LymphgcfUsse  der  Tube,  die  sich  nur  schwer  injlciren  lassen,  in 
2—3  Stämmen  (Bruhns)  am  oberen  Ende  des  Ligamentum  latum  zunächst  zu  dem 
Lyniphgefässnetze  am  Hilus  ovarii.  Von  hier  ab  sah  Bruhns  zwei  Stämme  mit  den 
Lymphgefässen  des  Eierstockes  (vgl.  diese)  zu  den  Lymphoglandulae  lumbales 
ziehen.  Poirier  nimmt  Verbindungen  mit  den  Lymphgefässen  des  Fundus  uteri  an, 
die  auch  Bruhns  für  wahrscheinlich  hält. 


Nerven  der  Tube. 

Die  Tubennerven  stammen  von  den  Nerven  des  Plexus  uterovaginalis  und  des 
Plexus  arteriae  ovaricae;  sie  verlaufen  in  Begleitung  der  Blutgefässe  zu  ihrem  End- 
organe, Nach  den  Befunden  von  Jacques^)  bilden  sie  einen  Grundplexus  in  der 
Subserosa,  von  welchem  aus  zahlreiche  feine  Fäden,  abgesehen  von  den  vasomotori- 
schen Zweigen,  zur  Serosa,  zur  Muscularis  und  zur  Schleimhaut  gehen.  Jacques 
fand  im  Tubengewebe  keine  Nervenzellen;  auch  sah  er  keine  intraepithelialen  Nerven- 
enden, wohl  aber  subepitheliale  in  Gestalt  kleiner  Knöpfcheu  dicht  unter  dem  Epithel. 

Maasstabelle. 

Länge  der  Tube  im  Mittel  (Barkow)     10—15  cm 

Aeusserste  Maasse  (Barkow)  Minimum 5  „ 

n  ry  n  Maximum 18  „ 

Breite  des  Isthmus  in  der  Nähe  des  Uterus 0,3        „ 

Ampulle,  grösste  Breite 0,8        „ 

Länge  des  Isthmus 3—6      „ 

„       der  Ampulle 7—9      „ 

Ostium  uterinum  tubae 0,1        „ 

„        abdominale 0,2-0,3  „ 

Länge  der  Fimbria  ovarica 2,5-3,0  „ 

„         jj    übrigen  Fimbi^ien 1,0-1,5  „ 

Die  Tube  besitzt  eine  sehr  grosse  Dehnungsfähigkeit,  was  insbesondere  bei 
pathologischen  Flüssigkeitsansammlungen,  sowie  bei  der  Tubenschwangerschaft  er- 
sichtlich ist  2). 

läB^e  der  Muttertrompete. 

Da  die  Lage  der  Tuben,  wie  von  der  der  Gebärmutter,  so  auch  von  der 
Lage  der  Eierstöcke  abhängig  ist,  so  erscheint  es  zweckmässig,  dieselbe  erst 
im  Zusaiiiineiihange  mit  der  Besprechung  der  Eierstockslage  abzuhandeln.  Hier 
sei  nur  im  Allgemeinen  voraufbemerkt,  dass  die  Tube  fast  ihrer  ganzen  Länge 
nach  am  Ligamentum  latum  befestigt  ist;  nur  das  Fimbrienende  ist  frei.  Der 
Isthmus  liegt  mehr  fest  als  die  Ampulle,  welche  mit  dem  zu  ihr  gehörenden 
dünnen  segelartigen  Theile  des  Ligamentum  latum,  der  M es o Salpinx,  sehr 
beweglich  ist. 


1)  Jacques,   Distribution   et   terminaisons   des   nerfs   dans   la  trorape  ut^rine. 
Bibliographie  anatomique.   Nancy,  1894. 

2)  Vgl.  Nagel,  W.  in  Handbuch  der  Anat.  des  Menschen,   herausgegeben  von 
K.  v.  Bardeleben.    Abschnitt:  Die  weiblichen  Geschlechtsorgane.   Jena,  1896.   S.  68. 


506  Eierstock:  Anatomische  Vorbemerkungen. 


Eierstock  (Ovarium). 

Die  Eierstöcke  sind  die  keinibereiteiulen  Organe  des  Weibes  und  stellen 
somit  die  den  Hoden  analogen  Ge})ilde  dar.  Dass  auch  eine  fast  vollkommene 
Homologie  zwischen  beiden  Organen  besteht^  wird  das  Kapitel  „Entwicklungs- 
geschichte" lehren. 

Anatomische  Vorbemerkungen. 

Die  Eierstöcke  geschlechtsreifer  Frauen  vom  Eintritte  der  Pubertät  bis 
zum  Beginne  des  Klimakterium  haben  im  allgemeinen  die  Form  eines  platt- 
gedrückten Ellipsoids,  dessen  einer  Längsrand  geradlinig  abgestutzt  ist;  man 
kann  sie  auch  mit  einer  plattgedrückten  Walze  vergleichen,  deren  einer  Längs- 
rand konvex  verläuft.  Von  dieser  Grundform  (s.  Fig.  87)  gibt  es  jedoch 
mancherlei  kleine  Abweichungen. 

Mit  seinem  geraden  Rande,  Margo  mesovaricus,  ist  der  Eierstock 
durch  Vermittlung  einer  kurzen  serösen  Duplikatur,  Mesovarium,  an  die 
hintere  Platte  des  Ligamentum  latum  festgewachsen  ^).  Der  gebogene  Rand, 
Margo  liber,  ist  frei.  Die  beiden  Flächen  werden  als  Facies  medialis 
und  lateralis,  und  die  beiden  Polenden  als  Extremitas  uterina  und  ta- 
baria  unterschieden.  Die  Berechtigung  zu  diesen  Namen  wird  sich  erst  völlig 
aus  der  Kenntniss  der  normalen  Lage  des  Eierstockes  ergeben,  kann  jedoch 
schon  aus  der  Figur  87  entnommen  werden. 

Die  Extremitas  uterina  ist  durch  das  Ligamentum  ovarii  proprium 
mit  dem  Seitenrande  des  Corpus  uteri  verbunden,  während  die  Extremitas 
tubaria  durch  die  Fimbria  ovarica  mit  dem  Infundibulum  tubae  verknüpft  ist. 

Die  Oberfiilchc  des  gesunden,  geschlechtsreifen  Eierstockes  hat  eine  grauröth- 
liche  Farbe  und  das  weiche,  matte  (nicht  glänzende)  Aussehen  einer  Schleimhaut,  wo- 
durcli  sich  dieselbe  deutlich  von  dem  glatten,  glänzenden  Aussehen  der  benachbarten 
serösen  Flächen  der  Ligamenta  lata  unterscheidet.  Insbesondere  markirt  sich  dies  an 
dem  Mesovarialrande,  an  welchem  man  deutlich  die  etwas  gezackt  verlaufende  Grenz- 
linie zwischen  dem  Ende  des  Mesovarium  und  dem  Beginne  der  Schleimhautoberfläche 
des  Ovarium,  die  sogenannte  Farre'sche  Linie,  wahrnimmt  (s.  Fig.  87,  rechts). 
In  der  Tiiat  ist  das  Ovarium  nicht  vom  Bauchfelle  überzogen,  sondern  letzteres 
hört  mit  seinem  Corpus  serosae  an  der  Farre'schen  Linie  auf.  Auch  die  Subserosa 
setzt  sich  nicht  auf  das  Ovarium  fort,  und  das  platte,  grosszellige  seröse  Epithel  des 
Peritonaeum  Avird  in  ziemlich  scharfer  Grenze  an  der  Farre'schen  Linie  von  einem 
niedrio-en  Cylinderepithel  abgelöst,  welches  bei  der  Flächenansicht  viel  kleinere 
Polygone  bildet,  als  die  platten  grossen  Zellen  der  Serosa. 

Das  Cylinderepithel  des  Ovarium  bewahrt  nun  in  seinem  ganzen  Verhalten  den 
Charakter  eines  Schleimhautepithels   und   setzt    sich   in  derselben  grauröthlichen 

1)  Bei  der  folgenden  Beschreibung  gehen  wir  zunächst  von  der  Vorstellung  der 
schulmässigen,  senkrecht  aufgerichteten  Haltung  der  Gebärmutter  mit  flügelartig  aus- 
gebreiteten Ligamenta  lata  aus,  wie  sie  Fig.  87  gibt. 

2)  Farre,  A.,  Artikel:  „Uterus  and  its  Appendages",  Todd's  Cyclopaedia  of 
Anat.  and  Physiology.  Vol.  V.  p.  545.  London  1835—1858,  hat  zuerst,  freilich  ohne  die 
Bedeutung  richtig  zu  würdigen,  auf  diese  Grenzlinie  aufmerksam  gemacht. 


Eierstock:  Struktur,  EifoUikel,  Eier.  507 

Färbung'  durch  das  Flimmerepithel  der  Fimbria  ovarica  (s.  vorhin)  in  die  innere  oder 
Schleimhautfläche  des  Tubentrichters  und  von  dort  in  das  Tubenrohr  u.  s.  w.  fort. 

Entwickiung-sgeschichtlich  ist  freilich  bei  der  ersten  Anlage  der  Dinge  kein 
Unterschied  im  Epithel  derjenigen  Stelle,  wo  später  der  Eierstock  entsteht  und  dem 
übrigen  Epithel  des  gesamten  Coeloms  zu  sehen;  bald  jedoch  tritt  ein  solcher  hervor: 
das  Epithel  an  der  Stelle  der  Keimdrüse  bleibt  cylindrisch  und  erzeugt  die  grossen 
runden  Urgeschlechtszellen,  während  das  f^pithel  der  Umgebung  alimählich  die  abge- 
plattete Form  annimmt  und  sich  wenigstens  später  und  in  seinem  weitaus  grössten 
Theile  niemals  an  der  Bildung*  der  Urgeschlechtszellen  betheiligt  i). 

Im  Bereiche  der  platten  Zellen  bildet  sich  ein  Corpus  serosae  als  besondere 
Schicht  aus.  Dies  unterbleibt,  wie  bemerkt,  im  Gebiete  des  cylindrischen  Eierstocks- 
epithels. Hier  nimmt  dessen  Unterlage  die  ganz  eigenartige  Entwicklung  zum  Stroma 
ovarii.  Wir  haben  schon  vorhin  (S.  388)  der  ganz  gleichen  .Verhältnisse  bei  der  Bil- 
dung des  Hoden  gedacht,  an  welchem  freilich  eine  so  deutliche  Farre'sche  Linie 
nicht  hervortritt. 

Wir  können  demnach  sagen,  dass  an  der  Farre'schen  Linie,  wenn  wir  die 
bindegewebige  Grundlage  der  Serosa  in  Kechnung-  ziehen,  das  Bauchfell  eine  im 
ganzen  länglich-rundliche  Lücke  besitzt,  durch  weiche  die  Geschlechtsdrüsen  in  das 
Cavum  serosae  gleichsam  hineingeschoben  sind.  Der  Eierstock  also  und,  wie  wir  sahen, 
auch  der  Hoden  sind  somit  die  einzigen  Organe,  welche  im  strengen  Wortsinne  intra 
saccum  peritonaei  hineinragen. 

Auch  das  Ostium  abdominale  tubae  ist  in  dieser  Beziehung  eine  höchst  be- 
merkenswerthe  Stelle,  denn  hier  findet  eine  freie  Kommunikation  zwischen  der  grossen 
serösen  Peritonaealhöhle  und  einem  Schleimhautrohre  und  durch  dieses,  in  letzter 
Instanz,  mit  der  äusseren  HautobcrHäche  statt.  Diese  Kommunikation  hat,  wie  wir 
sehen  werden,  auch  ihre  unmittelbar  praktische  Bedeutung. 

Struktur  des  Ovarium.    EifoUikel.    Eier. 

Ein  Durchschnitt  durch  den  reifen  geschlechtsthätigen  Eierstock  zeigt  zwei 
wesentlich  verschiedene  Schichten:  die  Markschicht  und  die  Rindenschicht. 
Die  letztere  überkleidet  das  ganze  Ovarium  zwischen  den  Grenzen  der  Farre'- 
schen Linie,  erreicht  jedocli  ihre  grösste  Dicke  (2 — 3  mm)  ^)  in  dem  mittleren 
Bezirke  des  konvexen  Randes.  Man  erblickt  hier  schon  mit  freiem  Auge  mohn- 
korn-  bis  erbsengrossc  helle  Bläschen,  deren  grössere  auf  der  Oberfläche  promi- 
nircn  und,  obwolil  vom  Epithel  und  einer  dünnen  gefässhaltigen  Schicht  überzogen, 
durchscheinend  sind.*  Es  sind  dies  die  EifoUikel.  Die  kleineren  enthalten 
noch  keine  Flüssigkeit;  man  bezeichnet  sie  als  „Primärfollikel,  P'olliculi 
oophori  Primarii.  Die  grösseren  führen  eine  klare,  eiweisshaltige  Fltissig- 
kcit,  Li(iuor  folliculi,  und  erscheinen  deshalb  bläschenförmig*,  sie  werden 
Folliculi  oophori  vesiculosi  (Graafi),  „Graafsche  Follikel''  genannt^}. 


1)  Ch.  S.  Minot  (Human  embryology.  New-York,  1892)  und  W.  Nagel,  11.  cc. 
(beim  menschlichen  Embryo)  haben  gezeigt,  dass  vorübergehend  auch  einzelne  Ur- 
geschlechtszellen aus  dem  in  der  Nachbarschaft  des  Eierstockes  befindlichen  Perito- 
naealei)ithel  entstehen  können.  Ob  sich  diese  jemals  zu  detinitiven  Geschlechtszellen 
weiter  entwickeln,  ist  sehr  zweifelhaft 

2)  Die  Dicke  der  Rindenschicht  ist  nicht  genau  anzugeben,  weil  sie  nicht  scharf 
abgegrenzt  ist 

3)  de  Graaf,  Kegnerus,  De  mulierum  organis  generationi  inservientibus  trac- 
tatus  novus.  Lugduni  Batav.  1G72.     de  Graaf  hat  die  bereits  von  Vesal,  Falloppio 


508  Eierstock:  Struktur,  Eifollikel,  Eier. 

Sie  enthalten  ausser  der  Flüssigkeit,  ebenso  wie  die  Primärfollikel;  das  wesent- 
lichste Produkt  des  Eierstockes,  die  Eier,  Ovula,  beim  Menschen  in  der  tiber- 
wiegenden Mehrzahl  der  Fälle  nur  eines  in  jedem  Follikel.  Die  Follikel  öind 
in  ein  festes,  an  Spindelzellen  reiches  Gewebe,  dasStroraa  ovarii,  eingebettet. 

Die  Follikel  sowie  die  Eier  entstehen,  ersterc  wenigstens  in  ihren  epithelialen 
Bestandtheilen,  aus  dem  Eierstocksepithel,  w^elches  daher  Keimepithel,  Epithelium 
germinativumi)  genannt  wird.  Dieses  Epithel  geräth  nämlich  durch  einen  eigen- 
thümlichen  Wucherungs-  und  Durchwachsungsprocess,  an  welchem  es  selbst  und  das 
Stroma  ovarii  betheiligt  sind,  in  Form  von  Schläuchen  (Pflüger'sche  Schläuche)  oder 
mehr  rundlichen  Ballen,  zum  Thcil  in  die  Tiefe  des  Eierstocksstroma  hinein,  während 
zugleich  das  Oberfiächenepithel  sich  in  continuo  erhält.  Von  den  in  die  Tiefe  ver- 
senkten Epithelzellen  wandelt  sich  ein  Theil  zu  Urgeschlechtszellen  —  hier  Ur- 
eiern  —  um,  während  ein  anderer  Theil,  um  jedes  Urei  herum,  in  Form  gewöhn- 
licher Epithelzellen  erhalten  bleibt.  Gleichzeitig  setzt  sich  der  DurchAvachsungsprocess 
mit  dem  Stroma  fort,  wodurch  schliesslich  die  einzelnen  Ureier  mit  dem  zugehörigen 
Epithelbelage,  dessen  Zellen  anfangs  stark  abgeplattet  erscheinen,  von  einander  isolirt 
werden.  Die  so  isolirten  Bildungen  sind  die  Primärfollikel.  Sie  entziehen  sich  noch 
dem  blossen  Auge,  haben  noch  keine  eigene,  vom  übrigen  Eierstocksstroma  unter- 
schiedene Wandung  und  führen  noch  keine  Flüssigkeit. 

Dies  alles  vollzieht  sich  schon  während  der  Foetalperiode.  Nach  meinen  Er- 
fahrungen, die  ich  immer  wieder  bestätigt  gefunden  habe  und  denen  auch  W.  Nagel 
(1.  c.)  zustimmt,  ist  im  grossen  und  ganzen  mit  der  eingetretenen  Geburtsreife  eines 
weiblichen  Kindes  auch  die  Entstehung  neuer  Eier  aus  dem  Keimepithel  und  die 
Isolirung  der  einzelnen  Primärfollikel  beendet.  Jedenfalls  findet  in  der  überwiegen- 
den Mehrzahl  der  Fälle  bei  neugeborenen  Menschen  keine  nennenswerthe  Bildung 
dieser  Art  mehr  statt,  sicher  nicht  mehr  im  späteren  Kindesalter,  geschAveige  denn 
bei  Erwachsenen,    Koster  und  Paladino^)  nehmen  dies  allerdings  an. 

Schon  bei  neugeborenen  Kindern  kann  man  weiter  ausgebildete  Follikel  und 
Eier  finden,  wie  dies  insbesondere  Nagel  (l.  c.)  gezeigt  hat;  so  auch  in  der  späteren 
prämenstruellen  Lebenszeit.  Dabei  besteht  jedoch  ein  grosser  Unterschied  zwischen 
dieser  „vorreifen",  „prämaturen"  —  so  wollen  wir  sie  nennen  —  und  der  reifen 
Periode  der  Thätigkeit  des  Eierstockes.  Wenn  auch  die  Eier  und  die  Follikel  schein- 
bar ausreifen,  so  findet  doch  keine  regelrechte  „Ovulation**  statt,  das  heisst,  die 
Follikel  entleeren  ihr  Ei  nicht  in  der  Weise,  wie  es  in  der  geschlechtsreifen  Lebens- 
zeit geschieht;  es  bilden  sich  auch  keine  Corpora  lutea  aus,  sondern  die  scheinbar 
ausgereiften  Eier  samt  ihren  Follikeln  fallen  einem  Verödungsprocesse  anheim.  Dieser 
sehr  merkwürdige  Vorgang  des  Zerfalles  der  Eier  und  der  Verödung  der  Follikel 
vollzieht  sich  regelmässig  beim  Menschen,  wie  bei  Thieren.  So  kommt  es,  dass  das 
menschliche  Weib  in  seine  geschlechtsreife  Lebensperiode  mit  einem  schon  stark  ver- 
minderten Bestände  an  entwicklungsfähigen  Eiern  eintritt.  Von  den  rund  100  000,  die 
es   als   neugeborenes  Kind   in   beiden  Eierstöcken   zusammen  zählte,   sind  nur  noch 


u.  A,,  welche  Autoren  Graaf  sämtlich  citirt,  gekannten  Bläschen  als  Eier  gedeutet. 
Bei  Kaninchen,  die  er  in  verschiedenen  Fristen  post  coitum  tödtete  und  untersuchte, 
beschreibt  er  aber  ganz  klar  die  veränderten  Follikel  im  Eierstocke,  die  kleine 
Oeffnung,  welche  sie  zeigen,  ihre  Umbildung  zu  gelben  Körpern,  und  die  wahren 
Eier,  die  er  in  Tube  und  Uterus  suchte  und  auffand,  indem  er  ihre  Zahl  mit  denen 
der  Follikel  vergleicht.  Die  im  Eierstocke  befindlichen  Gebilde  nennt  er  „Folliculi",  die 
im  Uterus  gefundenen  „Ova";  letztere  seien  aus  den  Follikeln  herausgetreten. 

1)  Wal  de y  er,  W.,  Eierstock  und  Ei.  Leipzig  1870.  W.  Engelmann. 

2)  Paladino,  G.,   Uiteriori  ricerche  sulla  distruzione  e  rinnovamento  continuo 
del  parenchima  ovarico  nei  mammiferi.   Napoli,  1887. 


Eierstock:  Follikel,  Ei,  Ovulation,  Corpora  lutea.  509 

etwa  30—40000  beim  Beginne  der  vollen  Geschlechtsreife  übrig  i).  Auch  von  diesen 
geht  noch  der  weitaus  grösste  Theil  bis  zum  Aufhören  der  Geschlechtsthätigkeit 
(gegen  Ende  der  vierziger  Lebensjahre)  in  der  vorhin  erwähnten  Weise  zu  Grunde. 
Nur  eine  verhältnissmässig  geringe  Zahl  von  Eiern,  wie  dies  aus  den  Corpora  lutea 
(s.  weiter  unten)  zu  kontrolliren  ist,  wird  durch  den  Vorgang  der  Ovulation  seiner 
Bestimmung  entgegcngeiührt,  und  selbst  von  diesen  gelangen  im  Durchschnitte  bei 
jeder  in  fruchtbarer  Ehe  lebenden  Frau  nur  etwa  vier  bis  fünf  bis  zur  normalen 
Kindcs-Entwickluns*. 


Graafsche  Follikel.    El.    Ovulation.    Corpora  lutea. 

Es  erübrigt  noch  den  Aufbau  der  reifen  Eifollikel,  Folliculi  oophori 
vesiculosi  (Graafi),  sowie  das  Wichtigste  vom  Ei  mitzutlieilen. 

Der  ausgebildete  Graafsche  Follikel  zeigt  eine  von  dem  Ovarialstroma  leicht 
isolirbare  Hülle,  welche  sich  allmählich  aus  dem  Eierstocksstroma  hervorbildet.  Diese 
Hülle,  Theca  folliculi,  besteht  aus  zwei  Lagen,  der  Tunica  externa  und  der 
Tunica  interna.  Die  Tunica  externa  ist  eine  lamellöse  Bindegewcbsmembran,  ähn- 
lich der  Membrana  propria  der  Samenkanälchen;  die  Tunica  interna  besteht  aus  mehr 
lockerem  Bindegewebe  mit  eigenthümlichen  grossen  Zellen,  welche  eine  Menge  Körn- 
chen, Granula,  enthalten  und  bei  voller  Entwicklung  eine  leicht  gelbliche  Färbung 
besitzen.  Darauf  folgt  nach  innen  eine  dünne,  strukturlose  Basalmembran  und 
dann  das  inzwischen  mächtig  herangewachsene  Follikel  epithel,  welches  sich  aus 
der  platten  Epithelschicht  der  Primär follikel  herangebildet  hat.  Nach  einer  Bezeich- 
nung E.  V.  Baer's2),  des  Entdeckers  des  Säugethier-Eies  im  Follikel,  heisst  dieses 
Epithellager  das  Stratum  granulosum  (Membrana  granulosa)^). 

An  einer  Stelle  ist  dies  Stratum  granulosum  zu  einem  rundlichen,  gegen  das 
Follikelinnere  hinragenden  Hügel,  Cumulus  oophorus,  ausgewachsen,  in  dessen  Mitte 
sich  das  Ei  befindet. 

Wenn  die  reifen,  blasenförmigen  Follikel  deutlich  an  der  Oberfläche  des  Eier- 
stockes hervorragen,  und  wenn  der  Cumulus  oophorus  nahe  der  hervorragenden  Follikel- 
partie  Hegt,  dann  kann  man  ihn  als  stark  sandkorngrossen  gelblich  weissen  Fleck  mit 
freiem  Auge  im  unversehrten  Follikel  erkennen;  doch  hat  der  Cumulus  nicht  regel- 
mässig diese  Lage;  meist  findet  er  sich  im  Grunde  des  Follikels,  dem  Stigma  folliculi 
(s.  folgende  Seite)  gegenüber. 

Das  reife  menschliche  Ei  hat  ungefähr  Sandkorngrösse;  es  ist  daher  noch 
mit  freiem  Auge  zu  erkennen.  Es  besteht  aus  einer  verhältnissmässig  dicken,  matt- 
glänzenden Membran,  der  Zona  pellucida,  einem  mit  runden,  dunkelglänzenden 
Dotterkugeln  dicht  durchsetzten  Zellenleibe,  Dotter,  Vitellus,  aus  einem  rundlichen 
deutlich  blasenförmigen  Kerngebilde,  der  Vesicula  germinativa,  Keimbläschen, 


1)  Die  Angabe  von  zusammen  100000  Eiern  in  den  beiden  Eierstöcken  Neuge- 
borener beruht  auf  einer  nach  meinen  Präparaten  gemachten  Schätzung.  Es  mögen 
eher  mehr  als  weniger  sein.  Auf  Genauigkeit  erhebt  sie  keinen  Anspi^uch.  Bei  einem 
17jährigen  Mädchen  berechnete  jüngst  Heyse,  Ein  Beitrag  zur  mikroskopischen  Ana- 
tomie der  Ovarien  Osteomalacischer,  Arch.  f.  Gynäkologie,  Bd.  53,  die  Zahl  der  Eier, 
bezw.  Follikel,  auf  rund  35000  in  beiden  Eierstöcken  zusammen. 

2)  Baer,  K.  E.  v.,  De  ovi  mammalium  et  hominis  genesi.  Lipsiae  1827  — hierzu 
ein  „Kommentar**  in  Heusinger*s  Zeitschr.  f.  organische  Physik.  Bd.  IL  Eisenach,  1828. 

3)  Augenscheinlich  rührt  dieser  Name  von  dem  granulirten  Aussehen  her,  wel- 
ches diese  Schicht  bei  schwacher  Vergrösserung  zeigt.  Schon  Schwann  in  seinen 
„Mikroskopischen  Untersuchungen  etc.",  Berlin,  1839,  erklärt  indessen,  dass  sie  aus 
Zellen  bestehe. 


5l0  Eierstock:  Ovulation,  Corpora  lutea. 

und  aus  einom  darin  eingesclilossenen  Kenikörperchen  =  Keimfleck,  Macula 
g-erminativai). 

Unter  Ovulation  verstehen  wir  den  pliysiolog*isch  eintretenden  Vorgang 
der  Eröffnung  eines  Graaf'sehen  Follikels  zwecks  der  Entleerung  eines  reifen 
Ovulum,  und  der  regelrechten  Aufnahme  des  letzteren  in  die  Tuba  uterina  zu 
seiner  Befruclitung. 

Es  ist  nocli  nicht  <4-enü^'end  bekannt,  auf  welche  Weise  ein  Graafscher  Follikel 
zur  Ovulationseröffnung  <;'ebracht  wird.  Mit  der  allmählichen  Verf;'rösserung  desselben 
durch  Vermehrung  des  Liquor  folliculi  ist  es  nicht  gethan,  denn  wir  sehen,  wie  bereits 
angegeben,  bei  Neug'eborenen  und  Kindern  Follikel  von  derselben  Grosse  und  grössere, 
ohne  dass  sie  sich  eröffnen,  sogenannte  atre tische  Follikel.  Spiegelberg^)  be- 
schrieb eine  fettige  Degeneration  der  Zellen  des  FolliUelepithelSj  über  welche  jedoch 
genaueres  nicht  bekannt  ist.  An  dem  zumeist  vorspringenden  Punkte  des  Follikels 
findet  sich  eine  gefasslose  oder  doch  sehr  gef assarme  Stelle,  das  Stigma  folliculi, 
an  welcher  die  Eröffnung  stattzufinden  scheint.  Wenn  der  Follikel  seine  Reife  er- 
reicht hat,  findet  eine  Vermehrung  der  granulirten  Zellen  seiner  Tunica  interna  statt, 
durch  welche  der  Cumulus  oophorus  mit  dem  Eie  gegen  das  Stigma  hingeschoben 
und  dieses  zur  Eröffnung  gebracht  werden  kann.  Dass  der  Orgasmus  venereus  zur 
Eröffnung  eines  sprungreifen  Follikels  beitragen  wird,  ist  wohl  nicht  zu  bezweifeln, 
obwohl  wir  uns  die  Ovulation  der  Regel  nach  als  einen  typisch  eintretenden  Vorgang, 
zu  dessen  Ablauf  der  Orgasmus  nicht  erforderlich  ist,  zu  denken  haben. 

In  den  meisten  Fällen  wohl  ist  die  Eröffnung  der  Folliculi  vesiculosi  mit  einer 
Blutung,  die  in  das  Innere  des  entleerten  Follikelraumes  erfolgt,  verbunden^).  Dies 
mag  vor  allem  dann  eintr(;ten,  wenn  die  Eröffnung  beim  Orgasmus  durch  eine  Ruptur 
geschieht;  gemeinhin  Avird  der  Vorgang  ein  sich  langsam  abspielender  sein. 

Ueber  die  Aufnahme  des  Ovulum  in  den  Tubentrichter  ver<;l.  den  Abschnitt: 
„Physiologische  und  praktische  Bemerkungen". 

Corpora  lutea.  Nach  der  Entleerung  des  Eifollikels  durch  den  Ovu- 
lationsvorgang  findet  ein  neuer  in  seiner  Bedeutung  noch  völlig  räthselhafter 
Process  statt,  die  Bildung  der  gelben  Körper,  Corpora  lutea.  Letztere 
sind  rundliche,  an  der  Stelle  der  entleerten  Graafschen  Follikel  sich  ent- 
wickelnde Bildungen  von  (beim  Menschen)  graugelblicher  bis  braungelblichcr 
Färbung,  die  der  Hauptmasse  nach  aus  sehr  grossen,  rundlich  eckigen,  im 
ganzen  den  Leberzellen  ähnlichen  Zellen,  Luteinzellen,  bestehen.  Diese 
Zellen  enthalten  in  ihrem  Protoplasma  in  Gestalt  von  Granulis  einen  in  Alkohol 
löslichen  Stoff  von  hellgelber  Fi^rbe  (Sobotta),  das  Lutcin,  daneben  Fett- 
moleküle; beides  wohl  bedingt  die  auffallende  Färbung  der  Körper.  Die  ur- 
sprüngliche Wand  des  Eifollikels,  die  Tunica  externa,  ist  um  die  gelben  Körper 
noch  deutlich  erhalten,  und  von  ihr  strahlen  nach  dem  Centrum  des  Gebildes 
weissliche,  bindegewebige  Septa  aus,  wo  sie  sich  zu  einem  bindegewebigen 
Kerne  vereinigen.     Ist  bei  der  Eröffnung   des  betreffenden  Follikels  eine  BIu- 

1)  Nagel,  W.,  Das  menschliche  Ei.  Archiv  f.  raikrosk.  Anat.  Bd.  31.  S.342.  1888, 
gibt  die  genaueste  Darstellung  des  menschlichen  Eies. 

2)  Spiegelberg,  0.,  Ueber  die  Bildung  und  die  Bedeutung  der  gelben  Körper 
im  Eierstock.    Monatsschr.  f.  Geburtskunde  und  Frauenkrankheiten.  Bd.  26.  1865. 

3)  Babl,  Hans,  Beitrag  zur  Histologie  des  ^Eierstockes  des  Menschen  und  der 
Säugethiere  etc.  Anatomische  Hefte,  herausgeg.  von  Fr.  Merkel  und  R.  Bonnet, 
Nr.  XXXIV  u.  XXXV  (Bd.  9,  Heft  1/2),  S.  109.  1898. 


Eierstock:  Corpora  lutea.  511 

tuug  eingetreten,  so  findet  man  zumeist  in  diesem  Kerne  die  Reste  des  mehr 
oder  minder  veränderten  Blutfarbstoffes  meist  in  körniger  Form,  aber  aucli  in 
Form  der  Virchow'scben  Hacmatoidin-(Bilirubin-)krystalIe.  Nach  H.  RabP) 
treten  die  Krystalle  nur  dann  auf,  wenn  der  Blutfarbstotf  vorher  in  Lösung 
gekommen  war.  Die  Corpora  hitea  erreiclicn  —  wenigstens  ist  es  auch  nach 
meinen  Befunden  so  beim  Menschen  —  wenn  das  bei  der  betreifenden  Ovu- 
lation entleerte  Ei  zur  Entwicklung  gelangte,  also  eine  Schwangerschaft  eintrat, 
eine  stärkere  Ausbildung  als  wenn  keine  Gravidität  erfolgte.  Man  nennt  die 
erstercn,  mit  der  Gravidität  verknüpften  Körper,  Corpora  lutea  vera,  die 
anderen  Corpora  lutea  spuria.  Die  Corpora  lutea  vera  erreichen  beim 
Menschen  einen  Durchmesser  von  1,5— 2  cm  und  darüber.  Nach  H.  RabI  ent- 
halten sie  beim  Menschen  in  frühen  Stadien  alle  im  Centrum  einen  mit  Flüssig- 
keit gefüllten  Raum;  hierauf  und  auf  der  besonderen  Grösse  ihrer  Luteinzellen 
beruhe  ihr  bedeutenderes  Volumen  den  Corpora  spuria  gegenüber.  Nach 
einigen  Monaten  findet  man  die  Corpora  lutea  vera  wie  spuria  in  der  Rück- 
bildung begriffen.  Die  Luteinzellen  werden  (beim  Menschen)  nach  fettiger  De- 
generation "und  molekularem  Zerfall  resorbirt,  z.  Th.  bilden  sie  sich  (H.  Rabl) 
zu  Pigmentzellen  um;  die  strahligen  Bindegcwebszüge  nebst  der  ursprünglichen 
Thcca  bleiben  längere  Zeit  erhalten  und  schrumpfen  zu  einer  festen,  weissen, 
narbenähnlichen  Masse  ein,  Corpora  fibrosa  s.  albicantia.  Waren  Blut- 
pigment, bezw.  Blutkrystallc,  vorhanden,  so  pflegen  diese  lange  Zeit  in  den 
Corpora  albicantia  sichtbar  zu  bleiben.  Schliesslich  gehen  diese  Körper  durch 
hyaline  Degeneration  (Clark  1.  c.  inf.)  gleichfalls  zu  Grunde. 

Ueber  die  Genese  der  gelben  Körper  ist  nocli  keine  Einigung  erzielt.  Nach  den  ein- 
gehenden Untersuchungen  J.  Sobotta's^),  dessen  Präparate  ich  einzusehen  Gelegenlieit 
hatte  und  mit  denen  aucli  H.  Rabl,  wenigstens  zum  Theil,  übereinstimmt,  sind  die  so 
merkwürdigen  Luteinzellen  nichts  anderes,  als  die  riesig  vergrösserten  Follikelepithel- 
zellen,  welche  zugleich  Lutein  und  Fett  in  sich  ausbilden.  Die  von  vielen  anderen  Seiten, 
wie  von  Benckiser,  Nagel  und  jüngst  noch  von  v.  Kölliker^)  angegebene  Vermeh- 
rung der  granulirten  Zellen  der  Tunica  interna,  von  welchen  diese  Autoren  die  Lutein- 
zellen ableiten,  läugnet  Sobotta  zwar  nicht,  aber  sie  sollen  ihm  zufolge  nur  das  Material 
für  die  Septa  des  gelben  Körpers  und  deren  Bindegewebszellen,  vielleicht  auch  Er- 
nährungsmaterial für  die  wachsenden  Follikelepithelzellen  liefern.  Sehr  merkwürdig 
ist  die  Angabe  Sobotta's,  dass  eine  Vermehrung  der  Epithelzellen  nach  dem  Phitzen 
der  Follikel  kaum  mehr  stattfinde;  die  Masse  des  Corpus  luteum  sei  lediglich  auf  die 
enorme. Grössenzunahme  der  einzelnen  Zellen  zurückzuführen.  Ausser  v.  Kölliker 
ist  vor  kurzem  noch  J.  G.  Clark^)  gegen  Sobotta  aufgetreten,    indem    auch    er   die 


2)  Sobotta,  J.,  Ueber  die  Bildung  des  Corpus  luteum  bei  der  Maus.  Archiv  f. 
mikr  Anat.  u.  Entw.-Gesch.  47.  Bd.  S.  261.  1896.  -  Derselbe,  Ueber  die  Bildung 
des  Corpus  luteum  beim  Kaninchen.   Anatomische  Hefte,  herausgegeben  von  Fr.  Merkel 

u.  R.  Bonnet.  Bd.  8.  S.  471.  1897. 

3)  V.  Kölliker,    Bericht   über    die   Anatomen- Versammlung  des  Jahres  1898  in 

Kiel.    Jena,  1898.  Fischer. 

4)  Clark,  J.  G.,  Ursprung,  Wachsthum  und  Ende  des  Corpus  luteum  nach  Be- 
obachtungen am  Ovarium  des  Schweines  und  des  Menschen.  Arch.  f.  Anatomie  und 
Phvsiologie.  1898.  Anat.  Abth.  S.  95. 


512  Eierstock:  Gefässe. 

Luteinzellen  von  den  ebenfalls  als  Luteinzellen  bezeichneten  Elementen  der  Tunica 
Interna  folliculi  herleitet.  Diese  wieder  sollen  aus  den  gewöhnlichen  fixen  Bindegewebs- 
zellen der  Tunica  abstammen,  nicht  aus  Wanderzellen,  wie  ich  es  s.  Z.  angegeben  hatte. 
Ob  nun  mit  dieser  neuesten  Veröffentlichung  der  alte  Streit  zwischen  der  Baer*schen 
Meinung  (Abstammung  von  den  Zellen  der  Tunica  interna)  und  der  Bischoff 'sehen 
(Abstammung  vom  Follikelepithel)  entschieden  ist,  vermag  ich,  Mangels  eigener  neuerer 
Untersuchungen,  nicht  zu  entscheiden.  Sobotta's  Untersuchungen  stützen  sich  auf 
ein  lückenloses,  trefflich  konservirtes  Material. 

Als  Funktion  der  Corpora  lutea  sieht  Clark  —  und  ich  finde  das  sehr  an- 
sprechend —  die  Unterhaltung  des  normalen  Blutkreislaufes  im  Eierstocke  an.  Diese 
Anschauung  kann  zum  Theil  mit  der  von  mir  s.  Z.  vorgetragenen  Hypothese,  dass  die 
Entwicklung  der  Corpora  lutea  zur  Aufrechterhaltung  der  normalen  Spannungsver- 
hältnisse im  Ovarium  diene,  vereinigt  werden. 

QefäBse  des  Eierstookes. 

Arterien.  Unter  Hinweis  auf  das  bei  den  Gefässen  der  Gebärmutter  Ge- 
sagte, ist  hervorzuheben,  dass  beim  Erwachsenen  der  Ramus  ovaricus  der 
Arteria  uterina  das  Hauptgefäss  des  Eierstockes  bildet.  Derselbe  tritt,  wie 
der  Ramus  tubarius,  vor  dem  Ligamentum  ovarii  proprium  an  dessen  mesovarialem 
Rande  zum  uterinen  Pole  des  Eierstockes,  dann,  an  dem  mesovarialen  Rande 
dieses  Organes  entlang,  dem  zweiten  Gefösse  des  Ovarium,  der  Arteria  ovarica, 
die  von  der  Extremitas  tubaria  her  kommt,  entgegen  zur  Bildung  einer  vollen 
Anastomose. 

Von  dieser  Anastomose  aus  treten  die  Arterien  in  radiärer  Richtung  und  unter 
starker  Schlängelung  in  die  Markschicht  des  Eierstockes  ein;  hier  liegen  diese  grösseren 
Aeste  dicht  zusammen,  ebenso  wie  die  grösseren  Venenäste,  und  dies  gibt  der  Mark- 
schicht des  Eierstockes  ein  charakteristisches,  insbesondere  auf  Radiärschnitten  her- 
vortretendes Aussehen,  so  dass  man  die  Markschicht  auch  als  „Zona  vasculosa**  be- 
zeichnen kann  (Fig.  87). 

In  der  Rindenschicht  lösen  sich  die  korkzieherartig  gewundenen,  arteriellen 
Zweige  rasch  in  feinere  Aeste  auf;  diese  bilden  um  die  grösseren  Follikel  ein  reich 
entwickeltes  Netz. 

Venen.  Die  Venen  haben  dieselben  beiden  Abflüsse  wie  die  Tubenvenen: 
zur  Vena  uterina  und  zu  den  Venae  ovaricae  (Plexus  pampiniformis). 
Unmittelbar  nach  dem  Austritte  aus  der  Zoua  vasculosa  gehen  sie  in  dem 
Hilus  ovarii  —  so  wird  die  Ein-  und  Austrittstelle  der  Gefässe  bezeichnet  — 
zunächst  in  einen  stark  entwickelten  Plexus  über,  zwischen  dessen  Maschen 
zahlreiche  glatte  Muskelbündel  gefunden  werden,  die  mit  den  Muskeln  der 
Venenwandungen  zusammenhängen  und  die  Gefässe  eine  Strecke  weit,  bis  in 
die  Zona  vasculosa  hinein,  begleiten.  Wir  haben  es  hier  oifenbar  mit  einem 
erektilen  Körper  zu  thun  (Rouget^);  derselbe  füllt  den  Raum  zwischen  beiden 
Mesovarialblättern  fast  völlig  aus.  Bei  starker  Injektion  erreicht  er  fast  das 
Volumen  des  Ovarium  selbst;  er  wird  als  „Bulbus  ovarii"  bezeichnet.  Man 
kann  (mit  Rouge  t)  vermuthen,  dass  derselbe  physiologische  Beziehungen  zur 
Ovulation  habe. 


1)  Rouge t,  Gh.,  Recherches  sur  les  organes  ^rectiles  de  la  femme  et  sur 
Tappareil  musculaire  tubo-ovarien  dans  leurs  rapports  avec  l'ovulation  et  la  men- 
struation.     Journ.  de  physiologie  (Bro wn-Sequard).   T.  I.    1858. 


Eierstock:  Nerven.  513 

Wie  bereits  bemerkt  wurde,  und  worauf  Testut  (1.  c.)  mit  Recht  aufmerksam 
macht,  sind  bis  zur  Beendigung  des  Descensus  ovariorum  die  Vasa  ovarica  die  ein- 
z\gen  Blutgefässe  des  Organes;  erst  später  kommt  die  Anastomose  zwischen  diesen 
und  den  Uteringefässen,  welche  dann  meist  zur  Hauptquelle  werden,  zu  stände. 

Lymphgefässe.  Bruhns  (1.  c.)  fand  beim  Menschen  6—8  Lymphgefässe, 
welche  mit  den  Blutgefässen  und  den  wenigen  Lyraph-Stämmen,  welche  vom 
Fundus  uteri  und  von  den  Tuben  diesen  Weg  nehmen,  verlaufen  und  in  die 
Lymphoglandulae  lumbales  einmünden.  Die  hier  in  Betracht  kommenden 
Lymphdrüsen,  nach  Bruhns  6—10,  liegen  vor  und  dicht  neben  der  Aorta  von 
den  Arteriae  renales  bis  zur  Bifurkation  hinab.  Anastomosen  zwischen  den 
ovarialen  und  uterinen  Lymphgefässcn  (Poirier)  konnte  Bruhns  mit  Sicher- 
heit nicht  nachweisen. 

His^)  beschreibt  ein  dichtes  Netz  deiner  Lymphgefässe  in  der  Tunica  externa 
der  Graafschen  Follikel.  Ob  ein  solches,  wie  es  His  sehr  wahrscheinlich  ist,  auch  in 
der  Tunica  interna  liegt,  konnte  nicht  genügend  festgestellt  werden.  —  Die  Blut- 
ge fässkapillaren  dringen  bis  an  die  Basalmembran,  welche  zwischen  Tunica  in- 
terna und  Epithel  gelegen  ist,  vor.  Des  gefässfreien  Stigma  folliculi  geschah 
schon  Erwähnung. 

Auch  die  Corpora  lutea  sind  reich  an  Lymphgefässen,  sowie  an  Blutgefässen. 
Die  citirte  Arbeit  von  His  gibt  von  ihnen,  sowie  von  der  Blutgefäss-  und  Lymph- 
gefässvertheilung  im  Ovarium  treffliche  Abbildungen. 

Nerven  des  Eierstockes. 

Die  Ovarialnerven  stammen  der  Hauptsache  nach  fius  dem  die  Arteria 
ovarica  begleitenden  Plexus  arteriae  ovaricae,  zu  welchem  sich  längs  des 
Ramus  ovaricus  arteriae  uterinae  verlaufende  Bündel  gesellen.  Beiderlei  Nerven 
führen  hauptsächlich  marklose  Fasern;  es  sind  jedoch  auch  einzelne  mark- 
haltige  beobachtet  worden.  Ueber  ihr  Endverhalten  in  dem  Eierstocke  fehlt 
uns  noch  eine  befriedigende  Auskunft. 

Alle  Autoren  berichten  übereinstimmend  von  dem  grossen  Nervenreichthume 
desOrganes.  Den  positiven  Angaben  von  Riese  und  von  v.  Herff,  dass  die  Nerven- 
fasern bis  in  das  Follikelepithel  sich  fortsetzen  sollen,  stehen  negative  von  Retzius, 
Mandl  und  Elisabeth  Winterhalter  gegenüber.  Letztere  entscheidet  sich  be- 
stimmt für  die  Anwesenheit  zahlreicher  Ganglienzellen  in  der  Zona  vasculosa,  so 
dass  man  hier  von  einem  Ganglion  ovarii  reden  könne,  während  Riese,  v.  Herff 
und  Gawronsky  nur  von  Nervenzellen  ähnlichen  Gebilden  sprechen.  Alle  diese  An- 
gaben basiren  indessen  nur  auf  Befunden,  die  ausschliesslich  mittelst  des  Golgi*schen 
Verfahrens  erhalten  wurden.  Meinen  Erfahrungen  zufolge  muss  ich  alle  Deutungen 
von  Zellen  als  Ganglienzellen  im  Gebiete  des  N.  sympathicus,  die  nur  auf  Golgi- 
präparate  gegründet  sind,  mindestens  für  verfrüht  erachten.  (Vergl.  das  S.  480  Ge- 
sagte und  V.  Herff 's  zweite  Mitteilung.) 

Ein  grosser  Theil  der  Nervenfasern  ist  sicher  für  die  Gefässe  und  die  glatte 
Muskulatur  bestimmt.  Auch  sensible  und  reflexthätige  Fasern  sind  unzweifelhaft  vor- 
handen, da  bei  Palpation  des  Ovarium  stärkere  Berührungen  empfunden  und  Reflexe 
ausgelöst  werden  2). 


1)  His,  W.,   Beobachtungen   über   den  Bau   des  Säugethiereierstockes.    Archiv 
für  mikroskopische  Anatomie.  Bd.  1.  1865. 

2)  Ueber  die  Nerven  des  Ovarium  vergleiche:   Retzius,  G.,  Ueber  die  Nerven 
Waldeyer,  Das  Becken.  33 


514  Lage  des  Eierstockes  und  der  Muttertrompeten. 

Lage  der  Eierstöcke  und  der  Taben. 

Bezüglich  der  Topographie  von  Eierstock  und  Tube  gelten  ganz  ähnliche 
Verhältnisse  wie  für  die  Gebärmutter.  Es  gibt  meines  Erachtens  eine  Lage 
des  TuboovarialapparatcS;  welche  man  als  die  typische  bezeichnen  kann,  und 
ausserdem  eine  Anzahl  anderer  mehr  oder  w^eniger  abweichender,  welche  zwar 
an  sich  keine  Störungen  veranlassen,  somit  noch  im  Bereiche  des  Gesunden 
liegen,  dennoch  aber  nicht  als  typisch  im  anatomischen  Sinne  bezeichnet  werden 
dürfen.  Es  muss  auch  nocli  hervorgehoben  werden,  dass  diejenige  Lage,  welche 
ich  als  die  typische  beschreiben  werde,  sicher  in  der  Mehrzahl  der  Fälle  vor- 
kommt und  für  gewöhnlich  dann  gefunden  wird,  w^cnn  alle  übrigen  Becken- 
organc  völlig  gesund  ersclieinen,  und  wenn  nicht  viele  Scliwangerscliaften  voranf- 
gegangen  sind.  Auch  gehen  die  nicht  typischen  Tuboovariallagen  leichter  in 
abnorme  Lagen  über,  oder  geben  l)ci  Störungen  in  der  Lage  der  übrigen 
Beckenorgane  ihrerseits  leicliter  zu  Funktionsbehinderungen  Anlass,  als  dies 
bei  der  typischen  Lage  der  Fall  wäre.  Aus  allen  diesen  Gründen  unterscheide 
ich  unter  den  normalen  Lagen  auch  hier  eine  typische,  welche  zugleich  die 
vortheilhafteste  ist  und  welche  zunächst  beschrieben  werden  soll. 

Bei  geschlechtsreifen,  normal  gebauten  Frauen  liegt  das  gesunde,  nicht 
vcrgrössertc  Ovarium  in  einer  flachen  Vertiefung  der  seitlichen  Beckenwand, 
der  y,Fossa  ovarica"^).  Die  Fossa  ovarica  wieder  bildet  einen  Theil  der 
Fossa  obturatoria  (S.  238—239,  Fig.  61  u.  62),  und  zwar  deren  hinteren  Theil. 
Ich  wiederhole  hier,  dass  die  Fossa  obturatoria  beim  aufrechtstehenden  Weibe 
begrenzt  wird  oben  und  vorn  durch  die  Vasa  iliaca  oder,  genauer  noch  aus- 


der  Ovarien  und  Hoden.  Biolog.  Unters.  Neue  Folge.  Bd.  V.  S.  31.  1893.  —  Riese,  H., 
Die  feinsten  Nervenfuseni  und  ilire  Endigungen  im  Ovarium  der  Säugethiere  und 
des  Menschen.  Anatomischer  Anzeiger  VI.  S.  400.  —  v.  Her  ff,  Ueber  den  feineren 
Verlauf  der  Nerven  im  Eierstocke  des  Menschen.  Zeitschrift  für  Geburtshülfe  und 
Gynäkoloj^ie.  Bd.  24.  1892.  S.  289.  —  Man  dl,  Ueber  Anordnung  und  Endigungsweise 
der  Nerven  im  Ovarium.  Archiv  für  Gynäkologie.  Bd.  48.  1895.  —  v.  Gawronsky, 
1.  c.  [S.  480].  —  Devos,  Etüde  de  l'innervation  de  l'ovaire.  Comptes  rendus  d'Aca- 
demie  royale  de  medecine  de  Belgique.  1894.  --  V\^interhalter,  Elisabeth,  Ein 
sympathisches  Ganglion  im  menschlichen  Ovarium.  Archiv  für  Gynäkologie.  Bd.  51. 
1896.  S.  49.  —  V.  Her  ff,  Gibt  es  ein  sympathisches  Ganglion  im  menschlichen  Ova- 
rium.   Ebendas.  Bd.  51.  1896.  S.  375, 

1)  Ich  gebrauche  absichtlich  nicht  den  von  Claudius  (Ueber  die  Lage  des 
Uterus.  Zeitschr,  für  rationelle  Medizin.  III.  Reihe.  Bd.  28.  S.  245.  1865)  zuerst  ver- 
wendeten Namen  „Fossa  ovarii",  weil  die  dort  beschriebene  sich  mit  der  meinigen 
nicht  deckt,  da  Claudius  sie  an  die  Stelle  des  Foramen  suprapiriforme  verlegt. 
Richtig  gibt  Claudius  die  Lage  der  Tube  zum  Eierstocke  an.  —  Vgl.  His  in  BNA. 
S.  145.  —  Valiin  und  nach  ihm  eine  Anzahl  anderer  französischer  Autoren  sagen» 
dass  im  Jahre  1841  von  Krause  —  es  müsste  dies  C.  Krause  sein  —  die  Fossa  ovarii 
beschrieben  sei.  Dies  ist  nach  den  bei  W.Krause,  dem  Sohne  C.  Krause's,  einge- 
zogenen Erkundigungen  irrthümlich.  W.  Krause  hat  in  der  viel  später,  1879,  von 
ihm  besorgten  3.  Aufl.  des  anatomischen  Handbuches  von  C.  Krause  die  Fossa  ovarii 
nach  Claudius  beschrieben. 


Lage  des  Eierstockes  und  der  Muttertrompeten.  515 

gedrückt,  durch  die  Arteria  umbilicalis,  hinten  durch  den  Ureter  und  unten 
und  vorn  durch  das  Ligamentum  teres  uteri. 

In  Fig.  81a  ist  diese  Grube  von  innen  her  bei  erhaltenem  Bauchfellüberzuge 
abgebildet.  Man  sieht  bei  nicht  zu  stark  fetthaltigem  subperitonäalen  Gewebe  die 
genannten  Theilc  deutlich  subserös  durchschimmern. 

In  dieser  grösseren  dreieckigen  Fossa  obturatoria  ist  nun  der  hintere  Theil 
zu  einer  kleineren  Grube  für  den  Eierstock  ausgetieft.  Die  Fossa  ovarica 
kann  sehr  verschieden  ausgebildet  sein.  Selten  findet  man  sie  garnicht  ange- 
deutet; andere  Male  erscheint  sie  nur  als  seichte  Depression,  oder  aber  sie  ist 
deutlich  als  Grube  vorhanden,  so  dass  sie  eine  förmliche  Nische  bildet,  in 
welche  der  Eierstock  so  tief  hineingelagcrt  ist,  dass  seine  freie  mediale  Fläche 
das  Niveau  der  seitlichen  Beckenwand  nicht  tiberragt. 

Die  Fossa  ovarica  wird,  die  Frau  in  aufrechter  Stellung  gedacht, 
begrenzt  nach  hinten  durch  den  Ureter  und  die  Arteria  uterina,  nach  oben 
und  vorn  durch  die  Arteria  umbilicalis.  Da  das  Ovarium  eine  annähernd 
elliptische  Form  besitzt,  so  kann  füglich  von  einer  oberen  und  unteren  Be- 
grenzung dieser  Grube  keine  Rede  sein-,  oben  gehen  nämlich  die  Reliefs  der 
Arteria  umbilicalis  und  uterina  und  des  Ureters  unter  einem  ziemlich  spitzen 
Winkel  ineinander  über,  in  welchem  die  Extremitas  tubaria  (superior)  des  Eier- 
stockes sich  hineinlegt.  Nach  unten  pflegt  die  Grube  flach  zu  verstreichen, 
da  ja  die  Arteria  umbilicalis  einerseits  und  der  Ureter  mit  der  Arteria  uterina 
andererseits  hier  auseinanderweichen.  Die  Grenze  der  Grube  fällt  hier  unge- 
fähr  mit  der  seitlichen  Anheftungslinie  des  Ligamentum  latum  zusammen. 

Ist  die  Grube  nischenartig  vertieft,  dann  besteht  hier  natürlich  auch  eine 
winklige  Umgrenzung,  die  jedoch  durch  kein  besonderes  Gebilde  bedingt  ist; 
die  Grube  erscheint  dann  wie  ein  vollkommener  Abdruck  des  Eierstockes.  Der 
Eierstock  ruht  mit  seiner  Extremitas  uterina  (inferior)  auf  der  oberen  Fläche 
des  Ligamentum  latum,  welche,  bei  bestehender  tiefer  Grube,  gegen  das  intra- 
ligamentöse  Gewebe  gleichsam  eingedrückt  ist. 

Befindet  sich  die  Frau  in  der  Rückenlage,  so  ändert  sich  die  Richtung 
der  Grube  und  des  Eierstockes:  während  die  Längsachse  beider,  wie  dies  His^) 
zuerst  klar  und  bestimmt  gezeigt  hat,  bei  aufrechter  Stellung  nahezu  vertikal 
verläuft,  geht  sie  bei  liegender  Stellung  in  die  horizontale  Richtung  über, 
und  man  muss  dann  von  einer  oberen,  vorderen  und  unteren  Begrenzung  und 
von  einem  hinteren  Winkel  der  Fossa  ovarii  sprechen. 

Zu  genauerer  Charakterisirung  der  Holotopie  des  Ovarium  ist  noch 
folgendes  hinzuzufügen:  die  laterale  Fläche  des  Organes  ruht  auf  dem  Boden 
der  Grube  an  der  seitlichen  Beckenwand  und  ist  sonach  ohne  Lageverschie- 
bung nicht  sichtbar.  Die  mediale  Fläche  ist  frei  und  sieht  zur  serösen  Becken- 
höhle hin.  Der  Margo  mesovaricus  schaut  bei  aufrechter  Stellung  nach 
vorn  und  lateral,  wo  er  angeheftet  ist;  er  ist  wegen  der  gleich  zu  schildernden 


1)  His,  W.,  1)  Ueber  Präparate  zum  Situs  viscerum.  Archiv  für  Anatomie  und 
Physiologie.  1878.  S.  77.  —  2)  Die  Lage  der  Eierstöcke  in  der  weiblichen  Leiche. 
Ebend.  1881.  S.  398. 


516  Lage  des  Eierstockes  und  der  Muttertrompeten. 

Lage  der  Tube  nicht  zu  sehen.  Der  Margo  liber  schaut  nach  hinten  und  etwas 
medianwärts  gegen  das  Rectum  hin;  an  ihm  läuft  der  Ureter  entlang. 

Beide  Eierstöcke  liegen  selten  genau  symmetrisch;  der  eine  kann  hoher 
oder  mehr  nach  vorn  liegen,  als  der  andere;  ich  kann  tibrigens  nicht  finden, 
dass  der  linke  Eierstock,  wie  behauptet  worden  ist,  häufiger  mehr  nach  vorn 
liegt. 

lieber  diese  Gesamtlage  des  Eierstockes  geben  die  Figuren  81  a,  83, 
85,  86  und  88  c  Aufschluss;  im  übrigen  verweise  ich  auf  meine  1897  ver- 
öifentlichte  Darstellung  L  c.  [S.  474.] 

Skeletotopie  des  Ovarium.  Aus  dem  vorhin  Gesagten  folgt  schon,  ver- 
gleiche insbesondere  die  Figg.  51  und  86,  dass  der  Eierstock  unterhalb  der 
Ebene  des  Beckeneinganges  gelegen  ist.  Dagegen  würde  eine  Verbindungslinie 
vom  Kreuzungspunkte  der  Linea  terrainalis  mit  der  Articulatio  sacroiliaca  zum 
oberen  Umfange  des  Foramen  obturatum  durch  die  Höhe  der  Extremitas  tubaria 
des  Eierstockes  gehen.  Man  kann  auch  sagen,  dass  der  Eierstock  in  einer 
Sagittalebene  liegt,  welche  der  Mitte  der  Entfernung  zwischen  Spina  iliaca 
anterior  superior  und  Symphyse  entspricht.  Der  Eierstock  ruht  anf  dem  Muscu- 
lus obturator  internus,  von  diesem  allerdings  noch  durch  die  gleich  zu  er- 
wähnenden Gefässe  und  Nerven  getrennt;  vom  knöchernen  Becken  entspricht 
ihm  ungefähr  die  Mitte  des  oberen  Hüftpfannenrandes.  Eine  durch  das  Pro- 
montorium gelegte  Frontalebene  wird  entweder  das  Ovarium  treffen,  oder  dicht 
hinter  ihm  vorbeistreichen,  was  mit  dem  Seite  76 — 77  über  die  Lage  des 
Promontorium  (Abschnitt  „Idiotopie  des  Beckens^)  Gesagten  übereinstimmt. 
Das  Planum  frontale  interspinosum  geht  beträchtlich  hinter  dem  Eierstocke 
her.  Das  Verhalten  zu  den  drei  grossen  seitlichen  Beckenöfi'nungen  gestaltet 
sich  so,  dass  das  Ovarium  der  Horizontalebene  des  Foramen  infrapiriforme  am 
nächsten  liegt,  oberhalb  des  Foramen  ischiadicum  minus  (vergl.  S.  168 — 169). 

Syntopie  des  Ovarium.  Die  wichtigsten  syntopischen  Ikziehungen  sind 
die  mit  der  Tube  und  dem  Ureter,  lieber  die  ersteren  wird  alsbald  in  einem 
besonderen  Abschnitte  gehandelt  werden.  Die  letzteren  sind  bereits  vorhin, 
gelegentlich  der  Holotopie  des  Organes  besprochen  worden;  auch  wird  darauf 
beim  Kapitel  „Ureter  muliebris'^  zurückzukommen  sein. 

Seine  übrigen  syntopischen  Beziehungen  unterhält  das  Ovarium  haupt- 
sächlich mit  Gefässen  und  Nerven.  Vom  grossen  Becken  her,  also  an  der 
Extremitas  tubaria,  treten  von  oben,  vorn  und  lateralwärts  die  Vasa  ovarica, 
mit  ihrer  bindegewebigen  und  peritonaealen  Umhüllung,  welche  auch  glatte 
Muskelfasern  führt,  heran;  sie  bilden  das  „Ligamentum  Suspensorium 
ovarii",  Henle's  „Ligamentum  infundibulopelvicura"  (s.  w.  u.  Kap.  „Liga- 
mentum latum"  und  Figg.  81a,  83,  85,  88  c).  Von  unten  her  kommt,  wie 
bemerkt,  das  Ligamentum  ovarii  proprium.  Lateral,  am  Boden  der 
Fossa  ovarica  haben  wir  von  vorn  nach  hinten  (aufrechte  Stellung)  —  von 
oben  nach  unten  in  liegender  Stellung  —  1)  einige  Lymphoglandulae 
iliacae,     2)    den    Nervus    obturatorius,     3)    die  Arteria  umbilicalis, 


Lage  der  Muttertrompeten.    Eierstock  und  Ligamentum  latum.  517 

4)  einen  oder  den  anderen  Ramus  vesicalis  dieser  Arterie;,  5)  die  Arteria 
obturatoria,  6)  die  Vena  obturatoria;  dann  kommen  als  hintere  (bezw. 
untere)  Begrenzung  die  Vasa  uterina  mit  dem  Ureter.  Vergleiche  hierzu 
die  Figuren  51  u.  88  c,  Es  sei  noch  bemerkt,  dass  der  Nervus  obturatorius 
näher  der  Beckenwand  liegt,  also  weiter  von  dem  Ovarium  absteht,  als  die  Gefässe. 

Topog^raphie  der  Tube.    Beziehung^en  des  Ligamentum  latum  zum 

Eierstocke. 

Nach  Feststellung  der  Lage  des  Eierstockes  sind  die  topographischen 
Verhältnisse  der  Tube  leicht  anschaulich  zu  machen;  dabei  muss  gewisser 
Lagebeziehungen  des  breiten  Mutterbandes  schon  gedacht  werden. 

Der  erste  Abschnitt  der  Tube,  der  Isthmus,  verläuft  bei  aufrechter 
Stellung  des  Weibes  nahezu  in  horizontaler  Ebene  und  ein  wenig  nach 
rückwärts  gewendet,  bis  an  die  P^xtremitas  uterina  des  Eierstockes  zur  seit- 
lichen Beckenwand  hin.  Derselbe  liegt  hier  in  der  von  mir  s.  Z.  sogenannten 
Fovea  parauterina^).  Beim  Abgange  der  Tube  von  der  Gebärmutter  liegt 
dicht  vor  und  unter  ihr  das  Ligamentum  teres  uteri,  welches  aber  alsbald 
unter  spitzem  Winkel  nach  vorn  abbiegt.  Nach  hinten  verläuft  auf  derselben 
Strecke  in  gleicher  Richtung  das  Ligamentum  ovarii  proprium  und  zwischen 
diesem  und  der  Tube  das  Bündel  der  Tuboovarialgefässe;  vergl.  Fig.  85. 
Am  unteren  Eierstockspole  beginnt  der  zweite  Verlaufsabschnitt  der 
Tube;  sie  ändert  unter  fast  rechtem  Winkel  ihre  bisherige  Richtung  und  steigt 
am  Margo  mesovaricus  des  Ovarium,  diesem  parallel  und  dicht  vor  ihm  gelegen, 
an  der  seitlichen  Beckenwand  aufwärts  bis  zum  oberen  Eierstockspole,  der  Ex- 
tremitas  tubaria.  Dieser  Tubenabschnitt,  aufsteigender  Tubenschenkel, 
hat  also  eine  fast  vertikale  Richtung.  An  der  Extremitas  tubaria  biegt  sich  der 
Eileiter  um  diese  herum,  nach  hinten  und  nach  abwärts,  Tuben  schleife 
(18  in  Fig.  86),  und  wendet  sich  mit  einem  dritten  Abschnitte,  dem  End- 
stücke der  Pars  ampuUaris,  zum  freien  hinteren  Rande  und  zur  medialen  Fläche 
des  Eierstockes,  auf  welchen  Theilen  die  Fimbrien  des  Infundibulum  glocken- 
förmig aufruhen,  absteigender  Tubenschenkel.  Dabei  schlägt  sich  dieser 
Tubenschenkel  mit  der  zugehörigen  Mesosalpinx  und  den  in  dieser  einge- 
schlossenen Gebilden:  Gefässen,  Epoophoron  und  Paroophoron,  tlber  die  mediale 
freie  Fläche  des  Eierstockes  wie  ein  Vorhang  hinweg,  so  dass  der  Eierstock, 
namentlich  von  oben  und  vorn  her  verdeckt  wird.  Auf  diese  Weise  kommen 
denn  auch  die  genannten  Reste,  Epoophoron  und  Paroophoron,  in  syntopische 
Beziehungen  zum  Ovarium,  was  hier  nachzutragen  ist. 

Wie  weit  der  P^ierstock  vom  absteigenden  Tubenschenkel  und  der  Meso- 
salpinx verdeckt  wird,  hängt  von  verschiedenen  Faktoren  ab:  bei  langer  Tube 
und  grosser  Mesosalpinx,  sowie  bei  Hochlage  des  Eierstockes  kann  der  letztere 
vollständig  verdeckt  sein,  so  dass  man,  falls  alle  Theile  in  ihrer  Lage  unver- 
ändert bleiben,    beim  Einblicke   in   die   geöffnete  Beckenhöhle  nichts  von  ihm 


1)  Waldejer,  1.  c.  [S.^520  sub  c]  37  der  Figur  I. 


518    Lage  des  Eierstockes  und  der  Muttertrompeten.    Beziehungen  zum  Lig.  latum, 

sieht,  oder  höchstens  das  untere  Stück  seines  freien  Randes,  umgekehrt  ist 
es  bei  Tief  läge  des  Eierstockes,  kurzer  Tube  und  kleiner  Mesosalpinx.  Einen 
wesentlichen  Einflnss  hat  auch  eine  Extrainedianstellung  des  Uterus:  an  der 
Seite,  wohin  der  Uterus  abgewichen  ist,  wird  der  E^ierstock  besser  bedeckt 
sein  als  an  der  anderen,  wo  der  Tubenvorhang  gleichsam  von  ihm  abgezogen 
i^f     ist  (s.  Fig.  84^,  Sinistropositio  uteri). 

Dem  Gesagten  zufolge  liegt  nun  holotopisch  der  Isthmus  der  Tube  im 
kleinen  Beckenraume,  in  der  Fovea  parauterina,  die  Pars  ampullaris  dagegen, 
eine  um  den  Tubenpol  des  Eierstockes  herumgebogene  zweischenklige  Schleife 
bildend,  in  der  Fossa  obturatoria  an  der  seitlichen  Beckenwand, 

Durch  den  aufsteigenden  Tubenschenkel  wird  beim  Weibe  die  Fossa  ob- 
turatoria wieder  in  zwei  Abtheilungen,  die  Fossa  ovarica  und  praeovarica 
geschieden;  von  einer  ähnlichen  Theilnng  ist  beim  Manne  (s.  Fig.  62)  natür- 
lich nichts  zu  sehen  (s.  auch  das  Kapitel:  Cavum  serosum  pelvis  mulieris). 

Die  skeletotopischen  und  syntopischen  Beziehungen  der  Tube 
sind  dieselben  wie  die  des  Eierstockes;  nur  kann  bemerkt  werden,  dass  die 
Tubenschleife  medial  vor  den  Vasa  ovarica  herzieht  und  dicht  an  die  Vena 
iliaca  externa  zu  liegen  kommt.  Es  macht  den  Eindruck,  als  ob  die  Vasa 
ovarica,  bezw.  das  Ligamentum  Suspensorium  ovarii  gerade  auf  die  Tuben- 
schleife zustreben  (s.  Figg.  81a  und  83).  Endlich  mag  hervorgehoben  sein, 
dass  das  Infundibulum  mit  seinen  Fimbrien  den  Ureter  berühren  kann. 

Ausser  dieser  im  Vorstehenden  geschilderten  typisclien  Lage  des  tuboovarialen 
Apparates  gibt  es  noch  drei  andere,  welche  häufiger  vorkommen  und  noch  in  die 
Breite  des  Normalen  fallen:  1)  Die  Tieflage  des  Ovarium;  2)  die  Hochlage,  3)  die 
Vorder  läge  desselben. 

Bei  der  Tief  läge  liegt  der  Eierstock  in  der  Fossa  hypogastrica  (s.  S.  240). 
Der  Margo  mesovaricus  befindet  sich  unterhalb  des  Ureter,  die  normale  Fossa 
ovarica  ist  leer,  der  Ureter  zieht  nicht  am  freien  Rande  des  Ovarium  her,  sondern 
oberhalb  desselben  am  Margo  mesovaricus.  Mit  der  lateralen  Fläche  des  Ovarium 
treten  die  grossen  Aeste  der  Vasa  hypogastrica  und  die  Lymphoglandulae  hypo- 
gastricae  in  Beziehung.  Der  freie  Rand  und  die  mediale  Fläche  rücken  nahe  an  die 
Synchondrosis  sacroiliaca,  an  das  Gebiet  der  Foramina  supra-  und  infrapiri forme,  an 
das  Rectum  und  an  den  Douglas'schen  Raum  heran.  Das  Ovarium  ist  bei  dieser 
Lage  freier  beweglieh  und  leichter  zu  palpiren.  Ich  habe  diese  Lage  vorzugsweise 
bei  Multiparae  gefunden,  namentlich,  wenn  der  Eierstock  etwas  gross  und  schwer 
war.  Es  ist  ja  auch  leicht  verständlich,  dass  das  Organ  nach  wiederholter  Entwick- 
lung von  voluminösen,  echten  gelben  Körpern  und  nach  wiederholten  Geburten  aus 
der  Fossa  ovarii  hinausrückt,  in  die  es  nicht  immer  wieder  hineingelangen  wird. 

Die  Hochlage  des  Ovarium  findet  man  während  der  foetalen  Periode  und 
noch  bei  Neugeborenen  bis  in  das  erste  Lebensjahr  hinein.  Der  Eierstock  liegt  dann 
noch  im  grossen  Becken  und,  bei  Neugeborenen,  auf  dem  Musculus  psoas  an  den 
Vasa  iliaca  externa;  er  ist  in  dieser  Lage  nicht  so  vollkommen  von  dem  Tubenvor- 
hange  verdeckt.  Seine  definitive  Lage  in  der  Fossa  ovarica  gewinnt  das  Organ  je- 
doch schon  im  Kindesalter.  Mitunter,  namentlich  bei  engem  Becken,  bei  Becken- 
geschwülsten, und  bei  der  Schwangerschaft  i),  kann  auch  im  höheren  Alter  das 
Organ  in  der  Hochlage  gefunden  werden. 

1)  Webster,  J.  C,  Researches  in  female  pclvic  anatomy.  Edinburgh  and  Lon- 
don, 1892. 


Lage  des  Eierstocket»  und  der  Muttertrornpeten.  519 

Am  seltensten  ist  die  Vord erlag: e  des  Tuboovarialapparates.  Bei  dieser 
rückt  derselbe  in  die  Fossa  praeovarica  hinein.  Als  Ursache  dieser  Lagerung  müssen 
wohl  ein  kurzes  Ligamentum  ovarii  proprium  mit  ktirzer  Tube  angesehen  werden. 

Sehr  wichtig  ist  die  grosse  Beweglichkeit  und  Verschiebbarkeit, 
welche  das  Ovariura  nebst  der  Tube  in  demselben,  wenn  nicht  noch  höheren 
Grade  besitzt,  wie  der  Uterus.  Auch  für  den  Tnboovarialapparat  ist  das  Wich- 
tigste, dass  derselbe  seine  Beweglichkeit  behält;  er  pflegt  dann,  selbst  nach 
grossen  Verschiebungen,  wieder  zur  normalen  Lage  zurückzukehren.  Treten 
Adhäsionen  nach  Verschiebungen  ein,  so  können  ernste  Störungen  daraus  her- 
vorgehen, namentlich,  wenn  dabei  Tube  und  Ovarium  von  einander  getrennt 
w^erden.    (Vgl.  Kapitel  „Pathologische  Zustände".) 

Die  Lage  der  Tube  ist  aus  denselben  Figuren  ersichtlich,  welche  die  Lage  des 
Fiierstockes  zu  erläutern    bestimmt    sind;    in  erster  Linie  wolle   man   die  Figuren  51, 
131  und  132  vergleichen.     Sie    geben    auch   Aufschluss    darüber,    welches    die    Lage- 
beziehungen   bei    der  Tief  läge,    Hochlage  und  Vorderlage    sein  werden,    unbeschadet 
dessen,    dass  Figg.  Gl  und  62    zum    männlichen    Becken    gehören.     Aus    Fig.  84a    ist 
ersichtlich,  wie  Tube  und  Fierstock  bei  Tieflagerung  in  nahe  Beziehungen  zum  Rectum 
und  zum  Douglas'schen  Kaume  treten  können.    In  der  Figur  selbst  ist  allerdings  der 
Eierstock  in  seiner  typisclien  Lage  gezeichnet.    Fig.  81  a  zeigt  die  Tubenschleife  und 
die  beiden  Tubenschenkel   in   ihrer  Lage   zum    Eierstocke,   ferner  das  Aufruhen  der 
Fimbrienglocke    auf   dem   letzteren;    nur    ist   in    der  Figur   der  aufsteigende  Tuben- 
schenkel absichtlich  nach  vorn  vom  Eierstocke  abgehoben  worden,    um  den  letzteren 
sichtbar    zu    machen.    Die   gewöhnliche    Lage    bei   kurzer  Mesosaipinx,    so  dass    ein 
grosser    Theil    des    Eierstockes    sichtbar    ist,    gibt  Fig.  83.    Auch  Fig.  87    wolle    man 
vergleichen.    Denkt  man  sich  hier   an   der  rechten  Seite  der  Figur  die  Tube  mit  der 
Mesosaipinx  nach  hinten,    also    nach  dem  Beschauer  zu,  über  den  Eierstock  hinüber- 
geschlagen, so  wird  klar,  wie  das  Epoophoron  sich  der  freien  Eierstocksflächc  anlegt, 
wie    die  Fimbrienglocken,    auch   die   der   accessorischen    OefFnung  der  Tube,    insbe- 
sondere   aber    die    Fimbria    ovarica    sich    an    den    Eierstock    anschmiegen.     Endüch 
kann  Fig.  88  c  (rechte  Seite  der  Figur)    dazu  dienen,    die    syntopischen    Beziehungen 
des  Eierstockes  zum  Ureter  und  zu  den  seitlichen  Beckengelässen  zum  Ausdrucke  zu 
bringen.    Obwohl  die  Tube  hier  nicht  gezeichnet  ist,    lässt  sich  dieselbe  leicht  in  die 
Figur  hineindenken,    und   so    kann    die  letztere  auch  für  die  Tubentopographie  Ver- 
Avendung  finden.     Hauptsächlich  aber  ist    für    die   topographischen  Beziehungen  von 
Tube  und  Eierstock  Fig.  86    bestimmt.     Bei  starker    Dextroposition    der  Gebärmutter 
ist  freilich  ein  Theil  des  Tubenvorhanges  von  dem  hier  sichtbaren  linken  Eierstocke 
abgezogen.     Die  Darmschlingen    zwischen  Rectum  und  Tuboovarialapparate,    welche 
hauptsächlich  von  der  Flexura  iliaca  herrührten,  sind  entfernt;  auf  diese  Weise  sieht 
man  den  weiten  Abstand,  welcher  zwischen  Tuboovarialapparate  und  leerem  Rectum 
besteht.    Ferner  werden  durch  diese  Figur  sehr  gut  die  Beziehungen  dieses  Apparates 
zu  den  Dünndarmschlingen  und  zum  grossen  Netze  klargelegt.    Normalerweise  hängt 
das  Packet  der  Dünndarmschlingen  an  seiner  Radix  mesenterii  wie  an  einem  Stiele  (28  a) 
in  das  grosse  Becken  hinab.    Die  Darmschlingeu   umsäumen    das  untere  dicke  Stiel- 
ende (28),   vor  ihnen  liegt  das  grosse  Netz  (27),    an  welchem  man,  wenn  es,  wie  hier, 
fettreich  ist,    den  Dünndarmschlingen   entsprechende  Gruben   wahrnimmt.    Ein  links- 
seitiger Zipfel  des  Netzes  reicht  bis  an  die  Tubenschlinge  (18)  heran.    Auch  eine  An- 
zahl Dünndarmschlingen  berühren  den  tuboovarialen  Apparat.     Alles  dieses  sind  Ver- 
hältnisse, welche  in  physiologischer,   insbesondere    aber    in  pathologischer  Beziehung 
von  grosser  Wichtigkeit  werden  können.    In  der  Figur   ist  ein  Hochstand  sämtlicher 
Beckenorgane  bemerkbar.  —  Die  Tubenschleife  ist  spitzwinklig.   Bei  der  oberen  Ziffer  20 
schimmert  das  obere  Eierstocksende  durch  den  Vorhang  der  Mesosaipinx  hindurch. 


520  Eierstöcke  und  Muttertrompeten:  Altersverschiedenheiten. 

Die  Bedeckung  des  Eierstockes  durch  die  Tube  führt  in  weiterer  Entwick- 
lung zur  Bildung  einer  mehr  oder  minder  tiefen  Tasche  bis  zu  einer  fast  vollkommen 
geschlossenen  serösen  Kapsel  um  den  Eierstock,  Bursa  ovarii,  welche  nur  an  einer 
Stelle,  in  deren  Nähe  sich  auch  das  Tubenostium  befindet,  eine  kleine  OefiPnung  gegen 
den  grossen  serösen  Bauchfellsack  hat.  Bei  einigen  Thierspezies,  z.  B.  D  i  p  u  s 
aegyptius,  fehlt  auch  diese  OefTnung,  und  die  Kapsel  ist  völlig  geschlossen.  Beim 
Menschen  ist  eine  Tasche  noch  nicht  ausgebildet,  der  Eierstock  hat  hier  also  die 
freieste  Lage.  Schon  bei  den  Affen  ist  die  Nische  der  Mesosalpinx,  in  welcher  der 
Eierstock  ruht,  merklich  tiefer.  Noch  mehr  vertieft  erscheint  sie  bei  den  Ungulaten, 
um  bei  einzelnen  Carnivoren  und  Nagern  ihre  höchste  Ausbildung  zu  erlangen  i). 

AlterBvemohiedenheiten. 

Des  geschlängelten  Verlaufes  der  Tuben  in  den  letzten  Fötalmonaten 
ist  bereits  gedacht  worden.  Die  Flimmerung  des  Tubenepithels  findet  sich 
schon  bei  Neugeborenen.  —  Nach  Aufhören  der  Geschlechtstbätigkeit  verfallen 
die  Tuben  derselben  Atrophie  wie  der  Uterus.  Das  Ostium  abdominale  tubae 
zeigt  sich  bei  der  eisten  Anlage  hoch  oben  im  Coelom,  dicht  am  Herzen;  die 
Tube  macht  dann  mit  dem  Eierstocke  dessen  Descensus  durch,  s.  das  Ka- 
pitel „Entwicklungsgeschichte". 

Die  Form  des  Eierstockes  bis  zum  ersten  Lebensjahre  ist  eine  auf  dem 
Querschnitte  dreieckig  pilzförmige;  den  Stiel  dieses  Pilzbildes  liefern  die  Gefässe  mit 
dem  sie  begleitenden  Mesovarium.  Die  Rindenschicht  überwiegt  bei  weitem  und  steckt 
ganz  voller  Primärfollikel^  zwischen  denen  das  Stroma  sehr  zurücktritt.    Dadurch  be- 


1)  Zuckerkandl,  E.,  Zur  vergleichenden  Anatomie  der  Ovarialtasche.  Anato- 
mische Hefte,  herausgeg.  von  Merkel  und  B  onnet.  27.  Heft  (Bd.  VllI).  1897.  (Mit 
Litteratur.)  —  Eine  Abbildung  der  Bursa  ovarii  beim  Rinde  s.  in  Waldeyer,  Eierstock 
und  Ei.  Leipzig,  1870.  Taf.  I.  —  üeber  die  Lage  des  Uterus  und  seiner  Adnexa 
vgl.  insbesondere:  K.  v.  Bardeleben,  Ueber  dieLage  der  weiblichen  Beckenorgane. 
Verhandlungen  der  anatom.  Gesellschaft  vom  Jahre  1888.  Jena,  Fischer,  1888,  worin 
die  Litteratur  bis  zum  Jahre  1888  enthalten  ist.  Die  im  Texte  vertretene  Anschauung 
von  der  Lage  des  Uterus,  der  Eierstöcke  und  der  Tuben  ist  in  ihren  Grundzügen 
durch  B.  S.  Schnitze  und  W.  His  festgestellt  [Citate  s.  S.  497  u.  515].  Ferner  wolle 
man  hierzu  nachsehen:  Hasse,  K.,  Beobachtungen  über  dieLage  der  Eingeweide  im 
w^eiblichen  Beckeneingange.  Archiv  für  Gynäkologie.  Bd.  VIIL  1875;  Valiin,  Situation 
et  prolapsus  de  l'ovaire.  These  de  Paris.  1887.  4;  Martin,  A.,  Lage  und  Bandapparat 
des  Eierstockes.  Carl  Rüge -Festschrift.  Berlin,  1896.  4.  S.  Karger.  (Mit  Litteratur.) 
und  Nagel,  W.,  1.  c.  [S.  476]  in  v.  Bardeleben's  Handbuche  der  Anatomie,  woselbst 
ein  genaues,  sehr  dankenswerthes  Litteraturverzeichniss  bis  1896  gegeben  ist. 

Meine  eigenen  Schriften  über  diesen  Gegenstand  sind:  a)  DieLage  der  inneren 
weiblichen  Beckenorgane  bei  Nulliparen.  Anatomischer  Anzeiger,  1886.  —  b)  Ueber 
die  Lage  der  inneren  weiblichen  Geschlechtsorgaue.  Sitzungsber.  der  Königl.  preuss. 
Akad.  der  Wissenschaften  zu  Berlin.  1888.  Nr.  38/39.  —  c)  Beiträge  zur  Kenntniss  der 
Lage  der  weiblichen  Beckenorgane  nebst  Beschreibung  eines  frontalen  Gefrierschnittes 
des  Uterus  gravidus  in  situ.  Bonn,  1892.  Fol.  Friedr.  Cohen.  —  d)  Topographical 
Sketch  of  the  lateral  wall  of  the  pelvic  cavity,  with  special  reference  to  the  ovarian 
groove.  The  Journ.  of  anat.  and  physiology  cond.  by  Turner,  Cunningham,  Maca- 
lister  and  McKendrick.  Vol.  XXXIL  1897.  p,  1.  —  e)  Topographie  des  Uterus,  Vor- 
trag im  medizinischen  Verein  zu  Greifswald.  Deutsche  mediz.  Wochenschrift.  1898. 
Nr.  19.    In  allen  diesen  auch  weitere  Citate. 


Uterus  etc:  Physiologische  und  praktische  Bemerkungen.  521 

kommt  der  Eierstock  eine  mehr  weiche,  parenchymatöse  Konsistenz  und  eine  tiefer 
graue  Färbung  seiner  Oberfläche. 

Der  Eierstock  des  K  i  n  d  e  s  a  1 1  e  r  s  ist  weniger  abgeplattet,  als  der  der  ge- 
ßchlechtsreifen  Frau  und  hat  eine  glatte  Oberfläche,  da  noch  keine  Follikelnarben  sich 
finden. 

Die  Eierstöcke  multiparer  Frauen  zeigen  eine  Grössenzunahme  gegenüber 
denen  der  Nuliiparen ;  mit  dem  Beginne  der  vierziger  Jahre  nehmen  sie  jedoch  langsam 
an  Volumen  ab;  ferner  treten  die  durch  die  Ovulation  und  die  Rückbildung  der  gelben 
Körper  erzeugten  narbigen  Einziehungen  der  Oberfläche  auf. 

Das  Ovarium  von  Greisinnen  zeigt  sich  bis  auf  die  Hälfte  verkleinert;  es 
bekommt  ein  höckriges  Aeussere,  und  da  die  Follikel  sämmtlich  geschwunden,  die  Ge- 
fässe  zurückgebildet  und  das  Stroma  geschrumpft  sind,  gewinnt  es  eine  derbe,  leder- 
artige Konsistenz;  es  ist  ein  für  den  Organismus,  wie  es  scheint,  vollkommen  werth- 
loser  Theil  geworden;  wenigstens  ist  es  sehr  unwahrscheinlich,  bei  solchen  Ovarien 
noch  innere  Sekretionsvorgänge  anzunehmen. 

Maass-  nnd  Zahlentabelle  i). 

Länge  des  Eierstockes  bei  Neugeborenen 2,0    cm 

„     Kindern  (5—6  Jahren) 2,5     „ 

„     Erwachsenen       3—5        „ 

Breite  bei  Neugeborenen 0,5     „ 

„    Kindern 0,8     „ 

„     Erwachsenen 1,5—3        „ 

Dicke     „    Neugeborenen       0,25  „ 

„    Kindern 0,40  „ 

„    Erwachsenen 0,50—1,50  „ 

Gewicht  bei  Neugeborenen 0,5    gr 

„     Kindern 2—3        „ 

„     Erwachsenen 6—8        „ 

„     Greisinnen 1—2        „ 

Grösse  der  reifen  Eifollikel 1,5—2      cm 


Physiolo^Bohe  und  praktiflch-medioinisohe  Bemerkungen  zu  Uterus, 

Tube  und  Ovarium. 

Wir  fügen  den  schon  früher  gelegentlich  eingestreuten  physiologischen 
Bemerkungen  noch  folgende  von  unmittelbar  praktischem  Interesse  hinzu. 

Wie  beim  Manne,  so  ist  auch  beim  Weibe  der  leibliche  und  geistige  Habitus  in 
hervorragender  Weise  von  dem  Zustande  der  Geschlechtsdrüse  abhängig.  Funktionirt 
auch  nur  ein  Eierstock  normal,  so  erhält  und  behält  das  Weib  seine  charakteristischen 
seelischen  und  körperlichen  Eigenschaften.  Unter  solchen  Umständen,  namentlich 
dann,  wenn  die  Eierstöcke  längere  Zeit  funktionirt  haben,  insbesondere,  wenn  ihre 
Funktion  auf  natürlichem  Wege  ihr  Ende  erreicht  hat,  verliert  auch  die  Greisin,  ab- 
gesehen von  den  allgemeinen  Alters  Veränderungen,  diese  Eigenschaften  nicht.  Sind 
dagegen  beide  Ovarien  wegen  mangelhafter  Anlage  oder  durch  vorzeitigen  Unter- 
gang, sei  es  in  Folge  von  Krankheiten  oder  insbesondere  durch  operative  Eingriffe, 
nicht  zur  Funktion  gekommen,  so  bleibt  entweder  der  Gesamtkörper  in  seiner  Ent- 
wicklung zurück,    oder   es   entstehen   oft  sogenannte  Mannweiber,  Viragines.  — 


1)  Nach  Puech,  Les  ovaires  et  leurs  anomalies,  Paris,  1873,  Farre,  l.  c.  [S.50t],y 
Sappey  (Trait6  d*anat.),  W.  Krause  (Lehrbuch),  1.  c.  [S.54]  und  eigenen  Messungen. 


522  GebUrmutter,  Muttertrompetcn,  Eierstock:  Physiol.  Bemerkungen. 

Es  ist  noch  ein  RHtlisel,  auf  welchem  Weg'c  diese  Abhängigkeit  sich  herstellt,  ob  die- 
selbe lediglich  reflektorischen  Nervenwirkungen  zuzuschreiben  ist,  oder  ob  chemische 
Vorgänge  dabei  im  Spiele  sind,  etwa  auf  dem  Wege  einer  inneren  Sekretion  (Brown- 
Seciunrd)^).  Gerade  an  die  Geschlechtsdrüsen  des  Mannes  wie  des  Weibes  haben 
sich  aus  diesen  Erwägungen  heraus  eine  Anzahl  wichtiger  praktischer  Folgerungen 
geknüpft,  die  zum  Tlieile  schon  verwerthet  worden  sind:  wie  die  Kastration  oder  die 
Durchschneidung  der  Ductus  deferentes  bei  Prostataleiden,  die  Entfernung  der  Ovarien 
bei  schweren  Hysterien  und  anderes. 

Eine  kompensatorische  Hypertrophie  nach  Wegnahme  eines  Eierstockes 
konnte,  nach  den  bisherigen  Versuchsergebnissen,  an  dem  zurückbleibenden  Eier- 
stocke nicht  mit  Sicherheit  festgestellt  werden-). 

Indem  eine  unmittelbare  Verbindung  zwischen  Eierstock  und  Tubenrohr  fehlt  und 
eine  Bursa  ovarü  beim  menschlichen  Weibe  in  der  geringsten  Ausbildung  sich  zeigt, 
ist  der  Verlust  an  Eiern  bei  der  Ovulation  des  Menschen  vielleicht  der  grösste  in  der 
gesamten  organischen  Welt.  P's  erklärt  sich  wohl  zum  Tlieil  daraus  der  Umstand, 
dass,  ungeachtet  des  freien  Geschlechtsverkehrs,  der  an  keine  Brunstperiode  gebunden 
ist,  und  trotz  einer  rund  30jährigen  Funktionszeit,  welche  höher  i^t,  als  bei  den 
meisten  in  dieser  Beziehung  bekannten  Thieren,  die  Zahl  der  Schwangerschaften  beim 
menschlichen  Weihe  <'ine  verhältnissmässig  geringe  ist,  selbst  unter  Verhältnissen, 
wo  Abwege  nicht  in  Frage  kommen.  Hierzu  kommt  allerdings  der  vorhin  schon  be- 
sprochene Untergang  zahlreicher  Eier  im  Ovarium  selbst  in  Betracht. 

Dass  die  Eier  überhaui)t  in  den  Tuben kanal  gerathen,  hängt  von  der  Lage  der 
Tubenglocke  zur  Oberfläche  des  Ovarium,  sowie  von  dem  tubaren  Flimmerstrome  ab, 
wofür  unter  anderem  experimentelle  Untersuchungen  sprechen-^).  Durch  mehrfache 
Erfahrungen  gestützt,  wissen  wir,  dass  sowohl  Eier  wie  Sperma  in  der  Beckenhöhle 
von  einer  Seite  zur  anderen  hinüberwandern  können "*). 

Als  normaler  Ort  für  die  Begegnung  von  Ei  und  Samen,  also  als  Befruch- 
tungsstelle, ist  die  Ampulla  tubae  anzusehen,  wo  das  Tubenlabyrinth  die  gün- 
stigsten Bedingungen  darbietet.  Bei  Thieren  kann  darüber  kein  Zweifel  mehr  be- 
stehen^); auch  beim  Menschen  dürften  jetzt  die  Meisten  dieser  Ansicht  sein,  für  Avelche 
u.  a.  auch  die  Tubenschwangerschaften  sprechen. 

Sehr  bemerkenswerth  ist  die  Thatsache,  dass  sich  die  Fähigkeit,  ein  befruchtetes 
Ei  in  normaler  Weise  zur  Ausbildung  zu  bringen,  nicht  auf  die  Gebärmutter  be- 
schränkt, sondern  auch  der  Tube  in  deren  ganzer  Ausdehnung  zukommt;  vgl.  das  über 
den  Bau  der  Tube  Bemerkte.  Es  werden  zwar  auch  menschliche  Früchte  ausserhalb 
der  Tube  in  der  Bauchhühle  weiter  entwickelt  (s.  später  „Extrauterinschwangerschaften"); 


1)  Brown-Sequard  et  d'Arsonval,  A.,  Recherches  sur  les  extraits  liquides 
retires  des  glandes  et  d'autres  parties  de  l'organisme  et  sur  leur  emploi  en  injections 
sous-cutanees  comme  methode  therapeutique.  Archives  de  physiol.  norm,  et  pathol. 
1891.  p.  491. 

2)  Ribbert,  1.  c.  [S.  397]. 

3)  Vgl.  hierüber  insbesondere  Hasse,  K.,  Beobachtungen  etc.,  1.  c.  [S.  520].  — 
Lode,  Experimentelle  Beiträge  zur  Lehre  der  Wanderung  des  Eies  vom  Ovarium  zur 
Tube.     Archiv  für  Gynäkologie.  Bd.  45. 

4)  Leopold,  G.,  Die  Ueberwanderung  der  Eier.  Eine  experimentelle  Studie. 
Archiv  für  Gynäkologie.  Bd.  16. 

5)  Rein,  G.,  Beiträge  zur  Kenntniss  der  Reifungserscheinungen  und  Befruch- 
tungsvorgänge am  Säugethierei.  Arch.  f.  mikr.  Anat.  Bd.  22.  ~  Sobotta,  J.,  Die  Be- 
fruchtung und  Furchung  des  pjes  der  Maus.  Ebendas.  Bd.  45.  1895.  —  Für  den  Uterus 
als  normalen  Befruchtungsort  beim  Menschen  hat  sich  Wyder,  Th.,  Beiträge  zur 
Lehre  von  der  Extrauterinschwangerschaft  und  dem  Orte  des  Zusammentreffens  von 
Ovulum  und  Spermatozoen,  Arch.  f.  GynäkoL,  Bd.  28,  ausgesprochen. 


Eierstock  und  Muttertrompeten:  Pathologische  Zustände.  523 

den  neueren  Beobachtungen  zufolge  scheint  dies  jedoch  nur  sekundär  der  Fall  zu 
sein,  indem  das  primär  in  der  Tube  zur  Entwicklung  gekommene  Ei,  nachdem  es  aus 
der  Tube  in  die  Bauchhöhle  ausgetreten  ist,  in  letzterer  sich  weiter  zu  entwickeln  ver- 
mag. —  Im  Uterus  ist  es  sehr  bemerkenswerther  Weise  nur  die  mit  den  Uterindrüsen 
ausgestattete  Corpusschleimhaut,  in  welche  sich  das  Ei  primär  einnistet,  um  von  hier 
aus  sich  weiter  zu  entwickeln.  Niemals  geschieht  diese  primäre  Einnistung  in 
der  Cer  vi  X  schleim  haut.  Eine  andere  Frage  ist  freilich  die,  ob  nicht  bei  vorgerückter 
Schwangerschaft  ein  Theil  des  erweiterten  Cervixiumens  mit  zur  Bergung  des  Foetus 
herangezogen  werden  kann  (s.  Kapitel  „Graviditätsanatomie'').  Man  könnte  nach  dem 
Gesagten  auf  die  Vermuthung  kommen,  dass  die  Corpusdrüsen  des  Uterus  bei  der 
Fixirung  des  Eies  eine  wesentliche  Rolle  spielten,  dem  steht  aber  die  Tubarschwanger- 
schaft  entgegen,  da  die  Tuben  der  Drüsen  ermangeln.  Die  Funktion  der  Uterindrüsen 
ist  in  der  That  noch  völlig  unklar;  ein  bestimmtes  Sekret  scheinen  sie  auch  nicht  zu 
liefern  (S.  409). 

Wichtig  für  die  Festsetzung  der  Eier  scheinen  aber  die  Rundzellen  des 
InterglandulargCAvebes  zu  sein;  aus  ihnen  entwickeln  sich  die  Deciduazellen 
(s.  Kapitel  „Graviditätsanatomic")  und  sie  finden  sich  sowohl  in  der  Tuben-  wie  in  der 
Uterusschleimhaut. 

Zu  den  physiologisch  und  praktisch  wichtigen  Erscheinungen  gehören  die 
sympathischen  Beziehungen  zwischen  den  Mammae  und  dem  Uterus. 
Saugen  an  den  Brustwarzen  kann  Uteruskontraktionen  hervorrufen;  während  der 
Laktation  cessii^en  die  Menses,  welche  zum  guten  Theile  eine  Funktion  des  Uterus 
sind;  wahrscheinlich  cessirt  indessen  auch  die  Ovulation  vollkommen.  Unter  Um- 
ständen können  jedoch  während  der  Laktation  beide  Vorgänge  wieder  auftreten.  Lange 
fortgesetzte  Laktation  kann  zu  Atrophie  des  Uterus  führen.  —  Tritt  Schwangerschaft 
ein,  so  beginnen  die  wichtigen  Veränderungen  in  der  Brustdrüse,  die  später  zur 
Laktation  führen;  mit  dem  Aufhören  der  Schwangerschaft  cessirt  die  Laktation,  falls 
sie  nicht  durch  regelmässiges  Saugen  unterhalten  wird.  Tritt  bei  bestehender  Laktation 
eine  neue  Schwangerschaft  ein,  so  cessirt  die  bestehende  Laktation,  um  später  gegen 
das  Ende  der  Schwangerschaft  wieder  aufzutreten. 

Endlich  muss  in  diesem  Abschnitte  der  durch  die  Lage  und  den  Zusammenhang 
der  serösen  und  subserösen  Bekleidung,  sowie  durch  Lymph-,  Blutgefässe  und  Nerven 
hergestellten  Beziehungen  zwischen  Rectum  und  Blase  einerseits  und  dem  Uterus  und 
seinen  Adnexen  andererseits  gedacht  werden.  Jede  Erkrankung  eines  dieser  Organe 
beim  Weibe  erfordert  nothwendig  die  genaueste  Berücksichtigung  des  Zustandes  der 
genannten  anderen.  Ebenso  muss  bei  allen  diagnostischen  und  operativen  Encheiresen 
diesen  Verhältnissen  strengste  Rechnung  getragen  werden. 

Eierstöcke  und  Tuben,  letztere  namentlich,  wenn  sie  pathologisch  verändert  sind, 
lassen  sich  bei  der  Lebenden,  insbesondere  bimanuell,  palpiren.  Auch  die  Unter- 
suchung vom  Rectum  her  kann  hier  zu  Hülfe  kommen  (vgl.  Fig.  84  a).  Bei  der  be- 
deutenden Grösse  der  reifen  EifoUikel  können  auch  diese  unter  günstigen  Verhält- 
nissen gefühlt  werden  (Strassmann,  1.  c.  i.).  Um  die  Tube  aufzufinden,  geht  man 
nach  A.  Martin 's  Vorschlage  von  deren  Uterusinsertion  aus.  Die  Empfindlichkeit 
des  Ovarium  bei  der  Palpation  wurde  erwähnt;  die  Tube  zeigt  sich  dabei  unem- 
pfindlich. 

Pathologische  Zustände  der  Eierstacke  und  der  Tuben. 

L  Lageveränderungen.  Wir  sehen  hier  ab  von  denjenigen  Lageverände- 
rungen, welche  durch  pathologische  Adhärenzen  bedingt  sind.  An  die  normal  anato- 
mischen Verhältnisse  schliessen  sich  an:  1)  die  Oophorocele  mit  der  Salpingocele, 
2)  der  Descensus  ovarii  mit  dem  Descensus  tubae. 

Das  Ovarium  allein   oder  in  Verbindung  mit  der  Tube   kann    den  Inhalt  einer 


524  Eierstock  und  Muttertrompeten:  Pathologische  Zustände. 

Hernie  bilden^).  Am  häufigsten  kommt  die  Oophorocele  und  Salpingocele  in- 
guinalis  vor,  angeboren  sowohl,  wie  erworben;  nicht  selten  ist  der  Bruch  auch 
durch  eine  Hysterocele  komplicirt.  Offenbar  hängt  die  grössere  Häufigkeit  der 
Inguinalhernie  des  Eierstockes  mit  dem  normalen  Descensus  ovarii  zusammen.  Bildet 
der  Eierstock  allein  den  Bruchinhalt,  so  muss  das  Mesovarium  gedehnt  sein;  dies 
kommt  vorzugsweise  bei  erworbenen  Hernien  vor 2). 

Ausserdem  bilden  die  in  Rede  stehenden  Organe,  jedoch  viel  seltener,  den  In- 
halt von  llerniae  ischiadicae  (s.  S.  168  u.  187),  obturatoriae,  perineales, 
femorales,  oder  gar  umbilicales,  deren  erstere  aus  den  anatomischen  Verhält- 
nissen besonders  leicht  verständlich  ist. 

Beim  Descensus  ovariorum,  welcher  isolirt  oder  mit  Verlagerungen  der 
übrigen  inneren  Genitalien  vorkommen  kann,  bestehen  verschiedene  Grade.  Sänger^) 
unterscheidet  als  „Descensus  lateralis"  (partialis)  das  Herabsinken  bis  zu  den  Plicae 
rectouterinae,  als  „Descensus  posterior"  (totalis)  das  Herabsinken  auf  den  Fundus  der 
P^xcavatio  rectouterina.  Der  Descensus  lateralis  geht  ohne  scharfe  Grenze  in  die  vor- 
hin beschriebene  Tieflage  des  Eierstockes  über  und  dürfte  wohl  nur  bei  Verlust 
der  Beweglichkeit  hinderlich  werden,  wogegen  der  Descensus  posterior  (totalis)  bei 
Füllung  des  Rectum  und  der  Blase,  wie  auch  bei  der  Kohabitation  zu  schwereren 
Störungen  führen  kann.  Bei  weiterer  Ausbildung  geht  er  in  die  verschiedenen  For- 
men der  llerniae  perineales  über. 

Zu  den  Lageveränderuugen  zählen  wir  auch  die  durch  Knickungen  oder 
Torsionen  bedingten;  dieselben  können,  wie  die  anatomischen  Verhältnisse  ergeben, 
leicht  vorkommen,  namentlich  wenn  eine  der  schon  genannten  Veränderungen  vor- 
handen ist,  oder  bei  bestehenden  Adhäsionen. 

II.  Endzündliche  Veränderungen;  Adhäsionen.  Blutungen.  Ergüsse. 
Traumen.  Retentionscysten.  Beim  Eierstocke  haben  die  in  der  Ueberschrift 
genannten  Zustände  und  Vorgänge  nahe  Beziehungen  zu  einander,  und  sind 
deshalb  zusammengestellt  worden. 

Bezüglich  der  in  diesem  Abschnitte  zu  besprechen'den  Veränderungen  kommt 
es  darauf  an,  ob  sie  an  der  Eierst  ocks- Ob  er  fläche,  an  den  Follikeln,  oder 
im  Stroma  desselben  sich  abspielen.  Die  Existenz  des  Bulbus  ovarii  und  die  reich- 
liche Blutversorgung  überhaupt  führt  bei  Stauungen,  wie  sie  z.  B.  durch  Knickungen 
und  Torsionen  herbeigeführt  werden,  zu  enormen  Anschwellungen,  und  da  die  Blut- 
gefässe an  den  Follikeln  bis  dicht  unter  das  Epithel  vordringen,  von  dem  sie  nur 
durch  die  sehr  zarte  Basalmembran  geschieden  sind,  leicht  zu  follikulären  Blu- 
tungen. Da  das  Eierstocks-Epithel  den  Charakter  eines  Schleimhautepithels  hat,  so 
bleibt  die  Oberfläche  des  Ovarium  bei  unversehrtem  Epithel  von  pseudomembranösen 
Verwachsungen  meist  frei,  und  man  kann  häufig,  selbst  wenn  das  Organ  von  Pseudo- 
membranen völlig  umhüllt  und  verdeckt  ist,  dasselbe  wie  aus  einer  Kapsel  heraus- 
schälen. Bei  wegsamer  Tube  können  also  auch  unter  diesen  Umständen  noch 
Schwangerschaften  eintreten. 

Derartige  pseudomembranöse  Verwachsungen  am  Tuboovarialapparate,  durch 
welche  Tuben  und  Ovarien  miteinander,  mit  der  seitlichen  Beckenwand  und  mit  den 
Nachbarorganen,  insbesondere  häufig  mit  Darmschlingen  und  dem  Rectum,  rechter- 
seits  auch  mit  dem  Processus  vermiformis  und  dem  Coecum,  links  mit  dem  Colon 
sigmoideum,   endlich  mit  dem  Uterus,    seltener    mit   der  Blase   zu    einem  schwer  ent- 

1)  Moser,  H.,  Zur  Kenntniss  der  Ovarialhernien,  Dissert.  inaug.  Berlin,  1898 
(mit  Litteratur). 

2)i01,shausejn,  R.,JKrankheiten  der  Ovarien.  1886. 

3)  Sänger,  M.,  UeberJ|Descensus  und  Pelvifixura  ovariorum.  Centralblatt  für 
Gynäkologie.  1896.  Nr.  9.  S.  241. 


Eierstock  und  Muttertrompeten:  Pathologische  Zustände.  525 

wirrbaren  Packete,  dem  „Adnextumor",  verwachsen  sind,  bilden  bekanntlich  einen 
der  häufigsten  pathologischen  Befunde  bei  Frauen.  Die  aufgezählten  Organe,  mit 
denen  die  Verwachsungen  erfolgen,  ergeben  sich  unmittelbar  aus  den  Lagebeziehungen. 

Als  Ursachen  sind  anzusehen  einmal  die  bei  Menstruationen,  bei  Schwanger- 
schaften und  Geburten  bestehenden  physiologischen  Keizzustände,  wenn  sie  durch 
gesundheitswidriges  Verhalten  der  Frauen  zu  pathologischen  Reizen  gesteigert,  oder 
durch  schwere  Geburten  und  infektiöse  Wochenbettserkrankungen  komplicirt  werden. 

Eine  wichtige  Rolle  spielen  hierbei  auch  Aborte  und  ektopische  Schwanger- 
schaften. Zum  anderen,  und  vielleicht  noch  häufiger,  als  die  mit  der  Zeugungsthätig- 
keit  im  Zusammenhange  stehenden  Ursachen,  sind  gonorrhoische  Infektionen 
anzuschuldigen,  welche  sich  bis  zum  Tuboovarialapparate  fortgepflanzt  haben. 

Gewöhnlich  kommt  es  bei  diesen  Zuständen  zu  Absperrungen  des  Tubenkanales, 
wobei  sich  dessen  ampullärer  Theil  mit  verschiedenartigem  Inhalt:  eiweisshaltigcr 
Flüssigkeit,  Eiter,  Blut,  desquamirtem  Epithel  und  Gemischen  aus  diesen  anzufüllen 
pflegt  und  zu  mehr  oder  minder  grossen,  länglich  sackartigen  Geschwülsten,  die  meist 
noch  die  Gestalt  der  Tube  erkennen  lassen,  ausgedehnt  wird:  Tuben  sacke,  Sacto- 
salpinges,  unter  welchem  ISammelnamen  man  die  Einzelfälle  der  Hydro-,  Pyo-  und 
Hämosalpinges  neuerdings  begriffen  hat. 

Der  Inhalt  der  Tubensäcke  kann  in  die  Bauchhöhle  austreten;  doch  erfolgt  das 
selten.  Die  pseudomembranösen  Bildungen  stellen  ein  gutes  Schutzmittel  dar,  wie  es 
auch  bei  ähnlichen  Aff'ektionen  anderer  in  serösen  Körperhölilen  gelegener  Organe, 
z.B.  bei  der  Appendicitis,  der  Fall  ist;  letztere  bietet  überhaupt  mit  den  Verliält- 
nissen  der  entzündlichen  Tubensäcke  manche  Analogie;  auch  können  die  Affektionen 
des  Tuboovarialapparates  bei  Tieflage  des  Wurmfortsatzes  auf  diesen  übergreifen 
und  umgekehrt. 

Bei  durchgängiger  Pars  intramuralis  kann  der  Tubeninhalt  auch  in  das  Cavum 
uteri  überfliessen,  insbesondere,  wenn  der  CanaÜs  intramuralis  erweitert  ist. 

Eine  besondere  Form  der  Tubensäcke  entsteht  dann,  wenn  die  Fimbrien  unter 
einander  verwachsen;  dann  bildet  sich,  wie  Zahn^)  jüngst  gezeigt  hat,  ein  retorten- 
förmiges  Gebilde  aus.  Der  Retortenkopf,  die  „Endcyste",  geht  aus  dem  cystisch  er- 
weiterten Infundibulum  hervor,  darauf  folgt  der  Retortenhals  und  Stiel,  welche  aus 
den  erweiterten  Ampullen-  und  Isthrausabschnitten  der  Tube  gebildet  werden;  deutlich 
kann  man  noch  beim  Uebergange  der  Endcyste  in  die  Ampulle  das  Ostium  abdomi- 
nale tubae  an  einer  Einschnürung  erkennen.  Wenn  bei  der  Verwachsung  der  Fimbrien 
ein  Theil  des  Eierstockes  mit  in  die  sich  cystisch  erweiternde  Fimbrienglocke  aufge- 
nommen wird,  dann  entsteht  (Zahn)  die  Richard'sche  „Tubo-Ovarialcyste". 
Diese  unterscheidet  sich  also  im  wesentlichen  nicht  von  einer  gewöhnlichen  Infundi- 
bulum-Tubencyste,  ist  aber  doch  wichtig,  weil  in  ihr  eine  Tubengravidität  sich  aus- 
bilden kann,  wofür  Zahn  Beispiele  mittheilt. 

Aus  den  anatomischen  Verhältnissen  der  „Adnextumoren"  heraus  erklärt  sich 
der  Druck,  welchen  sie  nicht  selten  auf  den  Ureter  und  auf  das  Rectum  ausüben. 

Traumen  sind  Eierstock  und  Tuben  ihrer  Lage  und  Beweglichkeit  wegen 
selten  ausgesetzt;  auch  bei  schweren  Geburten  werden  sie  selten  betroffen.  Ich  hatte 
Gelegenheit,  einen  merkwürdigen  Fall  von  frischer  querer  Zerreissung  des  linken 
Ovarium  eines  18jährigen  Mädchens  zu  beobachten,  welche  sich  durch  Sturz  aus  dem 
dritten  Stocke  eines  Hauses  getödtet  hatte.  Das  Ovarium  war  frei  beweglich,  klein, 
nicht  pathologisch  verändert.  Ausser  einer  Blasenruptur  bestanden  am  Becken  und 
Abdomen  keinerlei  Verletzung.    Der  Tod   war   durch  Schädelzertrümmerung   erfolgt. 

Wir  schliessen  hieran  wohl  am  besten  die  Retentionscysten  des  Eierstockes, 
welche  meist  auch  Folgezustände  chronisch-entzündlicher  Veränderungen  sind.    Dahin 


1)  Zahn,  F.  W.,  Ueber  Tubo-Ovarialcysten.    Virchow's  Archiv  f.  pathol.  Anat. 
Bd.  151.  S.  347.  1898. 


526  Eierstock  und  Muttertronipetc:  Pathologische  Zustände. 

werden  nach  Pfannenstiel 's  Darstellung^)  „epithelfreie"  und  „epitheltragende"  Cysten 
gerechnet,  welche  aus  Flüssigkeitsansammlung  in  vorher  bestandenen  Graafschen 
Follikeln  hervorgegangen  sind.  Ferner  rechnet  Pfannen  stiel  hierher  die  Corpus- 
luteum-Cysten.  Nach  den  vorhin  angegebenen  Befunden  von  H.  Rabl  können 
solche  leicht  aus  Corpora  lutea  vera  entstehen. 

III.  Neubildungen.  Nach  den  anatomischen  Bestandth eilen  muss  man  mit 
Pfannenstiel  die  parenchymatogenen  Formen  von  den  stromatogenen  unter- 
scheiden. Bei  den  ersteren  sind  die  epithelialen  Bestandtheile  das  Bestimmende,  und 
es  entspricht  durchaus  dem  Formengesetz  der  im  normalen  Eierstocke  von  ihnen  ge- 
lieferten Bildungen,  wenn  wir  die  Kystome  weitaus  überwiegen  sehen;  diese  stellen 
überhaupt  wohl,  nebst  den  infektiösen  p]ntzündungen,  die  häufigste  Erkrankung  des 
Eierstockes  dar.  Es  ist  hier  nicht  der  Ort,  des  Näheren  auf  die  Genese  dieser  Neubil- 
dungen einzugehen,  noch  auf  die  der  noch  immer  so  räthselhaften  Dermoidkystome, 
welche  gerade  im  Ovarium  besonders  häufig  beobachtet  werden.  Nur  sei  der  Ansicht 
Pfannenstiel's  Erwähnung  gethan,  dass  die  Dermoidkystome  der  Geschlechtsdrüsen 
eine  besondere  Stellung  gegenüber  den  in  anderen  Organen  beobachteten  einnehmen, 
und  dass  man  zwei  Formen  bei  ihnen  unterscheiden  müsse,  die  Dermoide  und  die 
Teratome.  Die  ersteren  zeigen  in  mehr  geregelter  Weise  stets  Bestandtheile  aller 
drei  Keimblätter,  die  letzteren  in  regelloser,  atypischer  Weise,  in  ungeordneter  Pro- 
liferation. Anknüi)fend  an  ältere  Theorien,  ist  Pfannenstiel  der  Meinung,  dass  nur 
von  einer  Eizelle  aus  solche  Neoplasmen  ihren  Ursprung  nehmen  könnten.  Ich  muss 
bekennen,  dass  ich,  in  Rücksicht  auf  das  nicht  abzustreitende  parthenogenetische  Ent- 
wicklungsvermögen der  Eizellen  auch  der  höheren  Thiere,  diese  Auffassung  gut  gestützt 
finde.    Vgl.  Kap.  „Missbildungcn". 

Die  bisher  betrachteten  Cystenbildungen  nebst  den  anzuschliessenden  Dermoiden 
und  Teratomen  nahmen  ihren  Ursprung  von  der  Tube  oder  von  dem  Eierstocke. 
Dazu  kommen  nun  noch  eine  grosse  Anzahl  cystischer  Tumoren,  welche  eine  andere 
Entstehungsquelle  haben,  und  zwar  von  den  fötalen  Restgebilden:  dem  G artner '- 
sehen  Gange,  den  Nebentuben,  den  Epoophoral-  und  Paroophoralschläuchen.  Die 
Cysten  des  Gärtnerischen  Ganges  liegen  vorzugSAveise,  sofei'u  nicht  sein  oberstes  Ende 
in  Frage  kommt,  in  der  Uterus-  und  Scheidenwand;  die  der  übrigen  Gebilde  ent- 
wickeln sich  entweder  subserös  am  Fundus  und  Corpus  uteri  oder  in  der  Uterinwand, 
dort  meist  im  Zusammenhange  mit  Myomen.  Diesen  Formen  sind  wir  schon  beim 
Abschnitte  „Uterus"  begegnet.  Es  kommen  hinzu  die  mehr  oder  minder  zahlreichen 
kleinen  Cystchen  des  Ligamentum  latum,  insbesondere  der  Mesosalpinx,  die  einen  so 
häufigen  Befund  bilden,  dass  sie  fast  zu  den  normalen  Vorkommnissen  gehören.  Für 
1  diese  Bildungen  verweise  ich  auf  das  S.  50|^  angeführte  Werk  v.  Recklinghausen's. 
Namentlich  die  kettenförmig  hintereinandergereihten  Cysten  der  Ligamenta  lata  leitet 
V.  Recklinghausen  von  den  Epoophoralschläuchen  ab.  Sind  Muskelfasern  in  den 
Wandungen  solcher  Cysten,  so  ist  ihre  Abstammung  von  Nebentuben  wahrscheinlich 
\\^^  —  paratubare  Cysten,  Kossmann  [l.  c.  8.560],  Einzelne  Cysten  dieser  Abstammung 
erreichen  eine  bedeutende  Grösse  und  stehen  den  ovarialen  nicht  nach.  Diese  grossen 
Formen  möchte  Kossmann  insbesondere  auf  Nebentuben  beziehen,  v.  Reckling- 
hausen neigt  mehr  zu  einem  epoophoraien  und  paroophoralen  Ursprünge;  in  einem 
Falle  sah  er  ein  epoophorales  Kanälchen  in  eine  solche  Cyste  münden.  Für  eine 
solche  Genese  spricht  ihm  auch  das  Flimmerepithel,  welches  zuerst  von  v.  Kölliker 
in  Cysten  der  Ligamenta  lata  nachgewiesen  wurde,  und  ein  bräunliches  eigenthüm- 
lieh  es  Pigment.    Wahrscheinlich   müssen    auch    die   flimmernden  Eierstockscvsten  auf 


1)  Pfannc^n stiel,  J.,    Die  Erkrankungen    des  Eierstockes    und    des  Nebeneier- 
stockes.    Veit 's  Handbuch  der  Gynäkologie.  Bd.  IIL  1898. 


Eierstock  und  Muttertrompeten :  Pathologische  Zustände.  527 

diese  Quelle  zurückgeführt  werden,  was  dadurch  verständlich  wird,  dass  die  Epoophoral- 
schläuehe   auch    beim  Menschen   unter  Umständen  in  den  Hilus  ovarii  hineinragen^). 

Praktisch  wichtig  ist  die  Unterscheidung  von  frei  entwickelten  und  sub- 
serösen (intraligamentären)  Tumoren  dieser  Gegend.  Die  Eierstockstumoren 
sind  meist  frei,  dem  normalen  Verhalten  des  Organes  zum  Bauchfelle  entsprechend; 
sie  können  aber  auch  zwischen  die  Blätter  des  Mesovarium  und  weiterhin  zwischen 
die  des  übrigen  Ligamentum  latum  hineinwachsen  (s.  w.  u.  Ligamentum  latum).  Die 
tubaren,  paratubaren,  paroophoralen  und  epoophoralen  Tumoren  sind  naturgemäss 
stets  intraligamentär.  Die  freien  sind  ceteris  paribus  leichter  beweglich,  haben  einen 
deutliclien  Stiel,  wachsen  bei  weiterer  Entwicklung  leicht  aus  dem  kleinen  Becken 
hinaus  und  sind  infolgedessen  leichter  entfernbar.  Bestellen  Pseudomembranen,  so 
können  diese  eine  intraligamentäre  Entwicklung  vortäuschen. 

Wichtig  sind  ferner  die  insbesondere  von  H.  W.  Freund^)  studirten  successiven 
Lage  Veränderungen  der  gestielten  Tumoren.  Man  kann  zwei  Stadien  der  Lage 
unterscheiden.  Im  ersten,  so  lange  die  Tumoren  noch  klein  sind,  und  Platz  im  kleineu 
Becken  haben,  senken  sie  sich  zum  Douglas'schen  Kaume  hin  und  verdrängen  die 
übrigen  Beckeneingeweide  nach  der  entgegengesetzten  Seite,  zum  Theil  auch  nach 
vorn;  der  Stiel  inserirt  vorn  und  medial,  die  Tube  zieht  quer  über  den  Tumor.  Wird 
der  letztere  grösser,  so  erhebt  er  sich  in  den  grossen  Beckenraum  und  neigt,  wie  der 
schwangere  Ut(^rus,  sich  vorn  über  zur  vorderen  Bauchwand  hin;  Uterus  und  Blase 
werden  nun  nach  hinten  gedrängt,  letztere  eingedrückt.  Meist  wird  dabei  der  Stiel, 
namentlich  aber  das  Ligamentum  ovarii  bis  zu  90^  gedreht;  die  Insertion  des  Stieles 
liegt  mehr  nach  hinten.  Die  Dünndarmschlingen  liegen  oben  und  hinten  vom  Tumor, 
Caecum  und  Colon  sigmoideum  behalten  ihre  Lage  meist  bei. 

Der  Stiel  besteht  aus  dem  Ligamentum  ovarii,  welches  gewöhnlich  stark  ver- 
dickt ist,  den  Mesovarialplatten  nebst  den  Eierstocksgefässen  und  Nerven  und  dem 
Ligamentum  Suspensorium  ovarii;  bei  grossen  Tumoren  wird  auch  ein  Theil  des 
Haupttiügels  des  Ligamentum  latum  einbezogen.  Auch  die  Tube,  welche  durch  die 
Mesosälpinx  getrennt  bleibt,  aber  durch  die  Anheftung  mittelst  der  Fimbria  ovarica 
stark  gedehnt  wird,  rechnet  man  zum  Stiel;  bei  der  Operation  wird  sie  mit  entfernt. 
Die  Insertionsfläche  des  Stieles  erscheint,  abgeschnitten,  in  Gestalt  eines  mehr  oder 
weniger  lang  ausgezogenen  Dreieckes;  die  Blutgefässe  sind,  entsprechend  der  Grösse 
des  Tumors  und  seiner  Masse,  mehr  oder  weniger  stark  entwickelt.  Die  Praxis  unter- 
scheidet kurze  und  lange  Stiele  (4—20  cm),  ferner  schmale  und  breite  (2—12  cm).  — 
Bei  grossen  intraligamentären  Tumoren  ist  die  Tube  besonders  stark  gedehnt. 

Ein  übles  Ereigniss,  welches  zu  Blutungen  und  zur  Gangrän  der  Neubildung 
führen  kann,  ist  die  pathologische  Stieltorsion.  Wie  erw^ähnt,  ist  eine  Torsion 
von  90<*  etwas  gewöhnliches;  pathologisch  wird  sie  gemeinhin  erst,  wenn  sie  180^ 
überschreitet.  Küstner  und  Carlo  zeigten,  dass  in  der  Regel  rechtsseitige  Ovarial- 
tumoren eine  linksspiralige  Drehung  haben  und  umgekehrt.  Die  Ursachen  der  patho- 
logischen Torsion  können  verschiedene  sein. 

Von  den  übrigen  Neubildungen  des  Ovarium  findet  man  am  häufigsten  noch 
Karzinom^  Fibrom  und  Sarkom.  Ferner  sei  der  überzähligen  Eierstöcke 
und  des  Vorkommens  von  Nebennierengewebe  am  Eierstocke  gedacht^). 

1)  Franque,  0.  v.,  Ueber  Urnierenreste  im  Ovarium,  zugleich  ein  Beitrag  zur 
Genese  der  cystoiden  Gebilde  in  der  Umgebung  der  Tube.  Sitzgsber.  der  Physikal. 
med.  Gesellsch.  zu  Würzburg.  1898.  7.  Juli. 

2)  Freund,  H.  W.,  In:  Sammlung  klinischer  Vorträge,  begründet  von  R.  Volk- 
mann, Nr.  361  u.  362.  1890. 

3)  So  weit  mir  nicht  eigene  Erfahrungen  zu  Gebote  standen,  und  andere  Citate 
nicht  die  Quelle  angeben,  bin  ich  den  Darstellungen  in  den  grösseren  Werken  von 
Olshausen  [1.  c.  S.  524]  und  Pfannenstiel  [1.  c.  S.  526]  gefolgt.    Ueber  überzäh- 


528  Eierstocks-  und  Tubenanhänge.    Foetale  Reste. 

Eierstocks-  und  Tubenanhänge.    Foetale  Beste. 

Auch  beim  Weibe  gibt  es  eine  Anzahl  kleiner,  grösstentheils  in  der 
Mesosalpinx  gelegener  Gebilde,  welche  als  üeberreste  der  fötalen  Vorstufen 
der  Geschlechtsorgane  zu  betrachten  sind;  wir  bezeichnen  sie  deshalb  kurz  als 
„foetale  Reste",  oder  ihrer  Lage  nach,  als  „Eierstocks-  und  Tubenanhänge". 
Während  ihre  Entstehung  aus  dem  Kap.  „Entwicklungsgeschichte"  erhellen  wird, 
ist  hier  einiges  über  ihren  Bau  und  ihre  Lage  mitzutheilen.   Diese  Gebilde  sind: 

1)  Der  Nebeneierstock,  Epoophoron  (Parovarium), 

2)  das  Paroophoron, 

3)  die  Nebentuben,  Parasalpinges, 

4)  die  Morgagni 'sehen  Hydatiden,  Appendiccs  vesiculosae, 

5)  der  Gartner'sche  Kanal. 

Der  Nebeneierstock  (vgl.  Fig.  87)  besteht  aus  6—12  nahezu  parallel  neben 
einander  liegenden,  stark  zwirnfadendicken,  1 — 1^/2  cm  langen  Kanälchen,  Ductuli 
transversi,  welche  im  lateralen  Drittel  der  Mesosalpinx  gelegen  sind.  Sie  kon- 
vergiren  gegen  den  Hilus  ovarii  und  können  selbst  in  diesen  eintreten;  bei  vielen 
Thiercn,  z.  B.  beim  Kalbe  und  Hunde,  ist  dies  die  Regel. 

Gegen  die  Tube  hin,  von  der  sie  eine  kleine  Strecke  weit  entfernt  bleiben, 
münden  sie  in  einen  Sammelkanal,  Ductus  epoophori  longitudinalis  (Gartneri), 
welcher  der  Tube  parallel  läuft  und  beim  Erwachsenen  blind  endet.  Das  Vorhanden- 
sein eines  solchen  Sammelkanales  (s.  Fig.  87)  scheint  indessen  nicht  beständig  zu  sein^). 
Häufig  sind  Divertikel  und  kleine  Cysten  an  den  Kanälchen  beobachtet  worden,  und 
zwar  schon  bei  Neugeborenen  (v.  Reck lingh aus en,  Tourneux,  Girald^s).  Die 
Kanälchen  enthalten  eine  klare  Flüssigkeit  bis  ins  liücliste  Alter  hinein. 

Par  00  phoron  2).  Das  Paroophoron  besteht  als  mit  freiem  Auge  sichtbare 
Bildung  nur  bis  ins  erste  Lebensjahr  hinein;  selten  wird  es  noch  zu  Beginn  des 
zweiten,  und  später,  bei  Erwachsenen,  gefunden.  Es  liegt  medianwärts  vom  Epoophoron, 
gegen  den  Tubenwinkel  hin,  zwischen  den  Blättern  der  Mesosalpinx ;  für  das  freie 
Auge  stellt  es  sich  als  eine  platt  rundliche  Bildung,  jedoch  von  unregelmässiger  Be- 
grenzung und  bräunlicher  oder  graugelblicher  Färbung  dar;  Lupen vergrösserung  lässt 
es  leicht  als  ein  Agglomerat  kleiner  rundlicher  oder  länglicher  Körper  erkennen.  Das 
Mikroskop  erweist  diese  theils  als  blindgeschlossene  Kanälchen,  theils  als  deutliche 
Glomeruli,  wie  sie  im  Wolff'schen  Körper  und  in  der  bleibenden  Niere  vorkommen. 
Neben  wohlerhaltenen  Bildungen  dieser  Art  finden  sich  auch  verschiedene  Rückbil- 
dungsformen. Parovarialkanälchen  sind,  insbesondere  von  v.  Recklinghausen,  I.e., 
auch  am  Uterus  selbst,  namentlich  subserÖs  gefunden  worden. 

Ueber  den  feineren  Bau  der  Kanälchen  dieser  Gebilde  (Epoophoron  und  Paro- 
ophoron) welcher  wegen  der  wichtigen  pathologischen  Beziehungen  hier  zu  erwähnen 
ist,  bestehen  noch  Streitfragen.  Gebhard*^)  und  Ampt  (1.  c.)  sprechen  den  Epo- 
ophoralkanälchen    eine    aus    glatten    Muskelfasern    bestehende    Wand   zu,   wogegen 


lige  Eierstöcke  berichtet  neuerdings  P.  Rosenstein,  Ein  Beitrag  zur  Kenntniss 
überzähliger  Ovarien.  Diss.  inaug.  Königsberg  i.  Pr.  1898  (mit  Litteratur).  Neben- 
nierenfragmente am  Eierstocke  beschrieb  zuerst  Marchand.  „Ueber  accessorische 
Nebennieren  im  Ligamentum  latum.  V  ir  cho  w's  Arch.  f.  pathol.  Anat.  Bd.  92,  S.  11.  1883. 

1)  Vgl.  Ampt,  C,    Ueber  das  Parovarium  (Epoophoron)  bei  Neugeborenen  und 
Erwachsenen.    Diss.  inaug.  Berlin,  1895. 

2)  Waldeyer,  W.,  Eierstock  und  Ei,  I.  c.  S.  142. 

3)  Gebhard,  C,  Centralblatt  für  Gynäkologie.  1894,  Nr.  29. 


Eierstocks-  und  Tubenanhänge.    Foetale  Beste.  529 

V.  Recklin^hausen  (1.  c.)  und  Kossmann^)  keine  Muskelfasern  finden  konnten. 
Das  Epitherbeiderlei  Kanal  eben  ist  ein  Flimmer  epithel,  wie  Beck  er  2)  für  die 
ersteren  entdeckt  hat;  jedoch  finden  sich  auch  flimmerlose  Strecken. 

Nebentuben  •'^).  Die  Nebentuben  sind  stärkere  oder  schwächere  Kanäl- 
chen, welche  in  der  Mesosalpinx  neben  der  Haupttube  gefunden  werden;  mitunter 
(in  10  pct.)  ragen  sie  gestielt  als  Gänge  hervor  und  sind  mit  trichterförmigen  Mün- 
dungsstücken, ähnlich  der  Haupttube,  versehen.  Seltener  liegen  sie  intraligamentär 
und'' sind  verschlossen  (Atretische  Nebentuben,  Kossmann).  Die  Mündungsstücke, 
ebenso  wie  die  etwaigen  Lichtungen,  tragen  Flimmerepithel.    Ihre  Wand  führt  glatte 

Muskelfasern. 

Zu  wiederholten  Malen  sind  bei  menschlichen  Embryonen  trichterförmige  Oeff- 
nungen  in  der  Peritonäalbekleidung  der  Anlagen  der  Harn-  und  Geschlechtsorgane 
und°deren  nächster  Umgebung  gefunden  worden,  die  man  mit  „Nephrostomen« 
verglichen  hat.  Vielleicht  sind  die  Nebentuben,  die  überzähligen  Tubenmündungen 
(s.  S.  504)  und  ein  Theil   dieser    sogenannten  Nephrostomen  als  verwandte  Bildungen 

aufzufassen. 

Appendices  vesiculosae  (Morgagnii).  Fast  beständig  geht  vom  freien  Rande 
der  Mesosalpinx,  speciell  von  der  Fimbria  ovarica  oder  von  einer  anderen  Fimbrie 
der  Tube  (s.  Fig.  87),  eine  gestielte  Cyste  aus,  welche  eine  klare  Flüssigkeit  enthält. 
Der  Stiel  kann  1—3  cm  Länge  erreichen;  die  Cyste  hat  meist  den  Umfang  einer  Erbse, 
schwankt  aber  zwischen  Linsen-  bis  Bohnengrösse.  Ich  fand,  ihren  Bau  betreffend, 
abgesehen  von  der  Serosa,  eine  zarte  bindegewebige  Wand  mit  gut  entwickeltem 
Blutgefässsystem  und  ein  abgeplattetes  Epithel;  von  anderen  ist  Cylinderepithel  oder 
Flimmerepithel  gefunden  worden. 

Gärtnerischer  Kanal.  Der  Gärtnerische  KanaH)  ist  der  Ueberrest  des 
Wolff 'sehen  Ganges;  beim  Menschen  bleibt,  s.  vorhin  S.  528,  ein  Theil  dieses  Ganges 
in  einzelnen  Fällen  als  Ductus  longitudinalis  epoophori  bestehen.  Der  Rest  pflegt 
meist  vollständig  zu  schwinden.  Indessen  erhält  sich,  wie  Beigel  und  Dohrn  fanden 
(vergl.  das  beim  Uterus  Gesagte),  der  Gang  noch  bis  gegen  das  Ende  der  Foetalperiode 
in  der  Uteruswand  und  in  dem  oberen  Theile  der  Scheidenwand;  auch  bis  ins  untere 
Ende  der  Scheide  ist  derselbe  in  einem  Falle  (s.  w.  u.)  verfolgt  worden.  Der  Kanal 
hat  ein  nicht  flimmerndes  Cylinderepithel.  -  Es  sind  einige  Fälle  bekannt,  in  denen 
er  auch  beim  erwachsenen  Weibe  bestehen  blieb,  so  zwei  bei  v.  Recklinghausen^) 
mitgetheilte  Beobachtungen  von  K ober le.  In  dem  einen  mündete  der  Gang  in  das 
Cavum  uteri  oberhalb  des  inneren  Muttermundes,  in  dem  anderen  in  den  unteren 
Theil  der  Scheide.     Vergl.  hierzu  auch  das  Kapitel  „Hodenanhänge". 

1)  Kossmann,  R.,  Zeitschrift  für  Geburtshülfe  und  Gynäkologie.  Bd.  31.  1895. 
S.  204.  —  Zur  Pathologie  der  Urnierenreste  des  Weibes.  Monatsschrift  f.  Geburtsk. 
und  Gynäkologie,  herausgeg.  von  A.  Martin  und  Sänger.  Bd.  L  1895. 

2)  Becker,  0.,  Ueber  Flimmerepithelium  und  Flimmerbewegung  im  Geschlechts- 
apparat der  Säugethiere  und  des  Menschen.  Moleschott's  Untersuchungen  zur  Natur- 
lehre  des  Menschen  und  der  Thiere.  Bd.  2.  1857.  S.  71. 

3)  Kossmann,  R.,  Ueber  accessorische  Tuben  und  Tubenostien.  Zeitschr.  für 
Geburtshülfe  und  Gynäkologie.  Bd.  29,  S.  253.  1894. 

4)  Der  Gärtnerische  Kanal  ist  von  Gärtner  in  Kopenhagen  bei  der  Kuh  auf- 
gefunden worden,  und  wurde  der  Name  zunächst  nur  für  diese  Thierspecies  verwendet; 
er  ist  jetzt  für  die  homologen  Bildungen  allgemein  üblich  geworden.  Vergl.  hierüber 
insbesondere  W.  Nagel:  Ueber  die  Gärtnerischen  (Wolff'schen)  Gänge  beim  Menschen. 
Centralbl.  f.  Gynäkologie  1895.  Nr.  2  und  „Zu  dem  Aufsatz  R.  Kossmann's  „Polemi- 
misches etc.«,  Centralbl.  f.  Gynäkologie  1894.  Nr.  42.  (Historisches  und  Litteratur.) 

5)  V.  Recklinghausen,  F.,  1.  c:  Die  Adenome  und  Cystadenome  des  Uterus, 
S.  140  [S.  502].  —  Als  Litteraturnachweise  für  die   fötalen  Anhänge   vergleiche   man 

Waldeycr,  Das  Becken. 


530  Breites  Mutterband. 

Breites  Mutterband  (Ligamentum  latum). 

Das  breite  Mutter  band  ist  das  gemeinsame  Mesenterium  des  Uterus 
und  seiner  Anhänge,  unter  diesen  insbesondere  der  Tuben.  Zu  den  Anhängen 
zählen  wir  auch  das  Ligamentum  teres  und  die  eben  beschriebeneu  fötalen  Reste. 

Die  genannten  Theile  werden  jedoch  nicht  alle  vollständig"  von  den  beiden  Platten 
des  Ligamentum  latum,  welche  es,  wie  jedes  Mesenterium,  hat,  eingeschlossen.  So  fällt 
beim  Uterus  der  vaginale  und  der  vordere  supravaginale  Theil  aus,  bei  der  Tube  die 
Höhlung  des  Infundibulum  und  der  offene  Rinnentheil  der  Fimbria  ovarica,  ferner 
der  grösste  Theil  des  Eierstockes,  der  in  der  Uterus-  und  Scheidenwand  liegende 
Theil  des  Gärtnerischen  Kanales,  und  die  längste  Strecke  des  Ligamentum  teres  uteri 
(s.  dieses). 

Zwischen  den  beiden  serösen  Platten  des  Ligamentum  latum  liegen  ausser- 
dem noch  die  Gefässe  und  Nerven  der  genannten  Organe,  zahlreiche  glatte 
Muskelfasern  nnd  ein  mehr  oder  minder  lockeres  Bindegewebe.  Dieses  Binde- 
gewebe geht  an  den  parietalen  Anheftungsstellen  des  breiten  Mutterbandes 
(s.  weiter  unten)  in  das  Parametrium  und  das  subscröse  Bindegewebe  der  unte- 
ren und  seitlichen  Beckenwand  über.  Die  glatte  Muskulatur  fehlt  grösstentheils 
in  dem  als  Mesosalpinx  bezeichneten  Abschnitte  des  breiten  Bandes. 

Eine  klare  Vorstellung  vom  Ligamentum  latum  und  dessen  Theilen  gewinnt 
man  vorweg',  wenn  man  den  Uterus  aufrichtet  und  die  beiden  von  seinen  Seiten  ab- 
gehenden Flügel  des  breiten  Mutterbandes  (Alae  vespertilionum  autt.)  durch  seitliche 
Streckung  der  Tuben  entfaltet  (s.  Fig.  87). 

Das  Band  zeigt  sich  in  Gestalt  einer  im  ganzen  rundlich  viereckigen 
Platte  (s.  die  rechte  Seite  der  Figur),  welche  je  an  der  linken  und  rechten 
Seite  von  der  Gebärmutter  abgeht :  Rechter  und  linker  Hauptflügel 
des  Ligamentum  latum.  Ausser  den  Hauptflügeln  w^erden  noch  verschiedene 
Nebenflügel  (Ailerons  der  Franzosen)  unterschieden.  Der  Hauptflügel  um- 
fasst  den  zwischen  Uterus,  Tube  und  der  Beckenwand  ausgespannten  Theil. 
An  ihm  befinden  sich  als  Nebenflügel  der  das  Ligamentum  ovarii  und  den  Hilus 
ovarii  bekleidende  Abschnitt,  das  Mesovarium,  und  eine  mitunter  deutlich 
sich  abhebende  Falte,  die  den  proximalen  Theil  des  Ligamentum  teres  uteri 
aufnimmt,  Mesodesma  teres  m.;  endlich  eine  das  Ligamentum  Suspen- 
sorium ovarii  bekleidende  Falte,  Mesodesma  Suspensorium  m. 

Das  Mesodesma  Suspensorium,  w^elclies  die  Vasa  ovarica  (spermatica  in- 
terna) birgt,  geht  aus  der  von  Treitz  (Hernia  retroperitonealis  Prag,  1857) 
sehr  gut  beschriebenen  Plica  genitoenterica  hervor,  welche  rechts  sich 
bis  zum  Appendix  vermiformis,  links  zur  Fossa  intersigmoidea  hinauferstreckt  ^). 

ferner:  Kobelt,  G.  L.,  Der  Nebeneierstock  des  Weibes,  das  längst  vermisste  Seiten- 
stück des  Neben-Hoden  des  Mannes  entdeckt.  Heidelberg,  1847.  8.—  Beitel,  H.,  Zur 
Entwicklungsgeschichte  des  Wolff'schen  Körpers  beim  Menschen.  Centralblatt  für  die 
mediz.  Wissensch.  1878.  —  Dohrn,  F.  A.  R.,  Die  Gar  tner'schen  Kanäle  beim  Weibe. 
Arch.  f.  Gynäkologie.  Bd.  2L  —  Ballantyne,  J.W.  and  Williams,  J.  D.,  The  struc- 
tures  in  the  Mesosalpinx.   Edinburgh,  Oliver  and  Boyd,  1893. 

1)  Clado,  Appendice  coecal,  Compt.  rend.  et  Mem.  de  la  Soc.  de  Biol.  Ser.  IX. 
T.  2.  Paris  1892  und  Durand,  Le  ligaraent  ilio-ovarien.    Progr^s  medical,  1895,  haben 


Breites  Mutterband.  531 

Auch  die  Plicae  Douglasi  müssen  als  Nebenfltigel  der  Ligamenta 
lata  angesehen  werden,  sowie  die  häufig  vorkommenden  von  Vallin^)  als 
Ligamenta  uterolümbalia  —  besser  „Plicae  uterolumbales  — 
beschriebenen,  von  der  hinteren  oberen  Platte  des  Ligamentum  latum  aus- 
gehenden serösen  Falten,  welche  ziemlich  parallel  den  Douglas'schen  Falten, 
jedoch  höher  oben  im  Becken  zur  Wirbelsäule  hin  verlaufen. 

Durch  das  Mesovarium  wird  der  Hauptfltigel  in  2  Abtheilungen  zerlegt: 
das  Mesometrium,  zwischen  Eierstock  und  Uterus,  und  die  Mesosalpinx 
zwischen  Eierstock  und  Tube.  Das  Mesometrium  ist  der  derbere  und  festere 
Theil  desHauptfltigels;  er  enthält  zwischen  seinen  Platten  die  meisten  Gefässe, 
das  meiste  Bindegewebe  und  die  grössere  Anzahl  von  Muskelfasern.  Die  Me- 
sosalpinx ist  schmaler,  dünner  und  mehr  durchscheinend;  in  ihr  liegen,  wie 
bemerkt,  die  fötalen  Reste. 

Jeder  Hauptflügel  zeigt  freie  und  angewachsene  Ränder  und  geht 
kontinuirlich  in  den  serösen  Ueberzug  des  Uterus,  der  hinteren  Scheidenwand, 
der  Ligamenta  uterosacra,  der  seitlichen  Beckenwand  und  der  Harnblase  über. 
Ausser  den  Rändern  muss  man  in  der  Stellung  der  Fig.  87  eine  vordere 
und  eine  hintere  Fläche  (bezw.  Platte)  des  breiten  Mutterbandes  unter- 
scheiden. 

Die  angewachsenen  Ränder  zerfallen  in  viscerale  und  in  parie- 
tale. Die  visceralen  befestigen  sich  1)  am  Seitenrande  der  Pars  supra vagi- 
nalis cervicis  und  des  Corpus  uteri;  hier  verlaufen  zwischen  beiden  Platten  die 
Vasa  und  Nervi  uteri;  2)  an  dem  zum  Uterus  gekehrten  sogenannten  Mesen- 
terialrande  der  Tube  bis  zur  Anheftungsstelle  der  Fimbria  ovarica  an  das 
Ovarium;  hier  verlaufen  die  Tubengefässe  und  Nerven. 

Die  Fimbria  ovarica  mit  ihrer  Rinne  muss  ohne  Zweifel  als  ein  in  die  Länge 
gezogener,  zur  Ovarialschleimhaut  überleitender  Theil  des  Tubentricbters  aufgefasst 
werden;  an  ihr  gehen  beide  Platten  des  Ligamentum  latum  nicht  ineinander  über, 
bilden  also  keinen  freien  Rand,  sondern  führen  zu  den  beiden  Platten  des  Mesovarium 
hin,  s.  w.  unten. 

Der  parietale  angewachsene  Rand  zerfällt  in  zwei  Abschnitte, 
in  einen  basalen  und  in  einen  lateralen.  Der  basale  ruht  dem  Becken- 
boden auf;  in  ihm  weichen  die  beiden  Blätter  des  Ligamentum  latum  nach 
vorn  und  hinten  auseinander,  um  in  die  Serosa  des  Beckenbodens  überau- 
gehen.  Man  hat  die  Stellen,  wo  die  Blätter  des  Ligamentum  latum  parietal 
auseinanderrücken,  auch  wohl  als  „Hilus  ligamenti  lati'^  bezeichnet.  In 
den  basalen  Hilus,    den  grösseren,    treten  dann  von  hinten  und  seitlich  her 


wohl  die  Treitz'sche  Plica  genito-enterica  und,  wie  es  scheint,  ohne  Kenntniss  der 
Treitz'schen  Arbeit  beschrieben.  Ich  stimme  daher  Nagel  bei,  wenn  er,  „Beiträge 
zur  Anatomie  der  weiblichen  Beckenorgane",  Arch.  f.  Gynäkologie,  Bd.  53,  Berlin,  1897, 
meint,  dass  es  überflüssig  sei,  ein  besonderes  Ligamentum  ilio-ovarium  oder  gar 
„Ligamentum  clado"  anzuführen,  oder  so  zu  benennen;  das  ist  eben  nichts  anderes 
als  das  Ligamentum  Suspensorium  ovarii  mit  seinem  Bauchfell bezuge. 
1)  Valiin,  1.  c.  [S.  520]. 


532  Breites  Mutterband. 

die  Vasa  uterina,  die  Vasa  utero-vaginalia  und  der  Ureter  ein;  ferner 
liegt  in  ihm  der  gröbste  Theil  des  Parametrium. 

Der  laterale  angewachsene  Rand  steigt  an  der  seitlichen  Becken- 
wand einpor  bis  zu  der  Eintrittsstelle  der  Vasa  ovariea;  nach  unten  geht  er 
fast  ohne  Absatz  in  den  basalen  angewachsenen  Rand  des  Hauptflügels,  nach 
oben  in  den  angewachsenen  Rand  des  Mesodesma  Suspensorium  über.  Er  ruht 
auf  dem  Musculus  obturator  internus  und  setzt  sich  im  Mesodesma  Suspensorium 
auf  die  Vasa  iliaca  externa  und  auf  den  Musculus  psoas  fort.  An  diesem 
Rande  gehen  die  beiden  riatten  des  Ligamentum  latum  in  die  Bauchfellbeklei- 
dung der  seitlichen  Beckenwand  über;  der  zwischen  ihnen  befindliche  Hilus 
lateralis  ligamenti  lati  nimmt  die  Nervi  et  Vasa  ovarica  auf;  er  ist  weit 
enger  als  der  basale  Hilus. 

Man  kann  zwei  freie  Ränder  des  Ligamentum  latum  unterscheiden, 
den  tubaren  und  den  tuboparietalen.  Der  tubare  fällt  mit  dem  freien  Rande 
der  Tube  zusammen,  und  an  ihm  gehen  beide  Blätter  des  Ligamentum  latum, 
ähnlich  wie  am  freien  Rande  einer  Dünndarmschlinge  in  einander  über.  Der 
freie  tuboparietale  Rand  erstreckt  sich  vom  Beginne  des  Infundibulum  tubae 
zur  seitlichen  Beckenwand,  wo  er  ohne  Grenze  in  den  freien  Rand  des  Meso- 
desma Suspensorium  übergeht.  Das  Infundibulum  tubae,  indem  es  (vgl.  das 
vorhin  Gesagte)  die  Serosa  durchbricht,  trennt  die  beiden  freien  Ränder  des 
Ligamentum  latum,  den  tubaren  und  den  tuboparietalen,  die  sonst  ineinander 
übergehen  würden,  von  einander  ab. 

Ueber  die  Nebenfltigel  sind  nur  wenige  Bemerkungen  erforderlich.  Das 
Mesovarium  geht  aus  der  hinteren  (oberen)  Platte  des  Hauptflügels  hervor; 
es  zerfällt  in  einen  medialen  und  lateralen  Theil.  Der  mediale  umschliesst 
das  Ligamentum  ovarii  proprium  und  zeigt  einen  freien  (serösen)  Rand.  Der 
laterale  heftet  sich  mit  seinen  beiden  Blättern  an  den  Hilus  des  Eierstockes 
an;  diese  Anheftungsstelle  ist  die  Farre'sche  Linie.  Der  Eierstock  bricht  hier 
mit  seiner  Schleimhautfläche,  gleich  dem  Infundibulum  tubae,  zwischen  diesen 
beiden  Blättern  in  das  Cavum  serosum  durch  (s.  S.  508).  Lateral  vom  Eierstocke 
setzen  sich  beide  Blätter  des  Mesovarium  auf  die  Ränder  der  Fimbria  ovarica 
und  der  Fimbrienglocke  fort,  wo  sie  ineinander  zurücklaufen  (vgl.  hierzu  Fig.  87). 

Das  Ligamentum  Suspensorium  ovarii  ist,  wie  bemerkt,  der  Strang, 
welcher  von  den  Vasa  ovarica,  dem  sie  begleitenden  Bindegewebe  und  glatten 
Muskelfasern  gebildet  wird.  Die  ihn  umschliessende  Bauchfellfalte  haben  wir 
im  Interesse  einer  klaren  Beschreibung  mit  einem  besonderen  Namen,  Meso- 
desma Suspensorium,  aufgeführt.  Beim  Anziehen  hebt  sich  das  Mesodesma  deut- 
lich al),  und  man  sieht  dasselbe  dann  mitunter  noch  bis  zum  Caecum  hin  strei- 
chen. S.  das  vorhin  S.  5:50  Bemerkte.  Es  wurde  erwähnt,  dass  sein  freier 
Rand  in  den  freien  tuboparietalen  Rand  des  Hauptflügels  auslaufe. 

Spannt  man  diesen  freien  tuboparietalen  Rand  durch  Erheben  des  Infun- 
dibulum an,  so  sieht  man  ihn  vom  Infundibulum  zur  seitlichen  Beckenwand 
ziehen;  dies  hat  ihm  den  Namen  eines  „Ligamentum  infundibulopelvicura" 
(Henle)  eingetragen. 


Breites  Mutterband.  533 

Der  Abkürzung  wegen  ist  es  üblich,  wie  man  es  auch  vielfach  für  ähnliche  Bil- 
dungen thut,  unter  dem  Namen  „Ligamentum  Suspensorium  ovarii"  nicht  nur  dessen 
bindegewebigen,  muskulösen  und  gefässhaltigen  Theil,  sondern  auch  dessen  seröse 
Bekleidung,  das  Mesodesma,  mitzuverstehen.  Immerhin  kann  in  gewissen  Fällen  eine 
strengere  Unterscheidung  wünschenswert  sein. 

Lage  des  Ligamentum  latum.  Wir  sind  im  Vorhergehenden  von  der 
durch  die  F\g,  87  repräsentirten  Vorstellung  ausgegangen,  dass  das  breite  Mutter- 
band vertikal  entfaltet  sei  und  dass  sein  Hauptflügcl  somit  eine  vordere  und 
hintere  Fläche  zeige  (letztere  als  die  wichtigere,  wegen  des  dort  liegenden 
Eierstockes  und  des  Infundibulum,    ist  in  Fig.  87  gezeichnet). 

Denkt  man  sich  jedoch  den  Uterus  mit  seinen  Adnexen  in  der  typischen 
Lage,  so  ergibt  sich,  dass  der  Hauptflügel  grösstentheils  nahezu  horizontal 
im  Beckenraume  liegt;  nur  der  laterale  Theil  der  Mesosalpinx  liegt,  mit  der  Tube 
aufsteigend,  vertikal  an  der  seitlichen  Beckenwand  und  zeigt  eine  mediale 
und  laterale  Fläche,  während  der  erstere  Abschnitt  eine  obere  und  untere  hat. 
An  der  Extremitas  uterina  ovarii  findet  der  Uebergang  aus  der  einen  Richtung 
in  die  andere  statt. 

Hierbei  ist  jedoch  folgendes  zu  bemerken:  an  der  seitliclien  Beckenwand 
kann  man  nur  an  der  Mesosalpinx  noch  zwei  Blätter  und  damit  eine  mediale  und 
laterale  Fläche  unterscheiden;  hier  aber  tritt  durch  das  früher  schon  erwähnte 
vorhangartige  Umklappen  der  Mesosalpinx  über  den  Eierstock  eine  Umkehr  der 
Flächen  ein,  wie  schon  S.  517  besprochen  wurde.  Das  Mesometrium  hört  als 
zweiblättrige  Bildung  an  der  seitlichen  Beckenwand  ganz  auf,  indem  sein 
hinteres  Blatt  breit  in  die  parietale  Bauchfellbekleidung  und  in  das  Mesovarium 
übergeht.  Die  Fortsetzung  dieses  hinteren  Blattes  zur  Tube  bildet  das  mediale 
Blatt  der  Mesosalpinx,  während  deren  laterales  Blatt  ohne  Unterbrechung  aus 
dem    vorderen   Blatte  des  Mesometrium  hervorgeht. 

Man  kann  sich  die  Lage  des  Hauptflügels  in  aufrechter  Stellung  der  be- 
treffenden Person  leicht  klar  machen,  wenn  man  in  Figur  87  in  der  durch  den 
Hilus  ovarii  gehenden  Längsaxe  das  Papierblatt  umknickt,  derart,  dass  der  die 
Mesosalpinx  enthaltende  Theil  des  Blattes  senkrecht  aufgerichtet  wird.  Man  kon- 
statirt  dann  (den  Eierstock  hinweggedacht},  dass  das  hintere,  in  der  Figur  gezeichnete 
Blatt  des  Mesometrium  zum  medialen  Blatte  der  Mesosalpinx  wird,  das  vordere  Meso- 
metriumblatt  naturgemäss  zum  lateralen.  Diese  Lage  der  Mesosalpinx  wird  nun 
durch  die  Bildung  einer  Tubenschleife  und  das  vorhangartige  Herüberfallen  der 
Mesosalpinx  über  den  Eierstock  in  einer  Weise  abgeändert,  die  keiner  weiteren  Be- 
schreibung bedarf. 

Der  f  r  e  i  e  T  u  b  0  p  a  r  i  e  t  a  1  r  a  n  d  ist  (s.  Fig.  83)  bei  aufrechter  Stel- 
lung fast  genau  nach  oben  gerichtet. 

Dieser  Rand  liegt  in  der  Figur  83  zwischen  den  beiden  Linien,  welche  das 
Ligamentum  Suspensorium  ovarii  und  die  Extremitas  tubaria  ovarii  bezeichnen. 

Die  Richtung  und  Lage  des  Mesodesma  ligamenti  terctis  und  suspensorii, 
ferner  der  Plica  Douglasi  und  uterolumbalis  bedarf  nach  dem  vorher  Gesagten 
keiner  besonderen  Besprechung  mehr. 

Die  Plica  uterolumbalis  ist  leicht  angedeutet  in  den  Figg.  81  a  u.  85.  In 
81a  entspricht  sie  ziemlich  der  Vena  hypogastrica ;  in  Fig.  85  geht  sie  an  der  Tuben- 
schleife (rechte  Seite  der  Figur)  dicht  vorbei. 


534  Scheide,  Portio  vaginalis:  Allgemeines. 

Für  das  Ligamentum  latum  ist  ausser  der  schon  citirten  Fig.  87  die  Fig.  83 
zu  vergleichen,  an  welcher  man  den  Ansatz  der  schmalen  Mesosalpinx  sehr  gut  von 
dem  breit  ansetzenden  Mesometrium  unterscheiden  kann;  zu  gleicher  Zeit  sieht  man 
die  horizontale  Lage  des  oberen  Mesometrium-BIattes,  während  das  untere  bereits  aus 
dieser  Lage  abzuweichen  beginnt.  Man  sieht  hier  ferner  am  Hilus  basalis  mesometrii 
die  Vasa  uterina  eintreten  und  den  Ureter  an  der  Basis  entlang  streichen.  Endlich 
kann  man  an  den  Figuren  81  a  und  85  eine  Vorstellung  von  den  beiden  Abtheilungen 
des  Ligamentum  latum,  der  horizontalen  und  vertikalen,  gewinnen. 

Für  die  „pathologischen  Zustände"  der  fötalen  Reste  und  des  Ligamentum 
latum  sei  auf  das  S.  524  ff.  beim  Tuboovarialapparate  Gesagte  verwiesen. 


Scheide  (Vagina).     Scheidenportion  des  Uterus  (Portio  vaginalis). 

Allg^emeines.    Form  nnd  Theile. 

Die  Scheide  bildet  einen  von  vorn  nach  hinten  abgeplatteten,  musku- 
lösen, von  einer  Schleimhaut  ausgekleideten  Schlauch,  welcher  von  der  Cervix 
uteri  bis  zur  äusseren  Geschlechtsspalte  sich  erstreckt.  Man  unterscheidet  dem- 
nach an  dem  Scheidenrohre  ein  oberes,  blind  am  Uterus  abschliessendes 
Ende,  S  cheid  eu  ge  wölbe,  Fornix  vaginae,  dann  das  Hauptstück, 
Corpus  vaginae,  und  die  Oeffnung  des  letzteren  in  den  Geschlechtsspalt, 
Orificium  vaginae.  Der  Theil  des  Geschlechtsspaltes,  in  welchen  das 
Scheidenrohr  sich  öffnet,  wird  Scheidenvorhof,  Vestibulum  vaginae 
genannt  (s.  Kapitel  „Aeussere  Geschlechtsorgane"). 

Das  Scheidenrohr  geht,  wie  bemerkt  (Kap.  „Uterus"),  oben  in  die  Wand 
des  Uterus  der  Art  über,  dass  das  distale  Ende  der  Gebärmutter  als  Portio 
vaginalis  frei  in  die  Rohrlichtung  hineinragt.  Hierdurch  wird  die  Form  des 
oberen  Scheidenabschiiittes,  des  Gewölbes,  zu  einer  ringförmigen  abgeändert. 
Am  unteren  Ende  tritt  abermals  eine  Abänderung  durch  das  Auftreten  eines 
vorderen  und  hinteren  Längs wulstes  ein.  Dadurch  gewinnt  der 
Querschnitt  des  Rohres  die  Gestalt  eines  H.  —  Die  innere  Wand  der  Scheide 
jugendlicher  Personen  zeigt  zahlreiche  kräftig  entwickelte  Querfalten,  R  u  g  a  e 
vaginales,  diese  sind  besonders  an  den  beiden  Längswtilsten,  die  deshalb 
Columnae  rugarum  posterior  et  anterior  genannt  werden,  entwickelt. 

Die  Wände  der  Scheide  liegen  für  gewöhnlich  dicht  aneinander;  so  er- 
scheint der  Sagittalschnitt  des  Scheidenrohres,  gleich  dem  der  Gebärmutter  und 
der  Harnröhre,  als  linearer  Spalt,  in  dessen  unterem  Abschnitte  die  Rugae  durch 
sägeförmigeu  Verlauf  der  Schnittlinie  angedeutet  sind  (Fig.  91).  Im  oberen 
Scheidenabschnitte  sind,  namentlich  an  der  vorderen  Wand,  die  Rugae  schwächer 
entwickelt,  was  wohl  auf  den  Einfluss  der  mit  der  Scheide  verwachsenen,  sich 
wechselnd  ausdehnenden  und  verengernden  Blase  zurückzuführen  ist.  Auch  ist 
die  Scheidenwand  hier  am  dünnsten  (2  mm). 

Bei  jungfräulichen  Personen  ist  das  Orificium  vaginae  durch  eine  haupt- 
sächlich von  der  hinteren  Scheidenwand  ausgehende  halbmondförmige  Schleim- 
hau tf  alte  grösstentheils  verschlossen.     Diese  Falte,  der  Hymen  femininus^ 


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K.,nn   ,l,üvi,    ,iar-\'.Thall.'M   ,!.t  K'iM.a    iai.i.u.lt I,  ,,v<-l!i„s.ru   .a!,,-  .■.■olitiH      ■ 

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V.n    d.r   Zir^:nmii.H..i.tH^,i:^   ^^»r   >.h.M.   :h.~^   ..n.r    Muh^H^    .hmI  SH.;eiii.iiaiii   war 


Bau  der  Scleide. 

l,;il     i'.ili     -l.'irkr-    :.!*'"-r!Mfl'M-Ir^    l    i,l\U  !m   p:.ai   f. 

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,„,,.,  .,  ,.,  nr  h:i!i.  ha.  Hi.na"  n.aana'aii  \vrha!nH.^.a,  .aT;!,,.  S  a  h  .  nla  ii  ^  H.  r.  t 
}i;ti,  rillt'    -aiiia'    i:'-a'kli-i 

I  l|,'    ;„•  1  a  t  I  ('     M  H  '•■  1 

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Ulli,, II    \  rrharaii     -:♦'     ^-a/a     z\\a>'aa<at    »i*a'     -„'«•'  ..      ,      ,  • 

...  I  I  SS'-       i  i     .     v,,a,,»  ,a!L,Ha.a:'\iaia|.        Zu,  !^a!aai     M  Hak  llkaj  il  r    ilial 

Si'l|ka!nhaaal    k-inka    .-i^ak    *au    la/iaha-,   <  ,  .•  S'a -^a  n ''^' '^  ^'^" 

I,   tiainuaa,    K„.     1  rU.r    Ur.s.u   dar    Vaaaiia,.      Ära!,    für   l ;  viiak,a^.;:ia    Bd     12^^^^ 
V,    |>ra„.akaii,    ha'   f>M."n   kar   \:i-iu:i^    ( 'auf  nilhia!  1    Inr   .ka    raakiz,    W  a^aaiaMka    .Sl, 


ji,,,    •„•  I  a  t  I  a    Mii'-knirtinr    aar!a!M    ai    «na     -i«.  <-'     -, 

,    ,s.,,  =  |ni/lilaii     tak     kia"     l   ar-raMa it  k.  ika l  ii r     ail>aiainati : 


536  Scheide:  Fornix  vaginae,  Portio  vaginalis. 

Die  Muskulatur  grenzt  vorn  an  das  lockere  bindegewebige  Septum  vesico- 
vaginale  und  an  das  feste  Septum  urethrovaginale,  in  welches  sie  auch  einstrahlt. 
Hinten  grenzt  sie  an  das  Septum  rectovaginale  und  an  den  Damm;  in  beide  Theile 
setzen  sich  die  Muskelfasern  fort. 

In  dem  perivaginalen  Gewebe  liegt,  namentlich  an  beiden  Seiten  der  Scheide, 
ein  reich  entwickelter  Venenplexus;  derselbe  steht  mit  den  übrigen  Beckenplexus 
in  anastomotischer  Verbindung,  nach  unten  auch  mit  den  Schwellkörpern  der  Klitoris 
und  des  Bulbus  vestibuli  (Figg.  81  a  und  87). 


Forniz  vag^lnae,  Portio  vagpinalis. 

Indem,  wie  bemerkt,  das  distale  Stück  der  Gebärmutter  zapfenförmig  in 
das  Scheidenrolir  hineinragt  und  dieses  Rohr  rings  um  diesen  Zapfen  in  die 
Uteruswand  tibergeht,  endet  die  Scheidenliehtung  oben  mit  einem  geschlossenen 
Ringspalte,  der  den  Zapfen  umkreist.  Dies  ist  das  Scheid  engewölbe^ 
F  0  r  n  i  X  v  a  g  i  n  a  e. 

Zur  besseren  Orientirung  unterscheidet  man  ein  hinteres,  ein  vorderes 
und  die  beide  verbindenden  seitlichen  Scheidengewölbe. 

Die  Axe  der  Cervix  uteri  ist  schräg  gegen  die  Axe  der  Vagina  gestellt, 
so  dass  die  Portio  vaginalis  gegen  die  hintere  Vaginalwand  gerichtet  ist,  ein 
Umstand,  der  bei  der  digitalen  und  Spiegehmtersuchung  wohl  beachtet  wer- 
den muss. 

Wie  wir  schon  sahen  (s.  Kapitel  Uterus),  zerfällt  die  Portio  vaginalis 
durch  das  Orificium  externum  uteri  in  eine  vordere  und  hintere  Lippe, 
und  die  Scheide  reicht  mit  ihrem  Ansätze  an  der  hinteren  Lippe  erheblich 
höher  hinauf,  als  an  der  vorderen,  in  die  sie  mitunter  fast  ohne  Absatz  über- 
geht. Das  blinde  Ringende  des  Scheidengewölbes  liegt  somit  in  einer  schrägen 
Ebene,  welche  so  ziemlich  die  Richtung  des  Scheidenrohres  fortsetzt;  also 
liegt  das  oberste  Ende  dieses  Rohres  im  Fornix  posterior. 

Ueberall  liegen  innere  Fornixfläche  und  Portio  vaginalis  dicht  einander 
an,  und  es  ruhen  beide  Muttermundslippen,  sowie  das  Orificium  externum  uteri 
unmittelbar  auf  der  hinteren  Scheidenwand,  welche  hier  etwas  verdickt  er- 
scheint und  eine  Art  Polster  für  die  Portio  vaginalis  „Por  tio  polst  er"  m. 
bildet.  Indem  nun  hier  das  Rectum  seine  winklige  Biegung  nach  vorn  nimmt, 
schiebt  es  sich  unter  das  Portiopolster  und  gibt  damit  der  Scheide  und  dem 
Uterus  eine  Stütze  (s,  Figg.  81,  81a  und  83). 

Die  Portio  vaginalis  uteri  hat  bei  verschiedenen  Personen  eine  verschie- 
dene Länge  (s.  d.  Maasstabelle).  Wie  bemerkt,  hat  sie  eine  querelliptische 
Form.  Beide  Lippen  sind  ziemlich  gleich  dick;  die  vordere  ragt  wegen  der 
schrägen  Stellung  tiefer  hinab,  ist  aber  wegen  des  niedrigeren  Gewölbes  kürzer 
als  die  hintere. 

Ueber  alles  dieses  geben  die  ebengenannten  Figuren  gleichfalls  Auskunft ;  dann 
noch  Figg.  87  u.  88  c,  welche  das  Totalbild  der  Portio  bringen,  sowie  die  beiden  seit- 
lichen Scheidengewölbe  erkennen  lassen. 

Die  Gestalt  des  Orificium  externum  uteri  ist  nach  Lebensalter  und 
Funktion  des  Uterus  verschieden.     Bei  Neugeborenen  und  im  Kindesalter  stellt 


Scheide:  Vaginalportion.   Gefässe.  537 

es  einen  Querspalt  dar.  Die  Muttermundslippen  sind  dünn,  mehr  abgeplattet. 
Mit  dem  Eintritte  in  die  Pubertätszeit  runden  sieh  die  Lippen  ab  und  auch 
das  Orificium  nimmt  eine  rundliche  Gestalt  an,  wobei  es  nach  beiden  Seiten 
häufig  etwas  ausgezogen  bleibt.  Indessen  habe  ich  bei  Jungfrauen  den  äusseren 
Muttermund  öfters  noch  deutlich  querspaltig  gefunden.  Die  Konsistenz  der  Portio 
wird  fester^  ohne  aber  hart  zu  sein.  Ihre  Oberfläche  ist  glatt,  nirgends  höckrig 
und  uneben:  so  bei  Nulliparae.  Bei  Frauen,  welche  geboren  haben, 
zeigt  sich  das  Orificium  häufig  mehr  in  die  Quere  ausgedehnt,  kann  aber  auch 
eine  rundliche  Form  beibehalten.  Charakteristisch  sind  indessen  für  solche  die 
am  Umkreise  des  Muttermundes  befindlichen  Einkerbungen,  welche  von  Ge- 
burtseinrissen herrühren.  Bei  starken  Einkerbungen  stülpen  sich  wohl  die  Lippen 
etwas  auswärts  um,  Eversio  labiorum.  Die  Schleimhaut  pflegt  eine  dunklere 
Färbung  zu  zeigen;  auch  bemerkt  man  häufiger  kleine  Venen  und  die  Ovula 
Nabothi  (vgl.  hierzu  die  Figg.  89—90 b). 

Bei  gesunden  Frauen  sieht  man  häufig  aus  dem  Orificium  externum  einen 
länglichen  oder  rundlichen  Faden  oder  Pfropfen  klaren  Cervikalschleimes 
(Corpus  mucosum,  Figg,  160  u.  160a)  hervorragen.  Derselbe  ist  sehr  zäh  und 
lässt  sich  kaum  entfernen. 

Der  Bau  der  Portio  vaginalis  schliesst  sich  ganz  an  den  der  Scheide 
an,  ein  Grund  mehr,  sie  bei  letzterem  Organe  abzuhandeln.  Die  beiden  Mutter- 
mundslippen haben  eine  muskulös  bindegewebige  Grundlage  mit  zahlreichen 
charakteristisch  angeordneten  elastischen  Fasern,  welche  im  Greisenalter  zu 
schwinden  beginnen  (Dührssen)^).  Diese  Grundlage  trägt  Papillen  und  ein 
geschichtetes  Plattenepithel  gleich  dem  der  Scheide. 

Der  sogenannten  Erosio  physiologica,  bei  welcher  sich  das  Flimmerepithel 
aus  dem  Cervikalkanale  hinaus  auf  die  Muttermundsh'ppen  fortsetzt  —  solche  Stellen 
erscheinen  in  Gestalt  rother,  vertiefter  Streifen  und  Rinnen,  auch  kleine  Drüsen 
können  an  diesen  rothen  Stellen  vorkommen  —  ist  schon  gedacht  worden.  Ungeachtet 
des  Namens  der  physiologischen  Erosion  kann  ein  solcher  Zustand  doch  zu  Störungen, 
z.  B.  Blutungen  Veranlassung  geben 2).  —  Nach  wiederholten  Schwangerschaften  pflegt 
das  Plattenepithel  höher  in  den  Cervikalkanal  hinaufzusteigen. 

GefUsse  der  Scheide. 

Arterien.  Für  den  oberen  Theil  der  Scheide  liefert  der  Ramus  cervico- 
vaginalis  der  A  r  t  e  r  i  a  uterina  den  Hauptzufluss  (vgl.  Gefässe  des  Uterus). 
Für  den  mittleren  Abschnitt  tritt  die  Arteria  vesicalis  inferior  mit  starken 
Aesten  ein;  man  könnte  sie  beim  Weibe  passend  „Arteria  vesico vaginalis"  nennen.  Der 
untere  Abschnitt  wird  von  der  Arteria  haemorrhoidalis  media  und  der 
Arteria  pudenda  interna  versorgt. 


1)  Dührssen,  A.,  Beitrag  zur  Anatomie,  Physiologie  und  Pathologie  der  Portio 
vaginalis  uteri.    Arch.  f.  Gynäkologie  Bd.  41. 

2)  Fischel,  W.,  Beiträge  zur  Morphologie  der  Portio  vaginalis  uteri.  Arch.  f. 
Gynäkol.  Bd.  16.  —  Rüge,  C,  Ueber  die  Erosionen  und  das  Ektropium,  Zeitschr.  f. 
Geburtsh.  und  Gynäkologie  Bd.  5.  —  Derselbe,  Ueber  die  Erosionen  an  der  Vaginal- 
portion. Ebend.  Bd.  8.  —  Derselbe,  Zur  Erosionsfrage;  die  FischeTsche  Erosion. 
Ebend.  Bd.  7. 


538  Scheide:  Gefässe.    Nerven. 

Wie  HyrtP)  gezeigt  hat,  fliessen  die  von  beiden  Seiten  zur  Scheide  tretenden 
Zweige  dieser  Arterien,  namentlich  an  der  hinteren  Scheidonwand,  nicht  selten  zxi 
einem  unpaaren  Stamme,  Arteria   azygos    vaginae,   zusammen. 

Venen.  Dass  die  Scheidenvenen,  besonders  an  den  Seitenwänden  des  Organes, 
zunächst  einen  reichen  Plexus  bilden,  der  mit  den  übrigen  venösen  Plexus  zusammen- 
hängt, wurde  erwähnt.  Die  abfliessenden  Stämme  verlaufen  meist  paarig  mit  den 
genannten  Arterien  und  gehen  zur  Vena  hypogastrica. 

Lymphgefässe.  Nach  den  Injektionen  von  B  r  u  h  n  s  (1.  c),  welche  im  we- 
sentlichen die  Befunde  Poirier's  und  Sappey's  (l.  c.)  bestätigen,  aber  auch  er- 
weitern, bilden  die  Lymphgefässe  der  Scheidenschleimhaut  ein  sehr  dichtes  Netz,  und 
kommuniciren  mit  denen  der  Portio  vaginalis,  der  äusseren  Genitalien  und  der 
Muskelwand  der  Scheide.  Die  abfliessenden  Stämme  schlagen  drei  Wege  ein: 
1)  die  unteren,  aus  der  Umgebung  des  Orificium  vaginae,  sowohl  unterhalb  wie 
oberhalb  des  Hymen  abtretenden,  hängen  mit  den  Lymphbahnen  des  Labium  minus 
zusammen  und  ergiessen  sich  in  die  oberen  inneren  Inguinaldrüsen ;  am  häufigsten 
ziehen  die  oberhalb  des  Hymen  entsprungenen  jedoch  zu  den  Beckendrüsen,  wie 
es  Poirier  als  Regel  hingestellt  hat.  2)  Die  mittleren,  vom  mittleren  Scheiden- 
bezirke abtretenden  Stämme  ziehen  zu  den  Lymphoglandulae  hypoga- 
stricae,  insbesondere  regelmässig  zu  1—2  Drüsen  an  der  Abgangsstelle  der  Ar- 
teria uterina,  niedial  von  dieser  Arteria  und  der  Arteria  hypogastrica  gelegen,  aber 
auch  zu  den  im  Winkel  zwischen  Arteria  iliaca  externa  und  hypogastrica  befindlichen 
Drüsen  (2—4  ^  Lymphoglandulae  i  1  i  a  c  a  e).  Die  Lymphbahnen  des  oberen 
Scheidenabschnittes  gelangen,  zusammen  mit  denen  des  Collum  uteri,  zu  denselben 
beiden  Drüsengruppen.  Eine  so  strenge  Scheidung  dieser  drei  Scheidengebiete 
nach  den  regionären  Drüsengruppen,  wie  sie  Poirier  aufstellt,  fand  Bruhns 
indessen  nicht.  Wiederholt  sah  Letzterer  von  der  hinteren  Scheidenwand  einen 
Lymphstamm  abgehen,  welcher  um  das  Rectum  herum  meist  zu  einer  am  Becken- 
boden, aussen  auf  der  Fascia  recti  gelegenen  Drüse  lief,  in  einem  Falle  aber  auch  zu 
einer  im  Theilungs winke!  der  Aorta  gelegenen  Lymphoglandula  lumbalis  zog. 
Auch  konnte  Bruhns  die  bemerkenswerthe  Angabe  Morau's^)  bestätigen,  dass  Lymph- 
stämme von  der  hinteren  Scheidenwand  zu  den  innerhalb  der  Fascia  recti  gele- 
genen, von  Gerota  (1.  c.  S.  274  und  Fig.  67)  sogenannten  Lymphoglandulae 
ano rectales,  unter  Durchbohrung  dieser  Fascie,  sich  begeben.  Somit  könnten  von 
der  Scheide  aus  auch  die  mit  diesen  Drüsen  zusammenhängenden  Lymphoglan- 
dulae haemorrhoidales  superiores  und  weiterhin  die  in  Fig.  67  so  bezeich- 
neten Lymphoglandulae  mesorectales  =  mesentericae  inferiores  inficirt 
werden. 

Nerven  der  Scheide. 

Für  den  oberen  und  mittleren  Theil  der  Scheide  kommen  die  Nerven  aus  den- 
selben Quellen  wie  die*  des  Uterus  (s.  S.  479).  Für  den  unteren  Theil  tritt  noch  der 
Nervus  pudendus  hinzu,  von  welchem  sensible  Zweige  zum  Introitus  vaginae  und 
motorische  für  die  gestreifte  Muskulatur  der  Scheide  geliefert  werden.  Wie  überall 
endigen  die  sympathischen  Zweige  in  der  glatten  Muskulatur  der  Scheide  und  deren 
Gefässen.  Die  Empfindlichkeit  der  Portio  vaginalis  und  der  oberen  Scheidenpartien 
ist  unter  normalen  Verhältnissen  gering.  —  Freie  intraepitheliale  Nervenendigungen  sind 

1)  Hyrtl,  J.,  Die  Corrosions-Anatomie  und  ihre  Ergebnisse.  Wien,  1873,  IV. 
(W.  Braumüller)  S.  177.  Taft'.  XII  u.  XIIL 

2)  Morau,  H.,  Remarques  sur  les  vaisseaux  lymphatiques  des  organes  genitaux 
de  la  femme  et  leurs  anastomoses  avec  ceux  du  Rectum.  Pathog^nie  de  la  colite 
muco-membraneuse.  Ciermont  (Oise)  Daix  fr^res.  1895.  V.  a.  Compt.  rend.  de  la  So- 
ci6te  de  Biologie.  1894  Nr.  33.  p.  812. 


Scheide:  Richtung  und  Lage.  539 

uns  seit  lang-em  bekannt^).  Sher rington  konstatirte  eine  starke  Kontraktion  der 
Scheidensphinkteren  bei  Reizung  des  2.  und  3.  Sakralnerven  (Macaeus  rhesus):  im 
Gehirne  liess  sich  ein  Centrum  für  die  Scheidenbewegung  nachweisen,  welches  2  mm 
vor  dem  Analcentrum  gelegen  war.  Bei  Katzen  und  Hunden  findet  es  sich  an  der 
hinteren  Grenze  des  Gyrus  sigmoideus,  medial  vom  Stirnende  der  Fissur  a  ans  ata 
Langley's2). 

Richtung  und  Lag;e  der  Scheide. 

Die  Scheide  hat  ungefähr  die  Richtung  des  unteren  Abschnittes  der 
Beckenaxe^  was  insbesondere  hervortritt^  wenn  sie  nicht  zu  stark  gekrümmt 
ist.  Sie  bildet  mit  der  Horizontalen  einen  nach  hinten  offenen  Winkel  von 
65 — 75**  (Testut  1.  c).  Sehr  häufig  zeigt  sich  am  Beginne  des  unteren  Drittels 
der  Scheide  eine  leichte  Konvexität  nach  vorn,  die  zuweilen  stumpfwinklig 
erscheinen  kann  und  auf  die  vorhin  erwähnte  Richtung  des  Rectum  zurückzu- 
führen sein  dürfte.  In  anderen  Fällen  ist  die  Richtung  des  Scheidenrohres 
eine  mehr  steile  oder  mehr  flache.  Nach  oben  nähern  sich  die  drei  Kanäle, 
Harnröhre,  Rectum  und  Scheide,  nach  unten  divergiren  sie. 

Holotopisch  nimmt  die  Scheide  die  Mitte  des  extraserösen  Becken- 
raumes in  dessen  Führungslinie  ein  (s.  Figg.  81  und  88  c).  Fast  die  Hälfte 
ihrer  Länge  oder  mehr  liegt  unterhalb  der  Ebene  des  Beckenausganges. 

Hierin  sind  auch  die  wichtigsten  skeletotopischen  Daten  ohne  weiteres 
einbegriffen;  dieselben  sind  ohnehin  von  minderer  Wichtigkeit. 

Syntopie.  Vorn  grenzt  die  Scheide,  durch  lockeres  Bindegewebe  ge- 
schieden, was  sich,  wie  wir  sahen,  auch  noch  in  die  Blasenuterusgrenze  fort- 
setzt, an  einen  kleinen  Theil  des  Fundus  der  Blase  und  an  die  Gegend  des 
Trigonum  vesicae.  Auf  dem  sagittalen  Durchschnitte  erscheint  diese  lockere 
vesikovaginale  Bindegevvebsmasse  von  dreiseitiger  Form,  mit  der 
Basis  zur  Excavatio  vesicouterina  hingewendet.  Je  mehr  man  sich  dieser 
nähert,  desto  lockerer  wird  das  Bindegewebe,  je  weiter  nach  unten  zur  Urethra 
hin,  desto  fester.  Die  Trigonumpartie  der  Blase  ist  fester  mit  der  Scheide 
verbunden,  als  der  Fundus  vesicae;  die  Ablösung  der  Blase  von  der  Scheide 
wird  also  um  so  leichter,  je  weiter  man  nach  oben  kommt. 

raAvlick^)  hat  darauf  aufmerksam  gemacht,  dass  man  an  der  Innenfläche  der 
vorderen  Scheidenwand  ein  Feld  —  man  kann  es  als  Area  trigonalis  vaginaem. 
bezeichnen  —  zu  erkennen  vermöge,  welches  ziemlich  genau  dem  Trigonum  vesicae 
entspricht.  Die  Basis  trigoni  würde  an  der  Scheidenwand  angezeigt  sein  durch  eine 
leicht  nach  vorn  konvexe,  quere  Schleimhautfalte,  welche  ungefähr  2,5—3  cm  unter- 
halb des  Orificium  externum  uteri  gelegen  ist,  während  die  beiden  Seitenränder  durch 
zwei  divergirendc  Falten    markirt  würden,    die  von    dem    oberen  Ende   der  Columna 

1)  Chrsch tschon 0 witsch,  Beitrag  zur  Kenntniss  der  feineren  Nerven  in  der 
Vaginalschleimhaut.     Wiener  akad.  Sitzungsber.  Math.-naturw.  Klasse  1871.  Bd.  63. 

2)  Sherrington,  Journ.  of  Physiol.  Vol.  IV.  p.  248. 

3)  Pawlick,  Ueber  die  Sondirung  der  Ureteren  der  weiblichen  Blase  aus  freier 
Hand  ohne  vorbereitende  Operation.  Verhandl.  der  gy näkolog.  Sektion  der  54.  Ver- 
samml.  deutscher  Naturforscher  und  Aerzte  in  Salzburg,  1881.  Arch.  f.  Gynäkologie 
Bd.  XVIII,  S.49I.  1881. 


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Is   Ki.pii,'   voll   IX'M,  ur,<  Ff,;iiir  :iTO,  l'railc  <r;iii.iiO!iii<'.  3  e.:lit.  T    Ilf, 


Scheide:  Richtung  und  Lage,  Altersveränderungen.  541 

Die  obere  quere,  von  Testut  (I.e.)  erwähnte  Falte  markirte  sich  in  den  von 
mir  untersuchten  Fällen  an  der  Leiche  kaum;  doch  kann  man  leicht  die  Area  trigo- 
nalis  an  den  divergirenden  Enden  der  Columna  rugarum  anterior  abschätzen  und 
erkennt  auch  durch  die  Scheidenwand  hindurch  an  einer  leichten  Vorwölbung  die 
Blase.  Zur  Untersuchung  an  der  Lebenden,  wo  dies  alles  leichter  zu  sehen  sein  mag, 
als  an  der  Leiche,  lässt  Pawlick  die  Knieellenbogenlage  einnehmen  und  wirft  mit- 
telst des  Simon'schen  Spiegelhalters  Licht  auf  die  vordere  Scheidenwand. 

Unterhalb  der  Blase  liegt,  in  ihrer  ganzen  Länge  durch  das  feste  Septum 
uretlirovaginale  verbunden,  die  Harnröhre  der  Scheide  an  (Fig.  91). 

Hinten  stösst  das  hintere  Scheidengewölbe  in  einer  Länge  von  1 — 1 V2  cm 
an  den  Douglas'schen  Raum;  hier  können  also,  gegebenen  Falles,  Dannschlingen 
oder,  bei  Descensus  tuboovarialis,  Tube  und  Eierstock  mit  der  Scheide  in  unmittel- 
bare Berührung  kommen.  Weiter  nach  unten  wird  das  Rectum,  getrennt  durch 
das  Septum  recto vaginale,  zum  unmittelbaren  Nachbar  der  Scheide,  der  es  etwa 
in  deren  Mitte,  am  Uebergange  zwischen  der  Pars  pelvina  in  die  Pars  perinealis 
recti,  am  nächsten  kommt.  Von  da  ab  schiebt  sich  die  feste,  auf  dem  Median- 
schnitte dreieckige  Masse  des  Dammes  zwischen  beide  ein  (Fig.  81a). 

Seitlich  finden  wir  oben  die  Gefässplexus,  in  deren  Mitte  die 
Üreteren  laufen.  Sie  füllen  den  auf  dem  Frontalschnitte  dreieckigen 
Raum  zwischen  Musculus  levator  ani  und  Vaginalwand  fast  vollkonnnen  aus. 
Die  Arteria  uterina  tritt  hier  im  Bereiche  des  Fornix  vaginae  lateralis  an 
den  Uterus  heran  und  kann  sich  bis  auf  1  cm  der  Scheidenwand  nähern.  Auch 
findet  man  in  der  seitlichen  Scheidenwand  am  Fornix  mitunter  Reste  der  Wolff- 
schen  Gänge  (G  a  r  t  n  e  r'sche  Gänge)  —  s.  vorhin  Kap.  Fötale  Reste.  —  Weiter 
abwärts  grenzt  die  Scheide,  ohne  Verwachsung,  an  den  Musculus  levator 
ani,  wird  dann  vom  Musculus  trigoni  urogenitalis,  mit  dem  sie  fest  ver- 
bunden ist,  aufgenommen  und  schliesslich  von  den  beiden  Bulbi  vestibuli 
umfasst,  an  deren  hinteren  Enden  noch  die  Glandulae  vestibuläres 
majores  mit  der  Scheide  in  nahe  Beziehung  treten.  Vor  allem  soll  hier  für 
die  Befestigung  der  Scheide  und  die  Erhaltung  ihrer  Lage  die  Ver- 
bindung mit  dem  Trigonum  urogenitale,  mit  den  übrigen  Bestand- 
theilen  des  Dammes  und  mit  dem  Septum  urethrovaginale  betont 
werden.  —  Vergleiche  für  diese  Lageverhältnisse  insbesondere  die  Figuren 
81a,  83  u.  88a;  auch  Fig.  87  kommt  in  Betracht. 

Altersveränderongen. 

Abgesehen  von  den  absolut  geringeren  Dimensionen  zeigt  die  Scheide  im  fötalen 
Zustande  eine  Epithelialverklebung  ihrer  Lichtung.  Relativ  ist  die  Scheide  Neuge- 
borener und  junger  Kinder  sehr  lang  (1 : 9  Körperlänge  bei  Neugeborenen  —  1 :  15 
beim  erwachsenen  Weibe.  —  0.  Husch ke,  Sömmerrings'  Eingeweidelehre,  Leipzig  1844. 
S.  536).  Bei  dem  Hochstande  der  Blase  und  deren  geringerem  Volumen  liegt  die 
Scheide  im  ersten  Kindesalter  auch  näher  an  der  vorderen  Beckenwand.  Die  Rugae 
vaginales  sind  auffallend  stark  auch  im  oberen  Theile  der  Scheide,  und  haben  zu- 
geschärfte Kämme.  Dieser  Zustand  erhält  sich  bis  zum  Eintritte  der  Geschlechtsreife, 
wo  mit  der  Vergrösserung  der  Scheide  die  Rugae  sich  leicht  abrunden  und  weiter  von 
einander  entfernen.  Nach  wiederholten  Entbindungen  verflachen  sie  mehr  und  mehr, 
namentlich  im  oberen  Theile  der  Scheide;  auch  die  Columnae  rugarum  flachen  sich  ab. 


542  Scheide TMaasse.   Physiol.  u,  patliol.  Bemerkungen. 

Die  Elasticität    des  Scheidenrohres  vermindert  sich   im   höheren  Alter  gleichfalls.    Es 
kann  auch  eine  Atrophie  mit  Schrumpfung  der  Scheide  eintreten. 

Maasstabelle. 

Mittlere  Länge  der  Scheide  Erwachsener  vom  Orificium  vaginae  bis  zum 

Orificium  externum  uteri 7  cm 

Länge  der  vorderen  Scheidenwand  bis  zum  Fornix  vaginae  anterior .     .  6,5 — 7,5  „ 

Länge  der  hinteren  Scheidenwand  bis  zum  Fornix  posterior 8—8.5  „ 

Breite  der  leeren  Scheide  im  Mittel 2,5  „ 

Tiefe  des  Fornix  anterior 0,2—0,5  „ 

posterior 1-2,5  „ 

Länge  der  l*entonaealbekIeidung  am  Fornix  posterior 1 — 2  „ 

Dicke  der  Scheidenwand 0,3—0,4  ^ 

Physiologrisohe  Bemerkung^en. 

Die  Scheide  dient  zunächst  als  Kopulationsorgan  des  Weibes^  wobei 
namentlich  dem  Scheideneingange  noch  ein  Antheil  an  der  Wolhisterregung 
zukommt.  Dann  erfüllt  das  Organ  die  weitere  Aufgabe  eines  Ausfiussweges  für 
die  menstruellen  Entleerungen.  Endlich  ist  dasselbe  ein  Theil  des  Geburtskanales 
und  ist  mit  Rücksicht  für  diesen  Umstand  mit  einer  grossen  Ausdehnungsfähig- 
keit ausgestattet.  Der  engste  Theil  der  Scheide  ist  ihr  P^ingang.  Hier  wirken 
die  Carunculae  hymenales^  die  gestreiften  Muskelringe,  die  beiden  Bulbi  vesti- 
buli  und  schliesslich  die  hier  am  stärksten  entwickelten  Colunmac  rugarum  zur 
Verengerung  mit.  Der  bei  leerer  Scheide  weiteste  Theil  liegt  in  der  Mitte  (s. 
Fig.  88c);  indessen  kann,  wie  jede  Geburt  zeigt,  der  enge  untere  Abschnitt 
dieselbe  Ausdehnung  erfahren  wie  die  übrigen. 

Pathologrisolie  Zustände. 

Die  an  die  anatomisch-physiologischen  Verhältnisse  unmittelhar  anschliessenden 
pathologischen  Veränderungen  der  Scheide  sind  in  erster  I-,inie  die  Verletzungen  der- 
selben und  deren  Folgezustände. 

Die  Verletzungen  kommen  am  häufigsten  bei  schweren  Geburten  zu  Stande, 
nicht  selten  auch  erst  nach  denselben,  infolge  von  Druckbrand.  Auch  Verletzungen 
beim  Coitus,  insbesondere  Ix^i  bestehendem  Missverhältniss  zwischen  Scheide  und  männ- 
lichem Gliede  und  bei  Nothzucht  an  noch  unentwickelten  Personen,  werden  häufig  genug 
beobachtet.  Ferner  begreift  sich,  dass  die  Scheide,  ihrer  Lage  nach,  auch  durch  Fall 
auf  kantige  od(U'  spitzige  Gegenstände  leicht  verletzt  werden  mag. 

Nach  frischen  Verletzungen  ist  die  starke  Blutung,  welche  lebensgefährlich 
werden  kann,  die  wichtigste  Erscheinung.  Sie  führt  namentlich  am  unteren  Scheiden- 
abschnitte (wegen  der  Verbindungen  mit  den  Bulbi  vestibuli)  zu  der  Bildung  g-rosser 
Blutsäcke,  welche  die  Scheide  umhüllen:  Thrombus  vaginae.  Sie  erklären  sich 
aus  dem  vorhin  erwähnten  grossen  Gefässreichthume  der  Scheide  und  deren  Um^^'ebung. 

Kine  weitere,  wichtige  und  oft  verhängnissvolle  Folge  sind  die  traumatischen 
Kommunikationen  mit  den  benachbarten  Hohlräumen,  sowie  mit  der  serösen 
Beckenhöhle.  Letztere  können  insbesondere  bei  Verh'tzungen  des  Fornix  vaginae 
posterior  eintreten  und  führen  dann,  wenn  sie  grösser  sind,  zu  Prolapsus  beweglicher 
Becken-  und  Unterleibsorgane  (Netz,  Darmschlingen,  Tuboovarialapparat,  Uterus). 

Als  anatomisch  mö<j;'liche  Kommunikationen  mit  benachbarten  Hohlorganen, 
wenn  wir  von  grossen,    ungewöhnlichen  Zerstörungen  absehen,    sind  zu  nennen:    die 


Harnleiter  des  Weibes.  543 

Mastdarmscheidenfisteln,  die  Blasenscheidenfisteln,  die  Harnröhren- 
scheidenfisteln  und  die  üreterscheidenfisteln.  Es  kann  auch  zu  einer  ab- 
normen (zweiten)  Kommunikation  zwischen  Uteruslumen  und  Scheidenlumen  kommen, 
sowie,  vom  hinteren  Scheidengewölbe  aus,  zu  einer  Scheidendarmfistel.  —  Eine 
dritte  Folge  der  Verletzungen  sind  narbige  Verengerungen,  Strik  turen  oder  Stenosen 
der  Vagina,  selbst  vollständiger  Verschluss,  Occlusio  vaginae  s.  A  tresia  vaginae. 
Unter  den  Folgen  der  letzteren  soll  insbesondere  die  Zurückhaltung  des  Menstrual- 
blutes  erwähnt  sein,  die  zu  Haematokolpos  führt. 

Neubildungen  der  Scheide  sind  im  ganzen  selten.  Polypöse  Ge  seh  wulst- 
formen kommen,  wie  in  anderen  Hohlräumen,  so  auch  hier  häufiger  zur  Beobachtung. 
Die  Neubildungen  der  Portio  vaginalis  wurden  bereits  besprochen. 

Häufiger  hingegen  sind  Lage  Veränderungen  der  Scheide,  entweder  des 
ganzen  Rohres  oder  einer  oder  der  anderen  Wand.  Es  sind  hier  zu  nennen  der  De- 
scensus  vaginae,  der  Prolapsus  vaginae  totalis  et  partialis  und  die  Tn- 
versio  vaginae,  —  Bei  Prolapsus  vaginae  kann  die  Scheidenwand  zu  einer  Hülle 
für  einen  Bruchsack  werden,  „Hernia  vaginalis".    (Kapitel  „Perinealhernien".) 

Von  pathologischen  Zuständen,  die  sich  auf  den  Bau  der  Scheide  beziehen 
lassen,  wäre  der  tuberkulösen  Ulcerationen  zu  gedenken,  die  von  den  Lymph- 
follikeln  ausgehen.  Die  seltenen  Scheidencysten  müssen,  falls  sie  epithelialer  Natur 
sind,  auf  jene  wenigen  Fälle  von  Drüsenbildungen  in  der  Nähe  des  Introitus,  von 
denen  die  Rede  war,  oder  auf  Reste  der  Wo Iff sehen  Gänge  bezogen  werden. 

In  praktischer  Beziehung  soll  hervorgehoben  sein,  dass  die  Scheide  für  die  ope- 
rative Gynäkologie  und  Geburtshülfe,  diagnostisch  wie  operativ,  den  weitaus  wichtigsten 
Weg  bildet.  Man  kann  sagen,  dass  in  dieser  Beziehung  am  ganzen  übrigen  Körper 
keine  zweite  Stelle  von  gleicher  Bedeutsamkc^it  existirt.  Zu  dieser  Wichtigkeit  ver- 
helfen der  Scheide  die  verhältnissmässig  geringen  Folgen,  welche  bei  gehöriger  Ueber- 
wachung  chirurgische  Verletzungen  des  Scheidenrohres  haben;  ferner  ihre  grosse 
Ausdehnbarkeit  und  der  Werth  und  die  grosse  Anzahl  der  Organe,  zu  denen  sie  den 
Zugang  ermöglicht,  wenn  wir  auch  von  dem  Gebiete  der  Geburtshülfe  ganz  absehen 
wollen. 

Schliesslich  sei  darauf  aufmerksam  gemacht,  dass  die  grosse  Ausdehnbarkeit 
der  Scheide  zu  besonderer  Sorgfalt  bei  Ausführung  einer  Tamponade  (Kolpeurysis, 
Sänger)  derselben  auffordert. 


Harnleiter  des  Weibes  (Ureter  feminae). 

Die  Theile  des  Harnleiters  sind  beim  Weibe  dieselben  wie  beim  Manne; 
im  Baue  desselben  zeigen  sieb  kaum  Verschiedenheiten:  der  ganze  Ureter  ist 
durchschnittlich  ein  wenig  kürzer,  seine  Hauptspindel  dagegen  ein  wenig  weiter 
als  beim  Manne;  s.  die  Maasstabelle  S.  334  und  die  Angaben  von  G.  Schwalbe 
1.  c.  [S.  335].   Die  Lagebezieliungen  weisen  aber  wichtige  Unterschiede  auf. 

Die  erste  Verschiedenheit  trifft  die  Pars  al)dominaliS;  indem  dieselbe 
von  den  Vasa  spermatica  interna  mit  in  das  kleine  Becken  begleitet  wird. 

Nach  der  Kreuzung  mit  den  Ureteren,  welche  unter  demselben  spitzen  Winkel 
erfolgt  wie  beim  Manne,  entfernen  sich  die  Vasa  spermatica  nicht  mehr  weit  vom  Ureter, 
sondern  bleiben  ihm  auf  2^3  cm  nahe.  Beim  Uebertritte  in  das  kleine  Becken  sind 
beide  Theile  genau  durch  die  Breite  des  Eierstockes  von  einander  getrennt,  indem 
die  Vasa  spermatica  interna  an  den  Margo  mesovaricus,  also  an  den  vorderen  Rand 
(aufrechte  Stellung)  des  Ovarium  treten,  während  der  Ureter  an  dessen  hinterem  Rande 
entlang  läuft. 


544  Harnleiter  des  Weibes. 

Die  Pars  pelvina  zeigt  dieselben  Krümmungen,  wie  sie  Seite  329  vom 
Manne  beschrieben  sind.  Die  Flexura  margin alis  bildet  indessen  einen 
stumpferen  Winkel  als  beim  Manne  (Schwalbe). 

Wir  können  die  Pars  pelvina,  wie  beim  Manne,  in  eine  Portio  parie- 
talis  und  visceral is  scheiden,  wobei  wir  unter  letzterer  denjenigen  Theil 
verstehen,  welcher  direkt  der  Harnblasenwand  anliegt. 

Da,  wie  wir  alsbald  sehen  werden,  der  Harnleiter  des  Weibes  noch  mit  anderen 
Beckeneing-e weiden,  speziell  mit  dem  Uterus  in  Beziehung"  tritt,  ehe  er  die  Blase  er- 
reicht, so  könnte  man  versucht  sein,  eine  längere  Strecke  desselben  mit  dem  Namen 
einer  „Portio  visceralis"  zu  belegen;  doch  empfiehlt  es  sich,  dieselben  Namen  für  die- 
selben Abschnitte  bei  beiden  Geschlechtern  beizubehalten.  Ohnehin  Hegt  der  Gang 
dem  Uterus  nirgends  unmittelbar  an;  da,  wo  er  der  Scheide  in  dieser  Weise  an- 
liegt, thut  er  es  auch  zugleich  der  Blase,  und  so  haben  wir  dort  seine  Portio  visce- 
ralis in  demselben  Sinne  wie  beim  Manne. 

Auf  seinem  Wege  von  der  Flexura  marginalis  bis  zu  seinem  Eintritte  in 
die  Blase  kommt  der  Harnleiter  der  Reihe  nach  mit  folgenden  Theilen  in 
Lagebeziehung:  1)  mit  den  Vasa  iliaca  externa  und  hypogastrica; 
diese  Beziehungen  sind  dieselben  wie  beim  Manne  (s.  S.  245),  2)  mit  den  Vasa 
uterina,  speciell  mit  der  A  r  t  e  r  i  a  u  te  r  i  na,    .-5)  mit  dem  Eierstocke, 

4)  mit  dem  Ligamentum  latum  und  dem  Ligamentum  teres  uteri, 

5)  mit  den  venösen  Beckenplexus,  6)  mit  der  C e r v i  x  u t e r i ,  7)  mit 
der  Scheide,  8)  mit  der  hinteren  B  1  a  s  e  n  w  a  n  d.  Hierzu  treten  9)  noch 
die  Beziehungen  zum  Rectum. 

Uebersichtlich  geschildert,  siehe  die  Figuren  81  a,  83,  85  und  88  c, 
kreuzt  der  Ureter  des  Weibes  die  Vasa  iliaca  externa  meist  unmittelbar  vor 
dem  Abgänge  der  Vasa  hypogastrica,  läuft  vor  den  letzteren  an  der  seitlichen 
Beckenwand  herab,  gegen  die  Extremitas  tubaria  des  Eierstockes,  zieht  dann 
am  hinteren  Eierstocksrande  entlang  zum  Beckenboden  hin,  indem  er  die  untere 
Begrenzung  der  Fossa  ovarica  bildet.  Nunmehr  tritt  er  in  die  Basis  des  Liga- 
mentum latum  ein  und  zieht  an  der  Cervix  uteri  vorbei  nach  vorn  und  abwärts 
zur  vorderen  Scheidenwand,  der  er  auf  einer  Strecke  von  1 — 1^2  cm  dicht 
anliegt.  Diese  Strecke  gehört,  wie  bemerkt,  schon  zur  Portio  visceralis,  da  hier 
der  Ureter  auch  die  hintere  Blascnwand  unmittelbar  berührt;  unter  einer  kleinen 
Wendung  medianwärts  tritt  dann  der  Gang  in  die  Blasenwand  selbst  ein. 

Einzelheiten  der  Lage  des  Ureter  anlangend,  sei  folgendes  hervorgehoben : 
Beziehungen  zurArteria  uterina.  Die  Arteria  uterina  tritt, 
bald  nach  ihrem  Ursprünge  aus  der  Arteria  hypogastrica,  an  den  vorderen 
Rand  des  Ureter,  wobei  sie  zugleich  ein  wenig  mehr  lateralwärtS;  also  näher 
der  Beckenwand,  zu  finden  ist.  In  dieser  gegenseitigen  Lage  verbleiben  beide 
Theile  auf  einer  Strecke  von  4 — 5  cm,  das  heisst  so  lange,  bis  sie  das  Niveau 
der  Cervix  uteri  erreicht  haben.  Dort  biegt  die  Arterie  ziemlich  scharf  median* 
wärts  um,  tritt  unter  fast  rechtwinkliger  Kreuzung  vor  dem  Ureter  her  direkt 
zum  Scitenrande  der  Cervix  uteri,  während  der  Ureter  in  der  bisherigen  Rich- 
tung seinen  Weg  zur  Scheide  fortsetzt  (vgl.  hierzu  Figg.  51,  83  und  88  c 
und  S.  474). 


Harnleiter  des  Weibes.  545 

Beziehungen  zu  den  venösen  Beckenplexus  und  zu  an- 
deren Theilen  der  seitlichen  Beckenwand.  Während  der  Ureter 
den  eben  besprochenen  Weg  mit  der  Arteria  uterina  zurücklegt,  kreuzt  er 
noch  die  Vasa  obturatoria  (Figg.  51  u.  88  c)  —  der  Nervus  obturatorius  liegt 
weiter  lateral wärts  ab,  s.  Figg.  51  u.  83.  —  In  der  Gegend  der  Cervix  uteri 
tritt  er  mitten  zwischen  den  Plexus  venosi  vesicovaginalis  und  utero- 
vaginalis  hindurch,  indem  der  erstere  lateral,  der  letztere  medial  vom  Ureter 
liegen  bleibt  (s.  Fig.  51,  83  u.  88  c). 

In  Figur  51  ist  nur  der  Plexus  vesicovaginalis  zu  sehen,  dieser  aber  in  voller 
Ausbildung;  in  Figur  83  sieht  man  beide  Plexus;  die  Aeste  des  Plexus  vesicovagi- 
nalis sind  jedoch  nicht  alle  gezeichnet,  und  ein  Theil  seiner  Maschen  ist  auseinander 
gebogen,  um  den  Ureter,  der  auf  dieser  Strecke  in  seiner  (durch  einen  Längsschnitt 
eröffneten)  Scheide,  Vagina  ureterica,  eingeschlossen  liegt,  gut  sehen  zu  lassen. 
Ueber  die  Ureterscheide  s.  S.  329.  Gut  tritt  auch  die  Lage  des  Ureter  zwischen  den 
beiden  grossen  venösen  Plexus  und  den  dazu  gehörigen  Arterien  in  Fig.  88  c  hervor. 

Beziehungen  zum  Eierstocke.  Hat  der  Eierstock  seine 
typische  Lage  in  der  Fossa  ovarica,  so  bildet  der  Ureter,  wie  bemerkt,  den 
unteren  Begrenzungsrand  dieser  Fossa  und  läuft  dem  Margo  liber  des 
Eierstockes  entlang,  den  er  aber  bereits  etwas  oberhalb  der  Extremitas  uterina 
(ovarii)  wieder  verlässt.  Der  freie  Rand  des  Eierstockes  ruht,  nur  durch  das 
Bauchfell  geschieden,  dicht  dem  Ureter  auf;  ja,  wenn  die  Fossa  ovarica  tief 
ist,  oder  wenn  etwa  der  Ureter  infolge  pathologischer  Veränderungen  stärker 
vorspringt,  bildet  der  letztere  geradezu  eine  Unterlage  für  den  Eierstock.  In 
solchen  Fällen  erhebt  der  Ureter  an  dieser  Stelle  eine  kleine  seröse  Falte, 
eine  Art  Mesoureterium  (Plica  ureterica,  K.  Hasse). 

Bei  der  Tieflage  des  Eierstockes  (s.  S.  519)  ändern  sich  die 
Lagebeziehungen  zwischen  ihm  und  dem  Ureter  total,  indem  der  Eierstock 
nach  hinten  und  unten  vom  Ureter  zu  liegen  kommt,  so  dass  dieser  an  dessen 
Mesovarialrande  verläuft. 

Es  braucht  nicht  besonders  gesagt  zu  werden,  dass  auch  das  Infundi- 
bulum  der  Tube  hier  dem  Ureter  unmittelbar  nahe  rücken  kann,  und  es  wurde 
bereits  darauf  hingewiesen,  dass  bei  den  sogenannten  Adnextumoren  Stauungen 
durch  Druck  auf  den  Ureter  eintreten  können.  Hierfür  kommt  die  in  Rede 
stehende  Strecke  des  Ureter  besonders  in  Betracht. 

Beziehungen  zur  Cervix  uteri,  zum  Ligamentum  la- 
tum  und  zum  Ligamentum  teres.  Wie  bemerkt,  kreuzt  der  Ureter 
die  Cervix  uteri  in  ihrem  supravaginalen  Theile,  und  zwar  in  einer  ziemlich 
steil  verlaufenden  schrägen  Richtung  (vgl.  Fig.  51). 

Man  sieht  in  Fig.  51  mit  einem  schwarzen  Sternchen  bezeichnet  die  Stelle,  wo 
die  Arteria  uterina  sich  in  den  auf-  und  absteigenden  Ast  gabelt  (Locus  bifurcationis) ; 
das  ist  zugleich  die  Kreuzungsstelle.  Durch  ein  lateinisches  Kreuz  ist  die  Stelle  des 
hinteren  Scheidengewölbes,  durch  einen  runden  Punkt  die  des  vorderen  markirt;  so 
kann  man  an  der  Figur  die  Lage  zur  Cervix  leicht  erkennen.  Dasselbe  ergibt  sich 
aus  Fig.  83. 

Von  der  Arterienkreuzung  an  nähert  sich  der  Ureter  der  Cervix  uteri 
mehr  und  mehr,  so  dass  er  auf  seinem  Wege  nach  vorn  dem  vorderen  Bezirke 

Waldeyer,  Das  Becken.  35 


546  Harnleiter  des  Weibes. 

der  Cervix  näher  liegt  als  dem  hinteren.  Er  liegt,  wie  hervorgehoben  wurde, 
auf  dieser  Strecke  zwischen  den  beiden  Venenplexus. 

Es  muss  besonders  betont  werden,  dass  dieUretcren  hier,  wie  überhaupt 
in  ihrem  ganzen  Laufe,  in  lockeres  Bindegewebe  eingebettet  liegen,  und 
daher  leicht  verschieblich  sind. 

Der  zur  Cervix  uteri  in  Beziehung  tretende  Abschnitt  des  Harnleiters 
liegt  in  der  Basis  der  Ligamenta  lata.  Der  Gang  entfernt  sich,  in- 
dem er  in  diese  Basis  eintritt,  zugleich  mehr  und  mehr  vom  Peritonaeuni 
und  gewinnt  das  Parametrium,  in  welchem  er  nun  bis  zur  Einsenkung  in 
die  Blasenwand  verbleibt.  Während  des  Laufes  an  der  seitliehen  Becken- 
wand und  am  Ovarium  liegt  der  Ureter  dem  Bauchfelle  dicht  an,  so  dass  er 
meist  durch  dasselbe  hindurch  ohne  weiteres  wahrzunehmen  ist  (Figg.  51, 
81a,  88c).  Kurz  vor  seinein  Eintritte  in  die  Basis  des  Ligamentum  latum 
kommt  er  der  Excavatio  rectouterina  ziemlich  nahe  (Fig.  83). 
Während  seines  Laufes  durch  diese  Basis  kreuzt  ihn  der  proximale  Theil  des 
Ligamentum  uteri  t  e  r  e  s,  ist  jedoch  durch  den  Plexus  venosus  vesico- 
vaginalis  von  ihm  geschieden  (s.  Fig.  88  c  linke  Seite). 

Beziehungen  zur  Scheide.  Unmittelbar  nachdem  der  Harn- 
leiter die  Cervix  uteri  passirt  hat,  kommt  er  zwischen  Scheide  und  Fundus 
der  Harnblase  zu  liegen,  und  zwar  locker  eingebettet  in  das  cervikovesikale 
Bindegewebe.  Er  liegt  hier  der  vorderen  Scheidenwand  dicht  an, 
ebenso  der  hinteren  Blasenwand,  da  das  cervikovesikale  Bindegewebe  nur  eine 
dünne  Lage  bildet.  Beide  Ureteren  konvergiren  auf  dieser  Strecke  merkbar, 
wie  sie  denn  überhaupt  schon,  von  ihrem  Eintritte  in  die  Basis  ligamenti  lati 
an,  eine  Konvergenz  zeigen  (s.  Fig.  88  b);  mit  einer  kleinen  lateralen  Aus- 
biegung in  der  Mitte  dieser  Strecke.  Die  vordere  Vaginalwand  erreicht  der 
Ureter  etwa  im  Niveau  des  unteren  Endes  der  vorderen  Muttermundslippe 
(tiefster  Punkt  der  Portio)  oder  etwas  darüber  (s.  Figg.  51,  83  u.  88  c). 

Beziehungen  zur  Blase.  Wir  müssen,  wie  beim  Manne,  so  auch 
beim  Weibe  am  Harnblasentheile  des  Ureter  eine  Portio  extramuralis 
und  intramuralis  unterscheiden.  Die  Portio  extramuralis  fällt  mit  dem 
eben  beschriebenen  Scheidentheile  des  Ureter  zusammen.  Unmittelbar,  bevor 
der  Ureter  in  die  Blasenwand  eindringt,  in  welche  seine  Scheide  übergeht, 
macht  er,  wie  vorhin  bemerkt,  noch  eine  kleine  Biegung  medianwärts,  die 
sich  bei  gefüllter  Blase  mehr  ausgleicht.  Ueber  die  von  der  Scheide  aus 
wahrnehmbaren  Theile  der  Blase  und  des  Ureter  (P  a  w  1  i  c  k)  siehe  Kapitel 
„Scheide". 

L.  u.  Th.  Landau^)  unterscheiden  mit  Rücksicht  auf  operative  Zwecke  an 
unserer  Pars  pclvina  des  Ureter  zwei  Hauptabschnitte,  die  sie.  als  Pars  pelvinaund 
Pars  vesicalis  bezeichnen.  Als  Pars  pelvina  (von  durchschnittlich  7  cm  Länge) 
nehmen  sie  den  Theil  des  Harnleiters,  welcher  vom  Eintritte  in  das  kleine  Becken  bis 


1)  Landau,  L.  u.  Th.,  Die  vaginale  Radicaloperation.    Technik  und  Geschichte. 
Berlin,  1896,  8. 


Harnleiter  des  Weibes:  Besondere  Verhältnisse.  547 

zur  Basis  des  Ligamentum  latum  gelegen  ist.  Als  Pars  vesicalis  benennen  sie  den 
ganzen  Rest,  bis  zum  Eintritte  in  die  Blase,  Dieser  Abschnitt  würde  dann  gewöhn- 
lich 5  cm  Länge  zeigen.  Die  Grenze  zwischen  ihrer  Pars  pelvina  und  ihrer  Pars 
vesicalis  sehen  sie  als  eine  Art  Punctum  fixum  des  Ureter  an,  und  erblicken 
die  Wichtigkeit  der  Trennung  in  diese  beiden  Abschnitte  in  dem  Umstände,  dass  in 
seiner  Portio  vesicalis,  also  „in  einer  Ausdehnung  von  annähernd  5  cm,  der  Ureter  mit 
der  unteren,  hinteren  Blasenwand  in  so  inniger  straffer  Verbindung  sei,  dass  jede 
Dislokation  der  Blase  auch  diese  Ureterstrecke  mit  sich  nehme".  —  Hierzu  ist  folgendes 
zu  bemerken:  eine  „innige  straffe"  Verbindung  hat  der  Ureter  überhaupt  mit  keinem 
Organe,  wenn  wir  von  seiner  unmittelbaren  Eintrittsstelle  in  die  Blasenwand  absehen; 
höchstens  kann  man,  vergleiche  das  Kapitel  „Ureter  des  Mannes*,  sagen,  dass  er  hier 
und  da  mit  dem  Peritonaeum  fester  verbunden  wäre.  Wiederholt  ist  hier  betont  wor- 
den, dass  der  Ureter  eine  grosse  Verschieblichkeit  zeige  und  überall  locker  einge- 
bettet sei.  Dass  der  Ureter  auf  dieser  ganzen  Strecke  der  Blase  überhaupt  irgendwie 
anliege,  trifft  für  die  leere  Blase  ebenfalls  nicht  zu,  für  die  volle  Blase  schon  eher, 
kaum  jedoch  auf  der  ganzen  Strecke  von  5  cm. 

Damit  soll  jedoch  nicht  die  Wichtigkeit  der  L an  dänischen  Unterscheidung  der 
„vesikalen  Strecke"  in  Frage  gestellt  werden.  Zweifellos  ist  es  möglich,  auf  dem 
grössten  Theile  dieser  Strecke  den  Ureter  zusammen  mit  der  Blase  und  dem  Plexus 
vesicovaginalis,  falls  nicht  grade  parametrische  Schwarten  bestehen,  leicht  von  der 
Cervix,  der  Scheide  und  dem  Plexus  uterovaginalis  seitwärts  und  nach  vorn  abzu- 
drängen „Blasendecollement"  (vgl.  hierzu  Fig.  83  u.  88c). 

Beziehungen  zum  Rectum.  Für  diese  ist  auf  das  S.  333  Ge- 
sagte beim  Manne  zu  verweisen.  Die  von  Faytt  angegebenen  Zahlen  — 
s.  die  Maasstabelle  S.  548  —  welche  unter  anderem  besagen,  dass  die  Ureteren 
im  Niveau  ihrer  Blasen-Einmündung  rechts  0^5 — 1  cm,  links  2 — 3  cm  vom 
Rectum  entfernt  seien,  gelten  sicherlich  nur  ausnahmsweise  und  können  nicht 
als  Durchschnittsmaasse  verwertet  werden. 

Indessen  führt  H  o  11  (1.  c.)  an,  dass  bei  gefülltem  Rectum  das  unterhalb 
der  Arteria  uterina  gelegene  Stück  des  rechten  Ureter  auf  eine  kurze  Strecke 
nahe  an  den  Mastdarm  herankomme. 

Es  sei  wiederholt  auf  Fig.  84  a  verwiesen,  aus  der  das  Lageverhältniss  der 
Ureteren  zum  Rectum  ersichtlich  ist.  Man  sieht  hier  die  Harnleiter  im  Niveau  der 
Spina  ischiadica  zum  Rectum  hin  medianwärts  abbiegen.  Diese  Stelle  entspricht  auch 
den  beiden  Ligamenta  uterosacra.  Dabei  ist  aber  zu  beachten,  dass  die  Harnleiter, 
während  sie  sich  medianwärts  dem  Mastdarme  nähern,  nach  vorn  von  ihm  entfernen, 
so  dass  bei  Operationen  am  Rectum,  abgesehen  von  besonderen  Fällen,  der  Ureter 
nicht  in  Gefahr  kommt. 

Besondere  Verhältnissd. 

Der  linke  Ureter  kommt,  wegen  seiner  grösseren  Annäherung  an  die  Mittel- 
linie auch  der  Cervix  uteri  nälier.  Je  tiefer  der  Uterus  steht,  desto  näher 
rücken  die  Ureteren  an  ihn  heran;  namentlich  kommt  dies  bei  der  vaginalen 
Exstirpation  des  Uterus,  wobei  derselbe  herabgezogen  wird,  in  Betracht.  Auch 
ergibt  sich,  dass  Uterus-  und  Scheidentumoren  häufiger  den  Harnabfluss  werden 
behindern  können,  wenn  sie  sich  in  das  linke  Parametrium  hinein  entwickeln. 

Bei  F  ti  11  u  n  g  der  Blase  rücken  beide  Ureteren  auseinander,  ent- 
fernen sich  von  der  vorderen  Beckenwand  und  werden  gehoben. 


548  Harnleiter  des  Weibes:  Besondere  Verhältnisse.   Maasse. 

Bei  neugeborenen  Kindern  und  jungen  Mädchen,  so  lange  die  Blase 
hoehsteht  (s.  Kapitel  „Blase"),  liegen,  eben  infolge  dieses  Hochstandes,  die 
Ureteren  der  vorderen  Scheidenwand  noch  nicht  so  nahe  an  wie  bei  Er- 
wachsenen. 

Die  von  H  o  1 1  (s.  S.  328)  angegebene  kleine  spindelförmige  Erweiterung 
liegt  beim  Weibe  an  der  Arterienkreuzung. 

Die  Ureter  sc  beide  beginnt  beim  Weibe  ebenfalls  an  dieser  Stelle 
und  erstreckt  sich  bis  zur  Harnblase  (Fig.  83). 

Es  ist  unter  Umständen  möglich  den  Ureter  von  der  Scheide  oder  vom 
Rectum  aus  zu  palpiren;  insbesondere  haben  He  gar  und  Sänger  dafür  die 
betreffenden  Angaben  gemacht^).  Man  suche  den  Ureter  an  der  vorderen  Vaginal- 
wand in  dem  Bezirke  vom  oberen  Ende  der  Columna  rugarum  anterior  bis  zum 
vorderen  Scheidengewölbe;  für  den  linken  Ureter  nehme  man  die  Unter- 
suchung mit  der  linken  Hand,  umgekehrt  mit  der  rechten  vor.  Vom  Rectum 
aus  muss  man  sich  nach  vorn  und  zur  seitlichen  Beckenwand  wenden;  auch 
kommen  die  Lagebeziehungen  zum  Eierstocke  unter  Umständen  für  die  Auf- 
findung in  Betracht. 

A.  W.  Freund  und  L.  Joseph  haben  zuerst  auf  die  Wichtigkeit  der  Lage- 
beziehungen des  Ureter  zu  den  ßeckenorganen,  insbesondere  zu  der  Gebärmutter, 
aufmerksam  gemacht.  Es  folgten  dann  die  Arbeiten  von  H.Luschka,  Hasse,  Holl, 
Pantaloni  und  Hall^^). 

Maasstabelle. 

F  a  y  1 1 3)  gibt  für  die  weiblichen  Harnleiter  folgende  Maassverhältnisse  an : 


Abstand  beider  Ureteren  bei  ihrem  Beginne  am  Nierenbecken 
„  „  „in  der  Ebene  des  Promontorium 

„  „  „in  der  Höhe  des  4.  Sakralwirbels 

„  „  „in  der  Höhe  des  Fundus  uteri     .    . 

„        in  der  Höhe  des  Isthmus  uteri     .    . 


6—9     i 

7-8 
6,5-9 
6,8-9,5 

5-6,5 


1)  Hegar  und  Kaltenbach,  Die  operative  Gynäkologie.  Erlangen,  1874  (1.  Aufl.) 
—  Sänger,  M.,  Ueber  Tastung  des  Harnleiters  beim  Weibe.  Archiv  f.  Gynäkologie, 
ßd.  28.  —  Warkalla,  Ueber  Absperrung  der  Harnleiter  an  der  Scheide  zu  diagno- 
stischen Zwecken.    Ibid.  Bd.  29.  1887. 

2)  Ausser  den  Seite  335  citirten  Abhandlungen  vergleiche: 

Freund,  A.  W.  u.  Joseph  L.,  Ueber  die  Harnleitergebärmutterfistel,  nebst 
neuen  Untersuchungen  über  das  normale  Verhalten  der  Harnleiter  im  weiblichen 
Becken.  Berliner  klinische  Wochenschrift,  Bd.  VI,  Nr.  47.  1869.  —  Luschka,  H.  v., 
Topographie  der  Harnleiter  des  Weibes.  Arch.  f.  Gynäkologie,  Bd.  III,  S.  373.  1872.  — 
Tarenetzky,  A.,  Topographische  Beschreibung  der  Regio  hypogastrica,  Dissert. 
inaug.,  St.  Petersburg  1874  (russisch).  —  Holl,  M.,  Zur  Topographie  des  weiblichen 
Harnleiters.  Wiener  medizinische  Wochenschrift,  32.  Jahrgang,  Nr.  45  u.  46.  1882.  — 
Takahasi,  S.,  Beiträge  zur  Kenntniss  d.  fötalen  u.  kindlichen  Harnblase.  Archiv 
für  Anatomie  u.  Physiologie,  Anat,  Abth.,  1888,  S.  35.  —  Hasse,  K.,  1.  c.  [S.  521].  — 
Pantaloni,  J.  A.,  La  portion  pelvienne  des  ureteres  chez  la  ferame,  Thöse  de  Paris 
1888.  —  Landau,  L.  u.  Th.,  1.  c.  [S.  547]. 

3)  Faytt,  T.,  0  stosunkach  topograficzynch  moczowodöw  do  pecherza  i  niacicy. 
(Ueber  das  topographische  Verhältniss  der  Ureteren  zur  Blase  und  zum  Uterus.  Denk- 
schriften der  med.  Gesellsch.  in  Warschau.    Bd.  92,  p.  111  u.  434.  1896.  5  Taf. 


Aeussere  weibliche  Geschlechtsorgane.  549 

Abstand  beider  Ureteren  in  der  Höhe  des  Orificium  externum  uteri  .  4—4  5   cm 

„            „                „        beim  Eintritte  in  die  hintere  Blasenwand     .  3—4  5 

„            „         Uretermündungen  au  der  Basis  trigoni  vesicae     .    .  2  5—3 

„        des  linken  Ureter  von  der  Cervix  uteri 0,6—2 

„          „     rechten      „         „       „        „           „         2-3       „ 

Ich  finde  (s.  Fig.  88b),    dass  unter  Umständen  auch  der  rechte  Ureter  näher  an 
die  Cervix  heranrücken  kann. 

Entfernung  der  Ureteren  an  der  Arterienkreuzung  vom  Beckenboden  2,5—3     cm 

Länge  der  an  der  vorderen  Scheidenwand  gelegenen  Ureterstrecke  .  1—1,5 


Aeussere  weibliche  Geschlechtsorgane. 

Einleitende  Bemerkungen.    Einzelne  Theile.    Nomenklatur. 

Als  äussere  Geschlechtsorgane  sind  diejenigen  Theile  des  weib- 
lichen Geschlechtsapparates  zu  bezeichnen,  welche  unterhalb  des  Tri- 
gonum  urogenitale  und  vor  der  Symphyse  gelegen  sind.  Es  sind 
dies,  von  aussen  nach  innen  gezählt,  1)  der  Schaniberg,  Mons  pubis; 
2)  die  grossen  Schamlippen,  Labia  majora  pudendi  und  die 
von  ihnen  umschlossene  Schamspalte,  Rima  pudendi;  3)  die  klei- 
nen Schamlippen,  Labia  minora  pudendi  mit  dem  von  ihnen 
eingeschlossenen  Scheidenvorhof e,  Vestibulum  vaginae;  4)  der 
Kitzler,  Clitoris  und  5)  das  Jungfernhäutchen  (Scheiden- 
klappe),  Hymen  femininus.  Hierzu  kommen  noch  einige  Schleim- 
drüsen, insbesondere  die  grosse  Vorhofsdrtise,  Glandula  vesti- 
bulär! s  major  (Bartholini)  und  mehrere  kleine  Vorhofsdrüsen, 
feiTier  Talgdrüsen  und  endlich  der  Seh  w  e  1 1  k  ö  r  p  e  r  des  Scheiden- 
vorhofes, Bulbus  Vestibül  i.  Auch  das  Orificium  urethrae 
externum,  da  es  in  den  Scheidenvorhof  mündet,  pflegt  man  hierher  zu 
rechnen. 

Wie  bei  allen  solchen  Abgrenzungen  ist  es  auch  hier  unmöglich  streng  zu  schei- 
den; so  kann  man  die  Harnröhrenmündung  und  den  Hymen,  sowie  die  Bulbi  vestibuli 
eben  so  gut  bei  den  inneren  Geschlechtsorganen  bezw.  Harnorganen  abhandeln.  Wichtig 
ist  nur,  wegen  des  Charakters  der  von  den  verschiedenen  Theilen  ausgehenden  Neu- 
bildungen die  Grenze  zwischen  Schleimhautgebiet  und  dem  Gebiete  der 
äusseren  Haut.  Dieselbe  läuft  vorn  um  die  Mündung  des  Orificium  urethrae  ex- 
ternum herum,  geht  von  da  über  die  Carina  urethralis  (vaginae)  s.  w.  u.  hinweg 
zum  Scheideneingange,  welchen  sie  derart  umsäumt^  dass  die  Mündungen  der  Bar- 
tholin'schen  Drüsen  an  beiden  Seiten  mit  einbezogen  werden,  s.  S.  135  Anm. 

Bei  geschlossener  Schamspalte  sieht  man  vom  Zeitpunkte  der  Keife  des 
ausgetragenen  Kindes  an  nur  den  Schamberg  und  die  grossen  Schamlippen. 
Es  wird  dies  Verhalten  unter  den  Zeichen  der  Geburtsreife  weiblicher  Früchte 
aufgeführt.  Bei  manchen  aussereuropäischen  Rassen,  nicht  selten  jedoch 
auch  bei  Europäerinnen,  ragen  die  kleinen  Schamlippen  aus  der  Schamspalte 
hervor. 

Oefters  begegnet  man  der  Meinung,  dass  das  Hervorragen  der  kleinen  Labien 
aus  der   Schamspalte  auf  gewohnbeitsmässige  Masturbation    zurückzuführen  wäre, 


A*"?i--<';r.'     W  t'ihiirhr-    f  ,M-r!,f,.,r 


•ä    "''^    :'^'i!;f::    'l-r    T;;!!    vr^,    fi;;i-",    >->   |!;jn 

'•"■"■•■'^'  5'"''       -.''ii<    !  hi'il       UÜJ       «'1|J<«       !t;tl  t'rf'lU   In' 


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Aeussere  weibliche  Geschlechtsorgane:  Holotopie  und  Idiotopie.  551 

auch  eine  charakteristische  Form  besitzen^).  Häufig  mag  aber  eine  angeborene  Ver- 
längerung der  Labia  minora   den  Anlass  zur  Masturbation  geben. 

Will  man  die  zu  den  äusseren  Geschlechtsorganen  gehörigen  Theile  als 
ein  Ganzes  bezeichnen,  so  setzen  die  B,  N.  A.  dafür  den  Ausdruck  Puden- 
dum  muliebre  fest.  Indessen  wird  man  auch  den  vulgärlateinischen  Aus- 
druck „Vulva",  wegen  der  davon  abgeleiteten  und  damit  zusammengesetzten 
Bezeichungen  (Vulvitis,  Vulvovaginitis  u.  a.),  und  der  Kürze  des  Ausdruckes 
halber,  nicht  entbehren  können. 

Es  ist  schwer,  einwandsfrei  zu  bestimmen,  was  man  unter  Pudendum  muliebre 
s.  Vulva  verstehen  soU.  Diese  Worte  können  eben  so  gut  zur  Bezeichnung  dessen 
dienen,  was  man  bei  geschlossener  Schamspalte  sieht,  also  nur  den  Mons  pubis  nebst 
den  beiden  Labia  majora  umfassen,  als  auch  auf  die  Gesamtheit  der  Theile,  welche 
bei  klafiPender  Schamspalte  erkennbar  sind,  angewendet  werden. 

Die  drei  Figuren  10,  92  und  93  stellen  drei  verschiedene  Typen  weib- 
licher äusserer  Genitalien  vor.  Fig.  10  zeigt  die  äusseren  Geschlechts- 
organe eines  Weibes,  welches  geboren  hat.  Wir  finden  einen  weiten 
Introitus  vaginae,  eine  grosse  Carina  urethralis  und  Carunculae  hymenales. 
Die  Klitoris  ist  klein,  ihr  Wulst  schmal.  Die, Entfernung  des  Orificium  urethrae 
vom  Introitus  vaginae  ist  eine  mittlere.  Das  Frenulum  clitoridis  ist  lang,  ein 
Frenulum  nympharum  und  eine  Commissura  labiorum  posterior  fehlen-,  die 
Raphe  perinei  ist  deutlich  und  gegabelt. 

Figg.  92  und  93  stellen  äussere  Genitalien  von  Jungfrauen  vor. 
Fig.  92  zeigt  eine  mehr  langgestreckte  Gesamtform  mit  starker  Behaarung. 
Die  Glans  clitoridis  und  die  Nymphen  sind  klein,  der  Klitoriswulst  ist  lang 
und  schmal.  Die  Urethralmündung  liegt  dicht  am  Scheideneingange.  Hymen 
semilunaris  in  typischer  Form;  kleines  Orificium  vaginae;  deutliche,  gegabelte 
Raphe.  Die  in  Fig.  93  gezeichneten  Geschlechtstheile  zeigen  eine  massige 
Behaarung,  einen  breiten  Klitoriswulst  und  eine  breite  Glans  clitoridis.  Die 
Nymphen  und  ihr  Frenulum  nebst  der  Fossa  navicularis  sind  kräftig  entwickelt 
und  gross;  gross  ist  auch  die  Entfernung  zwischen  dem  Orificium  urethrae  und 
vaginae.  Es  besteht  ein  Hymen  annularis  fimbriatus,  und  das  Orificium  vaginae 
ist  weit.  Wir  finden  eine  Commissura  labiorum  posterior,  jedoch  keine  deut- 
liche Raphe  perinei. 

Holotopie  und  Idiotopie  der  äusseren  weibliohen  Oesohleohtstheile. 

Die  Figuren  92  und  93  zeigen  den  grössten  Theil  der  äusseren  weib- 
lichen Geschlechtsorgane  in  übersichtlicher  Darstellung,  und  zwar  im  Besonderen 
das,  was  man  insgemein  als  Pudendum  muliebre  zu  bezeichnen  pflegt.  Die 
Figuren  77,  78,79,  81a,  83,  87  und  88  c  enthalten  noch  die  übrigen  Theile 
der  Klitoris,  die  B  u  1  b  i  v  e  s  t  i  b  u  1  i  und  speciell  Fig.  77  die  B  a  r  - 
tholin 'sehen  Drüsen.     In  Figg.  92  und  93    sehen  wir  zunächst    den    Mons 


1)  Waldeyer,  W.,  Ueber  die  Hottentottenschürze.  Zeitschrift  für  Ethnologie 
und  Urgeschichte.  Berlin,  1885.  (Verhandlungen  der  Berliner  anthropologischen  Ge- 
sellschaft, Sitzung  vom  19.  Dezember  1885.) 


552  Aeussere  weibliche  Geschlechtsorgane:  Holotopie  und  Idiotopie. 

pubis  und  die  beiden  Labia  majora.  Zwischen  beiden  Labia  majora,  welche 
bei  starkem  Haarwuchse  (s.  Fig,  92)  völlig  verdeckt  sein  können,  kommt  oben 
der  Klitoriswulst,  Torus  clitoridis,  welcher  von  dem  Prae- 
putium  clitoridis  überkleidet  ist,  in  Sicht.  Aus  der  Oeflfnung  des  Prae- 
putium  ragt  das  vordere  Ende  der  Glans  clitoridis  hervor.  Nicht 
immer  ist  indessen  die  Glans  bei  dieser  Haltung  der  Genitalien  zu  sehen; 
bei  kleiner  Eichel  oder  grossem  Praeputium  ist  sie  völlig  verdeckt.  Unten 
an  der  Glans  befestigen  sich  in  der  Mittellinie  die  beiden  oberen  Enden  der 
kleinen  Schamlippen ;  beide  zusammen  werden  als  Frenulum  clitoridis 
bezeichnet. 

Die  beiden  grossen  Schamlippen  biegen  oberhalb  des  Torus  clitoridis  in- 
einander um,  Commissura  labiorum  anterior.  Sie  gehen  hier  breit, 
Extremitas  anterior  labii  majoris  pudendi,  in  den  Mons  pubis 
über.  Die  hinteren,  verschmälerten  Enden,  Extremitates  posteriores, 
verhalten  sich  bei  den  einzelnen  Individuen  verschieden  (s.  w.  u.)  und  enden 
in  mehr  oder  minder  grosser  Entfernung  vor  dem  Anus  am  Damme,  indem  sie 
allmählich  verstreichen;  sie  können  aber  auch  bis  zu  beiden  Seiten  des  Anus 
nach  hinten  reichen  (s.  Figg.  92  u.  93). 

Zwischen  den  beiden  grossen  Schamlippen  in  der  Schamspalte  verborgen 
(s.  d.  vorher  bemerkte)  ragen  wie  zwei  sagittal  gestellte  Blätter  die  beiden 
Labia  m  i  n  o  r  a  pudendi  nach  abwärts.  In  den  beiden  citirten  Figuren 
sind  sie  auseinandergelegt,  und  so  zeigt  sich  deutlich  die  Verschmälerung  ihres 
oberen  Endes  beim  üebergange  in  das  Frenulum  clitoridis,  sowie  ihre  Verschmäle- 
rung und  ihr  allmähliches  Verstreichen  an  ihrem  hinteren  Ende,  wo  sie  durch 
eine  h albmondf örmige  Saumf al te^  Frenulum  labiorum  pudendi,  in- 
einander umbiegen  (s.  w.  u.).  Zwischen  den  Labia  minora  liegt  der  Scheiden- 
vorhof,  Vestibulum  vaginac,  ein  bei  auseinandergelegten  Schamlippen 
sich  mandelförmig  gestaltender  Eaum,  dessen  breites,  abgerundetes  Ende  nach 
hinten  sieht,  während  die  vordere  Spitze  zwischen  die  beiden  Blätter  des  Fre- 
nulum clitoridis  ausläuft. 

Man  kann  als  Begrenzungen  des  Vestibulum  vaginae  sein  Dach  und  die 
beiden  Seiten  wände  unterscheiden.  Das  Dach  wird  von  6  0  e  f  f  - 
nungen  durchbrochen:  vorn  liegt  die  meist  längsspaltige,  von  einem  wulsti- 
gen, gekerbten  Rande  umgebene  Oeflfnung  der  Harnröhre,  Orificium 
urethrae  externum;  dieselbe  befindet  sich  am  häufigsten  an  der 
Grenze  des  vorderen  und  mittleren  Drittels  des  Vestibulumdaches,  s.  Fig.  93, 
kann  aber  auch  in  die  Mitte  rücken  (Fig.  92).  Links  und  rechts,  dicht  neben 
ihr  findet  man  meist  die  beiden  kleinen  OelFnungen  der  Ductus  para- 
urethrales, in  Fig.  92  als  zwei  kleine  Punkte  angedeutet.  Hinter  ihr  er- 
scheint das  Orificium  vaginae,  dessen  verschiedene  Gestalt  bei  er- 
haltenem oder  zerstörtem  Hymen  zum  Theil  bereits  berührt  wurde,  zum  Theil 
noch  genauer  besprochen  werden  soll.  Die  an  der  vorderen  Vaginalwand  be- 
findliche Columna  rugarum  anterior  zieht  in  flachem  Bogen  bis  zum  hinteren 
Rande    der  ürethralöffnung  hin,   in  Form  eines  aus   dem   Orificium  vaginae 


liervorkoiiiiiinNirii  Wulst...  ihi^  :in,  ikr  siiikivrlilni  l.irliliiii.^  .'liifjvHitc 
StdJ'iiii'-  in  dir  hoiizoiildi'  iiiiibit'::1  mu\  :ils  n»  Sliirk  ilcr  I  NiAi^  i!i>,  \t>ti- 
l„!i„i,   rrsdHiiiL      lliVser    WiiN     winl     I ':.,riii;i    ii  rrl  !,  rr,  Iih    pii.ii.nL      Isl   d.r 


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554  Aeussere  weibliche  Geschlechtsorgane:  Skeletotopie. 

punktförmiger,  trichterartig"  vertiefter  Oeffnnngen  mit  leicht  gerötheten  Rän- 
dern die  Ausmündungen  der  Bartholin'sehen  Drüsen  (s.  Fig.  92  an 
beiden  Seiten,  93  an  der  recliten  Seite  der  Figur).  Hinter  dem  Orificium 
vaginac  und  den  Mündungen  der  Bartholin'schen  Drüsen  setzt  sich  der  Vorhof 
in  eine  halbmondförmige,  blinde  Tasche  fort,  welche  vom  Frenalum  labio- 
rum  gedeckt  wird  =  Fossa  navicularis.  Bei  Frauen,  welche  geboren 
haben,  ist  weder  ein  gut  ausgebildetes  Frenulum  noch  eine  Fossa  navicularis 
in  deutlicher  Ausbildung  mehr  zu  sehen  (Fig.  80).  Sehr  häufig  reisst  das  Fre- 
nulum bei  der  ersten  Entbindung  ein  und  stellt  sich  nicht  wieder  her,  ohne 
dass  man  jedoch  eine  deutliche  Narbe  wahrnimmt,  oder  aber  dasselbe  wird 
so  gedehnt,  dass  es  mehr  oder  minder  vollkommen  verstrichen  bleibt. 

Zwischen  grossen  und  kleinen  Schamlippen  findet  sich  jederseits  eine 
tiefe  Rinne,  Suleus  interlabialis,  die  nach  vorn,  zu  beiden  Seiten  des  Torus 
clitoridis,  zur  Commissura  labiorum  anterior,  nach  hinten  gegen  den  Damm  hin 
ausläuft.  (S.  die  Figg.  92  u.  93.) 

Die  diircli  die  Figuren  92  und  93  gewonnenen  Vorstellungen  von  der  Lage 
der  änsseren  Genitalien  werden  durch  die  P'iguren  5],  81  a,  83  und  88  c  ergänzt. 
In  Fig.  51  sieht  man  die  Innenfläche  der  Labia  majora  nnd  minora  von  der  rechten 
Seite  her  und  erkennt  wie  weit  die  Labia  majora  die  minora  überragen;  ferner  sind 
das  Frenulum  und  das  Praeputium  clitoridis  in  ihrer  Bildung^  aus  den  Labia  minora 
heraus  deuth'ch  zuerkennen.  Dieselbe  Figur  zeigt  (bei  38)  den  charakteristischen  Vor- 
sprung des  D  a  m  m  w  u  1  s  t  e  s  soAvie  die  hakenförmig  nach  abwärts  gebogene  Stellung 
der  Klitoris.  Endlicli  gibt  sie  über  das  Verhalten  der  hinteren  Enden  der  grossen  und 
kleinen  Labien  Aufschluss. 

Die  relative  Lage  der  drei  Oeffnungen  des  Interfemineum,  Harn- 
röhre, Scheide  und  Rectum,  zeigen  die  drei  Figuren  51,  81a  und  83; 
am  tiefsten  steht  die  Analüifnung,  am  höchsten  die  ürethralöffnung.  Die  Anal- 
öffnung steht  fast  dreimal  soweit  von  der  Vaginalöffnung  ab  als  die  ürethral- 
öffnung. 

Figur  81a  zeigt  dieselben  Verhältnisse  wie  Figur  51,  aber  auf  dem  Median- 
schnitte. 

Der  Frontalschnitt  88  c  zeigt  die  fast  senkrechte  Stellung  der  inneren  Flächen 
der  Labia  majora;  die  beiden  Labia  minora  waren  an  der  Stelle  des  Schnittes  sehr 
klein.  Zwischen  ihnen  erscheint  der  Scheidenvorhof,  der  sich  nach  unten  in  die  klaf- 
fende Schamspaltc  fortsetzt;  nach  oben  erkennt  man  die  Carunculae  hymena- 
les,  s.  w.  u.  Zu  beiden  Seiten  des  Scheidenvorhofes  sieht  man  die  B  u  1  b  i  vesti- 
buli;  lateral  von  ihnen,  gedeckt  von  der  Fascia  perinei,  erscheinen  der  Nervus 
und   die   V  a  s  a    1  a  b  i  a  1  i  a   p  o  s  t  e  r  i  o  r  a. 

Skeletotopisch  ergeben  die  genannten  Figuren,  dass  das  Pudendum 
muliebre  (im  weitesten  Sinne  des  Wortes  genommen)  gänzlich  ausserhalb 
des  Beckenskeletes  liegt,  ebenso,  wie  bemerkt,  auch  ausserhalb  des  Tri- 
gonum  urogenitale  und  des  Diaphragma  pelvis.  Mons  pubis.  Corpus  clitoridis 
und  Basis  der  Labia  majora  liegen  unter  der  Symphyse,  die  übrigen  Theile 
fallen  in  das  Bereich  des  Beckenausganges.  —  Auf  die  Skeletotopie  der 
äusseren  weiblichen  Genitalien  hat  auch  die  Beckenneigung  einen  Einfluss, 
und  ^^  zwar  dann,  wenn  die  Geschlechtstheile  der  Neigung  des  knöchernen 
Beckens  nicht  folgen.     So  kann  es  bei  starker  Beckenneigung  kommen,    dass 


Grosse  Schamlippen.   Schamberg.  555 

ein  grösserer  Theil  des  Pudendum  vor  der  Symphyse  liegt,  als  normal,  so  dass 
man  den  Arcus  pubis  nocb  unterhalb  des  Orificium  externum  urethrae  findet. 
Selbstverständlich  kann  aucb  eine  primäre  Vorwärtslagerung  der  äusseren 
Scham  bei  gewöhnlicher  Beckenneigung  dieselbe  Folge  haben.  Bei  höheren 
Graden  kann  dies  zu  Störungen  bei  der  Kohabitation^)  und  bei  der  Entbindung 
führen. 

Von  den  Lagebeziehungen  der  äusseren  weiblichen  Genitalien  zu  den 
benachbarten  grösseren  Körpertheilcn:  Baucliwand,  Obersehenkel  und  Nates, 
ist  bereits  eingangs  dieses  Buches  (s.  S.  5 — 15  und  54  —  Einfluss  der 
Beckenneigung  — )  die  Rede  gewesen  (vgl.  dazu  auch  Fig  54). 

Grosse  Schamlippen  (Labia  majora  pudendi).    Schamberg  (Mons  pubis). 

Dem    vorhin  Gesagten    und    dem  S.  S.  5—15—134—139  und   143—146 
schon  Mitgetheilten   ist    bezüglich  der  Topographie   und   der  unmittelbaren 
Bedürfnisse  der  praktischen  Medicin  folgendes  noch  hinzuzufügen:  Die  Labia 
majora  messen  bei  7 — 8  cm  Länge  2 — 3  cm  in  der  Breite  (an  ihrer  Basis,  d.  i.  der 
angewachsenen  Fläche),  und  haben  in  der  Mitte  ihrer  Länge  (an  ihrer  medialen 
Wand  gemessen)  eine  Höhe  von  1,5 — 2  cm.    Sic  bestehen,  abgesehen  von  der  sie 
bildenden  Hautfalte,  in  ihrer  hinteren  Hälfte  aus  einem  vom  Damme  her  sich  ent- 
wickelnden Lager  glatter  Muskelfasern.    Diese  Lage,  Tunica  dartos  labialis, 
stellt  das  Homologon  der  Tunica  dartos  scrotalis  dar,  ist  aber  geringer  entwickelt. 
Es  folgt  dann  eine  mehr  oder  minder  starke  Lage  kleinlappigeU;  subkutanen 
Fettgewebes.    Die  Mitte  der  Schamlippenbasis  wird  von  einem  besonderen,  gross- 
lappigen Fettkörper,    Corpus  adiposum  labii  majoris  (S.  135,  Anm.),  ein- 
genommen, welcher  mit  dem  Fettkörper  des  Leistenkanales  (s.  Kapitel  „rundes 
Mutterband"  S.  493)  zusammenhängt,  also  dem  subpcritonäalcn  Fettgewebe  an- 
gehört.    Der  labiale  Fettkörper  ist  von  dem  subkutanen  Fettgewebe  durch  eine 
mitunter  recht   deutliche  elastisch-bindegewcbigc  Hülle  geschieden,  welche  ich 
als  Fortsetzung  der  Fascia  crcmasterica   und  subcutanea   des  Bauches  ansehe. 
Eine  deutliche  Fortsetzung  der  Fascia  transversalis,  die  erwartet  werden  könnte, 
ist  auf  ihm  nicht  nachzuweisen.     In  diese  Hülle  geht  ein  Theil  der  Ausläufer 
des  Lig.  teres  über.     Wenn  der  Processus  vaginalis  peritonaei  in  Form  eines 
Diverticulum  Nuckii  erhalten  ist,    so  reicht  derselbe  in  die  Stelle  hinein,    den 
der  Fettkörper    einnimmt    und    schiebt    diesen    vor    sich    her.     Disse,    I.  c. 
[S.  390],  wies  nach,  dass  sich  inmitten  der  Labia  majora  ein  fächriger  Spalt- 
raum injiciren  lässt;  derselbe  muss,  nach  der  gegebenen  Beschreibung,  vor  dem 
labialen  Fettkörper  gelegen  sein. 

DieBehaarun^  der  Labia  majora  geht,  ein  wenig  über  den  medialen  {Scham- 
spalten-)  Rand  hinweg  auf  die  mediale  (Schamspalten-)  Fläche;  doch  sind  an  dieser 
gewöhnlich  nur  noch  vereinzelte  kleinere  Härchen  zu  finden.  Die  Behaarung  der 
Schenkelfläche  des  Labium  majus   ist  nach  Rasse  und  Individualität  ausserordentlich 


1)  Schröder,  C,  Handbuch  der  Krankheiten  der  weiblichen  Geschlechtsorgane. 
Vni.  Aufl.;  S.525.  1887. 


556  Grosse  Schamlippen  und  Schamberg:  Lage. 

verschieden  1) ;  für  gewöhnlich  ist  der  hintere,  dünnere  Theil  der  Labia  majora  schwä- 
cher behaart,  als  der  vordere.  An  Schweissdrüsen  und  (ansehnlichen)  Talgdrüsen 
sind  die  grossen  Schamlippen  reich.  Die  Schamspaltenfläche  kann  am  besten  mit  der 
Zone  des  Mundlippenrothes  verglichen  werden ;  als  eine  Schleimhautfläche  ist  sie  nicht 
zu  bezeichnen;  etwaiger  in  der  Schamspalte  befindlicher  Schleim  entstammt  dem 
Schleimhautgebiete  des  Vestibulumdaches,  speciell  aus  den  Glandulae  vestibuläres  ma- 
jores und  minores. 

Gefässe  und  Nerven.  Dem  S.  139  Gesagten  ist  noch  hinzuzufügen, 
dass  die  tiefen  und  oberflächlichen  Venen  der  Labia  majora  Verbindungen  mit  dem 
Plexus  venosus  vaginalis  und  haemorrhoidalis,  ferner  mit  dem  Venengebiete  der 
Vena  saphena,  obturatoria  und  pudenda  interna,  sowie  mit  den  Venen  des  Li- 
gamentum teres  eingehen.  Namentlich  die  tiefen  Venen  der  grossen  Labien 
bilden  oft  einen  besonderen,  ansehnlichen  Plexus,  Plexus  venosus  puden- 
dalis  externus,  um  den  genannten  Fettkörper  herum  und  in  demselben^). 

Die  Lymphgefässe  sind  sehr  zahlreich,  insbesondere  die  der  Haut,  und 
verhalten  sich  in  dieser  Beziehung  wie  die  des  Scrotum;  sie  gehen  zu  den 
medial  gelegenen  oberflächlichen  Leistendrüsen. 

lieber  die  Nerven  vergleiche  S.  139  und  Figur  46.  Ihre  Endigung 
anlangend,  so  sind  vereinzelte  Vater'sche  Körperchen  beobachtet  worden 
(S  c  h  w  e  i  g  g  e  r  -  S  e  i  d  e  1)  ^). 

Individuelle  und  Rassen-Verschiedenheiten.  Kaum  ein  Theil 
des  weiblichen  Körpers  bietet  so  viele  individuelle  und  Rassenverschiedenheiten  dar, 
wie  die  Labia  majora  und  minora.  Grösse,  Färbung^,  Behaarung,  die  gegenseitige 
Lagerung,  ob  sie  die  Schamspalte  schliessen  oder  mehr  oder  minder  offen  lassen  u.  a. 
kommt  hierbei  in  Betracht.  Hierzu  treten  nun  noch  die  Altersverschiedenheiten  und 
die  durch  die  Geschlechtsthätigkeit  bedingten  Aenderungen  (Menstruation,  Schwanger- 
schaft, Wochenbett),    lieber  die  letzteren  s.  w.  u. 

Lagebeziehungen.  Abgesehen  von  den  bereits  mitgeth eilten  holo- 
topischen,  skeletotopischen  und  syntopischen  Beziehungen  der  äusseren  Ge- 
schlechtstheile  im  ganzen  sei  für  die  grossen  Schamlippen  noch  folgendes 
bemerkt:  Ihre  Basis  ruht  auf  den  medianen  Rändern  der  Adduktorenursprünge 
am  Schambeine;  ferner  stecken  in  ihrer  Anheftungsstelle,  mehr  nach  vorn 
die  kavernösen  Körper,  Bulbus  vestibuli  und  Corpus  cavernosum  clitoridis. 
Mehr  nach  hinten  kommt  unter  sie  das  Trigonum  urogenitale,  der  Musculus 
bulbocavernosus  und  die  Glandula  vestibularis  major  zu  liegen.  Bei  Ver- 
grösserungen,  wie  sie  durch  Entzündungen  und  Abscessbildungen  an  der  ge- 
nannten Drüse  bewirkt  werden,  wölbt  die  Geschwulst  die  mediale  Wand  der 
grossen  Schamlippen  vor. 

lieber  den  Schamberg  ist  dem  früher  S.  5  und  145  Gesagten  wenig 
mehr  hinzuzufügen.     Für   operative  Eingriffe    ist   es   nicht   unwichtig   zu   be- 


1)  Rot  he,  1.  c.  [S.  145].  —  Ploss-Bartels,  Das  Weib.    5.Aufl,  Bd.  I,  S.  191. 

2)  Gussenbauer,  K.,  Ueber  das  Gefässsystem  der  äusseren  weiblichen  Ge- 
nitalien.   Wiener  akad.  Sitzsber.  Bd.  60.  1869. 

3)  S  c  h  w  e  i  g  g  e  r    S  e  i  d  e  1 ,  F.,   Anatomische  Mittheilungen.    Virchow's  Arch, 
f.  pathol.  Anat.  Bd._37,  S.  219.  1866. 


Kleine  Schamlippen.  557 

merken,  dass  die  subkutane  Fettschicht,  durch  deren  Entwicklung  der  Scham- 
berg bedingt  ist,  eine  Stärke  von  fast  1  Decimeter  erreichen  kann,  und  dass 
man  daher  bei  fettleibigen  Frauen  auf  eine  grosse  Tiefe  einer  Operationswunde 
(Laparotomie)  in  dieser  Gegend  rechnen  muss;  die  gewöhnliche  Dicke  des 
Fettpolsters  beträgt  2—3  cm.  Das  Fettpolster  ist  von  zahlreichen  binde- 
gewebig-elastischen  Lamellen  durchsetzt,  welche  sämtlich  nach  der  Linea  alba 
konvergiren  und  dort  mit  der  Bauchaponeurose  zusanmienfliessen;  je  näher  zur 
Symphyse  hin,  desto  dichter  wird  dies  lamellöse  Waben  werk.  Dasselbe  setzt 
sich  nach  der  anderen  Seite  in  die  Cutis  des  Mons  pubis  und  der  Labia  ma- 
jora  fort.  Infolge  dieses  Strukturverhältnisses  klaffen  Schnittwunden  dieser 
Gegend  stark. 

lieber  die  Gefässe  und  Nerven  des  Mons  pubis  siehe  Seite  138 
u.  Fig.  46.  Die  Lymphgefässe  ziehen  zu  den  oberflächlichen  Leisten- 
drüsen. 

Kleine  Schamlippen  (Labia  minora  pndendi)  i). 

Die  kleinen  Schamlippen  messen  im  Mittel  25—35  mm  Länge  bei 
8 — 15  mm  Höhe  und  3— 5  mm  Dicke.  Sie  zeigen  zwei  Flächen,  von  denen  die 
laterale  der  medialen  Fläche  der  grossen  Schamlippen  anliegt,  die  mediale  die 
gleichnaun'ge  kleine  Schamlippenfläche  der  anderen  Seite  bei  geschlossener 
Schamspalte  berührt.  Von  den  beiden  Rändern  stützt  sich  der  angewachsene 
auf  den  Bulbus  vestibuli,  und  geht  lateralwärts  in  das  Labium  majus,  median- 
wärts  in  die  Decke  des  Scheidenvorhofes,  bezw.  in  die  Umgebung  der  Harn- 
röhrenmünduug  und  des  Orificium  vaginae  über.  Aehnlich  den  grossen  Scham- 
lippen sind  auch  die  kleinen  in  ihren  vorderen  Abschnitten  stärker  ent- 
wickelt. Das  Verhalten  zum  Frenulum  und  Praeputium  clitoridis  wurde  bereits 
erwähnt. 

Bezüglich  des  Baues  ist  hier  nur  anzuführen,  dass  das  Grundgewebe  der 
Labia  minora  ein  festes,  an  elastischen  Fasern  reiches  Bindegewebe  darstellt,  mit 
glatten  Muskelfasern  und  zahlreichen  weiten  Venen,  welche  demselben  den  Charakter 
eines  erektilen  Gewebes  geben.  In  der  That  sind  die  kleinen  Schamlippen  einer, 
namentlich  bei  geschlechtlicher  Erregung  auftretenden,  erektionsähnlichen  Turgescenz 
fähig.  Die  Oberfläche  führt  ein  geschichtetes  Plattenepithel  mit  Papillen  und  zahl- 
reichen kleinen  Talgdrüsen,  namentlich  auf  ihrer  äusseren  Seite.  Sie  entbehren  völlig 
der  Haare. 

Die  Blutgefässe  und  Nerven  sind  bereits  Seite  139  aufgezählt.  Die 
Nerven   zeigen  freie  Enden  im  Epithel;    auch   sind  vereinzelte  Vater'sche  Körper- 


1)  Was  die  Benennungen  der  Schamlippen  anlangt,  so  bin  ich  der  Meinung 
R.  Bergh's  1.  c.  i.,  dass  es  sich  empfehle  den  Namen  „Labia  pudendi''  ausschliesslich 
für  die  grossen  Schamlippen  zu  gebrauchen,  für  die  kleinen  dagegen  die  Bezeichnung 
des  Severinus  Pinaeus  und  van  d  e  r  S  pi  egh  e  l's  „Nymphae«,  „Nymphen« 
beizubehalten.  Abgesehen  von  der  klaren  Unterscheidung,  ist  es  immer  besser,  wenn 
möglich,  mit  einem  einzigen  Hauptworte  auszukommen  und  adjektivische  Zusätze  zu 
vermeiden.  Hier  wäre  es  besonders  zu  empfehlen  wegen  der  Unterscheidung  eines 
Frenulum  labiorum  und  eines  Frenulum  nympharum  s.  w.  u. 


558    Schamlippenkommissuren.   Schamlippenbändchen.   Fossa  navic.   Raphe  perinei. 

eben,  Tastkörperchen  (Carrard)  und  Endkolben,  letztere  unterhalb  der  Papillen, 
gefunden  worden;  Genitalnervenkörperchen  fehlen^). 

Die  Lymphgefässe  sind  sehr  zahlreich ;  sie  verlaufen  mit  denen  der  Labia 
major  a. 

Schon  bei  Besprechung  der  grossen  Schamlippen  wurde  der  vielen  indivi- 
duellen und  Rassenverschiedenheiten  auch  der  Labia  minora  gedacht.  Man 
wolle  darüber  besonders  R.  Bergh's  Mittheilung  II  (L  c.  inf.)  vergleichen.  Unter  allen 
den  individuellen  Abänderungen  sollen  hier  nur  die  „Verdoppelungen*  der  kleinen 
Labien  erwähnt  sein,  die  sowohl  an  einer  wie  an  beiden  Seiten  vorkommen.  Man 
kann  diese  Bildungen  auch  als  „Nebenfalten^  der  Labia  minora,  sekundäre  Nymphen, 
Bergh,  bezeichnen. 

Sohamlippenkommissuren  (Commissurae  labioram).     Schamlippenbändchen 
(Frenulum  labiornm).    Fcssa  navicularis.    Raphe  perinei. 

Ein  Punkt  in  der  Anatomie  der  äusseren  weiblichen  Genitalien,  über  wel- 
chen die  Meinungen  der  Anatomen  und  der  Gynaekologen  sehr  weit  ausein- 
andergehen, ist  die  Auffassung  der  hier  in  der  Ueberschrift  genannten  Theile. 
So  wird  eine  Commissura  labiorum  majorum  anterior  ebenso  oft  in  Abrede  ge- 
stellt als  anerkannt;  dasselbe  gilt  für  eine  hintere  Kommissur  der  grossen  Scham- 
lippen, sowie  für  das  Frenulum  labiorum  (minorum). 

Es  dürfte  keinem  Zweifel  unterliegen,  dass  man  bei  einer  Bildung  der 
grossen  Schamlippen,  wie  sie  in  Fig.  10  und  Fig.  92  nach  der  Natur  ge- 
zeichnet ist,  von  einer  Commissura  anterior  der  grossen  Schamlippen  in 
der  That  sprechen  kann.  Auch  für  Figur  93  wird  das  noch  gelten,  wenn 
man  sich  die  Sehamspalte  geschlossen  denkt.  Doch  kommen  Fälle  vor,  wo 
sich  oberhalb  des  Torus  clitoridis  die  Rima  pndendi  in  Form  eines  mehr  oder 
minder  flachen  Sulcus  auf  den  Mons  pubis  hinaufzieht;  dies  trifft  man  häufig 
bei  wenig  entwickelten  Labien;  dann  besteht  keine  Commissura  labiorum 
anterior. 

Am  hinteren  Ende  der  grossen  Labien  ergeben  sich  ebenfalls  verschie- 
dene Verhältnisse.  Zumeist,  und  insbesondere  in  solchen  Fällen,  wo  wir  von 
wohlgebildeten  äusseren  Genitalien  sprechen  können,  besteht  keine  hintere 
Konmiissur  der  grossen  Schamlippen,  sondern  dieselben  laufen,  unter  allmäh- 
licher Verjüngung  und  unter  Verlust  des  stärkeren  Haares,  bis  fast  zur  Mitte 
des  Dammes,  ja  bis  zur  Analöffnung  aus,  wo  sie  sieh  medianwärts  in  die  Haut 
des  Perineum;  lateralvvärts  in  die  der  Natcs  verlieren  (Figg.  81a  u.  92;  auch 
Fig.  10  zeigt  dies;  jedoch  erstrecken  sich  hier  die  Labia  majora  nur  bis  an 
den  Anfang  des  Dammes).  Von  einer  hinteren  Kommissur  kann  bei  dieser 
Form  nicht  die  Rede  sein. 

In  anderen  Fällen,  s.  Fig.  93,  zerfällt  das  hintere  Ende  der  Labia  ma- 
jora in  zwei  Schenkel;    der  eine,   mediale,    geht   von    der  unbehaarten  Inncn- 


1)  Krause,  W.,  Ueber  die  Nervenendigung  in  den  Geschlechtsorganen.  Zeitschr. 
f.  rationelle  Medizin.  Bd.  28,  S.  86  —  ferner  Handb.  d.  menschl.  Anat.,  III.  Aufl.  Bd.  J, 
S.  502  u.  523.  —  Webster,  J.  C,  The  nerve-endings  in  the  labia  minora  and  cütoris. 
Edinburgh  med.  Journ.  1891.  —  Carrard,  H.,  Beitrag  zur  Anatomie  und  Pathologie 
der  kleinen  Labien.    Zeitschr.  f.  Geburtshülfe  und  Gynäkologie.  Bd.  X. 


Schamlippenkommissuren.   Schamlippenbändchen.  Fossa  navic.   llapho  perinei.    559 

fläche  der  grossen  Schamlippen  aus  und  fliesst  mit  dem  der  anderen  Seite  in  der 
Raphe  perinei  zusammen;  der  andere  kürzere,  laterale,  geht  von  der  behaarten 
Partie  aus  und  verliert  sich  alsbald  in  den  Nates;  hier  kann  man  von  einer 
Commissura  labiorum  posterior  sprechen. 

Noch  entschiedener  tritt  dieses  bei  einem  Verhalten  der  grossen 
Schandippen  hervor,  wie  es  der  Figur  54  zu  Grunde  liegt.  Hier  vereinigen 
sich  (bei  l  in  der  Figur)  die  eben  beschriebenen  inneren  Schenkel,  welche  m 
den  unbehaarten  Theü  der  Labia  majora  übergehen,  in  einer  deutlichen  üeber- 
gangsfalte,  während  die  äusseren  Schenkel  wieder  in  die  Natcs  auslaufen. 

Was  man  unter  Frcnulum  labiorum  versteht,  wird  sehr  verschieden 
beantwortet,  und  es  wird  zur  Klärung  der  Sachlage  nothwcndig  sein,  sich  über 
einen  bestimmten  Begriff  desselben  zu  einigen.  Zur  Gewinnung  eines  solchen 
können  aber  nur  Geschlechtstheilfe  von  älteren  Foetus,  Kindern,  Jungfrauen 
und  Nuiliparae  dienen,  von  letzteren  nur  dann,  wenn  sie  nicht  zu  häufigen  Ge- 
schlechtsverkehr gepflogen  haben.  Sind  bei  Individuen  der  aufgezählten  Kate- 
gorien die  kleinen  Schamlippen  gleichmässig  und  in  solcher  Länge  ausgebildet, 
dass  sie  das  Orificium  vaginae  noch  umgreifen,  dann  sieht  man  ihre  hinteren 
Enden  durch  eine  zarte  Brücke  miteinander  verbunden,  hinter  die  der  Vesti- 
bularraum  als  kleine  blinde  Tasche  sich  fortsetzt;  diese  Brücke  ist  das  Frc- 
nulum labiorum,  die  Tasche  ist  die  Fossa  navicularis.  Bei  jungfräu- 
lichen Personen  liegt  die  Tasche  zwischen  Frcnulum  und  Hymen,  so  dass 
beide  Häutehen  wie  zwei  zueinander  gehörige  Kulissen  erscheinen  (s.  Figg.  92 
und  93).  Wenn  dagegen  die  kleinen  Schamlippen  kurz  sind,  so  dass  sie 
schon  am  Scitenrande  des  Orificium  vaginae  oder  gar  vor  demselben  sich  ver- 
lieren, dann  fehlt,  nach  der  eben  gegebenen  Definition,  ein  Frcnulum  labio- 
rum. Man  kann  aber  ein  solches  künstlich  herstellen,  wenn  man  die  grossen 
Schamlippen  stark  spreizt;  dann  erhält  man  gleichfalls  eine  Hautbrücke;  diese 
verbindet  jedoch  die  Innenflächen  beider  grossen  Schamlippen,  und  bildet  zu- 
gleich den  vorderen  Rand  des  Dammes,  den  „Damm  säum".  Em  solcher, 
und  zwar  recht  dünner  Dammsaum  entsteht  beim  Einstellen  des  Kindeskopfes 
während  der  Geburt  regelmässig  bei  Nulliparen;  er  ist  das  Objekt  des  Damm- 
sehutzes.  Ist  ein  Frcnulum  labiorum  nach  der  vorhin  gegebenen  Auffassung 
vorhanden,  so  geht  es  bei  der  Entbindung  in  diesen  Dammsaum  tiber,  und  dann 
ist  bei  normal  entwickeltem  Kindsköpfe  ein  kleiner  Einriss  dieser  Partie  kaum 
zu  vermeiden,  während  der  ohne  Freuulum  sich  bildende  einfache  Dannnsaum 
meist  geschützt  werden  kann.  Ich  theile  also  die  Ansicht  derjenigen,  welche,  wie 
Luschka  (1.  c.  Anat.  des  Beckens),  Bergh,  Lamb,  Blacker,  Savage,  Bal- 
lantyne,  Cullingworth,  Coe  (11.  cc.  S.  571)  und  Nagel  (1.  c.  S.  520)  u.  A., 
meinen,  dass  man  als  „Frcnulum  labiorum«  nur  die  geschilderte  hintere  bogen- 
förmige Vereinigungsfalte  der  kleinen  Schamlippen  zu  bezeichnen  habe.  Line 
ähnliche  Bildung  zwischen  den  grossen  Schamlippen  wird  immer  erst  beim  Spreizen 
hergestellt,  oder  kann  dadurch  so  erscheinen,  dass,  infolge  einer  nicht  gar  sel- 
tenen besonderen  Entwicklung,  die  ursprüngliche  Verbindung  zwischen  den 
kleinen  Schamlippen  und  ihrem  Frenulum  unterbrochen  ist,  so  dass  das  letztere 


560    Orific.  urethrae  externum.   Duct.  paraurethrales.   Gl.  vestibul.  Habenulae  tirethr. 

dann  als  Theil  der  Labia  majora  erscheint.  Mancherlei  üebergangsformen 
zeigen,  dass  dies  so  gedeutet  werden  muss;  oft  sind  Spuren  solcher  Formen 
vorhanden.  Es  gibt  auch  Fälle,  bei  denen  das  Labium  minus  nur  an  einer 
Seite  gut  ausgebildet  ist;  man  findet  dann  an  dieser  Seite  einen  Halbsaum  als 
Andeutung  des  Frenulum. 

Dass  die  in  Fig.  54  mit  l  bezeichnete  Bildung  nicht  als  Frenulum  an- 
gesprochen werden  darf,  kann  wohl  nicht  zweifelhaft  sein. 

Die  Raphe  perinei  ist  für  gewöhnlich  nur  eine  schwach  angedeutete 
mediane  Firste  oder  Linie;  in  manchen  Fällen  jedoch  springt  sie  deutlich  kiel- 
ähnlich vor;  dann  pflegt  sie  sich  vorn  gabelig  zu  theilen  unter  allmählichem 
Verstreichen  an  der  Innenfläche  der  grossen  Schamlippen  (s.  Fig.  10  u.  92). 
lieber  die  Gabelung  der  Raphe  berichtet  auch  B  e  r  g  h  1.  c.  i.  IL  Abhandlung. 

Orlflolam  urethrae  ezterniiiii.    Buotus  paraurethrales.  Olandnlae  vestibalares 
minores.    Habennlae  urethrales. 

Die  in  der  üeberschrift  genannten  T heile  gehören  dem  vorderen  Bezirke 
des  Vestibulum-Daches  an.  Die  Urethralmündung  liegt  auf  einem  nach 
vorn  gerichteten  rundlich -kegelförmigen  Vorspnmge,  der  Papilla  urethra- 
lis;  sie  nimmt  entweder  die  Mitte  dieser  Papille  ein,  oder  liegt  etwas  nach 
vorn  auf  derselben.  Selten  ist  die  Urethralpapille  glatt;  meist  finden  sich  ver- 
schiedene kleine  Grübchen,  Leistchen  und  zipfelförmige  Anhänge,  letztere 
häufig  zu  zweien  am  hinteren  Umfange  der  Urethralmündung  vor.  Die  Leist- 
chen und  Zipfel  hängen  durch  die  OeflFnung  hindurch  mit  den  Falten  der 
Urethralschleimhaut  zusammen. 

Die  Harnröhrenöffnung  selbst  bildet  in  der  Mehrzahl  der  Fälle  einen  sagittalen 
Spalt;  häufig  sind  jedoch  allerlei  Abweichungen:  Dreiecksform,  Halbmond- 
form, Kreuzform,  Sternform ;  selten  ist  die  Oeftnung  ein  Querspalt.  Der  Durch- 
messer der  Mündung  wechselt  von  Stecknadelkopfgrösse  bis  zu  15  Millimeter; 
das  gewöhnliche  Maass  ist  5 — 6  Millimeter^). 

Die  äussere  Harnröhrenmündung  liegt  etwa  1 — 1,5  cm  unterhalb  der 
Linie  des  Beckenausganges  und  des  Arcus  pubis. 

Abbildungen  siehe  in  Fig.  77  (rundliche  Sternform),  92  (Zipfelchen),  93  (Halb- 
mondform). Fig.  81a  und  91  geben  den  Medianschnitt;  in  Fig.  51  und  83  ist  die 
Lage  durch  Punkte  bezeichnet,  —  Wie  es  scheint,  bestehen  Rassendifferenzen  in 
der  Gestaltung  der  äusseren  Harnröhrenmündung;  Wernich^)  fand  bei  den  Japane- 
rinnen eine  stark  entwickelte  Urethralpapille.  —  Individuell  sehr  verschieden  ist  der 
Abstand  der  Harnröhrenmündung  von  der  Scheidenmündung,  s.  Figg.  10,  92,  93 
und  S.  551. 

Links  und  rechts  auf  der  Harnröhrenpapille,  dicht  am  hinteren  Umfange 
der  Harnröhrenmündung,  oder  meist  noch  in  der  Lichtung  der  Harnröhre,  an 
ihrer  hinteren  Wand,    unmittelbar  oberhalb  ihrer  Mündung,    finden  sich  zwei 


1)  R.  Bergh,  1.  c.  Nr.  HI. 

2)  Wernich,  Gynäkogische  Mittheilungen  aus  Japan.   Arch.  f.  Gynäkol.  Bd.  X. 
1876.  S.  569. 


Aeusscre  weibl.  Geschlechtsorgane:  Orificium  vaginae,  Carina  urethralis,  Hymen.    5GI 

etwa  stecknadelkopfgrosse  Oeffnungen;  welche  in  je  einen  0,5—2,  höchstens 
3  cm  langen  Gang  (S.  458)  führen:  Urethralgänge  (Schtiller  1.  c. 
S,  458),  Ductus  paraurethrales  BNA. 

Selten  werden  diese  Gänge  und  ihre  Mündungen  vermisst.  Sie  finden 
sich  von  der  foetalen  Periode  an  bis  zum  höchsten  Lebensalter. 

Hinter  der,  etwa  1  mm  starke  Sonden  fassenden  Oeflfnung  werden  die 
Gänge  meist  ewas  weiter;  sie  gehen  in  dem  submukösen  Venennetze  der 
Harnröhrenwand  entlang,  entsprechend  den  beiden  seitlichen  Längswülsten  der 
Schleimhaut  (S  c  h  ü  1 1  e  r). 

Sie  stellen  Ausführungsgänge  grösserer  schlauchförmiger  Drflsenkom- 
plexe  dar,  welche  zu  den  Drüsen  der  Harnröhre  gehören.  Ich  halte  sie 
für  Homologa  der  beiden  grösseren  von  Henle  beschriebenen  Prostata- 
gänge des  Mannes  (s.  S.  338),  rechne  also  die  zugehörigen  Drtisenschläuche  zu 
den  prostatischen  Gebilden  der  weiblichen  Harnröhre  (s.  S.  458).  Zuweilen 
fand  8  c  h  ü  1 1  e  r  noch  einen  dritten  Gang  in  der  hinteren  Mittellinie  zwischen 
diesen  beiden  beschriebenen.  —  Die  Oeffnungen  der  Ductus  paraurethrales  sind, 
zum  Unterschiede  von  den  abgeschrägten,  oben  von  einem  zarten  Schleimhaut- 
saume begrenzten  Lakunen  der  Harnröhrenschleimhaut  (s.  S.  458),  von  einem 
kleinen  ßandwulste  umgeben. 

Die  paraurethralen  Gänge  sind  bereits  Morgagni  bekannt  gewesen;  doch  ist 
erst  seit  der  Mittheilung  von  Skene^)  die  Aufmerksamkeit  der  Anatomen  und  Prak- 
tiker auf  diese  Bildungen  gelenkt  worden.  —  In  dem  Streite,  welcher  sich  darüber 
erhoben  hat,  ob  die  paraurethralen  Gänge  etwa  Ueberreste  der  G  a  r  t  n  e  r'schen 
Gänge  wären  (Kocks,  Kossmannu.  a.)  muss  ich  mich,  nach  eigenen  Unter- 
suchungen, auf  die  Seite  derjenigen  stellen,  welche  wie  Dohrn  und  W,  Nagel  dieses 
nicht  anerkennen 2). 

Es  sollen  noch  auf  der  Papilla  urethralis  mehrere  kleinere  Drüsen  aus- 
münden, Glandulae  periurethrales  Testut,  1.  c.  III.  Aufl^  S.  634, 
welche  Letzterer  auch  zu  den  prostatischen  Drüsen  zählt,  während  Andere  sie 
als  Schleimdrüsen  aufFühren. 

Die  Angaben  der  Autoren  über  das  Vorkommen  von  Schleimdrüsen  im 
Vestibulum  überhaupt  lauten  sehr  verschieden.  Henie  spricht  nur  von  Lakunen; 
im  Gegensatze  dazu  lässt  Klein  (I.e.  Stricker's  Handbuch  der  Gewebelehre  S.659) 
schlauchförmige  Schleimdrüsen  mit  einschichtigem  Cylindercpithel  unregelmässig  über 
die  Oberfläche  des  Vestibulum  verbreitet  sein-,    gedrängt   indessen   sollen  sie  am  Ori- 


1)  Skene,  Anatomy  and  Pathology  of  two  important  glands  of  the  female 
Urethra.  Amer.  Journal  of  obstetrics  and  deseases  of  women  and  children.  XIII.  2.  April 
1880.  S.265. 

2)  Vergleiche  über  die  paraurethralen  Gänge  ausser  der  Schrift  von  K.Bergh, 
loco  citato  III,  noch  Kossmann,  K.,  Gartner'sche  Gänge^  Zeitschr.  f.  Geburtsh. 
und  Gynäkologie  Bd.  31,  1894.  S.263;  s.  a.  Centralbl.  für  Gynäkologie,  1894,  Nr.  49, 
S.  1249.  —  Nagel,  W.,  lieber  die  G  a  r  t  n  e  r'schen  (Wolf  f  sehen)  Gänge  beim  Men- 
schen. Ebend.  1895,  und  Almasoff,  P.W.,  lieber  periurethrale  Drüsen  beim  Weibe 
etc.  Medizinische  Sammlung,  hcrausg.  v.  d.  k.  kaukasischen  ärztlichen  Gesellschaft. 
Jahrgang27,  Nr.51.  Tiflis,  1890  (russisch.  —  Referat  vonLukjanow  in  Schwalbe's 
Jahresbericht  für  1890,  Bd.  19,  I).  Ja  das  söhn,  J.,  Ueber  die  Gonorrhoe  der  para- 
urethralen und  präputialen  Drüsengänge.  Deutsche  med.  Wochenschr.  1890,  Nr.  25.  u.  26. 

Waldeyer,  Das  Becken.  *^^ 


662  Aeussere  weibliche  Geschlechtsorgane:  Hymen. 

ficium  urethrae  und  vaginae  stehen.  Von  vereinzelten  „Schleimdrüsen**  im  Vcstibulum 
spricht  auch  W.  Krause.  Am  Orificium  vaginae  habe  ich  keine  kleinere  Schleim- 
drüsen gefunden;  es  münden  da  nur  die  Glandulae  vestibuläres  majores  s.  w.  u. 

Mit  dem  Namen  Haben ulae  urethrales  bezeichne  ich  zwei  feine,  parallel- 
gestellte Längsfalten,  welche  sich  von  der  ürethralmtindung  in  der  Medianlinie  bis 
zur  Anheftungsstelle  des  Frenulum  clitoridis  erstrecken.  P  o  z  z  i  i),  der  sie  zu- 
erst beschrieb,  lässt  sie  durch  ihre  hellere  Färbung  von  ihrer  Umgebung  sich 
abheben.  Er  nennt  sie  „Bride  masculine  du  vestibule",  indem  er  sie  für  das 
Rudiment  des  beim  Weibe  nicht  zur  Ausbildung  gekommenen  Schwellkörpers 
der  Pars  anterior  urethrae  erklärt.  Man  kann  mit  dieser  Deutung  einver- 
standen sein.  Sie  sind  besonders  gut  bei  Kindern  und  jungfräulichen  Personen 
zu  sehen;  nach  hinten  hängen  sie  mit  dem  Seitenrande  des  Hymen  mitunter 
deutlich  zusammen  (s.  w.  u.  „Hymen"). 

Orificium  vaginae.  Carina  urethralis,  Hymen.  Nachdem 
die  Form  der  Scheidenöffnung  S.  535  beschrieben  und  auch  der  Carina 
urethralis,  welche  einen  Fingerzeig  für  die  Auffindung  der  ürethralmündung 
gewähren  kann,  schon  gedacht  worden  ist,  erübrigt  noch  den  Hymen 
(Hymen  femininus)  zu  besprechen.  Der  Hymen  ist  in  der  Regel  eine 
verdünnte,  faltenförmige  Fortsetzung  der  hinteren  Scheidenwand  nach  vorn, 
wodurch  das  Orificium  vaginae  von  hinten  her  zum  grossen  Theile  verschlossen 
wird  (s.  Fig.  91).  Hierzu  ist  jedoch  zu  merken,  dass  von  den  beiden  Flächen, 
die  der  Hymen  aufweist,  der  vaginalen  und  der  vestibulären,  die  letztere  dem 
epidermoidalen  Gebiete  angehört;  am  freien  Rande  des  Hymen  geht  die  Schei- 
denschleimhaut in  das  kutane  Gebiet    des  hinteren  Vestibulumabschnittes  über. 

Nicht  in  allen  Fällen  geht  der  Hymen  nur  vom  hinteren  Scheidenumfange 
aus,  wie  es  die  Figg.  91  und  92  zeigen.  Häufig  bildet  vielmehr  der  Hymen 
einen  ringförmigen  Saum  mit  einer  mehr  oder  minder  grossen  Oeffnung,  ent- 
weder in  der  Mitte  oder  näher  dem  vorderen  Rande,  Hymen  annularis. 
In  anderen  Fällen  ist  die  Scheidenöffnung  eines  Hymen  annularis  nicht  rund- 
lich, sondern  länglich  und  sagittal  gestellt,  Hymen  bilobatus,  oder  es 
bestehen  zwei  Oeffnungen,  Hymen  biperforatus.  Endlich  kann  derselbe 
zahlreiche  kleinere  Oeffnungen  aufweisen,  Hymen  cribriformis,  oder  nur 
eine  einzige  ganz  feine,  kaum  sichtbare  Oeffnung  besitzen,  Hymen  micro- 
perforatus,  welche  Fälle  dann  zum  Hymen  imperforatus  überleiten 
(s.  w.  u.).  Die  Kenntniss  der  verschiedenen  Formen  des  Hymen  und  seines 
Verhaltens  nach  gepflogenem  Geschlechtsverkehr,  sowie  nach  Entbindungen,  ist 
für  den  Gerichtsarzt  und  den  Geburtshelfer  von  erheblicher  Wichtigkeit.  Es 
müssen  in  dieser  Beziehung  insbesondere  noch  folgende  Formen  besprochen 
werden:  1)  der  Hymen  fimbriatus,  2)  der  Hymen  imperforatus, 
3)  der  Hymen  carnosus,  4)  der  Hymen  justo  minor,  5)  der  Hymen 
defloratus  und  6)  die  Carunculae  hymenales. 


1)  Pozzi,  S.,  Sur  une  partieularit6  m6connue  des  organes  genitaux  externes 
chez  la  femme.  Bride  masculine  du  vestibule.  Compterendu  du  Congrfes  p^riodique 
international  des  Sciences  m^dicales.    Copenhague,  1884,  T.  I.  Section  d'anatomie,  p.67. 


Aenssere  weibliche  Geschlechtsorgane:  Hymen,  563 

Beim  Hy men  fimbria tiiS;  auf  den  aufmerksam  gemacht  zu  haben 
Luschka's  Verdienst  ist,  erscheint  die  HymenalöflFnung  fein  eingekerbt,  $o 
dass  der  sonst  glatt  verlaufende  Rand  in  mehr  oder  minder  zahlreiche  Läpp- 
chen oder  Kränzen  zerfällt,  die  den  Verdacht  auf  stattgehabte  Defloration  er- 
wecken können.  Der  Unterschied  zwischen  einem  Hymen  fimbriatus  und  deflo- 
ratus  beruht  darin,  dass  bei  dem  ersteren  die  Einkerbungen  nicht  bis  an  den 
angewachsenen  Hymenrand  durchgehen,  und  dass  die  Ränder  sämtlicher  Fransen 
noch  mit  feinen,  den  Papulae  filiformes  der  Zunge  gleichenden  Sekundärfad- 
chen  besetzt  sind.  Der  Hymen  fimbriatus  ist  nicht  so  selten;  ich  habe  ihn 
wiederholt  schon  bei  neugeborenen  Kindern  beobachtet.  Fig.  93  gibt  das  Bild 
eines  Hymen  fimbriatus  mit  sehr  kleinen  Einkerbungen. 

Der  Hymen  imperforatus  stellt  den  Zustand  dar,  wie  er  vor  dem 
Durchbruche  des  Scheidenrohres  in  das  Vestibulum  bestand,  ist  also  eine  Hem- 
mungsbildung. Sie  gewinnt  praktische  Wichtigkeit  dadurch,  dass  die  Entleerung 
des  Menstrualflusses  gehindert  wird.  Gewöhnlich  wird  sie  auch  erst  nach  dem 
Eintreten  der  Regel  entdeckt ;  sie  erfordert  ein  operatives  Einschreiten.  Schwie- 
riger wird  die  Sache,  wenn  nur,  wie  erwähnt,  eine  sehr  kleine  Hymenalöflfnung 
besteht,  weil  dann  ohne  genügende  Entleerung  blutige  Ausscheidungen  auftreten, 
die  die  Diagnose  erschweren  können.  Unter  Hymen  carnosus  versteht 
man  ein  Jungfernhäutchen  von  ungewöhnlicher  Stärke  und  Festigkeit,  so  dass 
es  ein  Begattungs-,  selbst  ein  Entbindungshinderniss  abgeben  kann.  Paradox 
sind  diejenigen  Fälle,  in  denen  ein  Hymen  carnosus  zugleich  ein  microperforatus 
ist,  so  dass  bei  beginnender  Entbindung  die  winzige  Hymenalöfifnung  dem  Unter- 
sucher zuerst  entgeht  und  die  bestehende  Schwangerschaft  unerklärlich  er- 
scheint ').  Die  Stärke  eines  Hymen  carnosus  kann  bis  zu  V2  ^^  erreichen.  Als 
in  gerichtsärztlicher  Beziehung  nicht  unwichtig  muss  endlich  ein  kleiner,  wenig 
ausgebildeter  Hymen,  Hymen  justo  minor,  bezeichnet  werden,  zumal  wenn 
dieser  noch  sehr  nachgiebig  ist.  In  diesen  Fällen  können  auch  nach  normal 
ausgeführten  Kohabitationen  die  Zeichen  der  Defloration  fehlen. 

Am  Hymen  unterscheidet  man  nun  den  freien  Rand,  den  ange- 
wachsenen Rand,  den  Sulcus  nympho-hymenalis  (m)  am  Um- 
fange des  Hymen,  zwischen  ihm  und  den  Nymphen,  und  die  Fossulae  nym- 
phohymenales  (m),  kleine  blinde  Grübchen,  welche  durch  Gewebsbrücken 
entstehen,  die  sich  von  den  Nymphen  zum  Hymen  hinüberspannen. 

Ein  normaler,  wohlausgebildeter  Hymen  wird  bei  einer  vollständig  aus- 
geführten Begattung  in  mehrere  Läppchen  zerrissen,  wobei  die  Einrisse  bis 
zum  angewachsenen  Rande  gehen  können,  meist  aber  weniger  tief  sind;  hier- 
durch entstehen  die  Lobuli  hymenales,  welche  sehr  wohl  von  den  Fransen, 
Fimbriae,  des  Hymen  fimbriatus,  wie  von  den  Carunculae  hymenales  unterschie- 
den werden  müssen.  Nach  Verheilung  der  kleinen  Rissstellen  bilden  sich  die- 
selben an  den  Lappen   zu  glattrandigen,    etwas  verdickten  Rändern   aus;   die 


1)  Ahlf  eld,  Ueber  Geburten  bei  nahezu  verschlossenem  und  resistentem  Hymen. 
Archiv  f.  Geburtshilfe  und  Gynäkologie.  Bd.  XXI,  S.  160.  1891. 


564  Aeusscire  weibliche  Geschlechtsorgane:  Bartholin'sche  Drüse. 

Lappen  sind  auch  grösser  als  die  Fimbrien  beim  Hymen  fimbriatus,  und  darin 
liegt  ein  weiterer  Unterschied  gegen  den  letzteren. 

Bei  der  ersten  Entbindung  treten  weitere  Zerreissungen  der  noch  er- 
haltenen Hymenreste  ein,  und  die  Lobuli  hymenales  bilden  sich  unter  der 
stärkeren  erlittenen  Zerrung  und  Dehnung  im  Wochenbette  weiter  zurück,  so 
dass  nur  kleine,  mehr  flache  oder  mehr  kegelförmige,  warzenähnliche  Gebilde, 
die  Carunculae  hymenales,   am  Scheideneingange  bestehen  bleiben  (Fig.  54). 

Glandula  vestibularls  major  (Bartholinl). 

Die  Bartholin'sche  Drüse  entspricht  in  allen  Verhältnissen,  auch  in 
der  Form  und  Grösse,  der  Glandula  bulbourethralis  des  Mannes.  Ihre  längste 
Ausdehnung  wird  zu  12 — 15  mm,  die  Breitenausdehnung  zu  8 — 10  mm,  ihr  Ge- 
wicht auf  4 — 5  gr  angegeben  (Testut,  I.e.).  Hier  ist  noch  ihre  Lage  zu 
besprechen,  über  welche  Fig.  77  Aufschluss  gibt. 

Die  Drüse  hat  ihren  Platz  oberhalb  der  Basis  des  mittleren  Theiles  der 
Labia  majora  zu  beiden  Seiten  des  hinteren  Drittels  der  Scheide,  etwa  1 — IV2  cm 
vom  Vorhofe  entfernt;  dort  wird  sie  an  ihrer  äusseren  und  vorderen  Partie 
bedeckt,  zunächst  vom  hinteren  Umfange  des  Bulbus  vestibuli,  und  dann  von 
dem  diesen  wieder  deckenden  Musculus  bulbocavernosus.  Hire  tiefst  gelegenen 
Läppchen  sind  in  den  Musculus  trigoni  urogenitalis  eingegraben.  Der  vordere 
und  mediale  Umfang  der  Drüse  bleibt  frei;  aus  ihm  tritt  der  1 — 2  cm  lange 
und  2  mm  dicke  Ausführungsgang  hervor.  Derselbe  läuft  nach  vorn  und  me- 
dianwärts,  quer  hinter  der  Ansatzstelle  der  Labia  minora  her,  falls  diese  sich 
so  weit  erstrecken,  und  mündet  in  einer  kleineu,  mitunter  trichterförmigen 
OeflFnung  im  Sulcus  nymphohymenalis,  entsprechend  etwa  der  Grenze  zwischen 
mittlerem  und  hinterem  Drittel  des  seitlichen  Scheidenumfanges  oder  noch  etwas 
weiter  nach  hinten  (vgl.  die  Fig.  92  und  93).  Sind  Carunculae  hymenales 
vorhanden,  so  liegen  die  Mündungen  gewöhnlich  auf  der  Ausseuseite  solcher 
Karunkeln  (s.  Zweifel,  P.,  „Die  Krankheiten  der  äusseren  weibl.  Genitt.  und 
die  Dammrisse^.  Deutsche  Chirurgie,  Lief.  61,  1885).  Nicht  immer  liegen  beide 
Mündungen  einander  genau  gegenüber  (s.  Fig.  77).  Die  Gänge  lassen  eine 
Kanüle  von  der  Stärke  einer  gewöhnlichen  Pravaz-Kantile  leicht  einführen. 

Die  Arterien  der  Drüse  kommen  aus  der  Arteria  pudenda  interna, 
und  zwar  gewöhnlich  aus  derem  Ramus  bulbi  vestibuli;  die  zahlreichen 
Venen  entleeren  sich  in  die  Venae  pudendae  internae,  zum  Theil  aber  auch 
in  die  Venen  des  unteren  Scheidenendes  und  des  Bulbus  vestibuli.  Von  den 
Lymphgefässen  ist  noch  nichts  sicheres  auszusagen.  Die  Mehrzahl  der  Au- 
toren lassen  sie  zu  Drüsen  an  der  Seite  des  Rectum  und  der  Scheide  ziehen, 
also  wahrscheinlich  zu  den  Lymphogl.  hypogastricae,  während  Bonnet  ^)  als 
regionäre  Lymphdrüsen  die  Leistendrüsen  angibt.  Bruhns  (1.  c.)  füllte  von 
den  Glandulae  vestibuläres  aus  auch  die  letzteren;  er  erklärt  indessen  selbst 
seine  Angaben  nicht  für  einwandsfrei, 

1)  Bonnet,  Des  kystes  et  abc^s  des  glandes  vulvo-vaginales.  Gaz.  des  h6pi* 
taux,  1888.  p.  637. 


Aeussere  weibliche  Geschlechtsorgane:  Kitzler.  565 

Die  Nerven  kommen,  wie  bei  der  Glandula  bulbourethralis,  vom  Nervus 
pudendus;  über  dieselben  sind  indessen  gleichfalls  noch  weitere  Untersuchungen 
erwünscht. 

Kitzler  (Olltoris). 

Die  Klitoris  stellt  das  Homologon  der  Corpora  eavernosa  penis  ein- 
schliesslich der  Glans  penis  dar,  jedoch  nicht  vollkommen,  insofern  die  Glans 
clitoridis  die  Harnröhre  nicht  aufnimmt. 

Die  beschreibende  Anatomie  unterscheidet  an  dem  Organe  die  beiden 
Crura  clitoridis,  aus  deren  Vereinigung  unter  dem  Schambogen  das  Corpus 
clitoridis  hervorgeht.  Diesem  ist  die  Glans  clitoridis  vorn  aufgesetzt. 
Jedes  Corpus  clitoridis  besteht  aus  einem  Corpus  cavernosum  und  einer 
Albuginea,  wie  der  entsprechende  Theil  beim  Manne.  Wo  die  beiden  Crura 
clitoridis  zum  Corpus  clitoridis  zusammenstossen,  verschmelzen  beide  Albugineae 
zu  dem  Septum  corporum  cavernosorum.  Das  ganze  Gebilde  ist  von  der 
Fascia  clitoridis  umgeben  und  ausserdem  durch  ein  Ligamentum  Suspen- 
sorium clitoridis  an  die  Schamfuge  befestigt.  Nach  der  Schilderung  von 
Tcstut,  1.  c,  soll  auch  ein  dem  Ligamentum  fundiforme  penis  (s.  S.  362) 
homologes  Gebilde  für  die  Klitoris  vorhanden  sein;  dasselbe  soll  das  Corpus 
clitoridis  von  den  Seiten  her  und  von  unten,  einer  Schleuderbinde  gleich,  um- 
geben und  auch  mit  der  Hülle  des  Fettkörpers  der  Labia  majora  zusammen- 
hängen. 

Die  Eichel  der  Klitoris  hat  eine  mehr  zugespitzte  Form,  wenigstens  im 
erschlafften  Zustande;  ihr  Schwellgewebe  ist  bei  weitem  nicht  so  entwickelt, 
wie  beim  Manne,  indem  viel  mehr  Bindegewebe  vorhanden  ist.  Aebnlich  ist 
es  auch  mit  dem  kavernösen  Gewebe  des  Corpus  und  der  Crura  clitoridis. 
Die  Eichel  der  Klitoris  ist  mit  einer  dünnen  Fortsetzung  der  äusseren  Haut 
überkleidet,  welche  mit  dem  inneren  Blatte  des  Praeputium  clitoridis  und  mit 
dem  Frenulum  zusammenhängt;  die  Verhältnisse  sind  hier  dieselben  wie  beim 
Manne.  Nur  finden  sich  in  der  Klitoriseichelhaut  keine  Talgdrüsen,  und  am 
inneren  Präputialblatte  sind  dieselben  sehr  spärlich  (Saalfeld) i). 

Die  Maassverhältnisse  sind,  wie  beim  Penis,  individuell  sehr  verschie- 
den. Das  Organ  erreicht  erst  mit  Eintritt  der  vollen  Geschlechtsreife  seine 
definitive  Grösse.  Im  Mittel  messen  die  Crura  3,5— 4  cm,  das  Corpus  2,0— 
2,5  cm,  die  Glans  0,5—0,6  cm.  Die  Dicke  der  Crura  beträgt  0,5—0,6  cm. 
Im  erigirten  Zustande  zeigen  die  Crura  4,5—5  cm,  das  Corpus  3  cm »). 

Die  Lageverhältnisse  für  die  Crura  sind  dieselben  wie  beim  Penis; 
nur  bilden  die  Crura,  entsprechend  dem  Verhalten  des  knöchernen  Beckens  beim 
Weibe,  einen  viel  flacheren  Bogen  mit  einander.  Hinten  und  lateral  sind  sie 
bedeckt  vom  Musculus  ischiocavernosus,  medial  grenzen  sie  hinten  an  das  Tri- 


1)  Saalfeld,  lieber  die  Tyson'schen  Drüsen.    Archiv  f.  mikr.  Anatomie  Bd.  53, 
S.  212.  1898. 

2)  Gemessen  nach  einem  Präparate   von  W.  Krause.     Berliner   anatomisches 
Museum. 


566  Aeussere  weibliche  Geschlechtsorgane:  Kitzler. 

gonum  urogenitale,  vorn  an  den  Musculus  bulbocavernosus,  der  an  ihrer  unteren 
(vorderen  Fläche)  seine  Sehne,  fast  quer  zum  Laufe  der  Crura,  zu  ihrer  Rücken- 
fläche heraufziehen  lässt  (s.  Fig.  77).  Das  Corpus  clitoridis  knickt  unter  spitzem 
Winkel  von  der  Vereinigungsstelle  beider  Crura  ab,  wird  alsbald  vom  Prae- 
putium  umhüllt  und  an  der  ünterfläche  der  Eichel  durch  das  Frenulum  fest- 
gehalten, wie  S.  552  erörtert  wurde.  Zwischen  Praeputium  und  Eichel  bleibt 
der  als  „Saccus  praeputialis  clitoridis"  zu  bezeichnende  Raum,  in  wel- 
chem sich  das  Smegma  clitoridis  sammelt.  Nach  Wegnahme  des  Praepu- 
tium und  des  Frenulum  sieht  man  im  Bogenwinkel  der  Crura  clitoridis  das 
Ligamentum  arcuatum  pubis  und  den  Tendo  intercruralis  (Ho  11),  dahinter  das 
Ligamentum  praeurethrale  liegen.  Diese  Theile  sind  in  sagittaler  Richtung 
unterkreuzt  von  den  beiden  vorderen  Ausläufern  der  Bulbi  vestibuli,  welche  am 
Angulus  clitoridis  mit  dem  Kitzler  in  Verbindung  stehen.  Ferner  gewahrt  man 
hier  die  Venae  subcutanea  clitoridis  und  subfascialis  clitoridis  nebst  den  Arteriae 
dorsales  et  Nervi  dorsales  clitoridis  in  derselben  Lage  wie  beim  Penis  (vgl. 
Figg.  77—80  einschl.).  Die  Crura  clitoridis  liegen  jederseits  lateral  in  der 
Basis  der  grossen  Schamlippen;  leicht  kann  man  sie  biossiegen,  wenn  man  in 
der  Genitofemoralfurche  einschneidet  und  die  Labia  majora  medianwärts  ver- 
schiebt. 

Bei  der  Erektion  bleibt  der  Angulus  clitoridis  bestehen,  und  darin  liegt 
eine  erhebliche  Verschiedenheit  gegenüber  der  Lage  des  erigirten  Penis.  Nur 
wird  der  Klitoriswinkel  etwas  mehr  ausgeruudet,  so  dass  dennoch  eine  kleine 
Erhebung  und  Vorwärtsstreckung  stattfindet.  Dies  Verhalten  entspricht  ganz 
der  Bedeutung  des  Kitzlers,  als  Wollustorgan  zu  dienen.  Augenscheinlich  sind 
es  das  Praeputium  und  das  Frenulum  clitoridis,  welche  die  Aufrichtung  verhindern. 

Die  Blutgefässe  der  Klitoris  sind  die  homologen  des  Penis  und  ver- 
halten sich  in  gleicher  Weise;  nur  ist  zu  erwähnen,  dass  die  unteren  Klitoris- 
venen sich  in  denvonKobelt  als  „Plexus  intermedius"  beschriebenen  kleinen 
Schwellkörper  begeben,  der  im  Angulus  clitoridis,  zwischen  diesem  und  den 
beiden  Bulbi  vestibuli,  gelegen  ist.  Es  wurde  bereits  bemerkt,  dass  die  Venen 
der  Klitoris  Verbindungen  mit  der  Vena  obturatoria  unterhalten.  —  Die  Lymph- 
gefässe  ziehen  zu  den  oberen  medialen  Leistendrüsen  i). 

Die  Nerven  verhalten  sich  in  allen  Stücken  wie  die  des  Penis  (vgl. 
S.  218,  258  Nr.  9);  nur  kann  man  sagen,  dass  die  Glans  clitoridis 2)  verhältniss- 
massig  nervenreicher  sei  als  die  Glans  penis. 

lieber  die  Klitoris  geben,  ausser  den  genannten  Figuren,  noch  Auskunft 
81a  und  91,  welche  den  Angulus  clitoridis  zeigen.  In  91  ist  auch  der 
Plexus  intermedius  K ob elt's  zu  sehen;  ferner  92  und  93  (Bedeckungen  der 
Klitoris  und  Eichel). 


1)  Sappey,  1.  c.  [S.  88],  S.  54. 

2)  S.  Webster,  1.  c.  [S.  558],  ferner  die  beim  Penis  citirte  Nervenlitteratur,  und 
Waldeyer,  W.,  üeber  die  Endigungsweise  der  sensiblen  Nerven.  Archiv  für  mikr. 
Anat,  Bd.  17,  1880;  spez.  S.  381.  (Nach  Untersuchungen  von  Prof.  Dr.  Izquierdo, 
Santiago,  Chile.) 


Aeussere  weibliche  Geschlechtsorgane:  VorhofszwiebeL  567 

Vorhoftizwiebel  (Bnlbiui  vestibnli). 

Die  Vorhofszwiebel  stellt  einen  abgeplattet  feigen-  oder  mandel- 
förmigen Schwellkörper  dar,  welcher  jederseits  neben  dem  Introitus  vaßlnae, 
hart  an  der  Vaginalwand  gelegen  ist.  Es  handelt  sich  also  um  ein  paariges 
Organ;  dasselbe  entspricht  dem  Bulbus  urethrae  und  einem  Theile  des  Corpus 
cavernosum  urethrae  des  Mannes,  welche  ja  in  der  Baphe  bulbi  und  den 
Hemisphaeria  bulbi  auch  die  ursprünglich  paarige  Anlage  erkennen  lassen. 

Die  vorderen  Enden  beider  Bulbi  vestibuli  konvergiren  zum  Klitoris- 
winkel; sie  fassen,  wie  bemerkt,  zwischen  sich  Kobelt's  intermediären 
Plexus,  welcher  die  Verbindung  zwischen  den  Bulbi  und  den  Schwellkörpem 
der  Klitoris  vermittelt;  auch  stehen  hier  beide  Bulbi  miteinander  in  Verbin- 
dung. Nach  hinten  gewinnt  jeder  Bulbus  alsbald  erheblich  an  Durchmesser 
und  zeigt  ein  abgerundetes  Ende,  welches  bis  an  die  hintere  Scheidenwand 
jederseits  heranreicht.  Beide  Schwellkörper  zusammen  bilden  somit  ein  das 
Vestibulum  und  die  das  letztere  durchsetzenden  Gänge  umfassendes  Hufeisen, 
dessen  Oeffnung  sich  nach  hinten  wendet,  und  welches  vorn  etwas  zugespitzt 
erscheint. 

Daii  Gewebe  des  Bulbus  hat,  ähnlich  dem  Corpus  spcmgiosum  der  männ- 
lichen Urethra,  weite,  dünnwandige  Maschenräume;  seine  glatten  Muskelfasern 
sind  nur  schwach  entwickelt,  ebenso  seine  Albuginea,  sodass  bei  Füllung  mit 
Blut  beide  Körper  eine  deutlich  dunkelbläuliche  Färbung  aufweisen  und  nur 
eine  elastisch- weiche  Konsistenz  erhalten.  Sie  gleichen  in  dieser  Beziehung  ganz 
dem  Bulbus  urethrae  des  Mannes. 

Jeder  Bulbus  vestibuli  ruht  mit  seinem  oberen  (vorderen)  Rande,  etwas 
schief  gestellt  (s.  Fig.  88  c),  auf  dem  Trigonum  urogenitale.  Sein  unterer 
Rand  liegt  in  der  Basis  der  grossen  Schamlippen  und  ist  etwas  medianwärts 
gewendet.  Die  medialen  Ränder  grenzen  hinten  an  die  seitlichen  Scheiden- 
wände und  an  die  Basis  der  kleinen  Schamlippen,  vorn  an  die  letzteren  und 
an  die  Harnröhre,  schliesslich  an  das  Frenulum  clitoridis.  Die  laterale  Fläche, 
sowie  ein  Theil  des  unteren  Randes,  sind  zunächst  vom  Musculus  bulbocavernosus 
bedeckt;  auf  diesen  folgt  lateral  das  Fettbindegewebe,  die  Nervi  et  Vasa  la- 
bialia  posteriora  (s.  Fig.  88  c),  und  endlich  kommt  vorn  das  Crus  clitoridis  mit 
dem  Musculus  ischiocavernosus  in  die  Nähe  —  der  Beziehungen^  des  Bulbus  zu 
der  Glandula  vestibularis  major  wurde  S.  564  gedacht. 

Die  mittlere  Länge  jedes  Bulbus  beläuft  sich  auf  3 — 4  cm,  die  Höhe 
(Breite)  auf  1 — 1,5  cm,  die  Dicke  auf  0,5—1  cm  (in  nicht  geschwelltem  Zu- 
stande). 

Die  Arterie  des  Bulbus  vestibuli,  Artcria  bulbi  vestibuli,  ist  ein 
besonderer,  kurzer,  dicker  Zweig  der  Arteria  pudenda  interna.  Die  Venen 
stehen  mit  sämtlichen  venösen  Plexus  des  Beckenausganges  in  Verbindung,  also 
mit  denen  der  Klitoris  (s.  vorhin),  mit  den  Plexus  der  grossen  und  kleinen 
Schamlippen,  insbesondere  mit  den  in  der  Basis  des  Frenulum  clitoridis  ver- 
laufenden Venen,  mit  dem  Plexus  venosus  vaginalis,  urethralis  und  haemorrhoi- 
dalis,    mit  den  Venen  der  Glandula  vestibularis  major,    mit  den  Muskelvenen, 


56&    Aeussere  weibl.  Geschlechtsorgane:  Altersverschiedenheiten.   Pathol.  Zustände. 

insbesondere  denen  des  Trigonum,  mit  der  Vena  dorsalis  clitoridis  subfascialis 
und  mit  der  Vena  obturatoria  ^)  (über  letztere  Verbindungen  siehe  Fig.  77,  aus 
welcher  auch  die  Lageverhältnisse  des  Organes  ersichtlich  sind).  —  Die  Lymph- 
ge fasse  der  Bulbi  kennen  wir  bis  jetzt  nicht. 

Von  Nerven  sind  nur  sympathische  Zweige  bekannt,  welche  mit  der  Arterie 
verlaufen;  man  darf  sie  als  vasomotorische  auflFassen. 

Altersverschiedenheiten. 

Unsere  bisherige  Schilderung  der  äusseren  weiblichen  Geschlechtsorgane 
bezieht  sich  auf  die  geschlechtsthätige  Periode  im  Leben  des  Weibes,  die 
menstruelle  Lebenszeit.  Bei  gesunden  Kindern  sind  zwar  alle  Theile, 
namentlich  oft  durch  starke  Fettentwicklung,  elastisch  und  von  guter  Konsi- 
stenz; die  Schwellkörper  sind  jedoch  kaum  ausgebildet,  und  die  inneren  Flä- 
chen der  Schamlippen,  sowie  die  Schleimhautfiäche  des  Vestibulum  und  der 
Oeflfnungen  zeigen  nur  ein  blasses  Grauroth;  die  Behaarung  fehlt. 

Mit  beginnender  Geschlechtsthätigkeit  bilden  sicli  vor  allem  die  Schwell- 
körper und  die  Labia  majora  aus,  und  es  tritt  ein  lebhafteres  Inkarnat  der 
Innenflächen  auf;  die  äussere  Haut  wird  stärker  pigmentirt.  —  Wiederholte 
Geburten  können  allerdings  eine  ErschlatFung  der  äusseren  Geschlechtstheile, 
namentlich  der  Labia  majora  bewirken;  doch  pflegt  dies  bei  gesunden,  normal 
ernährten  Frauen  auch  nicht  einzutreten.. 

Nach  dem  Aufhören  der  Geschlechtsthätigkeit  bilden  sich  die  Schwell- 
körper zurück,  und  es  tritt  bei  mageren  Personen  mit  weniger  guter  Ernährung 
eine  Erschlaffung,  namentlich  der  Schamlippen  ein,  so  dass  sie  welk  und  ge- 
runzelt erscheinen.  Häufig  finden  sich  Venenerweiterungen,  insbesondere  an 
den  Labia  majora.  Die  Glandulae  vestibuläres  majores  pflegen  gleichfalls  zu 
atrophiren.  Bei  guter  Gesundheit  und  guter  Ernährung  können  indessen  auch 
bei  hochbetagten  Frauen  die  äusseren  Genitalien  in  dem  früheren  Zustande  er- 
halten bleiben. 

Pathologische  Zustände. 

In  erster  Linie  ist  der  Hernien  zu  gedenken,  welche  in  die  Labia  majora 
eindringen.  Meistens  handelt  es  sieh  um  Leistenbrüche,  welche,  unter  Verdrän- 
gung des  Corpus  adiposum  labii,  sich  an  dessen  Platz  setzen.  Man  unterscheidet 
sie  als  Herniae  labiales  anteriores  von  den  in  die  grossen  Labien 
eindringenden  Perinealhernien ,  den  Herniae  labiales  posteriores 
(s.  w.  u.). 

Bezüglich  der  Verletzungen  ist  bei  der  reichlichen  Vaskularisation  an 
die  Gefahr  starker  Blutungen  zu  erinnern.  Im  Gebiete  der  Labia  majora  führen 
sie,  namentlich  im  Anschlüsse  an  schwere  Geburten,   zu  grossen  Haematomen, 

Die  entzündlichen  Affektionen  der  Vulva  müssen  schon  aus  dem 
Grunde  eine  ausserordentliche  Mannigfaltigkeit  darbieten,  als  hier  sowohl  Haut- 
strukturen   mit  Schleimhautstrukturen,    stark  behaarte  Stellen    mit    haarlosen, 

1)  Gussenbauer  I.  c.  [S.  556]. 


Aeussere  weibliche  Geschlechtsorgane:  Pathologische  Zustände,  569 

drüsenreiche  mit  drüsenarmen  zusammenkommen,  ferner  die  kavernösen  Körper 
und  die  grosse  Vorhofsdrüse  in  Rechnung  zu  bringen  sind.  Abgesehen  von  der 
Verscliiedenheit  der  anatomischen  Unterlagen,  ist  hier  noch  mit  der  grossen  Mannig- 
faltigkeit der  ursächlichen  Momente  zu  rechnen.  Zu  den  von  aussen  hinantretenden 
traumatischen,  parasitären  und  infektiösen  Einflüssen  gesellen  sich  die  Einflüsse, 
welche  durch  das  Geschlechtsleben  gesetzt  werden;  dazu  kommt  noch  die  Nach- 
barschaft von  Rectum  und  Harnapparat. 

Nur  einige  wenige  Formen,  welche  mit  den  anatomischen  Daten  unmittel- 
bare Beziehungen  haben,  können  hier  kurz  angeführt  werden.  Wir  rechnen 
hierher  das  0  e  d  e  m ,  die  Gangrän  (N  o  m  a) ,  die  P  u  r  u  n  k  u  1  o  s  i  s  und 
die  Entzündung  und  A  b  s  c  e  d  i  r  u  n  g  der  Glandulae  vestibuläres 
m  a  j  0  r  e  s ;  andere,  namentlich  die  Haut  betreffende  Veränderungen  sind  bereits 
S.  146  flf.  erwähnt  worden. 

Das  0  e  d  e  m  der  Labia  majora  ist  entweder  Theilerscheinung  eines  all- 
gemeinen hydropischen  Zustandcs  und  pflegt  dann,  gerade  wie  das  Oedema 
scroti,  mit  am  frühesten  aufzutreten  und  manchmal  einen  enormen  Umfang  zu 
erreichen,  oder  es  ist  lokalisirt.  Das  letztere  beansprucht  eine  grosse  diagno- 
stische Wichtigkeit,  da  es'  eines  der  ersten  Zeichen  selbst  geringer,  versteckt 
und  entfernt  liegender  entzündlicher  Affektionen,  inbesondere  des  übrigen 
Genitalapparates,  aber  auch  der  Harnblase  und  der  Harnröhre  darstellt.  Für 
alles  dieses  bieten  die  eigenthümlichen  Zirkulationsverhältnisse,  insonderheit  die 
ausgiebige  Verbindung  der  labialen  Venen  mit  sämtlichen  Beckenplexus,  die 
reichliche  Entwicklung  des  Lymphgefässsystemes  und  die  lockere  Beschaffenheit 
des  Grundgewebes  der  Labia  majora  Anhaltspunkte  der  Erklärung;  dieselben 
Momente  können  für  die  häufigen  gangränösen  Zustände  mit  heran- 
gezogen werden.  Organe  mit  reichen  Venen-  und  Lymphgefässplexus  und  nach- 
giebigem, weichen  Grundgewebe,  wenn  sie,  wie  z.  B.  bei  schweren  Geburten, 
einem  lange  anhaltenden  Drucke  ausgesetzt  werden,  fallen  leicht  der  brandigen 
Zerstörung  anheim.  Dasselbe  gilt  auch,  wenn  es  zu  einer  infektiösen  Throm- 
bose kommt,  welcher  Zustand  durch  die  plexiforme  venöse  Vaskularisation  be- 
günstigt wird. 

Dass  für  unk  u  löse  Entzündungen  nicht  gar  selten  sind,  erklärt 
sich  aus  dem  Vorhandensein  tiefsitzender  Haarbälge  und  grosser  Talgdrüsen, 
zusammengehalten  mit  den  vorhin  erwähnten  ätiologischen  Momenten. 

Unter  den  pathologischen  Zuständen  der  B  ar  tholin'schen 
Drüse  ist  der  gonorrhoische  Abscess  als  der  häufigste  bekannt;  ferner  kommen 
nicht  selten  Cysten  vor.  Alle  Anschwellungen  dieser  Drüsen  werden  in  der 
Basis  der  grossen  Schamlippen  gefühlt,  verursachen  Oedem  derselben  und  eine 
Vortreibung  an  deren  medialer  Fläche. 

Die  Neubildungen  sind  aus  denselben  Gründen,  wie  die  Entzündungen, 
äusserst  mannigfaltiger  Art.  Dass  die  spitzen  Kondylomformen  häufig 
sind,  hängt  wohl  mit  der  reichen  Entwicklung  von  Papillen  der  betreffenden 
Hautgebiete  zusanmien.  Nicht  selten  sind  auch  Krebsgeschwülste,  die  von 
den    verschiedensten   Abschnitten    der    äusseren    weiblichen    Geschlechtsorgane 


570  Aeussere  weibliche  Geschlechtsorg-ane:  Dammrisse.   Vag-inismus. 

ihren  Ursprung  nehmen  können.  Dass  die  Neubildungen  gern  in  der  Polypen- 
gestalt auftreten,  beruht  wiederum  auf  Form-  und  Lagerungsverhältnissen  der 
in  Rede  stehenden  Organe. 

Dammrisse.  Es  wurde  vorhin  erwähnt,  dass  beim  Andrängen  des 
Kindeskopfes  der  Damm  sieh  stark  vorwölbe,  verdünne  und  zum  Kindeskopfe 
hin  in  einen  feinen  Saum,  „Dammsaum"  auslaufe,  den  es  beim  Durchschneiden 
des  Kopfes  zu  schützen  gilt.  Ferner  wurde  gesagt,  dass  in  den  Fällen,  wo 
ein'Frenulum  labiorum  besteht,  dieses  bei  so  starker  Dehnung  in  den  Daram- 
saura  aufgehe  und  nur  in  seltenen  Fällen  vor  dem  Einreissen  bewahrt  werden 
könne.  Einen  solchen  leichten  Einriss  bezeichnet  man  jedoch  nicht  als  „Damni- 
riss". 

Für  die  Beurtheilung  der  Dammrisse  kommt  es  darauf  an,  ob  die  Verletzung 
nur  die  Haut  und  das  subkutane  Gewebe  betrifft,  oder  ob  auch  der  eigentliche 
Körper  des  Dammes,  perineal  body  der  Engländer,  mit  seiner  Muskulatur 
und  dem  Centrum  perineale  mit  inbegriffen  ist;  ferner,  ob  der  Riss  die  Schleira- 
hautrohre  der  Scheide  und  des  Rectum  trifft,  entweder  eines  oder  beide,  oder 
ob  er  nur  vom  Introitus  vaginae  ausgeht  und  vor  dem  After  halt  macht.  Diese 
Arten  der  Dammrisse  ergeben  sich  aus  den  anatomischen  Verhältnissen  unmittel- 
bar und  sind  die  häufigst  vorkommenden;  der  seltenen  centralen  Dammrisse 
wurde  S.  421  gedacht.  —  Es  ist  leicht  erklärlich,  dass  die  Dammrisse  am 
häufigsten  bei  schweren  Entbindungen  zustande  kommen  und  dass  sie  weit 
häufiger  bei  Erst-  als  bei  Mehrgebärenden  sich  einstellen.  Sonst  kommen  sie 
noch  iufolge  eines  Falles  auf  kantige  oder  spitzige  Gegenstände  vor. 

Jeder  Dammriss,  der  das  Centrum  perineale  zerstört,  hat  als  eine  ernste 
Verletzung  zu  gelten,  indem  dadurch  ein  wichtiger  ünterstützungspunkt  für  die 
Scheide  und  das  Rectum  in  Wegfall  gerathen  ist.  —  Für  die  operative  Be- 
handlung der  Danmirisse  kommt  es  demnach  vor  allem  darauf  an,  wieder  einen 
möglichst  breiten  Damm  mit  guter  fester  Vernarbung  zu  gewinnen;  der  Opera- 
teur hat  darnach  in  jedem  einzelnen  Falle  sein  Verfahren  einzurichten. 

Wir  haben  schliesslich  noch  den  Muskelapparat  zu  besprechen,  welcher  bei 
dem  so  quälenden  Zustande  des  Vaginismus  in  Aktion  tritt.  Handelt  es 
sich  um  eine  Zusammenschnürung  des  Scheideneinganges,  wie  sie  bei  gesteigerter 
Reflexthätigkeit,  selbst  ohne  pathologisch  erhöhte  Empfindlichkeit  der  das  Vesti- 
bulum  und  den  Scheideneingang  umgebenden  Theile,  vorkommt,  so  treten  der 
Bulbocavernosus,  der  Musculus  trigoni  urogenitalis  und  der  Levator  ani  in  Thä- 
tigkeit.  Letzterer  umfasst  die  Scheide  von  beiden  Seiten  und  kann  sonach,  ob- 
wohl er  nicht  an  ihre  Wandungen  inserirt,  dieselbe  kräftig  zusammenpressen, 
worauf  insbesondere  Hildebrandt ^)  aufmerksam  gemacht  hat.  Ausserdem 
ist  der  Levator  ani  der  stärkste  der  hier  in  Betracht  kommenden  Muskeln; 
natürlich  wird  er  von  den  beiden  andern  genannten  Muskeln  unterstützt.  Bei 
den  Fällen   von    schwerem  Vaginismus  hingegen,    wobei    zu    der    gesteigerten 


1)  Hildebrandt,  Ueber  Krampf  des  Levator  ani  boim  Coitus.    Archiv  für  Gy- 
näkologie.   Bd.  in.  S.  221.  1872. 


Venöse  Beckenplexus  des  Weibes.  57I 

Eeflexthätigkeit  noch  eine  äusserst  schmerzhafte  Empfindlichkeit  des  Haut- 
und  Schleimhautgebietes  der  äusseren  Genitalien  kommt,  werden  allgemeine, 
zum  Theil  sehr  starke  und  anhaltende  Krämpfe  der  gesamten  Muskulatur  des 
Beckenausganges  ausgelöst  ^). 


Venöse  Beckenplexus  des  Weibes. 

Die  venösen  Beckenplexus  des  Weibes  bedürfen  noch  einer  kurzen  zu- 
sammenhängenden Darstellung;  eine  solche  konnte  erst  jetzt,  nach  Besprechung 
der  sämtlichen  Weichtheile,  mit  denen  sie  verknüpft  sind,  gegeben  werden.  Die- 
selben  sind  etwas  komplicirter  gestaltet  als  die  des  Mannes,  s.  S.  216,  woselbst 
schon  derjenigen  Plexus  des  Weibes,  welche  denen  des  Mannes  entsprechen, 
gedacht  wurde.     Beim  Weibe  haben  wir: 

1)  den  Plexus  pudendalis, 

2)  „  Plexus  vesicovaginalis, 

3)  „  Plexus  uterovaginalis, 

4)  „  Plexus  pudendolabialis, 

5)  „  Plexus  haemorrhoidalis, 

6)  „  Plexus  sacralis  anterior, 

7)  „  Plexus  pampiniformis. 

lieber  den  Plexus  pudendalis  gilt  das  S.  216  Gesagte.  Ich  will  hier 
darauf  aufmerksam  machen  2),  dass  wenn  auch  dieser  Plexus  bei  der  ersten 
Betrachtung  als  ein  unpaarer  erscheint,  wozu  insbesondere  der  Zutritt  der  un- 
paaren  Vena  dorsalis  clitoridis  (penis)  Veranlassung  gibt,  sich  doch  im  Grunde 
ein  paariger  Charakter  nicht  verkennen  lässt.  Häufig  sieht  man  die  genannte 
Vene  während  ihres  Laufes  unter  der  Symphyse  sich  gabiig  theilen  und  findet 
in  der  Mitte    nur    eine   geringe  Anzahl  Venenstämmchen    von    der  Blase,    der 


1)  Ueber  die  äusseren  weiblichen  Geschlechtsorgane  sind  noch  zu  vergleichen: 
Ballantyne,  J.  W.,  The  labia  minora  and  hymen.  Edinb.  med.  Journ.,  34.  Bd,,  1889.— 
Bergh,  R,  Symbolae  ad  cognitionem  genitalium  externorum  foemineorum.  I.  II.  IIL 
Monatshefte  für  praktische  Dermatologie^  redig.  von  P.  G.  Unna.  Bd.  XIX,  1894  (I). — 
Ibid.  Bd.  XXIV,  1897.  II  und  III.  (Mit  reicher  Litteratur.)  —  Black  er,  G.  R, 
Some  observations  of  the  topographical  anatomy  of  the  Fourchette.  The  Journ.  of 
anat.  and  phys.  cond.  by  Humphry,  Turner  u.  M'Kendrick,  Vol.XXX,  p.  283.  1896.  — 
Bischoff,  Th.  L.  W.,  Vergleichend  anatomische  Untersuchungen  über  die  äusseren 
weiblichen  Geschlechts-  und  Begattungsorgane  des  Menschen  und  der  Aflfen,  insbeson- 
dere der  Anthropoiden.  Abhandlungen  der  K.  Bayerischen  Akad.  d.  Wiss.  II.  Abth. 
Bd.  13,  S.  207.  München  1880.  —  Cullingworth,  cit.  bei  Blacker  Coe,  cit.  bei 
Blacker.  —  Lamb,  D.  S.,  The  female  external  genital  organs  a  criticisra  on  current 
anatomical  description.  New  York  Journ.  of  Gynaecology  and  obstetrics,  August 
1894.  —  Sa  vage,  H.,  The  surgery  and  surgical  anatomy  of  the  female  pelvic  organs. 
London  1882  (Hauptwerk).  —  Zweifel,  P.,  Die  Krankheiten  der  äusseren  weiblichen 
Genitalien  und  die  Dammrisse.    Deutsche  Chirurgie,  Lief.  61.   Stuttgart,  1885. 

2)  Waldeyer,  W.,  in  Langenbuch,  K.,  Die  Sectio  alta  subpubica  (cit.  S. 341). 


^^^  Venöse  Beckenplexus  des  Weibes. 

Symphyse  und  der  Harnröhre  zu  einem  kleinen  unpaaren  Geflechte  zusammen- 
treten, welches  aber  nach  beiden  Seiten  mit  der  gegabelten  Vena  dorsalis  sich 
in  die  Plexus  vesicovaginales  fortsetzt. 

Der  Plexus  vesicovaginalis  entspricht  (s.  S.  217)  dem  Plexus  vesi- 
coprostaticus  des  Mannes;  er  ist  nicht  so  stark  als  der  letztere  und  setzt  sich 
zusammen  hauptsächlich  aus  den  Blasenvcnen,  zu  welchen  sich  Venen  aus  dem 
unteren  und  mittleren  Abschnitte  der  Scheide  und  der  Harnröhre  gesellen. 
Nach  unten  hängt  er  zusammen  mit  den  Plexus  pudendolabialis  und  haemorrhoi- 
dalis;  oben  ist  er  vom  Plexus  utero  vaginalis  durch  den  Ureter  getrennt,  ist  je- 
doch mit  dem  letzteren  Plexus  auch  verbunden.  Vorn  tritt  der  Plexus  puden- 
dalis  in  ihn  über,  und  so  gewinnt  er  Zusammenhang  mit  den  Venen  der  äusseren 
Geschlechtsorgane. 

Der  Plexus  uterovaginalis  liegt  am  Ansätze  des  Mesometrium  zu 
beiden  Seiten  der  Gebärmutter  und  ist  der  stärkste  der  weiblichen  Becken- 
plexus. Er  nimmt  die  Venen  aus  dem  oberen  Theile  der  Scheide,  aus  dem 
Uterus,  dem  Ligamentum  latum  und  den  medialen  Abschnitten  der  Adnexa 
uteri  auf.  Seine  Hauptverbindungen  hat  er  in  der  Mesosalpinx  mit  dem  Plexus 
pampiniformis,  und  es  wurde  erwähnt  (Kap.  „Uterus"),  dass  Verbindungen  mit 
den  Venen  der  Ligamenta  teretia  und  uterosacra  bestehen. 

Der  Plexus  pudendolabialis  (pudendalis  externus,  S.  556)  nimmt  die 
Basis  der  grossen  und  kleinen  Schamlippen  ein  und  hängt  mit  den  Schwellkörpern 
der  äusseren  Genitalien  zusammen.  Es  ist  hier  dem  im  Kapitel  „äussere  Ge- 
schlechtsorgane" bei  Besprechung  der  Venen  Gesagten  nichts  mehr  hinzuzufügen. 

Auch  für  die  P 1  e  X  u  s  h  a  e  m  o  r  r  h  o  i  d  a  1  i  s  und  s  a  c  r  a  1  i  s  anterior 
kann  auf  S.  217  und  auf  das  Kapitel  „Rectum  und  Anus  des  Mannes"  (S.  272, 
Venen  des  Rectum)  verwiesen  werden. 

Die  grössten  Unterschiede  bei  beiden  Geschlechtern  zeigen  sich  im  Ver- 
halten des  Plexus  pa  m  piniformis.  Beim  Weibe  liegt  derselbe,  wie  die 
Venae  ovaricae,  denen  er  angehört,  innerhalb  des  Beckens,  beim  Manne  ausser- 
halb. Beim  Weibe  zeigt  er  als  besondere  Bildung  den  Bulbus  ova  rii, 
welcher  weit  bedeutender  zu  sein  pflegt,  als  der  entsprechende  Plexus  am 
Hilus  testis;  zu  ihm  ziehen  auch  die  Venen  des  Eileiters.  Der  Verbindungen 
mit  dem  Plexus  uterovaginalis  wurde  bereits  gedacht.  Der  Plexus  pampini- 
formis  fliesst  beim  Weibe  in  die  Vena  cava  inferior,  bezw.  Vena  renalis  (beim 
Manne  ergaben  sich  noch  Abflüsse  in  die  Vena  epigastrica  inferior).  Sämtliche 
übrige  Beckenplexus  des  Weibes  führen  ihr  Blut  zur  Vena  hypogastrica,  ab- 
gesehen von  den  für  den  Plexus  haemorrhoidalis  und  sacralis  geltenden  Be- 
sonderheiten. 

Nach  Erledigung  der  Beschreibung  der  Beckeneingeweide  beim  Manne 
und  Weibe  können  nun  auch  diejenigen  allgemeinen  Verhältnisse 
der  venösen  Zirkulation  besprochen  werden,  auf  welche  S.  217  hin- 
gewiesen wurde. 

Zunächst  ist  die  Lage  der  Klappen  hervorzuheben.  Fenwick  [1.  c. 
S.  303]   hat   gezeigt,    dass  sie   den  Zufluss   von    allen  Seiten  zu    der  Becken- 


Cavum  serosum  pelvis  feminae.  573 

höhle  hin  freigeben,  den  Rtickfluss  nach  aussen  aber  hindern  i).  Unter  nor- 
malen Verhältnissen  ist  nun  durch  die  grossen  Abzugskanäle  der  Vena  cava 
und  der  Vena  portae  (durch  die  Venae  haemorrhoidales  superiorcs)  ausreichend 
für  einen  Abzug  aus  dem  Becken  gesorgt.  Es  wird  nach  dem  Gesagten  aber 
verständlich,  dass  Stauungen  im  Gebiete  dieser  grossen  Venen  unmittelbar  ihre 
Rückwirkung  auf  die  venöse  Beckenzirkulation  in  hervorragender  Weise  äussern 

müssen. 

Ein  anderer  Punkt  betrifft  die  Bedeutung  dieser  grossen  Plexus. 
Dieselbe  kann  nach  drei  Richtungen  hin  gesucht  werden.  Einmal  müssen  diese 
Plexus  den  Abfluss  des  Blutes  im  ganzen  verlangsamen;  sie  gewähren  dadurch 
sämtlichen  Beckeneingeweiden  die  Möglichkeit  einer  gewissen  dauernden  Tur- 
gescenz.  Ferner  erlauben  sie  aber  bei  irgend  welchem  Drucke  auf  die  Ein- 
geweide dem  Blute  der  letzteren  ein  rasches  Ausweichen;  endlich  muss  man 
Henle  unzweifelhaft  Recht  geben,  wenn  er  den  venösen  Plexus  die  Rolle  eines 
leicht  adaptionsfähigen  Polsters  zuschreibt.  Dies  kommt  in  hohem  Grade  den 
Beckeneingeweiden  zu  Gute,  von  denen  Blase  und  Rectum  in  ständigem  Volu- 
menswechsel begriffen  sind.  Die  Entleerung  und  Füllung  der  Beckenplexus 
hält  mit  der  Füllung  und  Entleerung  der  Eingeweide  gleichen  Schritt  2). 


Oavum  serosum  pelvis  feminae. 

Für  die  Gestaltung  der  serösen  Beckenhöhle  des  Weibes  ist  in  erster  Linie 
auf  das  S.  417  für  den  Mann  Gesagte  zu  verweisen.  Ausserdem  sind  folgende 
wichtige  Unterschiede  hervorzuheben:  Durch  die  Einlagerung  des  Uterus,  seiner 
Adnexe  und  des  Ligamentum  latum  wird,  wie  schon  S.  442  bemerkt  wurde,  eine 
Eintheilung  der  kleinen  serösen  Beckenhöhle  in  drei  Abschnitte  bedingt,  1)  in 
die  vordere  oder  Blasenabtheilung,  2)  die  mittlere  oder  Gebärmutter- 
abt heil  ung  und  3)  die  beiden  durch  den  Mastdarm  geschiedenen  hinteren 
seitlichen  Abtheilungen;  hierzu  kommen  zwei  seröse  Blindsäcke:  4)  die 
Excavatio  vesicouterina,  vorderer  Douglas'scher  Raum,  und  5)  die  Ex- 
cavatio  rectouterina,  hinterer  Douglas 'scher  Raum.  Während  die  Blasen- 
abtheilung durch  den  vorderen  Rand  des  Ligamentum  latum,  bezw.  der  Meso- 
salpinx,  gut  von  der  mittleren  Abtheilung  getrennt  ist,  geht  die  letztere  ohne 
genaue  Grenze  in  die  beiden  hinteren  seitlichen  Abtheilungen  über. 

Ein  fernerer  Unterschied  vom  Manne  ergibt  sich  durch  die  Anlagerung 
des  Tuboovarialapparates  an  die  seitliche  Beckenwand,  wodurch  weitere  ünter- 
abtheilungen,  die   Fossa   ovarica  und  die  Bursa  ovarica,   entstehen.    Aus 


1)  „The  venous  bed  in  the  pelvis,  and  the  numerous  tributary  veins  which  enter 
it  from  below,  may  be  roughly  conipared  to  a  room  which  many  approach-passages 
opening  inwards,  permitting  ingress,  but  preventing  egress«.    L.  c.  p.  323. 

2)  Ausser  den  S.  286  und  303  citirten  Schriften  über  Beckenvenen  wolle  man 
noch  vergleichen:  a)  Hennig,  C,  Ueber  einige  Eigenthümlichkeiten  der  Becken- 
gefässe.  Sitzungsber.  der  Naturf.-Gesellsch.  in  Leipzig.  1892-1894.  S.  107.  b)  Nagel, 
W.,  Beitrag  zur  Anatomie  der  weiblichen  Beckenorgane.  Arch.  f.  GynäkoL.  Bd.  53.  1897. 


574  Geschlcchtsthätige  Zustände  des  Weibes:  Menstruation. 

dem  Umstände,  dass  die  üterinabtheilung  in  die  beiden  hinteren  seitlichen  Ab- 
theilungen ohne  weiteres  übergeht,  erklärt  es  sich,  dass  der  Tuboovarialapparat 
viel  leichter  nach  hinten  dislocirt  werden  kann,  als  in  die  vordere  Becken- 
abtheilung. 

Die  Excavatio  vesicouterina  bildet  der  Eegel  nach  einen  lumenlosen 
Spaltraum;  ist  die  Blase  stark  ausgedehnt,  so  wird  nach  beiden  Seiten  zwischen 
Blase  und  Ligamentum  latum  eine  Fortsetzung  dieses  Spaltraumes  hergestellt. 
Im  übrigen  sind  die  beiden  Excavationen  S.  446  und  S.  455  ausreichend  ge- 
schildert worden. 

Wegen  des  grösseren  Tiefstandes  der  Blase,  wegen  der  Ausfüllung  des 
mittleren  Raumes  durch  den  flach  der  Blase  aufliegenden  Uterus,  und  endlich 
wegen  der  grösseren  Beckenbreite  hat  bei  der  Betrachtung  von  oben  die  weib- 
liche seröse  Beckenhöhle  mehr  das  Aussehen  einer  flach  vertieften  Schüssel, 
während  die  männliche  sich  der  Trichterform  nähert. 

Vergleiche  zu  dem  Abschnitte  „Cavum  serosum  pelvis  feminae"  die  Figg. 
81a,  82,  85  und  88  c. 


Anatomische  Betrachtung  der  geschlechtsthätigen  Zustände 
des  Weibes:   Anatomia  menstruationis,  graviditatis,  puerperii, 

lactationis. 

Während  beim  Manne  sich  die  Aeusserung  der  Geschlechtsthätigkeit,  ab- 
gesehen von  der  Bereitung  des  Samens,  im  wesentlichen  auf  den  Begattungsakt 
beschränkt,  wird  das  Weib  in  weit  ausgiebigerer  Weise  vom  Geschlechtsleben 
in  Anspruch  genommen;  bei  ihm  stellen  sich  in  seinem  wichtigsten  Lebens- 
abschnitte, dem  katamenialen,  während  dessen  es  seine  volle  Kraft  und  Reife 
besitzt,  Zustände  dauernder  Geschlechtsthätigkeit  ein,  welche  längere  Zeiträume 
umfassen.  Eine  fruchtbare  Kohabitation  bringt,  bei  normalem  Ablaufe  der 
Dinge,  das  menschliche  Weib  auf  15 — 18  Monate  in  Abhängigkeit  von  seinem 
Geschlechtsleben,  und  so  kann,  bei  regelmässigem  Geschlechtsverkehr  eines 
gesunden,  normal  funktionirenden  Weibes,  dessen  ganze  katameniale  Lebens- 
zeit —  wiederum  abgesehen  von  der  Heranbildung  der  weiblichen  Zeugungs- 
elemente, der  Eier  —  durch  seine  Geschlechtsfunktion  in  Anspruch  genommen 
werden.  Diese  Verhältnisse  bedingen  aber  so  tiefgreifende  anatomische  und 
topographisch  anatomische  Veränderungen  an  den  Beckenorganen  des  Weibes 
und  auch  an  dessen  übrigem  Körper,  dass  eine  besondere  Schilderung  derselben 
nöthig  wird.  Es  handelt  sich  um  die  Vorgänge  und  Zustände  der  Men- 
struation, der  Gravidität  und  des  Puerperium.  Auch  die  Laktations- 
periode gehört  hierher;  es  kann  indessen  hier  auf  eine  Schilderung  dieser 
Periode  verzichtet  werden. 

A.  Menstraationsanatomle. 

Unter  Menstruation,  Katameniae,  verstehen  wir  die  regelmässige 
periodische  Blut-  und  Schleimausscheidung  aus  dem  Uterus,  welche 


Geschlechtsthätige  Zustände  des  Weibes:  Menstruation.  575 

im  Anschlüsse  an  die  Ovulation  verläuft.  Sie  charakterisirt  die  ge- 
schlechtsreif e  und  geschlechtsthätige  Lebensperiode  des  Weibes,  welche  daher 
kurz  als  die  „katameniale"  bezeichnet  werden  kann. 

Für  die  hier  nothwendig  werdenden  Benennungen  seien  folgende  in  Vorschlag 
gebracht:  Für  die  drei  Hauptlebensabschnitte  des  Weibes,  rücksichtlich  der  Men- 
struation, gelten  die  Ausdrücke:  promeniale,  katameniale  und  metameniale 
Zeit.  Die  Uebergangsperiode  zwischen  der  katamenialen  und  metamenialen  Zeit 
pflegt  einige  Jahre  zu  dauern;  sie  wird  als  „Klimakterium"  oder  „Klimax«^) 
bezeichnet.  In  dieser  Zeit  wird  die  Menstruation  unregelmässig  und  immer  seltener, 
bis  sie  endgültig  aufhört.  Man  unterscheidet  demnach  noch  eine  „proklimakterische 
Zeit«;  (die  „metaklimakterische«  fällt  mit  der  metamenialen  zusammen).  Um  die  einzel- 
nen Phasen  einer  menstrualen  Periode  selbst  zu  sondern,  wählt  man  seit  langem 
schon  die  Termini:  „menstruell«,  „intermenstruell«,  „prämenstruell«  und 
„p  0  s  t  m  e  n  s  t  r  u  e  1 1«.  Die  Zeit,  während  welcher  die  Ausscheidung  aus  der  Gebärmutter 
stattfindet,  ist  die  menstruelle;  sie  dauert  im  Mittel  3-4  Tage  (3-8  Tage).  Die  Zeit 
vom  ersten  ausscheidungsfreien  Tage  bis  zum  nächstersten  Ausscheidungstage  heisst 
die  intermenstruelle  (24-25  Tage).  Als  prämenstruelle  Zeit  werden  die  zehn 
Tage  unmittelbar  vor  Eintritt  der  nächsten  Menstruation  angesehen.  Da  das  Intervall 
vom  Eintritte  einer  Menstruation  bis  zum  Eintritte  der  folgenden  gewöhnlich  28  Tage 
beträgt,  so  bleiben  dann  14  Tage  für  die  postmenstruelle  Zeit.  —  Die  Eintheilung 
in  diese  verschiedenen  Abschnitte  empfiehlt  sich,  um  die  Bedeutung  des  ganzen  men- 
struellen Uterinlebens  klar  darstellen  zu  können. 

Die  anatomischen  Veränderungen  der  3—4  Tage  anhaltenden  men- 
struellen Zeit  spielen  sich  im  wesentlichen  an  der  Mucosa  corporis  uteri 
ab.  Dieselbe  zeigt  sich  beim  Eintritte  der  menstruellen  Ausscheidung  bis  auf 
6—7  mm  Dicke  angeschwollen;  das  ist  das  Doppelte  ihrer  Stärke  in  der  post- 
menstruellcn  Zeit  (Leopold,  1.  c.  inf.).  Sie  ist  stark  hyperämisch,  die  Ka- 
pillaren und  Venen  sind  strotzend  mit  Blut  gefüllt,  und  aus  ihnen  kommt  es 
zur  Blutausscheidung  per  Diapedesin,  jedoch  auch  per  Rhexin;  letzteres  ist  bei 
starken  Blutungen  wohl  immer  der  Fall. 

Die  Schwellung  der  Schleimhaut  beruht,  abgesehen  von  der  Gefässfüllung, 
auf  einer  Wucherung  der  Rundzellen  des  Interglandulargewebes  mit  Verlänge- 
rung und  Erweiterung  der  Uterindrüsen,  und  auf  einer  Einwanderung  von  Leuko- 
cyten  in  die  Schleimhaut;  hierzu  gesellt  sich  noch  eine  starke  seröse  Durch- 
tränkung. Zu  einer  Ausbildung  von  Zellen,  welche  den  Deciduazellen  gleich 
wären,  kommt  es  nicht. 

Nachdem  diese  Vorgänge  und  die  von  ihnen  abhängige  schleimig-blutige 
Ausscheidung  ihren  Höhepunkt  erreicht  haben,  kommt  es  zum  raschen  Rück- 
gange: das  Blut  verliert  sich,  die  Ausscheidung  wird  mehr  schleimig,  bleibt  aber 
etwas  trübe;  schliesslich  wird  sie  heller  und  spärlicher,  bis  sie  ganz  aufhört. 

Die  Frage,  ob  hierbei  die  ganze  üterusschleimhaut,  oder  der  grösste 
Theil  derselben,  insbesondere  das  ganze  Epithel  degenerativ  zu  Grunde  gehe, 
und  mit  dem  Ausflusse  ausgestossen  werde,  muss  ich,  im  Einverständnisse  mit 
den  Ergebnissen  von  Mandl,  Westphalen  und  Strassmann,  dahin  beant- 
worten, dass  jedenfalls  ein  Theil  des  Epithels  und  auch  der  Rundzellen  durch 


1)  Von  xh^axt^Q,  Stufe  (einer  Treppe,  Leiter),  Absatz,  bezw.  xXtfia^,  Leiter. 


oTf)  Geschlechtsthätige  Zustände  des  Weibes:  Menstruation. 

fettige  Metamorphose  und  Zerfall  in  Verlust  kommt,  indem  die  zerfallenen 
Massen  grösstentheils  mit  ausgeschieden,  zum  Theil  wohl  auch  resorbirt,  oder 
durch  Phagocytose  beseitigt  werden. 

Gebhard  will  einen  regressiven  Process  nur  in  minimalem  Grade  und  als 
mehr  zufälligen  gelten  lassen;  selbst  die  Epitheldecke  der  von  ihm  beschriebenen 
kleinen  sub epithelialen  Hämatome  soll  meist  erhalten  bleiben.  Das  andere  Extrem, 
Untergang  der  Schleimhaut  in  grösserem  Maasse,  wird  neuerdings  durch  v.  Kahl  den 
vertreten. 

Die  Schleimhaut  der  Cervix  uteri  nimmt,  abgesehen  von  einer  unbe- 
deutenden Schwellung,  an  den  Veränderungen  nicht  Theil.  Das  Verhalten  der 
Tubenschleimhaut  ist  noch  nicht  genügend  aufgeklärt;  jedenfalls  sind,  wenn 
Veränderungen  überhaupt  hier  vorkommen,  dieselben  nur  gering. 

Nach  dem  Aufhören  des  Blutabganges,  während  der  postmenstruellen 
Zeit,  ist  die  Schleimhaut  blass,  niedrig  (2— 3  mm  Durchmesser);  die  Drüsen 
und  Gefässe  kommen  auf  den  gewöhnlichen  Stand  zurück;  das  verloren  ge- 
gangene Epithel  ersetzt  sich  schnell. 

Etwa  10  Tage  vor  der  nächsten  Menstruation  beginnt  die  praemen- 
struelle  Zeit,  gekennzeichnet  durch  ein  allmähliches  Wiederanschwellen  der 
Uterusschleimhaut,  welches  so  lange  fortgeht,  bis  der  Eintritt  der  neuen  men- 
struellen Blutung  ihm  wiedeium  ein  Ende  macht.  So  spielt  sich  der  Vorgang 
in  rhythmischer  Wellenbewegung  während  der  ganzen  katamenialen  Lebens- 
periode des  Weibes  ununterbrochen  ab.  Die  Blutausscheidung,  das  was  man 
gewöhnlich  Menstruation  nennt,  ist  nur  eine  kurze,  in  regelmässigen  Inter- 
vallen einschneidende  Phase  des  ganzen  Vorganges,  durch  welchen  die  Gebär- 
mutter ihren  Antheil  an  dem  geschlechtlichen  Leben  fortdauernd  dokumentirt. 

Der  menstruelle  Vorgang  ist  auf  das  Innigste  mit  dem  ganzen  physischen  und 
psychischen  Leben  des  Weibes  verknüpft.  Von  den  Veränderungen  in  den  übrigen 
Organen  seien  hier  nur  die  Anschwellungen  der  Eierstöcke,  der  Scheidenschleimhaut 
und  der  äusseren  Geschlechtstheile,  soAvie  die  vermehrte  Turgescenz  der  Brüste, 
welche  mit  dem  Beginne  der  Menstruationsblutung  eintreten,  hervorgehoben.  Die 
psychischen  Abänderungen,  welche  die  einzelnen  Phasen  der  menstruellen  Periode 
begleiten,  sind  bekannt.  Allgemeinleiden  greifen  störend  in  den  Menstruationsvorgang 
ein.  Eine  normale  Menstruationsthätigkeit  lässt  auf  ein  gesundes  Verhalten  der  Ge- 
schlechtsorgane schliessen,  eine  abnorme  auf  ein  krankes,  so  dass  die  Menstruation 
die  wichtigsten  diagnostischen  Anhaltspunkte  gewährt. 

Der  Eintritt  der  ersten  Menstruation  fällt  in  der  heissen  Zone  im  Durchschnitte 
zwischen  das  11.— 14.  Jahr,  in  der  gemässigten  zwischen  das  13.— 16.,  in  der  kalten 
zwischen  das  15.— 17.  Uebrigens  spielen  auch  Rasseneigenthümlichkeiten  eine  Rolle  ^), 
Die  Wiederkehr  der  Blutausscheidung  findet,  wie  bemerkt,  für  gewöhnlich  alle  4  Wo- 
chen, also  alle  Mondesmonate  statt;  manche  Frauen  menstruiren  aber  auch  alle  21 
oder  alle  24  Tage,  ohne  jegliche  Störung.  Nährt  die  Mutter  nach  der  Entbindung 
nicht,  so  pflegt  sich  die  Menstruation  nach  4—6  Wochen  wieder  einzustellen.  Das 
normale,  spontane  Aufhören  der  Menstruation  fällt  in  das  45.— 50.  Lebensjahr;  damit 
beginnt  für  das  Weib  die  metameniale  Periode  seines  Lebens. 

Von   den   menstruellen  Blutungen   müssen    die   pseudomenstruellen   unter- 


1)  Ploss-Bartcls,  Das  Weib.    5.  Aufl.,    Bd.  I,    S.  286.    1897   (mit  ausführlicher 
Litteratur). 


Geschlechtsthätig-e  Zustände  des  Weibes:  Menstruation.  577 

schieden  werden.  Man  versteht  hierunter  solche,  annähernd  periodische  Blutverluste 
welche  eine  Menstruation  vortäuschen  können,  jedoch  nicht  mit  der  Ovulation  zu- 
sammenhängen. 

Bedeutung  der  Menstruation.     Es   ist   sicher   gestellt,    dass  die 
Menstruation  ein  unmittelbar  von  der  Ovulation,    das  heisst  also  von  der  Aus- 
bildung und  normalen  Entleerung  reifer  Eier  abhängiger  Vorgang  ist*).     Nach 
einer   Kastration    oder    nach    morbidem    Untergänge    der   Eierstockstliätigkeit 
hört    auch    die    Menstruation    auf.      Während    der    Schwangerschaft    und    der 
Laktation  cessirt  in  der  Regel  die  Menstruation,  und  zwar  deshalb,  weil  wäh- 
rend dieser  Periode,  sicher  während  der  Schwangerschaft,  keine  Ovulation  statt- 
findet.    Hört,  wie  in  seltenen  Fällen  beobachtet  wird,  die  periodische  Blutung 
während  der  Schwangerschaft  nicht  auf,  so  handelt  es  sich  um  pseudomenstruelle 
Zustände;    der  Vorgang  zeigt  dann  immer  auch  Abweichungen  von  der  Norm. 
Tritt  die  Menstruation   während   einer  Laktation  auf,   so  ist  dies  ein  Zeichen, 
dass  die  Ovulation  wieder   begonnen  hat.     Somit  ist  die  normale  Menstruation 
ein  sicheres  Zeichen  für  eine  normale  Ovulation.     Umgekehrt  kann  man  nicht 
sagen,  dass  die  Menstruation  die  Ovulation   beeinflusse.     Indessen   ist  die  Ab- 
hängigkeit der  Menstruation  von  der  Ovulation  nicht  in  der  Weise  aufzufassen, 
dass  etwa  der  Eintritt  der  Reife   irgend   eines  bestimmten  Eies  oder  der  Aus- 
tritt   eines   solchen   reifen  Eies  den  Beginn   der  Blutung   alsbald   herbeiführe. 
Das  betreffende  Ei  —  nennen   wir   es   das   tautomeniale  —  kann  vielmehr 
jeden  Tag  innerhalb  der  intermenstruellen  Zeit  reif  werden  und  austreten,  ohne 
dass  dadurch  alsogleich  die  Blutung   ausgelöst  wird.     Es  scheint  jedoch,    dass 
unter  Umständen  dies  der  Fall  ist,   und   dass   der  Austritt   der   tautomenialen 
Eier  meist  wenige  Tage  (2—3)   vor   der  Blutung  erfolgt.     Nicht  die  einzelnen 
Akte  bedingen  einander,  sondern  der  ganze  Vorgang  der  normalen  Eierstocks- 
thätigkeit    ist    mit    dem    gesamten    wellenförmig    ablaufenden    Vorgange    der 
menstruellen  Uterusthätigkeit  verknüpft.    Strassmann  1.  c.  i.  drückt  sich,  wie 
mir  scheint,  w^ohl   am  treffendsten   aus,    wenn  er  (S.  92)  sagt  „die  periodische 
Schwellung   des  Endometrium   ist   eine   Funktion   (im    mathematischen   Sinne) 
der  Eireife". 

Aus  dieser  Auffassung  der  Dinge  folgt  aber,  dass  die  Bedeutung 
der  Menstruation  in  der  Vorbereitung  der  üterusschleim- 
haut  zur  Aufnahme  eines  befruchteten  reifen  Eies  zu  sehen 
i  s  t.  Damit  ist  zugleich  gesagt,  dass  die  wesentlichste  Phase  der  Menstruation 
in  den  prae menstruellen  Veränderungen  liegt.  Der  Blutaustritt,  sowie 
die  Rückbildung,  unter  theilweisem  Verluste  der  Schleimhautelemente,  tritt  dann 
ein,    wenn   das  ausgetretene  tautomeniale  Ei  unbefruchtet  zu  Grunde  gegangen 


1)  Ich  lege  nicht  nur  Gewicht  auf  die  Ausbildung  normaler  Eier,  sondern 
auch  auf  deren  normalen  Austritt  aus  ihren  Follikeln;  wenigstens  halte  ich  es  für 
möglieh,  dass  bei  Frauen,  deren  Eier  zwar  heranreifen,  aber  in  den  uneröffneten 
Follikeln  zu  Grunde  gehen  —  man  könnte  das  nach  Analogie  der  Begriffe  ^missed 
labour"  und  „missed  abortion"  mit  dem  Terminus  „missed  Ovulation"  bezeichnen, 
Störungen  der  Menstruation  eintreten. 

Wald  eye  r»  Das  Becken.  37 


578  Geschlechtsthätige  Zustände  des  Weibes:  Menstruation. 

ist;  dann  ist,  so  kann  man  sagen,  die  weitere  Ausbildung  der  für  dieses  Ei 
herangewachsenen  Uterussehleimhaut  unnütz  geworden;  sie  bildet  sich  zurück 
unter  Erscheinungen,  die  im  kleinen  an  die  Ausstossung  der  mütterlichen  Ei- 
hüllen  bei  einem  Abortus,  oder  auch  an  die  Ausstossung  der  Secundinae 
maternae  bei  einer  normalen  Geburt  erinnern  ^). 

Wir  schliessen  an  die  vorstehende  Darstellung  noch  einige  Bemerkungen, 
welche  besondere  Verhältnisse  betreffen.  Es  ist  praktisch  wichtig  zu  beachten,  dass 
ein  verhältnissmässig  kleiner  Theil  von  Eierstocksparenchym  genügt,  um  die  Ovulation 
und  die  menstruellen  Funktionen  zu  unterhalten.  Man  lässt  deshalb  bei  Exstirpationen 
soviel  gesunden  Eierstocksgewebes  zurück,  als  möglich  ist.  —  Es  scheint,  dass  beide 
Eierstöcke  in  einer  gewissen  Weise  bei  der  Ovulation  abwechseln.  —  Wie  die  Men- 
struation, so  ist  auch  die  gesamte  anatomische  Ausbildung  des  Uterus  von  der  Ovu- 
lation abhängig,  nicht  jedoch  umgekehrt.  Bei  Fehlen  des  Uterus,  oder  mangelhafter 
Ausbildung  desselben,  können  wohlgebildete  und  gut  funktionirende  Ovarien  vor- 
handen sein;  bei  mangelhaft  entwickelten  Eierstöcken,  oder  bei  Fehlen  der  letzteren, 
ist  aber  stets  ein  mangelhaft  ausgebildeter  Uterus  anzunehmen,  oder  derselbe  fehlt 
ebenfalls;  von  dem  Einfluss  der  Kastration  war  schon  die  Rede.  —  Ovulation  ohne 
begleitende  Menstruation  deutet  beim  geschlechtsreifen  Weibe  auf  Störungen  hin. 

Der  mannigfaltigen  Störungen  und  Varianten  der  Menstruation  kann 
hier  nur  kurz  gedacht  werden.  In  erster  Linie  wäre  die  vikariirende  Menstrua- 
tion und  die  Menstruatio  occulta  zu  erwähnen.  Bei  der  ersteren  finden  die 
blutigen  Ausscheidungen  auf  anderen  Schleimhäuten,  selbst  auf  der  äusseren  Haut, 
statt;  die  Uterusschleimhaut,  falls  sie  vorhanden,  bleibt  frei.  Meist  tritt  die  vikariirende 
Menstruation  ein,  wenn  der  Uterus  fehlt,  oder  mangelhaft  entwickelt  ist.  Bei  der 
Menstruatio  occulta  kommt  es  nicht  zu  einer  Ausscheidung,  doch  sind  dann  die 
übrigen  Erscheinungen,  insbesondere  Schmerzen  im  Kreuz  u.  a.,  vorhanden,  Molimina 
menstrualia.  Fehlt  die  Menstruation  gänzlich,  so  sprechen  wir  von  Amenorrhoe, 
sind  abnorme  Beschwerden  vorhanden,  von  Dysmenorrhoe.  Es  sind  weiterhin  zu 
unterscheiden  der  übermässig  starke  Ausfluss,  M.  profusa  oder  nimia,  und  die  spär- 
liche Menstruation,  wobei  kaum  ein  Blutabgang  zu  bemerken  ist,  M.  alba.  Die 
schwerste  Störung  nach  dieser  Richtung  hin  ist  die  sogenannte  Dysmenorrhoea 
membranacea,  oder  richtiger,  nach  Löhlein,  Exfoliatio  mucosae  uteri 
menstrualis;  hierbei  wird,  meist  unter  grossen  Schmerzen  und  sonstigen  Beschwer- 
den, fast  die  gesamte  Mucosa  uteri  abgestossen.  Andere  Abweichungen  sind  endlich 
in  dem  zu  frühen  oder  zu  späten  Eintreten  der  Menses  gegeben:  M.  praecox  und 
M.  tarda.  Es  sind  eine  verhältnissmässig  grosse  Anzahl  von  Fällen  bekannt,  in  denen 
schon  kleine  Kinder  in  den  ersten  Lebensjahren  menstruirten;  meist  sind  allerdings 
dann  auch  die  übrigen  physischen  Zeichen  einer  geschlechtlichen  Frühreife  vorhanden, 
selten  die  psychischen.  Eine  Menstruatio  tarda  weist  fast  immer  auf  Störungen  der 
allgemeinen  Ernährung  oder  des  tuboovarialen  Apparates  hin  2). 


1)  Simpson,  Obstetr.  Journ.  of  Great  ßritain.  1876,  January,  citirt  bei  Strass- 
mann,  sagt  vön  der  Menstruation:  „Birth  of  an  unimpregnated  Ovulum".  Ganz 
scharf  ist  dieser  Vergleich,  wie  aus  dem  im  Text  Gesagten  hervorgeht,  freilich  nicht. 

2)  Vgl.  zu  diesem  Kapitel  vor  Allem:  Strassmann,  F.,  Beiträge  zur  Lehre 
von  der  Ovulation,  Menstruation  und  Conception.  Arch.  f.  Gynäkol.  Bd.  52.  1896  (mit 
Litteratur).  —  Ferner:  Gusser ow,  A.,  Ueber  Menstruation  und  Dysmenorrhoe.  Klin. 
Vorträge,  herausg.  von  R.  Volk  mann.  1874,  Nr.  81.  -»  Leopold,  G.,  Studien  über 
die  Uterusschleimhaut  während  Menstruation,  Schwangerschaft  und  Wochenbett.  Arch. 
f.  Gynäkol.  Bd.  XL  1877.  —  Derselbe,  Untersuchungen  über  Menstruation  und  Ovu- 
lation.  Ebend.  Bd.  XXI.  ~    Leopold  und  Mironoff,    Beiträge  zur  Lehre  von  der 


Geschlechtsthätige  Zustände  des  Weibes:  Schwangerschaft.  579 

B.    Oraviditätsanatomie. 

Die  Schwangerschaft  beginnt  mit  dem  Augenblicke,  in  welchem 
das  im  mütterlichen  Körper  befindliche  Ei  befruchtet  ist  und  somit  in  die  Ent- 
wicklung zum  Embryo  eintritt.  Als  Ort  der  Befruchtung  muss,  wie  wir 
sahen,  mit  grosser  Wahrscheinlichkeit  die  Pars  arapuUaris  tubae  angenommen 
werden.  Jede  normale  Schwangerschaft  des  menschlichen  Weibes  beginnt  daher 
als  Tubarschwangerschaft.  Von  dem  Flimmerstrome  der  Tuben  getragen,  bewegt 
sich  das  langsam  anwachsende  Ei  zum  Cavum  uteri  hin,  um  sich  hier  zu  seiner 
endgiltigen  Ausbildung  festzusetzen.  Man  nennt  denjenigen  Abschnitt  der  Ge- 
bärmutterhöhle, in  welcher  das  Ei  zum  geburtsreifen  Fötus  sich  entwickelt, 
und  in  welchem  die  dazu  erforderlichen  Veränderungen  der  Uterusschleimhaut 
vor  sich  gehen,  den  „ßrutraum".  Als  solcher  muss  unter  normalen  Verhält- 
nissen das  Cavum  uteri  angesprochen  werden. 

Wie  lange  Zeit  ein  betrachtetes  Ei  gebraucht,  die  Tube  zu  durchwandern,  ist  für 
den  Menschen  noch  nicht  genau  bekannt,  v.  WinckeP)  bemerkt,  dass  mit  dem  achten 
Tage  das  sich  entwickelnde  Ei  bereits  einen  Durchmesser  von  3  mm  säu  erreichen 
pflege  und  somit  die  knapp  2—3  mm  messende  Pars  intramuralis  der  Tube  nicht  mehr 
zu  passiren  vermöge.  Man  wird  sonach  nicht  fehl  gehen,  wenn  man  den  Eintritt  in 
den  Uterus  in  die  Zeit  von  3—6  Tage  verlegt. 

Einbettang  des  Eies.    Entwicklung  der  Eihäute  und  der  Placenta. 

Das  Ei  findet  nach  dem  im  vorigen  Abschnitte:  „Menstruationsanatomie" 
gesagten  im  Uterus  die  Schleimhaut  auf  der  Höhe  ihrer  katamenialen  Ent- 
wicklung vor,  und  diese  Entwicklung  steigert  sich  durch  den  in  seinem 
Wesen  noch  nicht  aufgeklärten  Einfluss  des  befruchteten  Eies  immer  wei- 
ter. Infolge  dessen  wird  das  ebenfalls  wachsende  Ei  alsbald  aaf  seinem 
Wege  aufgehalten.  An  der  Stelle,  wo  es  liegen  bleibt,  geht  das  üterusepithel 
zu  Grunde,  und  nunmehr  ist  das  Ei  wegen  der  mangelnden  Flimmerbewegung 
hier  festgelegt.  Die  mütterlichen  Kapillargefässe  an  dieser  Stelle  und  in  der 
nächsten  Umgebung  erweitern  sich  bedeutend  zu  sinusähnlichen  Räumen 
und  treten  dicht  an  das  Ei  heran.  Schon  sehr  frühzeitig  entwickelt  der  aus 
dem  Eie  entstehende  junge  menschliche  Embryo  seine  Eihäute,  das  Am- 
nion und  Chorion.  Das  letztere  besteht  aus  einer  äusseren,  zur  Uterus- 
schleimhaut gewendeten  fötalen  Ektodermschicht  und  einer   inneren  spärlichen 


Menstruation.  Ebend.  Bd.  XLV.  —  Löhlein,  Die  Bedeutung  von  Hautabgängen  bei 
der  Menstruation  nebst  Bemerkungen  über  prämenstruelle  Kongestion.  Gynäkol.  Tages- 
fragen, Heft  ir.  —  Gebhard,  Ueber  das  Verhalten  der  üterusschleimhaut  bei  der 
Menstruation.  Zeltschr.  f.  Geburtsh,  u.  Gynäkol.  Bd.  XXXH.  1895.  —  v.  Kahl  den,  C, 
Ueber  das  Verhalten  der  Uterusschleimhaut  während  und  nach  der  Menstruation. 
Beiträge  zur  Geburtshülfe  und  Gynäkologie.  Festschrift.  Stuttgart,  1889.  —  Mandl,  L., 
Beitrag  zum  Verhalten  der  üterusmucosa  während  der  Menstruation.  Arch.  f.  Gynäkol. 
Bd.  LH.  1896.  —  Westphalen,  Zur  Physiologie  der  Menstruation:  mikroskopische 
Studien.   Ebend.  Bd.  LH,  S.  35.  1896. 

1)  Win  ekel,  v.,  Lehrbuch  der  Geburtshülfe.  1893.    (Citirt   nach  Strassmann, 
1.  c.  [S.  578]. 


580    Geschlechtsthätige  Zustände  des  Weibes:  Entw.  der  Eihäute  ü.  der  Placenta. 

Mesodermlage.  Die  Ektodermschicht  wächst  zunächst  in  Form  von  Zotten  all- 
seitig, insbesondere  aber  gegen  die  Uterinschleimhant  vor,  und  diese  Zotten 
stülpen  die  dünnen  Wände  der  mütterlichen  Kapillarsinus  ein.  So  wird  das 
Ei  in  die  Tiefe  der  Uterinmukosa  versenkt.  Wahrscheinlich  haben  die  fötalen 
Ektodermzellen  phagocytische  Eigenschaften,  denn  nach  der  Meinung  der  mei- 
sten neueren  Autoren  würden  schon  sehr  früh  die  Wände  der  mütterlichen 
Kapillarsinus  von  den  Zotten  durchbrochen,  so  dass  letztere  unmittelbar  vom 
mütterlichen  Blute  umspült  würden.  Die  aus  den  eröifneten  dilatirten  mütterlichen 
Kapillaren  hervorgegangenen  Räume  sind  die  Anfänge  der  späteren  inter- 
villösen  Räume  der  fertigen  Placenta.  Mir  ist  es  zweifelhaft  geblieben, 
ob  eine  derartige  Eröffnung  stattfindet. 

Rings  um  das  einsinkende  Ei  wächst  nun  die  umgebende  hypertrophische 
Mucosa  uteri  gegen  den  zum  Lumen  uteri  gerichteten  Pol  des  Eies  vor,  bis 
das  letztere  gänzlich  umschlossen  wird,  und  in  der  Mucosa  uteri  eingekapselt 
liegt. 

Nach  der  Schilderung  von  Peters^),  welcher  das  jüngste  bisher  bekannte 
menschliche  Ei  in  situ  untersucht  hat  —  er  nimmt  dessen  Alter  der  Grösse 
nach  (1,6  mm  im  grössten  Durchmesser,  0,8  und  0,9  in  beiden  anderen  Durch- 
messern) auf  2 — 3  Tage  an  —  kann  man  um  diese  Zeit  die  Stelle  des  Eies 
als  eine  hanfkorngrosse  lichtere  Partie  in  einer  Mukosavorwölbung  erkennen. 

Die  Mucosa  uteri  hat  dann  eine  Dicke  von  fast  einem  Centimeter  erreicht; 
sie  ist  durch  Furchen  in  höchst  charakteristischer  Weise  in  Felder  getheilt  und 
fällt  am  inneren  Muttermunde  unter  Bildung  von  zungenförmigen  Vorsprüngen 
gegen  die  nicht  angeschwollene  Cervikalschleimhaut  ziemlich  schroff  ab. 

Man  bezeichnet  die  gesamte  in  dieser  Weise  hypertrophirte  Schleim- 
haut des  Corpus  uteri  als  Decidua  vera;  denjenigen  Theil  der  Decidua, 
welcher  zwischen  Ei  und  Uteruswand  liegt,  nennt  man  Decidua  basalis, 
denjenigen,  welcher  das  Ei  nach  der  Lichtung  des  Uterus  umschliesst  und  so- 
mit vom  Lumen  uteri  trennt,  Decidua  capsularis. 

Aus  der  Decidua  basalis  entwickelt  sich  in  stetigem  Fortschreiten  von 
dem  jetzt  geschilderten  Stadium  an,  unter  Mitwirkung  der  fötalen  Eihäute,  der 
Mutterkuchen,  Placenta.  Seine  beiden  Antheile  werden  als  Placenta 
uterina  und  Placenta  foetalis  unterschieden. 

Der  Vorgang  der  Einbettung  des  Eies  ist  noch  nicht  völlig  klar  gelegt.  Nach 
den  wichtigen  Untersuchungen  von  Graf  Spee^)  (bei  Meerschweinchen)  und  den  Be- 
funden von  Peters  ist  es  auszuschliessen,  dass  das  Ei  auf  der  Oberfläche  der  Mucosa 
liegen  bleibt  und  nun  allseitig  von  der  eniporwuchernden  Decidua  umwallt  wird. 
Das  Ei  gelangt  vielmehr  vor  irgend  einem  umwallenden  Wachsthumsprocesse  schon 
in  die  Tiefe  der  Mucosa  uteri.  Wie  das  geschieht,  ob  durch  ein  aktives  Hinein- 
wandern, oder  durch  ein  Versenktwerden,  das  bleibt  noch  zu  ergründen.  Ich  halte 
fürs  Erste  die  vorhin  gegebene  Auffassung  für  annehmbar. 


1)  Peters,  H.,  Demonstration  eines  sehr  jungen  menschlichen  Eies.  Verhandl. 
der  Gesellsch.  deutscher  Naturforscher  und  Aerzte.  69.  Vers,  in  Braunschweig^  1897. 
Leipzig,  Vogel,  1898.  S.  175.  —  S.  auch  Verhandl.  des  VII.  Congresses  der  deutschen 
Gesellsch.  f.  Gynäkol.  1897. 


*-.i}i-iil;iri>    ;il>   JhH'hhiti    n'il}r\;r',      Au«'!!    tlN^    Al>küryjiiiu'.'ii   ,.S,.r^»iiti;i "    iin,!   J',^<'ji<-x;i -' 

li.illfifsjiflM'  iKK'h,  MUS  il<ii  v«i}i  itji'^-iiti  :ni<;uvlHiii|iii  baiiüifVH'itii^i:-  x'vT/w^^lixtvu 
Ziitifth  \iUi  |il:ir  i'ii  I  nlr<.  i  i;i>  rliDrioii  i^l  r'iii  A!>kfiiii!iilii{^::'  ilvr  mhh  lu]tn> 
i^T'liihliini  rJiliiilrriti.ilr-ii  „sri-TiHrii  iliilh'^'  iiin1  il<i'  iiiil  ilii'Sii*  s|iiili'r  \^i'^ 
l)iiui!tii*"ii    A  ll.-iiii  «Jis.     Iii'iiii  M<ii><'l»ii    \\:m*Iis!    lii«*    AlLiiilois  iiii^iil    ;ils    lUasr   iim 


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582    Geschlechtsthätige  Zustände  des  Weibes:  Entw.  der  Eihäute  u.  der  Placenta. 

degewebe  in  die  ektodermalen  Zotten  der  serösen  Hülle  hinein.  Von  jetzt  ab 
führt  nun  die  Hülle  den  Namen  „Chorion";  die  Zotten  heissen  „Chorion- 
zotten'^,  oder  „Placentarzotten".  Jede  Chorionzotte  besteht  sonach  aus  einer 
bindegewebigen  gefässführenden  Axe,  welche  von  dem  Bauchstielgewebe  stammt, 
und  aus  einem  epithelialen  üeberzuge,  welcher  auf  die  seröse  Hülle,  in  letzter 
Instanz  also  auf  das  fötale  Ektoderm  zurückzuführen  ist. 

Die  Blutgefässe  des  Bauchstieles  entstammen  den  Arteriae  umbilicales  des 
Fötus,  welche  aus  der  Arteria  hypogastrica  ihren  Ursprung  nehmen.  Anfangs, 
bei  sehr  kleinen  Arteriae  iliacae  communes  und  hypogastricae,  erscheinen  sie 
wie  direkte  Aeste  der  Aorta.  In  den  Zotten  lösen  sie  sich  in  Kapillaren  auf; 
ihr  Blut  wird  durch  die  einfache  Vena  umbilicalis  zum  Fötus  zurückge- 
führt. Diese  drei  Gefässe  mit  dem  sie  umgebenden  mesodermalen  Gewebe 
bilden  die  Grundlage  der  Nabelschnur  s.  w.  u.;  durch  diese  wird  der  Fö- 
tus an  die  Placenta  und  somit  an  seine  Mutter  geknüpft. 

Zu  den  genannten  wesentlichen  Bestandtheilen  der  Nabelschnur  kommt  noch 
der  vorhin  erwähnte  entodermale  AlJantoisgang,  Ductus  allantoidis,  welcher 
sich  meist  bis  zur  Geburt  in  Resten  erhält;  man  erkennt  ihn  an  Querschnitten  der 
reifen  Schnur  als  kleine  rundliche,  lumenlose  Epithelmasse  inmitten  der  drei  grossen 
Gefässe  (Rüge,  Sabine  u  A.i),  und  der  gleichfalls  entodermale  Dottergang,  Ductus 
vitel  leint  est  in  aus,  mit  den  ihn  begleitenden  kleinen  Dotterblasengefässen,  Vasa 
vitellina.  Der  Dottergang  führt  zur  Dotter  blase  oder  Nabelblase,  Vesicula 
umbilicalis,  welche  beim  Menschen  über  Erbsengrösse  erreicht  und  oft  noch  bis 
zur  Geburt  des  Kindes  sich  erhält;  sie  wird  dann  in  abgeplattetem  Zustande,  meist 
entfernt  von  der  Einpflanzungsstelle  der  Nabelschnur,  am  Rande  der  Placenta, 
oder  über  denselben  hinaus,  zwischen  Chorion  und  Amnion  gefunden,  während 
sich  der  Dottergang  mit  seinen  Gelassen  in  der  Nabelschnur  nur  in  den  ersten 
Monaten  erhält 2).  Das  Nabelbläschen  hat  am  Ende  der  Schwano;erschaft  einen  Durch- 
messer von  3— 10 mm;  meist  sieht  man  von  ihm  aus  noch  einen  feinen  Faden  als 
Rest  des  Dotterganges  bis  zur  Insertion  der  Nabelschnur  in  die  Placenta  verlaufen. 
Alles  dieses  ist  vom  Amnion  umgeben,  welches  von  der  Einpflanzungsstelle  der  Nabel- 
schnur in  die  Bauchhaut  des  Fötus,  d.i.  vom  Nabel,  Umbilicus,  ausgeht,  der  Nabel- 
schnur entlang  zieht,  indem  es  dieselbe  ringsum  einscheidet  und  schliesslich  die  fötale 
Fläche  der  Placenta  überzieht,  um  von  deren  Rande  aus  den  Embryo  sackförmig  zu 
umkleiden.  Hierdurch  bekommt  die  Oberfläche  der  Nabelschnur,  sowie  die  fötale  Pla- 
centarfläche  eine  glatte  epitheliale  Bekleidung.  Während  dieser  amniotische  üeberzug 
mit  dem  Nabelschnurgewebe  zu  einer  einheitlichen  Bildung  fest  verwächst,  lässt  er 
sich  vom  Chorion,  sowohl  im  Bereiche  der  Placenta  als  auch  ausserhalb  derselben, 
stets  leicht  trennen;  zwischen  beiden  Häuten  befindet  sich  schleim-  und  eiweisshaltige 
Substanz,  Massa  intermedia.    S.  w.u. 

Man  vergleiche  zu  dem  Gesagten  Fig.  43  S.  125.  Dieselbe  zeigt  das  Chorion 
mit  seinen  bereits  sehr  reich  entwickelten  Zotten.  Aus  dem  embryonalen  Leibe  rao-t 
der  die  entodermale  AUantois  enthaltende  mesodermale  Bauch  stiel  (His),  hervor 
welcher  sich  in  das  Chorion  inserirt;  derselbe  bildet  die  Anlage  der  Nabelschnur.  Man 


1)  Rüge,  C,  lieber  die  Gebilde  im  Nabelstrang.  Zeitschrift  f.  Geburtsh.  und 
Gynäkologie.  Bd.  I,  S.  1  und  S.  253.  —  Sabine,  Ueber  den  Bau  der  menschlichen 
Nabelschnur.   Arch.  f.  Gynäkologie.  Bd.  IX.  1875. 

2)  Schnitze,  B.,  Das  Nabelbläschen,  ein  constantes  Gebilde  in  der  Nachgeburt. 
Leipzig,  1861. 


Geschlecbtsthätige  Zustände  des  Weibes:  Entw.  der  Eihäute  u,  der  Placenta.    583 

sieht  aus  dem  Bauchstiele  ein  zu  den  Nabelgefässen  gehöriges  Gefäss  treten,  welches 
sich  an  der  inneren  Fläche  des  Chorion  verzweigt. 

Ferner  tritt  in  der  Figur  das  Endstück  des  Dotterganges  mit  der  Dotterblase 
(Vesicul.  umbil.)  und  den  begleitenden  Dottergangsgefässen  (Vasa  omphalomesenterica) 
von  dem  Bauchstiele  ab  zur  inneren  Chorionwand  hin.  Das  Amnion  liegt  bei  diesem 
Entwicklungsstande  des  Embryo  letzterem  noch  dicht  an;  zwischen  Amnion  und  Cho- 
rion befindet  sich  noch  eine  grössere  Menge  Flüssigkeit,  die  Vorstufe  der  Massa 
intermedia. 

Das  Amnion  umschliesst  als  innerste  Eihülle  den  Embryo  zunächst  und  liegt 
ihm,  wie  eben  bemerkt,  anfangs  dicht  an,  s.  Figg.  43  u.  116b.  Später  wird  es  durch 
eine  sich  stets  vermehrende  Flüssigkeitsmenge,  das  Fruchtwasser,  Liquor  amnii, 
vom  Embryo  abgehoben  und  legt  sich  dann  der  Innenfläche  der  Placenta  und  des 
Chorion  an,  unter  Reducirung  der  eben  genannten  Flüssigkeit.  Die  Massa  inter- 
media erscheint  später  als  eine  mit  Zellen  durchsetzte  gallertige  Masse,  der  man 
dann  den  Naiften  einer  „Membrana  intermedia"  gegeben  hat;  die  Zellen  sind 
wohl  von  eingewanderten  Leukocyten  abzuleiten. 

Das  Fruchtwasser  muss  im  wesentlichen  als  eine  fötale  Abscheidung  ange- 
sehen werden.  Im  5.— 6.  Monate  ist  es  am  stärksten  entwickelt  (bis  zu  1  Liter);  gegen 
Ende  der  Gravidität  ist  meist  nur  noch  V2  I^iter  vorhanden;  es  ähnelt  am  meisten 
einem  verdünnten  Lymphserum  und  zeigt  etwa  1%  feste  Bestandtheile,  darunter  Ei- 
weiss,  Harnstoff  und  Traubenzucker.  Es  bildet  einen  äusserst  wichtigen  Schutz  für 
Mutter  und  Frucht  und  erleichtert  in  hohem  Grade  den  Geburtsvorgang. 

Während  diese  Wachsthums-  und  Bildungsvorgänge    von  Seiten  des  Em- 
bryo sich  vollziehen,  durch  welche  also  die  beiden  fötalen  Eihäute,  Chorion  und 
Amnion,    der  fötale  Antheil    der   Placenta,    das  Fruchtwasser   und   die  Nabel- 
schnur gebildet  werden,  finden  ähnliche  Wachsthums-  und  Umbildungsvorgänge 
auch    an  der  Decidua  corporis  uteri    und    an   den  übrigen  Wandschichten  der 
Gebärmutter  statt.     Aus  den  perivaskulär  gelegenen  Zellen  des  Interglandular- 
gewebes^)  entwickeln  sich,   unter  starker  Vermehrung  durch  Theilung,   grosse 
protoplasmareiche,    zum    Theil    mehrkernige,    höchst    charakteristische   Zellen, 
welche  man  als  Deciduazellen  bezeichnet;    sie    entstehen  insbesondere  in 
der  Decidua  basalis  und  bilden  den  Haupttheil  der  Placenta  uterina.    Nebenher 
geht  in  diesem  Placentarabschnitte  die  Bildung  der  Blutlakunen  weiter;    neue 
entstehen  und  die  vorhandenen  werden  durch  die  auswachsenden  Zotten  stetig 
weiter  umgebildet.    Das  Verhältniss  der  fötalen  Zotten  zur  mütterlichen  Pla- 
centa,   welche    aus    den  balkig  zwischen   die  Zotten  eingelagerten  Decidua- 
strängen,  den  intervillösen  Bluträumen  und  sonstigen  mütterlichen  Blutgefässen 
besteht,  ist  ein  doppeltes:   einzelne  stärkere  Zottenstämme  verwachsen,    indem 
sie  an  der  betreffenden  Stelle    ihr  Epithel  verlieren,    mit    den  Deciduabalken ; 
sie  können  dabei    bis  zu  den  tiefsten  Deciduaschichten  vordringen;    dies   sind 
die  von  Langhans^)    beschriebenen  Haftzotten    (Haftwurzeln,  v.  Kölli- 
ker)^    durch    sie  wird  die  fötale  Placenta  gleichsam  in  die  mütterliche  veran- 
kert.    Der  grössere  Theil  der  Zotten  bleibt  jedoch    frei    und    wird    innerhalb 
der  intervillösen  Eäume    vom    mütterlichen  Blute    bespült.    So  wird   denn  aus 


1)  Waldeyer,  1.  c.  [S.  584].    Arch.  f.  mikrosk.  Anat.  Bd.  35,  S.  48. 

2)  Langhans,  Th.,   Zur  Entwicklung   der  menschlichen  Placenta.    Archiv  für 
Gynäkologie.  Bd.  I,  S.  317. 


584  Geschlechtsthätige  Zustände  des  Weibes:  Topographie  der  Placenta. 

den  fötalen  und  mütterlichen  Antheilen  eki  einheitlicher  Körper,  die  Placenta, 
gebildet. 

Die  mütterlichen  Arterien,  welche  zur  Placenta  ziehen,  Aa.  uteroplacenta- 
res,  zeichnen  sich  durch  einen  stark  gewundenen  Verlauf  aus.  Sie  münden  direkt 
in  die  intervillösen  Räume,  und  zwar  je  am  Rande  eines  Cotyledo  placentaris  (s.  w.  u.), 
während  ein  Theil  der  abführenden  Venen  von  der  Mitte  des  betreffenden  Cotyledo 
abzieht  1).  Andere  Venen  ziehen  von  einem  sich  am  Rande  der  Placenta  ringsum  ent- 
wickelnden venösen  Gefässe,  der  Randvene,  zu  den  Venen  der  Muscularis  uteri. 

Das  wachsende  Ei  verliert  an  demjenigen  Theile  seiner  Oberfläche,  welcher 
ausserhalb  des  Bereiches  der  Decidua  basalis  liegt,  grösstentheils  seine  Zotten 
und  treibt  die  Decidua  capsularis  vor  sich  her,  so  dass  letztere  der  Decidua 
vera  immer  dicht  anliegen  bleibt. 

Aus  dem  Gesagten  ist  ersichtlich,  dass  am  Rande  der  Placenta  die  De- 
cidua capsularis  und  vera  zusammenstosseu  und  in  die  Placenta  selbst  (speziell 
in  die  Placenta  uterina)  übergehen  müssen. 

üeber  sehr  viele  Punkte  des  Placentarbaues  und  der  Placentarentwicklung  be- 
stehen noch  verschiedene  Meinungen,  insbesondere  über  die  Herkunft  des  Zotten- 
epithels, der  Deciduazellen  und  der  intervillösen  Bluträume.  Bezüglich  der 
letzteren  und  der  Deciduazellen  habe  ich  meine  Ansicht  bereits  geäussert.  Das  Zot- 
tenepithel zeigt  längere  Zeit  eine  Zusammensetzung  aus  2  Schichten,  einer  inneren 
(tieferen)  von  Lang h ans  entdeckten  Schicht,  die  nach  ihm  als  „Langhans 'sehe 
Zellschicht"  benannt  wird,  und  einer  äusseren  (oberflächlichen),  deren  Zellen  mit  ein- 
ander verschmolzen  sind,  und  die  man  deshalb  als  Syncytium  (Plasmodium)  be- 
zeichnet. Ich  theile  die  Ansicht  derjenigen,  welche  meinen,  dass  dieLanghans'sche 
Zellschicht  das  primäre  Zottenepithel  darstellt  und  vom  Chorionepithel,  also  vom  fö- 
talen Ektoderm,  abstammt^  und  dass  das  Syncytium  vom  mütterlichen  GefUssendothel 
abzuleiten  ist ;  diese  letztere  Ansicht  möchte  ich  jedoch  noch  nicht  mit  aller  Bestimmt- 
heit äussern^).  Die  neuesten  Mittheilungen  von  Marchand*^)  sind  der  Ableitung  des 
Syncytium  vom  mütterlichen  Gefässendothel  nicht  ungünstig;  wenigstens  stellen  sie 
eine  Wucherung  des  Endothels  bei  der  Placentarentwicklung  fest.  Ist  das  Syncytium 
Abkömmling  des  mütterlichen  Gefässendothels,  dann  sind,  falls  es  überall  die  Zotten 
lückenlos  bekleidet,  in  Wahrheit  die  mütterlichen  Blutlakunen  nicht  eröffnet,  und  die 
fötalen  Zotten,  soweit  sie  wirklich  fötalen  Ursprunges  sind,  ragen  nicht  nackt  in  die 
intervillösen  Bluträume  hinein.  Diese  fundamentale  Frage  bedarf  noch  eingehender 
weiterer  Prüfung. 

Topographie  der  Placenta  nebst  beschreibend  anatomischen  Yorbemerkangen. 

Die  ausgebildete  Placenta  gleicht  in  ihrer  Form  einem  rundlich  ellipsoi- 
dischen  flachen  Kuchen  (Mutterkuchen),  von  durchschnittlich  18  cm  im  grösse- 
ren, 14  cm  im  kleineren  Durchmesser  und  1^ — 2  cm  Dicke;  sie  wiegt  500  gr. 

Andere  Formen  sind  die  Placenta  panduraeformis"*)  (Geigenform),    Plac. 


1)  Bumm,  K,  Archiv  f.  Gynäkologie.  Bd.  43,  1892,  „lieber  die  Entwicklung  des 
mütterlichen  Blutkreislaufs  in  der  menschlichen  Placenta". 

2)  Waldeyer,  W.,  Bemerkungen  über  den  Bau  der  Menschen-  und  Affenplacenta. 
Arch.  f.  mikrosk.  Anat.  1890.  Bd.  35,  S.  1. 

3)  Marchand,  F.,    Ueber   die   Bildung  [der   Placenta  foetalis   beim  Kaninchen. 
Marburger  Sitzungsber.  1898,  Nr.  7. 

4)  Pandura  =  Geige  (ungarische  Geige,  Mandoline). 


rc  if !  f<iriiH>,  Im  l'^ii  rl  n;i  tiliiflr.x  ^  V  l  n  t\  i  r  i  p  a  r  l  i  i  .-i,  iümI  m  ii  I  li  I  o  Im  la  r  i  - :  Uniwr 
iji,.  PI  .-ir  i/ii  I  ;i  iiHMii  li  r^iii.'i  <'«.'.'i^  I  r- n*"- 1  ra  I  ;l  n  ii  h  ii  I  .i  i'i  ^,  <?  \' n  I  i  ^  iiiui  jtr  f  n  ;i  i  .-i,  iiiil(»r 
wi'irfHT  l'i<'Zii^'li!iiiii,L:'  <i»'r  ,.hnivi<vnUnini!^'v-  .Miincrk'iit'lH'it  vrrsiniiilcii  ^t-iii  m»IL  I.t'ixirri' 
i'*oniii,'!i  Itrui-;«'!!  \\*'-:t'it  <li/r  tVwuuvii,  oi't  lü'il  <^l'r^i^^^!l  <!iirrli><'lztrii  Sfflh'iL  wi-lflie  Hi(> 
li;ilH-if,  iiiid  \vri;'«'i!  dt-s  -t^is-m-ii  Plaf/r^,  *lru  >ii^  i'iyiirfiiiii-ii,  <Im'  i;rr;ilir  -rrivMi-j.r  lUii^ 
luu'ji.u  mit  .it'lh  |-;i^u<'inliii!ijJi*/li  i-l  ni<-  IMnn-iiln  m  .'i  r  -  i  !t  :i  I  ;i :  Ih*i  ilu'^cr  ^uvlii  niv^-^ 
ioruii's  iini'li  ein  liaii'l  \'«'ii  ri;ir»'iii.'t,r^iib'^l:iiäz  TilM-r  *|ii' AiiIh'I'i iii!^2;->H'|li' iN'f  I'jliiiiil^'  hiiunts 
iiikI  vr>irvx:lt  sirli  tu  «Ih'  l'Mi;ir{i}.;i  rfi-  Dr'e'ulw.i  fiiiM'ii!,:  <lrT  v«.ii  <hii  l':!l!;iiili'{i  iN'Mizli" 
'[■},<■({   jsf    kiriti    ihm!   <fH'k.     Zur   l'j-hJ.'ii'im-'    <{rr   Vhiwutn   iliJ|*li'X,    weUjn^    hci    iii,;uirlMii 


Pi^irtfif^^i 


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MllN. 


586  Geschlechtsthätige  Zustände  des  Weibes;  Topographie  der  Eihäute. 

Thierarten,  z.  B.  Inuus,  die  Regel  ist,  nimmt  Keilmann *)  an,  dass  die  eine  Placenta 
durch  die  Decidua  capsularis  überpflanzt  sei.  Häufig  sind  die  Nebenplacenten, 
Placentae  succentur iatae,  Hyrtl,  die  bis  zu  Linsengrösse  herabgehen  und 
meist  der  Hauptplacenta  gegenüber  gefunden  werden. 

Man  unterscheidet  an  der  Placenta  eine  fötale  (amniotische)  und  uterine 
Fläche;  die  erstere  ist,  wie  bemerkt,  glatt  und  von  weisslich-grauer  Färbung. 
An  ihr  inserirt  die  Nabelschnur.  Die  uterine  Fläche  einer  frisch  abgetrennten 
Placenta  ist  dunkel,  blutigrot,  rauh  und  deutlich  in  kleinere  Felder  getheilt, 
Cotyledonen.  Gewöhnlich  haften  dieser  Fläche  gelbliche  oder  röthlichgelbe 
Fibringerinnsel  an. 

Das  Gewebe  der  Placenta  ist  blutig,  schwammig  und  brüchig;  es  ähnelt 
in  der  Konsistenz  und  im  äusseren  Aussehen  dem  Milzgewebe;  wie  dieses  kann 
es  leicht  mit  dem  Finger  zerdrückt  werden.  Bespült  man  die  Schnittfläche 
mit  einem  Wasserstrahle,  oder  zerzupft  ein  Stückchen  unter  Wasser,  so  lassen 
sich  die  Zotten  leicht  für  das  freie  Auge  zur  Anschauung  bringen. 

Nach  Leopold  misst  die  Placenta  im  5.  Monate  10  und  12cm  in  der  Fläche, 
1— lV2cm  in  der  Dicke,  im  G.  und  7.  Monate  12  und  13  cm  in  der  Fläche,  1'74— 2  cm 
in  der  Dicken  im  S.Monate  14  und  15cm  in  der  Fläche;  im  9.  Mondesmonate  erreicht 
sie  ihre  definitive  Grösse. 

Die  Placenta  sitzt  normaler  Weise  an  der  vorderen  oder  hinteren  Wand 
des  Uteruskörpers;  seltener  ist  der  Sitz  in  einer  Seite,  oder  oben  im  Fundus. 
Leopold^)  macht  die  Angabe,  dass  die  Placenta  hinten  sitze,  wenn  man  die 
Tuben  auf  der  Vorderfläche  der  Gebärmutter  finde,  dass  sie  dagegen  vorn  sitze, 
wenn  die  Tuben  parallel  den  Seitenkanten  des  Uterus  verliefen.  —  Die  That- 
sache,  dass  die  Placenta  in  den  frühen  Schwangerschaftsmonaten  häufig  tiefer 
abwärts  gefunden  wird,  hängt  von  relativen  Grössenverhältnissen  ab^). 

Topographie  der  Eihäute« 

Aus  dem  im  Vorhergehenden  Besprochenen  ergibt  sich,  dass  die  Lage 
der  Eihäute  in  der  schwangeren  Gebärmutter  sich  wie  folgt  gestaltet :  Gegen- 
tiber dem  Sitze  der  Placenta  breitet  sich  die  Decidua  vera  aus.  Ihr  liegt 
unmittelbar  die  Decidua  capsularis  an,  derart,  dass  mit  freiem  Auge  die  Grenze 
zwischen  beiden  nicht  zu  erkennen  ist.  Hierauf  kommt  der  glatte,  zottenfreie 
Theil  des  Chorion,  dann  das  Amnion,  nach  dessen  Durchtrennung  man  in  die 
Aninionhöhle,  die  vom  Fruchtwasser  erfüllt  ist,  gelangt.     In  dieser  Folge  wird 

1)  Keilmann,  Der  Placeutarboden  bei  den  deciduaten  Thieren.  In:  Berichte  u. 
Arbeiten  aus  der  gynäkolog.  Klinik  in  Breslau.  Wiesbaden,  1894.  S.  auch  Deutsche 
med.  Wochenschrift.  1895,  Nr.  46. 

2)  Leopold,  G.,  Uterus  und  Kind  von  der  ersten  Woche  der  Schwangerschaft 
bis  zum  Beginn  der  Geburt  und  der  Aufbau  der  Placenta.  Geburtshülflich  anatom. 
Atlas  mit  30  Tafeln  und  erläuterndem  Text.    Leipzig,  1897.   S.  Hirzel. 

3)  Vgl.  über  Bildung  und  Bau  der  Placenta  insbesondere  noch:  a)  Verhand- 
hingen der  Gesellsch.  deutscher  Naturf.  u.  Aerzte.  69.  Versamml.  Braunschweig  1897. 
Discussion  über  Placenta  S.  165.  —  b)  Hofmeier,  Beiträge  zur  Anatomie  und  Ent- 
wickelung  der  menschl.  Placenta.  Zeitschr.  f.  Geburtsh.  u.  GynäkoL  Bd.  35,  Heft  3.  — 
Derselbe,  Die  menschl.  Placenta.   Wiesbaden,  1890, 


ZiiMniidi'  ih':-  W^'UH''^:   1'o|M*-i'jijiliit*   tU-v   l'jluitifi 


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i„;,i,^  nuj'h  lliirdiM/iiiiridiiii,;:-  ^l>r  .<iiX:.>;i  und  ^liisnilaris  iilrri,  tue  Srliidilni 
d,,n^!ifiv,iiini  iiifl-^si'iL  iiiiK  t'iua  Ihüii  K:iisr,>Hiiiifii',  zur  Friit^H  zu  -HniipiL 
llir  säiiitliclirii  Kiliiiiil*''  /jis:iiiiiih'ii-T*iM..iiiiiM/'ii  hiihvu  nhvr  p-rii  d:L<  Kiiilr  iIit 
Srliw.iii-iTSi^hd'l    mir  y.^u,i   bis  ilivi  .^liliiiiiHvr  Si;lrkc'.    IHr  leiste  Wrkhliiiit- ik-r 

si»  wini  dies,  ii:ir!!  iNiiTliIrnitiiiiia- dii'  ^iii>k^dw:iiHL  :iii  dtm  sr!i\v:iiiiiiii-bliiliv^ 
idini   Ih/uvIh/   dt'f  PlmH'iil.1    iTk.iiiiiU      X.iHi  iNirHtliviiiiiiii;:^  der  I1areiii;i  gidaiiui, 


S<M-!  H 


li>r<' 


Mu-.   .'Ht.'i'-   Vii'ri'lin, 


■/.      /,f//;/////^      ./////'/V'//X     ///'////'//    z^/'/,     iii^  ff 


■,,    f.„hn,,„    ,,..sl.-rl.is   „riüm    ,  r/ .    „Im.        !"■    I'>-    < »-'jir).,   r.,-t .   ,i   int.    „i-rl   Hi.,;r,th> 

itiijni   iiiifu-ilt,!.. 


688        Geschlechtsthätige  Zustände  des  Weibes:  Bau  des  schwangeren  Uterus. 

man  sofort  in  die  Amnionhöhle.  üebrigens  kündigt  sich  die  Placentarstelle 
bereits  bei  der  Durchschneidung  der  muskulösen  Uteruswand  durch  die  starke 
Venenentwicklung  daselbst  an. 

üeber  das  Orificium  internum  uteri^  welches  bis  zum  Beginne  der  Geburt 
deutlich  erkennbar  bleibt  (s.  w.  u.),  zieht  die  Decidua  capsularis  hinweg,  wäh- 
rend die  Vera  in  die  Cervikalschleirahaut  tibergeht  (vgl.  hierzu  Fig.  94,  95, 
96,  99—102  einschliesslich  und  HO). 

Gegen  das  Ende  der  Schwangerschaft  sind  Decidua  capsularis  und  vera 
makroskopisch  zu  einem  einzigen  dünnen,  weichen,  graugelblichen  Häutchen 
von  etwa  1  mm  Durchmesser  verbunden.  Dasselbe  besteht  nur  aus  Zellen  und 
feinen  Bindegewebsfasern.  Das  Epithel  beider  Häute  und  die  Drüsen  sind  ver- 
ödet ;  nur  an  der  üebergangsstelle  zwischen  capsularis  und  vera  am  Rande  der 
Placenta  findet  man  noch  Drtisenreste.  Chorion  und  Amnion,  also  mit  anderen 
Worten,  die  Fruchtblase,  liegen  den  vereinigten  Deciduae  dicht  an. 

Die  genannten  Figuren  dienen  zur  Erläuterung  des  bisher  Besprochenen.  In 
Fig.  94  sieht  man  die  Placenta  den  grössten  Theil  der  Innenfläche  des  Uterus  ein- 
nehmen; sie  hat  hier  offenbar  einen  seitlichen  (anscheinend  linksseitigen)  Sitz;  seitlich, 
jedoch  mehr  im  Fundus,  sitzt  sie  in  Fig.  97.  An  der  hinteren  Wand  in  den  Figuren 
95,  96,  98.    In  Fig.  99—102,  ferner  104-106  liegt  sie  im  Fundus  uteri. 

In  Fig.  94  sieht  man  die  Decidua  capsularis  und  die  von  ihr  getrennten  fötalen 
Eihäute  über  den  inneren  Muttermund  hinwegziehen;  in  Fig.  95,  wo  wir  eine  leere 
Eihöhle  vor  uns  haben,  besteht  eine  Placenta  praevia  lateralis  (s.  w.  u.);  man  sieht 
hier  sehr  gut  den  Uebergang  der  Decidua  vera  in  die  Cervikalschleimhaut.  Fig.  96 
zeigt  die  fötalen  Eihäute  im  Bereiche  der  Decidua  vera  und  capsularis  theilweise  von 
diesen  Deciduae  abgelöst;  letztere  sind  an  der  Muskelwand  des  Uterus  haften  geblie- 
ben und  in  der  Figur  nicht  erkennbar.  Die  Stelle  des  inneren  Muttermundes  ist  durch 
die  Sonde  10,10  bezeichnet;  das  obere  Ende  der  Sonde  ist  durch  die  Capsularis  hin- 
durchgestossen  und  zur  Schnittfläche  hin  umgebogen. 

Bau  der  übrigen  Wandgchichten  des  schwangeren  Uterus.    Cervix  uteri  gravid!« 

Die  auflfälligste  Erscheinung  am  schwangeren  Uterus  ist  seine  Vergrösse- 
rung  im  ganzen  (vgl.  die  Maasstabelle  S.497).  Der  Hauptantheil  der  Ver- 
grösserung  kommt  auf  die  Muskulatur,  wobei  sowohl  die  Grösse  der  ein- 
zelnen Muskelfasern,  als  auch  deren  Zahl  erheblich  zunimmt.  Jede  Muskel- 
faser wird  im  Durchschnitt  zehnfach  länger  und  dreifach  breiter  als  sie 
früher  war. 

Nächst  den  Muskelfasern  sind  es  die  Blut-  und  Lymphgefässe,  welche  die 
bedeutendste  Grössen-  und  Zahlenzunahme  zeigen;  letztere  trifiFt  vorzugsweise  die  Ka- 
pillaren. 

Die  Arterien  zeigen  auffallende  spiralige  Windungen.  Die  Venen  erweitern 
sich  sehr  bedeutend,  und  erscheinen  auf  Durchschnitten  als  grosse  spaltförmige 
Lücken;  insbesondere  auffallend  ist  dies,  wie  vorhin  bemerkt,  im  Bereiche  der  Placen- 
tarstelle.   An  Injektionspräparaten  1)  erscheinen  die  Venen   so  zahlreich  und  so  stark 


1)  Hyrtl,  Corrosionsanatomie  1.  c.  Tafel  XIV  und  XV.  —  Nagel,  Beitrag  zur 
Anatomie  der  weiblichen  Beckenorgane.  Arch.  f.  Gynäk.  Bd.  53,  1897.  Arterien  (nach 
einem  im  Berliner  anat.  Inst,  von  Dr.  Gerota  injicirten  und  von  Prof.  Nagel  an- 
gefertigten Präparate)  Taff.  18  u.  19;  Venen  Taf.  20. 


Geschlechtsthätige  Zustände  des  Weibes:  Nabelschnur.  589 

erweitert,    dass  sie  die  Arterien   fast  verdecken   und  einander  mit  ihren  Wandungen 
wie  bei  kavernösen  Geweben  berühren. 

Die  Lymphgefässe  bilden,  namentlich  in  der  Nähe  des  Tubenwinkels  an  der 
hinteren  Wand,  in  der  Subserosa  reich  entwickelte  Netze  mit  lakunären  Erweiterungen. 
Auch  die  Nerven  nehmen  an  der  allgemeinen  Hypertrophie  Theil;  das  Ganglion  cer- 
vicale  soll  nach  Frankenhäusers  Angaben  (I.e.)  auf  das  vierfache  seines  sonstigen 
Durchmessers  kommen. 

Ungeachtet  der  starken  Vermehrung  und  Vergrösseruug  der  Muskelfasern 
zeigt  sich  eine  Verstärkung  der  Wandungsdicke  doch  nur  zu  Anfang  der 
Schwangerschaft  und  nach  der  Entbindung,  s.  w.  u.  Auf  der  Höhe  der 
Schwangerschaft  ist  die  Wandungsdicke  geringer  als  beim  nicht  schwangeren 
Uterus.  Auch  ist  die  Wandungsdicke  der  schwangeren  Gebärmutter  nicht  an 
allen  Stellen  gleich.  Doch  lässt  sich,  wie  mir  scheint,  keine  bestimmte  Regel 
darüber  aufstellen;  nicht  selten  fand  ich  die  Muskelwand  an  derPlacentarstelle 
etwas  dünner  als  im  übrigen  Bereiche. 

Die  Cervix  uteri  nimmt  an  der  Vergrösseruug  des  ganzen  Organes 
ebenfalls  Theil,  jedoch  in  geringerem  Masse;  sicher  ist  —  und  das  ist  das 
Wichtigste  —  dass  aus  ihrer  Schleimhaut  der  Regel  nach  keine 
Deciduaformationen  hervorgehen;  wenigstens  habe  ich  in  den  von 
mir  untersuchten  Fällen  keine  solche  entdecken  können.  S.  w.  u.  „Anatomie 
des  Geburtsvorgauges". 

Sämtliche  Schichten  zeigen  eine  stärkere  Durchfeuchtung  und  infolge 
dessen  eine  deutliche  Sukku lenz' und  Weichheit.  Letztere  prägt  sich  be- 
sonders an  den  Muttermundslippen  in  den  letzten  Monaten  der  Schwanger- 
schaft aus.  Um  diese  Zeit  beginnt  auch,  insbesondere  bei  Multiparae,  der 
äussere  Muttermund  etwas  zu  klaffen,  so  dass  man  mit  einem  Finger  in 
den  Cervikalkanal  einzudringen  vermag. 

Forin ^  Grösse  und  Lage  der  Nabelschnur. 

S.  582  haben  wir  die  Entwicklung  und  die  Bestandtheile  der  Nabelschnur 
bereits  angegeben;  es  erübrigt  noch  auf  ihre  Form,  Lage  und  Grösse  einzu- 
gehen. 

Eine  normale,  vollkommen  ausgebildete  Nabelschnur  ist  ein  kleinfingerdicker 
und  im  Durchschnitte  50  cm  langer^),  rundlicher  Strang.  Die  Länge  schwankt  in  sehr 
weiten  Grenzen,  von  7—194  cm;  die  Extreme  sind  freilich  sehr  selten. 

Jede  reife  Nabelschnur  ist  spiralig  gewunden,  und  zwar,  vom  Nabel  des  Kindes 
zur  Placenta  gesehen,  meistens  links  gewunden  (also  umgekehrt  wie  der  Gang  eines 
Uhrzeigers).  Dies  sind  die  Gesamt  Windungen  der  Schnur;  ausser  diesen  zeigt  noch 
jedes  der  drei  grösseren  Gefässe  besondere  Windungen,  welche  sich  an  der  Vene 
aussen  als  Furchen  markiren  und  nach  innen  hin  zu  klappeuähnlichen  Vorsprüngen 
(Valvulae  Hobokeni)  führen.  Auch  die  sogenannten  ^falschen  Nabelschnurknoten" 
sind  auf  diesen  Umstand  zurückzuführen. 

Die  Vene  liegt  in  der  Mitte  zwischen   den   beiden  Arterien,    welche   sich    auch 


1)  Es  ist  dies,  beiläufig  bemerkt,  dieselbe  Länge,  welche  ein  ausgetragenes  Kind 
zu  haben  pflegt;  ungefähr  auch  die  des  Vorderarmes  mit  der  Hand  einer  erwachsenen 
Frau  mittlerer  Grösse, 


Ti'Ji'J  l^t'sr}ihTl!lsf}i;ili;j'r'    Zu.-.!  ;i  ii«f<'    ih'N    W'i-jbfs:    X;ilH'I>f|illlll\ 

iiit'lir   i>lN'rf!.'irlilii'}i    liiiirHli'iL      I  >ir'    \'i/i'M»   i>t    iir^j>rtiii--ijrli   fi.>|/|»«'ir ;    S}>iir<'ii   dt-r   Diij'ifM,*- 

Ali?irhHiiü'-f    lllUnifi  <'|l>;ii"    !i;m-Ii    il«'t-    I  üsiTlinl!    in    die    1  *L'N'.-iiJ;t . 

Uns  K  ;i  i  I  h  <'  I'  diT  X.ilM/i^rlinnr  ii.'iifLii  üii  W'c^.-di  iirhi'if  \'<*!i  <l<-r  i'jin\i<'ki «In  11.14* 
fb"^  ,i:";tll<'i'ti,L:'PH  ^ '•riJiHl;4'«'\vi-lH\S  «I^tscHm'h  ah:  !ii;ift  iiiihT>i*lirS'h'f  liii-ruarli  ,,r<'ff$'."  und 
„uvJi^iH'i''*    X;,ilirl>('liiiiirc'.      ht«^    l'X»  s  i  i ,:::  1%  i' j  1:   d«'i*  Sr'ijtijir   i^i    riin'-iiHi-li  :     ü.'icJ!    I\  t»  li  r  t»  r 


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oder  ;ri,  l|rIil^<.lbril  hi'is>l  I  II  .s  i''  r  li  i»  1  a  t  .^  r  .'i  l  i  >.  ^-li-r  in  ;i  r  -  t  t,  n.  \  i  .^  Wichfi-  sind 
ilif,  :if.s  ii;iilinhi-i^M/li  /Jt  iMVJ-irliiir'iidi-f}  I  iim/iI  iotist  nrüirii  «ii-r  i  r.  r-M'  r  f  s  h  riir.'al.'i 
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592    Geschlechtsthätige  Zustände  des  Weibes :  Schwangerer  Uterus:  Form,  Grösse,  Lage. 

der  Schnur  begünstigt  werden  (s.  Fig.  94  u.  107)  —  Bildung  echter  Knoten,  wo- 
durch Absterben  des  Kindes  bedingt  sein  kann,  endlich  Torsionen  der  Nabelschnur, 
welche,  wie  auch  Vorfälle  und  feste  Umschlingungen,  denselben  üblen  Erfolg  haben 
können.    Lose  Umschlingungen,  s.  Fig.  94,  sind  ungefährlich  i). 

Form,  Grösse  und  Lage  des  Uterus  in  den  einzelnen  Schwangerscliaftsmonaten« 

Indem  die  Gebärmutter  mit  dem  Waehsthume  des  Eies  sich  vergrössert, 
wird,  der  Form  des  kindlichen  Körpers  entsprechend,  vorzugsweise  ihr  Längs- 
durchmesser zunehmen.  Nach  dem  Stande  des  Fundus  uteri  wird  man  also 
auch  die  Zeit  der  Schwangerschaft  bemessen  können. 

Im  ersten  Monate  nimmt  der  Uterus  nicht  merkbar  an  Länge  zu ;  dagegen 
zeigt  sich  an  der  Wand,  an  der  das  Ei  seinen  Sitz  hat,  eine  stärkere  Hervorwölbung 
und  das  Corpus  uteri  fühlt  sich  weicher  an,  fast  fluktuirend;  selbstverständlich  ist 
dies  erst  gegen  Ende  des  ersten  Monates  der  Fall.  Bei  Erstschwangeren  verliert  die 
Portio  vaginalis  ihre  ausgesprochen  konische  Form;  der  Muttermund  wird  rundlich, 
der  früher  klare  glasige  Schleimpfropf  erscheint  mehr  grau.  Der  supracervikale  Ab- 
schnitt des  Corpus  uteri,  also  der  dicht  oberhalb  des  Isthmus  befindliche  Theil,  lässt 
sich,  bei  kombinirter  Untersuchung  von  Rectum  und  Scheide  aus,  leicht  zwischen 
zwei  Fingern  zusammendrücken;  dasselbe  gelingt  auch  in  der  Nähe  der  Tube 
(Landau).  Ferner  lässt  sich  (im  2.  Monate,  bei  bimanueller  Untersuchung  von  der 
Scheide  und  den  Bauchdecken  aus)  im  supracervikalen  Abschnitte  leicht  eine  Falte 
der  vorderen  Uteruswand  bilden.  Dickinson  hat  diese  Falte  zuerst  besprochen, 
hält  sie  aber  irrthümlich  für  eine  dauernde  Bildung  2). 

Am  Ende  des  zweiten  Monates  ist  der  Uterus  gänseeigross;  seine 
Portio  vaginalis  ist  ebenfalls  vergrössert;  er  liegt  noch  vollständig  im  klei- 
nen Becken.    Vergrössert  sind  insbesondere  der  Breiten-  und  Sagittaldurchmesser. 

Am  Ende  des  dritten  Monates  steht  der  höchste  Punkt  des  Ute- 
rus in  der  Ebene  des  Beckeneinganges.  Die  Vergrösserung  des  Körpers 
überwiegt  weit  die  der  Cervix,  welche  etwas  verlängert  und  daher  schlanker  erscheint. 
Bei  leerer  Harnblase  sinkt  der  vordere  Umfang  des  Fundus  auf  die  vordere  Vaginal- 
wand hinab.  Man  fühlt  daher  den  Uterus  sehr  deutlich  durch  das  vordere  Scheiden- 
gewölbe. Im  ganzen  hat  die  Gebärmutter  die  Grösse  des  Kopfes  eines  geburtsreifen 
Kindes  (s.  Fig.  94,  95). 

Am  Ende  des  vierten  Monates  überragt  der  Fundus  uteri  die 
Beckeneingangsebene  und  lässt  sich  deutlich  über  der  Symphyse  fühlen ; 
auch  können  schon  Kindestheile  palpirt  werden  (s.  Fig.  96). 

Am  Ende  des  fünftes  Monates  finden  wir  den  Fundus  uteri  dicht 
unterhalb  des  Nabels  (s.  Flg.  97).  Im  s  e  c  h  s  t  e  n  M  o  n  a  t  e  (s.  Fig.  98)  er- 
reicht er  die  Höhe  des  Nabels.  Bis  zum  Anfange  des  fünften  Monates  (Fig. 
94-_9(j)  behält  der  Uterus  seine  typische  Anteversions-  und  Anteflexionsstellung.  In 
den  späteren  Monaten  (s.  Fig.  97—99),  wenn  er  über  das  Promontorium  hinausge- 
rückt ist,   nimmt   er  eine  mehr  gerade  Kichtung  an.    Eine  geringe  Anteversio  bleibt 


1)  Ueber  die  Nabelschnur  vgl.  noch:  Neugebauer,  Morphologie  der  mensch- 
lichen Nabelschnur.  Breslau,  1858.  —  Hyrtl,  Die  Blutgefässe  der  menschlichen  Nach- 
geburt.  Wien,  1870. 

2)  He  gar,  Diagnose  der  frühesten  Schwangerschaftsperiode.  Deutsche  mediz. 
Wochenschr.  1895,  Nr.  35,  S.  565.  —  Landau,  Zur  Diagnose  der  Schwangerschaft  in 
den  ersten  Monaten.  Ebend.  1893,  Nr.  52.  —  Dickinson,  The  diagnosis  ofpregnancy 
between  the  second  and  eight  week  by  bimanual  examination.  American  Journ.  of 
Obstetr.  1892,  Vol.  25,  p.  384. 


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596    Geschlechtsthätig-e  Zustände  des  Weibes:  Syntopie  des  schwangeren  Uterus. 

aber  bestehen,  indem  sich  die  vordere  Uteruswand  unmittelbar  der  vorderen  Bauch- 
wand anlegt  und  diese  vorwölbt. 

Am  Ende  des  siebenten  Monates  steht  der  Gebärmuttergrund 
2—3  Quer  fing  er  breit  oberhalb  des  Nabels;  am  Ende  des  achten  zwi- 
schen  Nabel  und  Schwertfortsatz;  am  Ende  des  neunten  2— 3  Quer- 
finger breit  unterhalb  des  S  c  h  w  er  t  f  o  r  tsa  t  z  es.  Dies  ist  der  höchste 
Stand,  den  der  Gebärmuttergrund  erreicht. 

Im  Laufe  des  zehnten  Mondesmonates  senkt  sich  der  Gebär- 
muttergrund wieder,  so  dass  er  kurz  vor  der  Geburt  abermals  in  der  Mitte  zwi- 
schen Schwertfortsatz  und  Nabel  gefunden  wird.  Dies  hängt  ab  von  einer  Verände- 
rung der  Richtung  der  Uterusaxe,  welche  sich,  unter  stärkerer  Vorwölbung  des  Bau- 
ches, mehr  nach  vorn  neigt;  dabei  nimmt  die  Länge  der  gesamten  Gebärmutter  noch 
zu,  was,  abgesehen  von  der  stärkeren  Vorwölbung  des  Bauches,  eine  Verschie- 
bung der  Portio  vaginalis  und  des  Scheidengewölbes  nach  hin- 
ten zur  Folge  hat  (Fig,  99). 

Die  Portio  vaginalis  erleidet  ebenfalls  Lageveränderungen.  Etwa  von 
der  Mitte  der  Schwangerschaft  an  rückt  sie  merklich  in  die  Höhe,  und,  während  des 
zehnten  Monates,  wie  bemerkt,  auch  nach  hinten,  so  dass  sie  schwerer  zu  erreichen 
ist  und  infolge  dessen  wie  verkürzt  erscheint.  Bei  engem  Becken  sowie  bei  starker 
Füllung  der  Gebärmutter  (Zwillinge,  Hydramnion)  tritt  ein  Zurücksinken  im  letzten 
Monate  nicht  ein. 

Syntopie  des  schwangeren  Uterus. 

Die  syntopischen  Beziehuugen  der  schwangeren  Gebärmutter  ergeben  sich 
unmittelbar  aus  denen  der  nicht  schwangeren  und  aus  dem  eben  Angeführten. 
Die  vordere  Wand  ruht  in  den  ersten  drei  bis  vier  Monaten  in  ganz  ähnlicher 
Weise  auf  der  oberen  Blasenfläche,  wie  dies  früher  angegeben  wurde  (s.  die 
Figg.  94—96).  Später  (Figg.  97—99)  berührt  nur  der  untere  Theil  des  vor- 
deren Gebärmutterkörpers  die  Blase,  der  obere  liegt  unmittelbar  der  vorderen 
Bauchwand  an;  ja,  wenn  die  Blase  in  den  letzten  Monaten  stark  nach  abwärts 
gedrängt  wird  (s.  Fig.  99),  liegt  nur  die  Cervix  der   hinteren  Blasenwand  an. 

Die  L  agebeziehungen  zum  Rectum  ändern  sich  in  ähnlicher 
Weise  ab,  wie  aus  den  Figuren  ersichtlich  ist. 

Die  wichtigsten  Aenderungen  ergeben  sich  in  den  Beziehungen  zum 
Darmkanal e.  Das  Colon  pelvinum  und  Theile  der  Flexura  sigmoidea  blei- 
ben in  der  Kreuzbeinaushöhlung  hinter  dem  unteren  Theile  des  Gebärmutter- 
körpers liegen  (s.  insbesondere  Fig.  99);  sonst  werden  sowohl  hinten  wie  vorn 
alle  Darmschlingen  verdrängt,  so  dass  die  Gebärmutter  der  Bauchwand  und 
der  Lendenwirbelsäule  unmittelbar  anliegt,  der  letzteren  bis  zur  Höhe  des 
dritten  Lendenwirbels.  Hier  berührt  sie  das  untere  Quer  stück 
des  Duodenum  und  das  Pankreas.  Die  Dünndarmschlingen  ruhen 
auf  dem  Fundus  (s.  Figg.  104 — 106);  das  Caecum  mit  dem  Processus  vermi- 
formis wird  gehoben,  und  die  Einmündungsstelle  des  Ileum  in  das  Caecum 
gelangt  dicht  in  die  Nachbarschaft  der  Uteruswand  (Figg.  104 — 106);  im 
übrigen  nehmen  die  Dünndarmschlingen,  soweit  Raum  ist,  den  Platz  zu  beiden 
Seiten  des  Uteruskörpers  ein.  Häufig  findet  man  den  Fundus  uteri  nach  einer 
Seite  hin  abgewichen,  und  dann  sind  dort  die  Darmschlingen  gewöhnlieh  ver- 
drängt.    Die  Darmschlingen  wie  auch   andere  Theile   können   von  der  Uterin- 


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IhnuH'  sflir  drtitlii'li  tiXl^  4i}'h  :\ii|r,-t>siiim'<'ii  im  v«-ii  ,'iii-s<'ii  ;iiili:'o-|.i,<{t. 'ri,;/i|t.  zt'i<:'<*ii:, 
wif  lH.'iitrrkl,  Fi,L!*.  U)'J.  iushi'^vüidvn^  mIh«i-  di«'  Fi^iiri-}i  lüi;--.  HUI.  |':<  simi  fiier  ii;iiiH-iH" 
lii'li  «lif  Äluski'lii  iumI  Kii,:.i'liiii  dts  r^'t-krii^,  ^U'lrlir  liJt-  l''rir!ii  iU:r  ilvUlliumtun'  Ih'^Ih-^ 
fhiHsrii.  Aiissi'rdfii}  hii'lit  iti.-ni  in  M-'.  UO  <l:is  IJülii»!'  ifi-r  I  FinibL'iM«  -  H  /  iiimJ  iIi't  ^i:ifk 
^^•tM'iiMic'ii  Pars  .■iJii|)!iil;irjs  r..>rii  1 1  FF.-  vuu  iU'V  FirriiifiiHile  ;uj-s;  ilN\s('!}t<'  Fi.u'iir  zpi-i,  In',i 
i    Jiiiclj   di»'  Sfi'lli»  <lrs  Uriliriiiin    ülrri   iiitrniitiii, 

X;i<*li   ilrr   i'JilliiiHliiii-    iiiuiiiit     ilii-   rfeiiis  in   wiiii^;  Tii^iii    h'IIk^   fritlirTi». 
CU'stiill   iiiiil   L;i*4"e  uir'iier  vMi  's,   Fi,^'.  |f>:|  iiihI   w,  iüiIüi). 

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w<M,'liS{"L  wird  m  iWr  'mvhvn  iliilTit,'  d<T  Sfliwrin^ti^erseliaff  il.i.s  Kiinl  in  eiii«; 
ileiiiiitive  lj,jif:'e,  gt'bnirlii,    in  {|i..r    i;,s    bis  zur   IF/Imri   vcrij.'irrf.    und   siidi  ho  /Jir 


f  ;(»,-i/l!lt'i'iif>i;li;il!C'*i'   Ziisi;iimIi/  ifr.H   \\\'iIh-h:   Kluth''shi:j.'i'iL 


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(Jc*lnii1  sh'llt  ^I;tii  t!iil<'r>c'lit'f<l<i':  1  ;:  Hcnulhi  !x^'n  nml  H,  C^  iicrhi -iüi.  Xnr 
(iie  t'i'stfi'iii  sind  iMHiiiiMk*  n-  it  I  o  p  l  s  c  ii  !"'=,  füf  zwciUii  simi  ;iliiN»riiii'  fi!  v  ,s  l  «i-- 
|i  i  s  f*  li  i'*; ,  ;i/iis  iiliui  luiiinii',  wt'il  lirtui  \'iT!iarriMi  iii  ilirsi-ii  L;i-iii  i|:is  l\ini| 
iiiif  ii:itrniicl:Miii   Wi"J:^'  iiirlii   wiM  '^vht^'i'u  wvnU'n  k<ii!ii. 

iJii'  n  i' r;ul  Li  ;ü' t' II  zii^'i'ii  tl;i:s  Kind  mit  st^iüiT  L:iit,u-s^i\t^  in  d<*r  Liiiii:'S'" 
*ixr  df'S  l'liTiis:  sit"  /,c'rf:d!<,ii.  je  üMt'ljdt-m  dvr  I\m|i!'  tMirr  <l;is  i{ii}ii|ilViid'i'  dV-« 
Kifiiif'S  viH'Iii'^ri,  iii  l\  o  |)  f  l  ii ;:  i*  ii  itud  I*  </ 1*  k  r  ii  i'  ii  il  I  n  *;•  c'  ii.  1  lii»  l\o|>fI,«{p'ii 
üiiffirni  sirli   \viV'd<T  in  S  <•  fi  ii  il  r  |  ! ;!  ^  v  ii    iiiul   ii  f  s  i  r  h  i  s  I  m  ^'  <*  u. 


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Si-rljo   inn'iijiifs  _a' ir;i,  \' i  il  ;h'    \"--\"I    üh»  ü  s  i  h  iii.      l''fM'f}i>   r<M!M>ni.s.      F;i,rti"S 


l;i.Li"rii.  I<'li  t^iittH'liiite  aii.s  S  <•  },  r  ,">  t{  r  r*^  Lriirl»ii*-Ii<'  i\vf  \\iAnw\>\\\\\\k^,  1:?',  Am(L.  S.,  |:j!;| 
tbl-'eiidi:»  Z;i.}ilrii:  Air-  rnml  'ÜDO  ^-^  :'U;iifK'H)  l-'üN«*'!'!  \n'Vvv\Mw\^  v\''^v\iv\\  .si<*li  !H^,»'' „  Si*b;ii,lf'l - 
l;i^'<'iL  tl<>'*.o  l'M'^irhtsI;i;L:;ni.  :'».!  i  '"'  ^,  \\v\'\^i'\\v\\\\\'.v.::y\\.  nr?r,<^,^,  l|!it"rl;i-'<'!t.  I  N'iiifi;irl't  liiitssr'ii 
iVw.  Srliiii|r'll;i_:ii*ii  mLs  ..I  \-|H',st'li, "  iTir  «li'ii  Mritsrlirii  iH'zt'irtuH'l  wi-riffii,  \wi.s  ;nirli  ii,*ii%'i  us 
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I'"^(«,s  >|i;i!i'r  Irrrl  iüiliHT  i'iiü'  Sr  {i,rii|rji,'i  ,l:<'  <'l  II II  IUI  f  iil .  HiH--\  \\<»hl  ili  drill  _L!T»>vsrj  riH  it'~ 
\\H'lih'  .ii'H  !\M|^|'<'.s  -^i.'fl!iii|rii  \V'.'r<l»"H;  rilif  «MM'l.u'il  i!  i^nr  i'"f\sf  s|  i'l!  u  it^i:'  ili-.s  Iji'iitHfr's  >|i't|f 
,M'*^''t'^t  ii*'<*'\t  ;in<.  l'Mf  '^'«'m:!  lUh'»'!!  L;i;i;<'ii  ln"/j'H-!i  tirii  dii'jr  !ii_t:'*'ii,  \u,-|«/}h/  fl„is  KiimI  iüi 
U'''iy.U'\i  .\|iMij;if,-  •!♦■•}•  N('|i\^  ,1  j!;^'«-i->i'ji;ii!  }.k  '/jui!  lU'^tz'iiiiM/  <!ri'  <H'JMirf  i'iiiliiill.  j)ri  Kv>\' 
.^■ebjjri'iiili'ii  >!<'hl  «laijti  ih-r  \  orlii>;L:'<>h<ir  K  iiififsjlit'ii,  tn>!H',sn!Mii'n'  wruii  i'>  «Iit  Kojif 
5-^*.  ;j'r'u  r.f'iniii'li    i  lij    lM.'rkiMN'iii,i:;!  if,::'*',   Im'i    !\li'lir2H,'biirr  iMli'ii   ,'t  ii  i'  <l«'f!i   Ifiztcrrii. 

i  H<'  S  c  h  ;!  il  I,- M  a  ,::•<' 11  w'iTdfü  \u"r<|i-i'  in  •!  I '  n  I  fra  i»  I  Im- 1 1  ii  ii  ;4'i' ii  ^^'</l«r.:irlif.  _j<t 
i»nrlM!«*tii  (l;i-  llfiiii't'h,'!  !!|M  «Im^  i; Nmim'  !''f »üf ;i iii^lr  ü.'H'Ii  liiiirni  «nh-f  iiarli  uiI'h  s{«'|i|  lunl 
*t;«'  i"ri'ihi;iä!f  iiit  t'r->ii'ji  imIci*  zwrifrii  M'hi';!;^'i'fi  I  Hir'rl)'i!H'->t'i'  V'i"rl;'iJi!l  •>,  S.  I.H;.  Ilci 
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;tii  <lif.  Sii'lU'  iU'v  KIrJiit'ti  V'fUi'AV.i'lli^  Infi    «!;i-,   K  i  ii  n.      Im-i   »h'^r  .-'fliiirLsliiilflirhrfi  1  iih-i 
>iii'luiit,t:'   ki'itiiiii'f}   zur    i  ^i;i,u'Jtf-'^r  das   Kiini.   Uff   MiiimI    lüif    th-ii    i\  h'IV'iii.    <|j,.   Sn>i'   iiimI 
dit*  i  h-hU:\lr;iiiiU-v  ifi   Jini  r;iriif  ;    Ih'I    A'l>J;t^f  iin.'ii'    «Irr    !«i/JiTi'ii   \  i-rf.'ihi-t'    mnii    srlMiii<"ii'l, 
lliii   ilni    |5iilhit>,   «H'llli   t!i<*li'    z!l    Vi'rirfvrii. 

Als  rithTablln-ililDi:'  «l«'r  lir^irlil-Liir'r'ii  liiiis-rti  dir  S  !  i  r  li  I  ;i  -  *•  i!  hr/j-irliiit-i 
^v</r<l(-ii:  lud  iiirst'ti  sfclil-  «I;i.h  Kiiiii  ii;irli  Idtilrii  ilfid  diu  <  •r.^iidd.hliiiH'  \'i'ii;Mif'l  «•ol  vvr'lrr 
tili   rrsf'<'ii   »»d'i*!-  '/Avriien   s«dhr;i.!:-<'ii    I  NjrrhüH's^rr. 

idd'-  iHdiiirlslH-Ürr  sjs.n*idi^'}i  \'>fi  i-niv-r  ..Si  iriiiii;i'i'"  nur  d';iii!i,  wniii  d:t,h  Kind  in 
d'ii',sf*r  L;m'<'  L''<d'fi»rr!!  wird,  w<dHd  dniiii  iVw  Mit'n  iiiifcf  dfiii  Si,di;iMiib«»^Li'i'ii  fn-in  «ni  i'in, 
und  d;»s  Kiiiii  fiinT  d*'!i  hMJinü  i;iii\Vi\u;L:i''dt'!,  Id^scr  \d'ri;tiil'  i,s(  M-di"  sidürii.  i>H'  <  ir- 
diiti  wird  HUI-  in  M'Ur  wnii-ni  l'\:dJi'!i  «diiH^^  I\  ii!i>ifiidll't'  d.'i'iid</L  ;\ii  ^irli  ^ind  StiiMi- 
l'iiLnni   lud   «Ii'Mi   rn,',üiiiiM'  drr  litd^iud    nwlti   '^o  ,s<d|i,'i!.    w^rdrii    hIht    li;iidi;4"    diirrh   Uvi'- 

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Iiiiii;^'  t'h's  liuMi'C's  yiti  x'ihh'  I  j|!i^--a  \«'.  <id<'r  ditrtdi  I  dadiiiii;::'  *U'S  Kn|sr«\s  luii  ,hf»iiif 
<^N,l<M':i  X«'    in   Srlidf|td'a;jr!i    \  t'rv\-;nid<dL 

}  d(*    Im»  r  k  i>  II  I' I!  d  I  a.  _i:' I'  H    iiiii|i'r,-('l'ndd<"l    üiai!     in   S|.  «»iss^-    lüid    I*' ti  >  >  I  ;i  ^^i;  i>  ti. 

Idt'lzli'rr   ziTlailii,!   wir*dj'r   iji    \-  n  |  M^  ri  ly  iii  f  n  <'  \d.i  dr_^t;'<i!     !?■  r  i  d  <"  i'    Fii^si'    nytl 

y  }i  V  '■*  I  i  k  o  in  III  <'  II  <»,   '  ■•    \dMrfir'L:a"u    mir  f  i  ü  <•  ,s   Fii-srs.     SuikI  wird   ii<m*}i   imiij'  r  r  s  I  u, 

iiiid   zw<'dN'   I)  lU' k  t' IM' n  il  f  ;!,;:•  <»   liiilcrxdud'drii  '■     Iiilrkni   ii.iidi   lidiks,   hi'zw,  nH*Id.<.    

Wdrlili,^'  f'fii'  il'ii'  I  Ha,Li'ii,<i,s<'  i,sl  dtT  l 'Utr-f^iiid,  d:i,ss  hi*!  rH>(dvi'iH'!:iffl;t_i:-i.Mj  dir  \"i'uiii'_ii'i'iidr'ii 
Kiiidf.'^lliriii'  iiiKdt  iiii  A^il';i|l!^•^•  drr  litdtiirt  Ih/m/Ii  zu  id'.^a'ji  |d!<',ua'ti,  lUid.  d.aluT  >rlnvrr 
zu  <'t'r*'icd!i;'ii  Mdid.  {iislN-suiMlrta'  vvddd!,!:'  I'iir  di«'  firaklis'rlH-  f  Mdtaiidiiiti'^'  diT  C,MdiHff 
i>t  die  i  J  i  r  fr  r  i"  11  {  i  a  !  i|  i  ;a  .l:'  fi  M  >  <•  /  \v  i  s  «/  h  <•  ii  <'  i  ih-  r  S  c  h  it  i  I  «"  r^  üüd  Imm;  k  «'  l^ 
(;  ii  d  I  «a  ,t;:  <:,     l'dir  cloii   Ftiss   t;s|   (La,-   IAjldi;ii  tirr  I''ta-ar'    <"iii    -iilris  Zria'hfii,     .^laji    micIic 


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(  M*st'}|lrM'|ifHlh;i!  !,!;;<'    Zu.:.!  ,i  inft*.    «Ir',s    VV^'ÜK'S:    l\  ilMlt\sl;i_2'<*ll. 


^I'ihi'i'    w  ♦ii!i.t-'u,-f}   /Hin    |''!i,k.-n'     ffiU'i'  /jir   Ifaiiil    zu   ;;-fl;rii;^i'}i ;     zwi,<<-lH'ii     iM-iilrij     ist     iIh,^ 
i  ^'?'>.ü'5i"-i'''    '*"»    h/i<'|;,|r;-l«,i:L       iMIi*    il  M'  l'J'kr  lil:i  tl  !};:■    i|i\s    \'«}rHf  ,^-i'1i(l«'ll    Sli'jssi'S    -'«'Wimif    lii;lii 

iiiii   l\ri^iizUi-<n>'  il:t-   lM,*>fj'   Mr'rkiii;i|,    iliiiiclH'ii    ;iti   dfii  'i'ii!ii*r;i,  i>cl!!.'iiiii%'i    uihI    .«in    (|,*r 

^nr'ii  liu:  l'n/r!;(,.iir||i|fn<i;i'}t  hvr:si'ti  <viin'  .ütussi-  (ii'r.ilir  liir  «las  Kiiicl,  lynl  y.u\ii; 
''^*"l:!  -tii'.-«"  i!:<iij^i-;!i'i:i'rli  in  4vr  l\  fi  üt  }i  I'  o  s  >  i  u  h  d  c»  r  \  a  h  i-  I  k  r  li  ri  u  r,  wr'lrlit'  i'iii^ 
n-ii'Ti  i:;iii-h.  >ul.;iJ.{  rit'i"  K«.|!!;  iit  il;t^  kii/iin'  lli-rki'ii  ,Li'i'!:iii-i  isf ;  ji'<|i'  \ vr7j}^j:in'nnu:  dvti 
hi/Avu   <  if'l'Mtri.".;i{..s''>   kjiMi!   d:ihrr   t'iiv  tl:is   Kimf    \Tii'i;i  ii^:iiijss\'M|l   uri'tlfii. 

^}  u  i'  V  l  :i  'S  *•  li.  I'i,'!  flr'ii  <,hH'rl,'i u'i'ii  >tphl  tlU'  Lij!i,,i:',>;i \i'  des  KjimJi's  m  vim'r 
int'lii'  «'«ItT  fiiii'Mi<;r  i:,Mt*ri'it  I(i«/Iiiiiii:r  zur  f  .;iiii;'>;i,x t'  d*'i'  <  M*b;irt!iiiifi,'r,  ^Iji  ,J,>it|  Hi.,, 
c'iitth/'  tli/iM  M-biirf  \iir(l  ili«/  Srhirlfrr  in  i!;ih  lUM'keii  V(>r,^i''f rii'lirii,  mul  tit^iii  iN-zr'iiiiiirl: 
tk'Miiii.'irli  tkirs«'  'L:{;j;vti  ;nii'li  aL-.  S  c  it  !i  i  !  <»  r  I  ;i  ,^*  i,ui.  I'N  \Vfr<h>n  iiiif  tTMiiJc'ihrii  rim^ 
«'ThM'  <^»  ii  <•  r  }  ;i  ,ir  *'  (Knpi"  ikk-Ii  liiik^-)  \'oii  ciimt  z  ^v  r  i  r  «•  ii  (l\i)|if  nach  nndilsh  il<'i 
j'<''!<''r  riiU*i';!rf  tiMii-rsrkrjdii^  üimi!  im^Iht  ii.'ifli  ilr|-  La,u'<'  i'lf>  liTirkiiis  i'hn*  d  n  i*  s  o- 
:i.  1!  f  tM"  i  M  r  I'   iiihI   riiH»  < I  «»  r  >  *J  p  c*  ,s  I  <»  r  n>  r  r. 


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f//V.S' 


^'  Ks  i-'->fi'iUffS  iffifh'/S 


Aitipiiiitf   t'fu'f/  ■^iidii'is 


«M'ifM   I  r;i  ii  •- \  r  r:^  M    u"  r-'« 'v  id  m<»   VI      \ll  hm«  ii  s  i  ii  iii  p  f  r  ih*  ;:"  hh'H'"  iii  f.  r«H;' It  ;ui  f,«»  r  i  r  ;i  iii 
«h!rf;t.      1^':!.  r'ii'>   -.  i;i  pr- r  i  o  r  |:iMj'ti,s   i  ii  l'v  r  h»  id  s.     C';i|nii    roi'iii.s  s^i'lyiii. 
'^L-iirii!k  tvri'  ';'.;.     r'iMi'i».  Hills,  nnnt,  I*H:rulii,i. 


|)i,'  i,,}i!i"t*k'i;'j:i'}i  stiiil  .*tls  «!  \  >|  II  |Hhss- In*  zi!  lM/y.fit*liiN'ii,  t|;i  Im,»!  iiii'riii;i!  <'iii,\vH'k<.'lf<*iii 
Ixitidi'  liii':!  fh/i  iirit'r.nrih'ii  <  i  riisscu  \"|.r|j;tii  iii:s,si'fi  drs  l>«'i*k<'irs  idii  iü  <,,Mi<'rk'i;4'f^  hl  <L-is 
kk'ii'H'  IkM/k,«'!!  rin_iii'i,i'<>h^it<'N  Kiin!  olim»'  K  iHisiliiilft-  iiit^lii  ^^vhin-i'u  wi'r<"li*ii  kiuiti.  Nur 
in  sriiti'M'ii  faia^iK  bei  vu-ifi/iit  r>cvk<*!i  riiiff  Idritifui  Kifid«',  i>t.  riiie  h|M,i!}|,'iii<*.  <J<'|piirt, 
<!<•>  h'(ztt'r<'{i  :{!irh;  Uri  <^hi«'rki--<'  kM,'i)l?;i,rIji«'|.  w<rrd<*ii,  k'.H  lia ii<Iflf  'sicli  hirrliri  iiiti  z^vid 
\\"r.;:'i%  itiii  <kk'  S  <-  !  \i  s  1  r.  ü  I  w  i  i'  k  I  u  1!  _u'  iitnl  Hill  tili'  S  t»  I  b  s  f  w  c  ii  d  ii  ij  ^'„  FAue 
.si.jlisi  wi'iiditHir  k.niiJi  <r'\ViikJ  i«*!'  iffiti  Ilk'ih<*!i:^j:»ri!{!^p:r  •;>.  w.  iik:,  als  ]i.'ii'{i  «IfUiscIbrii 
voi;k';!iit!!i<-!i.  ifi  h''V/.h'rr-}ii  Ib'ilb-  nlü^r  mir.  wcijn  drr  l'irriis  tbidil  fe.sl  iiiii  il;is  Kind 
yjli^n.inin(Hvj:r'/.i>:Ji'ri  i,sJ.  X-ü  iiru-<,iit;i>h  iritl  am  li.'biili^u'sl.rii  d^N',  Wb'tidiiii,^  ;iiir  d<*ii 
l\)',>:|jr  tbii. 


Zu  ijfii  pailitiliKL^i-chi'H  \'i;rkoiiiijiuf'-vr-ii  in  <1«t  L;i-;<'  <!«•,>  |\ii,Ml,.>  ij,i,|  >,ri|jt..  Xh. 
bt'li<»i>,  Im'i  ilvr  iU'hiirl  ^^'t'h^h-i'u  iMich  «iii-  \'nr!';i  I  I  i»  k  i  <' i  n  p  r  T  ii  i-  i  I  i»  ^  Arm  tnlrr 
Ih'-iii  ,  >r,\vU>.  iU'r  \  n  r  I' :i  l  l  d  f  r  S  :\  h  i' \  s  rJi  \i  u  r :  U/l/Ai^Vi^-  Vi.ra'.'ni-^  hriii-q.  wir  *h*- 
tiitTki.  irit,t  iM'inJir  vhivr  KrMlvknwj:  dr>  Kiiti!*-.  ilin-t-fi  }\Miij|,ri'>-.;Mii  iU/v  Snln'l^i'hiviii' 
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Auf  dir  diirrh  dii'  lh'i',>ruiii:ih'n  iU::-  Knt.lf^  ;  ll\  drori-|.|hihi"^,  II\  dr*^ MTha«;}ii>.  .-lüdcri' 
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Hlidss  y,iis;iJiiiiiiiiiZ'(*kriliiiiij|,,  yml  lüi*  l''.xtr<iiiit:il,tii.  \^n'  n^iiirli  üiiii  llriKl  ^utI:i^ 
ixvvlj  fiillini  <ltii  liaiiiii  zwir^fdiiii  ilir'^i-ii  hridrii  l^iiilsnii/krii  ;iii>.  Ilit^r  lindid' 
ni:iii  inii'li  lirr  \\v^;:\'\  wiwh  liii'  Kulirl-fliiiiir  /.wrsrlini  i\en  klriiHii  KiiHlcsfindlrii. 
itiitiiiiler  aiH'li  liiii  ilcii  iials  ilis  V'^Mm  t:e<,vh\m\'j:vn.  \)\v  :niii<i'r  Si^iir  winJ 
:ilk'iii   <!iir<"li  düi   kou'vi'x   ^i^i-lKi^t^Tin-n    liii(d\i'ii  $iii;;HiiojiiiiniK 

V^i.  Idf{"/Ji  dj<*  l'd-\  Ifiü  iiiid  litl:  in    Idii';.  t*-^-  Mddil    maii   -jul    ^iic  X;idid-r|iinir    und 
dif'  i.ii;i:'<'  d**r  l%!idiini  Tlndl«."-  in  Ft^i:-.  !M   ist  di«»  Xriln'lsidHiftf  lox'    um   di'f»  I!;tl-   i'frtr^'l,,, 


GÖ6    Geschlechtsthätige  Zustände  des  Weibes:  Üebrige  Organe  der  Schwangeren. 

Es  können  aber  auch,  namentlich,  wenn  viel  Fruchtwasser  vorhanden  ist, 
Abweichungen  von  diesem  regelmässigen  Verhalten  vorkommen.  Zuweilen 
strecken  sich  die  kleinen  Kindestheile,  namentlich  die  Füsse,  nach  einer  Seite, 
wodurch  die  Entstehung  von  Querlagen  begünstigt  werden  kann.  In  Fig. 
104—106  haben  wir  vielleicht  einen  solchen  Fall  vor  uns;  es  ist  indessen  mög- 
lich, dass  hier  die  Frucht  diese  Lage  erst  beim  Absterben  eingenommen  hat. 
Auch  in  Fig.  107 — 110  sehen  wir  die  Frucht  eine  freiere  Lage  innehalten, 
wenngleich  es  sich  im  ganzen  um  eine  Schädellage  handelt;  hier  ist  viel 
Fruchtwasser  vorhanden. 

lieber  die  Ursachen,  welche  zu  einer  bestimmten  Lage  und  Haltung  des 
Kindes  führen,  ist  man  noch  nicht  im  Reinen;  doch  will  ich  auf  einen  jüngst 
von  Camcron^)  hervorgehobenen  Umstand  hinweisen,  dass  nämlich  der  Rücken 
des  Kindes  stets  da  liegen  soll,  wo  sich  die  Placcnta  nicht  befindet.  Die  Be- 
deutsamkeit dieses  Zusammentreffens  ist  einleuchtend. 

Vergl.  zu  diesem  Abschnitte  noch  die  Arbeit  D  ö  d  e  r  1  c  i  n's,  „Die  Ergeb- 
nisse der  Gefrierdurchschnitte  durch  Schwangere".  Ergebnisse  der  Anat.  u. 
Entw.-Gesch.,  herausg.  von  Merkel  u.  Bonnet,  1894.  Bd.  IV.  S.  314. 

Anatomische  Veränderungen  der  übrigen  Organe  des  Weibes  während  der 

Schwangerschaft. 

Die  erheblichsten  Veränderungen,  welche  den  Frauenkürper  während  der 
Schwangerschaft,  abgesehen  von  der  Gebärmutter,  treffen,  finden  wir  natur- 
gemäss  an  den  Adnexen  des  Uterus. 

Die  Arteria  uterina  wird  in  die  Höhe  gezogen;  ihr  Winkel  an  der  Ureter- 
kreuzung  wird  mehr  oder  weniger  ausgegliclien. 

Die  Ei  er  s  t  Ö  c  k  e  erscheinen  etwas  grösser,  insbesondere  der,  welcher  das 
Corpus  luteum  verum  trRgt.  Durch  Anspannung  der  Ligamenta  lata  und  ovarii 
propria  werden  sie  gego^n  Ende  der  Schwangerschaft  über  den  Beckeneingang  empor- 
gelioben  und  liegen  der  Seitenwand  des  Uterus  dicht  an;  sie  können  bis  zur  Höiie 
der  Synchondrosis  lumbalis  Vö  nach  aufwärts  gelangen;  ihre  senkrechte  Stellung  be- 
halten sie  bei. 

Die  Muttertrompeten  nehmen  gleichfalls  an  Grösse  zu.  Sie  laufen  in  der 
letzten  Zeit  der  Schwangerschaft  an  den  Seitenkanten  des  Uterus  gestreckt  hinab; 
ihre  Pars  ampuUaris  kann  die  Lage  zum  Eierstocke  indessen  beibehalten. 

Die  Ligamenta  teretia  erreiciien  gegen  das  Ende  der  Schwangerschaft 
fast  die  Stärke  eines  männlichen  Samenstranges^  vor  allem  durch  Entwicklung  ihrer 
Muskulatur.  Sie  können  dann  deutlich  palpirt  werden,  insbesondere  wahrend  einer 
Wehe,  wobei  ihre  Muskeln  sich  mit  der  Uterusmuskulatur  zusammenziehen. 

Die  S  c  h  lei  m  ha  u  t  der  S  c  h  ei  d  e  nimmt  an  der  allgemeinen  Schwellung 
und  grösseren  Durchfeuchtung  der  sämtlichen  Beckenorgane  theil.  Beides,  welches 
eine  charakteristische  Sukkulenz  der  Gewebe  erzeugt,  ist  auf  den  grösseren  Blut-  und 
Lymphgehalt  derselben  zurückzuführen.  Besonders  stark  pflegt  die  Carina  ure- 
thralis  hervorzutreten. 

Von  geburtshülflicher  Seite  wird  diagnostischer  Werth  auf  eine  eigentümliche 
Farbenveränderung  gelegt,  welche  die  Wandungen  des  Scheidenvorhofes,  der 


1)  Cameron,  M.,  A  new  theory  as  to  the  position  of  the  foetus  in  utero.    Brit. 
med.  Journ.  1896,  February  29. 


Gresctilechtstliätige  Zustände  des  Weibes:  Dauer  der  Schwäng^erschaft.         607 

Scheide  und  die  Portio  vaginalis  erleiden.  Zu  der  gewöhnlichen  grauröthlichen  Fär- 
bung derselben  tritt,  infolge  stärkerer  Venenfüllung,  ein  charakteristischer  bläulicher 
Ton  hinzu;  man  hat  die  Färbung  mit  der  von  Wei  nhefe  verglichen.  Bei  der  Ver- 
werthung  dieser  Färbung  für  die  Diagnose  der  Schwangerschaft  müssen  nur  andere 
Ursachen  einer  venösen  Hyperämie  ausgeschlossen  sein. 

Die  ausser  enGeschlechtsorgane  erleiden,  namentlich  gegen  das  Ende 
der  Schwangerschaft,  eine  geringe  Volumenszunahme.  Ihre  drüsigen  Apparate  se- 
cerniren  stärker.  Auch  die  Harnblase  verändert  sich  insofern,  als  ihre  Muskel- 
wand an  der  Hypertrophie  der  glatten  Beckenniuskulatur  theilnimmt,  und  als  sie  tiefer 
hinabgedrängt  wird. 

Bemerkenswerth  sind  auch  die  an  vielen  Stellen  der  Haut  auftretenden  stär- 
keren bräunlichen  Pigmentirungen,  welche  erst  mit  dem  Ende  des  Puer- 
perium, bezw.  der  Laktation,  abzublassen  pflegen.  Sie  finden  sich  an  der  Stirn  und 
im  Gesichte  —  Chloasma  u  t  e  r  i  n  u  m  —  am  Brustwarzenhofe,  in  der  Mittellinie  dos 
Bauchps,  und  zwar  auch  in  der  Oberbauchgegend,  wo  man  sonst  fast  niemals  Pig- 
mentirung  sieht,    an  den  äusseren  Genitalien,    am  Damme   und  um  den  Anus  Iierum. 

Nicht  konstant,  wenn  auch  sehr  häufig,  sind  die  S  tr  i  a  e  g  r  a  v  i  d  ar  u  m.  Sie 
beruhen  auf  einem  Ausein.anderweicljcn  der  gröberen  Bindegewebsbündel  der  Kutis 
nach  der  Richtung  ihrer  Hauptspaltbarkeit.  In  der  dadurch  entstehenden  Lücke  sieht 
man  einen  Theil  der  Bindegewebsfasern,  ohne  dass  eine  Zerreissung  einträte,  in  ver- 
änderter Faserrichtung  von  einer  Seite  zur  andern  laufen  (Langer).  Nach  meinen 
Befunden  treten  jedoch  in  diesen  Lücken  auch  junge  Bindegewebszellen  auf,  und 
liierauf,  sowie  auf  eine  reichere  seröse  Durchtränkung,  beziehe  ich  die  röth liehen 
Prominenzen,  als  welche  die  spätem  weisslichen,  narbenähnlichen  Striae  zunächst  er- 
scheinen. Nach  der  Entbindung  schrumpft  das  junge  Bindegewebe  ein.  Solche  Striae 
entstehen  aber  auch  bei  starker  Ausdehnung  des  Bauches,  der  Oberschenkel  und  Ge- 
sässhaut  aus  irgend  einem  anderen  Grunde,  ohne  dass  Scliwangerschaft  zu  bestehen 
braucht,  insbesondere  bei  rascher  Fettablagerung i). 

Wichtig  ist  noch  die  gegen  das  Ende  der  Schwangerschaft  eintretende 
Lockerung  der  Recke ngelenke  und  der  Symphyse;  in  der  letz- 
teren kann  eine  Art  Gelenk  höhle  sich  ausbilden  (S.  34). 

Auf  die  übrigen  Veränderungen,  namentlich  der  inneren  Organe,  des 
Blutes,  der  Ausscheidungen,  u.  a.  einzugehen,  ist  hier  nicht  der  Ort^). 

Dauer  der  Schwangerschaft. 

Eine  Zahl  von  Fällen,  in  denen  man  den  Zeitpunkt  der  befruchtenden  Begat- 
tung genau  angeben  konnte,  lehrt,  dass  gewöhnlich  270— '276  Tage  von  da  ab  bis  zum 
Eintritte  der  Geburt  verstreichen.  Da  nun  der  Tag  der  Befruchtung  nur  in  seltenen 
Fällen  sicher  anzugeben  ist,  so  rechnet  man  praktisch,  auf  Grund  langer  Erfahrung, 
vom  ersten  Tage  der  letzten  Menstruation,  und  nimmt  von  da  den  280.  Tag  (10 
vollendete  Mondesmonate)  als  Eintrittstag  für  die  Geburt.  Die  vorkommenden  Ab- 
weichung'en  sind  allerdings  ziemlich  beträchtlich.    Sie  können  einestheils  dadurch  er- 


1)  Meine  Ansicht  über  die  Bildung  der  Striae  weicht  in  dem  Punkte  von 
C.  Langer  (Ueber  die  Textur  der  sogenannten  Graviditätsnarben.  Wiener  med.  Jahr- 
bücher, 1880,  S.  49)  und  E.  Krause  u.  Felsenreich  (Ueber  Spannungsverhältnisse 
der  Bauchhaut  bei  der  Gravidität.  Arch.  f.  Gynäkol.  1879,  Bd.  15,  S.  179)  ab,  als  sie 
noch  eine  Neubildung  von  Bindegewebe  zulässt. 

2)  Ueber  die  im  vorigen  Abschnitte  abgehandelten  Verhältnisse  wolle  man  be 
sonders  das  grosse  neueste  Werk  Leopold 's  vergleichen:  „Uterus  und  Kind",  1.  c. 
[S.  586]. 


Ö08  Geschlechtsthätige  Zustände  des  Weibes:  Qeburtsänatomie. 

klärt  werden,  dass  die  Befruchtung  während  der  ganzen  intermenstruellen  Zeit  statt- 
finden kann,  dass  aber  andererseits  auch  individuelle  Ursachen  für  einen  verfrühten 
oder  verspäteten  Eintritt  der  Geburt  zugelassen  werden  müssen. 

Das  neue  bürgerliche  Gesetzbuch  des  deutschen  Reiches  lässt  eine  Schwankung 
•  vom  181.  bis  302.  Tage  zu  —  sogenannte  „Empfängnisszeit". 

Anatomie  des  Gebnrttvorg*anges. 

Die  Geburt  beginnt  mit  dem  ersten  Eintritte  der  in  regelmässigen 
Pansen  sieh  wiederholenden,  und  in  charakteristischer  Weise  ablaufenden  Zu- 
sammenziehungen  der  Gebärmutter,  welche,  wegen  der  damit  verbundenen 
Schmerzen,  „Wehen",  Dolores  ad  partum,  genannt  werden. 

Der  Geburtsvorgang  zerfällt  in  drei  Abschnitte:  die  Eröffnungs- 
periode,  die  Austreibungsperiode  und  die  Nachgeburtsperiode. 

Die  Er öffnungs Periode  erweitert  den  äusseren  Muttermund  und  den  Cervikal- 
kanal  bis  zur  Grösse  des  vordringenden  Kindeskopfes  (10—11  cm).  Es  erscheint  dann 
der  Rand  des  Orificium  uteri  externum  wie  ein  feiner  Saum,  der  sich  von  der  Schei- 
denwand kaum  abhebt  und  dicht  dem  vordringenden  Kindestheile  angeschmiegt  ist. 
Natürlich  ist  in  ähnlicher  Weise  auch  der  gesamte  Cervikalkanal  erweitert,  und  beim 
weiteren  Vordringen  des  Kindes  auch  die  Scheide,  so  dass  nunmehr  der  Uterus  mit 
der  Scheide  einen  einzigen,  oben  blind  geschlossenen,  nach  unten  sich  öffnenden  wei- 
ten, nach  der  Beckenaxe  gekrümmten  Schlauch  darstellt,  in  welchem  sich  das  Kind 
nach  aussen  bewegt. 

An  diesem  Sclilauche  sind  jedoch  zwei  besonders  wichtige  Abschnitte  zu 
unterscheiden,  der  untere,  oder  der  Durchtrittsschlauch,  und  der  obere,  oder 
der  Hohlmuskel  (Schroeder)^).  Den  ersten  Abschnitt  kann  man  auch  als 
den  passiven,  den  anderen  als  den  aktiven  bezeichnen,  indem  der  erstere  sich 
an  der  Austreibung  des  Kindes  kaum  betheiligt,  während  der  Hohlmuskel  die 
treibende  Kraft  von  Seiten  des  Uterus  entwickelt. 

Es  ist  noch  eine  umstrittene  Frage,  welche  Theile  des  Uterovaginalrohres 
sich  an  der  Bildung  des  Durchtrittsschlauches  betheiligen.  Während  die  einen 
(Bandl,  Küstner,  Bayer)  der  Ansicht  sind,  dass  schon  in  der  letzten  Zeit 
der  Gravidität  der  obere  Cervixabschnitt  mit  in  den  „Brutraum"  einbezogen 
werde  und  eclite  Decidua  ausbilde,  und  dass  der  Durchtrittsschlauch  nur  aus 
dem  Ccrvikalkanale  imd  der  Scheide  hervorgehe,  lehren  Schröder,  Hof- 
meier, V.  Franque  u.  aJ)j  dass  ein  solches  Aufgehen  einer  oberen  Cervix- 
partie  in  den  Brutraum  nicht  stattfinde,  dass  vielmehr  noch  ein  Theil  des  un- 
teren Corpusabschnittcs,  unteres  Uterinsegment,  an  der  Bildung  des  Durch- 
trittsschlauches sich  betheilige. 

Die  Bildung  dieses  unteren  Uterinsegmentes  erfolgt  im  wesentlichen  mit  dem  Be- 
ginne der  Wehenthätigkeit;  man  konstatirt,  dass  im  Bereiche  des  unteren  Corpusab- 
Schnittes  eine  ringförmige  Grenzmarke  auftritt,  durch  welche  ein  oberer  grösserer  und 

1)  Schröder  und  Stratz,  Der  schwangere  und  kreissende  Uterus.  Bonn,  1886. 
Friedrich  Cohen. 

2)  Vgl.  insbesondere  Bayer,  H.,  Uterus  und  unteres  Uterinsegment.  Archiv  für 
Gynäkologie.  1897.  Bd.  54.  —  Derselbe,  Cervixfrage  und  Placenta  praevia.  Ver- 
handlungen der  deutschen  gynUkol.  Gesellsch.,  1897.  —  Franqu^,  0.  v.,  Cervix  und 
unteres  Uterinsegment.   Erlangen,  1897  (mit  Litteratur). 


Geschlechtsthätige  Zustände  des  Weibes:  Geburtsanatomie.  609 

dickwandiger  Theil  des  Uteruskörpers  sich  von  einem  unteren  dünnwandigen  scharf 
absetzt.  Insbesondere  deutlich  erscheint  diese  ringförmige  Absetzung  während  einer 
Wehe.  Diese  Grenzmarke  heisst  der  Kontraktionsring  i).  Der  oberhalb  dieses 
Ringes  liegende  Abschnitt  ist  nun  der  austreibende  Hohlmuskel,  der  unterhalb  gele- 
gene —  nach  Schröder's  Lehre  also  ein  Theil  des  Uteruskörpers,  die  Cervix  und 
die  Scheide  —  bilden  den  Durchtrittsschlauch. 

Die  Vertreter  der  gegentheiligen  Ansicht,  wie  Bandl,  Zweifel  u.  a.,  leugnen 
die  Existenz  eines  Kontraktionsringes  nicht,  verlegen  ihn  aber  in  den  inneren  Mutter- 
mund, indem  sie  das  untere  Uterinsegment  als  den  erweiterten  oberen  in  den  Brut- 
raum einbezogenen  Cervixabschnitt  ansprechen. 

Nach  meinen  Untersuchungen  muss  ich  mich  dahin  äussern,  .  dass  der  Regel 
nach  bis  zum  Beginne  der  Geburt  der  Cervikalkanal  in  seiner  ganzen  Länge  samt 
dem  inneren  Muttermunde  erhalten  bleibt.  Ich  bin  der  Meinung,  dass  die  durch  die 
sorgfältigen  Untersucliungen  Bayer's  nachgewiesene  Hypertrophie  der  Cervixmus- 
kulatur  vollkommen  durch  die  bekannte  Grössenzunahme  der  Cervix  in  Anspruch 
genommen  wird.  Sie  gibt  keinen  zwingenden  Grund  ab,  an  eine  regelmässige  Ent- 
faltung der  oberen  Cervixpartie  vor  der  Geburt  zu  denken.  Dass  bei  Erstgebärenden, 
oder  bei  abnorm  grossen  Eiern  eine  theilweise  Entfaltung  der  Cervix  häufig  eintritt, 
wird  allerdings  auch  von  Schröder,  Rüge  und  Hofmeier  zugegeben. 

Ein  wichtiger  Faktor  für  die  naturgemässe  Eröffnung  des  Cervikalkanales 
und  des  Muttermundes  bilden  die  Eihäute  mit  dem  sie  füllenden  Fruchtwasser. 
Letzteres  wird  l)ei  der  Wehe  naturgemäss  vorgetrieben  und  stülpt  die  Eihäute 
in  Gestalt  einer  Blase,  Fruchtblase,  vor.  Man  fühlt  also  bei  der  Untersu- 
chung während  der  Eröffnungsperiode  in  einer  Wehe  diese  Blase  sich  vorwöl- 
ben. Die  Wandungen  der  Blase  bestehen  aus  der  Decidua  capsularis,  dem 
Chorion  und  dem  Amnion,  In  der  Regel  springt  die  Blase  kurz  vor  dem  Ende 
der  Eröffuungsperiode,  und  das  Fruchtwasser  wird  entleert. 

Während  der  Austreibungsperiode  tritt  zu  der  Kraft  des  uterinen 
Hohlmuskels  noch  die  Wirkung  der  Bauchpresse  hinzu.  Bei  eutopischer  Lage 
des  Kindes  geht  diese  Periode  rascher  vorüber;  so  ist  es  wenigstens  das  Normale. 
Ist  der  Kopf  tiefer  in  die  Scheide  herabgetreten,  so  streckt  sich  der  Kindes- 
körper. Bei  der  Wehe  sieht  man  nunmehr  die  äusseren  Genitalien,  insbesondere 
aber  den  Damm  und  den  Anus  der  Kreissenden,  sich  vorwölben.  —  Mit  dem  Er- 
scheinen des  vorliegenden  Kindestheiles  im  Vestibulum  vaginae  beginnt  der 
Durchschneidungsakt,  während  dessen  es,  namentlich  bei  Erstgebä- 
renden, den  Damm  vor  dem  Einreissen  zu  schützen  gilt. 

Während  der  Wehen  ändert  der  Uterus  seine  Lage  und  Form;  er  wird 
hart  und  steif  und  nähert  sich  unter  einer  Sinistro-  oder  Dextrotorsion  der 
vorderen  Bauch  wand;  sein  Querdurchmesser  nimmt  ab,  sein  Tiefendurchmesser 
nimmt  zu;  der  Fundus  rückt  in  die  Höhe,  so  dass  er  gegen  das  Ende  der  Er- 
öffnungsperiode die  Rippen  erreicht^). 

Während  der  Austreibung  macht  der  kindliche  Körper  bestimmte  Lageverän- 
derungen durch,   die   bei  normalem  Becken    und   gewöhnlichen  Grössenverhältnissen 


1)  Eine  gute  Abbildung  eines  Kontraktionsringes  gibt  jüngst  Wm.  Lusk:  Re- 
marks  on  a  frozen  section  of  the  first  stage  of  Labour,  Brit.  med.  Journ.  Nr.  1954. 
Juni  11.  1898. 

2)  Vergleiche  die  Schilderung  dieser  Vorgänge  in  Schröder's  Lehrbuch,  1.  c. 
Waldeyer,  Das  Becken.  39 


610  Gcschlechtsthätigc  Zustände  des  Weibes:  Gcburtsauatoniie. 

des  Kindes  eine  gesetzmässi«:e  Folg-e  zeigten  und  offenbar  auf  mechanische  Ursachen 
zurückzuführen  sind,  M  e  c  h  a  n  i  s  in  u  s  })  a  r  t  u  s.  Der  Meclianismus  partus  ändert 
sich  nach  den  verschiedenen  Einstellungslagen  ab.  Es  ist  hier  nicht  der  Ort  dieses 
näher  zu  schildern,  um  "so  weniger,  als  bei  den  kompetentesten  Faciimännern  noch 
grosse  Differenzen  über  die  hierbei  in  Betracht  kommenden  Faktoren  bestehen.  So 
meint  01s  hausen*),  dass  die  Drehungen  des  Kopfes  durch  die  Drehungen  des 
Rumpfes  bedingt  würden  ;  Varnier^)  mit  Farabeuf^),  sowie  J.Veit,  I.e.  [S.48]  sehen 
in  der  Gestaltung  und  Wirkung  der  Beckenmuskulatur,  insbesondere  der  des  Becken- 
bodens und  des  Dammes  wesentliche  Dinge  für  die  Drehung  des  vorliegenden  Kin- 
destheiles,  insbesondere  des  Kopfes.  Die  Meisten,  vergl.  u.  A.  ZweifeH),  legen  das 
Hauptgewicht  auf  die  Konforniation  des  knöchernen  Beckens  im  Verhältniss  zum 
Kindeskopfe,  ohne  jedoch  die  Wichtigkeit  des  Einflusses  der  Muskulatur  in  Abrede 
stellen  zu  wollen  ^). 

Auf  einen  Umstand  rnuss  bei  Untersuchungen  über  den  Mechanismus 
partus  besonders  hingewiesen  werden,  den  Lesshaft,  I.  c.  [S.  32],  betont, 
dass  nämlich  die  kleine  Becken  höhle  nicht  erweiterungs- 
fähigist, wenigstens  nicht  in  ncnnenswerther  Weise. 

In  der  Nachgeburtsperiode  kommt  es  zur  Ausstossung  der  Pla- 
centa  und  der  Eihäute,  Die  Placenta  löst  sich,  infolge  der  starken  Zusammen- 
ziehung des  Uterus  nach  Austreibung  des  Kindes,  in  der  Weise,  dass  ein  Rest 
derselben,  welcher  die  unteren  blinden  Enden  der  dilatirten  Uterindrtisen  ent- 
hält, im  Uterus  verbleibt,  ebenso  wie  die  Decidua  vera.  Mit  der  Placenta  gehen 
von  mütterlichen  Produkten  die  Reste  der  Decidua  reflexa  zum  Theil  —  andere 
Theile  derselben  bleiben  auf  der  Vera  haften  • — ,  von  kindlichen  die  beiden 
Eihäute,  Amnion  und  Choriou,  nebst  dem  durch  Abnabelung  an  der  Placenta 
sitzen  gebliebenen  Nabelschnurstücke  ab.  Dies  zusammen  heisst  die  Nach- 
geburt, Secundinae.  Die  Placenta  stellt  sich  dabei  zuerst  gewöhnlich 
mit  ihrem  Rande  ein.  Du ncan'sche  Stellung;  in  selteneren  Fällen  legt 
sie  sich  flach  auf  den  Kontraktionsring  und  wird  dabei  schalenförmig  von  oben 
her  eingestülpt.  Schult zc'sche  Stellung.  In  diesem  Falle  findet  in  den 
Schalenraum  ein  Bluterguss  statt,  retroplacentarer  Blute rguss. 

Bei  der  Trennung,  welche  in  der  sogenannten  „lakunaren"  Schicht  der 
Placenta  erfolgt,  werden  sowohl  arterielle  wie  venöse  mütterliche  Gefässe  durch- 
rissen, so  dass  eine  begleitende  Blutung  die  Regel  ist;  dieselbe  pflegt  indessen 


1)  Olshausen,  R.,  Ueber  die  nachträgliche  Diagnose  des  Geburts Verlaufes  etc. 
Volkmann's  klinische  Beiträge.  1870.  Nr.  8.  Ferner  in  Arch.  f.  Gynäk.,  Bd.  XX.  S.  288 
und  Verhandl  der  Deutschen  Gesellschaft  für  Gynäkol.  II,  S.  244.  1888. 

2)  Varnier,  Du  d6troit  Interieur  musculaire  du  bassin  obstetrical.    Paris,  1888. 

3)  Farabeuf,  L.  H.,  et  Varnier,  H.,  Introduction  a  Tetude  clinique  et  ia  pra- 
tique  des  accouchements.   Paris,  Steinheil.  1891. 

4)  Braune,  W.,  und  Zweifel,  P.,  Gefrierdurchschnitte  in  systematischer  An- 
ordnung durch  den  Körper  einer  Hochschwangeren.  Leipzig,  1890.  —  Zweifel,  Zwei 
neue  Gefrierdurchschnitte  Gebärender.  Leipzig,  1893,  u.  Lehrb.  der  Geburtshülfe,  4.  Aufl. 

5)  Ueber  den  Mechanismus  partus  vergleiche  insbesondere  noch:  1)  Kueneke, 
Die  vier  Faktoren  der  Geburt.  Berlin,  1869.  —  2)  Lahs,  Theorie  der  Geburt.  Bonn, 
1877.  —  3)  Schatz,  Der  Geburtsmechanismus  der  Kopt'endlagen.  Leipzig,  1868;  ferner 
Centralblatt  für  Gynäkologie,  18;)0,  und  Deutsche  medizinische  Wochenschrift,  1890. 


Geschlechtsthätige  Zustände  des  Weibes:  Anatomie  des  Puerperium.  611 

bei  guten  Kontraktionen  des  Uterus  rasch  zu  stehen,     Arterien  wie  Venen  sind 
übrigens  an  der  betreffenden  Stelle  äusserst  dünnwandig. 

Anatomie  des  Puerperinm. 

Unmittelbar  nach  der  Entbindung  zeigt  das  Bauchfell,  soweit  es  dem 
Uterus  locker  anliegt,  Falten  (Duncan'sche  Falten), 

Schon  wenige  Tage  nach  der  Geburt  nimmt  die  Gebärmutter,  falls  nicht 
störende  Verhältnisse  bestehen,  ihre  Antcversioflexionsstellung  wieder  ein,  wie 
dies  ein  1895  veröffentlichter  sehr  wichtiger  Gefrierdurchschnitt  Schrei ber's^) 
lehrt;  jedenfalls  geschieht  dies  in  den  ersten  Wochen  nach  der  Entbindung 
(vgl.  Fig.  103).  An  dem  S  ch  rei  ber'schen  Schnitte  (fünf  Tage  nach  der  Ent- 
bindung) erkennt  man  bereits  wieder  die  Muttermundslippen,  den  Unterschied 
beider  Scheidengewölbe,  den  Cervikalkanal  sowie  den  inneren  Muttermund, 
Die  vordere  Cervikalwand  geht  schroff  abgesetzt  in  die  bis  4V2  cm  dicke 
vordere  Körperwand  des  Uterus  über,  die  hintere  allmählich.  —  Unmittelbar  nach 
der  Entbindung  soll  der  Utcruskörper  fest  zusammengezogen  sein  und  sich  hart 
anfühlen,  von  kugeliger  Form ;  die  Wände  der  Cervix  sind  schlaff.  Am  ersten 
Tage  steht  der  Fundus  noch  10—16  cm  oberhalb  der  Symphyse,  dicht  an  den 
Bauchdecken.  1—2  Tage  lang  lässt  sich  wohl  noch  ein  unteres  Uterin- 
segment  unterscheiden.  Am  5.  Tage  steht  der  Fundus  zwischen  Nabel  und 
Symphyse,  am  10,  am  oberen  Symphysenrande.  —  Eine  Portio  vaginalis  ist 
schon  am  2.  Tage  wieder  erkennbar.  Der  äussere  Muttermund  stellt  einen 
klaffenden  Qucrspalt  mit  mehr  oder  weniger  tiefen  Einrissen  dar,  seine  Ränder 
sind  schlaff;  nach  etwa  2 — 3  Monaten  erhält  er  die  Verhältnisse  wieder,  die 
der  Nichtschwangeren  zukommen.  Das  Orificium  internum  markirt  sich 
etwa  am  3.  Tage  und  ist  vom  10.  Tage  ab  völlig  hergestellt.  Der  Canalis 
cervicis  bleibt  gewöhnlich  vier  Wochen  lang  für  den  Finger  durchgängig. — 
Die  Involution  des  Uterus  pflegt  bei  Mehrgebärenden  und  Säugenden  rascher 
zu  erfolgen. 

Noch  bis  in  die  vierte  und  fünfte  Woche  hinein  kann  man  die  Placentar- 
stclle  an  der  stärkeren  Hervorragung  der  Wand  und  an  einer  mehr  rauhen 
Beschaffenheit  der  letzteren,  sowie  an  den  hinter  ihr  befindlichen  erweiterten 
Uteringefässen  auf  dem  Durchschnitte  erkennen. 

Eierstöcke  und  Tuben  haben  in  der  dritten  Woche  nach  der  Ent- 
bindung ihre  gewöhnliche  Lage  wieder  gewonnen,  B.  Schnitze,  1.  c.  [S.  496]. 

Mit  dem  Eintritte  des  Puerperium  beginnt  der  sogenannte  Wochentiuss,  Lo- 
ch! en^).  Derselbe  ist  anfangs  fast  rein  blutig,  später  schleimig  blutig:,  dann  schlei- 
mig trübe  und  endlich  mehr  serös.  Mit  den  Lochien  werden  Blut-  und  Eihautreste, 
insbesondere  die  überschüssige  Bildung  der  Decidua  vera,  entfernt;  ferner  kompensirt 
sich  damit  die  in  der  ersten  Zeit  noch  überschüssige  Gefässzufuhr.   —  Von  den  Epi- 


1)  Schreiber,  Beschreibung  von  Gefrierdurchschnitten  durch  den  Rumpf  ein^r 
Wöchnerin  des  5.  Tages.  Dissert.  inaug.  Basel,  1895.  (Das  Präparat  wurde  in  der 
Baseler  anat.  Anstalt  von  J.  K oll  mann  hergestellt.) 

2)  Von  7)  Uxog^  die  Wöchnerin,  oder  t6  XoxeTor^  das  Kindbett. 


612     Geschlechtsthätige  Zustände  des  Weibes:  Pathologie  der  Schwangerschaft, 

thelien  der  Drüsenreste  aus  stellen  sich  die  Uterindrüsen  und  das  Uterusoberflächen- 
epithel wieder  her;  alle  hypertrophirten  Theile,  Muskeln,  Gefässe  und  Nerven,  bilden 
sich  zurück.  Nach  etwa  sechs  Wochen  ist  der  Uterus  mit  dem  Aufhören  desLochial- 
flusses  auf  seinem  früheren  Stande  wieder  angelangt;  an  seine  Stelle  ist,  bei  normalem 
Laufe  der  Dinge,  in  der  hypertrophischen  Ausbildung  und  für  die  Ernährung  des 
Kindes  die  Brustdrüse  getreten. 

Es  wurde  schon  bemerkt,  dass  unter  gewöhnlichen  Verhältnissen  der  Uterus  meist 
etwas  grösser  bleibt,  als  er  vordem  war.  —  Längere  Zeit  nimmt  man  an  der  Schleim- 
haut noch  ein  rostfarbenes,  von  dem  ausgetretenen  Blute  herrührendes  Pigment  wahr. 

Pathologische  Zustände. 

Aus  der  Fülle  der  pathologischen  Vorkommnisse;  welche  sieb  an  die 
Schwangerschafts-  und  Geburtsvorgänge  knüpfen,  heben  wir  folgende  hervor: 
1)  Die  ektopische  Schwangerschaft,  2)  die  Retentio  infantis,  3)  die 
Retentio  foetus,  4)  die  Retentio  ovuli,  5)  die  Retentio  placentae, 
6)  die  Placenta  praevia,  7)  die  Blasenmole,  8)  das  Choriom,  9)  den 
Abortus. 

Ektopische  Schwangerschaft.  Es  ist  eine  sehr  merkwürdige  Erscheinung, 
dass  ein  befruchtetes  Ei  sich  auch  in  der  Tube  und,  wofür  einige  Fälle  sprechen, 
innerhalb  eines  Graafschen  Follikels  einnisten  und  weiter  entwickeln  kann :  Tuben- 
schwangerschaften und  Eierstocksschwangerschaften.  Schon  diese  That- 
sache  beweist,  dass  die  Uterindrüsen  für  die  Festheftung  des  Eies  keine  wesentliche 
Rolle  spielen.  In  der  Tube  kann  jede  Strecke  hierfür  benutzt  werden,  von  der  Pars 
intramuralis  bis  zum  Tubentrichter  hin;  in  letzterem  Falle  kann  es  zu  den  soge- 
nannten Tuboovarialschwangerschaften  kommen,  während  man  die  Sitze  des 
Eies  in  der  Pars  intramuralis  und  in  der  freien  Tube  als  Graviditas  intramuralis 
oder  interstitialis,  und  als  Graviditas  tubaria  schlechthin,  bezeichnet. —  Damit 
man  eine  Ovarialschwangerschaft  sicher  als  eine  solche  anerkennen  dürfe,  muss 
anatomisch  nachgewiesen  sein,  dass  1)  die  betreffende  Tube  gänzlich  frei  von  Spuren 
einer  Eieseinnistung  ist,  dass  2)  der  Fruchtsack  ganz  oder  zum  Theil  von  Eierstocks- 
gewebe umgeben  ist,  und  3)  dass  das  Ligamentum  ovarii  in  den  Fruchtsack  übergeht. 
Das  Zustandekommen  einer  Ovarialschwangerschaft  denkt  man  sich  so,  dass  nach  Er- 
öffnung eines  Follikels  das  Ei  in  demselben  liegen  bleibt  und  innerhalb  desselben  be- 
fruchtet wird.  Im  Follikelraume  entwickelt  sich  dann  eine  Placenta.  Die  Eiblase  kann 
aus  dem  Follikelraume  hinauswachsen  und  in  die  freie  Bauchhöhle  gerathen,  während 
die  Placenta  am  Eierstocke  bleibt,  oder  der  Follikel  schliesst  sich  wieder  nach  der 
Befruchtung,  und  die  wachsende  Eiblase  bleibt  allseitig  von  Eierstocksgewebe  umgeben. 

Die  Ausgänge  einer  Tubenschwangerschaft  sind  sehr  verschiedene.  Am 
seltensten  wird  die  Frucht  in  der  pari  passu  sich  ausdehnenden,  unversehrt  bleibenden 
Tube  ausgetragen,  stirbt,  wenn  sie  nicht  durch  Kunsthülfe  entfernt  wird,  ab  und  er- 
leidet die  weiter  unten  anzugebenden  Veränderungen,  oder  es  kommt  dann  noch  zu 
einem  Risse  der  Tube  und  zum  Austritte  der  reifen  oder  nahezu  reifen  Frucht  in  die 
Bauchhöhle.  In  anderen  Fällen  gelangt,  unter  allmählichem  Auseinanderweichen  der 
Wandungselemente  der  Tube,  der  unverletzte  Fruchtsack  mit  lebender  Frucht  in  die 
Bauchhöhle  —  sekundäre  Bauchschwangerschaft,  —  oder  zwischen  die  Blätter 
des  Ligamentum  latum  —  intraligamentäre  Schwangerschaft,  oder  der  Frucht- 
sack wächst  aus  der  Trichteröffnung  der  Tube  hinaus  in  die  Bauchhöhle,  so  dass  aber 
ein  Theü  in  der  Tube  bleibt  —  tuboabdominale  Schwangerschaft. 

Diesen  seltenen  Ausgängen  gegenüber  stehen  diejenigen,  bei  denen  es  früh- 
zeitig zu  theilweisen  oder  gänzlichen  Lösungen  der  Placenta  unter  beträcht- 
licher Blutung  kommt.    Dieselben   sind   wichtig,   weil   sie   oft  eine  akute  Lebens- 


Geschlechtsthätige  Zustand«  des  Weibes:  Pathologie  der  Schwangerschaft,     613 

gefahr  mit  sich  bringen,  ehe  noch  die  Diagnose  auf  eine  Tubarsch wangerschaft  gestellt 
werden  konnte.  Bei  geringerer  Blutung  bleibt  der  Erguss  in  der  Tube,  der  Fötus 
stirbt  ab,  wird  resorbirt  und  es  bildet  sich  unter  Gerinnung  erst  eine  Blutmole, 
später,  unter  Organisation  der  letzteren  durch  einwandernde  Zellen,  eine  Fleischmole 
aus.  Auch  die  Fleischmole  kann  resorbirt  werden.  Das  ganze  Ereigniss  kann  bei 
diesen  Ausgängen  unbemerkt  bleiben. 

Bei  stärkerer  Blutung  tritt  zweierlei  ein:  a)  der  tubare  Abort,  Werth^), 
b)  ein  frühzeitiger  Tubenriss  in  Folge  der  raschen  Dehnung  der  Tube  durch  die 
Blutung.  Unter  tubarem  Abort  —  nach  Pfannenstiel  der  häufigste  Ausgang  der 
Graviditas  tubaria  —  versteht  man  den  Austritt  von  Blut  -—  unvollständiger  tu- 
barer  Abort  —  oder  von  Blut  und  Frucht  —  vollständiger  tubarer  Abort  — 
durch  das  Ostium  abdominale  tubae  in  die  Bauchhöhle.  Das  Blut  gibt  hier  Ver- 
anlassung zur  Bildung  einer  Haematoeele  peri tubaria,  oder,  wenn  es  in  den 
Douglas'schen  Raum  geräth,  zu  einer  Haematoeele  retrouterina;  endlich,  wenn 
es  zwischen  die  Blätter  des  Ligamentum  latum  kommt,  veranlasst  es  ein  intraliga- 
mentäres  Hämatom.  Der  Ausgang  in  einen  Tubenriss  ist  mit  viel  beträchtlicherer 
Blutung  verknüpft  und  meist  lebensgefährlich;  der  Riss  zieht  sich  gewöhnlich  stark 
zusammen;  Pfannenstiel  fand  ihn  in  einem  von  ihm  operirten  Falle  kaum  steck- 
nadelknopfgross. 

Kleinere  Fötus  sterben  nach  dem  Austritte  aus  ihrem  primären  Neste  wohl 
immer  ab  und  werden,  bei  überlebender  Mutter,  namentlich  wenn  noch  keine  erheb- 
lichere Skeletbildung  vorliegt,  immer  völlig  resorbirt,  wie  dies  Leopold  durch  Im- 
plantirung  von  Kaninchen-  und  Hundefötus  auch  experimentell  erwiesen  hat.  Grössere 
Fötus  werden  entweder  (unter  Resorption  der  Weichtheile)  skeletirt,  oder  sie  werden 
mumificirt,  oder  petrificirt  (Steinkindbildung,  Lithopädion  s.  w.  u.).  Bleibt 
die  Placenta  in  ioco  erhalten  —  es  genügt  unter  Umständen  (Beobachtung  von  01s- 
hausen)  ein  Drittel  derselben  —  so  können  grössere  Fötus  sich  auch  nach  dem  Aus- 
tritte in  die  Bauchhöhle  weiter  entwickeln,  einerlei,  ob  sie  dabei  in  ihren  Eihüllen 
eingeschlossen  oder  frei  liegen.  Liegen  sie  so  längere  Zeit,  lebend  oder  todt,  in  der 
Bauchhöhle,  so  bilden  neugebildete  Pseudomembranen,  oder  verklebte  andere  Inhalts- 
theile  des  Abdomens  (Netz,  Darmschlingen),  um  sie  eine  Art  Schutzkapsel. 

Wichtig,  und  oft  selbst  bei  der  Autopsie  sehr  schwierig  zu  diagnosticiren  sind 
die  Schwangerschaften  in  einem  rudimentären  Uterushorne  von  den  intra- 
muralen Tubenschwangerschaften.  C.  Rüge  stellte  als  Unterscheidungsmerkmal 
fest,  dass  bei  der  Graviditas  intramuralis  der  zur  geschwängerten  Tube  gehörige 
Theil  des  Fundus  uteri,  durch  das  einseitige  Wachsthum  der  geschwängerten  Seite, 
nach  der  anderen  Seite  hinübergedrängt  wird  und  senkrecht  zu  stehen  kommt,  wäh- 
rend ein  geschwängertes  rudimentäres  Hörn  sich  allseitig  ausdehnt  und  sich  seitlich 
von  dem  Uterusrest  stellt.  —  Bei  der  interstitiellen  Schwangerschaft  geht  das  Liga- 
mentum teres  lateral  vom  Fruchtsacke  ab,  bei  gewöhnlicher  Graviditas  tubaria  medial. 

Als  Curiosa  seien  erwähnt,  dass  auch  ein  in  einem  Bruchsacke  liegendes 
schwängerbares  Organ  (Uterus,  Tube  oder  Ovarium)  schwanger  werden  und  eine 
reife  Frucht  ausbilden  kann,  dass  ferner  Zwillingstubarschwangerschaften  und 
kombinirte  Zwillingsschwangerschaften,  mit  einer  Frucht  im  Uterus,  der  anderen  in 
der  Tube,  beobachtet  worden  sind. 

Primäre  ektopische  Schwangerschaften  ausserhalb  des  Tubenrohres  und  des  Eier- 
stockes sind  nicht  sicher  bewiesen. 

Ektopische  Schwangerschaften  sind  ziemlich  häufig  auch  bei  Thieren  beobachtet 


1)  Werth,  Beiträge  zur  Anatomie  und  operativen  Behandlung  der  Extrauterin- 
schwangerschaft.  Stuttgart,  1887.  (S.  auch  Verhandl.  des  III.  Kongresses  der  deutschen 
Gesellsch.  für  Gynäkol.,  Freiburg,  1889.) 


614      Geschlechtsthätige  Zustände  des  Weibes:  Path<>logie  der  Schwangerschaft. 

worden.  Sobotta  und  ich  hatten  Gelegenheit  eine  nahezu  ausgetragene  Tubar- 
schwangerschaft  bei  einem  Pavianweibchen  zu  untersuchen. 

Bemerkenswerth  ist,  dass  bei  einer  elitopischen  Schwangerschaft  der  Uterus 
sich  etwas  vergrössert  und  eine  Decidua  vera  ausbildet,  und  dass  auch  die  Schwanger- 
schaftsveränderungen am  übrigen  Körper  eintreten  i). 

Retentio  infantis,  foetus,  ovuli.  Wenn  durch  irgend  einen  Umstand  ein 
reifes  ausgetragenes  Kind  im  Mutterleibe  für  längere  Dauer  zurückgehalten  wird,  zu 
einer  Zeit,  wo  es  diesen  verlassen  sollte,  so  bezeichnen  wir  das  als  Retentio  infantis. 
Wird  eine  abgestorbene,  noch  nicht  lebensfähige  Frucht  zurückbehalten,  so  ist  das  als 
Retentio  foetus  zu  benennen.  Bei  jungen  Eiern  kommt  es  sehr  häufig  vor,  dass 
die  Frucht  abstirbt  und  resorbirt  wird,  während  das  Ei  erhalten  bleibt  und  bis  zu 
«inem  gewissen  Stadium  weiterwächst,  Retentio  ovuli. 

In  allen  diesen  Fällen  kommt  es,  selbst  bei  ausgetragenen  Kindern,  solange  in- 
fektiöse Stoffe  ferngehalten  werden,  nicht  zur  Bildung  von  septischen  und  fauligen 
Processen;  die  abgestorbenen  Früchte  unterliegen  vielmehr  zunächst  einer  gewissen 
Maceration,  worauf  nekrobiotische  Processe  mit  Ausgang  in  Verkalkung  folgen.  So 
veränderte  Früchte  werden  S t ein k Inder,  Lithopaedia,  genannt.  In  der  Mehrzahl 
der  Fälle  werden  im  Uterus  retinirte  Früchte  und  Eier  später  ausgestossen;  zur 
Steinkindbildung  kommt  es  meist  nur  dann,  wenn,  infolge  einer  Tubenschwanger- 
schaft oder  einer  Uterusruptur,  die  Frucht  in  die  Bauchhöhle  geräth.  —  Die  Petrifici- 
rung  kann  nur  die  Eihäute  treffen  =  Lithokelyphos,  oder  diese  und  die  Haut- 
schichten des  Fötus  =  Lithokelyphopädion,  oder  das  Kind  allein  ist  völlig  in- 
krustirt  =  Lithopädion  *). 

In  anderen  Fällen  können  derartige  retinirte  Fötus  in  einzelnen  Fragmenten, 
z.  B.  Knochenstückchen,  durch  die  Schleimhautrohre  des  Beckens,  insbesondere  durch 
Rectum  und  Scheide,  abgehen,  oder  endlich  an  anderen  Stellen  unter  Abscessbildung 
zum  Austritte  kommen. 

An  diese  Fälle  schliesst  sich  die  Retentio  placentae.  Meist  handelt  es  sich 
hierbei  um  Piacentarreste.  Die  üble  Folge  einer  solchen  Zurückbehaltung  ist  meistens 
eine  andauernde  Blutung;  es  kann  aber  auch  zu  schwereren  Störungen,  septischen 
Infektionen  und  Entwicklung  von  Choriomen  kommen. 

Eine  der  wichtigsten  durch  Lageveränderungen  bedingten  Anomalien  ist  der 
Sitz  der  Placenta  auf  dem  inneren  Muttermunde,  Placenta  praevia.  Mit  Gusse- 
row^)  möchte  ich  nur  eine  Placenta  praevia  totalis  und  partialis  unterscheiden, 
je  nachdem  bei  geöffnetem  Muttermunde  dessen  Area  noch  gänzlich  oder  nur  zum 
Theil  von  der  Placenta  gedeckt  ist. 

Die  Gefahren  einer  solchen  abnormen  Lage  der  Placenta  bestehen  in  dem  Ein- 
tritte von  beträchtlichen  Blutungen  schon  während  der  Eröffnungsperiode,  wie  sich  das 
ohne  Weiteres  aus  der  zu  dieser  Zeit  schon  beginnenden  Lösung  der  Placenta  ergibt. 


1)  Vergl.  über  ektopische  Schwangerschaft  ferner:  a)  Veit,  J.,  Die  Eileiter- 
schwangerschaft. Stuttgart,  1884;  b)  Webster,  Gl.,  Die  ektopische  Schwangerschaft, 
Deutsch  von  A.  Eiermann.  Berlin,  1896.  220  SS.  (mit  eingehender  Litteratur);  c)  01s- 
hausen,  R.,  Ueber  Extrauterinschwangerschaft  etc.  Deutsche  med.  Wochenschr.  1890; 
d)  Leopold,  G.,  Experimentelle  Untersuchungen  über  das  Schicksal  implantirter  Föten. 
Arch.  f.  Gynäk.,  Bd.  18.  1881;  e)  Pfannenstiel,  Schicksale  der  Tubengraviditäten. 
Deutsche  med.  Wochenschr ,  1884,  Nr,  34.  —  Plien,  M.,  Die  Lehre  von  der  Extrauterin- 
schwangerschaft in  den  letzten  50  Jahren.    Inaugural-Diss.,  Berlin,  1898.  (Lilteratur.) 

2)  Küchenmeister,  Ueber  Lithopädion.  Arch.  f.  Gynäkologie.  Bd.  XVUixüvcpog 
=  Schale,  Hülse). 

3)  S.  die  Dissertation  von  Schönewald:  Zur  Lehre  von  der  Placenta  praevia. 
Berlin,  1897  (Besprechung  von  154  Fällen  auf  29507  Geburten  der  Klinik  und  Poli- 
klinik der  Berliner  Charit^). 


Geschlcchtsthätige  Zustände  des  Weibes;  Pathologie  der  Schwangerschaft.      615 

Es  kommen  alle  möglichen  üebergänge  zwischen  den  normalen  Sitzen  der  Pla- 
centa  und  der  Placenta  praevia  vor;  ihre  Aetiologie  ist  noch  dunkel.  Hofmeier 
und  Kaltenbach  haben  die  Ansicht  ausgesprochen,  dass  die  Placenta  praevia  auf 
einer  Entwicklung  der  Decidua  capsularis  zur  Placenta  materna  beruhe.  Ich  bekenne 
mich,  gestützt  auf  die  Erfahrungen  von  Graf  Spee  und  Peters  bezüglich  der  Ein- 
nistung des  Eies,  zu  der  älteren,  neuerdings  von  Ahlfeld  und  Herff  vertretenen 
Meinung,  dass  die  Placenta  praevia  auf  eine  abnorm  tiefe  Einbettung  des  Eies, 
dicht  am  inneren  Muttermunde,  zurückzuführen  sei. 

Tiefer  Sitz  der  Placenta  ist  auch  eine  der  Ursachen  des  Abortus. 

Blasenmole,  Mola  hydatidosa.  Man  versteht  unter  Blasenmole  eine  ge- 
schwulstartige Umbildung  der  foetalen  Chorionzotten  derart,  dass  dieselben  sich  stark 
verdicken  und  ein  kolbiges,  blasiges  Aussehen  annehmen.  Virchowi)  zeigte,  dass 
die  Veränderung  der  Zotten  wesentlich  in  deren  Stroma  gelegen  sei,  welches,  unter 
Beibehaltung  der  Zottenform,  wuchere.  Da  das  Stroma  den  Charakter  von  Schleim- 
gewebe trage,  so  sei  die  Blasenmole  als  Myxom  der  Chorionzotten  aufzufassen. 
Neuerdings  erwies  Marchand,  dass  auch  vom  Zottenepithel  aus  AVucherungen  von 
eigenthümlichen  grossen  Zellen  sich  zeigen,  welche  in  das  umgebende  Gewebe  de- 
stfuirend  hineinwachsen.  Die  blasige  Vergrösserung  und  Form  der  Zotten  beruht 
nach  ihm  nicht  auf  der  Bildung  von  Schleimgewebe,  sondern  auf  einer  Wucherung 
ihres  Gewebes  mit  hydropischer  Quellung. 

Durch  R.  Volk  mann,  Jarotsky  und  mich^)  sind  schon  vor  längerer  Zeit  Fälle 
beschrieben  worden,  l)ei  denen  die  entarteten  Zotten  in  die  Uterinvenen  hineinge- 
wachsen waren,  eine  Zerstörung  der  Uterin  wand  in  ausgedehnter  Weise  veranlasst 
und  so  den  Tod  herbeigeführt  hatten. 

Ohorioma.  Ich  vorstehe  unter  diesem  Namen  eine  eigenartige  Neubildung, 
welche  zuerst  von  Rudolf  Mai  er  (Virchow's  Archiv  f.  pathol.  Anat.,  Bd.  67.  1876) 
beobachtet  und  von  Sänger  (Centralbl.  f.  Gynäkol.  1889)  als  praktisch  wichtig  betont 
wurde  und  seither  die  verschiedensten  Deutungen  erfahren  hat.  So  hat  es  ihr  denn 
auch  an  Namen  nicht  gefehlt:  Deciduoma  malignum  (R.  Maier),  Sarcoma  deciduale 
(Sänger),  Carcinoma  syncytiale,  Syncytioma,  Chorioepithelioma  malignum  und  andere 
Bezeichnungen,  je  nach  der  Auffassung,  welche  die  Autoren  von  der  Herkunft  der 
Neubildung  und  von  der  Bedeutung  des  Syncytium  hatten,  sind  verwendet  worden. 
Neuerdings  hat  Pfannenstiel  (Centralbl.  f.  Gynäkologie,  1898,  Nr.  23),  da  er  das 
Syncytium  für  umgewandeltes  mütterliches  Gefässendothel  hält,  die  Neubildung  für  ein 
Endotheliom  erklärt.  Aus  allen  bisherigen  Beobachtungen  folgt,  dass  dieselbe  von  den 
Chorionzotten  aus  sich  entwickelt.  Meist  ist  es  das  Syncytium  der  Zotten,  welches 
wuchert,  zu  kolbigen,  zottenförnn'gen,  aber  auch  zu  strangförmigen  Bildungen  aus- 
wächst, die  unter  Destruktion  der  Utcruswand  Aveiter  sich  ausbreiten  und  grosse 
Neigung  zu  embolischen  Metastasen  auf  dem  Wege  der  Venen,  aber  auch  der  Lymph- 
bahnen, haben.  Solche  Metastasen  sind,  wie  natürlich,  am  häufigsten  in  den  Lungen 
beobachtet  worden,  fehlen  aber  auch  in  anderen  Organen,  namentlich  in  der  Milz, 
nicht.  Häufig  werden  sekundäre  Knoten  auch  in  der  Vagina  gefunden,  wohin  sie 
durch  die  zahlreichen  Venenverbindungen  gelangen.  In  anderen  Fällen  —  die  erste 
Beobachtung  eines  solchen  wurde  von  Gottschalk^)  veröffentlicht  —  wuchert,  neben 
dem  Zottenepithel,  auch  das  bindegewebige  Zottenstroma,  jedoch  ohne  besondere  Ver- 


1)  Virchow,  R.,  Krankhafte  Geschwülste.  Bd.  L  Berlin,  1863. 

2)  Jarotsky  und  Waldeyer,  Traubenmole  in  Verbindung  mit  dem  Uterus: 
intraparietale  und  intravasculäre  Weiterentwicklung  der  Chorionzotten.  Virchow's 
Archiv  f.  path.  Anat.  Bd.  44,  S.  88.  1868. 

3)  Gottschalk,  S.,  Ueber  Sarcoma  chorion-deciduocellulare  (Deciduoma  ma- 
lignum). Berliner  klin.  Wochenschrift  1893,  S.  87,  u.  Archiv  f.  Gynäkologie.  Bd.  46. — 
Sänger,  Archiv  f.  Gynäkologie.  Bd.  44,  S.  89. 


616     Geschlechtsthätige  Zustände  des  Weibes:  Pathologie  der  Schwangerschaft. 

änderungen,  nur  dass  das  Stroma  zellenreicher  erscheint.  Wie  bei  der  Blasenmole 
dringen  dann  die  neuen  zottigen  Bildungen  mit  ihrem  stark  vorwachsenden  Syncytium 
destruirend  in  die  Uteruswand  ein  und,  was  besonders  merkwürdig  ist,  es  finden  sich 
auch  in  den  metastatischen  Tumoren  Chorionzotten  mit  ihren  bindegewebigen  und 
epithelialen  Bestandtheilen.  Die  Zotten  wachsen  auch  dort,  völlig  von  ihrer  uterinen 
Einpflanzungsstelle  und  vom  Eie  getrennt,  mit  allen  ihren  Bestandtheilen  selbständig 
weiter.  Ich  glaube  wenigstens  den  von  Gottschalk  untersuchten  Fall,  den  ich  selbst 
zu  sehen  Gelegenheit  hatte,  nicht  anders  deuten  zu  können. 

Diese  villöse  Form  der  Neubildung  scheint  allerdings  selten  zu  sein;  sie  schliesst 
wohl  am  nächsten  an  die  „destruirenden  Placentarpolypen",  d.  h.  zurückge- 
bliebene und  dann  selbständig  weiter  wuchernde  Piacentarreste,  an.  In  den  meisten 
Fällen,  wo  Zotten  gefunden  werden,  mögen  es  nicht  neugebildete,  sondern  einfach 
embolisch  verschleppte  sein,  —  Nach  den  neueren  Erfahrungen,  insbesondere  von  Mar- 
chand, auf  dessen  Arbeiten  *)  ich  vor  allem  verweise,  ist  es  wesentlich  das  Choriou- 
epithel,  welches  destruirend  wuchert,  und  zwar  in  zweifacher  Weise:  einmal  in  der 
erwähnten  mehr  formalen,  kompakten  Art,  dann  aber  auch,  wie  bei  der  Blasenmole, 
in  zerstreut  ausschwärmenden  Zellen.  Der  Streit,  ob  diese  Neubildungen  karzinoma- 
tose  oder  sarkomatöse  seien,  scheint  mir  ein  müssiger;  es  muss,  meiner  Meinung  nach, 
nicht  jede  Neubildung  in  den  Rahmen  einer  der  bestehenden  Geschwulstkategorien 
eingezwängt  werden.  Die  Ansicht  PfannenstieTs  würde  ich  w^ohl  unterstützen 
können,  da  ich,  1.  c.  [S.  584],  dafür  eingetreten  bin,  die  Syncytialschicht  der  fötalen 
Zotten  als  Abkömmling  des  mütterlichen  Gefässendothels  aufzufassen.  Die  jüngste 
Mittheilung  Marchand's  über  den  Bau  der  Placenta  ist  dieser  Auffassung  keineswegs 
ungünstig  (s.  S.  584). 

So  lange  die  Frage  von  der  Herkunft  der  epithelialen  Zottenbekleidung  in- 
dessen nicht  entschieden  ist,  scheint  mir  jede  speziellere  Bezeichnung  —  auch  die 
Marchand'sche  „Chorioepithelioma*'  —  nicht  opportun;  ich  möchte  daher  den  Namen 
„Chorioma"  vorschlagen,  um  so  mehr,  als  in  der  That  doch  auch  wucherndes  Zotten- 
stroma  bei  diesen  Geschwülsten  beobachtet  ist.  Jedenfalls  ist  es  eines  der  merkwürdig- 
sten Neoplasmen,  welches  wir  kennen. 

Abortus.  Man  versteht  unter  Abortus  den  Abgang  eines  Eies  auf  natürlichem 
Wege,  dessen  Frucht  noch  nicht  lebensfähig  war.  Dadurch  steht  der  Abortus  im 
Gegensatze  zur  Frühgeburt. 

Gewöhnlich  spricht  man  von  Abortus  auch  nur  dann,  wenn  Fruchttheile  oder 
Eitheile,  deutlich  als  solche  erkennbar,  per  vias  naturales  abgehen.  Sicherlich  gehen 
auch  eine  ganze  Menge  befruchteter  Eier  in  den  ersten  Stadien  ihrer  Entwicklung 
(Furchungs-  und  Keimblätterstadium)  zu  Grunde.  So  lange  solche  Eier  sich  noch 
nicht  in  der  Decidua  eingenistet  haben,  wird  ihr  Untergang  durch  kein  sicheres 
äusserliches  Zeichen  bemerkbar,  und  man  spricht  nicht  von  „Abort".  Erst  nach  Fest- 
setzung des  Eies  im  Uterus  treten,  bei  vorzeitiger  Lösung  und  darauf  folgendem  Ab- 
gange des  Eies,  deutliche  Merkmale  eines  solchen  Vorganges  ein,  von  denen  eine 
plötzliche  starke  Blutung  das  auffälligste  und  —  bei  kleinen  Eiern  —  oft  das  einzige 


1)  Marchand,  F.,  Ueber  die  sogenannten  „decidualen"  Geschwülste  im  An- 
schlüsse an  normale  Geburt,  Abort,  Blasenmole  und  Extrauterinschwangerschaft.  Mo- 
natsschrift f.  Geburtshülfe  u.  Gynäkol.,  1895.  Bd.  I.  (mit  Litteratur).  ~  Derselbe, 
Ueber  das  maligne  Chorion-Epitheliom,  nebst  Mittheilung  von  zwei  neuen  Fällen.  Zeit- 
schrift f.  Geburtshülfe  u.  Gynäkologie,  Bd.  39.  1898.  —  Derselbe,  Noch  einmal  das 
Chorionepitheliom.  Centralbl,  f.  Gynäkologie,  1898.  Nr.  31.  —  Hartmann,  H.,  et  Tou- 
pet,  P.,  Ann.  de  Gyn6cologie,  1895.  Nr.  4.  (Weitere  Litteratur  insbesondere  bei  Sänger, 
Arch.  f.  Gynäkol.,  Bd.  44,  Gottschalk,  ebend.,  Bd.  46,  Marchand,  Zeitschr.  f.  Geb. 
u.  Gynäkol.,  Bd.  39  und  bei  Hartmann  et  Toupet.) 


Geschlechtsthäfcige  Zustände  des  Weibes:  Graviditätsanatomie:  Maasstabelle.    617 

ist.  Die  Spuren  eines  solchen  kleinen  Eies  lassen  sich  in  manchen  Fällen  in  den 
massigen  Blutgerinnseln  nicht  auffinden.  Meistens  tritt,  meines  Erachtens,  der  Abort 
auch  erst  nach  erfolgtem  Absterben  des  Fötus  ein,  und  der  letztere  ist  bereits  macerirt, 
ehe  er  zu  Tage  kommt;  selten  liefern  Abortiveier,  welche  spontan  abgegangen  sind, 
noch  gut  erhaltene  Fötus. 

Ich  bin  hier  auf  den  Abortus  nur  im  Zusammenhange  mit  den  besprochenen 
Erscheinungen  einer  normalen  Geburt  eingegangen;  alles  übrige,  namentlich  die  Be- 
sprechung der  ätiologischen  Verhältnisse  und  der  Symptome,  gehört  nicht  hierher. 

Mit  wenigen  Worten  sei  noch  der  Blutungen  gedacht,  welche  während  der 
Schwangerschaft,  der  Geburt  und  im  Wochenbette  auftreten  können  und  mit  zu  den 
praktisch  wichtigsten  Vorkommnissen  im  Geschlechtsleben  des  Weibes  gehören. 

Blutungen  in  der  ersten  Zeit  der  Schwangerschaft  deuten  in  der  Regel  auf  be- 
ginnenden Abortus  und  sind  deshalb  mit  grosser  Vorsicht  zu  behandeln;  in  der  späte- 
ren Zeit  besteht  Verdacht  auf  PJacenta  praevia,  oder  auf  eine  Blasenmole  oder  ein 
Chorioma ;  auch  können  variköse  Erweiterungen  der  Venen  der  äusseren  Geschlechts- 
organe die  Ursache  sein.  Immer  muss  man  aber  auch  an  Uterusneubildungen 
Myome,  Portiocarcinome  u.  a.  denken,  denn  diese  verhindern  die  Konception  nicht.  — 
Die  Schwangerschaft  ist  keine  Kontraindikation  für  ihre  operative  Entfernung.  — 
Während  der  Geburt,  namentlich  unmittelbar  nach  der  Ausstossung  des  Kindes  und 
beim  Abgange  der  Nachgeburt,  stellt  sich  stets  eine  Blutung  ein,  die  jedoch  nicht  zu 
stark  sein  und  zu  lange  anhalten  darf,  um  noch  als  normal  angesehen  zu  werden. 
Aber  hierbei  und  in  den  ersten  Tagen  des  Wochenbettes  kommen  nun  noch  Blutungen 
aus  Dammrissen,  aus  geplatzten  Varicen  der  Geschlechtstheile,  aus  Scheiden-  und 
Uteruseinrissen  und  Rupturen,  und  infolge  von  partieller  oder  totaler  Inversio  uteri 
vor.  —  Tritt  in  der  Wochenbettszeit  eine  unvorhergesehene  Blutung  auf,  so  ist  in  den 
ersten  Tagen  an  eine  Atonie  des  Uterus  zu  denken,  später  an  Retention  von  Pia- 
centarresten. Gegen  Ende  der  Sechs wochenperiode,  wenn  das  Kind  nicht  gestillt 
wird,  kann  die  Blutung  mit  der  wiederauftretenden  Menstruation  zusammenhängen. 

Maasitabelle. 

I.  Uterus  vom  2.-3.  Monate: 

Totallänge 11  cm 

Canalis  cervicis 3,5  „ 

Dicke  der  Muskel  wand  im  Corpus  und  Fundus 1,3—1,5  „ 

„      im  unteren  Uterinsegment 0,8—0,9  „ 

„      der  Cervixwand 1^0  „ 

II.  Uterus  vom  3.  Monate: 

Totallänge 13  „ 

Portio  supravaginalis 2,5  „ 

Canalis  cervicis       3)5   » 

Grösster  Frontaldurchmesser  (Corpus) 8—8,5  „ 

„        Sagittaldurchmesser 8»0  „ 

Dicke  der  Uterinwand 0,6—0,8  „ 

III.  Uterus  vom  4.  Monate: 

Totallänge 13,5   „ 

Canalis  cervicis  (ungewöhnlich) 4,4   n 

IV.  Uterus  vom  5.  Monate: 

Totallänge 17,0  „ 

V.  Uterus  vom  6.  Monate: 

Totallänge 21,5-24  „ 

Grösste  Breite 17,5  „ 

Grösste  Tiefe 16,0  „ 


618  Beckenfascien.    Beckenbindegewebe.    Beckenabscesse. 

VI.  Uterus  vom  7.  Monate: 

Totallänge 27—30     cm 

Grösste  Breite 20      „ 

Grösste  Tiefe 17,5    „ 

VII.  Uterus  vom  8.  Monate: 

Totallänge 80-32,5    „ 

Grösste  Breite 21,5    „ 

Grösste  Tiefe 19,5    „ 

VIII.»)  Uterus  vom  9.  Monate: 

Totallänge 32,5-37,5    „ 

Grösste  Breite 25,5    „ 

Grösste  Tiefe 21,5-24,5    „ 

Maasse  des  sich  entwickelnden  Kindes: 

Rumptlünge  P^nde  des  1.  Monates  =     1  cm 
5  —     9 

V  ry  Tf       ^'  y)  —       ^       n 

^  „  „o.  „  =b„ 

«5.         „  =  15     „ 

u  97 

,0.        „         =  30     , 

j,  „  „     1 U.  „  —    ö  I       „ 

Für  die  Gesamtlänge  der  Frucht   in  den    einzelnen  Monaten    hat  Haase,   Cha- 

riteannalen,  Bd.  II,  S.  686,  folgende  Regel  angegeben: 

am  Ende  des   1.  Monates  1.1=     1  cm 
9  9    9—4 

„         ^        «3.  „  3.3=9„ 

.4.  „  4.4  =  16     „ 

.         .        .     5.  „         5.5  =  25     , 

„  „  „6.  „  6.5    :::::r    30        „ 

„         .        .7.        „         7 . 5  =  35     „ 
„        .8.         ,  8 . 5  -  40     „ 

„  »         «9.  „  J.0  =  4o„ 

.  „  „  10.  „  10 . 5  =  50  „ 
Das  Körpergewicht  eines  reifen,  ausgetragenen  Kindes  belauft  sich  durch- 
schnittlich auf  3,25  Kilogr.  (6V2  Pfund).  Kinder  Mehrgebärender  pflegen  ein  wenig 
schwerer  zu  sein,  als  die  Kinder  Erstgebärender;  Knaben  schwerer  als  Mädchen. 
Tarnier  fand  als  mittleres  Gewicht  von  3794  Knaben  Erstgebärender  =  3164  gr  und 
von  3159  Mädchen  =  3101  gr,  ferner  von  4623  Knaben  Mehrgebärender  =  3372  gr, 
von  4025  Mädchen  =  3120  gr. 


Beökenfascien  (Pasciae  pelvis).    Beckenbindegewebe  und  Binde- 

gewebsräume  (Tela  conjunctiva  pelvis  et  Spatia  conjunctivalia 

pelvis).    Beckenabscesse  (Abscessus  pelvis). 

Wenn  auch  bereits  vorher  wiederholt  die  Beckenfascien  und  das  Becken- 
bindegewebe   beim  Manne  und  beim  Weibe    zur  Sprache  kommen  mussten    (s. 


1)  Die  Angaben  sind  entlehnt  theils  aus  v.  Franqur,  Cervix  [I.e.  S. 608],  theils 
au3  Parre,  Todd's  Cyclopaedia,  Artikel;  Uterus  etc. 


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620  Fascia  pelvis  parietalis. 

liegen  Gefässe  und  Nerven  und  die  subperitonaealcn  Eingeweide:  Prostata,  ein 
Theil  der  Harnrühre,  Ureter,  Portio  vaginalis  uteri,  Scheide  und  das  sie  um- 
gebende Bindcgew^ebe. 

Es  folgt  3)  das  Cavum  pelvis  osseum,  vrelches  die  genannten  Muskeln: 
Levator  ani,  Coccygcus,  Obturator  internus,  Piriformis  birgt.  Als  vierte  Zone 
muss  dann  die  ausserhalb  des  Beckens  gelegene  Abtheiluiig,  zu  welchem  die 
äusseren  Geschlechtsorgane,  die  Pars  perinealis  recti  und  der  Damm  mit  seiner 
Muskulatur  gehören,  aufgeführt  werden  =  Pars  subcutanea  pelvis  (Spatium 
musculo-aponeuroticum). 

Wiederholt  schon  wurde  auf  die  grosse  Bedeutung  des  Levator 
ani  iji  topographischer  Beziehung  aufmerksam  gemacht.  Dieser  Muskel 
ist  es,  welcher  die  wesentlichste  Scheidung  in  der  Lage  der  Beckenorgane  be- 
wirkt, die  demnach  in  supra-  und  infradiaphragmatische  getrennt  werden  müssen. 
Die  s  u  p  r  a  d  i  a  p  h  r  a  g  m  a  t  i  s  c  h  e  n  liegen  meist  frei  beweglich  in  dem  Cavum 
serosum  oder  musculare  pefvis',  kn  ersteren  ganx  frei,  im.  zweiten  von  lockerem, 
fetthaltigem  Bindegewebe,  der  Tcla  subperitonaealis,  umge^^n.  Die  infradia- 
phragmatische n  Theile  liegen  zum  Theil  fest  am  Knoljhen,  z.  B.  Musculus 
obturator  internus  und  Crus  penis  s.  clitoridis,  zum  Theil  fest  in  Muskeln  und 
Fettgewebe  eingelassen,  wie  die  Pars  trigonalis  der  Harn|*öhre  und  die  Pars 
perinealis  recti;  ihre  letzten  subkutan  gelegenen  Enden,  Wie  die  äusseren  Ge- 
schlechtstheile  des  Mannes  und  des  Weibes,  werden  wieder  frei. 

Die  Fascien  des  Beckens  zerfallen,  von  der  Beckenhöhle  aus  gesehen, 
in  folgende  Hauptzüge:  1)  die  parietale  Beckenfascie,  Fascia  pelvis 
parietalis;  2)  die  viscerale  Beckenfascie,  Fascia  pelvis  visceralis 
(s.  S.  518);  3)  die  Dammfascie,  Fascia  perinei.  Zu  diesen  Hauptzügen 
kommen  als  ünterabtheilungen  4)  Specialfascien  für  die  Beckenmuskeln: 
a)  für  den  Musculus  piriformis,  b)  für  einen  Theil  des  Musculus  obturator  in- 
ternus, c)  für  einen  Theil  des  Musculus  levator  ani,  einschliesslich  des  Cocey- 
geus,  d)  für  die  Musculi  ischiocaverriosus  und  bulbocavernosus,  transversus  pe- 
rinei und  sphincter  ani  externus,  e)  für  die  obere  Fläche  des  Musculus  trigoni 
urogenitalis,  f)  für  dessen  untere  Fläcbe. 


Fasoia  pelvis  parietalis. 

um  zunächst  eine  allgemeine  Vorstellung  von  der  Fascia  pelvis  parie- 
talis zu  gewinnen,  denke  man  sich  in  Fig.  65  die  trichterförmige  Beckenhöhle, 
in  welche  man  von  oben  hineinschaut,  mit  einem  dünnen  Blatte  belegt,  welches 
überall  da  deutlich  ist,  wo  es  die  rothen  Muskeln  bedeckt,  aber  verschwindend 
dünn  wird,  wo  es  auf  dem  Perioste  liegt,  also  hinter  der  Symphyse,  auf  der 
vorderen  Kreuz-  und  Steissbeinfläche  und  an  der  Linea  terminalis,  welches  weiter- 
hin an  den  grossen  Beckenöffnungen  (in  der  Figur  am  Foramen  obturatum  und  am 
Foramen  suprapiriforme)  sich  röhrenförmig,  die  durchtretenden  Theile  umschei- 
dend, ausserhalb  des  Beckens  hin  fortsetzt  und  welches  sich  endlich  auf  die 
durchtretenden  Eingeweide  umschlägt.    So  aufgefasst,  erscheint  die  Fascia  pelvis 


VitHi'hi   i>>4vi:<  j.ari<laits. 


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nvirhi«    i|;i,^    iiarh    iiiiiiii    aiis-rb;iiN'liic^   1  H:ijfltni-iii:i    ih^xU    vhvusn    i«   coiiliitini 
'^^''**''i^^^'i'«^<*l"    ^^^**  ■^i^'  «^^^^<^"''i    ^'ii^*    iitilii'i'   M.ii'lii'    ili's   Iiia|ilint-!ij:i,  lliiirai^oiilHliiiiii^- 

li:ilr    lilir|7j'«'ll{. 

.'-H'iiaiijiirti    rr.hn-.iir.'iriMi^ii'i'ii    f-'Hri>:n/j'    urtrh    ;nr^>rii    frliirii    tiiid     niK.ii    ki'ii!    l  :!ii,h('IiI;,m»* 
'ii!    *"itH'    l'';i>fia    \  H!'rf;}!i>    \  orh;,i!.li.h    t>!.     -■     l'nivr    lini    ;/fii;iii!iif<it    \"«.iMiissti7.i,iii--<.i} 

^*''i^^<*    i.iiiN'    liMrr    .lir    Lüh  .'i    li-i  ji;iti;i;i>    hiinir-     ii;    d:l^     Urim-    iH'cki'ii     liitiein.    i|;tiiii 

l'*!-.    Uli. 


i  hi'li  unu^vi  al  L's. 


;fUl'  tli'ii  I\Ifjsi'iilil-  f>l>l!!r,'iltii'  iiiirnnf-.  nii.^l  v.,.ii  i|;i  ;nir  /In»  iJft'kPiill.'irJM'  des  MiIm'M' 
^">  l<n','Uor  ;uii  hh  Zil  iii',.stM!  litjhTriii  lii(^*li;i!r|i  |^i|i<|r.  Auf  ilrr  Lr  VMl  iililjictie 
i>.i  <lv.  lauilliri  d:irf/i^<f'iii,  wril  sh'  hu-r  M'ltw -ic-litT  \\ir<L  DasHt-ÜM,'  ,h<»|h.||  wir  iii 
Fi^j;.  lli':  lii^^r  i^lnd  r.nv:  iU^v  üjik.'ii  Sriij^  iU'V  Fixtü'?  aiirh  iiorlt  <lii>  Frtsri*'  i1i»h 
MilM-ii!li>  |»'riti»riiiLs  il.'ir-T'^i^.jli,  suwu^  Mm-,  F;iM.iriiziiw;t.,  w<«!c}ir'  die  GeOlssi^  und 
X^'r\«-r.  l'M'.fiF'ilri}  (s,  w.  ii.^.  A-if  ilrjii  !iiiM|i;iiM.j,  Lüivr^^iAiHiltv  (s.  Fi-  II:};  si^heii 
^^"'  *«^«-'--  :ii/H'H'lH'  l'r'jiiaüry  (\-l  aiH-li  l-i-%  :i!i;t>.  Dm'  jifan  hv'/A'U'hiHnv  Vnsvui  inyi.s^ 
viTs.'ilh»  vriitlnalMiojiji'iialKs;  M4/J  .HH*),  v.,ni  hiiil.T  ih-r  Syitijiliysr  1ms  auf  ihii  FM-rki^^i- 
^'^^"^^'^'^    '*^"''>   ^^"''^  >^^'   ^»^^   <'^*'»'  .U-^'Hh'ii    Litiiia  iL  i.   cli-r   Vn-^rhi    \isvrr:i\h    }h'|vL^  ziiHriiJUiti^ii-^ 


622  Fascia  pelvis  parictalis. 

fliesst.  Hierzu  sei  jedoch  wiederholt  darauf  aufmerksam  g-emacht,  dass  auf  den  Kno- 
chen, also  hinter  der  Symphyse  und  vor  dem  Kreuzbeine,  die  Fortsetzung  der  Fascia 
transversa lis  (s.  endoabdominalis)  nicht  mit  dem  Messer  präf>arirbar  ist;  wo  sich  aber 
Muskeln  finden,  z.  B.  Iliopsoas,  der  bis  an  den  Obturator  internus  heranreicht,  ist  die 
Fortsetzung  sehr  deutlich  (s.  Fig.  115).  Insofern  sind  die  Zeichnungen  zum  Theil 
schematisch  gehalten;  es  geschah  dieses  im  Interesse  der  leichteren  Verständ- 
lichkeit. 

Sucht  man  die  Fascia  pelvis  parictalis  mit  dem  Messer  priiparatorisch  darzustellen, 
so  wird  man,  dem  Gesagten  zu  Folge,  die  Fasele  an  den  Kreuzbeinlöchern  jederseits 
enden,  also  angeheftet  sehen,  wie  das  in  der  bekannten,  trefflichen  Luschka'schen^) 
Figur  dargestellt  ist. 

Auch  Fig.  59b  kann  dies  erläutern:  Denkt  man  sich  die  punktirte  blaue  Linie 
vor  dem  Kreuzbeine,  auf  welcher  Strecke  die  Fascie  mit  dem  Kreuzbeingerüste  un- 
trennbar verwachsen  ist,  weg,  so  fiat  man  links  und  rechts  die  beiden  Kreuzbeinansätze 
der  parietalen  Beckenfascie. 

Es  ist  schon  S.  234  darauf  aufmerksam  gemacht  worden,  dass  die  Mus- 
keln und  spinalen  Nerven  nach  aussen  von  der  Beckenfascie  gelegen  seien,  die 
Gefässe  und  die  sympathischen  Nerven  nach  innen,  zwischen  ihr  und  dem 
Bauchfelle.  An  allen  Stellen,  wo  Gefässe  den  Beckcnraum  verlassen,  müssen 
sie  demnach  die  Beckenfascie  durchbohren;  sie  werden  dabei  von  der  Fascie 
mit  einer  meist  röhrenförmigen  Scheide  eine  kurze  Strecke  weit  begleitet,  bis 
sich  dieser  Fortsatz  an  der  Gefässwand  verliert.  Das  ist  ebenso  hier  im  Becken, 
wie  am  Leisten- und  Schaukelringe;  nur  verliert  sich  am  Leistenringe  des  Mannes 
die  Fascie  nicht,  indem  sie  dort  Samenstrang  und  Hoden  als  Tunica  vaginalis 
communis  begleitet  (s.  S.  383,  Fig.  75).  An  den  beiden  grossen  Becken- 
öflFnungen,  dem  Foramen  obturatum  und  ischiadicum  majus,  ist  der  Umschlag 
der  Fascia  pelvis  zu  ihren  röhrenförmigen  Fortsätzen  durch  festere  Bindegewebs- 
züge  verstärkt;  so  am  Foramen  obturatum  durch  die  Verbindung  mit  dem 
Crus  tendineum  internura  (s.  S.  41—43).  Am  Foramen  ischiadicum  majus 
besteht  eine  stärkere  fibröse  Brücke,  die  sich,  über  den  Musculus  piriformis 
und  die  grossen  Gefässe  hinweg,  von  der  Spina  ischiadica  zum  Kreuzbeine  hin- 
tiberspannt,  Arcus  suprapiriformis,  s.  Fig.  65,  S.  243. 

Es  seien  hier  gleich  einige  Worte  über  das  Verhältniss  der  parietalen  Becken- 
fascie zu  der  Fascie  der  Mm.  piriformis  und  obturator  internus  angefügt.  Nach  meinen 
Präparaten  verhalten  sich  diese  Fascien  zu  einander,  wie  überall  sonst  die  Fascien 
zweier  über-  oder  nebeneinanderliegender  Muskeln:  wo  sie  sich  berühren,  geht  die 
eine  in  die  andere  über.  Dies  ergeben  die  Figuren  111,  112  und  115  für  die  Fascia 
pelvina  und  obturatoria,  und  genau  so  ist  es  mit  der  Fascia  pelvina  und  piriformis. 
An  seinem  Kreuzbeinansatze  schiebt  sich  der  Musculus  piriformis  ebenso  unter  den 
Kreuzbeinansatz  der  Fascia  pelvis,  wie  der  Obturator  internus  in  Fig.  111  unter  den 
Levator  ani,  und  hier  treffen  denn  auch  die  Fascia  pelvis  und  die  Fascia  piriformis 
zusammen.  Der  Uebergang  wird  hier  nur  durch  die  grosse  Oeffnung,  welche  für  die 
vielen  austretenden  Theile  nöthig  war,  verwischt. 

Da  die  Gefässfortsätze  der  Fascie  sehr  dünn  sind  und  sich  alsbald  verlieren,  so 
lassen  die  hier  durchtretenden  Hernien,  H.  obturatoria  und  ischiadicae,  keine  deutliche 
fasciale  Bruchhülle  erkennen. 


1)  Luschka,  H.,    Die  Fascia  pelvina  in   ihrem  Verhalten   zur  hinteren  Becken- 
wand.   Wiener  akadem.  Sitzungsberichte,  math.-naturw.  Klasse.  Bd.  35,  S.  105.  1859. 


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''''^^"   'i'nf  ihiTii!    -;iii/i'n   Wr^-i-.     ,S.   l^'i-'.    Uli    itiiit^rliaJ})    des   I.r'\^iit<.r  ;iii!    '  l'^orisrifz  von 
*U-r  Vn^i'tii   "b;  iir;i|<M'ia  ■    uimI   obiTimli,   <lr-  Lm  ;ii(ii\   \vn  |i|ik>  i-iih'  \'<»}H',    r<M'l!!,s  i^n  >^]t.rv 


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624  Fascia  pelvis  visceralis. 

beim  Weibe  bis  zur  Scheide  sich  hinzieht  und  dort,  ebenso  wie  die  parietale 
Beckenfascie,  in  die  viscerale  übergeht,  wenigstens  sich  mit  ihr  verbindet. 

Die  Worte  „übergehen",  „umschlagen*',  welche  hier  so  häufig  gebraucht  werden, 
sind  nur  Bequenilichkeits-  und  Anschaulichkeitsausdrücke.  Wie  wir  schon  erwähnten 
(S.  226),  differenzirt  sich  die  viscerale  Beckenfascie  selbständig  aus  dem  lamellösen 
subperitonäalen  Bindegewebe;  von  einer  Entstehung  durch  Umschlag  kann  keine 
Rede  sein. 

Die  Verschraelzungsstelle  der  parietalen  Beckenfascie  mit  der  visceralen 
ist  an  jedem  Becken,  nach  vorsichtiger  Wegnahme  des  Bauchfelles  und  rein- 
licher Freilegung  der  Beckenfascie  von  oben  her,  deutlich  zu  erkennen.  Man 
sieht  eine  fast  sehnig  glänzende,  hellere  Linie  in  der  Tiefe  der  Beckenhöhle, 
entsprechend  der  medialen  unteren  Ecke  des  Levator  ani,  die  Eingeweide 
von  beiden  Seiten  hin  umkreisen;  diese  Linie  verliert  sich  gegen  den  hinteren 
Umfang  des  Rectum  hin  =  Arcus  tendineus  fasciae  pelvis  („white  line" 
der  englischen  Autoren).  Vorn  strahlt  sie  gegen  die  Ligamenta  puboprostatica 
(pubovesicalia,  Fig.  64)  aus  und  kommt  hier  nahe  mit  der  ürsprungslinie  des 
M.  levator  ani,  Arcus  tendineus  musculi  levatoris  zusammen,  darf  jedoch 
nicht  mit  ihr  verwechselt  werden. 

In  Fig.  114  sind  beide  Linien  zu  sehen:  ++  bezeichnet  den  Arcus  tendi- 
neus levatoris,  O  das  vordere  Anfangsstück  des  Arcus  tendineus  fasciae  pelvis. 

Faiola  pelvis  vlsoeralls. 

Die  viscerale  Beckenfascie  ist  in  ihren  einzelnen  Abschnitten:  Fascia 
vesicae,  Fascia  prostatae,  Fascia  vesicularum  seminalium,  Fascia  recti,  schon 
beschrieben  worden.  Ich  fasse  sie,  wie  bemerkt,  auf  als  eine  Differenzirung  des 
subperitonaealen  Bindegewebes  und  vergleiche  sie  mit  der  Fascia  subcutanea. 
Die  Figg.  59  a  u.  59  b  geben  in  Verbindung  mit  den  Figg.  111  bis  114  eine 
Vorstellung  ihres  Gesamtverhaltens.  Wollen  wir,  der  leichteren  Beschreibung 
wegen,  die  viscerale  Beckenfascie  sich  aus  der  parietalen  „umschlagen"  lassen, 
so  ist  dies  Verhalten  an  den  genannten  Figuren,  insbesondere  an  den  Frontal- 
ßchnitten,  Figg.  111  u.  112,  leicht  klar  gelegt.  Lässt  man,  wie  wir  annahmen, 
auch  eine  —  freilich  mit  dem  Perioste  verschmolzene  —  parietale  Beckenfascie 
hinter  der  Symphyse  und  vor  dem  ganzen  Kreuzbeine  zu,  so  findet  hier  (vorn 
und  hinten)  ein  ähnlicher  Umschlag  statt,  wie  an  den  Seiten.  Wie  ich  sehe, 
kommt  dieser  Umschlag  —  richtiger  „Uebergang"  —  hinten  am  oberen  Rande 
des  M.  sphincter  ani  externus,  vorn,  hinter  der  Symphyse,  oberhalb  des  venösen 
Plexus  pudendalis  und  vesicoprostaticus  zustande. 

Nach  Luschka 's  so  eben  citirter  Figur  muss  der  hintere  Umschlag  ebenso  in 
der  Tiefe  des  Beckens  erfolgen,  wie  es  auch  in  Fig.  113  hier  angenommen  wor- 
den ist. 

Seitlich  werden  die  grossen  Aeste  der  Arteria  und  Vena  hypogastrica,  samt 
den  sie  begleitenden  Nerven  und  Bindegewebszügen,  gleichfalls  von  einem  Um- 
schlage der  parietalen  in  die  viscerale  Beckenfascie  begleitet,  wie  aus  Fig.  59  b 
(Schema)  erläutert  sein  mag;  in  Fig.  112  ist  dies  allgemein  acceptirte  und 
wichtige  Verhältniss  auch  ersichtlich. 


62^  Fascia  periDei. 

villiers'sche  Fascie  S.  341).  Sie  setzt  sich  hier  aus  der  Faseia  recti  und 
der  Fascia  prostatae  zusammen,  die  wie  verschmolzen  erscheinen,  jedoch  noch 
gut  getrennt  werden  können.  In  den  mehr  schematischen  Figuren  113  und 
114  ist  dies  nicht  besonders  betont  worden;  auch  in  den  Beschreibungen  nicht, 
indem  der  einfache  Name  „Fascia  rectovesicalis"  beibehalten  wurde;  indessen 
ist  die  Doppelblättrigkeit  aus  Figur  70  c  klar  zu  ersehen.  Der  Kürze  wegen 
bezeichnen  wir  sie  auch  ferner  als  Fascia  rectovesicalis.  Nach  oben, 
Figg.  113  u.  70  c,  geht  sie  in  die  Fascia  vesicularum  seminaliura  über,  schiebt 
sich  über  diese  hinweg  zur  Fascia  vesicae  und  heftet  sich  an  das  Bauchfell 
im  Grunde  der  Excavatio  rectovesicalis. 

Beim  Weibe  ist  weder  vor  noch  hinter  der  Scheide  ein  solches  Blatt  als 
deutliche  Fascie  vorhanden;  eine  Fascia  recti  und  Fascia  vesicae  bestehen,  aber 
kein  besonderes  Blatt  als  Fascia  vaginae.  Hier  heftet  sich  das  Bindegewebe 
des  Septum  rectovaginale  und  vesicouterinum  an  das  Bauchfell  im  Grunde 
beider  Exkavationen  an.  Dass  die  Fascia  rectovesicalis  glatte  Muskelfasern 
führt,  wurde  bereits  erwähnt  (S    341). 

Ein  übersichtliches  Bild  der  gesamten  Fascia  pelvis  visceralis  gewährt,  wie  be- 
merkt, Fig.  114,  Der  Schnitt  ist  so  hoch  gelegt,  dass  er  ganz  in  das  seröse  Becken- 
kavum  fällt,  also  die  Umschlagsstellen  an  den  grossen  Gefässen,  welche  von  den  Vasa 
hypogastrica  zutreten,  nicht  mehr  zeigt,  da  dieser  Zutritt  in  einer  tieferen  Region  des 
Beckens  erfolgt.  Die  gelbe  Linie  deutet  den  Lauf  der  Fascia  pelvis  visceralis  an, 
welche  zunächst  das  ganze  Eingeweide-Packet  vorn,  hinten  und  seitlich  umschliesst, 
dann  aber  zwischen  Rectum  und  Samenblasen  und  zwischen  diesen  und  der  Blase 
quere  Septa  hindurchsendet,  wodurch  ein  Fach  für  die  Samenblasen  und  die  Am- 
pullae  deferentiales,  weiter  unten  das  hintere  Blatt  der  Prostatakapsel  gebildet  wird. 
Vorn  sieht  man  unter  dem  Fascien umschlage  eine  Blasenvene  zur  Vena  dorsalis  penis 
treten. 

Fasoia  perinei. 

Die  Fascia  perinei  ist  S.  198  sub  B.  geschildert  worden;  daselbst,  Fig. 
56;  S.  197,  findet  sich  auch  eine  Abbildung.  So  wie  sie  dort  beschrieben  ist, 
entspricht  sie  dem,  was  die  englischen  Autoren  als  Fascia  Scarpae  oder  auch 
als  Colles'sche  Fascie  bezeichnen.  Ich  habe  nach  wiederholten  Präparationen 
mich  davon  überzeugt,  dass  eine  derartig  beschaffene  Fascie  hier  vorhanden  ist; 
auf  ihre  praktische  Bedeutung  ist  bereits  S.  1 98  aufmerksam  gemacht  worden» 

In  Fig.  111  ist  die  Fascia  perinei  durch  eine  gestrichelte  Linie  angedeutet;  die- 
selbe steht  zu  weit  ab  von  den  darüber  gelegenen  Theilen;  besser  erscheint  sie  in 
Fig.  115  (ebenfalls  gestrichelt).  Da  diese  Fascie  mit  dem  hinteren  Rande  des  Trigonum 
urogenitale  verwachsen  ist,  so  kann  sie  in  Fig.  112  nicht  zu  sehen  sein.  Sie  hängt 
am  hinteren  Rande  des  Trigonum  zusammen  sowohl  mit  den  Fascien,  welche  die  Fossa 
ischiorectalis  auskleiden,  als  auch  mit  der  unteren  Fascie  des  Levator  ani  und  mit  der 
Fascia  obturatoria. 

Eine  subkutane  Fascie  ist  in  der  Dammgegend  nicht  vorhanden;  das  kann 
schon  nicht  sein,  weil  wir  dort  ein  Hautmuskellager  haben  (Sphincter  ani  externus, 
Theile  des  Levator  ani,  Bulbo cavernosus  und  Transversus  perinei).  Wo  diese  Muskeln 
in  die  Haut  inseriren,  können  keine  Fascien  dazwischen  liegen. 

In  den  Figuren  113  und  114  ist  die  Fascia  perinei  mit  vollem  schwarzen  Striche 
dargestellt;  sie  verbindet  sich  am  Scrotum  mit  der  Tunica  dartos. 


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628  Spezialfascien  der  Becken-  und  Dammniuskeln. 

Spezialfafolen  der  Becken-  and  Dammmuskeln. 

Ausser  den  geschilderten  drei  grösseren  Faseienzügen  finden  wir  nun  noch 
Spezialfascien  für  die  einzelnen  Muskeln,  über  welche  folgendes  zu  sagen  ist : 

Man  kann  dieselben  zunächst  in  2  Abtheilungen  bringen;  die  eine  um- 
fasst  die  Binden  der  Skeletmuskeln  des  kleinen  Beckens:  Mm.  piriformis,  ob- 
turator  internus,  levator  ani,  coccygeus  und  sacrococcygeus  anterior  (s.  S.  85), 
die  andere  die  Binden  der  Haut-  und  Eingeweidemuskulatur,  die  vom  Muse, 
sphincter  cloacae  der  niedersten  Vertebraten  ableitbar  sind:  Mm.  sphincter  ani 
externus,  transversus  perinei,  ischiocavernosus,  bulbocavernosus  und  M.  trigoni 
urogenitalis. 

Wir  haben  vorhin  schon  hervorgehoben,  dass  die  Skeletmuskeln  der  Haupt- 
sache nach  von  der  Beckenhöhle  her  durch  die  parietale  Becken fascie 
gedeckt  werden,  welche  wesentlich  als  obere  Fascie  der  Mm.  levator  ani  und 
coccygeus  erscheint;  sie  deckt  auch  in  einem  gemeinsamen  Zuge  die  Mm.  sacro- 
coccygei  anteriores,  welche  sich  dem  Coccygeus  ja  unmittelbar  anschliessen. 
Eine  selbständigere  Stellung  nehmen  die  Fascien  der  Mm.  piriformis  und  ob- 
turator  internus  ein,  obwohl  sie  da,  wo  sie  mit  der  Fascia  pelvis  parietalis  zu- 
sammentreffen, in  diese  übergehen,  wie  dies  vorhin  erörtert  wurde. 

Die  Fascia  propria  m.  piriformis  (Fig.  112)  ist  dünn;  sie  begleitet  den 
Muskel  aus  dem  Becken  heraus  bis  zu  seiner  Insertion. 

Die  Fascia  propria  m.  obturatoris  intcrni,  schlechthin  Fascia  obturatoria 
genannt,  ist  eine  starke  Fascie.  Oben,  am  Arcus  tendineus  musculi  levatoris,  hängt 
sie  mit  der  parietalen  ßeckenfascie  zusammen  und  geht  im  grossen  Becken  in  die 
Fascia  endoabdominalis  (pars  iliaca)  über  (Fig.  111  rechte  Seite).  Unterhalb  des  Le- 
vator ani  wird  sie  selbständig,  ist  stark,  geht  vorn,  im  Bereiche  des  Trigonum  uro- 
genitale, in  die  obere  Fascie  des  Musculus  trigoni  urogenitalis  über  und  verschmilzt 
am  Arcus  tendineus  fasciae  pelvis,  Avie  gesagt,  mit  der  parietalen  und  visceralen 
Beckeufascie,  s.  die  Figur  111.  In  der  Regio  analis  (s.  Fig.  112)  fliesst  sie  oben  mit 
dem  unteren  Blatte  der  Fascie  des  M.  levator  ani  (anal  fascia  der  Engländer)  zu- 
sammen und  ist  auf  dem  Obturator  internus  sehr  stark,  fast  aponeurotisch;  sie  bildet 
hier  den  Ale ock*schen  Kanal  für  den  N.  und  die  Vasa  pudenda  (S.[213).  Die  beiden 
genannten  Fascien  kleiden  die  Fossa  ischiorectalis  aus.  Lateralwärts  setzt  sich  die 
Fascia  obturatoria  in  die  Fascia  glutaea  maxima  fort.  (In  der  Figur  nicht  ge- 
zeichnet.) 

Nach  vorn  geht  die  Fossa  ichiorectalis  in  den  schmalen  spaltförmigen  Raum 
über  (Recessus  pubicus  fossae  ischiorectalis),  welcher  zwischen  der  unteren  Levator- 
fascie  und  der  Fascia  obturatoria  bleibt,  und  der  meist  mit  einer  geringen  Menge 
lo<jkeren  Bindegewebes,  zuweilen  aber  auch  mit  etwas  lockerem  Fettgewebe  gefüllt 
ist  (s.  S.  194). 

Fascie  des  Muse,  sphincter  ani  externus.  Auf  der  lateralen  Seite  des 
Muskels  liegt  ein  dünnes  Fascienblatt,  welches  eine  Forsetzung  der  lateralen  (unte- 
ren) Fascie  des  I.evator  ani  darstellt  (Fig.  112  u.  113).  Nach  der  Haut  hin  verliert 
sich  dasselbe. 

Fascien  der  Mm.  transversus  perinei,  bulbocavernosus  und  ischio- 
cavernosus. Jeder  dieser  Muskeln  trägt  eine  dünne  Spezialfascie  (s.  Figg.  1 13  u.  1 1 4,  die 
punktirte  Linie  auf  dem  Muse,  bulbocavernosus).  In  der  Fascia  penis  kommen  sie  mit 
der  oberflächlicher  gelegenen  Fascia  perinei  zusammen. 

Fascien  des  M,  trigoni  urogenitalis.  Man  beschreibt  gewöhnlich  zwei 
Fascien  dieses  Muskels,   von  denen  die  eine  auf  seiner  Dammfiäche,   die  andere  auf 


Spezialfascien  der  Becken-  und  Dammmuskeln.  ^29 

seiner  Beckenfläche  ruhen  soll.  Letztere  aber  ist,  wie  wir  gesehen  haben  eine  Fort- 
setzung der  Fascie  des  Obturator  internus,  vgl.  Figg.  111  und  115,  hängt  jedoch  am 
inneren  unteren  Levatorrande  mit  der  Beckenfascie  zusammen,  so  dass  man  sie  auch 
als  Fortsetzung  dieser  Fascie  betrachten  kann.  Das  perineale  Blatt  verbindet  sich 
mit  den  Spezialfascien  der  Mm.  bulbocavernosus  und  ischiocavernosus'  beide  Blätter 
insbesondere  aber  das  perineale,  dienen  Fasern  des  M.  trigoni  urogenitalis  zum  Ur- 
sprünge und  sind  deshalb  aponeurotisch  geworden,  wie  das  ja  bei  Muskeln  oft  genno- 
vorkommt,  z.  B.  bei  dem  freiliegenden  Theile  der  Fascie  des  M.  glutaeus  medius 
(vgl  d.  S.  205  Gesagte). 

Die  Sagittalschnitte  lelircn  nun,  s.  Fig.  114:  1)  dass  das  obere  Blatt 
der  Fascia  m.  trigoni  vorn  an  der  Symphyse  links  und  rechts  mit  dem  unteren 
Fascienblatte  des  Levator  ani  zusammenkommt.  Das  kann  in  der  Mittel- 
linie nicht  der  Fall  sein,  weil  dort  der  Levatorschlitz  sich  befindet,  durch 
welchen  die  Harnröhre  und  Scheide  ausgelassen  werden,  und  auf  welchem  beim 
Manne  die  Prostata  ruht.  Sonach  durchbohren  beide  Kanäle  nicht  die  Becken- 
fascie, sondern  gehen  unter  ihrem  vorderen  Umschlage  —  wenn  wir  dies  Wort 
gebrauchen  dtirfen  —  hindurch,  oder  werden,  wenn  wir  auch  die  Fascia  penis 
(clitoridis)  und  die  Fascia  perinei  in  Betracht  ziehen,  in  eine  Fascienröhre 
aufgenommen. 

Die  Sagittal-  und  Medianschnitte  (Figg.  113  und  114)  lehren  ferner  dass 
am  hinteren  Rande  des  Trigonum  urogenitale  dessen  oberes  und  unteres  Blatt 
zusammenstossen;  ebendaselbst  treffen  die  Fascia  perinei,  die  Fascia  m.  sphinc- 
teris  ani,  die  Fascia  bulbocavernosa  und  die  Fascia  m.  transversi  perinei  zu- 
sammen; dieser  Zusammenfluss  fascialer  Bildungen,  zu  denen  vom  Becken  her 
noch  die  Fascia  pelvis  visceralis  kommt,  bildet  das  Centrum  perineale  (S.  219). 
Indem  vorn,  hinter  der  Symphyse,  die  Ligamenta  |)uboprostatica,  bezw. 
pubovesicalia  nach  beiden  Seiten  auseinanderweichen,  bleibt  zwischen  ihnen  eine 
rundliche  Vertiefung,  in  derem  Grunde  die  Vena  dorsalis  penis  (clitoridis)  und 
der  Plexus  pudendalis  ruhen;  diese  Grube  wird  von  dem  Umschlage  der  Faseia 
pelvis  parietalis  zur  visceralis  ausgekleidet  (s.  Fig.  59  a;  die  Grube  mit  den 
Venen  s.  Figg.  64  u.  65). 

Meine  Darstellung  der  Beckenfascien  unterscheidet  sich  in  einigen  Punkten  von 
der  neuesten  Behandlung  dieses  Gegenstandes  durch  Holl  (1.  c.  S.  406).  So  nimmt 
Ho  11  einen  aufsteigenden  und  absteigenden  Theil  der  visceralen  Beckenfascie  an- 
der letztere  fehlt  in  meiner  Darstellung.  Er  soll  durch  die  venösen  Beckenplexus 
Plexus  vesicoprostaticus  bezw.  vesicovaginalis  hindurchtreten.  Ich  habe  mich  davon 
nicht  überzeugen  können.  Meine  Darstellung  stimmt  mit  der  der  meisten  übrigen  Autoren 
(Cunningham,  Quain,  Testut)  im  wesentlichen  überein.  Ferner  betont  Holl  die 
Selbständigkeit  der  einzelnen  Fascien  für  jeden  Muskel.  Ich  lege  Gewicht  darauf 
dass  die  Fascien  da,  wo  sie  an  benachbarte  anstossen,  mit  diesen  verschmelzen  und  über 
grössere  Strecken  zusammenhängende  Lager  bilden.  So  ist  es  unzweifelhaft  mit  der 
Fascia  perinei,  wo  meine  Darstellung  sich  an  die  der  englischen  Autoren  anschliesst. 
Insbesondere  in  topographischer  Beziehung  hat  die  Hervorhebung  der  grösseren  Züge 
ein  Interesse. 

In  Fig.  111  muss  ich  einen  Mangel  bemerklich  machen,  welcher  versehentlich 
geblieben  ist,  dass  nämlich  die  Fascia  pelvis  mit  demjenigen  Theile,  welcher  die 
obere  Bedeckung  des  Musculus  trigoni  urogenitalis  bilden  hilft,  nicht  bis  an  die 
Harnröhrenwand  herangeführt  worden  ist. 


6äö  Beckenbindegewebe, 

Beokenbindegewebe. 

Das  Bindegewebe  des  Beckens,  über  welches  man  die  Arbeiten  von 
König*),  Savage^),  Henke ^),  Luschka'^),  Schlesinger^),  Freund*^), 
Ziegenspeck')  und  Pierre  D  e  1  b e  t  ^)  vergleichen  möge,  muss,  wie  die 
Fascien,  in  ein  viscerales  und  parietales  Lager  geschieden  werden. 
Hierzu  kommt  als  dritter  Abschnitt  noch  das  subkutane  Lager. 

Um  mit  dem  letzeren  zu  beginnen,  haben  wir  im  allgemeinen  zu  bemerken, 
dass  dasselbe  in  der  Umgebung  des  Anus  und  der  Pars  perinealis  recti  sehr 
fettreich  ist  —  es  gehört  hierher  ja  der  Fettkörper  der  Fossa  ischiorectalis  — , 
während  sich  das  Fett  am  Damme  spärlicher  findet  und  am  Penis  und  Scrotum 
gänzlich  sich  verliert.  Das  Fettbindegewebe  der  Analregion  erstreckt  sich  zum 
Fettbindegewebe  der  Glutaealregion;  nach  vorn  geht  es  bis  zum  Centrum  peri- 
neale, wo  eine  festere  Verbindung  mit  der  Dammhaut  den  Zug  unterbricht. 
Von  da  beginnt  ein  zweiter  Zug,  mit  glatten  Muskelfasern  (Tunica  dartos) 
durchsetzten,  subkutanen  Gewebes,  welches  in  das  des  Scrotum  (Labia  majora), 
des  Penis  und  schliesslich  der  Bauchhaut  übergeht.  Bemerkenswerth  ist  die 
Fortsetzung  des  Bindegewebes  der  Fossa  ischiorectalis  in  den  Recessus  pubicus 
dieser  Fossa  hinein,  wodurch  subkutanes  Bindegewebe  ganz  in  die  Tiefe  geräth. 

An  die  Schilderung  des  subkutanen  Bindegewebslagers  schliesst  sich  am 
besten  die  des  subfascialen  an,  welches  zwischen  Fascia  perinei  und  der 
Dammmuskulatur  gelegen  ist,  hinten  am  Centrum  perineale  seinen  Abschluss 
findet,  vorn  in  das  subfasciale  Gewebe  des  Penis,  in  das  subdartoische  Binde- 
gewebe des  Scrotum,  bezw.  der  Labia  majora,  und  weiter  in  dasjenige  fetthaltige 
Bindegewebe  des  Bauches  übergeht,  welches  zwischen  Muskulatur  und  Faseia 
supei^ficialis  abdominis  sich  findet. 

Man  wolle  zu  dieser  übersichtlichen  Wiederholung  das  Kapitel  „Dammgegend", 
S.  188  IV,  insbesondere  S.  193—201  vergleichen,  ferner  Fig.  56  und  die  Figg.  110 
— 115,  desgleichen  das  Kapitel  „Schossgegend",  S.  220  V,  und  S.  422  IV,  „Dammgegend 
des  Weibes"  und  S,  431  V,  „Schossgegend  des  Weibes"  mit  den  Figg.  78  u.  79. 


1)  König,  Fr.,  Die  perimetrischen  Exsudate  im  Becken  der  Wöchnerinnen. 
Archiv  d.  Heilkunde,  1862,  III.  Jahrg.,  und  „Bemerkungen  zur  differentiellen  Diagnose 
der  Beckenabscesse".  Ebend.,  1870,  XL  Jahrg.;  ferner:  „lieber  die  Bedeutung  der  Spalt- 
räume des  Bindegewebes  für  die  Ausdehnung  der  entzündlichen  Processe",  R.  Volk- 
mann's  klinische  Vorträge  Nr.  57.  1873. 

2)  Sa  vage,  Surgical  pathology  and  surgical  anatomy  of  the  female  pelvic  Or- 
gans.   London,  1870. 

3)  Henke,  W.,  Beiträge  zur  Anatomie  des  Menschen  mit  Beziehung  auf  Bewe- 
gung. I.  Leipzig  u.  Heidelberg,  1872. 

4)  Luschka,  H.,  In  „Beigel's  Handbuch  der  Krankheiten  der  weiblichen  Ge- 
schlechtsorgane", Bd.  I.  1874. 

5)  Schlesinger,  W.,  Anatomische  und  klinische  Untersuchungen  über  extra- 
peritonäale  Exsudationen  im  weiblichen  Becken.  Wiener  mediz.  Jahrbücher.  1872.  — 
Derselbe,  Zur  Architektonik  des  weiblichen  Beckens.    Wiener  mediz.  Blätter.  1879 

6)  Freund,  W.  A.,  Gynäkologische  Klinik.  I.  Strassburg  i.  Elsass,  1885. 

7)  Zieg^enspeck,  R.,  1.  c.  [S.  637]. 

8)  Del b et,  Pierre  1.  c.  [S.  228]. 


Beckenbindegewebe:  Viscerale  und  parietale  Lager.  631 

Das  bisher  genannte  Bindegewebe  und  die  von  ihm  eingenommenen  Räume 
liegen  sämtlich  unterhalb  des  Diaphragma  pelvis,  sind  infradiaphrag- 
m  a  t  i  s  c  h ;  hierzu  stehen  im  Gegensatze  diejenigen  Lager,  welche  oberhalb 
des  Diaphragma  pelvis,  supradiaphragmatisch  sieh  ausbreiten.  Das 
Bindegewebe  liegt  hier  zwischen  Pcritonaeum  und  Beckenfascie  und  wir  müssen 
es,  wie  erwähnt,  in  zwei  grosse  Abtheilungen  bringen,  in  das  viscerale  und 
in  das  parietale  Beckenbindegewebe.  Hierzu  kommen  3)  noch  die 
Verbindungszüge  zwischen  dem  visceralen  und  parietalen 
Lager  und  4)  die  Verbindungszüge  zwischen  dem  parietalen  Lager 
und  den  ausserhalb  des  Beckens  gelegenen  Bindegew  ebsmassen. 
Dabei  soll  nicht  vergessen  sein,  dass  es  auch  Fortsetzungen  vom  visceralen 
Bindegewebe  nach  dem  extrapelvinen  Bindegewebe  hin  gibt. 

Im  allgemeinen  ist  über  das  Beckenbindegewebe  zunächst  folgendes  zu 
sagen :  es  ist  sehr  locker  und  fast  durchweg  fetthaltig.  An  gewissen  Orten 
bilden  sich  besondere  Fettkörper,  wie  im  prävesikalen  und  perivesikalen  Räume, 
s.  S.  228.  Es  ist  bemerkenswerth  durch  den  reichen  Gehalt  von  Blut-  und 
Lymphgefässen,  namentlich  in  Form  der  venösen  Beckenplexus;  es  zeigt  an 
manchen  Stellen  ein  sehr  ausgesprochenes  blättriges  Gefüge;  subserös  finden 
sich  in  ihm  zahlreiche  glatte  Muskelfasern;  unmittelbar  um  die  grossen  Gefäss- 
stämme  herum  und  um  die  Eingeweide  ist  es  verdichtet. 

Viscerale  Binde^ewebslager. 

Bei  beiden  Geschlechtern  lassen  sich  drei  viscerale  Bindegewebslager  unter- 
scheiden: das  paravesikale  (perlvesikale),  paraseminale  und  pararektale  (perirektale). 
Beim  Weibe  sind  es  dieselben,  nur  haben  wir  statt  der  paraseminalen  die  parametri- 
schen Lager  und  Räume  ^). 

Durch  die  Fascia  visceralis,  welche  bei  der  Blase  und  beim  Rectum  entwickelt 
ist,  werden  sie  von  den  parietalen  Lagern  geschieden.  Bei  der  Gebärmutter  und 
der  Scheide  ist  dies  anders,  s.  w.  u.  Uebrigens  stehen  alle  visceralen  Bindegewebs- 
lager untereinander  in  Verbindung,  wie  aus  den  Figg.  59  a  und  b,  76  und  114  her- 
vorgeht. 

Eine  Einzelbeschreibung  des  visceralen  Bindegewebes  soll  hier  nicht  mehr  ge- 
geben werden,  dafür  wird  verwiesen  auf  SS,  226  u.  298  (Blase),  auf  SS.  226  u.  268 
(Rectum),  auf  S.  472  (Uterus),  auf  S.  539  (Scheide). 

Parietale  Bindegewebslager. 

Sie  zerfallen  in  die  des  kleinen  und  die  des  grossen  Beckens.  Im  kleinen 
Becken  liegen  sie  rings  um  die  Blase  und  füllen  die  Spatia  praevesicale  und  perivesi- 
cale  aus.  Hinten  liegen  sie  zwischen  Fascia  recti  und  Kreuzbein  im  Spatium  retro- 
rectale.  Hierzu  kommt  das  parangiale  Lager  m.,  welches  um  die  Vasa  liypoga- 
strica  und  deren  grosse  Aeste  angehäuft  ist^  Parangium  hypogastricum  m.   Dieses 


1)  Es  wäre  am  besten,  überall  die  von  Virchow  für  die  Gebärmutter  einge- 
führten Bezeichnungen  mit  der  Präposition  „para**  und  den  griechischen  Namen  ein- 
zuführen: also  „paracystisch**,  „paraproktisch**,  „parakolpisch",  oder,  substantivisch, 
wie  bereits  W.  A.  Freund  diese  Namen  gebraucht  hat:  „Paracystium**,  „Para- 
proktium**,  Parakolpium".  Wenn  hier  noch  die  Namen  „perivesikal**  und  „perirektal** 
mit  angeführt  sind,  so  geschah  dies,  weil  sie  noch  vielfach  gebraucht  werden. 


632  Beckenbindegewebe:  Verbindungen  nach  aussen. 

ist  am  Beckenboden  durch  fasciale  Züge  von  den  eben  genannten  vorderen  und  hin- 
teren Lagern  getrennt  (vgl.  Fig.  59b  u.  Fig.  76). 

Alle  diese  Lager  erstrecken  sich  über  den  Beckeneingang  hinaus  in  das 
grosse  Becken  und  stehen  kontinuirlich  mit  dessen  subserösem  Bindegewebe  in  Ver- 
bindung. Indessen  ist  auch  das  Bindegewebe  des  grossen  Beckens  an  mehreren 
Stellen  besonders  reichlich  vertreten,  so  dass  wir  auch  hier  mehrere  Lager  unter- 
scheiden können:  1)  die  parangialen  Lager  des  grossen  Beckens,  und  zwar 
a)  das  Parangium  spermaticum,  b)  das  Parangiura  iliacum  externum, 
beide  begleiten  die  gleichnamigen  Gefässe,  2)  das  Stratum  prae fasciale  supra- 
pubicum  oder  das  retromuskuläre  Lager,  s.  Fig.  59a,  und  das  Stratum  supra- 
pubicum  retro fasciale,  das  erstere  zwischen  M.  rectus  abdominis  und  der 
Fascia  transversalis,  das  zweite  zwischen  dieser  und  der  Fascia  vesicae  (visceralis), 
s.  Fig.  59a. 

Das  letztere  Lager  geht  über  in  das  des  Bo gros 'sehen  Raumes,  Spatium 
retroinguinale  (s.  S.  461).  Endlich  befindet  sich  noch  subperitonäal  auf  dem  Mus- 
culus iliacus,  in  dem  Winkel  zwischen  diesem  und  dem  Psoas,  eine  reichliche  Binde- 
gewebsanhäufung,  Stratum  iliomusculare  subperitonaeale.  Wir  werden  dort 
noch  ein  subfasciales  Lager  kennen  lernen. 

Die  Verbindungen  zwischen  dem  visceralen  und  dem  parietalen 
Beckenbindegewebe  finden  sich  zunächst  am  oberen  Umfange  der  Becken- 
eingeweide, seitlich  und  hinten,  wo  am  Rectum  und  an  der  Blase  sich  die 
Visceralfascie  allmählich  verliert.  Hier  müssen  not h wendig  beide  Bindegewebs- 
massen  in  eine  einzige,  subperitonäale  zusammenfliesseii,  s.  Fig.  113.  Die  weit- 
aus wichtigste  Verbindung  jedoch  geht  von  der  hinteren  unteren  Blasenwand, 
der  Prostata,  den  Samenblasen  und  dem  Rectum  des  Mannes  längs  der  Aeste  der 
Vasa  hypogastrica  zum  Parangium  hypogastricum.  Beim  Weibe  ist  diese  Ver- 
bindung (Pedicule  hypogastrique  Pierre  Delbet)  besonders  wichtig  und  sehr 
stark  entwickelt.  Sie  verläuft  in  der  Basis  des  Ligamentum  latum  und  verbindet, 
ausser  dem  Paracystium  und  dem  Paraproktium,  insbesondere  das  Parametrium 
und  Parakolpium  mit  dem  Bindegewebe  der  seitlichen  Beckenwand.  Hierzu 
kommt  noch  eine  Verbindung  des  visceralen  Rektumbindegewebes  mit  dem 
parietalen  subserösen  Bindegewebe  der  hinteren  Bauchwand  längs  der  Vasa 
haemorrhoidalia  superiora. 

Ein  anderer  bindegewebiger  Verbindungszug,  welchem  Ergüsse,  Eiterungen 
und  künstliche  Injektionen  leicht  folgen,  geht  beim  Manne  längs  des  Ductus 
deferens,  beim  Weibe  längs  des  Ligamentum  teres  (König)  zum  Bindegewebs- 
lager  des  Bogros'schen  Raumes,  spöciell  zur  Gegend  des  inneren  Leistenringes. 

Verbindungen  des  Beckenbindegewebes  nach  aussen. 

Vom  kleinen  Becken  aus  stehen  die  Wege  längs  der  Gefässzüge  oflFen: 
Foramen  obturatum,  insbesondere  aber  das  Foramen  supra-  und  infra- 
piriforme;  ferner  schiebt  sich  ein  bis  jetzt  noch  nicht  erwähntes  Binde- 
gewebslager  zwischen  Levator  ani  und  Sphincter  ani  externus  ein,  auf  welchem 
Wege  Ergüsse  und  pathologische  Processe  sich  bei  längerer  Dauer  vom  Becken- 
bindegewebe her  in  die  Fossa  ischiorectalis  fortsetzen  können. 

Vom  grossen  Beckenraume  aus  bestehen  folgende  Verbindungen:  1)  Vom 
Bogros'schen  Räume  aus  zum  Leistenkanale,  2)  nach  der  Bauchhöhle  hin,  dem 


Beckenabscesse.  633 

Wege  des  retroperitonäalen  Bindeg:ewebes  entlang,  insbesondere  mit  dem  Par- 
angiura  spermatieum  3)  von  dem  Stratum  iliomusculare  aus  rechts  in  das  retro- 
caecale  Bindegewebe,  links  in  das  retrokolische  Bindegewebe;  auch  längs  der 
Vasa  iliaca  communia  verbreiten  sich  Biudegewebszüge  zur  Aorta  hin. 

Beim  grossen  Becken  müssen  wir  ausser  den  genannten  Bindegewebs- 
lagern  noch  zweier  subfascialer  Lager  gedenken.  Das  eine  ist  das  schon 
S.  226  erwähnte  praefasciale  Bindegewebe,  das  andere  liegt  subfascial  in 
dem  Winkel  zwischen  Mm.  psoas  und  iliacus  längs  des  Nervus  femoralis. 
Diese  Bindegewebsräume  müssen  sehr  wohl  von  den  subperitonäalen  bisher 
besprochenen  unterschieden  werden. 

In  den  grossen  bindegewebigen  Verbindnngszügen  laufen  auch  die  drei 
wichtigsten  lymphatischen  Wege  (Lymphgefässe  mit  Lymphdrüsen),  welche 
von  den  Beckeneingeweiden  ihren  Ursprung  nehmen.  Es  sind  dieses:  1)  der 
inguinale  Weg  längs  des  Ligamentum  teres,  bezw.  Ductus  deferens;  er  führt 
zu  den  Leistendrüsen.  2)  der  Weg  des  Parangium  hypogastricum;  er 
führt  zu  den  Lymphoglandulae  hypogastricae.  3)  der  Weg  des  Parangium 
spermatieum,  der  beim  Weibe  und  Manne  verschieden  läuft;  er  führt  zu  den 
Lymphoglandulae  lumbales. 

Beckenabscesse. 

Unter  Beckenabcessen  werden  sowohl  solche  verstanden,  welche  im 
Cavum  pelvis  serosum  liegen,  als  auch  solche,  die  im  Cavum  subserosum  oder 
musculare  pelvis  sich  entwickeln,  endlich  solche,  die  im  Cavum  pelvis  osseum 
sich  vorfinden,  zwischen  Knochen  und  Muskeln.  Nach  Durchbrechung  einer 
oder  der  anderen  Zwischenschranke,  wie  es  bei  intensiven  und  zu  brandigen 
Zerstörungen  führenden  eitrigen  Processen  vorkommt,  kann  aber  die  eine  in 
die  andere  Lagerung  übergehen.  —  Die  in  den  subkutanen  und  subfascialen 
Bindegewebslagern  am  Damme  entstandenen  Abscesse  w  erden  nicht  als  Becken- 
abscesse aufgeführt.  Kurz  gesagt,  liegt  also  ein  Beckenabscess  oberhalb 
des  Diaphragma  pelvis. 

Die  Wege  der  Ausbreitung  der  Beckenabscesse  haben  namentlich 
König,  Henke  und  Schlesinger  (11.  cc.)  durch  Injektionen  der  Bindegewebs- 
lager  zu  ermitteln  versucht.  Solche  Versuche  haben  immer  das  Bedenkliche,  dass 
sie  durch  den  plötzlichen  Druck  möglicherweise  anders  wirken  können,  als  der 
langsam  sich  ansammelnde  eitrige  Erguss.  Immerhin  stimmen  die  so  erhaltenen 
Ergebnisse  ziemlich  gut  mit  den  Analysen  der  Befunde  bei  Autopsien  von 
Beckenabscessen  tiberein.  Letztere  sind,  wie  ich  nach  eigenen  Erfahrungen  sagen 
darf,  insbesondere  von  Pierre  Delbet  zutrefiFend  gegeben  worden. 

Fr.  König  erhielt  bei  seinen  Injektionen  folgende  Hauptresultate:  1)  Injek- 
tion in  den  interligamentären  Raum  des  Ligamentum  latum  nach  vorn 
vom  Eierstocke:  Die  Masse  folgt  dem  Parangium  spermatieum,  geht  dann  dem 
Psoas  entlang  bis  zum  Bogros 'sehen  Räume,  den  sie  stark  füllt,  so  dass  das  Bauchfell 
weit  abgehoben  wird,  und  tritt  von  hier  ins  kleine  Becken  hinab. 

II)  Injektion  in  das  Parametrium  in  der  Höhe  des  inneren  Mutter- 
mundes: Die  Masse  füllt  das  Parametrium,   hebt   das   Bauchfell   vorn   vom  Collum 


634  Mittelfleischbrüche.  Innere  Beckenbrüche. 

uteri  ab,  geht  von  da  in  das  Paracystium  über,  dann,  längs  des  Ligamentum  teres, 
zum  Leistenringe  in  den  Bogros 'sehen  Raum,  endlich,  nach  starker  Füllung  des- 
selben, in  die  Fossa  iliaca. 

111)  Injektion  des  Bindegewebes  neben  dem  Douglas'schen  Räume: 
Die  Masse  füllt  zuerst  das  Paraproktium  und  verläuft  dann  weiter  wie  bei  Injektion  I. 

Pierre  Delbet  glaubt  beim  Weibe  hauptsächlich  die  Abscesse  des  Paran- 
gium  hypogastrieum,  die  von  der  Gebärmutter  und  dem  Parametrium,  sowie  vom 
unteren  Paracystium  und  Paraproktium  ihren  Ausgang  nehmen,  und  die  Abscesse 
der  Ligamenta  lata  unterscheiden  zu  sollen.  Dazu  kämen  noch  vordere  und 
hintere  subperitonäale  Abscesse  der  Cervix  uteri. 

Bei  der  ersten  Form,  dem  Abscesse  des  Parangium  hypogastrieum, 
durchsetzen  die  Zweige  der  Vasa  hypogastrica  den  Eiterheerd;  hat  derselbe  Aus- 
läufer, so  geht  gewöhnlich  ein  vorderer  zur  Blase,  ein  mittlerer  zur  Scheide,  ein  hin- 
terer zur  Fossa  iliaca  und  in  das  paraproktische  Gewebe.  Diese  Abscesse  liegen 
nahe  dem  Scheidengewölbe  und  verdrängen  den  Ureter  entweder  lateral-  oder  median- 
wärts.  Die  Ligamenta  lata  sind  intakt.  Bei  weiterer  Ausbreitung  können  diese 
Abscesse  entweder  den  Gefässen  entlang  ziehen,  und  zwar  mit  den  Vasa  glutaea 
zum  Gesäss,  oder  mit  den  Vasa  iliaca  externa  zum  Oberschenkel  oder  endlich 
mit  dem  Ligamentum  teres  in  den  Bo  gros 'sehen  Raum,  schliesslich  von  diesem  aus, 
den  Nabelgefässen  entlang,  bis  zum  Nabel,  wo  sie  sich  öffnen  können  (im  Spatium 
retrofasciale).  Im  Bo  gros 'sehen  Räume  können  sie  auch  auf  die  andere  Seite  über- 
gehen. Durchbrüche  durch  Fascien,  das  Bauchfell,  oder  Schleimhäute  finden  eben- 
falls statt.  So  können  sie  durch  die  Levatorlücken,  oder  zwischen  Levator  und 
Sphincter  (s.  vorhin)  in  die  Fossa  ischiorectalis,  durch  das  Bauchfell  in  das  Cavum 
serosum,  oder  in  Rectum,  Scheide,  Blase,  selten  auch  in  den  Uterus,  durchbrechen. 
Nur  in  wenigen  Fällen  nehmen  diese  Abscesse  ihren  Weg  längs  den  Vasa  obturatoria. 

Abscesse  der  Ligamenta  lata.  Die  Abscesse  der  Ligamenta  lata  liegen 
vom  Scheidengewölbe,  den  Ureteren  und  den  Aesten  der  Arteria  hypogastrica  weiter 
entfernt.  Am  häufigsten  verbreiten  sie  sich  längs  dem  Parangium  spermaticum 
zur  Fossa  iliaca,  und  von  da  entweder  nach  abwärts  zum  Oberschenkel,  oder  nach 
aufwärts  zur  Nierengegend  und  bis  zum  Zwerchfelle;  selten  folgen  sie  dem  Ligamen- 
tum teres  zum  Inguinalkanale. 

Wie  die  Bahnen  der  Blut-  und  Lymphgefasse,  sowohl  circumvasal  als 
auch  intravasal  (durch  inficirte  vereiterte  Thromben),  die  Hauptverbreitungswege 
von  Entzündungs-  und  Eiterungsprocessen  darstellen,  so  sind  sie  es  auch,  ins- 
besondere aber  die  Venen  und  Lyraphgefässe,  für  die  bösartigen  infektiösen  Neu- 
bildungen. Wiederholt  ist  im  Früheren,  z.  B.  beim  Kapitel  Uterus,  beim 
Chorioma  und  an  anderen  Orten  auf  diesen  Umstand  verwiesen  worden.  Eine 
gute  Zusammenstellung,  was  die  Lymphgefässe  betriflft,  findet  man  in  der  Arbeit 
von  Winkler^). 


Mittelfleischbrüche  (Herniae  perineales).    Innere  Beckenbrüche 
(Herniae  endopelvinae). 

Die  Herniae  perineales  sind  dadurch  charakterisirt,  dass  dieselben  durch 
eine  Lücke  im  Diaphragma  pelvis  nach  aussen  treten.    Da  in  der  Mittellinie 


1)  Winkler,  K.,  lieber  die  Betheiligung  des  Lymphgefässsystems  an  der  Ver- 
schleppung bösartiger  Geschwülste.  Virchow's  Arch.  f.  patholog.  Anat.  Supplement  zu 
Bd.  15L  S.  195.  1898. 


Mittelfleischbrüche.  635 

beim  Manne  und  Weibe  der  grosse  Spalt  zwischen  beiden  Museuli  levatores 
(Levatorspalt)  von  weiten  Schleimhautrohren  durchsetzt,  zwischen  diesen  Rohren 
aber  fest  verschlossen  ist  (vorn  durch  das  Trigonum  urogenitale  und  das  Centrum 
perineale,  hinten  durch  das  Ligamentum  anococcygeum),  so  können  Hernien  in 
der  Mittellinie  nur  durchtreten,  wenn  sie  die  Wand  dieser  Schleimhautrohre 
vor  sich  hersttilpen,  wenn  sie  sich  also  mit  einem  Prolapsus  verbinden.  — 
Seitlich  bestehen  dagegen  im  Beckenboden  zwischen  den  einzelnen  Portionen 
des  Musculus  levator  ani,  insbesondere  zwischen  lliococcygeus  und  Pubococcygeus, 
dann  zwischen  lliococcygeus  und  Coccygeus,  spaltförmige  Lücken,  durch  welche 
Hernien  ihren  Austritt  nehmen.  Diese  Lücken  führen  in  die  Fossa  ischiorectalis 
und  sind  oben  vom  Bauchfelle  und  von  der  Fascia  pelvis  gedeckt.  Unter  nor- 
malen Verhältnissen  sind  sie  eng;  sie  können  sich  aber  im  höheren  Alter  oder 
bei  Erschöpfungszuständen  ansehnlich  erweitern.  Hierbei  ist  nicht  ausgeschlossen, 
dass  auch  an  beliebigen  anderen  Stellen  des  Levator  ani  die  Muskelfasern 
durch  Zerreissen  oder  Auseinanderweichen  eine  Bruchpforte  frei  machen.  Die 
natürlichen  Lücken  sind  mit  lockerem,  öfters  fetthaltigem  Bindegewebe  aus- 
gefüllt und  lassen  kleine  Blutgefässe  durchtreten. 

Sonach  ergibt  sich  eine  anatomische  Eintheilung  der  Herniae  perineales  in 
Herniae  perineales  mediales  und  Herniae  perineales  laterales. 
Die  ersteren  sind,  wie  bemerkt,  stets  mit  Prolaps  eines  der  genannten  Schleim- 
hautrohre verbunden.  Da  die  Harnröhre,  ihrer  Enge  wegen,  nicht  in  Frage 
kommt,  so  bleiben  nur  Harnblase,  Scheide  und  Rectum  übrig:  Cystocele, 
Elytrocele  (Kolpocele),  Proktocele  ^).  Damit  aber  eine  Cystocele  am 
Beckenboden  nach  aussen  trete,  muss  sie  entweder  ihren  Weg  durch  eine  der 
genannten  Levatorlücken  nehmen,  oder  sich  mit  einer  Elytro-  oder  Proktocele 
verbinden:  „Cystoelytrocele";  „Cystoproktocele". 

Die  Herniae  perineales  laterales  treten  durch  die  genannten 
Levatorlücken  aus;  sie  können  entweder  einfache  Hernien  sein  und  dann  die- 
selben Hüllen  aufweisen,  wie  die  Übrigen  ünterleibsbrüche,  oder  aber  sie  ver- 
gesellschaften sich  gleichfalls  mit  einem  Prolaps  der  Schleimhautrohre. 

Die  genannten  Hernien  können  im  Beckenraume  von  verschiedenen  Stellen 
aus  ihren  Anfang  nehmen.  Diese  Stellen  sind  1)  die  Excavatio  rectovesicalis 
beim  Manne,  2)  die  Excavatio  vesicouterina  beim  Weibe,  3)  die  Excavatio 
rectouterina  beim  Weibe,  4)  die  Recessus  pararectales  bei  beiden  Geschlechtern. 

Hierzu  kommt  5)  in  denjenigen  Fällen,  wo  der  Bruch  durch  ein  Eingeweide- 
rohr geht,  namentlich  bei  Blase  und  Rectum,  irgend  eine  beliebige  andere  Stelle  der 
Oberfläche  dieser  Organe.  Ja,  in  denjenigen  Fällen,  wo  ein  Prolapsus  uteri  besteht, 
oder  eine  Inversio  uteri,  können  Darmschlingen  und  andere  bewegliche  Theile  des 
Beckeninneren,  z.  B.  gestielte  Tumoren,  der  Eierstock,  in  den  dadurch  entstandenen 
Blindsack  hineingerathen.  Endlich  können  vom  unteren  Theile  des  Rectum,  da  das- 
selbe hinten  und  seitlich  eine  erhebliche  Strecke  weit  bauchfellfrei  ist,  bruchsacklose 
Ausstülpungen  als  Prolapsus  recti   nach  aussen  treten.    Hiermit  kann  sich  weiterhin 


1)  Der  Ausdruck  »Hedrocele"  für  „Mastdarmbruch"  würde,  obwohl  Jdga^  bei 
Hippokrates  auch  zur  Bezeichnung  des  Mastdarmes  gebraucht  wird,  eine  passende 
Allgemeinbezeichnung  für  „Mittelfleischbrüche**  abgeben  können  (iÖQu  =  „Sitz*'). 


636  Mittelfleischbrüche. 

eine  richtige  Proktocele  verbinden,  indem  z.  B.  von  der  Excavatio  rectovesicalis  aus 
eine  Darmschlinge  nachträglich  einen  anderen  Theil  der  Rectumwand  in  diesen  pri- 
mären Prolapsus  hineinstülpt. 

Einen  solchen  Casus  rarissimus  hat  Scarpa  beschrieben  (siehe  bei  0.  Zucker- 
kandl  1.  c.  i.). 

Die  häufigste  Eintrittspforte  ist  unzweifelhaft  die  Excavatio  rectouterina, 
dann  die  Excavatio  rectovesicalis  beim  Manne.  Die  Perinealhernien  sind  beim 
Weibe  häufiger  als  beim  Manne,  was  sich  aus  der  grösseren  Weite  des  Beckens, 
der  flacheren  Wölbung  des  Levator  und  insonderheit  durch  die  häufigeren 
Erschlaffungszuständc  des  Beckenbodens  (nach  Geburten)  erklärt.  Die  Excavatio 
vesicouterina  kann  wohl  nur  dann  zur  Eintrittspforte  werden,  wenn  der  Uterus 
eine  mehr  gerade  oder  rctrovertirte  Lage  hat. 

Es  ist  mit  Kecht  von  0.  Zuckerkandl  darauf  aufmerksam  gemacht  worden, 
dass  Tiefstand  des  Douglas'schen  Raumes  ein  wichtiges  Moment  für  die  Entstehung 
der  Perinealhernien  abgiebt,  was  auch  Ziegen  speck,  Träger  und  Sani  t  er  an- 
nehmen. Auch  muss  darauf  hingewiesen  werden,  dass,  wenn  schon  frühzeitig,  im 
jungen  Kindesalter,  Darmschlingen  in  die  Tiefe  des  Douglas*schen  Raumes  ge- 
rathen,  wie  dies  von  Kölliker  beobachtet  worden  ist,  darin  eine  Veranlassung  zu 
einer  späteren  Hernienbildung  gefunden  werden  kann.  Doch  geht,  meines  Erachtens, 
Zuckerkandl  zu  weit,  wenn  er  den  Tiefstand  des  Douglas'schen  Raumes  fast  als 
unerlässliche  Vorbedingung  einer  Hernia  perinealis  ansieht. 

Aeusserlich  treten  die  Herniae  perineales  entweder  unter  dem  Bilde  eines 
Prolapses  auf  —  es  sind  dies  nach  dem  vorhin  Erörterten  die  Herniae  peri- 
neales mediales  —  oder  sie  bilden  rundliche  Tumoren,  welche  in  der  Gegend 
der  Fossa  ischiorectalis  zu  den  Seiten  des  Anus  vortreten.  Beim  Weibe 
gerathen  sie  von  hier  unter  Umständen,  da  die  Labia  majora  bis  an  den  Anus 
zu  ragen  pflegen,  und  mit  nachgiebigem  Fettgewebe  gefüllte,  leicht  dehnbare 
Hautfalten  daistellen,  in  die  hintere  Partie  der  grossen  Schamlippen  hinein, 
Herniae  labiales  posteriores^). 

Die  Herniae  perineales  können  unter  Umständen  einen  enormen  Umfang  er- 
reichen; bekannt  ist  der  durch  Halle r  mitgetheilte  Fall  von  Papen,  wo  bei  einem 
Weibe  eine  Perinealhernie  bis  zur  Kniekehle  hinabreichte.  Dieser  Fall  ist  meist  für 
eine  Hernia  ischiadica  gehalten  worden,  bis  jüngst  Garr6  ihn  richtig  stellte  (1.  c. 
[S.  167]). 

Sehen  wir  von  den  mit  Prolaps  vergesellschafteten  Mittelfleischbrüchen  ab, 
so  müssen  die  Herniae  perineales,  von  aussen  nach  innen  gezählt,  folgende 
Hüllen  haben:  Haut,  Tela  subcutanea  und  Fett  der  F'ossa  ischiorectalis,  dann 
das  untere  Fascienblatt  des  Levator  ani  (Fascia  analis  der  Engländer),  die 
Beckenfascie  und  als  Bruchsack  das  Bauchfell. 

Um  von  dem  anatomischen  Verhalten  der  Hernia  perinealis  eine  richtige  Vor- 
stellung zu  gewinnen,  wolle  man  die  Figuren  65  (Beckenboden),  66  (Excavatio  recto- 
vesicalis) —  auch  Fig.  61  kann  hier  konsultirt  werden  —  Fig.  81a  (Excavationes 
vesico-  und  rectouterina)  und  Fig.  84  vergleichen.  Letztere  Figur  gibt  eine  gute  Vor- 
stellung davon,  wie  ein  Dammbruch  nach  Passiren  des  Diaphragma  pelvis  in  die 
Fossa  ischiorectalis  gelangen  muss,  und  lässt  sehr  gut  auch  sein  Verhalten  zu  den 
verschiedenen  Formen  der  Herniae  ischiadicae  erkennen. 


1)  Als  Herniae  labiales  anteriores  bezeichnet  man  Leistenbrüche,  Avelche 
in  den  vorderen  Umfang  der  grossen  Schamlippen  eintreten. 


Herniae  endopelvinae.      Entwicklung*  der  Beckeneingeweide.  637 

Herniae  endopelvinae. 

Als  Herniae  endopelvinae  möchte  ich  eine  Abtheilung  der  inneren 
Hernien  (Herniae  intraabdominales  ßrösike)^)  bezeichnen,  welche  als  Bruch- 
raum eine  der  serösen  blinden  Beckentaschen  haben,  ohne  durch  eine  Levator- 
lücke  oder  einen  Prolaps  nach  aussen  zu  treten;  insbesondere  kommt  hier 
die  Excavatio  rectovcsicalis  oder  rectouterina  in  Betracht,  Sic  sind  auch  als 
Herniae  perineales  incomplctae  beschrieben  worden.  Für  ihr  Zustande- 
kommen gelten  dieselben  Momente,  welche  vorhin  angeführt  wurden,  wie  z.  B. 
dauernder  Tiefstand  der  genannten  Excavationen,  oder  erworbener  Tiefstand  in- 
folge von  Andrängen  etwaiger  Darmschlingen.  Von  einer  Hernie  darf  unter  sol- 
chen Umständen  jedoch  erst  die  Rede  sein,  wenn  der  Bruchinhalt,  z.  B.  die 
Darmschlingcn,  spontan  nicht  zurücktreten  kann.  Dass  unter  solchen  Umständen 
eine  Einklenmiung  entsteht,  wie  bei  jeder  anderen  Hernie,  lehrt  der  Fall  von 
Saniter^). 


Anhang  I.    Entwicklung  der  Beckeneingeweide. 

Für  das  Verständniss  einer  Anzahl  von  Lagebeziehungen  und  sonstiger 
praktisch  wichtiger  Punkte,  insbesondere  der  im  nächsten  Anhangskapitel  zu 
besprechenden  Missbildungen,  sind  cntvvicklungsgeschichtliche  Daten  uner- 
lässlich.  Die  hier  einschlägigen  habe  ich  mit  besonderer  Berücksichtigung  der 
Kapitel  dieses  Buches  im  Nachfolgenden  zusammengestellt.  —  Folgende  be- 
merkenswerthe  Thatsachen  sind  vor  Allem  hervorzuheben: 

1)  Schon  an  früheste  Bildungen,  wie  die  Primitivrinne  (Blasto- 
porus),  knüpft  ein  Theil  der  Beckenorgane  an:  Kloake  mit  ihren  beiden 
Theilen,  Sinus  urogenitalis  und  Enddarm,  und  mit  ihren  Öffnungen, 
Urogenitalöffnung  (Vestibulum  beim  Weibe,  Orificium  externum  urethrae 
beim  Manne)  und  After  Öffnung. 

2)  P]s  besteht  von  Anfang  an  eine  innige  Verbindung  zwischen  End- 
darm, Genital-  und  Harnwegen. 

1)  BrÖsike,  G.,  Ueber  intraabdominale  (retroperitoneale)  Hernien  und  Bauch- 
felltasclicn  etc.    BerHn,  1891. 

2)  P^bner,  L.,  Ueber  Perinealhernien.  Deutsche  Zeitschrift  für  Chirurgie.  1887. 
Bd.  XXXI.  —  Saniter,  K,  Hernia  interna  retrovesicalis.  Beiträge  zur  klin.  Chirurgie, 
herausgegeben  von  Br uns  etc.  XVL  Bd.,  Heft  3.  1896  (auch  als  Inaug.-Dissertation  er- 
schienen). —  Träger,  F.  P.,  Ueber  abnormen  Tiefstand  des  Bauchfelles  im  Douglas'- 
schen  Räume  beim  Manne.  Archiv  für  Anatomie  u.  Physiologie.  Anatom.  Abth.,  1897. 
—  V.  Win  ekel,  Ueber  die  Dammbrüehe  am  Boden  des  weiblichen  Beckens.  Verhand- 
lungen des  X.  Internat,  med.  Congresses  (Berlin).  Bd.  III,  S.  153.  1891.  —  Ziegenspeck, 
Ueber  normale  und  pathologische  Anheftungen  der  Gebärmutter  und  ihre  Beziehungen 
zu  den  wichtigsten  Lage  Veränderungen.  Arch.  f.  Gynäkologie,  Bd.  XXXI.  1887.  — 
Zuckerkand  1,  0.,  Beiträge  zur  Lehre  von  den  Brüchen  im  Bereiche  des  Douglas'- 
schen  Raumes.  Deutsche  Zeitschrift  für  Chirurgie.  1891.  Bd.  XXXL 


638  Entwicklung  der  Beckeneingeweide, 

3)  Ebensolche  innige  Beziehungen  walten  ob  zwischen  dem  Cölom- 
epithel  und  den  Anlagen  der  Harndrüse  (Niere)  und  der  Harnwege,  so- 
wie der  Keimdrüsen, 

4)  Die  Differenzirung  der  Geschlechter  ist  ein  sekundärer  Vor- 
gang; die  erste  Anlage  ist  eine  indifferente,  weder  männliche  noch 
weibliche. 

5)  Die  Geschlechtsdrüsen  so  wie  die  äusseren  Geschlechtsorgane 
werden  zwar  bilateral  symmetrisch,  aber  jederseits  nur  einfach  angelegt;  sie 
müssen  demnach  sich  nach  der  zu  übernehmenden  Funktion  umgestalten: 
die  indififerente  Keimdrüse  wird  entweder  Hoden  oder  Eierstock,  der  indiffe- 
rente Geschlechtshöcker  Penis  oder  Clitoris  etc. 

6)  Die  Leitungswege  der  Geschlechtsprodukte  sind  hingegen  jeder- 
seits doppelt  angelegt;  hier  kommt  es  nicht  zu  einer  Umgestaltung,  sondern 
zur  Rückbildung  der  einen  Anlage,  während  die  andere  in  Funktion  tritt, 
und  zwar  verschieden  nach  dem  Geschlechte  ^). 

Was  die  Betheiligung  der  Primitivrinne  angeht,  so  ergiebt  sich  nach 
den  Untersuchungen  0.  Hertwig's  und  Anderer  bei  Amphibien,  dass  dieselbe 
frühzeitig  in  ihrem  mittleren  Bezirke  durch  Verwachsung  ihrer  beiden  Ränder 
in  zwei  Theile,  einen  vorderen  und  einen  hinteren,  geschieden  wird.  Der  vordere 
führt  in  den  Canalis  neurentericus,  der  hintere  bezeichnet  die  Stelle  der 
Afteröffnung.  Indem  durch  Verschluss  des  Medullarrohres  der  Canalis 
neurentericus  von  der  Körperoberfläche  abgesperrt  wird,  bleibt  im  Inneren 
durch  ihn  noch  eine  Zeitlang  eine  Verbindung  zwischen  Enddarm  und 
Medullär  röhr  bestehen,  was  hier,  wegen  der  Erklärung  gewisser  Miss- 
bildungen, hervorzuheben  ist^). 

Bei  Säugethieren  ist  die  Stelle  der  späteren  After  Öffnung  in  der  ersten 

1)  Mit  Rücksicht  auf  das  Verhalten  der  so  zahlreichen  hermaphroditischen  For- 
men der  Wirbellosen,  die  auch  den  Wirbelthieren  nicht  fehlen  (Myxinoiden,  ver- 
schiedene Teleostier,  wie  Serranus  [Sägebarsch],  vereinzelte  Exemplare  vom  Hering) 
und  auf  die  Conjugationserscheinungen  der  Infusorien  (R.  Hertwig,  Maupas)  ist 
anzunehmen,  dass  der  Zustand  der  geschlechtlichen  Differenzirung  in  zwei  Personen 
(Gonochorismus  Ha e ekel)  von  einem  hermaphroditischen  abzuleiten  sei.  —  Dieser 
Auffassung  hat  jüngst  C.  Ben  da  in  seiner  beachtenswerthen  Besprechung  des  Herma- 
phroditismus {Ergebnisse  der  allgem.  Pathologie  und  pathol.  Anatomie,  herausgegeben 
von  Lubarsch  u.  Ostertag.  Bd.  I.  Wiesbaden,  1897)  gute  Gründe  entgegengesetzt. 
Man  müsse  den  Wol  ff 'sehen  Gang  nicht  als  Geschlechtsgang,  sondern  als  Harngang 
ansehen;  derselbe  trete  nur  sekundär  in  den  Dienst  der  Geschlechtsdrüse;  Geschlechts- 
gang sei  nur  der  MüUerVche  Gang;  also  sei  auch  in  den  beiderlei  Gängen  keine 
hermaphroditische  Anlage  gegeben.  Auch  aus  anderen  Gründen  (auf  die  hier  nicht 
eingegangen  werden  kann)  sei  der  Gonochorismus  nicht  vom  Hermaphroditismus  ab- 
zuleiten. 

2)  Bei  der  Untersuchung  einer  jungen  menschlichen  Keimblase  stiess  Graf  Spee 
auf  Bilder,  die  es  sehr  wahrscheinlich  machen,  dass  der  Canalis  neurentericus 
auch  im  Entwicklungsgange  des  Menschen  nicht  fehlt.  —  Bei  Säugethieren  ist  er 
sicher  gestellt;  er  durchsetzt  hier,  nach  E.  vanBeneden's  Entdeckung,  eine  Strecke 
lang  die  Chorda  dorsalis  (Chordakanal  van  Beneden). 


Kritwitivliiii-  der  Bcekeiicio^'eweicit'!. 


mii 


Zeit  iler  Eiihvirkeliiii-'  imhi  hIIoik  ^*mihmi  um  nu^>m  ln>r  mir  iliireli  eiiit»  Vertic- 
imv^  iiiarkirt:.  in  drn^iii  I  JriiiNlr,  jedfit-li  ibis  mtirtliTi'  KeiiiihiMlt  IViilt,  so  iLiss  Eiifn^ 
di^ri»  iimi  Kklddtini  mvh  iiiiiiiillvll^.'ir  iMTillirni  <  I\l<>jik<'iiiin'iiiliniii}.  Aiifun^-f^  wilnle 
miv  liiii'-  lieslrliciiile  Ölliiiiii-  in  4vu  IJ  i  ii  üc»  r:t  ii  iii  dvr  l\  t^iiiilil.ise  filliriqi; 
dimM'  ist  nher  [iK  Il<*riwi-j  ikm  CriLiriiic  iler  nmlvnm  Ymiehnüvn,  iti.^Iii- 
HMikiT  ilrr  Aiiipliibieii  hmwhi^'l     Später,  wenn  sirii  iiiis  der  Keiiiilikisniliiflil« 

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Voti'iil^i  iMiiliryiHi.iJiH  iii,'i  iiimiferi.     Esirvmli:iH  r;ni<I,'iJ  i.n^     StAivtu;i. 


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/*!//>•  n^tiiß'dlj.K  iiiffiiifai'  iHf'fiffii.       i'tirs  r//7/'X(7//x  ///i/////^/^':  jiH'dtiH, 

■  :  I        /f/Vr/  ftiiiiiil  pt7,Hicri'ot 


Fxfr.'iini.'i.s  iMisterii)!-  e  iii  b  r  v  o  u  i  s  iii,i  iii  m  i  feri.     Scm-ih»  iiirtliaiKt     Sl^ulimii   L 

1)  Auf  <lio,  iiofli  lN'.st('|ifHilc'fi  Koiirroversc-ii,  oh  dvr  rii<ird.'ikaiml  zum  F.itmlis 
iKuirinili^rirOK  -i'liorl,  ihhI  oh  dU^  Kr'iiiibl.isrni.oiilr  derKiui-cr  dem  Vnhwmv,  iIit  Am» 
liliilii.^n  fioiiiolu-  .sei;  kaiiu  hiiT  iiirfii  <»lii-<-'niif:"ei;i  wvnlvn.  Irli  fol-c  ilcr  1  ^aj^lelhiii- 
<l  Ileriwi-''H  iLehrhiU'h  dvr  Fiit wirkliiii.ux|^-t>st!li.,  H  AiilL  imsi  ■^•^  fiskar  Srfiiiliz"* 
(Clriiiidiiss  ilvr  Hut wirkhii,M.s.,,,,<.}jj,.|,|,.  di%s' ■Mmsrlien  iiiid  dcM-  Siiii-i'tln>ri\  l.süi;)  hf.. 
.streite!  cIhh  rnsfi-rr  iumI  t^rhlida,  d;i.<  iloiiio!cio'c>i,  dt%s  Urdartiies  iii  der  PriiiiJlJvrhiiie. 
Iiiileiii  sirli  dieni'^  spiirer  iliircii  ih'ii  l'1iiinJakaii;iJ  in  die  Keiitthlaseiilicifile  r.irne,  werdij 
letztere  iit  ileii  Uniarm  aiieli  b,.!  den  Säii-eiliiereiiilirvoiieii  eiiibczo-eii  iL  e,  S.  if:i  li j. 


640  Entwicklung  der  Beckeneingeweide. 

das  Darmrohr  abgeschnürt  liat,  entspricht  die  Stelle  dem  blindgeschlossenen  Ende 
des  Hinterdarmes.  Aus  dem  Hinterdarme  entwickelt  sich  alsbajd  durch  eine 
ventrale  Ausstülpung  die  Allantois;  damit  entsteht  ein  erweiterter  entoder- 
maler  Raum  im  hinteren  Embryoende,  den  man  passend  als  „Allantenteron" 
bezeichnen  kann. 

Indem  nun  (nicht  viel  später)  der  Ausführungsgang  der  Vorniere  und  der 
Urniere  (Vor  ni  er  engang  und  Wolff  scher  Gang)  seine  Ausmtindung  in  das 
AUantenteron  gewinnt,  wird  der  untere  Theil  desselben  zur  Kloake.  Die  dünne, 
nur  aus  Ektodcrm  und  Entoderm  bestehende  Verschlussmembran  dieses  Theiles 
ist  die  „Kloakenmembran"  Tourneux  („Aftermembran"  Keibels  und 
anderer  Autoren,  s.  S.  639).    Die  vorstehenden  Figuren  erläutern  diese  Vorgänge. 

In  Fig.  lir>  sehen  wir  das  hintere  Ende  eines  Säugethierembryo  (Schema)  auf  seiner 
Keiniblase  gelegen;  die  beiden  Medullarwülste,  Tori  medulläres,  sind  noch  nicht  völlig 
geschlossen,  so  dass  man  die  äussere  Oeffnung  des  Canalis  neurenticus  sieht.  Der 
nach  hinten  folgende  Theil  der  Primitivrinne,  Sulcus  primitivus,  ist  durch  Wucherung 
der  Zellen  des  Primitivstreifens  vorwischt  (geschlossen).  Am  hinteren  Ende  bemerkt 
man  die  Stelle  der  Kloakenmembran  (Membrana  cloacalis),  da,  wo  später  der  After 
durchbricht.  Unmittelbar  davor  wuchert  die  Zellenmasse  des  Primitivstreifens  be- 
sonders stark  und  liefert  die  Schwanzanlage  (Schwanzknospe,  Tuberculum  caudale), 
in  deren  Bereiche  die  Keimblätter  und  Organ  anlagen  vorerst  noch  nicht  geschieden 
und  ausgebildet  sind. 

Fig.  116a  zeigt  einen  medianen  Längsschnitt  durch  eine  solche  Keimblase  unter 
der  Annahme,  dass  das  Medullarrohr  noch  nicht  geschlossen  sei.  Man  wird  dann 
nur  die  ventrale  Wand  (Pars  ventralis  laminae  medullaris)  des  späteren  Rückenmarks- 
rohres sehen  können  —  die  dorsale  ist  in  der  Figur  durch  punktirte  Linien  ange- 
deutet. Somit  öffnet  sich  der  Canalis  neurentericus  noch  nach  aussen.  Dahinter 
kommt  das  Gebiet  des  Primitivstreifens,  Stria  primitiva,  dessen  oberes  Zellenlager 
ektodermalen,  dessen  unteres  entoderm alen  Charakter  hat;  die  mittlere  Gewebsmasse 
ist  noch  undiffefenzirt.  Der  Primitivstreif  ist  in  seiner  Längenmitte,  also  in  der 
Primitivrinne  (Fig.  116),  getroffen.  Nach  hinten  und  unten  geht  derselbe  in  das  Tu- 
berculum caudale  und  in  die  Kloakenmembran  (Membrana  cloacalis)  über,  welche  nur 
aus  Ektoderm  und  Entoderm  besteht.  In  die  Primitivstreifen-Masse  erstreckt  sich  eine 
kleine  Ausstülpung  des  Entoderms,  dies  ist  die  Schwanzdarm-Anlage,  Primordium 
intestini  caudalis.  Da  auch  die  Allantoisausstülpung,  Primordium  allantoidis,  sich 
bereits  markirt,  so  stellt  der  erweiterte  Raum,  in  welchen  beide  Ausstülpungen  über- 
gehen, das  „AUantenteron"  dar. 

Fig.  116b  zeigt  einen  ähnlichen  Längsschnitt  in  einem  späteren  Stadium.  Die 
Medullarwülste  haben  sich  über  der  äusseren  Oeffnung  des  Canalis  neurentericus 
geschlossen,  so  dass  dieser  nun,  wie  sein  Name  besagt,  eine  Verbindung  zwischen 
Neuralrohr  und  Darmrohr  darstellt;  das  AUantenteron,  der  Schwanzdarm,  die  Schwanz- 
knospe, Tuberculum  caudale,  die  aus  dem  Primitivstreifen  entstanden  ist,  und  die 
Kloakenmembran  haben  sich  weiter  ausgebildet.  In  Folge  der  Entwicklung  der 
Schwanzknospe  hat  die  Kloakenmembran  eine  fast  ventrale  Lage  bekommen. 

In  Figur  117  (Seitenansicht)  sieht  man  die  Einmündung  des  Vornierenganges 
(Orificium  ductus  Wolffi  dextr.  in  der  Figur)  in  den  ventralen  Theil  des  AUantenteron. 
Nunmehr  ist  letzteres  in  seine  drei  Haupttheile  getheilt:  Das,  was  unterhalb  der  Vor- 
nierengangsmündung  liegt,  ist  die  Kloake,  darüber  ventral  die  Allantois,  dorsal 
der  Enddarm,  Intestinum  (Metenteron).  Hierzu  kommt  noch  der  übrigens  bald 
schwindende  Schwanzdarm,  Intestinum  caudale  (Figg.  116,  ll?^.  Die  Trennung 
zwischen  aUen  diesen  Theilen  ist  keine  scharfe;  äusserlich  ist  die  Grenze  zwischen 
JCnddarm  upd  Allautois  durch  eine  seichte  Rinne  angedeutet,  der  nach  innen  ein  Fallen- 


Entwicklung  der  ßeckeneinge weide.  64t 

voi'Sprting*  entspricht.  Die  Allantois  g-eht  alsbald  in  den  sehr  engen  Allantoisgang', 
Ductus  allantoideus,  über.  —  Wichtig  ist,  dass  in  diesem  früheren  Stadium  die 
Kloakenmembran  bis  fast  zum  Nabel  reicht. 

Ans  diesen  Theilen  gehen  im  weiteren  Verlaufe  der  Entwicklung  die 
Harnblase  mit  der  Harnröhre,  das  Eectum  und  der  Anus  hervor. 

Die  erste  Anlage  der  Geschlechtsorgane  vollzieht  sich  in  nach- 
stehender Art: 

Im  Zusammenhange  mit  der  Vorniere  (Pronephros),  auf  welche  wir 
hier,  als  auf  eine  für  unsere  Aufgabe  unwichtigere  Bildung,  nicht  einzugehen 
haben,  entsteht  der  Vornierengang  (ürnier engang,  Wolff scher  Gang), 
Für  die  Säugethiere  muss  auf  Grund  der  neueren  Forschungen  angenommen  wer- 
den, dass  sein  kraniales  Stück  aus  einer  Längs  Verbindung  von  Vornieren- 
kanälchen,  die  ihrerseits  vom  Cölomepithel  ihren  Ursprung  nehmen,  sich 
bildet,  und  dass  dieses  Stück  von  seinem  kaudalen  Ende  aus  selbständig  weiter 
nach  hinten  wächst,  bis  es  das  Allantenteron  erreicht,  in  welches  es  ausmündet. 

Auf  die  noch  bestehenden  Kontroversen,  namentlich  auf  die  nach  neueren  Er- 
fahrungen von  Rabl,  Flemming  u.  A.  zu  vertheidigende  Ansicht,  dass  der  Vor- 
nierengang der  Säuger  in  seinem  grössten  Abschnitte  aus  dem  Ektoderm  sich  ent- 
wickle, muss  hier  verzichtet  werden. 

Zum  Vornierengange  tritt  alsbald  der  Wolff'sche  Körper  oder  die 
ürniere  (Mesonephros)  in  Beziehung. 

Die  ürniere  entwickelt  sich  unmittelbar  hinter  der  Vorniere,  und 
zwar  (Rückert)  aus  den  von  Remak  sogenannten  Mittelplatten, 
Nephrotomen  Rückert.  Diese  Mittelplatten  sind  die  Verbindungsstücke 
zwischen  den  Ursegmenten  und  den  Seitenplatten,  also  gleichfalls  segmental 
geordnet.  Jedes  Nephrotom  gibt  einem  Kanälchen  den  Ursprung,  welches  an- 
fangs einerseits  sich  in  die  Peritonaealhöhle  öffnete  (Nephrostoma  Semper), 
andererseits  mit  dem  Vornierengange  Verbindung  gewann.  Wie  Nagel  bei 
menschlichen  Embryonen  gezeigt  hat,  bilden  sich  an  dem  Bauchhöhlenabschnitte 
dieser  Kanälchen  sehr  grosse  Kapseln  mit  Glomerulis  aus;  der  betreffende 
Kanalabschnitt  wird  weit  und  ist  als  sekretorischer  aufzufassen;  die  in  den  Vor- 
nierengang sich  öffnende  Strecke  ist  enger.  Im  distalen  Urnierenabschnitte 
(Ren  primär.  II,  Fig.  117)  insbesondere  bilden  sich  an  jedem  primären  Kanäl- 
chen mehrere  Sekundärkanälchen  aus,  so  dass  man  die  primären  Kanalstücke 
als  „Sammelröhren"  bezeichnen  kann.  Der  proximale  kleinere  Abschnitt  des 
Wo Iff 'sehen  Körpers  (Ren  primär.  I,  Fig.  117)  ist  von  einfacherem  Baue; 
seine  Kanälchen  bleiben  —  wenigstens  bei  Säugethieren  und  dem  Menschen  — 
enger,  verlieren  zum  Theil  früher  ihre  Kapseln  und  Glomeruli  und  treten  mit 
der  Geschlechtsdrüse,  s,  w.  u.,  in  Beziehung.  Ich  habe  deshalb  s.  Z.  einen 
Sexualtheil  (Ben  primär.  I)  von  einem  ürnierentheile  (Ren  primär.  II) 
des  Wolf f sehen  Körpers  unterschieden. 

Bald  nach  dem  Wol  ff  sehen  Gange  entsteht,  ihm  dicht  anliegend  und 
den  gleichen  Weg  nehmend,  der  Müll  er 'sehe  Gang  (Ductus  Müllen,  Figg. 
117  und  117  a.  (Derselbe  ist  in  allen  Figg.  durch  eine  blaue  Farbe  markirt,  der 
Ductus  Wolffi  durch  eine  rothe.) 

Wald ey er,  Das  Becken.  41 


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ii:ifli  iibsjiMilfl.  Ilnhvi  viiiihidl  <Lis  kniiii^ilt'  Kmlr  dts  V<tni!r'reii-:iii,:iVH  hriui 
M  ii  I  1 1»  r's('l}i'ii  Ujiit.üT:  <Ihs  Slilrk  ist  iirsiiriiii-ii^'ii  ih'r  Aiifiiii-siliril  lU^r  \' nr - 
liii'i-r.   iiiiil   iHliiMhi    mit   i^iiMiii    W'iiiijH'rlrii'lifiT   iii   div   il'iiiflilirililr. 

Ih/iih  lliiliiK'lHii  viiiiMM-iil*^  N'li  ki'iüf  dj'r.iili^u'v  FjiUurkliiii.ii*  ii;M-li/jnvrist'ir. 
\irlitn'lir  ti'ilsli'lil  liitT  iltT  \l  ii  I  I  I' r'srlir  Ik'iii-'  diirrli.iii'^  srlli^lititdi.i:'  iliüT'li  l'Iiii" 
^fill|itiiii:'  tiiirr  l%|iilln'h  ri'ilH'kiiiii:-  an  d<i"  bttii'-jilni  Srilr  <lrs  \V  i»  !  ffsrltrn 
kriri'N'rs.  INt  l»<*,-^!iiii  iIit  l'jiisliilpitiii:'  l!t\::1  im  iJi'rrit'lH'  der  Xnrnu'rv  ihn! 
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SfHv  liiirs  irhiiiii  hnvj:vn  Kiidirvo,  Aiu^h  ini  t^iiietii  Kiidiryii  von  ÜM-iu 
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kiiiii^   Alist.iiiiiiiiiii-    ^niii   V.H'iiH'niipiiip-  rriiiitidii,   wolNi  idi    j^doidi,    im  Aii^ 


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iiaii;::.  wvhu  <'r,  in  sriiiiiii  Aiitaiit;'s|}nilr'  <*ii}iii;tl  ^^cliilili"!.  .iiii  \'()iiii('rtii_i:':iii^i:'i' 
rtitl;iiii:-  '/iir  Klojikr  Iiiii  w;irli>i.  mit  M'ifMiii  jr^M'ilip'i'ii  ilisfalnt  VauUi  in  iiiiii^^'rr 
Ui/niliniii^ii'  itiii  ilvm  \'<iiiii«i'rn;:';iii,^'!'  strlit.  !H'r\oiiH'hr'.  K^  kininU'  iiirriii  i'iiitt 
lH''HHi!i.ti'{iij^i:'  lirs  \'<»riii{i'rii,;i*.ii,t;r«*>  jui  diT  l»ilcliiii.t:'  «l<s  M  0  I  I  i/ r'srfH'ü  IL*iii^::"es 
rfltlickf  \vi*ril<iL  >*i  d.'i.'-s  (kiiiin'rh  im  A!is<*Ijliiss  .in  ijii^  Si*l,'{«'lii<i;'  lN»sfitiMlr. 
K  n  ir  i' l  ;i:i.'Hii»l  iiiilcssfii  lii-i  ^h/r  luTiihii'iii^'  lirMln"  i'.iiia'r  kt*iiitii  Zinuifiis  \iiii 
Sii'lni    ili'':^    \'oniiri'tii;2-iii^:i.'s     /jitii    M  ii  I  I  i/- i*'sj'|jrii    Ik'iiii:'!*     :iiiiH'ltiiitii    yj!    solkii» 


\\  liiii  <lii'  .^1  ii  I  h' r'sriii'ii  ilniitx^''  ^!ir"  KloMki*  i'rri*ii»l}iij,,  mi  lit",t!*rii  ^k* 
'ZW  isrlnii  ln'iikii  W  oj  f'f'si'litii  <  ^itii^^'iil  dit'lit  lirkiiiiiiuiiiilii':  ;t!i  iIit  Sii*||f 
iltriT  s|j;ili*rr"fi  .^kiiinliiii^i;-  Ih'u  y-kn!  Nt«'  riiini  Vurspriiii^^' <k'r  li<iri*HV'fiil«ii  l\k»,ikii,i- 
wjiiiiL  tk'ii  .^1  ii  I  i  *,'  r'si'lirii  Iiii,i:-rl  ■  v.  .^1  l  h  :i  I  k  «'  \  i  <'  j^,  l'l.:;*.  117.  <  *filliViilii;s 
_MiiIlni^:    zu   iH'iilni   Si'ih'ii    dvf.  31  jl  I  1 1»  r\<^*l:ii:ii    llüp'ls  iii  ii  iid  e  ii    d.iiiii    sriioii 

Yim  iU-r  kilci'.'iinj  Srilr  ilicsc^r  k'|-zti,'rii!  <i;iii.i:i%  «Ih'IiI  im  ilti'tii  Kiiiiiiiiii^^- 
diiiii:',  sjifiHsl  iki'  X  i  r  r  <•  II  k  :i  11  ,i  i  ((';iii,-ilis  i^niiilis;  v.  l\ii|iflVr  li<»r\<n-,,  i!i',r 
//!iiii  l'ri'irr.    iiiiik  rliii'rli  siir<'rssj\'i'  weilü*«*  Sj)riss>iiiii:'„  /iir  hlrnnMiihMi    KUm'v^ 


644  Entwicklung  der  Beckeneingeweide. 

Metanephros  (Primordium  pelv.  ren  in  Fig.  117)  wird.  An  der  medialen 
Seite  der  U  r  n  i  e  r  e  (Ren  primär.  I  u.  II  —  Mesonephros)  bildet  sieh  schon 
früh  eine  Epithelverdickung  aus,  ähnlich  der,  welche,  an  der  lateralen 
Seite,  der  Bildungsstätte  des  Mülle r'schen  Ganges  entspricht.  Unter  ihr  sammelt 
sich  Gewebe  vom  mittleren  Keimblatte  (Stromagewebe)  an,  und  wölbt  das 
Epithel  zu  einem  kleinen  Hügel  hervor;  dieser  ist  die  Anlage  der  Keimdrüse 
(Bornhaupt,  m.).  Im  Epithel,  Keim  epithel,  zeigen  sich  schon  frühzeitig 
einzelne  grosse  Zellen,  die  Urgeschlechtsz eilen  (Fig.   117). 

Gegen  die  der  ürniere  zugewendete  Seite  der  Keimdrüse  sprossen  die 
Kanälchen  des  Sexualtheiles  der  ürniere  (Ren  primär.  I,  Fig.  117)  vor  und 
dringen  bei  den  meisten  Säugethieren,  mag  das  Geschlecht  später  männlich 
oder  weiblich  werden,  in  das  Stroma  derselben  mehr  oder  weniger  tief  ein. 

Wichtig  sind  die  Verhältnisse  der  Urnieren,  Keimdrüsen  und  Ge- 
schlechtsgänge zum  Bauchfelle  und  zu  frühzeitig  auftretenden  band- 
artigen Zügen  von  Bindegewebe  mit  glatten  Muskelfasern, 
welche  der  glatten  Muskulatur  des  subperitonäalen  Bindegewebes  (H.  Klaatsch) 
angehören.  Die  sich  bildenden  Bauchfellfalten  sollen  als  Gekröse 
(Mesenterien)  oder  Falten  (P  licae),  die  Züge  von  Bindegewebe  mit 
glatter  Muskulatur  als  Ligamenta  bezeichnet  werden.  Vgl.  hierzu  die 
Figuren  117  und  117  a. 

Die  ürniere  ist  in  ein  Gekröse  (M  e  s  o  n  e  p  h  r  i  d  i  u  m  m.)  eingeschlossen, 
welches  um  so  deutlicher  und  beweglicher  wird,  je  mehr  die  ürniere  schwindet. 
(In  der  Fig.  117  Hess  sich  dies  Gekröse  nicht  wiedergeben,  in  Fig.  117  a  kann 
man  es  erkennen.)  Das  obere  Ende  dieses  Gekröses  verlängert  sich  über  den 
oberen  Pol  der  ürniere  und  des  Müller'schen  Ganges  hinaus  bis  zum  Zwerchfelle 
=  Zwerchfellsband  der  ürniere  v.  Kölliker  (Plica  phrenico- 
mesonephrica  m.,  Figg,  117  u.  117  a),  ebenso  das  untere  über  den  distalen 
Urnierenpol ;  die  betreffende  seröse  Falte  =  Plica  inguinomesonephrica 
m.  verliert  sich  in  der  Leistengegend.  Diese  Falte  ist  in  den  Figg.  117  und 
117a  nicht  sichtbar;  in  ihr  liegt  das  Ligam.  genitoinguinale  (S.  645). 

Wie  die  ürniere,  so  zeigt  auch  die  Keimdrüse  bald  nach  ihrer  Bildung 
die  Anlage  eines  Gekröses,  welches  vom  Hilus  der  Drüse  zum  Mesonephridium 
zieht  —  Mesorchium  bezw.  Mesovarium.  Die  eigenthümlichen  Verhält- 
nisse des  Bauchfelles  zum  Eierstocke  und  zum  Hoden  sind  bereits  S.  506  und 
388  besprochen  worden;  sie  lassen  sich  schon  während  der  Entwicklung  er- 
kennen. Man  sieht,  dass  sowohl  die  indifferente  Anlage  der  Geschlechts- 
drüse (Fig.  117),  als  auch  ihre  Umbildung  zum  Eierstocke  wie  zum  Hoden  auf 
dem  grössten  Theile  ihrer  Oberfläche  von  dem  eylindrischen  Keimepithel  tiber- 
zogen bleibt  und  keinen  Bauchfellbezug  erhält  (Figg.  117,  117  b  und  117  c). 
Das  Gekröse  geht  nur  an  ihren  angewachsenen  Rand  heran.  (In  den  Figuren 
ist  es  nicht  zu  sehen.) 

Vom  oberen  Ende  der  Geschlechtsdrüse  zieht  eine  mit  deren  Mesenterium 
zusammenhängende  kleine  Bauchfellfalte  zur  Plica  phrenicomesonephrica  = 
oberes    Hoden-    oder    oberes    Eierstocksband    v.    Kölliker   = 


Entwicklung"  der  Beckeneingeweide.  645 

Plica  testis  s.  ovarii  superior  (Fig.  117a);  desgleichen  zieht  eine  viel 
stärker  ausgeprägte  Falte,  Plica  testis  s.  ovarii  inferior,  vom  unteren  Ende 
zum  Mesonephridium.  In  dieser  unteren  Falte  eingeschlossen  liegt  ein  k  r  ä  f  t  i  g  e  r 
Zug  glatter  Muskelfasern  mit  Bindegewebe,  welcher  sich  an  die  beiden 
hier  schon  dicht  zusammenliegenden  Geschlechtsgänge,  den  Wolff- 
schen  und  den  Mülle r'schen  Gang,  ansetzt,  das  Ligamentum  testis 
(Klaatsch)  bezw.  das  Ligamentum  ovarii  autt.  (A+B  in  Fig.  117; 
A  zeigt  zugleich  einen  Theil  der  zugehörigen  serösen  Falte;  —  ferner  Fig.  117  a 
=  Lig.  testis.) 

Da  beim  Manne  der  Müller 'sehe  Gang  in  dieser  Gegend  schwindet,  beim 
Weibe  der  Wolff'sche,  so  behält  später  das  Ligamentum  testis  nur  Verbindung  mit 
dem  Wo Iff  sehen  Gange  (Vornierengange)  und  das  Ligamentum  ovarii  nur  mit  dem 
Müll  er 'sehen  Gange. 

Endlich  differenzirt  sich  auch  in  dem  untersten  Theile  der  Plica  i  n  - 
guinomesonephrica  ein  ähnlicher  Zug  glatter  Muskelfasern  mit  Binde- 
gewebe heraus,  der  proximal  an  beiden  Geschlechtsgängen  festsitzt,  ungefähr 
an  derselben  Stelle,  wo  das  Ligamentum  testis  (ovarii),  dessen  Fortsetzung  er 
scheinbar  bildet,  angeheftet  ist.  Distal  verliert  er  sich  im  subperitonäalen 
Bindegewebe  der  vorderen  Bauchwand,  in  der  Gegend  des  späteren  Leisten- 
ringes. Klaatsch  bezeichnet  dieses  Band  als  „Ligamentum  ingui- 
nal e*^  Da  aber  dieser  Name  jetzt  für  das  Ligamentum  Pouparti  vergeben  ist 
(BNA),  so  möchte  ich  die  Benennung  „L  ig  am  en  tum  geni  toinguinal  e*^ 
vorschlagen.  Wegen  des  Schwindens  des  Wölfischen  Ganges  beim  Weibe, 
des  Mtiller'schen  Ganges  beim  Manne,  findet  sich  die  proximale  Insertion 
dieses  Bandes  beim  Weibe  später  am  Mülle  r'schen  Gange,  beim  Manne  am 
Wol  ff 'sehen  Gange.  Dies  Band  ist  im  Wesentlichen  dasselbe,  was  man  bis- 
lang als  „Gubernaculum  Hunteri"  bezeichnet  hat  (C  in  Fig.  117),  Lig.  genito- 
inguinale  in  Fig.  117  a). 

Die  weitaus  besten  Abbildungen  von  diesen  Falten  und  Bändern  gibt  v.  Mihal- 
kovics  I.e.  [S.  660]  in  Taf.  III,  Figg.  41— 44.  Es  sei  noch  angeführt,  dass  Wendeler 
bei  einem  weiblichen  Embryo  von  5V2  Cm.  R.  L.,  der  bereits  die  üterusanlage  zeigt,  da- 
neben aber  noch  die  Wol  ff 'sehen  Gänge,  deutlich  das  Ligamentum  genitoinguinale  als 
von  den  letzteren  abgehend  zeichnet  (l.  c.  [S.  504]  Fig.  21).  Ich  habe  mich  von  der 
Richtigkeit  der  Wendel  er 'sehen  Abbildung  durch  Vergleichung  derselben  mit  dem 
Originalpräparate  überzeugt.  Damit  stimmen  auch  die  Abbildungen  von  v.  Mihalko- 
vics,  so  wie  die  Thatsache,  dass  die  Ligamenta  teretia  (=  Gubernacula  Hunteri) 
später  nicht  genau  an  der  Abgangsstelle  der  Tuben  vom  Uterus,  sondern  etwas 
weiter  kaudalwärts  befestigt  sind.  Diese  Befestigungsstelle  würde  demnach  nicht 
exakt  die  Grenze  zwischen  Uterus  und  Tube  {Müller'schem  Gange)  anzeigen,  sondern 
vielmehr  den  Ort,  wo  die  Wolf f 'sehen  Gänge  z.  Z.  in  die  Utcruswand  eintreten. 

Von  der  Stelle  vor  und  unterhalb  der  Kloakenmembran  wächst  in  diesem 
Stadium  ein  unpaarer  kegelförmiger  Gewebshtigel,  aus  einem  mesodermalen  und 
einem  ektodermalen  Antheile  bestehend,  hervor,  der  Geschlechtshöcker  ^) 

1)  Retter  er  nennt  diesen  Gewebshügel,  wie  er  zuerst  entsteht,  nicht  Geschlechts- 
höcker, sondern  Kloakenhöcker,  weil  er  Anfangs  nicht  nur  die  Geschlechtswülste 
und  die  Geschlechtsfalten,  sondern  auch  Theile  der  Umgebung  des  Anus  mit  enthält, 
die  sich  erst  später  sondern. 


Kniwivklnn:j:  «Iff  lU'vkf'iu'uvjvwvUh^ 


iMT 


iM-'iir  ;fl!»-r«liii-,s  lüil  {M--fttiH'tiiii-r  I'iiiImmIiiii^u'  zur  iiiJiiiiiiifljcii  FornL  Im  iiiiti>r<'ii 
TlM-ili'  i|*'S  Si'lti'11,.1^  il'\-.  117;  sit-ht  itijitj  «la-,  A  li.'uil  i'iit  rroii,  ;iii  iU'ui  i.M'tii»  l^iiisall«^ 
hm-  •zni>r|ji.it  jMiriiis  a!f?i!i!iüiliMi>^'  und  Ji}|i/>iiiiiiiii  Ah^ivuHTun''^  >■  dir  i;r4-i!zr5 
zuisrlif'ü  drill  l'jHlfhiniHi^  iifid  «liT  All.'iiii<Ms  lN"/j'»irltiM'i.  FJin"  \-Mit  da,  lirr;iJi/jizi<-liei}«!i- 
Lfiiir^  'Jii  d.'fl'j-iir  jiiffii  wii-dri'u-i'-i-hfi!;-  uiirdr  ilit^  !i;icli  imini  xarwnvhMnulv  Svln^UU'- 
w.iti«!  aiMh'iiirti,  wiNliifrlt  iiji  Laiifi^  dtT  wi'ifi'roii  Kniw  ivk In wj,'  .-irli  <Iit  drhfs.ilf^  fliintt^ 
'*i^-^>^'hmtt  villi  d<-!ii  \^(*iiir;tlrirriiriir  fmiiu.  hii^si-r  \  i'filrnlr  TlH'il  UcütI  ohiui  (uns  der 
AlL'inlois  iHTvnr-'td'h'iid.  <li<"  1 1  ;t  t  ii  h  I  ;i  .s:  *' ,  w<dl<'r  iiiifiMi.  iiii  Ansrhliissf  diiriiti,  dii,* 
i'^'^^'f^^'i^  V  Ilariirr^hrc  ikvlhvh.  d.  ti.  (l'i.^Siiii'k  dr-r  ll^inii'/din«.  welidif,.  zwLscIm.|i 
i'dtdi"  dcf  llariibl,"i>r  und  drr  Ivüijuiimlyn^^-  der  i  U''svUUH'\iiri'^':in^j.'v  -'idra'<^ii  ist,  AIh 
kd'/H'S  Ih^ivri  IT  i,l<*ii  ,Shiii>  fi  r  o  -  <>  u  i  t  ;i  I  i  s.  Alli^h  d;is  isf  imi  di<'st*  I%!itwtrk- 
liiii-V|HTiiidi'  iHiidi  liiidii  Mdi;irf  '^'V'>iHii\i'rL  l'iilrrliall)  <li*r  l'jii!iiifiidiiii,t:*  iIvh  Xnr^ 
ritvrvti!j:nivsi''T^  iiHil'n\   diirl.   \\'«»irfi   d<-\ir.-  Iji'shdif   iioidi   dd*   K  I  o  ji  k  *'. 

ihd'  i'jiiniüiidiiii^U-  di'F  \dH'fdrn'ii^^';hi,2'i'  i>f'  •/ii,ii-dM*rl}  iidt  ^dtii^iii  sidioii  m'rdt  nil- 
\\  Hdstdii'.ii  Nit'ri'itkaii.ili'  -J  diiialU  r<'n;ili>':  und  iidi  «Irr  Fjiiiiiyiidiiii.ii'  iliT  M  ü  I  I  i»  r 'Hidieu 
<din,u-r  d;ir,i:-i'^lvdlf,  ohwidd  flii->  ;i\U*s  z*'dl5r!i  ;t  f|H<'if}.iii'^liTrdlIi.  M?{||  ^u'invnliil,  niivh  tUni 
.^I  ii  !  1  <M'\s(d'irt!  ilil-ri  irollii-iifiiv  Miillf.ri;.  djirrli  idiu'ti  lAiish'nsrdiinil  iti  die?  Kloakit 
^si(ddliJi!*  ,i4'<.'it'i;udil. 

Fl-,    II>^. 


CjtMlil  MJd;i    <v\frrii;L      SlMdilHil    ;i  lll  F  1  U' 11  II  !U. 


F'i'.tfi!  hiidif  ijiaii  iN,(di  dt.'ti  Schwanz  dt'<  l-jiihryo  iTjuid:!  t'iiibryoimlLs;»  mit; 
ih'in  ^i.-^l^nU'V  \  *dH-  MdiwiiHF'jid^Mr:  K  r  }i  w  a  ii  z  ij  a  r  iii  r  i  liit.c.Miiifiiii  caiid.'dr;,  vuri: 
'^'"*  F  h.  ;i  k  <Mi  Ml  r  iii  b  r  ;i  11  tAF'iidir,'iii;i  rloiirrilisi  \d.ii  dr-r  Aii!;i-(',  der  HariiFI;iM* 
-•tdtr.  Md'fi  .'itii  Xd'iiM-l  iiiiibii^,.^-<^|j,|  11, id  ,'iiiH  li'i/lrrtüti  aiisliTfrtid,,  tlvr  A  I  I  ;i  ii  I  o  i  s  ,a- a  ij  ;^ 
dHivUi>  :fll;iiifnidi'i{>;!  ab,  4i'v  hi'i'iti  MriisriH.n  .srhoi}  ,ij{i  Nabid  .s«dir  s(diw;i«di  ist,  im 
X;ib«d>!rniip'  .sidii  Lüinrii  \i'riiMi,  imd  <ifdi  iu<"iii;tlH  zu  <diirj*  iiii.isrrr-ndn-yoiialeji 
A  (F'i  II  f.OfshFix- .   wjf.  il;(s    bi'i   lirti   nit'isfi'ii    A»iiii(»l<»ti   drr   Fall   i,sl,.  f'j-widlrrt. 

''^"   <dN'i-i*ii   'rb,db'   dUir  F'i-'iir   117  si<dif:  ituiii   d;is  idlVue  1'rH;liler<*iid<'  dr.s  difd.rii) 
^^  ''  ^  '•'*■' ^' '^''^'^'"   <'F'Mi-:<'s    'diiriiii.IHniL  diicd.   ^irdA).    danni    <djirii    bbiMdjcidF.rnd.ii^fii   Au 
briit.t:-  '!'ar^-.  ^tif*.   dun.    Miil!/],   drsseti    i7{ilsl<'lii}ii,^*s\vid,sr  Uuch   iiirlil   ;itil-idJi:ii1    isi. 

''^^"^'  <»ä"'i'';'t»  lOidi^  d<'s  \diridt'n'ti,i:-ii!,i:v.s  süiicliis  Widfli  I)  b«'iii*.rki  itiaii  dt-u 
\\  nirr  >vhi'n  FdiriMT  mii  .mdfit/iii  Krvii;if-  und  X  i  i»  r<Mii  li  im  ht  <,  Fb^ti  jiriuiar.  i  u,  lib^ii 
pnniar-  11  (F;ira.dädu}d<  %  sywif  d<'>sc'ii  Zwi^rrhlrHhfaili;'  iPIfiM  |dircidruiij,;soiH.|dtr!C-a '  ; 
J^TiHT 'iFi  iKH'li  iiididIFrt'iiic.  K  lA  iti  fl  r  iFse  ii  ^  A  ii  F'i -«  (CiL'iiidtjla.  -i^iidii;}!  ivii ;,  ndl  ilirrm 
i*^  <*n»i<'  b  1 1  hiA-  FfiifdiidMiüi  ,u'f'nftiii,'iti\ii!iib  in  m^idtdiciii  idri'/rfiii'  Id  ly^'i'SiAi  l  echt  kzc  I  F'H 
A'idiub'i  sf^ii;dt>  jirijiL;  wahrziinrdjmi'ii  .sind,. 

I  bij'^i4't"-rcdb  ist  iVriHT  ibts  iiii!f*i'i*  KidiiidriisriibMiid  i  L  i  _ü";i  lurn  i  u  iii  trsfi.s) 
b>\".'iri!-  tidl  .stdiHT  AidHddtm^u- ;iii  di«' I\<diiiflii1sc  uihI  nii  tbit' t  A>Hiddi'tdiisii;ih._iff,,  uiid  d.is 
F  i --II  HM' II  Hl  fii  ;;:'<Mi  1 1  oi  iig- II  i  iia  h»;  fiiAdc  Fi;:'.iiiieiil<'  ziit-aiitiiH'ii  sind  iidl  A.bbt!.  b<'" 
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€50  Entwicklung  der  Beckeneingeweide. 

Die  Gcschlechtswülste  werden  beim  weiblichen  Fötus  (Fig.  118b) 
zu  den  grossen  SchamlippcD,  der  Geschlechtshöcker  bildet  die 
C  1  i 1 0 r i s ,  von  der  die  Geschlechtsfaltcn  unter  Bildung  des  Frenulum 
links  und  rechts  als  L  a  b  i  a  m  i  n  o  r  a  sich  herabsenken.  Beim  männlichen  Fötus, 
s.  Fig.  118  a,  legen  sich  die  beiden  Geschlechtswtilstc  unterhalb  des  Ge- 
schlechtshöckers (analwärts  von  letzterem)  dicht  aneinander  und  bilden  sich 
zum  Hauttheile  des  Hodensackes  um,  der  später,  s.  Descensus  testiculorum, 
die  Keimdrüse  aufzunehmen  hat.  Das  Septum  scroti  erklärt  sich  aus  dieser 
Art  der  Bildung.  Die  Geschlechtsfalten  gehen  in  das  Frenulum  glan- 
dis  und  einen  Theil  der  Haut  an  der  Unterseite  des  Penis  auf.  Die  Gl  ans 
penis  entspricht  vollständig  der  Gl  an  8  clitoridis,  die  Corpora  cavernosa 
penis  den  Corpora  cavernosa  clitoridis,  der  Bulbus  urethrae  und 
das  Corpus  cavernosum  urethrae  des  Mannes  den  beiden  Bulbi  urethra- 
les des  Weibes. 

Das  Praeputium  penis  und  das  Praeputium  clitoridis  geht  aus 
einer  besonderen  Hautfalte,  die  an  die  Geschlechtsfalten  Anschluss  erlangt, 
hervor.  Längere  Zeit  ist  das  innere  Blatt  des  Praeputium  noch  mit  der  Eichel 
des  Penis  (der  Clitoris)  durch  eine  Epithelschicht  fest  verklebt;  erst  nach  deren 
Lösung  (Rückbildung)  wird  es  beweglich. 

Der  Damm  und  die  Analöffnung  bilden  sich  bei  beiden  Geschlechtern 
in  gleicher  Weise  aus  der  primären  Anlage  heraus. 

Es  sind  hier  noch  einige  weitere  Bemerkungen,  zu  denen  man  die  ange- 
zogenen Figuren  vergleichen  möge,  dem  eben  Gesagten  hinzuzufügen: 

Dass  die  Kloakenmembran  von  ihrer  ursprünglich  flächenhaften  fron- 
talen, später  mehr  horizontalen  Ausbreitung  sich  auf  eine  sagittal  gestellte 
dicke  Platte,  Kloakenplatte,  zusammen  schiebt,  wurde  bereits  erwähnt  und  zu- 
gleich angegeben,  dass  diese  Platte  sich,  einem  schmalen  Kiele  gleich,  von 
der  Aftergrube  aus  sagittal  durch  die  Dammgegend  zwischen  den  Geschlechts- 
falten hindurch  auf  die  Unterfläche  des  Geschlechtshöckers,  in  einer  Rinne 
desselben,  bis  zu  dessen  Spitze  hin  erstreckt.  Sic  ragt  auch  noch  über  diese 
Spitze  in  Gestalt  eines  kleinen  von  Tourneux  entdeckten  Fädchcns  (Epithel- 
hörnchen—  Nagel)  frei  hervor  (Fig.  117  a). 

Bei  normaler  Entwicklung  des  Menschen  kommt  es  nach  Keibel  nicht 
vor,  dass  die  Kloakenplatte  durchbricht,  so  lange  noch  eine  Kloake  be- 
steht; der  Durchbruch  geschieht  erst  nach  vollendeter  Bildung  des 
Dammes,  also  nach  Auftheilung  der  Kloake  in  den  Sinus  urogenitalis  und 
den  Enddarm,  und  zwar  zuerst  am  Sinus,  weit  später  (9. — 10.  Woche)  am  Anus. 

Nagel  findet  eine  Oeifnung  bereits  im  Kloakeiistadium,  und  zwar  an  der 
Stelle,  welche  dem  Sinus  urogenitalis  entspricht  (Embryo  von  8  mm  Rumpflänge  im 
Alter  von  etwa  28—30  Tagen).  Ein  von  Keibel  untersuchter  menschlicher  Embr\'0 
von  25  mm  Rumpflänge  (8V2— 9  Wochen)  hatte  die  Afteröff'nung  noch  nicht. 

An  der  Bildung  der  späteren  kielförmigen  Kloakenplatte  nimmt  haupt- 
sächlich das  Ektoderm  Antheil.  Wie  weit  das  eine  und  das  andere  der  beiden 
embryonalen  Blätter,  Entoderm  und  Ektoderm,  betheiligt  ist,  darüber  finden 
sich  die  genauesten  Angaben  bei  Keibel,  auf  welche  hier  verwiesen  wird. 


Entwicklung  der  Beckeneingeweide.  651 

Der  Damm  bildet  sich  im  Anschlüsse  an  jene  frontale  Scheidewand, 
weiche  die  Trennung  des  Allantcnteron  in  eine  ventrale  (vordere)  urogenitale 
Hälfte  (Sinus  urogcnitalis)  und  in  eine  dorsale  (Enddarm)  bewirkt,  und  zwar 
zunächst  durch  eine  Komplettirung  dieser  Scheidewand  bis  zum  ektodermalen 
Antlieile  der  Kloakenplatte  hin.  Dies  geschieht  durch  eine  mesodermale  (binde- 
gewebige und  muskuläre)  Gcwebsbihlung.  Indem  damit  der  entodermale  An- 
theil  der  Kloakcnplatte  gleichsam  durchgeschnitten  und  der  vom  Entoderm 
ausgekleidete  (weitaus  grössere)  entodermale  Kloakenabschnitt  (Born)  völlig 
in  seine  zwei  späteren  Theile  zerlegt  ist,  gewinnen  wir  zuvörderst  einen  cnto- 
dermalen  Sinus  urogcnitalis,  einen  entodermalen  Enddarm  und  den 
primären  Damm.  Wie  eben  bemerkt,  lässt  Nagel  den  entodermalen  Sinus 
schon  ausmünden,  während  nach  Keibel  dies  erst  später  geschieht^ 

Der  primäre  Damm  ist  durch  den  ektodermalen,  kielförmig  in  ihn  einschnei- 
denden Antlieil  der  Kloakenplatte  noch  in  je  eine  linke  und  rechte  (mesodermale) 
Hälfte,  die  Dammlippen  m.,  gespalten,  die  nach  vorn  in  die  Geschlechtsfalten  über- 
gehen, s.  Fig.  188b,  und  hinten  in  der  Aftergegend  sich  in  unbeständige  rundliche,  auf 
mesodermalen  Wucherungen  beruhende  Höckerchen,  die  Analhöcker  ReicheTs 
(Tubercules  anales  Tourneux),  verlieren. 

Die  Stelle,  wo  später  der  After  durchbricht,  hat,  zum  Theil  in  Folge  dieser 
Höckerbildung,  die  Gestalt  eines  unregelmässig  rundlichen  Grübchens,  Aftergrube, 
angenommen. 

Denkt  man  sich  in  diesem  Stadium  die  kielförmige  Ektodermmasse,  d.  h. 
die  ektodermale  Kloakenmembran,  weg,  bis  etwa  auf  eine  einzige  Lage  von 
Zellen,  welche  dem  entodermalen  Sinus  und  dem  entodermalen  Darme 
vorgelagert  wäre,  und  die  Auskleidung  der  Penis-  (Clitoris-)  und  Dammrinne  und 
der  Aftergrube  bilden  würde,  so  würde  in  dieser  Rinne  +  der  Aftergrube  ein 
ektoder maier  Raum  gegeben  sein,  der  einen  gewissen  Anthcil  an  der 
definitiven  Bildung  der  Harn-  und  Geschlechtswege  sowie  des  Darmes  nimmt: 
dieser  (imaginäre)  Raum  ist  das,  was  man  ektodermale  Kloake  genannt 
hat  (Born).  Als  Hohlrinne  oder  Hohlraum  existirt  diese  Bildung  aber  nicht, 
so  lange  das  Kloakenstadium  besteht;  alles  ist  vielmehr  mit  Epithel  ausgefüllt. 
Zu  Räumen  kommt  es  erst  durch  den  allmählichen  Scliwund  des  (ektodermalen) 
Epithels,  der  später  in  der  That  eintritt.  Die  ektodermale  Kloake  schliesst  sich 
damit  an  viele  andere  Kavitäten,  z.  B.  den  Konjunctivalsack,  das  Vaginalrohr, 
den  Präputialsack  an. 

Bei  der  weiteren  Entwicklung  kommt  es  zunächst  zur  Herstellung  des 
definitiven  Dammes,  indem  die  beiden  mesodermalen  D  a  m  m  1  i  p  p  e  n , 
unter  Schwund  des  sie  trennenden  Epithelkiels,  der  Länge  nach  mit  einander 
verwachsen ;  die  Verwachsungslinie  erscheint  als  die  R  a  p  h  e  p  e  r  i  n  e  i 
(Rathke,  Nagel)  —  Figg.  118a  und  b. 

Beim  Weibe  setzt  sich  der  gleiche  Vorgang  auf  den  Geschleclitshöcker 
(Clitoris)  unmittelbar  fort,  infolgedessen,  unter  Schwund  des  Epithelkieles  und 
des  Epithelhörnchens,  die  Klitorisrinne  verwächst  und  das  Organ  von  jeglicher 
Kanalbildung  ausgeschlossen  wird. 

Nach  Bildung  des  definitiven  Dammes  ist  die  ektodermale  Kloake  in  den 


652  Entwicklung'  der  Beckeneing-eweide. 

(vorderen)  ektodermalen  Sinus  urogenitalis  und  in  den  ektodermalen 
Darm  (Proktodaeum,  Analdarra)  geschieden.  Wie  bemerkt,  vollzieht  sich  der 
Epithelschwund  im  ersteren  früher,  im  letzteren  später.  Durch  diesen  Schwund 
wird  dann  die  Kommunikation  auch  des  entodermalen  Sinus  urogenitalis  und 
des  entodermalen  Enddarmes  nach  aussen  hin  hergestellt. 

Der  ektodermale  Sinus  urogenitalis  wird  beim  Weibe  zu  dem- 
jenigen Theile  des  Vestibulum  vaginae,  welcher  von  den  früheren  Ge- 
schlechtsfalten, die  sich  in  die  Labia  minora  umwandeln,  umschlossen 
wird;  der  Rest  des  Vestibulum  vaginae,  also  die  unmittelbare  Umgebung 
der  Harnröhrenmündung  und  die  Scheidenmündung  samt  der  oberen 
Fläche  des  Hymen  und  der  Gegend  der  Mündung  der  Bartholin'schen 
Drüsen  gehört  dem  Sinus  urogenitalis  entodermalis  an. 

Der  entodermale  Sinus  des  Weibes  bleibt  also  stark  im  Längenwachsthume 
zurück,  dagegen  erweitert  er  sich;  die  Grenze  zwischen  ihm  und  dem  ektodermalen, 
ebenfalls  weiten  und  kurzen  Sinus  ist  nicht  scharf  zu  ziehen.    S.  das  S.  549  Gesag-te. 

Anders  steht  es  mit  der  Grenze  zwischen  entodermalem  und  ekto der- 
malem Darme,  welche  auch  später  noch  durch  dieScheideHnie  zwischen  Cviinderepithel 
und  geschichtetem  Plattenepithel  gegeben  ist  (s.  Kapitel  Rectum),  während  in  Vagina 
und  Harnröhre  das  ursprüngliche  P2pithel  Umformungen  erleidet,  so  dass  es  zur  Ab- 
grenzung nicht  mehr  benutzt  werden  kann. 

Beim  Manne-geht  —  abgesehen  vom  Damme  und  dem  Analdarme,  wo 
die  Verhältnisse  sich  in  gleicher  Weise  ordnen  wie  beim  Weibe  —  aus  dem 
vordersten  Theile  des  ektodermalen  Sinus  urogenitalis  die  Pars  glandu- 
laris der  Harnröhre  (Fossa  navicularis)  und  wahrscheinlich  (Born)  auch 
die  Pars  cavcrnosa  hervor  (Urethra  III,  Fig.  117b).  Aus  dem  entoderma- 
len Sinus  urogenitalis  würden  sich  dann  die  Pars  trigonalis  und  der 
distale  Theil  der  Pars  prostatica  bis  zur  Mündung  der  Ductus  ejacu- 
latorii  entwickeln  (Urethra  II,  Fig.  117  b).  Der  Rest  der  männlichen  Harn- 
röhre, nur  ein  ganz  kurzes  Stück,  entspricht  der  primitiven  Harnröhre 
KeibeTs  (Urethra  I,  Fig.  117b).  Weitaus  der  grösste  Theil  der  männlichen 
Harnröhre  ist  also  umgewandelter  Sinus  urogenitalis,  in  letzter  Instanz  also 
vorderer  Kloakenabschnitt. 

Beim  Weibe  gestaltet  sich  die  Entwicklung  der  Harnröhre 
in  anderer  Weise ;  wir  verbinden  mit  der  Darlegung  dieser  Verhältnisse  zugleich 
noch  einiges  über  die  Entwicklung  der  Harnblase  beim  Manne  und  Weibe, 
so  wie  über  die  des  Ureters. 

Es  kann,  auch  nach  den  Schilderungen  K ei beTs  0?  keinem  Zweifel 
unterliegen,  dass  mindestens  ein  Theil  der  Harnblase  aus  der  Allantois  her- 
vorgeht. Wenn  man  nach  der  bisherigen  Vorstellung  von  dem,  was  man  Kloake 
zu  nennen  habe,  unter  Kloake  einen  Raum  versteht,  der  sich  aus  dem  Zu- 
saramenstossen  von  Darmrohr,  Geschlechtsrohr  und  Exkretionsrohr  (Harnrohr) 
entwickelt,   dann   geht  die  menschliche  Harnblase  nicht,  wie  früher  Lieber- 


1)  K  ei  bei  selbst  lässt  das  wohl  zu,  s.  S.  71  und  118  seiner  weiter  unten  citirteu 
Abhandlung. 


Entwicklung  der  Beck eneinge Weide.  653 

kühn  (beim  Meerschweinchen),  neuerdings  K  e  i  b  e  1  und  R  e  1 1  e  r  e  r  auch  beim 
Menschen  wollen,  aus  dem  vorderen  Kloakcnabschnitte  hervor,  sondern, 
wie  bis  jetzt  von  den  Meisten  gelehrt  wurde  und  von  Nagel  letzthin  ver- 
theidigt  worden  ist,  aus  der  Allantoisanlage^).  Kloake  würde  z.B.  in  dem 
Schema  Fig.  117  doch  nur  der  Theil  des  Allantenteron  genannt  werden  können, 
der  unterhalb  der  Einmündung  des  Vornierenganges  liegt  ^). 

Eine  weitere  Erörterung  dieser  Frage,  die  ohnehin  —  vgl.  auch  Born  —  an 
Bedeutung  verliert,  wenn  auch  nur  ein  Theil  der  Harnblase  sich  aus  der  Allantois 
entwickelt,  muss  hier  unterbleiben. 

Bald  nach  der  Entstehung  des  Kupf  f  cr'sch  en  Nierenkanales, 
aus  dem  der  Ureter  hervorgeht,  sondert  sich  dieser  vom  Vornierengange 
und  verschafft  sich  selbständig  eine  Mündung  in  den  unteren  Theil  der  Harn- 
blasenanlage, wobei  noch  ein  Stück  des  Vornierenganges  in  die  letztere  auf- 
genommen wird  (K  ei  bei).  Es  rücken  dann  die  Mündungen  der  Ureteren  und 
die  der  Geschlechtsgänge  auseinander,  und  zwar  die  Ureteren  nach  oben. 
Dies  scheint  auf  einem  Wachsthume  der  Zwischenstrecke  zu  beruhen.  Letztere 
wird  kranialwärts  zum  Trigonum  vesicae,  weiter  caudalwärts  zur  primi- 
tiven Harnröhre.  Trigonum  und  primitive  Harnröhre  lassen  sich  schon  früh 
auch  äusserlich  von  einander  sondern  (vgl.  die  instruktiven  Rekonstruktions- 
Figuren  K  ei  beTs  1.  c).  —  Beim  Weibe  verlängert  sich  nun  nach  der  Ansicht 
der  Meisten  die  primitive  Harnröhre  und  geht  direkt  in  die  definitive  Harn- 
röhre über,  während  sich  die  Gcschleclitsgänge,  unter  Ausbildung  zum  Uterus 
und  Scheide,  von  ihr  trennen.  Dabei  wird  hoch  oben,  dicht  unter  der  Blase, 
die  Trennung  eine  ausgiebige,  und  es  entsteht  hierdurch  ein  kleines  Stück 
freier  weiblicher  Harnröhre,  während  auf  der  längeren  Strecke  bis  zur  Mündung 
die  Wandungen  von  Harnröhre  und  Vagina  als  festes  Septum  urethrovaginale 
miteinander  verwachsen  bleiben 2). 

Die  Drüsenschläuche  der  Prostata  (Fig.  117  b,  Prostata,  glandula)  sprossen  aus 
dem  Epithel  des  ersten  und  zweiten  Abschnittes  (Anfang  des  letzteren)  der  männlichen 
Harnröhre  hervor.  Tourneux  1.  c.  fand  sie  zuerst  bei  Fötus  von  5—6  cm  Rumpf- 
länge (Mitte  des  3.  Monates)  von  den  Seitenwänden  der  Harnröhre  im  Niveau  des 
Coliiculus  seminalis  ausgehend.  Beim  Neugeborehen  misst  die  Glandula  prostatica 
in  der  Quere  etwa  11— 12  mm. 

Auch  die  Bulbourethraldrüse  (Cowper'sche  Drüse)  des  Mannes  und  die 
Glandula   vestibuiaris    major    (ßartholin'sche    Drüse)    des  Weibes    sind   Ab- 


1)  Vgl.  hierzu  auch  die  Bemerkung  Minot's,  Human  Embryology.  New-York, 
1892.  p.  515.  —  Wenn  ich  hier  mich  auf  das  Schema  Fig.  117  beziehe,  so  will  ich 
selbstverständlich  damit  nichts  beweisen.  Ich  habe  die  Originalfiguren  Keibel's, 
Retterer's  und  Nagel's  im  Auge. 

2)  Gasser,  s.  die  unten  citirte  Dissertation  von  Wilh.  Müller,  und  Nagel 
tragen  Bedenken,  die  gesamte  weibliche  Harnröhre  als  „primitive  Harnröhre",  die 
durch  Wachsthum  verlängert  sei,  anzusehen,  und  sie  in  toto  dem  proximalen  Theile 
der  Pars  prostatica  der  männlichen  Hai'n röhre  zu  homologisiren.  Dies  gehe  nur  für 
Embryonen  an,  so  lange  der  Müller'sche  Gang  in  der  That  an  derselben  Stelle  münde, 
wie  der  Wolf f 'sehe  Gang.  Schwinde  der  letztere  und  habe  sich  die  Scheide  ent- 
wickelt, so  erhalte  damit  die  weibliche  Harnröhre  ein  Zuwachsstück,  welches  beim 
Manne  kein  Homologon  habe. 


654  Entwicklung"  der  Beckeneing-eweide. 

kömmlinge  des  entodermalen  Theiles  des  Sinus  urogenitalis.  Da  dieser  beim 
Manne  mit  in  die  Harnröhre  aufgeht,  und  letztere  durch  das  Wachsthum  des  Penis 
in  einen  langen  Kanal  ausgezogen  wird,  während  der  Sinus  urogenitalis  des  Weibes 
als  kurzer  und  flacher  Spalt  erhalten  bleibt,  so  erklaren  sich  die  definitiven  Lage- 
und  Mündungsverhältnisse  der  in  Rede  stehenden  Drüsen.  An  den  Figuren  117, 
ll7b  u.  117  c  wird  man  sich  leicht  orientiren. 

Das  erste  Auftreten  der  Drüsen  wurde  von  Tourneux  und  V.  Müller ^)  bei 
männlichen  und  weiblichen  Embryonen  von  4—8  cm  Scheitelsteisslänge  (Ende  des  3. 
Monates)  gefunden.  Nach  Müller  geht  die  Ausbildung  in  zwei  Abschnitten  vorsieh; 
im  ersten  fehlt  noch  die  Schleimbildung  in  den  Drüsenkammern;  diese  tritt  erst  bei 
Embryonen  von  12  cm  Rumpfläng:e  ein  (Ende  des  4.  Monates). 

Die  Keimdrüse  des  Weibes  erfährt  ihre  charakteristische  Ausgestaltung 
durch  die  Bildung  von  Eierstocksfollikeln  und  Eiern.  Beide  entstehen  vom 
Keimepithel  aus,  indem  letzteres  in  Ballen  und  Strängen  (Pf  lüge  raschen 
Schläuchen)  in  das  Eierstocksstroma  hineinwächst  und  um  einzelne  Urgeschlechts- 
zellen  sich  zu  rundlichen  geschlossenen  epithelialen  Bildungen,  Follikeln, 
abschnürt.  Die  Urgeschlechtszellen  wachsen  dann  zu  Eiern  aus  (Fig.  117  c). 
Direkt  ausführende  Wege  bilden  sich  nicht;  die  aus  den  Follikeln  sich  ent- 
leerenden Eier  müssen  den  flimmernden  Trichter  des  Müller'schen  Ganges  ge- 
winnen (s.  darüber  die  Kapitel  „Eierstock"  und  „Tube"). 

Der  Müller'sche  Gang  bildet  sich  in  seinem  obersten  Abschnitte  zur 
Tube,  in  seinem  mittleren  zum  Uterus  und  in  seinem  unteren  zur  Scheide 
aus.  Uterus  und  Scheide  entstehen  durch  Verschmelzung  beider  Gänge,  wobei 
bemerkenswerth  ist,  dass  die  Verschmelzung  in  einer  mittleren  Partie  beginnt 
—  etwas  näher  der  Einmündung  in  den  Sinus  urogenitalis  zu  —  und  sich  dann 
nach  beiden  Seiten  hin  fortsetzt,  kopfwärts  bis  zu  der  Stelle,  wo  das  Liga- 
mentum genitoinguinale  mit  dem  MüUer'schen  Gange  verschmolzen  ist;  diese 
Stelle  bildet  die  Grenzmarke  zwischen  Uterus  und  Tube  (Kussmaul  1.  c.  inf.). 
Die  Verschmelzung  ist  anfangs  noch  durch  eine  Art  Scptum  markirt  (Fig.  117  c). 

Genauere  Angaben  liefern  Nagel  und  W  e  n  d  e  1  e  r.  Es  sei  daraus  hervorge- 
hoben, dass  Scheide  und  Gebärmutter  aus  demjenigen  Theile  der  Müller'schen 
Gänge  entstehen,  welche  im  Geschlechtsstrange,  s.  w.  u.,  zusammengelagert  sind. 
Dazu  kommt  kopfwärts  noch  ein  kleiner  Gangabschnitt,  der  noch  ausserhalb  des 
Stranges  in  der  Plica  urogenitalis  liegt,  somit  von  dem  entsprechenden  Theile  der 
anderen  Seite  weiter  entfernt  ist.  Daher  zeigt  der  embryonale  menschliche  Uterus 
noch  längere  Zeit  eine  Andeutung  zweier  Hörner. 

Der  Hymen  entsteht  an  der  Einmündungssteile  der  (verschmolzenen) 
Gänge  in  den  Sinus  urogenitalis  aus  jener  schon  frühzeitig  bemerkbaren  Vor- 
buchtung,  welche  der  Müller'sche  Hügel  genannt  wird. 

Die  Trennung  zwischen  Scheide  und  Uterus,  mit  Ausbildung 
der  Portio  vaginalis,  erfolgt  nach  Nagel  bei  Embryonen  von  14— 15  cm 
Ilumpf länge  bis  zu  solchen  von  17  cm,  bei  welchen  sie  im  allgemeinen  vollendet 
ist.     Die    erste    Verwachsung    der    Müller'schen    Gänge    zeigt    sich    in    der 


1)  Müller,  Vitalin,  Ueber  die  Entwicklungsgeschichte  und  feinere  Anatomie 
der  Barth olin'schen  und  Oowper'schen  Drüsen  des  Menschen.  Archiv  f.  mikrosk. 
Anat.  Bd.  39.  S.  33.  1892.  (Mit  Litteratur.) 


Entwicklung  der  ßeckeneingeweide.  655 

achten  Woche;  mit  der  zwölften  Woche  ist  sie  beendet.  Schon  dann  hat 
(Nagel)  der  so  entstandene  einfache  „Genital-  oder  Uterovaginalkanal" 
die  nach  vorn  konkave  Krümmung,  welche  später  sich  zur  normalen  Anteversio- 
flexio  uteri  und  der  Vaginalkrümmung  ausbildet. 

Beide  Theile  des  Wolff 'sehen  Körpers  und  der  gesamte  Vornieren- 
gang bilden  sich  beim  Weibe  zurück.  Aus  dem  Sexualthcile  der 
ürniere  entsteht  das  Epoophoron  m.  =  Nebeneierstock;  aus  dem  Nieren- 
theile  das  Paroophoron  m.  (Fig.  117  c);  letzteres  pflegt  aber  bereits  wäh- 
rend des  ersten  Lebensjahres  spurlos  zu  verschwinden.  In  Eudimenten  er- 
halten sich  vom  WolfPschen  Gange  das  obere  Ende  als  der  blindgeschlossene 
Sammelkanal  des  Epoophoron  =  Ductus  epoophori  longitudinalis  (Fig. 
117  c)  und  noch  längere  Zeit,  eingeschlossen  in  die  Muskelwand  des  Uterus, 
wo  es  auf  Querschnitten  zu  beiden  Seiten  des  Cavum  uteri  als  kleines  Epithel- 
rohr erscheint  (Bei gel,  v.  Kölliker^),  ein  Stück  des  unteren  Abschnittes. 
Dies  Stück  pflegt  auch  bei  Erwachsenen  in  manchen  Fällen  erhalten  zu  sein 
(Rieder).  Auch  im  oberen  Abschnitte  der  Scheide  (in  deren  Muskelschicht) 
finden  sich  Reste  der  Kanäle  bei  älteren  Embryonen  und  Erwachsenen  (G  ei  gel, 
Dohrn,  Rieder).  Vgl.  hierzu  das  S.  529  Gesagte).  Kocks  u.  A.  haben  die 
Ansicht  vertreten,  dass  in  den  Ductus  paraurethrales  die  persistirenden 
distalen  Enden  der  WolfT'schen  Gänge  gegeben  wären;  dies  ist  jedoch  auf 
Grund  der  Entwicklungsweise  der  genannten  Gänge  (Tourneux  I.e.,  Schüllcr 
1.  c,  van  Ackeren  1.  c,  v.  Kölliker),  ihrer  Lage  neben  der  Harn- 
röhre und  des  wohl  konstatirten  Schwindens  der  unteren  Enden  der  Wölfi- 
schen Gänge  in  allen  genau  untersuchten  Fällen  —  während  man  die  para- 
urethralen Gänge  fast  immer  findet  — ,  abzulehnen  (vgl.  dazu  u.  A.  Nagel 
1.  c.  u.  S.  561). 

Was  die  Stelle  anlangt,  an  der  der  Rest  des  Wolff' sehen  Ganges  in  die 
üterinwand  eintritt,  so  wird  diese  verschieden  angegeben.  Bei  gel  lässt  ihn 
zusammen  mit  der  Tube,  also  bereits  am  Fundus  uteri  zutreten,  Dohrn, 
Ried  er,  Breus  und  Kossmann  erst  in  der  Höhe  des  inneren  Mutter- 
mundes. Für  Beige  1  sprechen  die  von  v.  Recklinghausen  1.  c.  (S.  529) 
mitgetheilten  Fälle. 

Die  männliche  Keimdrüse,  der  Hoden  (Fig.  117b),  behält  ihr 
Keimepithel  auf  ihrer  Oberfläche  zeitlebens,  wie  die  weibliche  in  der  Cylinder- 
zellenform.  Ebenso  wie  beim  Weibe  wachsen  Epithelstränge  mit  ein- 
geschlossenen ürgeschlechtszellen  in  das  Stroma  der  Keimdrüse  hinein.  Sic 
entwickeln  sich  zunächst  zu  strangartigen  soliden  Gebilden  (Sexualsträngcn, 
V.  Mihalkovics),  aus  denen  später  die  gewundenen  Kanälchen  (Tubuli 
semin iferi  eontorti)  hervorgehen.  Die  Ürgeschlechtszellen  werden  zu  den 
Ursamenzellen  (Spermatogonie  n  v.  la  Valette  St.  George), 
die  dann  in  weiterer  Folge  die  Samenfäden  aus  sich  hervorgehen  lassen 
(Fig.  117  b). 

1)  V.  Kölliker,  A.,  Grundriss  der  Entwicklungsgeschichte  des  Menschen  und 
der  höheren  Thiere.   2.  Aufl.  Leipzig,  1884.  S.  429. 


656  Entwicklung;  der  ßeckeneing^eweide. 

Der  Wolf  f  sehe  Körper  erleidet,  wie  beim  Weibe,  eine  Rückbildung, 
jedoch  nur  in  seinem  ürnierentheile,  aus  welchem  die  Paradidymis  m. 
(Girat des'  Organ)  hervorgeht.  Die  Paradidymis  bleibt,  abweichend  vom 
Paroophoron,  dauernd  erhalten.  Der  Sexualtheil  des  Wolff'schenKör- 
pers  wandelt  sich  durch  weitere  Ausbildung  seiner  Kanälchen,  welche  in 
die  Keimdrüse  hineinwachsen,  und  mit  den  Tubuli  seminiferi  contorti 
in  Verbindung  treten,  zum  Nebenhoden,  insbesondere  zu  den  Coni  vasculosi, 
den  Ductuli  efferentes  testis  und  zum  Rete  testis  um  (Fig.  117  b).  In  den 
Ductuli  recti  (y,  Mihalkovics)  kommt  die  Verbindung  zwischen  den  vom 
Keimepithel  abstammenden  Tubuli  contorti  mit  den  vom  WolfF'schen  Körper 
ausgehenden  Gängen  zu  Stande.     Vgl.  darüber  0.  Hertwig  (1.  c.) 

Die  Bildung  der  Tulmli  seminiferi  contorti  hat  neuerdings  Nagel  auch  bei 
menschlichen  Embryonen  auf  das  Keimepithel  zurückgeführt;  nach  ihm  lassen  sich 
bei  diesen  Eierstock  und  Hodenanlagen  schon  sehr  frühzeitig  unterscheiden.  Eine 
Hodenanlage  erkennt  man  daran,  dass  wenig  Keimepithelzellen  sich  zu  Urge- 
schlechtszellen  umbilden,  dass  die  Keimepithelabkömmlinge  von  Anfang  an  in  Strang- 
form erscheinen,  nicht  so  gleichmässig  vertheilt  oder  in  rundlichen  Ballen,  wie  in 
einer  Ovarialanlage;  endlich,  dass  früh  eine  Albuginea  sich  ausbildet,  wodurch  das 
aussen  verbleibende  Keimepithel  von  den  Sexualsträngen  (d.  i.  dem  hineingewach- 
senen Theile)  getrennt  wird  —  Embryonen  von  18—20  mm  R.  L. 

Der  Vor  nierengang  bleibt  beim  Manne  als  Ductus  deferens 
bestehen  und  behält  •  zeitlebens  seine  Mündung  an  derjenigen  Stelle^  wo  er 
zuerst  in  die  Kloake  sich  öffnete,  d.  h.  am  Colliculus  seminalis. 

Die  Samenblasen  entwickeln  sich  aus  dem  Ductus  deferens  als 
Sprossen  in  ähnlicher  Weise,  wie  der  Nierenkanal;  sie  entstehen  gegen  Ende 
des  4.  Monates  zuerst  als  horizontal  gerichtete  Auswüchse  der  lateralen  Wand; 
später  nehmen  sie  die  Richtung  nach  oben  an  (v.  Mihalkovics). 

Beim  männlichen  Geschlechte  ist  die  Reihe,  einer  Rück- 
bildung anheimzufallen,  am  Müller 'sehen  Gange.  Er  schwindet 
hier  schon  während  des  embryonalen  Lebens  fast  in  seiner  vollen  Ausdehnung; 
doch  bleiben,  ganz  wie  beim  Wolff'schen  Gange,  das  obere  Ende  und  ein 
unteres  Stück  in  Rudimenten  erhalten.  Der  obere  oder  Trichtertheil 
erhält  sich  am  Hoden  als  Appendix  testis  (Fig.  117b),  das  untere  Stück 
beider  Müller'schen  Gänge,  vereint,  alsUtriculus  prostaticus.  üebrigens 
ist  es  noch  nicht  mit  Bestimmtheit  zu  sagen,  welchem  Theile  der  weiblichen 
Geschlechtsorgane  der  Utriculus  prostaticus  entspricht,  ob  dem  gesamten  Canalis 
genitalis,  also  dem  Uterus  mit  Vagina,  oder  nur  der  Vagina,  oder  gar  nur 
einem  Theile  derselben. 

Beim  Manne,  wie  beim  Weibe,  liegen  die  vier  Geschlechtsgänge 
und  ihre  ersten  Derivate,  wie  z.  B.  der  Nierenkanal  und  die  Samen- 
blasen, von  Bindegewebe  eingeschlossen,  in  einem  Strange,  dem  Genital- 
strange  (T  hier  seh);  es  ist  wichtig  (für  manche  Missbildungen)  von  diesem 
Verhalten  Notiz  zu  nehmen.  Die  übrigen  fötalen  Reste  und  Anhänge  der  Ge- 
schlechtsorgane beim  Weibe  und  Manne  sind  bereits  S.  380  und  528  auch  nach 
ihrer  Herkunft  und  Deutung  beschrieben  worden.  Man  wolle  dazu  die  Fig.  117 
und  117  b  und  c  vergleichen. 


Descensus  testiculonim  et  ovariorum.  657 

Desoensxui  testioulomm.    Desoensns  ovariormiL 

Die  Keimdrüsen  mit  dem  entsprechenden  Theile  ihrer  Ausftihrungsgänge 
und  Gefässe  erleiden  eine  in  praktisch-medizinischer  Beziehung  äusserst  wichtige 
Orts  Veränderung,  die  sie  von  der  Stelle  ihrer  Anlage,  zu  beiden 
Seiten  der  oberen  Lendenwirbel,  zu  einem  erheblich  tiefer  gelegenen 
Platze,  den  Eierstock  bis  in  das  kleine  Becken,  den  Hoden  bis  in  das 
S c r 0 1 u m ,  hinabführt;  man  bezeichnet  deshalb  den  Vorgang  als  Descensus 
(testiculorum,  ovariorum). 

Der  Descensus  gliedert  sich  —  für  den  Hoden  wenigstens  —  in  mehrere  Ab- 
schnitte. Während  der  ersten  Etappe,  die  vom  Beginne  der  Rückbildung  des 
Wolff sehen  Körpers  (2ter  Monat)  anhebt  und  bis  etwa  zum  Ende  des  3.  Monates 
dauert,  steigt  der  Hoden  bis  in  die  Nähe  des  Annulus  inguinalis  subperitonaealis 
hinab.  Man  darf  annehmen,  dass  dieser  Theil  der  Ortsveränderung  mit  der  Rück- 
bildung des  Wolff'schen  Körpers,  mit  der  Festlagerung  der  Geschlechtsgänge  in  dem 
Genitalstrange  und  mit  Wachsthumsdifferenzen  der  in  Frage  kommenden  Theile  zusam- 
menhängt, wiewohl  der  Nachweis  der  Wirksamkeit  der  einzelnen  Faktoren  noch  nicht 
gegeben  worden  ist.  Dass  der  Hode  dabei  die  Richtung  auf  den  subperitonäalen  Leisten- 
ring gewinnt,  dürfte  wohl  mit  der  Existenz  des  Ligamentum  genitoinguinale  zu- 
sammenhängen, welcher  Strang  ja,  neben  Bindegewebe  und  Gefässen,  glatte  Muskel- 
fasern führt  und  mit  dem  unteren  Ende  des  Nebenhoden,  später  auch  des  Hoden, 
verbunden  ist  (s.  Fig.  117  a). 

Es  beginnt  nunmehr  die  2.  Periode  des  Descensus,  welche  neuerdings  durch 
die  Untersuchungen  von  H.  K 1  a  a  t  s  c  h  zum  besseren  Verständnisse  gebracht  ist. 

In  der  Leistenringgegend  bildet  sich  um  diese  Zeit  eine  flache  Ausstülpung 
der  gesamten  muskulös-fascialen  Bauchwand,  die  Bursa  inguinalis 
Klaatsch.  Das  Ligamentum  genitoinguinale  und,  an  ihm  entlang,  ein  Fort- 
satz des  Bauchfelles  folgt  dieser  Ausstülpung  und  senkt  sich  in  die  flache  Bursa  hin- 
ein (Fig.  119). 

Bramann  und  Klaatsch  fassen  die  äusserste  Schicht  dieser  Vorstülpung  als 
die  hier  sehr  dünn  gebliebene  Aponeurose  des  Musculus  obliquus  externus  auf. 
Ich  glaube,  dass  eine  Aponeurose  des  Muskels  sich  hier  erst  gar  nicht  bildet  und 
dass  das,  was  dafür  angesehen  worden  ist,  als  die  Spezialfascie  des  in  Rede  stehen- 
den Muskels  aufgefasst  werden  muss,  gleichbedeutend  mit  der  späteren  Fascia  cre- 
masterica  (Cooperi). 

Mit  der  Skrotalanlage  hat  zunächst  diese  Bursa  inguinalis  nichts  zu  thun; 
die  Skrotalanlage  ist  vielmehr  in  den  Geschlechtswülsten  gegeben  und  ist  ein  reines 
Hautgebilde.  Sie  besteht  nur  aus  der  Haut,  der  Tela  subcutanea  und  der  Anlage  der 
Tunica  dartos  (Hautmuskulatur)  und  entwickelt  sich  vollkommen  unabhängig  von  der 
Bursa  inguinalis.  Letztere  besteht  von  aussen  nach  innen  gezählt:  1)  Aus  der 
Fascia  cremasterica  (Obliquus  externus  abd.),  2)  aus  Muskelfasern  des  M.  obliquus  in- 
ternus abdominis  und  des  Transversus,  3)  aus  Bindegewebe,  dem  intermuskuläreu 
Bindegewebe  entsprechend. 

Vom  Grunde  der  Bursa  aus  bilden  nun  später  das  Bindegewebe  und  Muskel- 
fasern, welche  sich  zum  Hoden  hin  umschlagen,  eine  kegelförmige  Erhebung,  Conus 
inguinalis  Klaatsch,  welche  im  weiteren  Wachsthume  durch  die  Stelle  des  In- 
guinalkanales  sogar  in  die  Bauchhöhle  vordringt,  also  sich  wieder  zurückstülpt  und 
den  Hoden  etwas  zurückschiebt.  Der  Conus  inguinalis  muss  sonach  als  eine  Ein- 
stülpung der  Bursawand  gegen  die  Bauchhöhle  hin  aufgefasst  werden.  Demge- 
mäss  sitzt  der  Hoden  gegen  Ende  des  6.  Monates  der  Spitze  des  Conus  inguinalis 
auf,  und  ist  durch  das  Ligamentum  genitoinguinale  mit  der  Axensubstanz  des  Conus 
verbunden.  Sieht  man  den  Conus  als  die  zur  Bauchhöhle  hin  zurückgestülpte  Bursa 
Waldeyer,  Das  Becken.  42 


658  ^Descensüs  testiculorum  et  ovarioruni. 

an,  so  wird  dessen  Axe'  bindegewebig*  sein  (von  der  Tela  subperitonaealis  her),  die 
Muskelfasern  des  Obiiquus  internus  und  Transversus  müssen  an  der  Peripherie  des 
Conus  liegen  (s.  Fig.  119a).  Der  schon  gebildete  Seheidenfortsatz  des  Bauclit'elles  ist 
gleichzeitig  mit  dem  Hoden  zurückgestülpt  worden. 

Mit  dem  7.  Monate  kommt  es  nun  zum  3.  Abschnitte  des  Descensus,  in- 
dem die  den  Conus  äusserlich  bildenden  Muskelfasern  sich  zusammenziehen  und 
dabei  den  Conus  wieder  nach  aussen  umstülpen,  sodass  die  Bursa  inguinalis 
wieder  völlig  hergestellt  wird.  Nach  dem  Gesagten  muss  aber  damit  —  namentlich, 
wenn  inzwischen  das  Ligamentum  genitoinguinale  sich  verkürzt  hatte  und  in  der 
Axensubstanz  des  Conus  aufgegangen  war  —  auch  der  Hode  samt  dem  Neben- 
hoden, einem  Theile  des  Ductus  deferens  und  der  Gelasse,  dem  Zuge  der  Muskel- 
fasern folgen;  desgleichen  muss  es  wieder  zur  Bildung  eines  Processus  vaginalis  peri- 
tonaei  kommen.  Die  Reste  des  Conus  und  das  Ligamentum  genitoinguinale  werden  am 
unteren  Ende  des  Hoden  zwischen  diesem  und  dem  Grunde  der  Bursa  inguinalis  sicli 
befinden,  wo  man  sie  ja  auch  später  noch  trifft.  Sie  bilden  das  Ligamentum  scro- 
tale  (S.  371,  Fig.  73).  Die  wieder  vorgestülpten  Muskellasern  müssen  die  definitive 
Lage  des  späteren  Cremaster,  den  sie  in  der  That  darstellen,  einnehmen  (Fig.  119  b). 
Bei  dieser  definitiven  Vorstülpung  des  Conus  inguinalis,  der,  in  Verbindung  mit  dem 
Ligamentum  genitoinguinale,  dem  Gubernaculum  testis  der  Autoren  entspricht, 
gelangt  dann  der  Hode  mit  der  Bursa  inguinalis  in  den  Fundus  der  Skrotalanlage. 
Nunmehr  sind,  wenn  man  die  Zusammensetzung  dieser  letzteren  und  die  der  Bursa 
inguinalis  berücksichtigt,  alle  Schichten  des  definitiven  Skrotum  (Skrotum-  und  Hoden- 
hüllen) gebildet. 

Zugleich  ergibt  sich  aber  auch,  dass  durch  diesen  Process  der  Leiste nkanal 
mit  seinen  beiden  Oeffnungen,  und  der  Samenstrang  hergestellt  worden  ist, 

Anfangs  hat  der  Processus  vaginalis  peritonaei  noch  eine  offene  Verbin- 
dung mit  der  Bauchhöhle;  wird  diese  Passage  noch  von  anderen  Eingeweiden  (ausser  dem 
Hoden)  oder  vermehrter  Bauchfiüssigkeit  benutzt,  so  kommt  es  zur  Bildung  kongeni- 
taler Hernien,  oder  einer  Hydrocele  congenita.  Der  Regel  nach  schliesst  sich  alsbald 
durch  Verwachsung,  unter  lörmlicher  Granulationsbildung,  der  Verbindungsweg; 
zuweilen  bleiben  Reste  von  dieser  Verwachsung  in  Form  eines  bindegewebigen  weiss 
liehen  Fadens  im  Samenstrange  —  Rudimentum  processus  vaginalis  —  be- 
stehen. Mitunter  wird  der  Abschluss  nicht  vollständig;  dann  bilden  sich  die  serösen 
Cysten  des  Samenstranges.  Dieses  Alles  ist  bereits  S.  385  besprochen  worden.  — 
Der  Descensus  testiculorum  soll  der  Regel  nach  mit  dem  Ende  der  Fötalzeit  vollendet 
sein,  so  dass  man  den  Befund  der  Hoden  im  Skrotum  als  ein  Zeichen  der  Reife  neu- 
geborener Knaben  ansieht. 

Die  Eierstöcke  machen  bei  ihrem  Descensus  nur  die  erste  Etappe  durch,  wo- 
bei sie  jedoch  nicht  an  die  innere  Oeffnung  des  Leistenringes  gehangen,  sondern  (bei 
Neugeborenen)  am  Eingange  des  kleinen  Beckens  verbleiben,  später  jedoch,  wahrschein- 
lich infolge  ihrer  Eigenschwere  und  der  bedeutenden  Entwicklung  des  Beckenraumes, 
etwas  tiefer  in  das  kleine  Becken  gerathen.  Vgl.  über  den  Descensus  ovariorum  ins- 
besondere Wendeler  Lc.  [S.504].  Dass  die  Ovarien  keinen  vollen  Descensus  ausführen, 
das  wird  sicherlich  durch  die  voluminöse  Entwicklung  des  Uterus,  an  welchen  ja  die 
Eierstöcke,  sowohl  durch  die  Tube  als  auch  durch  das  Ligamentum  ovarii  proprium  be- 
festigt sind,  behindert;  denn  die  übrigen  Bedingungen  zu  einem  vollständigen  Descensus 
sind  vorhanden:  eine  Bursa  inguinalis  und  ein  Conus  inguinalis  (bei  Thieren  von 
Klaatsch  nachgewiesen)  bilden  sich  auch  beim  Weibe;  dafür  spricht  auch  ein  dem 
Kremaster  homologer  Muskel  im  Ligamentum  genitoinguinale,  dem  späteren  Liga- 
mentum teres  uteri.  Auch  kommt  es  zur  Ausbildung  eines  primären  Scheiden- 
fortsatzes (längs  des  Ligamentum  teres,  Di verticulum  Nuckii).  Am  besten  wird 
der  Beweis  für  das  Vorhandensein  aller  übrigen  Bedingungen  zum  vollen  Descensus 
ovariorum  geliefert  durch  das  in  seltenen  Fällen  thatsächlichc  Vorkommen  eines  solchen. 


I)<'>ci»i|ci|;^  li'S'inih.Miii'i   vi   (nniinrmn. 


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Mh  di-tti  i'"i.-i'-h'. <*!.<■  fin'i  'j4'iii  IffMicn  '^■(■h\n'j:eu  niicii  dir  Iir>fi'  cli'>  Wohl'- 
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iLirni   d'idn,iii!V«'n  l'lil'/..      W  d'hn,^-  !-;,  iL'i>s   d;w   Mi'MiiM'i.hridfiiiii,  ^^u   wir-   tlu^  di/ii    flodi'ti 


!  .i,sw 


660  DescensTis  testiculorum  et  ovariorum. 

mit   Nebenhoden    und   Ligamentum   genitoinguinale   einscbliessende  Bauchfellfalte  = 
Mesorchium  und  Mesorchiagogos^),  sieh  fast  vollständig  zurückbilden,  während 


1)  Seiler,  B.  W.,  Observationes  nonnuUae  de  testiculorum  descensu  et  partium 
genitalium  anomaliis.  Lipsiae  1817,  belegte  die  in  späterer  Entwicklungszeit  am  oberen 
Ende  des  Gubernaculum  vorfindliche  kleine  Bauchfellfalte  mit  diesem  Namen;  sie  geht 
in  das  Mesorchium  über. 

Die  für  dieses  Kapitel  „Entwicklungsgeschichte"  citirte  und  benutzte  Litteratur  ist 
folgende:  1)  Spee,  F.,  Graf  v.,  Beobachtungen  an  einer  menschlichen  Keimscheibe  etc. 
Arch,  f.  Anat  u.  Phys.  Anat.  Abth.,  1889.  —  2)  van  Ben e den,  E.,  Untersuchungen 
über  die  Blätterbildung,  den  Chordakanal  und  die  Gastrulation  bei  den  Säugethieren, 
Anatomischer  Anzeiger,  Bd.  III.  1888.  S.  709.  —  3)  Rückert,J.,  lieber  die  Entstehung 
der  Excretionsorgane  bei  Selachiern.  Arch.  f.  Anat.  u.  Physiolog..Anat.  Abth.,  1888. 
S.  205.  —  Derselbe,  Bericht  über  die  Entwicklung  der  Sekretionsorgane.  Ergeb- 
nisse der  Anat.  u.  Entw.-Gesch.  Bd.  I.  Wiesbaden,  1892.  —  4)  Balfour,  F.  M.,  A 
monograph  on  the  development  of  the  elasmobranch-fishes.  London,  1878.  —  5)  Hoff- 
mann, C.  K.,  Zur  Entwicklungsgeschichte  der  Urogenitalorgane  bei  den  Anamnia. 
Zeitschrift  für  wissenschaftl.  Zoologie,  1886.  —  6)  Semper,  C,  Das  Ürogenitalsystem 
der  Plagiostomen  etc.  Arbeiten  des  zoologisch-zootomischen  Institutes  in  Würzburg, 
1875.  —  7)  Mihalkovics,  G.  v.,  Untersuchungen  über  die  Entwicklung  des  Harn-  u. 
Geschlechtsapparates  der  Amnioten.  Internat.  Monatsschr.  f.  Anat.  u.  Physiol.,  1885.  — 
8)  Janosik,  Histologisch-embryologische  Untersuchungen  über  das  Urogenitalsystem. 
Wiener  akad.  Sitzungsberichte,  Bd.  XCI.  1887.  —  9)  Semon,  R.,  Studien  über  den 
Bauplan  des  Urogenitalsystems  der  Wirbelthiere.  Jenaische  Zeitschr,  f.  Naturwissensch. 
XIX.  Bd.  1891  —  10)  Flemming,  W.,  Die  ektoblastische  Anlage  des  Urogenital- 
systems beim  Kaninchen.  Arch.  f.  Anat.  u.  Physiol.  Anat.  Abth.,  1886.  ~  11)  Wen- 
deler, P.,  1.  c.  [S.  788].  —  12)  Kupffer,  C.  v.,  Untersuchungen  über  die  Entwick- 
lung des  Harn-  und  Geschlechtssystems.    Arch.  f.  mikroskop.  Anatomie,  1865  u.  1866. 

—  13)  Bornhaupt,  Th.,  Untersuchungen  über  die  Entwicklung  des  Urogenitalsystemes 
beim  Hühnchen.  Dorpat,  1867.  Diss.  —  14)  Waldeyer,  W.,  Eierstock  und  Ei.  Leipzig, 
1870.  —  15)  Klaatsch,  H.,  Ueber  den  Descensus  testiculorum.  Morpholog.  Jahrbuch, 
Bd.  XVI.  1890.  — -  16)  ßetterer,  E.,  Sur  l'origine  et  Fevolution  de  la  region  ano- 
genitale  des  mammif^res.  Journ.  de  l'anat.  et  de  la  physiolog.,  1890.  —  17)  Keibel,  F., 
Zur  Entwicklungsgeschichte  des  menschlichen  Urogenitalapparates.  Arch.  f.  Anat.  u. 
Physiolog.  Anat.  Abth.,  1896.  —  18)  Reichel,  P.,  Die  Entwicklung  des  Dammes  etc. 
Zeitschrift  f.  Geburtshülfe  u.  Gynaek.,  Bd.  XIV.  —  19)  Tourneux,  F.,  et  Legay, 
Gh.,  M^moires  sur  le  developpement  de  l'ut^rus  et  du  vagin  etc.  Journ.  de  l'anat.  et 
de  la  physiolog.,  1884.  —  20)  Tourneux,  F.,  Sur  le  developpement  et  l'evolution  du 
tubercule  genitale  chez  le  Foetus  humain  dans  les  deux  sexes  avec  quelques  remar- 
ques concernant  le  developpement  de  glandes  prostatiques.  Journ.  de  l'anat.  et  de 
Physiologie,  XXV.  Paris  1889.  ~  21)  Born,  G.,  In  „Ergebnisse  d.  Anat.  u.  Entwitik- 
lungsgesch.",  herausgeg.  von  Fr.  Merkel  u.  R.  Bonnet,  Bd.  IIL  1893.  —  22)  Müller, 
J.,  Bildungsgeschichte  der  Genitalien.  Düsseldorf,  1830.  4.-23)  Rathke,  H.,  Abhand- 
lungen zur  Bildungs-  und  Entwicklungsgeschichte  des  Menschen  und  der  Thiere.  I. 
Leipzig,  1832.  —  24)  Müller,  Wilh.,  Ein  Fall  von  Missbildung  am  Beck  entheile  des  weib- 
lichen Urogenitalapparates.  Diss.  inaug.  Marburg,  1895.  —  25)  Beigel,  H.,  Zur  Ent- 
wicklungsgeschichte des  Wolff'schen  Körpers  beim  Menschen.  Centralbl.  f.  d.  mediz. 
Wissenschaften,  1878.  —  26)  Ried  er,  C,  Ueber  die  Gärtnerischen  Kanäle  beim 
menschlichen  Weibe.  Virchow^s  Arch.  f.  pathologische  Anat.,  Bd.  96.  —  27)  V.  la 
Valette  St.  George,  Ueber  die  Genese  der  Samenkörper.  Arch.  f.  mikroskopische 
Anat.,   Bd.  XV.    1878,  und  zahlreiche  weitere  Abhandlungen  in  derselben  Zeitschrift. 

—  28)    Bramann,    F.,    Beitrag    zur    Lehre    von   dem  Descensus   testiculorum  und 


Missbildungen.  661 

umgekehrt  die  homologen  Bildungen  beim  Weibe  sich  mächtig  entfalten  und  in  der 
Bildung  des  Ligamentum  uteri  latum  aufgehen;  die  Plica  phrenicomesonephrica 
liefert  dabei,  m.  E.,  das  Ligamentum  Suspensorium  ovarii,  an  dessen  Bildung  sich  die 
Plica  ovarii  superior  betheiligt.  —  Die  vorstehende  Darstellung  stützt  sich  wesent- 
lich auf  die  Angaben  von  Bramann  und  Klaatsch,  unter  Zuhülfenahme  eigener 
Un  tersuchungen. 


Anhang  II.    Missbildungen. 

Bei  keinem  Organsysteme  des  menschlichen  Körpers  sind  Missbildungen 
häufiger  als  bei  dem  der  Harn-  und  Geschlechtsorgane.  Es  wirken  hierzu  ver- 
schiedene Ursachen  mit.  Einmal  die  Lage  der  Organe  an  einem  der  Endpunkte 
der  Körperaxe,  wodurch  das  Vorkommen  von  Doppelmissbildungen  begünstigt 
wird.  Auch  wird  hierdurch  offenbar  eine  Entstehung  von  Missbildungen  durch 
Verwachsung  mit  den  Eihäuten  erleichtert.  Dann  kommt  die  grosse  Mannig- 
faltigkeit der  Organe  in  Betracht,  ferner  die  Lageveränderungen  (Descensus 
ovariorum,  Descensus  testium).  Als  wesentlichster  Punkt  muss  aber  die  Zwei- 
geschlechtigkeit mit  Trennung  der  Geschlechter  nach  Individuen  bei  gleich- 
zeitiger gemeinsamer  Anlage  der  Organe  bezeichnet  werden. 

Es  ist  unmöglich  hier  alle  Missbildungen  der  Beckenorgane  aufzuführen; 
es  kann  sich  nur  darum  handeln  die  Hauptformen  zu  erwähnen,  und  zu  deren 
Erklärung  auf  das  voraufgehende  Kapitel  über  Entwicklungsgeschichte  zu  ver- 
weisen. 

Der  Besprechung  der  einzelnen  Organe  sei  eine  üebersicht  der  wichtig- 
sten allgemeinen  Formen  der  Missbildungen,  welche  wir  im  Becken  vertreten 
finden,  voraufgeschickt. 

Unter  Bildungshemmung  begreifen  wir  das  Stehenbleiben  eines  Ent- 
wicklungsvorganges auf  irgend  einer  früheren  Stufe,  so  dass  der  Vorgang  nicht 
bis  zu  seinem  normalen  Ende  durchlaufen  wird.  Eine  auf  diese  Weise  ent- 
standene Missbildung  ist  eine  „Hemmungsbildung'^     Dieser  Vorgang  ist  grade 


dem  Gubernaculum  Hunterl  des  Menschen.  Arch.  f.  Anat.  u.  Physiolog.  Anat, 
Abth.,  1884.  —  29)  Weber,  S.,  Zur  Entwicklungsgeschichte  des  uropoetischen  Apparats 
bei  Säugern  mit  besonderer  Berücksichtigung  der  Urniere  zur  Zeit  des  Auftretens 
der  bleibenden  Niere.  Morphol.  Arbeiten,  herausgeg.  von  G.  Schwalbe,  Bd.  VH, 
Heft  3.  1898.  —  30)  Souli6,  A.  H.,  Recherches  sur  la  migration  des  testicules  dans  les 
principaux  groupes  des  mammiföres.  Toulouse,  1895.  4.  —  31)  Wieger,  G.,  lieber  die 
Entstehung  und  Entwicklung  der  Bänder  des  weiblichen  Genitalapparates  beim  Men- 
schen. Ein  Beitrag  zur  Lehre  des  Descensus  ovariorum.  Arch.  f.  Anat.  u.  Physiol. 
Anat.  Abth.,  1885. 

Man  vergleiche  ausserdem  für  weitere  Litteratur:  1)  Mino  t,  CS.,  A  Biblio- 
graphy  of  vertebrate  embryology.  Memoirs  of  the  Boston  Society  of  natural  history, 
Vol.  IV,  Number  11.  Boston,  1893;  ferner  2)  Hertwig,  0.,  Lehrbuch  der  Entwick- 
lungsgeschichte. VI.  Aufl.,  1898  und  3)  Nagel,  W.,  Entwicklung  und  Entwicklungs- 
fehler der  weiblichen  Genitalien.  In:  „Handbuch  der  Gynaekologie",  herausgegeben 
von  J.  Veit.    1897.    Hier  finden  sich  die  Citate  der  Spezialabhandluugen  Nagel's. 


662  Missbildungeu. 

bei  den  Beckenorganen  ausserordentlich  bäufig.  Ein  sehr  grosser  Theil  der 
herinaphroditischen  Bildungen  beruht  hierauf;  ebenso  die  grosse  Missbildung 
der  Bauchblasenspalte,  ferner  die  der  Epispadie  und  die  der  Hypospadie. 

Excessive  Bildungen  sind  ihren  Ursachen  nach  noch  unerklärt,  wie 
z.B.  Riesenwuchs;  in  anderen  Fällen,  namentlich  bei  den  Geschlechtsorganen, 
fallen  sie  unter  die  Rubrik  des  Hermaphroditismus,  wie  z.  B.  Vergrösserung 
der  Klitoris.  Kaum  erklärbar  wieder  sind  die  Fälle  von  monströser  Ent 
Wicklung  des  Penis.  Andere  wieder  fallen  in  das  Gebiet  der  Neoplasmen, 
wie  die  elephantiastischen  Bildungen  der  äusseren  Genitalien  (siehe  S.  147). 
Sehr  merkwürdig  ist  die  Hyperplasie  der  Nebennieren  bei  mangelhafter  Ent- 
wicklung der  Eierstöcke,  welche  mehrfach  bei  Pseudohermaphroditismus  femi- 
ninus  beobachtet  worden  ist  (Marchand^). 

Fälle  von  verkümmerten  Organen,  an  welche  sich  das  vollständige 
Fehlen,  Defectus  totalis,  derselben  anschliesst,  kommen  ebenfalls  unter  den 
Bildungsfehlern  der  Geschlechtsorgane  vor,  z.  B.  Fehlen  oder  Verkünmierung  einer 
Tube,  Fehlen  eines  oder  auch  beider  Eierstöcke,  Fehlen  oder  Verkümmerung 
eines  oder  beider  Hoden  und  anderes. 

Die  Mehrfachbildungen  sind  meistens  Verdoppelungen.  Es  sind  hier 
zwei  grosse  Gruppen  zu  unterscheiden:  1)  die  Mehrfachbildungen  ganzer  In- 
dividuen (Mehrfachbildungen  in  engerem  Sinne).  In  diesem  Falle  handelt  es 
sich  um  eine  Veraiehrung  von  Körperaxenge bilden.  In  höchster  Aus- 
bildung stehen  hier  die  sogenannten  eineiigen  Zwillinge,  bei  denen  das 
Zwillingspärchen  aus  einem  Eie  sich  entwickelt.  Hier  ist  natürlich  von  keiner 
Missbildung  die  Rede.  Eine  solche  tritt  erst  ein,  wenn  die  beiden  In- 
dividuen mit  einander  verwachsen  sind.  Man  unterscheidet  dabei  eine  Dupli- 
citas  (bezw.  Triplicitas)  completa  und  incompleta  —  mehr  als  drei  mitein- 
ander verwachsene  Individuen  sind  noch  nicht  beobachtet  worden.  —  Wir 
werden  uns  hier  auf  die  Duplicitas  beschränken.  Eine  komplete  Duplicitas 
besteht,  wenn  beide  Embryonalanlagen  ganz  oder  fast  vollkommen  ausgebildet 
sind;  die  Verwachsung  kann  dabei  auf  einer  kleineren  oder  grösseren  Strecke 
vorhanden  sein.  Eine  Duplicitas  incompleta  haben  wir  dann,  wenn  der 
grössere  Theil  des  Körpers,  und  zwar  handelt  es  sich  um  den  Rumpf,  einfach 
ist,  also  dessen  Organe  uns  in  der  normalen  Zahl  zeigt. 

Wir  können  hier  nicht  auf  die  Theorien  der  Entstehungen  der  Doppel- 
bildungen eingehen  und  müssen  uns  auf  das  Folgende  beschränken:  1)  Die 
beiden  vereinigten  Körper  können  entweder  gleichmässig  ausgebildet  sein, 
Duplicitas  aequalis,  oder  ungleichmässig,  Duplicitas  inaequalis.  Im 
letzteren  Falle  wird  das  vollständiger  ausgebildete  Individuum  als  Autosit, 
das  mangelhaft  entwickelte  als  Parasit  bezeichnet.  Dieser  Parasit  kann  so- 
weit zurückgebildet  sein,  dass  es  sehr  schwer  ist,  ihn  noch  als  Glied  einer 
Doppelbildung  zu  erkennen.  Manchmal  sind  nur  noch  einzelne  Organe  vor- 
handen,  oder   diese   sind   selbst  derartig  umgebildet,   dass   sie  mehr  als  Neu- 


1)  1.  c.  [S.  668.] 


Missbildungen.  663 

bilcUingen  und  nicht  als  embryonale  Theile  erscheinen;  insbesondere  ist  dies 
der  Fall  bei  den  asymmetrischen  Doppclmissbildungen,  bei  denen  der  Parasit 
selbst  in  eine  der  Körperhöhlen  des  Aiitositen  eingeschlossen  sein  kann. 
Wenn  die  Parasiten  dabei  auf  der  äusseren  Oberfläche  der  Antositen  haften, 
oder  von  dort  unter  die  äusseren  Bedeckungen  gerathen,  so  sind  sie  intra- 
amniotisch entwickelt;  zu  diesen  gehören  unter  anderen  die  uns  hier  inter- 
essirendcn  kSakralparasiten  (s.  S.  128).  Extraamniotische  Parasiten  entwickelu 
sich  ausserhalb  des  Amnion  des  Autositen;  sie  können  nachträglich  in  die 
Leibeshöhle  (Coelom)  aufgenommen  werden  (Coelomparasiten);  ein  anderer  Theil 
kann  sich  von  vorn  herein  im  Mesoderm  des  Autositen  entwickeln  (primäre 
Mesodermparasiten). 

Es  mehrt  sich  die  Zahl  der  Autoren,  welche  der  Ansicht  sind,  dass 
wenigstens  die  Eierstocks-  und  Hodendermoidkystome  sich  an  die  Doppel- 
bildungen mit  Autositen  und  Parasiten  anschliessen;  sie  wären  als  inkludirte 
Parasiten  aufzufassen.  Ich  hatte  die  jüngst  von  Pfannenstiel  1,  c,  [S.  526] 
wieder  aufgenommene  Ansicht  aufgestellt,  dass  die  testikulären  und  ovarialen 
Dermoide  von  parthenogenetisch  sich  entwickelnden  üreiern  —  besser  wohl 
Urgeschlechtszellen  —  abzuleiten  wären.  Marchand  meint,  dass  sie  entweder 
auf  befruchtete  Richtungskörperchen  oder  auf  frühzeitig  abgesonderte,  isolirt 
sich  entwickelnde  Furchungskugeln  zurückzuführen  seien. 

Andere  Dermoide,  namentlich  die  des  Kopfes  und  Halses,  müssen  indessen 
als  Abschnürungen  von  epidermoidalen  Bildungen  angesehen  werden. 

Doppelbildungen,  welche  am  Beckenende  mit  einander  verwachsen  sind, 
werden  als  Pygopagen  bezeichnet  (Duplicitas  anterior).  Bei  der  grössten 
Mehrzahl  der  echten  symmetrischen  Doppelbildungen  ist  anzunehmen  —  auch 
bei  den  Pygopagen  —  dass  sie  aus  zwei  ursprünglich  getrennten  Anlagen 
durch  nachträgliche  Verwachsung  entstanden  sind.  Es  kommt  indessen  auch 
bei  der  Duplicitas  anterior  eine  Bifurkation  einer  einfachen  Anlage  vor  fSpalt- 
bildung). 

Bemerkenswerth  ist  das  Verhalten  der  Eihäute  bei  den  Doppelbildungen; 
bei  ihnen  sind  Amnion  und  Chorion  einfach.  Der  Nabel  ist  entweder  einfach 
(Monomphalie)  oder  doppelt  (Diomphalie).  Die  Pygopagen  sind,  wie  alle  Miss- 
bildungen mit  dorsaler  Verwachsung,  diomphal.  Bei  Diomphalie  besteht  auch 
eine  getrennte  Nabelschnur,  oder  diese  vereinigt  sich  in  der  Nähe  der  Plaeenta 
—  Funiculus  bifurcatus  — .  Bei  Monomphalie  zeigt  die  äusserlich  einfache 
Nabelschnur  mitunter  doppelte  Nabelgefässe.  —  Die  Plaeenta  ist  meist  einfach, 
kann  aber  auch  doppelt  sein,  wie  es  bei  Pygopagie  und  Ischiopagie  beob- 
achtet wurde. 

Von  den  Doppelbildungen  gehören  zu  den  Beckenmissbildungen  folgende 
Formen : 

a)  Pygopagus:  Die  beiden  Körper  sind  in  der  Beckengegend  dorsal  ver- 
einigt; der  Nabel  ist  doppelt;  ein  Kreuz-  und  ein  Steissbein;  zwei  Wirbelsäulen  und 
zwei  Darmbeine;  2  Symphyses  ossium  pubis;  After  und  Pud endum  externum  einfach; 
Clitorides  mehr  oder  weniger  verschmolzen ;  Harnröhre,  Blase,  Uterus,  Vagina,  Rectum 
doppelt.    Bei  einem  Falle  von  Marchand   (männliche  Pygopagie)   bestand    ein   ein- 


664  Mißsbildungen. 

fach  er  Penis,  einfache  Harnröhre,  einfaches  Skrotum  und  4  Hoden.  Die  pygopagen 
Zwillinge  sind  gut  lebensfähig.  Beispiel:  Die  ungarischen  Schwestern  Judith  und 
Helena  u.  A. 

b)  Ischiopagus.  Vereinigung  in  der  Beckengegend  ventral;  Nabel  meist  ein- 
fach (in  einem  Falle  von  Ellis  Calvin  doppelt);  Schambeine  miteinander  verbunden; 
äussere  Genitalien  doppelt,  doch  beiden  Körpern  gemeinsam;  After  einfach  oder 
doppelt.    Die  längste  Lebensdauer  von  Ischiopagen  war  einige  Monate. 

c)  Ileothoracopagus  (Xiphodymus  Geoffroy  St,  Hilaire).  Vereinigung 
ventral,  meist  ventrolateral;  zwei  Darmbeine  verschmolzen;  äussere  Genitalien 
und  After  einfach;  die  hinteren  Darmbeine  können  auch  fehlen  (dann  besteht  sakrale 
Vereinigung);  Harnblase  einfach,  aber  vier  Ureteren,  jederseits  zwei;  vier  Hoden 
(in  anderen  Fällen  zwei). 

Diese  Doppelbildung  ist  lebensfähig:  Beispiele:  Die  Geschwister  Rita  und  Chri- 
stina (8  Monate  alt).  Die  Brüder  Tocci,  welche  ich  selbst  zu  untersuchen  Gelegen- 
heit hatte,  waren  etwa  10  Jahre  alt. 

Von  den  parasitären  Anlagen  der  Beckengegend  wurde  bereits  S.  128  gesprochen; 
sie  sind  wohl  die  häufigsten  von  allen  vorkommenden  dieser  Art. 

Auf  die  '  übrigen  allgemeinen  Vorgänge  bei  Missbildungen  kann  nicht 
weiter  eingegangen  werden. 

Missbildungen  der  einzelnen  Organe.  Zunächst  wäre  der  Spina  bifida 
sacralis  zu  gedenken.  Bei  der  Spina  bifida  occulta  reicht  mitunter  das  Rückenmark 
bis  in  den  Sakralkanal  hinein^  und  es  liegt  dort  Fettgewebe  und  Muskulatur  mit  ihm 
verbunden.    Der  hierbei  vorkommenden  Trichosis  wurde  bereits  gedacht  (S.  123). 

Am  Rectum  und  Anus  haben  wir  folgende  Missbildungen :  1.  Atresia  ani  Sim- 
plex. Es  bleibt  die  Aftermembran  (s.  Fig.  42  u,  116  b),  verstärkt  durch  eine  binde- 
gewebige Zwischenbildung,  bestehen;  2.  Defectus  recti  partialis  et  totalis;  3.  Atresia 
ani  vulvo vaginalis;  4.  Atresia  ani  uterina;  5.  Atresia  ani  vesicalis;  6.  Atresia  ani 
urethralis.  Bei  3—6  ist  der  Anus  verschlossen;  das  Rectum  mündet  in  einen  der 
adjektivisch  genannten  Theile.  7.  Cloaca  persistens:  Die  Öifnung  der  durch  Mekonium 
und  Harn  aufgestauten  Kloake  ist  hierbei  geschlossen,  Rectum  und  Sinus  urogenitalis 
münden  ein. 

Harnorgane.  Von  der  Verdoppelung  der  Ureteren  war  bereits  die  Rede;  er- 
wähnt sei  die  Einmündung  eines  Ureters  in  eine  Samenblase,  wofür  die  Entwicklung 
beider  aus  dem  Wolff'schen  Gange  die  Erklärung  gibt. 

Weiter  sind  zu  besprechen :  Die  Fissuravesicoabdominalis(Bauchblasen- 
genitalspalte),  die  Fissura  vesicalis  (Blasenschambeinspalte),  Exstrophia 
vesicae,  die  Fistula  urachi  et  vesicae^),  endlich  die  Vesica  duplex. 

In  den  beiden  erstgenannten,  schwere  Missbildungen  betreffenden  Fällen  wird 
man,  nach  den  neueren  Untersuchungen,  insbesondere  ReicheTs^),  auf  einen  sehr 
frühen  Zustand  der  Embryonalentwicklung  zurückzugehen  haben.  Reichel  meint, 
dass  eine  Hemmungsbildung  vorliege,  indem  die  Verschmelzung  der  Ränder  der  Pri- 


1)  Lexer,  E.,  üeber  die  Behandlung  der  Urachusfistel.  Ar  eh.  f.  klin.  Chirurgie, 
Bd.  57.  Heft  1. 

2)  Reichel,  F.,  Die  Entstehung  der  Missbildungen  der  Harnblase  und  Harn- 
röhre an  der  Hand  der  Entwicklungsgeschichte  bearbeitet.  Archiv  f.  klin.  Chirurgie, 
Bd.  46,  S.  740.  1893.  —  Vgl.  auch  Bartels,  M.,  Ueber  die  Bauchblasengenitalspalte. 
Archiv  f.  Anat.  u.  Physiol.,  1869,  und:  Vi  alle  ton,  Essai  embryologique  sur  le  mode 
de  formation  de  Texstrophie  de  la  vessie.  Archives  provinciales  de  Chirurgie,  1892. 
T.  V,  p.  233,  —  Füth,  Ueber  einen  Fall  von  Harnblasen  Verdoppelung.  Centralbl.  f. 
Gynäk.,  1894. 


Missbildungen.  665 

mitivrinne  zum  Primitivstreifen  in  dem  hinter  der  Aftermembran  gelegenen  Abschnitte 
ausbleibe.  Marchand  glaubt,  dass  auch  noch  der  Bauchstiel,  d.i.  die  primäre,  bei 
den  Primaten  niemals  unterbrochene  Verbindung  zwischen  dem  Embryo  und  seinen  Ei- 
häuten, aus  welcher  sich  später  die  Nabelschnur  (Fig.  43)*  bildet,   gespalten  sein  müsse. 

Bei  der  Bauchblasengenitalspalte  sind  Nabelschnurbruch  und  andere  Anomalien 
der  Nabelschnur  sehr  häufig,  ferner  Spina  bifida.  Diese  würde  durch  eine  dorsale 
Fortsetzung  der  Spaltbildung  zu  erklären  sein. 

Bei  der  Vesica  duplex  besteht  eine  durch  ringförmige  Einschnürung  getrennte 
obere  grössere  und  untere  kleine  Blase,  was  auf  die  im  vorigen  Kapitel  erwähnte  Ent- 
stehung der  Blase  aus  einem  allantoiden  und  einem  kloakalen  Abschnitte  hinweist. 
Selten  wird  eine  sagittale  Trennung  der  Blase  beobachtet.  Es  kann  dann  der  Dick- 
darm zwischen  beiden  Blasen  liegen.  Bei  weiblichen  Fötus  wurde  gleichzeitig  Uterus 
duplex  und  Vagina  duplex  gesehen. 

Penis  und  Clitoris,  Harnröhre.  Es  sind  zu  unterscheiden  a)  die  Spalt- 
bildungen und  Duplicitäten.  Zu  den  Spaltbildungen  gehört,  als  höchster  Grad, 
die  Fissura  genitalis,  dann  die  Epispadia  penis  s.  clitoridis  und  die  Hypo- 
spadia.  Es  erklären  sich  diese  Befunde  aus  einer  Bildungshemmung,  indem  die  me- 
diane Vereinigung  der  ursprünglich  bilateral  symmetrischen  Anlage  der  Genitalorgane 
unterbleibt.  Unterbleibt  sie  oben,  so  führt  dies  zur  Epispadie,  unten,  zur  Hypospadie. 
Es  sind  die  verschiedensten  Grade  der  Ausbildung  beobachtet  worden.  Schwierig  ist  die 
Erklärung  der  Epispadie  als  einer  Hemmungsbildung,  da  Penis  wie  Clitoris,  wenigstens 
zum  Theil,  aus  dem  unpaaren  Genitalhöcker  hervorgehen.  Epispadie  und  Ver- 
doppelung des  Penis  müssen  daher  mit  Reichel  ebenfalls  in  eine  frühe  Zeit  der 
embryonalen  Entwicklung  verlegt  werden;  hierfür  spricht  auch  die  häufige  Kombi- 
nation von  Epispadie,  Symphysen-  und  Blasenspalte. 

In  der  Hypospadie  sehen  wir  eine  ausbleibende  Verwachsung  der  Ränder  der 
Urethralrinne  (s.  Kapitel  Entwicklungsgeschichte).  Die  Hypospadie  beim  Weibe  zeigt 
sich  in  einem  mangelnden  Schlüsse  des  unteren  Harnröhrenumfanges  und  in  der 
Einmündung  der  Harnröhre  in  die  Scheide. 

Merkwürdig  sind  die  Verhältnisse  bei  Verdoppelung  des  Penis  und  der  Clitoris 
(Di Phallus).  Hierbei  kann  jeder  Penis  eine  Harnröhre  haben,  oder  nur  der  eine, 
oder  die  Harnröhre  mündet  zwischen  beiden  Penes  aus. 

b)  Das  Vorkommen  eines  doppelten  Kanales  im  Penis;  der  eine,  obere, 
endet  nach  kürzerem  oder  längerem  Verlaufe  blind;  er  kann  aber  Sitz  einer  gonorrhoi- 
schen Erkrankung  werden^),  Tar  uf  fi^)  unterscheidet  vier  Arten  von  doppelten  Kanälen 
im  Penis:  aberrirte  Samengänge,  kanalförmige  Umwandlungen  von  Urethraldrüsen, 
Nebenharnröhren,  deren  Entstehung  schwer  zu  erklären  ist  und  den  Anus  penilis, 
d.  h.  einen  unterhalb  der  normalen  Harnröhre  gelegenen  Gang,  welcher  mit  dem 
Darmkanale  in  Verbindung  steht  und  Darminhalt  führt.  Dies  Vorkommniss  gehört 
zu  den  Kloakenmissbildungen. 

Ferner  sind  zu  erwähnen  c)  die  Mikrophallie  und  der  totale  Defekt  des 
Penis,  wobei  die  Harnröhre  in  den  Mastdarm  mündet,  aber  auch  fehlen  und  atretisch 
sein  kann. 

Missbildungen  der  Prostata  und  der  Samenblasen  und  Ductus  deferen- 
tes  sind  seltener,  wenn  wir  von  den  mit  Pseudohermaphroditismus  vergesellschafteten 


1)  Posner,  C,  und  Schwyzer,  Fr.,  Ein  Fall  von  angeborener  Penisfistel.  Ber- 
liner klin.  Wochenschr.,  1893,  Nr.  35  —  ferner  Meisels,  W.  A.,  Ueber  Doppelbildung 
der  männl.  Harnröhre.  Wien.  med.  Wochenschr.,  1893,  Jahrg.  43.  —  Englisch,  eben- 
daselbst, 1894,  Jahrg.  44. 

2)  Taruffi,C.,  Sur  les  canaux  abnormaux  de  la  Verge.  Ann.  des  malad.  g6ni- 
tourin.,  1891,  p.  817. 


666  Missbildungen. 

absehen.  Mangel,  Einmündung'  der  Samenblasen  oder  Ductus  deferentes  in  die 
Uretcren  sind  u.  a.  beschrieben  worden^). 

Missbildung-en  der  Hoden.  Ausser  den  Störungen  des  Descensus,  welche 
erwähnt  wurden,  sind  noch  sru nennen:  Überzahl  der  Hoden  (sehr  selten),  oder  Mangel 
der  Hoden,  entweder  eines  oder  beider. 

Uterus  und  Tuben.  Die  wichtigsten  Missbildungen  dieser  Organe  sind 
Hemmungsbildungen  durch  das  mehr  oder  minder  unvollständige  Verschmelzen  der 
Müller'schen  Gänge  bedingt  (s.  Kapitel  Entwicklungsgeschichte).  Es  können  hier- 
durch eine  grosse  Reihe  der  verschiedensten  Missbildungsformen  zu  Stande  kommen, 
und  zwar,  wenn  wir  die  Scheide  mit  heranziehen:  I.Uterus  duplex  bicornis  cum 
Vagina  septa,  2.  der  Uterus  septus  duplex  (Uterus  bilocularis)  in  drei  Abarten: 
a)  Uterus  subseptus  uniforis  (mit  einfachem  Orificium  ext.),  b)  Uterus  biforis 
supra  Simplex  (das  Orificium  ext.  doppelt),  c)  Uterus  subseptus,  unicorpo- 
reus  (Cervikalkanal  doppelt),  4.  der  Uterus  bicornis  unicollis,  5.  der  Uterus 
arcuatus,  6.  der  Uterus  subseptus  unicollis  (Cavum  uteri  mit  Septum,  einfacher 
Cervikalkanal),  7.  der  Uterus  foetalis,  8.  der  Uterus  infantilis.  Alle  diese 
Formen  können  nun  auch  ganz  oder  zum  Theil  verkümmert  auftreten. 

Als  seltenere  Formen  werden  noch  genannt:  Der  Uterus  foetalis  im  per - 
foratus  (Uterus  foetalis  bicornis)  und  der  Uterus  incudiformis.  Hierzu  kommt, 
als  eine  Missbildung  aus  frühester  Zeit,  wenn  noch  kein  Geschlechtsstrang  gebildet 
ist,  der,  vollkommen  getrennte  doppelte  Uterus  mit  zwei  vollkommen  getrennten 
Scheiden:  Uterus  duplex  separatus  cum  vagina  separata  (Uterus  didel- 
phys  Kussmaul).  Nagel  (1.  c.  i.)  macht  darauf  aufmerksam,  dass  diese  Form 
wohl  von  Nr.  1  (Uterus  duplex  bicornis  cum  vagina  septa)  getrennt  werden  müsse, 
da  letztere  Missbildung  erst  nach  Bildung  des  Geschlechtsstranges  zu  Stande  komme. 

Es  ist  das  Verdienst  KussmauTs^),  an  der  Hand  der  Entwicklungsgeschichte 
zuerst  eine  wissenschaftliche  Erklärung  dieser  Formen  gegeben  zu  haben.  —  Als 
schwerste  Missbildung  ist  der  Mangel  der  Scheide  und  des  Uterus,  welche  meist 
zusammen  vorkommen,  anzuführen. 

Von  den  sonstigen  Missbildungen  der  Scheide  nennen  wir  noch  voll- 
ständige Atresie  derselben,  welche  als  Theilerscheinung  der  Atresie  des  übrigen 
Geschlechtsrohres  voi'kommt,  und  die  von  Nagel  genauer  untersuchte  partielle 
Scheidenatresie  bei  einfachen,  unverkümmerten  Genitalien.  Dieselbe  soll  sich  erst 
in  den  letzten  Monaten  der  Schwangerschaft  oder  nach  der  Geburt  entwickeln,  in- 
dem, bei  mangelnder  Verhornung,  die  normale  epitheliale  Verklebung'  zu  einer  binde- 
gewebigen Verwachsung  den  Anlass  geben  kann.  Meist  findet  dies  im  unteren 
Scheidenende  statt.  —  Endlich  kommt  eine  Vagina  septa  für  sich  vor. 

Über  die  verschiedenen  Formen  des  Hymen,  und  insbesondere  über  den 
Hymen  im  per  foratus  s.  S.  562.  Es  w^äre  noch  der  Verdoppelung  des  Hymen 
zu  gedenken,  für  welche  jüngst  Berry  Hart^)  eine  Erklärung  dadurch  zu  geben 
versucht  hat,  dasff  er  auch  den  Wo Iff 'sehen  Gängen  einen  Antheil  an  der  Bildung 
der  Scheide  zuweist  Auch  meint  er  hierdurch  das  Vorkommen  eines  Hymen  bei 
Atresia  vaginae  erklären  zu  können. 

Fast  alle  diese  Missbildungen  haben  grosse  praktische  Bedeutung,  insbesondere 
die  Atresien:  auch  die  difFerentielle  Diagnostik  zwischen  Schwangerschaft  in  einem 
rudimentären   Uterushorne   und  Tubenschwangerschaft,   siehe  Abschnitt:    „ektopische 


1)  d'Ajutolo,  G.,  Su  di  alcune  anomalie  della  prostata  e  della  vesica  urinaria 
neH'uomo.  Mem.  R.  accad.  dellTst.  di  Bologna,   Ser.  V,  T.  3.  1895. 

2"!  Kussmaul,  Ad.,  Von  dem  Mangel,  der  Verkümmerung  und  Verdoppelung 
der  Gebärmutter.   Würzburg,  1859. 

3)  Hart,  Berry,  A  preliminary  note  on  the  Development  ofthe  Clitoris,  Vagina 
and  Hymen.    Transact.  Edinb.  Obstet.  See,  1895/96. 


Missbildungen.  667 

Schwangerschaft",  kommt  in  Betracht.  Endlich  spielt  auch  die  Frage  nach  der  Super- 
foetation  hier  mit  hinein.  Eine  Superfoetation  bei  normaler  Gebärmutter  ist  nicht 
erwiesen;  wohl  aber  kann  der  Anschein  einer  solchen  bei  nachträglich  eintretender 
Schwangerschaft  in  einem   zweihörnigen  Uterus  entstehen^). 

Von  der  Tube  ist  vollständiger  Mangel  zugleich  mit  Mangel  der  übrigen  Ge- 
schlechtsorgane (speciell  des  Uterus)  beschrieben  worden;  ebenso  kommt  einseitiges 
Fehlen  vor. 

Beim  Eierstocke  haben  wir  des  gänzlichen  (selten)  oder  einseitigen  Man- 
gels, oder  der  rudimentären  Ausbildung,  meist  als  Theilersch einung  mit  anderen 
Missbildungen,  zu  erwähnen.  Überzählige  Eierstöcke  können,  wie  ich  zeigte, 
durch  Abschnürung  entstehen;  wohl  aber  auch  durch  partielle  Wucherung  des  Eier- 
stocksgewebes, gewöhnlich  an  der  Farr  ersehen  Linie.  Dritte  Ovarien  in  völlig  sicherer 
Weise,  getrennt  von  den  beiden  anderen,  sind  noch  nicht  nachgewiesen,  wenn  man 
nicht  die  Fälle  von  v.  Winckel,   Falck  und  Rosenstein  2— 4)  dahin   rechnen    will. 

Aeussere  weibliche  Genitalien,  Beschrieben  sind  vollkommener  Mangel 
und  Atresie  bei  anderweitigen  grösseren  Missbildungen;  ferner  bestehen  bleibende 
embryonale  Verklebung  des  Vestibulum,  infantile  Form  der  äusseren  Geni- 
talien, Hypertrophie  der  Klitoris.  —  Vermehrte  Zahl  der  Nymphen,  besser 
wohl  „Nebenfalten  der  Nymphen",  habe  ich  auf  dem  Berliner  Präparirsaale  ziemlich 
häufig  beobachtet. 

Hermaphroditismus,  Zwitterbildung.  Wir  haben  zu  unterscheiden  (nach 
Klebs^)  den  Hermaphroditismus  verus  und  den  Pseudohermaphroditis- 
mus.  Beim  Hermaphroditismus  verus  müssen  beiderlei  Geschlechtsdrüsen  in  einem 
und  demselben  Individuum  vorhanden  sein.  Man  kennt  gegenwärtig  zwei  sichere 
Fälle  von  Wrany  und  Obolonsky^)  und  von  Schmorl').  Hier  fand  sich  neben 
pseudohermaphroditisehen  und  hypospadischen  Bildungen,  durch  mikroskopische 
Untersuchung  nachgewiesen,  an  der  einen  Seite  ein  Eierstock,  an  der  anderen  Seite 
ein  Hoden;  einen  solchen  Fall  bezeichnet  man  als  Hermaphroditismus  verus 
lateralis.  Echte  Zwitterdrüsen  oder  beiderlei  Geschlechtsdrüsen  auf  einer  Seite 
oder  beiderlei  Geschlechtsdrüsen  auf  beiden  Seiten  {Hermaphroditismus  bilate- 
ral is),  sind  nicht  sicher  gestellt. 

Pseudohermaphroditismus,  Scheinzwitterbildung.  Dieser  Zustand 
stellt  in  seinem  Wesen  eine  Inkongruenz  zwischen  der  Natur  der  Keimdrüsen  und 
der  der  äusseren  Geschlechtsorgane,  sowie  auch  meist  des  ganzen  übrigen  Körpers 
dnr.  Meist  sind  hierbei  aber  die  Keimdrüsen  rudimentär.  Man  unterscheidet  zwei 
Formen,  Pseudohermaphroditismus  masculinus:  Geschlechtsdrüsen  männlich, 
Habitus  und  die  übrigen  Genitalorgane  mehr  weiblich.  Dies  ist  die  weitaus  häufigste 
Form:  Penis  klein,  klitorisähnlich,  Hypospadie,  meist  gespaltenes  Skrotum,  Hoden 
meist   nicht  herabgetreten,  Utriculus   prostaticus    zu   einem   rudimentären   uterusähn- 


1)  Auch  die  jüngst  von  M.  Herzog  (Superfetation  in  the  Human  Race,  Chicago 
med.  Recorder,  Vol.  XV,  1898  —  mit  Litteratur)  beschriebenen  Fälle  erscheinen  mir 
nicht  beweisend. 

2—4)  V.  Winckel,  Lehrbuch  der  Frauenkrankheiten,  1890.  —  Falck,  Edm.,  Ueber 
überzählige  Eileiter  und  Eierstöcke.  Berliner  klinische  Wochenschrift,  S.  84,  1891.  — 
Rosen  stein,  P.,  Ein  Beitrag  zur  Kenntniss  überzähliger  Ovarien.  Diss.  inaug.  Kö- 
nigsberg, 1898. 

5)  Klebs,  E.,  Handbuch  der  pathologischen  Anatomie.  1876,  Theil  I. 

6)  Obolonsky,  Beiträge  zur  pathologischen  Anatomie  des  Hermaphroditismus 
hominis.    Prager  Zeitschrift  für  Heilkunde,  1886,  IX.  Bd. 

7)  Schmorl,  G.,  Ein  Fall  von  Hermaphroditismus.  Virchow's  Arch.  f.  patholog. 
Anatomie,  1888.  Bd.  113,  S.  224. 


668  Operationsanatomie. 

liehen  Körper  entwickelt,  Brustdrüsen  weiblich.  In  einem  jüngst  zu  meiner  Kenntniss 
g:ekommenen  Falle  waren  die  äusseren  Körperformen  und  die  äusseren  Genitalien  des 
als  Frau  verheiratheten  Individuums  vollkommen  weiblich ;  die  Kohabitation  war  durch 
einen  entsprechend  ausgebildeten  Sinus  urogenitalis  möglich,  so  dass  kein  Verdacht 
auf  eine  bestehende  Missbildung  aufgekommen  war.  Ein  Tumor  in  einem  Labium 
majus,  der  später,  nach  lange  bestandener  Ehe,  exstirpirt  wurde,  erwies  sich  bei  der 
mikroskopischen  Untersuchung  als  Hoden.     Eine  Samenproduktion  bestand  nicht. 

Bei  der  weiblichen  Form,  Pseudohermaphroditismus  femininus,  haben 
wir  neben  Eierstöcken  eine  grosse  penisähnliche  Klitoris,  in  der  mitunter  die  Harn- 
röhre eingeschlossen  ist.  In  den  grossen  Schamlippen  befinden  sich  nicht  selten  die 
Geschlechtsdrüsen  in  einem  Nu  ck'schen  Divertikel.  Die  Brüste  sind  mangelhaft  ent- 
wickelt; Stimme  männlich;  zuweilen  auch  die  Behaarung i). 

Alle  diese  Fälle  von  Pseudohermaphroditismus  gestalten  sich  so  mannig- 
faltig, dass  fast  keiner  dem  anderen  gleicht,  und  dass  es  unter  Umständen 
sehr  schwierig  ist,  einen  Entscheid  über  das  Geschlecht  zu  treffen.  Da  ge- 
wöhnlich nach  den  äusseren  Merkmalen  geurtheilt  werden  muss,  so  wird  das 
Geschlecht  der  betreffenden  Individuen  meist  verkannt. 

Die  grosse  gerichtsärztliche  und  sociale  Bedeutung  dieser  Fälle  bedarf 
keiner  weiteren  Erörterung  2). 


Anhang  III.    Operationsanatomie. 

Im  Nachfolgenden  kann  es  sich  selbstverständlich  nicht  um  genaue  An- 
weisungen zur  Ausführung  der  einzelnen  Operationen  handeln;  dies  muss  den 
Lehrbüchern  der  chirurgischen  und  gynäkologischen  Technik  anheim  gegeben 
werden.  Auch  können  nur  die  sogenannten  typischen  Operationen,  bei 
denen  der  Modus  procedendi  im  grossen  und  ganzen  feststeht,  Berücksichti- 
gung finden,  und  zwar  in  der  Art,  dass  kurz  angegeben  wird,  was  anatomisch 
in  Betracht  kommt,  und  dass  auf  die  Figuren  und  Seiten  verwiesen  wird,  wo 
die  betreffenden  Theile  hier  abgebildet  und  abgehandelt  sind.  Wo  einzelne 
Operationen  bereits  in  den  von  Joessel  bearbeiteten  Theilen  der  topographi- 
schen Anatomie  besprochen  wurden,  wird  auf  diese  verwiesen  werden. 


1)  Vergl  zum  Abschnitt  „Hermaphroditismus"  insbesondere  noch:  Ben  da,  1.  c. 
[S.  638]. 

2)  lieber  die  Missbildungen  im  Allgemeinen  vergleiche  man  die  grösseren  Werke 
von  Förster,  A.,  Die  Missbildungen  des  Menschen  systematisch  dargesteUt.  Jena, 
1865.  2.  Aufl.  65  Tafeln.  —  Ahlfeld,  Die  Missbüdungen  des  Menschen.  Mit  Atlas. 
Leipzig,  1880  u.  1882.  —  Taruffi,  Storia  deUa  Teratologia.  Bologna,  1881—1888.  — 
Hirst  and  Piersol,  Human Monstrosities.  Philadelphia,  1891.  seqq.  fol.  —  Marchand, 
F.,  Die  Missbildungen.  Real-Encyclopädie  d.  gesamten  Heilkunde.  3.  Aufl.  Wien,  1897. 
—  Nagel,  W.,  Entwicklung  u.  Entwicklungsfehler  der  weiblichen  Genitalien.  Hand- 
buch der  Gynäkologie,  herausgegeben  von  J.  Veit.  Bd.  1.  1897.  Die  zuletzt  citirten 
beiden  Werke  habe  ich  vorzugsweise  bei  der  Abfassung  dieses  Kapitels  benutzt.  — 
Windle,  Reports  on  recent  teratological  literature.  No.  I  seqq.  Journal  of  Anat.  u. 
Physiologie,  1890-1898. 


Operationsanatomie.  669 

Wir  theilen  ein  in:  1)  für  beide  Geschlechter  gleiche  Opera- 
tionen, 2)  Operationen  beim  Manne,  3)  Operationen  beim  Weibe. 

Für  die  speciellen  chirurgischen  Angaben  sei  verwiesen  auf  die  Werke 
von  V.  Bergmann  und  Eochs^),  von  Kocher*),  von  Hofmeier^)  und  von 
Hegar  und  Kaltenbach  *). 

Gleiche  Operationen  bei  beiden  Oesohleohtem. 

Zu  den  bei  beiden  Geschlechtern  in  gleicher  Weise  auszuführenden  Operationen 
gehören;  1)  die  Unterbindung  der  Arteriae  iliaca  communis,  iliaca 
externa,  hypogastrica,  glutaea  superior,  glutaea  inferior,  pu- 
denda  interna,  circumflexa  ilium  profunda  und  obturatoria, 
2)  die  Aufsuchung  des  Ureter  zu  chirurgischen  Zwecken,  3)  die  Operationen 
am  Rectum  und  die  Coeliotomia  posterior  (Edm.  Rose). 

Für  die  Arteriae  iliacae  communis  et  externa  wird  auf  JoesseTs  Lehrbuch 
der  topographisch-chirurgischen  Anatomie,  Abtheilung  „Bauch"  ver- 
wiesen; für  die  Unterbindung,  der  Arteriae  glutaeae  superior  et  inferior  und  der 
Arteria  pudenda  interna  auf  dasselbe  Werk,  Abtheilung  „Extremitäten**. 

Unterbindung  der  Arteria  hypogastrica  oder  ihrer  Aeste 
innerhalb  des  Beckens.  Der  Schnitt  gestaltet  sich  wie  bei  der  Unterbindung 
der  Arteria  iliaca  communis  (s.  Joessel's  Handbuch,  Abtheilung  „Bauch").  Für 
die  Aufsuchung  der  Arterie  merke  man,  dass  sie  vor  der  Synchondrosis  sacroiliaca 
ins  kleine  Becken  hinabläuft,  dass  der  Stamm  nur  sehr  kurz  ist,  dass  die  Venen 
gemeinhin  vor  und  medianwärts  von  den  Arterien  liegen,  und  dass  der  Ureter  dicht 
vor  diesen  Gefässen  herabläuft.  (Vgl.  S.  244—248  und  die  Figg.  61  und  62.) 

Unterbindung  der  Arteria  obturatoria.  Schnittführung  (nach 
Kocher)  fingerbreit  medianwärts  von  der  Mitte  des  Ligamentum  Pouparti  abwärts. 
Durchschnitten  werden:  Haut,  Panniculus,  Fascia  superficialis,  oberflächliches  Blatt 
der  P^ascia  lata.  Hier  stösst  man  auf  die  Vena  saphena  oder  einen  ihrer  Aeste;  sie 
wird  lateralwärts  gezogen.  Medianwärts  von  der  Vena  femoralis  spaltet  man  die 
Fascia  pectinea  und  dringt  am  Aussenrande  des  Musculus  pectineus  zum  Musculus 
obturator  externus  vor.  Man  trifft  hier  auf  Anastomosen  zwischen  den  Vasa  obtura- 
toria und  femoralia  (s.  Fig.  20).  Man  spaltet  die  starke  Fascia  obturatoria  externa 
und  gelangt  am  oberen  Rande  des  M.  obturator  externus  zur  Arterie  und  zum 
Nerven  (vgl.  hierzu  S.  34—44,  ferner  S.  177—180  und  die  Figg.  18—23,  insbesondere 
20  und  23). 

Unterbindung  der  Arteria  circumflexa  ilium  profunda. 
Die  Schnittrührung  geschieht  wie  bei  der  Unterbindung  der  Arteria  iliaca  externa 
(vgl.  J  0  e  s  s  e  1  1.  c.  Abtheilung  „Bauch",  ferner  Seite  177,  Spatium  retroinguinale 
ßogrosi). 

Aufsuchung  des  Ureter.  Bezüglich  der  Schnittführung  vergleiche 
J  0  0  s  s  e  1  1.  c.  Abtheilung  „Bauch"  über  die  Unterbindung  der  Arteria  iliaca  com- 
munis, ferner  Seite  334,  Beim  Weibe  lässt  sich  der  Ureter  leicht  von  der  Area  trigo- 
nalis  vaginae  (nach  Pawlick^s  Vorschlage)  erreichen,  s.  S,  539.  Die  Lage  der 
niännlichen  Ureteren  s.  S.  330—334,  die  der  weiblichen  S.  543  ff. 


1)  Bergmann,   E.  v.   und   Rochs,  H.,   Anleitende  Vorlesungen   für   den   Ope- 
rationskursus an  der  Leiche,  3.  Aufl.  Berlin,  1896. 

2)  Kocher  Th.,  Chirurgische  Operationslehre,  2.  Aufl.  Jena,  1894. 

3)  Hofmeier,  M.,  Grundriss  der  gynäkologischen  Operationen,  3.  Aufl.  Leipzig 
und  Wien,  1898. 

4)  Hegar  u.  Kaltenbach,  Operative  Gynäkologie.  4.Aufl,  Stuttgart,  1897. 


670  Operationsanatomie. 

Ope  ratio  neu  am  MastdaiMne,  Coeliotomia  posterior.  Bei  den 
Operationen  am  Mastdarme  ist  ein  kreisförmiger  Schnitt  um  den  Anus  anzulegen. 
Man  dringt  in  die  Fossa  ischiorectalis  vor,  welche  Platz  zum  Operiren  gewährt.  Die 
kleineren  Gefässe,  welche  hier  getroffen  werden:  Aa.  sacralis  media,  haemorrhoidales, 
Arteria  perinei,  können  nicht  geschont  werden,  sind  aber  unter  Umständen  nach 
der  Durchschneidung  zu  unterbinden.  Beim  Manne  sichere  man  nach  vorn,  beim 
Vordringen  im  Triangulum  rectourethrale,  die  Urethra  mit  ihren  Theilen:  Bulbus 
urethrae,  der  namentlich  bei  alten  Leuten  nahe  an  das  Rectum  herantritt,  ferner  die 
Pars  trigonalis  und  praetrigonalis,  die  Prostata  und  die  Samenblasen.  Um  sich  das 
Operationsfeld  freier  zu  machen,  kann  man  entweder  neben  dem  Kreuz-  und  Steiss- 
beine,  unter  Durchschneidung  der  Ligamenta  sacrotuberosa  und  sacrospinosa,  vor- 
dringen, oder  das  Steissbein  und  selbst  einen  Theil  des  Kreuzbeines  reseciren.  Man 
kann  nach  Kocher  zwischen  Kreuz-  und  Steissbein  quer  reseciren  (s.  Fig.  49 
punktirte  Linie  KO),  nach  K  r  a  s  k  e  und  Hochenegg  schräge  Resectionsschnitte 
führen  (Kr  und  H  in  derselben  Figur),  oder  nach  Bardenheuer  (Bin  der  Figur) 
einen  Querschnitt  durch  das  dritte  Foramen  sacrale  legen,  welches  ungefähr  dem 
Kreuzbeinbuckel  entspricht  (S.  148),  und  endlich  nach  Rose  (l.  c.  [S.  24])  gar  bis  zur 
Höhe  des  oberen  Randes  der  Incisura  ischiadica  major  gehen  (Linie  R  in  derselben 
Figur).  Auch  hierbei  wird  das  untere  Ende  des  offenen  Duralsackes  (s.  die  genannte 
Figur)  noch  vermieden  (vgl.  hierzu  insbesondere  S.  24  und  Fig.  49). 

Wenn  irgend  möglich,  so  ist  bei  allen  Rektumoperationen  der  Sphincter  ani 
externus  und  auch  der  Levator  ani  zu  schonen;  selbst  partielle  Erhaltungen  sind  für 
die  Funktion  des  Mastdarmes  wichtig. 

Beim  Weibe  gewährt  die  gleichzeitige  Exploration  von  der  Scheide  eine  gute 
Leitung.  Man  muss  aber  hier  noch  der  Ovarien  und  Tuben  und  bei  beiden  Ge- 
schlechtern der  Ureteren  gedenken. 

Man  vergleiche  zu  diesen  Operationen,  ausser  dem  bereits  Citirten,  noch  die 
Figuren  84  und  84  a,  ferner  die  Medianschnitte  66  und  81  a,  sowie  Seite  148  und 
folgende,  dann  261  (Rectum  des  Mannes)  und  445  (Rectum  des  Weibes)^). 

Operattonen  beim  Manne. 

Wir  besprechen :  A.  die  Operationen  an  den  Harnorganen: 
1)  Punctio  vesicae,  2)  Sectio  alta  (Cystotomia  suprapubica), 
3)  Sectio  perinealis,  4)  Urethrotomia  externa,  5)  Katheterismus. 

I.  Punctio  vesicae.  Da  die  Blase  nur  bei  übermässiger  Füllung,  wenn 
eine  Entleerung  auf  anderem  Wege  nicht  möglich  ist,  punktirt  wird,  so  wird  dies, 
wenn  sonst  irgend  ausführbar,  von  der  vorderen  Bauchwand  oberhalb  der  Symphyse 
aus  zu  geschehen  haben.  Man  kann  bis  zu  drei  Centimeter  oberhalb  der  Symphyse 
für  die  Wahl  des  Einstiches  hinaufgehen  und  sticht  nach  rückwärts  und  etwas  nach 
abwärts  4—6  Centimeter  tief  ein  (vgl,  Fig.  68  und  Fig.  59  a). 

IL  Sectio  alta.  Rectum  und  Blase  werden  gefüllt  (vgl.  Kapitel  „Harnblase 
und  Rectum"),  und  es  wird  in  der  Trendelenbu  r  g 'sehen  Lage  (S.  74,  Fig.  31) 
ein  5—6  Centimeter  langer  Schnitt  von  der  Symphyse  in  der  Mittellinie  nach  aufwärts 
geführt.  Für  das  weitere  Vorschreiten  der  Operation  geben  die  Figuren  59  a, 
61,  64,  66,  68  und  insbesondere  78—80  Aufschluss.  Vom  Texte  vergleiche  man 
S.  270,  298  ff.,  306  ff.,  insbesondere  S.  308.  Bei  schwierigem  Zugange  zur  Blase,  nament- 
lich bei  Blasentumoren,  empfiehlt  es  sich  einen  Theil  des  oberen  Symphysenabschnittea 
zu  entfernen  (H  e  1  f  e  r  i  c  h ,  v.  B  r  a  m  a  n  n). 


1)  Vgl.  bez.  der  Litteratur:  Maass,  A,,  Die  Amputation  des  Wirbelkanals  zum 
Behuf  des  hinteren  Bauchhöhlenschnittes  (der  Coeliectomia  posterior)  nach  Prof.  Rose. 
Deutsche  Zeitschrift  für  Chirurgie.  Bd.  32,  S.  221. 


Operationsanatomie.  671 

III.  Sectio  perinealis.  Die  Lage  des  Körpers  ist  die  sogenannte  Stein- 
s  c  h  n  i  1 1 1  a  g  e  (s.  Fig.  30).  Man  kann  (v.  Bergmann,  R  o  c  h  s)  mit  einem 
Medianschnitte  beginnen,  Avelcher  lür  eine  Steinoperation  stets  ausreichen  dürfte,  und 
nur  in  schwierigen  Fällen  einen  Bogenschnitt  um  den  vorderen  Umfang  des  Mast- 
darmes herum  hinzufügen,  zur  Ablösung  des  Mastdarmes,  oder  man  wählt  (nach 
Kocher)  von  vorn  herein  einen  queren  Bogenschnitt.  Dieser  verläuft  vom  Tuber 
ischiadicum  der  einen  Seite  unter  dem  Schambogen  entlang  zum  Tuber  ischiadicum 
der  anderen  Seite.  Im  letzteren  Falle  wird  der  Hautlappen  mit  Fett  und  Fascie 
zurückpräparirt,  und  es  werden  damit  in  ausgiebiger  Weise  die  Theile  des  Dammes 
freigelegt. 

Für  den  Steinschnitt  ist  es  der  Zweck  des  Operateurs,  zur  Pars  trigonalis 
urethrae  (membranacea)  zu  gelangen,  um,  nach  Spaltung  dieser  und  eines  Theiles 
der  Pars  prostatica  urethrae,  von  unten  her  in  die  Blase  einzudringen.  Die  grosse 
Erweiterungsfähigkeit  der  Pars  prostatica  und  des  Orificium  internum  urethrae  ermög- 
licht es,  selbst  grosse  Körper  von  hier  her  aus  der  Blase  zu  entfernen,  oder  dieselben 
doch  soweit  zu  zerkleinern,  dass  sie  entfernt  werden  können.  Man  dringt  durch  das 
Centrum  perineale  und  den  Triangulus  rectourethralis  zur  Harnrölire  vor,  wobei  man 
sich  wieder  vor  dem  Bulbus  urethrae  zu  hüten  hat.  Im  Nothfalle  wird  das  Hectum 
zurückpräparirt. 

Man  führt  jetzt  wohl  stets  den  medianen  Schnitt  in  der  Pars  membranacea 
und  prostatica  aus,  nicht  mehr  den  Lateralschnitt.  Siehe  hierzu  Fig.  58,  wo  beide 
Schnitte  gekennzeichnet  sind  (Linea  sectionis  lateralis  und  Linea  sectionis  medialis). 
Die  Figur  zeigt  das  ganze  Operationsfeld  und  die  Umgebung  noch  weit  darüber 
hinaus.  Die  beiden  Einschnitte  in  den  Levator  ani  sind  unnöthig;  man  sieht  an  dieser 
Figur  auch  die  Lage  der  Ampullae  ductuum  deferentium  und  der  Samenblasen. 

Weitere  Aufschlüsse  ergeben  die  Figuren  5G,  57,  57  a,  ferner  Fig.  59,  in 
welcher  eine  Anomalie  der  Arteria  pudenda  interna  dargestellt  ist,  welche  bei  dem 
lateralen  Schnitte  Gefahr  bringen  kann. 

Vom  Texte  vergleiche  man  S.  188,  IV.  Kapitel  „Dammgegend",  ferner  S.  335 
Kapitel  „Prostata",  S.  343  Kapitel  „Samenblasen  etc."  und  hier  die  Figuren  70b  und 
70c,  endlich  S.  397  ff.  „Männliche  Harnröhre"  mit  den  Figuren  75a  und  75b.  Das 
Trigonum  rectourethrale  s.  S.  278. 

Beim  Weibe  können  die  meisten  Fremdkörper  und  Steine  durch  die  Harn- 
röhre entfernt  werden;  in  aussergewöhnlichen  Fällen  und  bei  Neubildungen  wird  man 
zur  Sectio  alta  greifen. 

IV.  Urethrotomia  externa.  Für  diese  Operation  gelten  dieselben  Regeln 
und  Schnitte,  wie  für  den  Dammsteinschnitt. 

V.  K  a  t  h  e  t  e  r  i  s  m  u  s.  Für  dem  Katheterismus  ist  auf  S.  335  Kapitel  „Prostata", 
auf  S.  397  ö.  und  auf  die  beiden  Figuren  75  a  und  75  b  zu  verweisen.  Die  grösste 
Schwierigkeit  liegt  an  der  Uebergangsstelle  von  der  Pars  praetrigonalis  zur  Pars 
trigonalis  (membranacea),  und  es  ist  schon  an  der  betreffenden  Stelle  ausdrücklich 
das  Nöthige  besprochen  worden. 

B.  Die  Operationen  am  Penis:  Wir  besprechen  hier  1)  Amputatio 
penis;  2)  Resectio  penis.  Anatomisch  kommt  bei  den  Penisoperationen  haupt- 
sächlich in  Betracht  die  grosse  Blutung;  2)  die  Erhaltung  eines  Stückes  Harnröhre 
mit  guter  Harnröhrenöffnung  und  3)  die  grosse  Retraktionsfähigkeit  des  Penisstumpfes. 
Bei  Amputationen  durchschneidet  man  zunächst  die  Haut,  dann  die  Corpora  cavernosa 
penis  und  zieht  nun  eine  Fadenschlinge  durch  das  Septum  derselben.  Dann  erst 
wird  das  Corpus  cavernosum  urethrae  mit  der  Harnröhre  durchschnitten.  Zur  Er- 
haltung einer  guten  Harnröhrenöffnung  spalte  man  die  Harnröhre  unten  und  vernähe 
die  äussere  Haut  mit  den  Spalträndern. 

Was  die  Resectio  penis  anbelangt,  so  bleiben  nach  der  Wundverheilung  leicht 
Deformitäten  des  Gliedes  zurück,  welche  namentlich  bei  der  Erektion  zu  Tage  treten« 


672  Operationsanatomie. 

Es  können  aber,  wie  ein  jüngst  veröffentlichter  Fall  von  Hildebrand  gezeigt  hat, 
selbst  umfangreiche  Partien  des  Corpus  cavernosum  urethrae  und  der  Harnröhre 
resecirt  werden,  ohne  dass  es  zu  Verstümmelungen  derart  kommt  und  ohne  dass 
Gangrän  der  Eichel  eintritt,  weil  letztere  von  der  Arteria  dorsalis  penis  her  versorgt 
wird.    (Vergleiche  S.  354,  Kapitel  „männliches  Glied"  und  insbesondere  Fig.  71.) 

C.   Operationen  am  Samenst ränge  und  am  Hodensacke. 

Um  den  Samenstrang  an  seiner  Austrittsstelle  freizulegen,  wird  man  dicht  ober 
halb  des  leicht  zu  fühlenden  Tuberculum  pubicum,  in  der  Richtung  des  Ligamentum 
inguinale  einzuschneiden  haben.  Will  man  eine  längere  Strecke  des  Samenstranges 
gewinnen  und  zugleich  zum  Hoden  vordringen,  so  muss  man  von  der  Gegend  des 
Tuberculum  pubicum  den  Längsschnitt  in  der  Richtung  zum  Hoden  hin  führen.  — 
Um  den  Ductus  deferens  zu  sichern  oder  ihn  herauszufinden,  erinnere  man  sich,  dass 
er  am  hinteren  Umfange  des  Samenstranges  liegt  und  dass  er  sich  knorpelähnlich 
hart  anfühlt. 

Ferner  ist  bei  Durchschneidung  des  Samenstranges  einem  Zurückschlüpfen  des- 
selben in  den  Leistenkanal  vorzubeugen.  Bei  der  Kastration,  falls  keine  besonderen 
Verwachsungen  vorliegen,  ist  die  Entfernung  des  Hoden  leicht,  nur  an  seinem  unteren 
Ende  ist  er  durch  das  Ligamentum  scrotale  (Fig.  73)  befestigt.  Vergleiche  ausserdem 
die  Figuren  72,  72  a,  74,  insbesondere  75  und  den  Text  S.  370—397. 

Operationen  beim  Weibe. 

Eine  grosse  Anzahl  wichtiger  Operationen  an  den  Harn-  und  Geschlechtsorganen 
des  Weibes,  wie  die  Operationen  an  den  äusseren  Genitalien:  Abtragungen,  Geschwulst- 
entfernungen, Operationen  bei  Bildungsfehlern  und  plastische  Operationen,  insbesondere 
bei  Dammrissen,  dann  fast  sämtliche  Operationen  an  der  Scheide,  an  der  Cervix  uteri, 
die  Operationen  bei  Abscessen,  bei  Hämatomen,  bei  Entfernungen  von  Geschwülsten 
der  inneren  Beckenorgane,  ändern  sich  von  Fall  zu  Fall,  so  dass  besondere  anato- 
mische Hinweise  nicht  gegeben  werden  können.  Die  allgemeinen  anatomischen  Regeln 
werden  aus  den  betreffenden  Kapiteln  entnommen  werden  müssen. 

Wir  besprechen  hier  auch  nicht  die  geburtshilflichen  Operationen.  , 

Eine  kurze  anatomische  Erörterung  soll  dagegen  werden:  1)  für  den  Kathe- 
te r  i  s  m  u  s  der  Blase,  2)  für  die  S  o  n  d  i  r  u  n  g  d  e  s  U  t  e  r  u  s  und  der  Tuben, 
3)  für  die  E  X  ß  t  i  r  p  a  t  i  0  uteri,  4)  für  die  Unterbindung  der  A  r  *t  e  r  i  a 
uterina,  5)  für  die  Kolpotomie,  6)  für  die  A 1  e  x  a  n  d  e  r's  ch  e  Opera- 
tion, 7)  für  die  Kastration,  8)  für  A  d  n  e  x  o  p  e  r  a  t  i  o  n  e  n. 

I.  Für  den  Kathete rismus  der  Blase  handelt  es  sich  um  Einführung  des 
Instrumentes  ohne  Zuhülfenahme  des  Gesichtes.  Man  gehe  von  dem  Introitus  vaginae 
aus  und  lasse  sich  durch  die  Carina  urethralis  zu  dem  kleinen  Grübchen  der  Urethral- 
öffnung  auf  der  Urethralpapille  leiten.  Man  wird  so  am  besten  zum  Ziele  kommen 
und  unnöthige  Belästigung  vermeiden.  Vergleiche  hierzu  das  Kapitel  „Aeussere  weib- 
liche Geschlechtsorgane"  S.  549,  insbesondere  S.  560,  und  die  Figuren  92  und  93,  aus 
denen  ersichtlich  ist,  wie  verschieden  der  Abstand  zwischen  Harnröhren-  und  Scheiden- 
öffnung sein  kann. 

IL  Sondirung  des  Uterus  und  der  Tuben.  Von  Seiten  der  Anatomie 
ist  darauf  aufmerksam  zu  machen,  dass  jede  Einführung  eines  Instrumentes  in  den 
Uteruskanal  nur  mit  der  grössten  Vorsicht  zu  geschehen  hat,  insbesondere  dann,  wenn 
Erkrankungen  bestehen.  Auch  sollte  man  sich  vorher  durch  bimanuelle  Untersuchung 
eine  möglichst  genaue  Vorstellung  von  der  Grösse,  Lage  und  Resistenz  des  Organes 
verschaffen.    Insbesondere  gilt  dies  auch  für  die  Einführung  einer  Curette. 

Dass  es  gelingt  die  Tuben  zu  sondiren,  kann  nicht  bestritten  werden.  Bei 
normalem  Verhalten  derselben  und  bei  normaler  Lage  der  Theile  wird  es  aber 
.schwerlich  möglich  sein. 


öperationsahatomie.  67ä 

lil.  Exstirpatio  uteri.  Für  die  Exstirpatio  uteri  totalis  sind  folgende 
anatomischen  Wege  beschritten  worden :  1 )  der  abdominale  Weg  (Freund* sehe 
Operation),  2)  die  Exstirpatio  uteri  vaginalis,  3)  die  Exstirpatio  uteri 
perinealis,  4)  die  Exstirpatio  uteri  sacralis  und  parasacralis^). 

Am  meisten  ausgeübt  wird  jetzt  die  Exstirpatio  vaginalis.  Hierbei  kommt  es 
vor  allem  auf  die  Vermeidung  einer  Verletzung  des  Harnleiters  und  auf  eine 
sichere  Unterbindung  der  Blutgefässe  an.  Die  nöthigen  anatomischen 
Hiriweise  findet  man  S.  474  und  insbesondere  S.  543  „Harnleiter  des  Weibes".  Hierzu 
vergleiche  man  die  Figuren  81,  81a,  85,  88  c,  ferner  51 2), 

Dieselben  anatomischen  Verhältnisse  und  dieselben  Figuren  kommen  auch  für  die 
Ausführung  der  IV.  Unterbindung  der  Arteria  uterina  in  Betracht»). 

Für  die  Exstirpatio  uteri  sacralis  und  parasacralis  ist  auf  das  S.  QGS 
bei  der  Coeliotomia  posterior  Gesagte  zu  verweisen.  Uebrigens  kann  derselbe  Weg 
unter  Umständen  auch  zur  Entfernung  von  Tumoren  (Dermoiden,  Myomen  u.  a.)  mit 
Eriolg  beschritten  werden;  es  liegen  bereits  eine  Anzahl  solcher  Fälle  vor. 

V.  Colpotomia.  Mit  dem  Namen  „Kolpotomie"  belegt  A.Martin*)  die  Er- 
öffnung der  Bauchhöhle  von  der  Scheide  aus,  das,  was  sonst  als  „Coeliotomia  vaginalis** 
bezeichnet  worden  ist.  Es  bieten  sich  hier  anatomisch  zwei  Wege,  der  vordere,  bei 
dem  man  durch  Eröffnung  des  vorderen  Scheidengewölbes  in  die  Excavatio  vesico- 
uterina  gelangt  =  Colpotomia  anterior,  und  der  hintere  =  Colpotomia  posterior, 
welcher  vom  hinteren  Scheidengewölbe  aus  in  die  Excavatio  rectouterina  führt. 
(Coeliotomia  vaginalis  anterior  und  posterior.) 

Vorn  sind  Blase,  Ureter en  und  die  Vasa  uterina  zu  schonen;  Martin  schlägt 
deshalb  vor,  die  Eröffnung  des  vorderen  Scheidengewölbes  durch  einen  mittleren 
Längsschnitt  vorzunehmen,  und  von  diesem  aus  die  genannten  Theile  zu  verschieben, 
bezw.  zu  sichern.  Hinten  ist  der  Zugang  freier.  Welchen  Weg  man  wählt,  hängt 
natürlich  vom  Ziele  der  Operation  ab. 

An  die  Colpotomie  als  Coeliotomie  schliesst  sich  der  von  Dührssen  ersonnenc 
und  ausgeführte  vaginale  Kaiserschnitt  an^).  Hierbei  wird  die  Bauchhöhle  nicht 
eröffnet,  sondern,  nach  medianer  »Öffnung  beider  Scheidengewölbe,  das  Bauchfell 
subperitonäal  soweit  zurückgeschoben  als  möglich  (s.  S.  471),  dann  Cervix  und  das  frei- 
gelegte untere  Corpussegment  gespalten  und  die  Frucht  herausbefördert. 

Die  Kolpotomie  als  Operationsweg  ist  vor  allem  durch  Czerny's  Vorgehen 
Gemeingut  der  Chirurgen  und  der  operirenden  Gynäkologie  geworden;  man  versucht 
jetzt,  wenn  irgend  etwas  aus  dem  kleinen  Becken  zu  entfernen  ist,  und  wenn  es  irgend 
möglich  ist,  diesen  Weg.  Die  Exstirpatio  uteri  vaginalis  geschieht  ja  in  dieser  Weise. 
Ferner  operirt  man  die  Adnextumoren  seit  einigen  Jahren  durch  Kolpotomie,  desgleichen 
Myome  und  andere  Beckentumoren.  Auch  zur  Arteria  uterina  dringt  man  von  hier- 
her vor. 


1)  Leo,  A.,  Die  sakrale  Methode  der  Totalexstirpation  des  carcinomatösen 
Uterus.    Dissert.  ing.  Berlin,  1897. 

2)  Vgl.  hierzu:  Abel,  K.,  Zur  Technik  der  vaginalen  UterusExstirpation.  Arch. 
f.  Gynäkologie,  Bd.  46.  1894.  —  Olshausen,  R.,  Die  Prinzipien  der  vaginalen  Exstir- 
pation  des  carcinomatösen  Uterus.  Verhandl.  des  25.  Kongresses  der  Deutschen  Ge- 
sellschaft für  Chirurgie.  Berlin,  1896.  —  Jonnesco,  Th.,  De  l'hyst^rectomie  totale 
vaginale  et  abdominale.    Congr^s  francjais  de  Chirurgie.   IL  Session.   Paris,  1897. 

3)  Vgl.  hierzu:  Nagel,  W.,  I.e.  [S.  147]  (Anatomie  der  weibl.  Geschlechtsorgeine, 
S.  30)  undFredet,  P.,  Theorie  et  Technique  des  Ligatures  de  l'Artere  uterine.  Revue 
de  Chirurgie  par  Ollier,  Terrier,  Berger  et  Quenu.    18  annee,  Nr.  5.  1898. 

4)  Martin,  A.,  Die  Colpotomia  anterior.  Mouatsschr.  f.  Geburtshülfe  u.  Gynäk,, 
Bd.  IL  1896. 

5)  Dührssen,  A.,  Der  vaginale  Kaiserschnitt.   Berlin,  1896. 
Waldcycr,  Das  Hecken.  43 


674  öperationsanatomie. 

Die  zu  vergleichenden  anatomisciien  Daten  und  Figuren  sind  unter  Abschnitt: 
„Exstirpatio  uteri  vaginalis**  citirt. 

VI.  Die  Alqui6-Alexander'sche  Operation  bezweckt  die  Gerad- 
richtung der  Gebärmutter  durch  Zug  an  den  Ligamenta  teretia  mit  nachfolgender 
Verkürzung  und  Fixirung  derselben  zur  Erhaltung  der  Lageverbesserung.  Um  einen 
hinreichend  kräftigen  Zug  an  den  Ligamenta  teretia  ausüben  zu  können,  müssen  die- 
selben im  Leisten kanale  selbst  aufgesucht  werden,  welches  durch  Spaltung  seiner 
vorderen  Wand  vom  subkutanen  Leistenringe  aus  zu  geschehen  hat.  Der  Zug  soll 
nicht  in  brüsker  Weise  ausgeführt  werden,  da  sonst  Gefahr  der  Zerreissung  des 
Bandes  besteht.  Andererseits  gehe  man  nicht  zu  weit  gegen  den  subperitonäalen 
Leistenring  vor  und  hüte  sich  insbesondere  bei  Bestehen  eines  Nuck'schen  Divertikels 
vor  Verletzung  desselben.  Vergleiche  über  alles  Weitere  Seite  489,  Kapitel  „Rundes 
Mutterband**  und  die  Figuren  88 d,  e  und  f. 

VII.  Kastration.  Zur  Ausführung  der  Kastration  wird  die  T  r  e  n  d  e  1  e  n  - 
burg'sche  L^age  (Fig.  31  Seite  74)  gewählt.  Sind  keine  besonderen  Kompli- 
kationen vorhanden,  und  handelt  es  sich,  wie  bei  dieser  Operation  im  strengen  Wort- 
sinne, um  ein  Ovarium  gewöhnlicher  Grösse,  so  genügt  ein  5—6  Centimeter  langer 
Schnitt  in  der  Linea  alba  von  der  Symphyse  angefangen.  Da  keine  Geschwulst  vor- 
liegt, ist,  wie  allemal  in  solchen  Fällen,  bei  der  Eröffnung  der  Bauchhöhle  im  letzten 
Akte  die  grösste  Vorsicht  nöthig,  um  den  Darm  nicht  zu  verletzen.  Man  tastet  sich 
vom  Uterus  zum  Ovarium  hin  und  zieht  dasselbe  vor.  Die  Gefässe  sind  sicher  zu 
unterbinden.    Vgl,  Fig.  82  und  Fig.  85. 

Bei  VIII.  Adnex o  per ationen,  wird  in  derselben  Weise  verfahren;  nur  sind  hier, 
und  auch  bei  Adhäsionen  des  Ovarium  mitunter  ganz  ausserordentliche  Schwierig- 
keiten bei  der  Entfernung  der  Theile  zu  überwinden.  Von  äusserster  Wichtigkeit 
ist  immer  eine  sichere  Unterbindung  der  Gefässe,  die  am  besten  isolirt  vorgenommen 
wird,  wenn  es  möglich  ist.  Man  vergleiche  hierzu  die  Figuren  82  und  85,  sowie  den 
Text  Seite  514—520. 

Wie  bemerkt,  ist  auch  die  Kolpotomie  neuerdings  für  die  Entfernung  der  Ad- 
nexa  uteri  in  Aufnahme  gekommen. 

Da  jüngst,  insbesondere  in  Farabeuf,  Varnier  u.  A.,  die  „Symphyseotomie" 
wieder  warme  Vertheidiger  gefunden  hat^),  so  sollen  hier  wenigstens  die  Textseiten 
und  die  Figuren  aufgeführt  werden,  welche  zu  Rathe  zu  ziehen  wären:  S.  33,  229, 
230,  242  und  432-43G.  Figuren  59a,  64,  78—80.  Vgl.  Müllerheim,  R.,  Die  Sym- 
physeotomie.    Samml.  klin.  Vorträge.   N.  Folge,  Nr.  91.  1895. 


1)  Vgl.  Farabeuf,  Dystocie  du  Detroit  sup^rieur.  Mecanisme,  Diagnostic,  Trai- 
tement.  Symphys^otomie,  Paris,  1894,  Masson.  u.  a.  —  Lop,  P.  A.,  La  symphys^oto- 
mie.   Gazette  des  hopitaux,  1895,  Nr.  47. 


.    Registei*. 


f  hinter  einer  Zähl  bedeutet  die  Zugehörigkeit  zum  weiblichen  Körper; 
e  verweist  auf  das  Kapitel  ^Entwicklungsgeschichte". 


Abortus  616. 

~  tubarer  613. 

Abscessus  pelvis  618. 

Acanthopelis  119. 

Aditus  pelvis  45. 

Adminiculum  lineae  albae 
230. 

Adnex a  uteri  463. 

Adnexoperationen  674. 

Adnextumor  525. 

Aeussere  männliche  Ge- 
schlechtsorgane 231,  354, 
389, 

—  weibliche  Geschlechts- 
organe 549;  s.  auch  unter 
Geschlechtsorgane. 

After  261,  445  f. 
Aftergrube  646,  651. 
Aftemiembran  640. 
Afteröffnung  637  e,  638 e. 
Afterschweif  band  153. 
Albuginea  clitoridis  565. 

—  penis  358. 

—  testis  371. 

Alcock'scher  Kanal  192,  216. 
Allantenteron  640. 
Allantois  640. 
Allantoisgang  582. 
Alqui^-Alexander'sche  Ope- 
ration 491,  674. 

Amenorrhoe  578. 
Amnion  579. 
Amplitudo  pelvis  47. 
Ampulla  ductus  deferentis 

344. 
Lage  346. 

—  recti  547. 

—  tubae  uterinae  502. 
Amputatio  penis  671. 
Analdarm  652  e. 
Analhaut  418. 


Analhöcker  651. 
Anatomia  graviditatis  574, 
579. 

—  lactationis  574. 

—  menstruationis  574. 

—  puerperii  574,  611. 
Angelligamente  487. 
Angiomyome  502. 
Angle  en  dos  d'ane  80. 
~~  rentrant  83,  85. 
Angulus  clitoridis  566. 

—  ischiadicus  79. 

—  lumbosacralis  96. 

—  m.  obturat.  int.  240. 

—  pubis,  Lage  78. 
Angustia  pelvis  48. 
Anhänge    des    ßete    testis 

381. 
Annulus  femoralis  17. 

—  haemorrhoidalis  273. 

—  praeputialis  356. 

—  prostaticus  400. 

—  urethralis  400,  406. 
Anorchismus  395. 
Anthropoidenbecken  102. 
Anus  261,  275,  445  f,  641  e. 

—  Anlage  u.  Umwandlung 
in  bleibende  Form  616. 

—  infundibuliformis  285. 

—  Lage  279. 

—  pathologische  Zustände 
281. 

—  penilis  665. 
Apertura  pelvis  inf.  48. 

superior  45. 

Apex  ossis  coccygis  27. 
Aponevrose  ombilico-vesi- 

cale  229. 
Appendices  vesiculosae528, 

529. 
Appendix  epididymidis  380. 

—  testis    (Morgagnii)    371, 
380,  381,  656  e. 


Arcus  suprapiriformis  243, 
244,  622. 

—  tendineus  fasciae  pelvis 
624. 

m.  levatoris   ani  85, 

209,  624. 
Area  interureterica  294. 

—  praeurethralis  295. 

—  trigonalis  vaginae  539. 
Arteria  azygos  vaginae  538. 

—  bulbi  urethrae  213. 
vestibuli  567. 

A.  circumflexa  femoris  la- 
teralis 141. 
med.  138. 

—  deferentialis  352,  377. 
Anomalie  249. 

Aa.  dorsalis  clitoridis  566. 

penis  214. 

Lage  355. 

A.  epigastrica  inf.  177. 

lateralis  176. 

superficialis  142. 

—  femoralis  139,  141. 

—  glutaeae  141. 

—  glutaea  inferior  161. 

Varietät  169. 

superior  83,  161. 

Stichverletzungl70. 

—  haemorrhoidalis  inferior 
213. 

med.  272, 

sup.  272. 

—  iliaca  comm.,  Grube  an 
ihr  417. 

—  iliolumbalis  141. 

—  lumbalis  140,  141. 

—  obturatoria  138, 139,  179. 
Ramus  acetabuli  40. 

—  ovarica  512, 

—  penis  200,  213. 

—  perinei  200,  213, 

—  profunda  penis  214,  358. 


6<6 


ßegistei". 


A.pudenda  externa  138, 139. 

interna  138,  139,  140, 

141. 
Anomalien  212, 215. 

—  sacralis  lateralis  140, 141. 

—  scrotales  posteriores  200. 

—  spennatica  interna  377. 

—  testicularis  377.  378. 

—  umbilicalis  248. 

—  urethralis  214. 
~  uterina  474. 

—  —  Kreuzungsstelle    mit 
Ureter  474. 

—  . —  in  der  Schwanger- 
schaft 606. 

—  —  Unterbindung  673. 

—  uteroplacentares  584. 

—  vesicalis  inf.  r)37. 

—  —  superior  249. 
Articulatio    sacroiliaca    30. 

133. 
Articulation     medio-coccy- 

gienne  27,  51. 
Atresia  ani  simplex  664. 

—  —  urethralis  664. 
uterina  664. 

—  —  vesicalis  664. 

vulvo vaginalis  664. 

Atresie  der  Scheide  666. 
Ausspritzungsgänge  343. 
Austreibungsperiode  608. 
Autosit  128,  662. 

Axis  conjugata  45. 

—  pelvis  54. 

Balkenblase  315. 
Bandeiette  presciatique244. 
Bänderbecken    von   hinten 
63. 

—  von  der  Seite  67. 

—  von  vorn  58. 
Bartholin'sche  Drüse  564. 

—  —  Ausmündung  554. 

Gefässe  u.  Nerven  564. 

Entwicklung  653. 

pathologische  Verhält- 
nisse 569. 

Bas-foud  der  Harnblase  289. 

Basis  bulbi  urethrae  359. 

Bauchblasengenitalspalte 
664. 

Bauchfellfalten  644  e. 

Bauchschwangerschaft,   se- 
kundäre 612. 

Bauchstiel  581,  582. 

Becken,  siehe  auch  Bänder- 
becken u.  Pelvis. 

Becken  1. 

—  abnorme  107. 

allgemein  gleichmäs- 

sig  verengtes  109. 

—  —  coxalgisches  118. 

Doppelluxations-  113. 

einfach  plattes  110. 


Becken,  abnorme,  enges  109. 

hohes  108. 

infantilesWeiber-109. 

—  —  kyphotisches  113. 
Omega  form  115. 

—  —  osteomalacisches  114. 
pseudoosteomalaci- 

sches  115. 

—  —  querankv  lotisches 
115. 

—  —  querverengtes  113. 
rachitisch  plattes  110. 

—  —  rachitisch-skolioti- 
sches  118. 

—  —  schrägankvlotisches 
116. 

_  „  schrägverengtes  116. 

spondylolisthetisches 

111. 

—  —  ungleichmässigver- 
engtes  110. 

Trichter-  114. 

—  —  viriles  Weiber-  109. 

—  —  weites  109. 

—  Altersunterschiede  14, 90. 

—  Altersveränderungen  96. 
~  Asymmetrie  55. 

—  äusseres  Bild  5. 

— Dammansicht  10. 

—  Rückenansicht  7. 

Seitenansicht  10. 

— Untere  Ansicht  10. 

—  __  —  Vorderansicht  5. 

—  Begrifisbestimmung  1. 

—  Behaarung  143. 

—  Bindegewebe  618,  630. 

—  Charakteristik  2. 

—  dolichopelischos  101. 

—  entzündliche  Zustände 
132. 

—  Formentwicklung  93. 
~  Gegenden  3. 

—  Grenzen  1. 

—  Grenzfurchen  5. 

—  Grenzlinien  5. 

—  Geschlechtsunterschiede 
15,  103. 

—  Geschwülste  133. 

—  Holotopie  67,  76. 

—  Indices  99,  100. 

—  Individuelle  Unterschie- 
de 12,  89. 

—  Idiotopie  67,  77. 

—  knöchernes  16. 
Blutgefässe  87,  88. 

—  —  Foramina  nutricia  87. 

Lymphge fasse  88. 

Nerven  89. 

—  Lagen  70—76. 

—  Gebärlage,  deutsche  72. 

—  —  englische  70. 

~  Knieeilen bogenlage  72. 

—  Rückenlage  72. 

—  Seitenlage  70. 

—  Ti'cndi-lenhurg'sche 
Lage  74. 


Becken,  Untersuchungs-  ti. 
Operationslagen  70. 

—  Liegepunkte  74. 

—  Mechanik  56. 

—  Muskelansätze  u.  Ur- 
sprünge 76. 

—  Missbildungen  122. 

—  mesatipelisches  101. 

—  platvpelisches  101. 
~  Parallele  48. 

—  patholog.  Zustände  106. 

—  Rassenunterschiede  12, 
99. 

—  sichtbare  u.  fühlbare 
Theile  76. 

—  Skeletotopie  67. 

—  Statik  56. 

—  Symphysenspannung97. 

—  Symmetrie  55. 

—  Svntopie  67. 

—  f  richterform  93. 

—  Umwandlung  der  kind- 
lichen in  die  ausgebildete 
Form  97. 

—  Vererbungsfaktor  97. 

—  Verknöcherungsweise90. 

—  Weichtheile,  Lateralprä- 
parat d.  von  aussen  162. 

Beckenabscesse  618,  633. 

—  Ausbreitungswege  633. 
Beckenaxe  52,  54. 
Beckenausgang  48,  63,  81. 

—  Umrahmung  72. 
Beckenbänder  28. 
Beckenbindegewebe  618, 

630. 

—  Verbindungen  nach  aus- 
sen 632. 

Beckenboden  242,  243. 

Beckenbrüche,  innere  634, 
637. 

Beckenebenen  44. 

Beckeneingang  45. 

Beckeneingangsindex  100. 

Beckeneingeweide  d.  Man- 
nes 259. 

—  d.  Weibes  438. 

—  Entwicklung  637. 
Beckenend  lagen  603. 
Beckenenge  48,  79. 
Beckenfascien  618. 
Beckenform,   Umwandlung 

97,  105. 
Beckenformen,   abnorme, 
Diagnostik  120. 

—  normale  90. 
Beckenfrakturen  130. 
BeckengeÜechte,  sympathi- 
sche primäre  256. 

sekundäre  256. 

Becken gelenke  28. 

—  Lockerung  i.  d.  Schwan- 
gerschaft 607. 

Beckengewölbe  57. 
Beckengefässe,   allgemeine 
Lage  234. 


Register. 


677 


Beckenhaut  134. 

—  Behaarung  143. 

—  Blutgefässeu.Nervenl37. 

—  Blutgefässe  u.    Nerven- 
tabelle 137,  138. 

—  Fetllager  13. 

—  pathologische   Zustände 
146. 

Beckenhöhle  78. 

—  grosse  79. 

—  kleine  79. 

—  seröse  d.  Mannes  417. 
d.  Weibes  573. 

—  Untersuchung  V.  Rectum 
aus  450. 

—  Zugangspforten  81. 
Beckenlinien  6,  44. 
Becken  luxationen  132. 
Beckenmaasse  44,  54, 
Beckenmessung  50—52. 
Beckenneigung  44,  52. 

—  abnorme  108. 
Beckennerven,    allgemeine 

Lage  234. 
Beckenplexus,   venöse   des 
Mannes  216. 

—  ^  des  Weibes  571. 
Beckenringbrüche  130. 
Beckenstellung  44. 
Beckenstückbrüche  131. 
Beckensympathicus  256. 
Beckenumfang  51. 
Beckenwand,  Weichgebilde 

134. 
Beckenweite  47. 
Befruchtungsort,    Befruch- 
tungsstelle 522,  579. 
Behaarung,  abnorme  123. 
Beihoden  381. 
Bildungen,  excessive  662. 
Bildungshemmung  661. 
Bilirubinkrystalle  511. 
Bindegewebe, subperitonae- 

ales  224. 
Bindegewebslager   des 

Beckens  631. 
Bindegewebsräume  des 

Beckens  223,     268,    298, 

445. 
Bluterguss,     retroplacenta- 

rer  610. 
Blutgefässe  der  Beckenhaut 

138. 
Blutmole  613. 
Blutungen,    menstruelle, 

pseudo-  576. 

—  in  der  Schwangerschaft, 
Geburt,  Wochenbett  617. 

Blase  s.  auch  Harnblase  u. 

Vesica  urinaria. 
Blasencentren,  nervöse  305. 
Blasenform  313.  ■ 
Blasenhals  287,  289. 
Blasenlage  306. 

—  Einfluss  d.  Rektum fül- 
lung  308. 


Blasenmole  615. 

Blasenschambeinspalte  664. 

Blasenstcine  326. 

Blasenuntersuchung  311. 

Blasenwinkel  451. 

Blastoporus  637. 

Bogros'scher  Raum  177,632. 

Bouchon  cloacal  646. 

Bourreletgraisseuxdu  flanc 
9. 

Bourses  sereuses  professio- 
nelles 137. 

Branche  genitale  du  Nerf 
fessier  inferieur  425. 

Bride  masculine  du  Vesti- 
büle 562. 

Brustdrüse,  Beziehungen  z. 
Gebärmutter  523. 

Brüste,  überzählige  147. 

Brutraum  579,  608. 

Bubonen  180. 

Bulbourethraldrüse  653  e. 

Bulbus  cruris  penis  358. 

—  ovarii  512,  572. 

—  urethrae  354,  355,  358. 
Lage  367. 

—  vestibuli  567. 

Bursa  mucosa  coccygeal54 

glutaeofemoralesl59. 

iliaca    subtendinea 

174. 

iliopectinea  174. 

ischiadica  m.  glut. 

max.  158. 

—  —  m.  adduct.minimil60. 

—  —  —  obturat.  ext.   160. 
int.  162. 

—  —  _  pectinei  174. 

—  —  —  piriformis  160. 
quadrati  femoris 

160. 

^  recti  femoris  174. 

semimembranosa  et 

semitendinosa  160. 

—  —  subcutanea  sacralis 
156. 

—  —  —  spin.  iliac.  ant. 
sup.  137. 

subcutaneae  pelvis 

137. 
tendinis  obturat.  int. 

160. 

trochanterica  137. 

— in,  glut.  max.  158, 

159. 
med.  ant.  et 

post.  159. 

—  —  __  —  min.  160. 

tuberis  ischiadici  137. 

Bursa  inguinalis  657. 

—  ovarica  573. 

—  ovarii  520. 


Calculi  praeputiales  369. 
Callusbecken  120. 
Canalis  cervicis  465,  467. 

—  obturatorius  35  tf.,  421  f. 

—  n euren  tericus  638. 
--  renalis  643. 
Carcinoma  syncytiale  615. 
Carina  urethralis  553. 
Carunculae  hymenales  535, 

564. 
Cavum  pelvis  musculare 

233,  436  f.,  619. 

osseum  233,  620. 

serosum  233,  619. 

l'eminae  573. 

—  —   —  maris  417. 

—  Retzii  226. 

—  scroti  386. 

—  uteri  465. 

Central   point   of  the  Peri- 
neum 190. 
Centrum  anospinale  275. 

—  genitospinale  275. 

—  perinealel90,  219,  431f., 
629. 

Cervix  uteri  463. 

Bau  470. 

der  Schwangeren  589. 

—  ~  Erweiterungen  U.Ver- 
engerungen 497. 

Chloasma  uterinum  607. 
Chorioepithelioma  malig- 

num  615,  616. 
Chorioma  615,  616. 
Chorion  579,  581,  582. 
Chorionzotten  582. 
Chylocele  677.  394. 
Circulus  arteriosus  Hu- 

guieri  475. 
Cisterna  chyli  251. 
Clado,  Ligamentum  531. 
Clitoris  565. 

—  Missbildung  665. 
Coccygodynie  156,  440. 
Coeliotomia  posterior  670. 

—  vaginalis  673. 
Coelomparasit  663. 
Colique  spermatique  351. 
Colles'scher  Raum  194. 
Collet  du  Bulbe  405. 
Colliculus  seminalis  337, 

401,  656  e. 
Collum  penis  356. 

—  vesicae  287,  289. 
Colon  pelvien  261,  262. 
Colpotomia  673. 
Columnae  rectales  265. 

—  rugarum  ant.  etpost.534. 
Commissura  anterior  lab. 

pud.  552.  558. 

—  posterior  558. 
Commissurae  labiorum  558. 
Compressor  glandulae  bul- 

bourethralis  407. 


678 


Register. 


Compressor  Glandulae  vesti- 
bularis  427. 

—  lateralis  vaginae  430. 

—  recti  210. 

—  urethrae  et  vaginae  late- 
ralis 427  f. 

Conjoined  tendon  176. 
Conjugata  anatomica  47. 

—  diagonalis  49. 

—  externa  49. 

—  normalis  50. 

—  obstetricia  49,  112,  122. 

—  Vera  45,  46,  49. 
Conus  inguinalis  657. 
Constrictor  cunni  426. 

—  radicis  penis  426. 
Corona  glandis  356. 
Corpora  albicantia  511. 

—  cavernosa  penis  354, 357. 
—  Ursprung  91. 

—  fibrosa  511. 

—  lutea  509,  510. 

Funktion  512. 

vera  511. 

spuria  511. 

Corpus  adiposum  ischio- 

rectale  208. 

labii  majoris  135.  555. 

obturatorium  37,  82. 

—  cavernosum  clitoridis 
565. 

glandis  360. 

urethrae  354,  358. 

—  clitoridis  565. 

—  Higbmori  374. 

—  penis  355. 

—  proprium  uteri  463. 

—  uteri  463. 

—  vaginae  534. 
Cowper*sche  Drüsen  415, 

653  e. 

—  Ductus  excretorius  412, 
416. 

—  Gefässe  416. 

—  Lyniphgefässe  416. 

—  Nerven  416. 
Cotyledonen  586. 
Coxalgie  132. 

Coxitis  tuberculosa  118. 
Crena  ani  7,  15. 
Crista  iliaca,  muskelfreier 
Theil  66,  350. 

—  obturatoria  anterior  36, 
61. 

posterior  86. 

—  urethralis  337,  402,  458. 
Crura  clitoridis  565,  566. 

—  penis  355,  358,  369,  515, 
516,  642. 

Crus  tendineum  obturat.  ex- 
ternum  41,  43. 

internum  43. 

Cumulus  oophorus  509. 

Curvatura  praepubica  ure- 
thrae 398,  410. 

^  öubpubica  398. 


Cystadenomo  d.  Uterus  502. 
Cysten,  seröse  des  Samen- 
stranges 658  e. 
Cystocele  635. 

Damm  189,  422  f. 

—  Aeusseres  Bild.  Einthei- 
lung.  Umgrenzung  188. 

—  Allgemeines  188,  422  f. 

—  Anlage  u.  Umwandlung 
in  bleibende  Form  646. 

—  definitiver  651. 

—  Haut  desselben  137. 

—  Präparation  190. 

—  primärer  651. 

—  Topographische  Ueber- 
sicht  192. 

—  pathologische  Zustände 
219. 

Dammgegend  188,  422  f. 

—  Präparation  (nach  Nuss- 
baum)  192. 

Dammlippen  651. 
Dammuskeln,   Nerven  der- 
selben 219. 
Dammrisse  570. 
Dammsaum  559. 
Dammschutz  70. 
Dammwulst  554. 
Darm,  ektodermaler  652. 
Darmbeincrista  Lage  78. 
Darmbeinschaufel  60. 

—  dünnste  Stelle  60. 
Decidua  basalis  580. 

—  capsularis  580,  588. 

—  retiexa  581. 

—  serotina  581, 

—  Vera  580. 
Deciduazellen  583. 

—  Herkunft  584, 
Deciduoma  malignum  615. 
Decubitus  137. 
Defectus  recti  partialis  et 

totalis  664. 

—  totalis  organorum  662. 
Denonvilliers'sche  Fascie 

626. 
Descensus  ovarii  523. 
— •  ovariorum  657  e. 

—  testiculorum391,657,675. 

—  tubae  523. 
Diameter  Baudelocquii  49. 
Diaphragma  pelvis  82,  192, 

209,  480  f. 

rectale  430  f. 

Diomphalie  663. 
Diphallus  665. 
Dislocationsbecken  119. 
Distantia  spinarum  50. 

—  cristarura  50. 

—  sacrocotyloidea  47. 
— -  trochanterum  50. 
Diverticulura  Nuckii  493, 

658, 


Dolores  ad  partum  608. 
Doppelbildungen,   parasi- 
täre 128. 
Dotter  509. 
Dotterblase  582. 
Dotterblasengefässe  582. 
Dottergang  582. 
DougIas*scher  Raum  446. 

—  Atrium  446. 

—  Fundus  446. 

—  Tiefstand  636. 
-—  vorderer  455. 
Douglas'sche  Räume  573. 
Ductuli  aberrantes  epididy- 

midis  382. 

—  efferentes  testis  376,  377. 
Ductulus  aberrans  Inf.  (Hal- 

leri)  388. 

Lage  388. 

Ductuli  efferentes  376,  377. 
Ductus  allantoidis  582. 

—  deferens  165,  351,  377. 

Ampullen  343. 

Ductus  ejaculatorii 

343. 

Entwicklung  656. 

Gefässe  345. 

—  —  Kreuzungen  353. 
Lage  310, 333, 352, 617. 

—  —  Missbildung  665. 

Nerven  345. 

Resecfcion  353. 

—  ejaculatorius  337. 

—  epididymidis  377. 

—  excretorius  gl.  bulboure- 
thral.  359. 

ves.  seminal.  343,  344. 

—  epoophori  longitudinalis 
529,  655  e. 

—  MÜlleri  641. 

—  paraurethralis  458,   552, 
560,  655  e. 

—  vitellointestinalis  582. 
Duncan'sche  Falten  611. 

—  Stellung  d.  Placenta610. 
Duplicitas  aequalis  662. 

—  completa  662. 

—  Inaequalis  662. 

—  incompleta  662. 
Duralsack,  Ende  24. 
Durchschneidungsakt  609. 
Durchtrittsschlauch  608. 
Dysmenorrhoea  578. 

—  membranacea  578. 

E. 

Ectopia  testis  395. 
Eichel  des  Penis  355. 

—  der  Klitoris  565. 
Eichelhaut  356. 

Ei  507,  508,  510. 

—  Einbettung  579,  580, 

—  tautomeniales  577, 
EifoUikel  507,  654 e, 
Eierstock  506, 


Register. 


679 


Eierstock,  Adhäsionen  524. 

—  Altersverschiedenheiten 
520. 

—  Anatomische  Vorbemer- 
kungen 506. 

"  Anhänge  528. 

—  Arterien  £12. 

—  Beweglichkeit  519. 

—  Bezieimngen  zum  Liga- 
ment, latum  517. 

—  Blutungen  524. 

—  Descensus  658. 

—  Einfluss  auf  dieFrau  461. 

—  entzündliche  Verände- 
rungen 524. 

—  Ergüsse  524. 

—  Form  520. 

—  Gefässe  512. 

—  Hochlage  518. 

—  Holotopie  515. 

—  Lage  514. 

zum  Rectum  450. 

—  kompensatorische    Hy- 
pertrophie 522. 

—  Lymph gefässe  513. 

—  Maass-  u.  Zahlentabelle 
521. 

—  Missbildungen  667. 

—  Nerven  513. 

—  Neubildungen  526. 

—  pathologische  Zustände 
523. 

—  physiologische  und  prak- 
tisch medizinische  Bemer- 
kungen 521. 

—  Retentionscysten  525. 

—  Skeletotopie  516. 

—  Struktur  507. 

—  Syntopie  516. 

—  Tieflage  518,  545. 

—  Traumen  525. 

—  Venen  512. 

—  Vorderlage  519. 
Eierstöcke,  überzählige  527, 

667. 

—  in  der  Schwangerschaft 
606. 

Eierstocksband,  oberes  644. 
Eierstocksschwangerschaft 

612. 
Ejakulation  373. 

—  Nerveneintluss  368. 
Eihäute  579. 

—  Entwicklung  579. 

—  Topographie  586. 
Elcphanliasis  scroti  147. 
Elytrocele  635. 

Em  inentiailiopectinea  60,62. 

—  retropubica  33,  63,  242. 
Enddarm  637,  651  e. 
Endometritis  498. 
Endometrium  467. 
Ensellure  lombosacree  phy- 

siologique  14. 
Epididymis  376. 
Epiphysenlösungen  133, 


Epiphyses  marginales  92. 
Epispadia  clitoridis  665. 

—  penis  665. 
Epithelhörnchen  650. 
Epithelium  germinativum 

508. 
Epoophoron  528,  655 e. 
Erektion  des  Penis  368. 
--  der  Klitoris  566. 
Eröffnungsperiode  608. 
Erosion,  physiologische  488, 

537. 
Eversio  labiorum  537. 
Excavatio    parietovesicalis 

299. 

—  pubovesicalis  299. 

—  rectouterina  (Douglasi) 
446. 

Fundus  456. 

—  rectovesicaiis  269,  270, 
418. 

—  vesicouterina  455,  574. 

Fundus  456. 

Exfoliatio    mucosae    uteri 

menstrualis  578. 

Exitus  pelvis  48. 

Exstirpatio  uteri  abdomina- 
lis 673. 

parasacralis  et  sacra- 

lis  673. 

—  —  vaginalis  673. 
Exstrophia  vesicae  664. 

F. 

Facies  pelvina  oss.  sacri  58. 
Falx  inguinalis  176. 
Farre'sche  Linie  506,  532. 
Fascia  clitoridis  565. 

—  Cooperi  223,  385. 

—  cremasterica  223,  385, 
657  e. 

—  diaphragmatica  224. 

—  endoabdominalis  224. 

—  endogastrica  224. 

—  iliaca  173,  224. 

—  iliopectinea  173. 
(Fettkörper)  173. 

—  intercolumnaris  223. 

—  intraabdominalis  224. 

—  lata  (tiefes  Blatt)  173. 

—  pelvis  224,  618. 

parietalis  234,  620, 

visceralis  234,  624. 

penis  354,  362. 

—  perinei  198,  424  f.,  626. 

—  —  Präparation  191. 

—  propria  (Velpeau)  225. 

—  —  m.obliqu.ext.abdom. 
223. 

—  recti  268,  270,  448  f. 

—  renalis  331. 

—  recto vaginalis  448. 

—  rectovesicaiis  341,  625, 
626. 

—  Scarpae  222, 


Fascia  subperitonaen  los  226. 

—  superficialis     abdominis 
222. 

—  transversalis  222, 224,230, 
384. 

celluleux  (Riebet)  225. 

fibreux  (Richet)  225. 

—  vesicae  226,  229,  298. 
Fascien  des  Bauches,  inter- 
muskuläre 223. 

—  der  Bauchwand  im  all- 
gemeinen 221. 

—  der  Beckenmuskeln  628. 

—  der  Dammmuskeln  628. 
Fettkörper  im   Canalis  in- 
guinalis 494. 

—  im  Spatium  prae-  et  peri- 
vesicale  228. 

Fettlager  derBeckenhaut  1 3. 
Fimbria  ovarica  503,  531. 
Fimbrien  503. 
Fissura  genitalis  665. 
~  vesicalis  664. 

—  vesicoabdominalis  664. 
Fistula  urachi  et  vesicae  664. 
Fleischmole  613. 
Flexura  marginalis  329. 
Foetale  Reste  528. 
Folliculi    oophori    primarii 

507. 

vesiculosi  507,  510. 

Follikel,  atretische  510. 
Foramen  infrapiriforme  29, 

69. 
Durchtrittsgebildel61. 

—  ischiadicum  majus  29. 
minus  29,  63. 

—  obturatum  34,  82,  177. 
Lage  78. 

—  suprapiriforme  29,69,160. 
Foramina  ischiadica  29. 

—  sacralia  65,  82. 
ant.  60. 

Fornix  vaginae  465, 534,536. 
Fossa  bulbi  403,  405. 
Erweiterung  414. 

—  frenuli  357. 

—  hypogastrica  240. 

—  iliacae  417. 

—  iliopectinea  173. 

—  ischiorectalis  193. 

—  navicularis  404,405,554, 
558,  559. 

—  obturatoria  239,  437  f. 

—  ovalis  426  f. 

—  ovarica  437, 514,  518,  573. 
Gebilde  in  derselben 

516. 

—  para  vesicalis  ant.238,436. 
post.  238,  437. 

—  praeovarica  518. 

—  puboprostatica  242. 

—  retroureteri(ia  295. 

—  sacroiliaca  65. 

—  subglenoidalis  63. 
lumbosacralis  26,  58. 


680 


Register. 


Fosse   recto-pelvienne   271 

Anm. 
Fossette  f 6m orale  83. 
Fossettes  lombaires  laterales 

8Up6rieure  et  inferieureS. 
Fossula  femoralis  83. 

—  lumbalislateralisinf.  419. 
medialis  8. 

—  —  —  inferior  8. 

—  prostatica  401. 
Fosöulae  lumbales  laterales 

inf,  120,  121. 
superior  et  inferior  8. 

—  nymphohymenales  biyS, 

—  sacrales  121. 
Fovea  femoralis  240. 

—  inguinalis  lateralis  240. 
medialis  240. 

—  supravesicalis  240,  299. 

—  parautcrina  517. 
Foveola  coccygea  146. 
Frenula   cristae    urethralis 

337. 
Frenulura  clitoridis  552. 

—  glandis  650  e. 

—  labiorum    pudendi    552, 
558,  559. 

—  praeputii  357. 
Fruchtblase  588,  609. 
Fruchtwasser  583. 
Frühgeburt  616. 
Führungslinie  54. 
Fundus  excavation.  recto- 

vcsicalis  271. 

—  uteri  463. 
Funiculus  bifurcatus  663. 

—  spermaticus  382. 
Fusslagen  603. 

G. 

Ganglion  cervicis uteri 479. 

—  coccygeum  256. 

—  ovarii  513. 

Gartner'sche  Kanal  528, 529. 
Gebiirmutter  463. 

—  Altersverschiedenheiten 
488. 

—  anatomische  Vorbemer- 
kung 463. 

—  Arterien  474. 

—  Befestigungen  486. 

—  Beweglichkeit  486,  487. 

—  Beziehungen  zumBauch- 
felle  471. 

zur  Brustdrüse  523. 

—  Form  und  Theiie  463. 

—  Gefässe  472. 

—  Idiotopie  481,  486. 

—  Lage  480. 

—  —  normale  481. 
typische  481,  482. 

—  Antepositionen  481. 

—  Depressionen  481. 

—  Deviationen  482. 

—  Elevationen  481. 


Gebärmutter,  Flexio  481. 

—  Lateropositionen  481. 
— -  lletropositionen  481. 

—  Torsio  481,  484. 
--  Versio  481. 

—  Lymphgefässe  477. 

—  Maasstabellc  496. 

—  Muskelfasern,  gestreifte 
467. 

—  Nerven  479. 

—  Neubildungen  499. 

—  pathologische  Zustände 
497. 

—  physiologische  u.  prak- 
tisch medizin.  Bemerkun- 
gen 521. 

—  Skeletotopie  484. 

—  Struktur  467. 

—  Syntopie  485. 

—  Venen  476. 
Gebärmutter,    schwangere 

Artericm  588. 

Bau  588. 

Form  598. 

—  —  Form,  Grösse,  Lage 
in  d.  einzelnen  Monaten 
592. 

—  —  Lymphgefässe  589. 

—  —  Maasstabelle  617. 
Nerven  589. 

—  —  Syntopie  596. 
Gebärmutterfisteln  499. 
Gebärmutterhals  463. 
Gebärmutterkörper  463. 
Geburtskanal  58. 
Geburts Vorgang,  Anatomie 

des  608. 
Gekröse  644 e. 
gelbe  Körper  510. 
Genitalkanal  655. 
Genitaln  er  v  enk  ör  perchen 

366. 
Genitalstrang  656. 
Genitofemoralfurche  5. 
Geradlagen  601. 
Gesamthoden  371. 

—  Lage  391. 
Gesässfurche  2. 
Gesässgegend  157,  421  f. 

—  Allgemeines  u.  Zugehö- 
rigkeit 157. 

—  Aeusseres  Bild  und  Ab- 
grenzung 157. 

—  Pathologische  Verhält- 
nisse 167. 

—  Topographische  Ueber- 
sicht  158. 

Geschlechtsdrüsen  638. 
Geschlechtsfalten  646,  650. 
Geschlechtshöcker  645. 
Geschlechtsorgane,  äussere 
weibliche  549. 

—  Altersverschiedenheiten 
568. 

—  Einleitende  Bemerkun- 
gen 549. 


Geschlechtsorgane,  ä.  w., 
einzelne  Theiie  549. 

—  Entwicklung  650. 

—  Grenze  zwischen 
Schleimhaut  u.  Haut  135, 
136,  549. 

—  Holotopie  551. 

—  Idiotopie  551. 

—  Lage,  verborgene  10. 
-—  Missbildungen  667. 

—  Nomenklatur  549. 

—  Pathologische  Zustände 
568. 

—  in  der  Schwangerschaft 
607. 

~  Skeletotopie  554. 

—  Anlage  und  Umwand- 
lung in  bleibende  Form 
646. 

—  Entwicklung  638. 

—  des  Mannes  335. 

—  des  Weibes  461. 
Geschlechtsprodukte,  Lei- 
tungswege der  638. 

Geschlechtsthätige  Zustän- 
de des  Weibes  574. 

Geschlechtswülste  646. 

Gesichtslagen  602. 

Girald^s  Organ  381,  656 e. 

Glabella  coccygea  146. 

Glandula  bulbourethralis 
202,  203,  367,  415. 

—  Cowperi  415. 

—  vestibularis  major  (Bar- 
tholini) 564,  653  e. 

Glandulae  circumanalesl35, 
267. 

—  periurethrales  561. 

—  praeputiales  135,  361. 

—  vestibuläres  minores  560. 
Glans  clitoridis  552,  565, 

650  e. 

—  penis  354,  355,  359,  650  e. 
Glomera  venosa  haemor- 

rhoidalia  273. 
Glomus  coccvgeum  154,419. 
Glutäalfalte  136. 
Glutäalfurche,  laterale  9. 
Glutaeustasche  160. 
Gouttifere  sacr^e  65. 
Geschwulstbecken  120. 
Graafsche  Follikel  507,  509. 
Graviditas   intramuralis 

612. 
-—  interstitialis  612. 

—  tubaria  612. 
Graviditätsanatomie  579. 
Greisenbecken  96. 
Greisenblase  315. 
Gubernaculum  testis  (Hun- 

teri)  658  e,  371. 
Gu^rin'sche  Falte  404. 
Guthrie'scher  Muskel  205. 


Register. 


681 


Habenulae  urethrales  560. 

562. 
Haftwurzeln  583. 
Haftzotten  583. 
Haematocele  393,  613. 
Hämatoidinkrystalle  (Vir- 

chow)  511. 
Hämatom,    intraligamentä- 

res  613. 

—  subepitheliales  576. 
Haemorrhoiden  283. 
Hauptebene  49. 
Hauptspindel  (Ureter)  328, 

612. 
Hautgrübchen  136. 
Haut  zuSehleimhaut-Ueber- 

gäiige  135. 
Harnblase  des  Foetus  314. 

—  Entwicklung  641,  652. 

—  d.  Kinder  308.  314. 

—  weiblicher  Kinder  455. 
Harnblase  des  Mannes  287. 

—  Altersunterschiede  313. 

—  Arterion  302. 

—  Basfond  289. 

—  Basis  289. 

—  Bau  296. 

~  Befestigung  301. 

—  Beziehung   zum  Bauch- 
felle 298. 

z.  N.  pudendus  z.  319. 

—  Blutungen  323. 

—  Centren  319,  320. 

—  falsclie  325. 
~  Fascien  298. 

—  Form  u.  Theile  287. 

—  Fundus  347. 

—  Hirncentren  320. 

—  Innere  Wand  291. 

—  Kapacität  290. 

—  Lymphgefässe  303. 

—  MaasstabeJle  316. 

—  Nerven  304. 

—  Nervenbahn,  obere  sym- 
path.  318. 

untere  spinal.  318. 

—  Neurosen  323. 

—  operative  Zugänge  311, 

—  Pathologische  Verhält- 
nisse 322. 

—  Physiologische  Bemer- 
kungen 318. 

—  Richtung  297. 

—  Rückenmarkscentren 
319. 

—  Schleimhautresorption 
323. 

—  Rücklauf  V.  Harnröhren- 
inhalt 322. 

—  —  V.  Blaseninhalt  in  d. 
Ureteren  322. 

—  Schüsaelform  289. 

—  Venen  303. 

—  Verletzungen  324. 


Harnblase  des  Mannes,  Ver- 
schluss 320, 
Harnblase  des  Weibes  451. 

—  Blutgefässe  457. 

—  Form  451. 

—  Kapacität  452. 

—  Lagebeziehungen  452. 

—  Muskulatur  458. 

—  Verhalten  z.  Bauchfelle 
455. 

Harnblasenrupturen  324. 
Harnblasentonus  320. 
Harndrang  320. 
Harnentleerung  320. 

—  Störungen  323. 
Harnleiter  des  Mannes  328. 

—  des  Weibes  543. 

—  besondere  Verhältnisse 
547. 

—  Maasstabelle  548. 
Harnleiterwülste  312. 
Harnorganc  des  Mannes  286, 

—  des  Weibes  451. 

—  Anlage  u.  Umwandlung 
in  bleibende  Form  646. 

—  Missbildungen  664. 
Harnröhre,  männliche  397. 
~  Abschnitte  398. 

—  Altersverschiedenheiten 
413. 

—  Drüsen  458. 

—  enge  Stellen  (Anm.)  413. 

—  Entzündliche  Verände- 
rungen 415. 

—  feinerer  Bau  408. 

—  Form,  Lauf,  Kaliber  397, 
404. 

—  Fremdkörper  415. 

—  Gefässe  409. 

—  Lagebeziehungen  410. 

—  Lymphgefässe  409. 
--  Maasstabelle  412. 

—  Muskulatur  405. 

—  Nerven  409. 

—  Pathologische  Zustände 
414. 

—  weite  Stellen  413.  (Anm.) 
Harnröhre,  weibliche  457. 

—  Bau  458. 

—  Form,  Dimensionen  457. 

—  Gefässe  460. 

—  Nerven  460. 

—  pathologische  Zustände 
460. 

—  Physiologische  Verhält- 
nisse 460. 

—  Theile  457. 

—  Verlauf  u.  Lage  459. 
Harnröhre.  Entwicklung 

641,  652  f. 

—  pars  glandularis  et  ca- 
vernosa  652  e. 

—  pars  trigonalis  et  pro- 
statica  652  e. 

—  primitive  652,  653. 

—  Missbildung  665. 


Harnröhrenmündung, 

Form, Rassenunterschiede 

560  f. 
Harnröhrenschleimhaut, 

Nerven  365. 
Harnröhrenzwiebel  354. 
Hedrocele  635  Anm. 
Hemisphaeria  bulbi  359. 
Hemmungsbildung  661. 
Henle'sches  Band  175,  176. 
Hernia  canalis  inguinalis 

242  Anm. 

—  directa  inguinalis  242 
Anm. 

—  endopelvinae  634.  637. 

—  femoralis  pectinea  187. 

—  infrapiriformis  168. 

—  intraabdominales  637. 

—  ischiadicae  167,  421. 
Bruchhülle  622. 

—  labiales  568. 

anteriores  G36  Anm. 

posteriores  636  Anm. 

—  obturatoria  182  ff. 
Bruch  hülle  622. 

—  perinealis  634. 
Hüllen  636. 

—  —  incompletae  637. 

laterales  635. 

mediales  635. 

—  perinealis  187. 

—  spinotuberosa  168. 

—  suprapiriformis  168. 

— -  supravesicales  242  Anm. 
Hermaphroditismus  667. 

—  verus  667. 

Hesselbach'sches  Band  176. 
Hiatus  lumbosacralis  26. 
Hilus  ligamenti  lati  531,532. 

—  lumbosacralis  63. 

—  ovarii  512. 

—  testis  371. 
Hoden  370,  371. 

—  Altersverschiedenheiten 
392. 

—  Entwicklung  655. 

—  Entzündungen  395. 

—  Gefässe  377. 

—  Grösse,  Gewicht  372. 

—  Hüllen  382. 

—  kompensatorische  Hy- 
pertrophie 397. 

—  Lymphgefässe  378. 

—  Missbildung  66^. 

—  Nerven  380. 

—  Neubildungen  396. 

—  Parenchym  375. 

—  Konsistenz  372. 

-—  pathologische  Zustände 
392. 

—  Serosa  388. 

—  Struktur  374. 

—  Venen,  Klappen  378. 
Hodenanhänge  380,  381. 
Hodenapparat,  Lageverän- 
derungen 395. 


682 


Register. 


Hodenband,  oberes  644  e. 
Hodenbläschen,  seröse  382. 
Hodenhtillen  386. 

—  Gefässe  390. 

—  Nerven  391. 
Hodenhydatide  381. 
Hodensack  382,  386,  389. 

—  Gefässe  u.  Nerven  390. 

—  Hauttheil  650  e. 

—  Lao^e  232. 

—  Operationen  672. 
Holotopie  67  (Anm.). 
Houston'sche  Muskel- 
schlinge 202,  486. 

Hüftbein  16. 

—  Verknöcherungscentren 
16. 

Hüftfurche  7,  10,  68. 
Hüftgegend  157,  421  f. 

—  Pathologische  Verhält- 
nisse 167. 

—  s.  Regio  coxae. 
Hüftgelenk,  Drehpunkt  20. 

—  Nerven  133. 

—  Pfanne  60. 
Hüftpunkt  (höchster  Punkt 

des  Darmbeinkammes  10, 

17. 
Hohlmuskel  (Uterus)  608. 
Hydatiden,  Morgagni'sche 

528. 
Hydrocele  393. 

—  muliebris  493. 
Hygrome  167. 

~  reg.  ing.  182. 
Hymen  562. 

—  annularis  562. 

—  bilobatus  562. 

—  biperforatus  562. 

—  carnoaus  563. 

—  cribriformis  562. 

—  defloratus  562. 

—  Entwicklung  654  e. 

—  femininus  534,  562. 

—  timbriatus  563. 

—  imperforatus  562,  563. 
666. 

—  justo  minor  563. 

—  microperforatus  562. 
~  Verdoppelung  G6S. 
Hypogastriumfurche  5. 
Hypogastriumlinie  5. 
Hypospadia  665. 

I. 

Idiotopie  67  (Anm.). 
ileothoracopagus  664. 
IliosacralgelenkspHlt  95. 
Imlach'scher  Fettpfropf  414. 
Impressio  uterina  451. 
Incisura  iliaca  major  60. 

—  —  minor  60. 

—  ischiadica  major  67. 
minor  67. 

—  sacralis  24,  102. 


Incisura  trigoni  vesicae  294. 
Inclinaison  pubienne  96. 
Inclinatio  pelvis  52. 
Inferior  pudendal  nerve  425. 
Infundibulum  tubae  502. 
Inguinaldreieck  7. 
Inguinalfurche  5. 
Insertio  centralis  funic.  umb. 
591. 

—  furcata  funic.  umb.  591. 

—  lateralis  funic.  umb.  591. 

—  marginalis  funic.  umb. 
591. 

—  velamentosa   fun.   umb. 
591. 

Interfemineum  10. 
Interforamineum  189. 
Interstitielle  Hodenzellen 

376. 
Intervillöse  Räume  580. 

Herkunft  584. 

Inversio  testis  395. 
Involucra  testis  382. 
Ischiopubicum  60. 
Ischiopagus  664. 
Ischuria  paradoxa  323. 
Isthmus  coxae  17,  66. 

—  tubae  uterinae  502. 

—  uteri  463. 

K. 

Kaiserschnitt,  vaginaler  673. 
Kapillarsinus  580. 
Kastration  des  Mannes  672. 

—  des  Weibes  674. 
Katameniae  574. 
Katheterismus  d.  Mannes 

671. 

—  d.  Weibes  672. 
Keimbläschen  509. 
Keimdrüse  644. 
Keimdrüse,  männliche  655. 
Keimdrüse,  weibliche  654. 
Keimepithel  508,  644  e. 
Keimfleck  510. 
Kindeslagen  600. 

—  eutopische  601. 

—  dystopische  601. 

—  Idiotopie  des  Fötus  605. 
Klimakterium  575. 
Klimax  575. 

Klitoris  565. 

—  Gefässe  u.  Nerven  566. 

—  Lageverhältnisse  565. 

—  Maassverhältnisse  565. 
Klitoriswulst  552. 
Kitzler  565. 

Kloake  637,  640. 

—  ektodermale  651. 
Kloakenhöhle  645  Anm. 
Kloakenmembran  640,  650. 
Kloakenplatte  646. 

—  Durchbruch  650. 
Knickpunkt  des  Os  sacrura 

78. 


Kohlrausch'sche  Falte  265, 

446  f.,  450. 
Kolpocele  635. 
Kolpotomie  673. 
Kontraktionsring  609. 
Kopflagen  601. 
Kothabscosse  281. 
Kreuzbein  21. 

—  Asymmetrie  26. 

—  dolichohierisches  27. 

—  Länge  52. 

—  pars  pelvina  154. 

—  —  perinealis  154. 

—  platyhierisches  27. 

—  Spaitbildungen  123. 

—  subplatyhierisches  27. 

—  vordere  Fläche  155. 
Kreuzbeinbuckel  65. 
Kreuzbeindreieck  7,  9. 
Kreuzbeingegend  des 

Mannes  148. 

—  Fascienschicht  151. 

—  Grenzen  und  Form  148. 

—  Hautschicht  151. 
— -  Muskelschicht  151. 

—  Pathologische  Zustände 
156. 

—  Präparat  150. 

—  Schichtenfolge  148. 
—-  Untersuchung  150. 
Kreuzbeingegend  d.  Weibes 

418. 
Kreuzbeinkanal,  Inhalt  149. 
Kreuzbeinknickung  23, 
Kreuzbeinkrümmung  23, 

101. 
Kreuzdarmbeingrube  65. 
Kreuzraute  7,  8,  120. 
Kreuzspitzflügel  25. 
Kreuz  Wirbel,  Zahl  26. 
Kryptorchismus  395. 
Kystoskopie. 


Labia  majora  pudendi  555. 

—  minora   pudendi   552, 
650  e. 

—  Hervorragen  der- 
selben 549. 
Labium  anterius  uteri  465. 

—  posterius  uteri  465. 
Lacuna  musculorum  81. 

—  vasorum  fem.  81,  421  f. 
Lacunae  urethrales  404,408, 

458  f. 
Lamina    aponcurotica    tri- 
goni urogenitalis  203. 

—  fibrocartilaginea  inter- 
pubica  33. 

Langhans'sche    Zellschicht 

584. 
Leiomyome  501. 
Leistenbeuge  5. 
Leißtßnfurche  5. 


Register. 


683 


Leistengegend    d.    Mannes 
170. 

—  Abgrenzung,    äusseres 
Bild  170. 

—  Hautgebiet  171. 

—  pathologische  Zustände 
180. 

—  Schichtenfolge  171. 

—  Tiefere  Schichten  171. 
~  Topographische   Ueber- 

sicht  171. 

—  Zugehörigkeit.    Allge- 
meines 170. 

Leistengegend  d.  Weibes 

421. 
Leistenhoden  396. 
Leistenkanal  421  f,  493. 
Leistenring  421  f. 
Lendenraute  7,  121. 
Ligamenta  644  e. 

—  cardinalia  487. 

—  ischiocutanea  136. 

—  penis  362. 

—  puboprostatica  301. 

—  rectouterina  446. 

—  umbilicalia  302. 

—  uterolumbalia  531. 

—  uterosacra  495. 
Ligamentum     anococcy- 

geum  152,  154,  155. 

—  arcuatum  pubis  33,  435, 
566  f. 

—  caudale  151. 

—  Collesi  421  f. 

—  fundiforme  clitoridis565. 
penis  362. 

—  epididymidis  sup.  et  inf. 
371. 

—  genitoinguinale  645, 657. 
~  Gimbernati  81. 

—  Günzii  38. 

—  iliolumbale  28. 

—  ilioovarium  531. 

—  infundibulopelvicum 
516. 

~  inguinale   (Pouparti)   5, 

44,  645  e. 
reflexum  421  f. 

—  intercrurale  407,  426  f. 

—  interfoveolare  175,   176. 

—  lacunare   (Gimbernati) 
44.  81. 

—  latum  530,  533,  661  e. 
Abscesse  634. 

—  medianum  glandis  360. 

—  ovarii  proprium  506.645e. 

—  post.  canalis  obturatorii 
41. 

—  Pouparti  5. 

—  pubicum  Cooperi  44,  81. 
sup.  33. 

—  praeurethrale   192,    204, 
205,  403,  435,  566  f. 

—  sacrococcygeum  ant.  21 0. 

—  sacroiliacum  28. 
iüterosseum  26, 


Ligamentum  sacrospinosum 
29,  62,  69,  95. 

—  sacrotuberosum   29,   62, 
69,  95. 

Kreuzbeinflügel  30. 

Sitzbeinflügel  30. 

—  scrotale  Testis  371,  388, 
658  e. 

—  Suspensorium  clitoridis 
565. 

ovarii  437,  516,  532. 

penis  358,  362. 

—  teres  uteri  489,  517,  658  e. 

—  testis  645  e. 

—  transversum  colli  ut  487. 
pelvis  192,  204. 

—  umbilicale  laterale  248. 

medium  327. 

Linea  anorectalis  267. 

—  Douglas!  226. 

—  iliotrochanterica    (Fara- 
beuf)  161. 

—  interischiadica  190. 

—  muscularis  recti  7. 

—  semicircularis  226. 

—  septi  perinei  189. 

—  terminalis  61. 
Liparocele  394. 
Liquor  amnii  583. 

—  folliculi  507. 
Lissosphincterurethrae  405, 

459  f. 
Lithokelyphopädion  614. 
Lithokelyphos  614. 
Lithopaedion  613.  614. 
Littre^sche  Drüsen  408. 
Lobuli  epididymidis  377. 

—  hymenales  563. 

—  testis  375. 
Lochien  611. 

Loge  perirectale  269. 

—  praerectale  269. 

—  retrorectale  269. 

Long  pudendal  nerve  425 

Anm. 
Luette  vesicale  295. 
Luftfigur  9,  54. 
Lumbaltrichosis  123. 
Lutein  510. 
Luteinzellen  609,  510. 
Luxatio  testis  396. 
Lymphatische  Wege  des 

Beckens  633. 
Lymphdrüse,  uterovaginale 

479. 
Lymphdrüsen  des  Beckens 

251. 

—  am  Foramen   infrapiri- 
forme  162. 

Lymphektasien  d.  Regio 

ing.  181. 
Lymphgeftlsse  des  Beckens 

251. 

—  d.  Beckenhaut  143. 

—  d.  inneren  Beckenwand 
250, 


Lymphgefässe  d.  Bartholin'- 
schen  Drüse  564. 

—  d.  Cowper^schen  Drüsen 
416. 

—  d.  Eierstockes  513. 

—  d.  Harnblase  303. 

—  d.  Harnleiter  330. 

—  d.  Harnröhre  409,  460  f. 

—  d.  Hoden  378. 

—  d.  Gebärmutter  477. 

—  d.  schwangeren  Gebär- 
mutter 589. 

—  d.  Klitoris  566. 

—  d.  Mastdarmes  274. 

—  d.  runden  Mutterbandes 
495. 

—  d.  Muttertrompete  505. 

—  d.  Prostata  339. 

—  d.  Penis  364. 

—  d.  Samenblasen  352. 

—  d.  Schamberges  557. 

—  d.  grossen  Schamlippen 
556. 

—  d.  kleinen  Schamlippen 
558. 

—  d.  Scheide  538. 

—  d.  Skrotalhaut  391. 

—  d.  Ureter  330. 
Lymphoglandulae    anorec- 

tales  274. 

—  circumflexae  ilium  175. 

—  epigastricae  inferiores 
174,  175. 

—  glutaeae  superiores  160. 

—  haemorrhoidales    sup. 
274. 

—  hypogastricac  247,  251. 

—  iliacae  251. 

externae  174,  175. 

—  inguinales  174,  175. 
superficiales  143. 

—  lumbales  251. 
™  sacrales  251. 

—  subinguinales  174,  175. 

—  uterovaginalis  479. 

—  vesicales  laterales  304. 

M. 

Macula  germinativa  510. 
Maissiat'scher  Streifen  83. 
Mannweiber  521. 
Männliches  Glied  354. 
Margo  Über  ovarii  506. 

—  mesovaricus  506. 
Massa  intermedia  der  Nabel- 
schnur 582, 

Mastdarm  s.  a.  Rectum. 
Mastdarm  261,  445  f. 
--  Operationen  am  670. 
Mastdarmbruch  635  Anm. 
Mastdarmdeckel  24. 
Mechanik    des  Bänderbek- 

kens  55. 
Mechanismus  partus  610. 
Mediastinum  testis  374, 


681 


Eegister. 


Mehrfachbildungen  662. 
Membrana  intercruralis  407. 

—  intermedia  583. 

—  obturatoria  34,  37. 

—  —  ext.  43. 
Menstruatio  alba  578. 

—  nimia  578. 

—  occulta  578. 

—  praecox  578. 

—  profusa  578. 

—  tarda  578. 
Menstruation  574. 

—  Bedeutung  577. 

—  vikariirende  578. 
Menstruationsanatomie  574. 
Menstruelle  Zeit  575. 
Meplat  du  Psoas  iliacque  77. 
~  sus-inguinal  7. 
Mesangia  umbilicalia  327. 
Mesenterien  644  e. 
Mesodesma  Suspensorium 

530. 

—  teres  490,  530. 
Mesoepididymium  387. 
Mesometrium  531. 
Mesonephridium  644. 
Mesonephros  641. 
Mesorchiagogos  660. 
Mesorchium  644,  660. 
Mesorectum  262. 
Mesovarium  506,   530,   532, 

644  e. 
Mesosalpinx  531. 
Mesurachium  327. 
Metanephros  644. 
Mikrophallie  665. 
Missbildungen  661. 

—  der  einzelnen  Organe  des 
Beckens  664. 

Mittelfleischbrüche  634. 
Mittelplatten  641. 
Mola  hydatidosa  615. 
Molimina  menstrualia  578. 
Monokryptorchismus  395. 
Monomphalie  663. 
Monorchismus  395. 
Monro'sche  Linie  176. 
Mons  pubis  5,  555,  556. 

Behaarung  143. 

Morgagni'sche  Lakunen404. 

Mucosa  elasticaurethrae408. 

Musculus  (seil.  Musculi)  ab- 

ductor  coccygis  SQ^  152. 

—  adductores  84. 

—  bulbocavernosus201,406, 
425  f. 

Fascie  628. 

—  coccygeus  30, 85,  95,  211, 
430  f. 

—  compressor  bulbi  426. 

—  constrictor  radicis  clito- 
ridis  426. 

vestibuli  428. 

—  cremaster  externus  385, 
491. 

internus  389. 


Musculus  (seil.  Musculi) 
cremaster  medius  385, 389. 

—  extensores  coccygis  86, 
151. 

—  glutaei  83,  158. 

—  iliacus  84,  85. 

—  iliococcvgeus    209,    210, 
430. 

—  ischiocavernosus    202, 
426  f. 

Fascie  628. 

—  ischiococcvgeus  (Henle) 
430. 

(Holl)  430. 

—  iöchiopubicus  407,  428  f. 

—  levator  ani  209,  430  f. 

—  —  — pars  urethralis  408. 
topograph.  Bedeu- 
tung 620. 

—  ~  —  Verhältniss  z.  Rec- 
tum 267. 

—  —  prostatae  408. 

—  obturatores  41. 

—  —  obturator  ext.  (Sehne) 
162. 

internus  85,  240. 

Fascie  628. 

Winkel  des  240. 

—  piriformis  69,  85. 
Fascie  628. 

—  psoas  minor  84. 

—  —  —  Ansatz  173. 

—  pubococcygeus  155,210. 
430. 

—  puborectalis  408,  430. 

—  pubovesicales  301. 

—  prostaticus  406. 

—  recti  422,  513. 

—  recticoccygei  153,  155. 

—  rectourethralis  268. 

—  rectouterini  495. 

—  rectovesicales  301. 

—  rectus  abd.,  Ansatz  34. 
femoris  84. 

—  sacrococcygeus  anterior 
85. 

—  —  posteriores  86. 

—  sphincter   ani    externus 
208,  429  f. 

Fascie  628. 

cloacae  207. 

—  transversus   perinei   85, 
201. 

med.  201. 

superf.  201,  425  f. 

prof.  205,  428  f. 

Fascie  628. 

—  trigoni  urogenitalis  205, 
211,  427  f. 

Fascie  628. 

—  urethralis  428. 

—  urethro vaginalis  428. 

—  vesicouterini  496. 
Muskelhernien  d.  Reg.  ing. 

182. 
Muskeln  am  Becken  83. 


Müller'scher  Hügel  643,  654. 
Müller'scher  Gang  641,642, 
654. 

—  —  doppelter  642. 

beim  Manne  656. 

Trichtertheil  656. 

Mündungssaum  des  Ureter 

293. 
Mutterband,  breites  530. 

—  rundes  489. 

Bau  494. 

Festigkeit  495. 

—  —  Lymphgefässe  495. 

—  —  Nerven  u.Gefässe  495. 

—  —  in    der   SehAvanger- 
schaft  606. 

Mutterkuchen  580. 

—  hufeisenförmiger  585. 
Muttermundslippen  465,536. 
Muttertrompete  502. 

—  Altersverschiedenheiten 
520. 

—  Bau  503. 

—  besondere  Verhältnisse 
504. 

—  Gefässe  504. 

—  Lage  505,  514. 

—  Lymphgefässe  505. 

—  Maasstabelle  505. 

—  Nerven  505. 

—  pathologische  Zustände 
b'>S. 

—  physiologische  und  prak- 
tisch medizinische  Bemer- 
kungen 521. 

—  in  der  Schwangerschaft 
606. 

—  Topographie  517. 

—  Venen  5ü4. 
Myometrium  467. 
Myometritis  498. 

N. 

Nabelblase  582. 
Nabelschnur  582. 

—  Ansatz  591. 

—  Festigkeit  590. 

—  Form,  Grösse,  Lage  589. 

—  Kaliber  590. 

—  Kompression  604. 

—  Torsionen  592. 

—  Vorfall  605. 
Nabelschnur  bruch  665. 
Nabelschnurknoten,  falsche 

589. 

—  echte  589. 
Nachgeburt  610. 
Nachgeburtsperiode  608, 

610. 
Nates  9,  293. 
Natesfortsatz  11,  14. 
Nebeneierstock  520,  655  e. 
Nebenfalten  der  Nymphen 

667. 
Nebenhoden  371,  376. 


tlegistel*. 


68& 


Nebenhoden,  Bau  377. 

—  Entwicklung  656  e. 

—  feinerer  Bau  377. 

—  sekretorische  Funktion 
377. 

Nebenhodenanhang  381. 
Nebennieren,  Hyperplasie 

662. 
Nebennierenanhänge  am 

Hoden  382. 
Nebennierengewebe  am 

Eierstocke  527. 
Nebenplacenten  586. 
Nebentuben  528,  529. 
Nerven  der  Beckenhaut  138. 
Nervi  (seil.  Nervus)  ano- 

coccygei  255. 

—  cavernosi  penis  majori» 
258. 

minores  258. 

—  —  clitoridis  majores  258. 
—  minores  258. 

—  coccvgei  (rami  dorsales) 
140. 

—  clunium  inferiores  141, 
425  f. 

—  —  medii  141. 
superiores  141. 

—  cutaneusfemoriscircum- 
flexus  425. 

lateralis  82,  141. 

—  posterior  140,  161, 

218. 
perinei  425. 

—  dorsalis  penis  218,  365. 

(Lage)  204,  355. 

clitoridis  218. 

—  egredien  tes  sy  mpath  .257. 

—  erigens  258,  304,  365, 368. 
--  fessier  inferieur  425. 

—  glutaei  161,  254. 

—  haemorrhoidalesinf.218, 
425  f. 

med.  257. 

sup.  257. 

—  iliohypogastricus  138, 
139,  141. 

—  ilioinguinalis  138,  139, 
141. 

—  ingredientes  sympath. 
257. 

—  intercostalis  XIl  140. 

—  ischiadicus  161,  254. 

—  labiales  posteriores  425. 

—  lumbales  (rami  dorsales) 
140. 

—  lumboinguinalesl41,391. 
Lage  246. 

—  obturatorius  178,  179. 

—  perinei  139,  200,  218. 

—  perineus  longus  200, 218, 
425  ff. 

—  petit  sciatique  161. 

—  perforans  ligamenti  sa- 
crotuberosi  218. 

—  profundus  penis  358. 


Nervus  (seil.  Nervi)  puden- 
dus  138,  139,  140,  218. 
Lage  162,  165. 

—  pudendus  longus  inf. 
425  Anm. 

—  rotatorum  femoris  254. 

—  sacrales.    Rami  dorsales 
140. 

~  scrotales  inf.  425. 

—  scrotales  posteriores 
199. 

—  sacrales  (rami  dorsales) 
140. 

—  splanchnicus  pelvinus 
304. 

—  spermaticus  ext.  138,139, 
391. 

Lage  246.  491. 

—  vesicales  305. 
Nephrostoma  641. 
Nephrotomen  641. 
Neurosen  133. 

Niere,  bleibende  643  e. 
Nierenkanal  643,  653. 
Normalconjugata  50. 
Nymphen  557  Anm. 

—  vermehrte  Zahl  667. 

—  sekundäre  558. 

0. 

Oedema  scroti  393. 
Onkopelis  120. 
Oophorocele  523. 
Operationen,   gleiche  bei 
beiden  Geschlechtern  669. 

—  beim  Manne  70. 

—  beim  Weibe  672. 
Operationsanatomie  668. 
Orificium  extern  um  uteri. 

Gestalt  536. 

—  internum  uteri  467,  470. 

—  praeputii  356. 

-—  urethracexternum552f., 

560. 
internum  452  f.,  459  f. 

—  vaginae  534,  552. 
Os  acetabuli  17,  92. 

—  coccygis  27. 

—  cotyloideum  17. 

—  coxae  16. 

—  ilium  17,  60. 

—  ischii  17. 

—  pubis  17. 

—  quartum  17. 

—  sacrum  21. 

Pars  pelvina  94. 

Pars  perinealis  94. 

Ossifikationspunkted.  Hüft- 
beines 91. 

—  d.  Kreuzbeines  92. 

—  d.  Steissbeines  92. 
Ostium  abdominale  tubae 

502. 

—  uteri  num  tubae  502. 
Ovarium  506. 


Ovula  508. 

—  Nabothi  499. 

Ovulation  509,  510. 


Panizza'scher  Plexus  364. 
Papilla  urethralis  560. 
Paradidvmis  381,388,  656e. 

—  Lage  388. 
Parametritis  498. 
Parametrium  467,  472. 
Parangium  hypogastricum 

631. 

—  iliacum  ext.  632. 

—  spermaticum  632. 
Paraphimosis  369. 
Parasalpinges  528. 
Parasit  128,  662. 
Paroophoron  381,  528,  529, 

655  e. 
Parovarium  528. 
Pars  interampuliaris  vesi- 

cae  299. 

—  intermedia  port.  vagin. 
465. 

—  praeureterica  vesicae 
294. 

—  retroureterica  v.  294. 

—  subcutanea  pelvis  620. 

—  suprapubica  oss.  pubis 
61. 

Pecteu  ossis  pubis  60,  61. 
Pedicule  hypogastrique  632. 
Peliocoeloma  233. 
Pelvis  (seil.  Pelves)  aequa- 
biliter  angusta  109. 

—  alta  108. 

—  ampla  109. 
~-  angusta  109. 

—  callo  de  form  ata  120. 

—  coxalgica  118. 

—  cum  ankylosi  transverse 
coarctata  115. 

—  cum  ankylosi  oblique 
coarctata  116. 

—  cyphotica  113. 

—  dislocatione  deformata 
119. 

~  fixa  119. 

—  inaequabiliter  angusta 
110. 

—  infundibuliformis  114. 

—  infantilis  109. 

—  luxatione  bilaterali  de- 
formata 113. 

—  nana  109. 

—  obtectae  113. 

—  osteomalactica  114. 

—  plana  rachitica  110. 
Simplex  110,  394. 

—  rachiticoscoliotica  118. 
--  pseudosteomalacticall5. 

—  spondylolisthetica  111. 

—  viraginalis  109. 
Penis  638. 


686 


Register. 


Penis,  Arterien  363. 

—  Blutungen  369. 

—  Corpus  355. 

—  Dammtheil  355. 

—  entzündliche  Verände- 
rungen 370. 

—  Erektion  357. 

—  Forinbestandtheile  u. 
Gestalt  355. 

—  Gefässe  363. 

—  Haut  356,  361. 

—  Hüllen  360. 

—  Knickungswinkol  232. 

—  Lage  231,  366. 

—  Luxatio  369. 

—  Lymphge fasse  364. 

—  Maassta belle  367. 

—  Missbildungen  665. 

—  Muskelhaut  361. 

—  Nerven  365. 

—  Nervenendigungen  305. 

—  Neubildungen  370. 

—  Pars  fixa  355. 

—  —  libera  355. 

—  —  mobilis  355. 

—  —  occulta  355. 
pendula  355. 

—  —  perinealis  355, 

—  physiologische  u.  patho- 
logische Verhältnisse  367. 

—  Radix  355. 

—  Sulcus  dorsalis  355. 

—  Schaft  355. 

—  Schindung  369. 

—  totaler  Defekt  665. 

—  sympathische  Nerven 
365. 

—  Unterhautgewebe  361. 

—  Verletzungen  369. 

—  Wurzel  355. 
Penisabschnitte  232. 
Perimetritis  498. 
Perimetrium  467. 
Perineum  189,  422  f. 
Periode,  pro-,  kata-,  mcta- 

meniale  575. 
Periproktitis  281. 
Peritonäum,    Verwachsung 

mit  Symphyse  300. 
Pfannenknochen  17. 
Pflüger'sche  Schläuche 

654  e. 
Phimosis  369. 
Phlebektasien  der  Regio 

ing.  181. 
Phlegmasia  alba  dolens  498. 
Pigmentfieck  146. 
Placenta  580,  584. 

—  anatomische  Vorbemer- 
kungen 584. 

—  Entwicklung  579. 

—  Flächen  586. 

—  Form  584. 

—  annularis  585. 

—  arcuata  585. 

—  bipartita  585. 


Placenta  duplex  585. 

—  fenestrata  585. 

—  marginata  585. 

—  membranacea  585. 

—  multilolubaris  585. 

—  ovalis  585. 

~  panduraeformis  584. 

—  reniformis  585. 

—  tripartita  585. 
~  foetalis  580. 

—  Grösse  586. 

—  lakunare  Schicht  610. 

—  praevia  614. 

—  Sitz  586. 

—  Topographie  584. 

—  uterina  580. 
Placentae  succenturiatae 

586. 
Placentalösungen  612. 
Placentarpolypen,  destrui- 

rende  616. 
Placentarzotten  582. 
Planum  infraspinosum  79. 

—  paratrigonale  295. 

—  supraspinosum  79. 
Plasmodium  584. 

Plexus  arteriae  aorticae  513. 
ovaricae  258. 

—  cavernosus  258. 
clitoridis  258. 

—  coccygeus  255. 

~  deferentiali8  257,352,380. 

—  gangliosus  vesicalis  304. 

—  haemorrhoidalissup.257. 
med.  257. 

—  iliacus  ext.  251. 

—  intermedius  566. 

—  lumbalis  143,  252. 

—  lymphaticus  hypogastri- 
cus  261. 

—  nervosi  sympathici  257. 

—  pampiniformis  217,  223, 
250,  378,  512  f.,  572  f. 

—  prostaticus  257. 

—  pudendalis  216,  454,  571. 

—  pudendolabialis  572. 

—  pudendus  252,  255. 

—  sacralis  143,  217,252,  272, 
572. 

anterior  155,  217,  236, 

572  f. 
medius  251. 

—  seminalis  257. 
(Testut)  165  Anm. 

—  spermaticus  258. 

—  symp.  interiliacus  257. 

—  —  spermaticus  380. 

—  uterovaginalis  258,  476, 
572. 

—  vesicalis  258. 

—  venosi  pelvis  571. 

—  venosushaemorrhoidalis 
140,  217,  272,  572  f. 

ext.  273. 

int.  273. 

—  vesicoprostaticus  216. 


Plexus  vesicovaginalis  454, 
476,  572. 

—  venosi,  Bedeutung  572. 
PH  de  Venus  1,  5. 
Plicae  644  e. 

~  Douglas!  531.        , 

—  genitales  646. 

—  rectovesicales  271. 

—  rectouterinae  442. 

—  umbiiicales  299. 

—  uretericae  292. 

—  uterolumbales  531. 
Piica  amnii  posterior  581. 

—  genitoenterica  530. 

—  inguinomesonephrica 
644,  645. 

~  ovarii  superior  et  infe- 
rior 645  e. 
superior  661. 

—  palmata  470. 

—  phrenicomesonephrica 
644.  661  e. 

—  rectouterina  446. 

—  semilunaris  fasciae 
transversae  493  f. 

—  testis  superior  et  inferior 
645  e. 

—  transversalis  recti  265. 

—  vesicalis  transversa  301, 
436,  455. 

Point  ouracal  291. 

Pole  vesical  291. 

Portio  vaginalis  465,534, 536. 

—  Allgemeines.    Form  u. 
Theile  534. 

—  Bau  537. 

—  Lippen  536. 
Portiopolster  536. 
Positionswechsel  600. 
Präganglionäre  Nerven- 
fasern 409. 

Praeputiairing  356. 
Praeputium    clitoridis    552, 
650  c. 

—  penis  356,  650  e. 
Primärfollikel  507. 
Primitivrinne  637. 
Processus  falciformis  lig. 

sacrotuberosi  30. 

—  vaginalis  peritonaei  386, 
493  f.,  658  e. 

Proktocele  635. 
Proktodaeum  652. 
Prolapsus  recti  283. 

—  testis  396. 
Promontorium  25. 

—  doppeltes,  wahres  94. 

—  Lage  77. 

—  Stand  90. 

—  Pronephros  641. 
Prostata  335. 

—  Altersunterschiede  342. 

—  Altersveränderungen 
414. 

—  Beziehung  zum  Rectum 
340. 


iJesrister. 


687 


t^rostata,  Centralkern  337. 

—  dritter  Lappen  315. 

—  Drüsen  337. 

—  Gefässe  338. 

—  Kapsel  341. 

—  Lage  339,  411. 

—  Lappen,  rechter,  linker 
336. 

—  lobus  tertius  336. 

—  Maasstabelle  342. 

—  Missbildungen  665. 

—  Muskeln  337. 

—  Nerven  339. 

—  physiologische  u.  patho- 
logische Verhältnisse  342, 

—  Zugänge  341. 
Prostatakörper  342. 
Pseudohermaphroditismus 

667. 

—  femin inus  667. 

—  masculinus  667. 
Punctio  vesicae  670. 
Punctum  coxale  17,  351. 

—  ischiadicum  17. 
Pudendum  muliebre  551. 
Puerperium,  Anatomie  611. 
Pygopagen  663. 
Pyocele  393. 

R. 

Kami  perineales  425  Anm. 

—  perineali  425  Anm. 

—  perinei  425  Anm. 

—  vesicales  art.  uter.  475. 
Ramo  genito-crurale  425 

Anm. 
Ramus  cervicovaginalis  art. 
uter.  474. 

—  genitalis  n.  cut.  fem. 
postic.  425  Anm. 

—  ovaricus  art.  uter.  512. 

—  ovarii  art.  uter.  474. 

—  perinei  n.  cut.  fem.  post. 
217. 

—  scrotalis  n.  cut.  fem.  post. 
425  Anm. 

—  tubarius  a.  ovaricae  504. 
uterinae  474. 

—  ureteris  a.  uterinae  475. 
Rankengeflecht  378. 
Rankenplexus  250. 
Randvene  584. 

Raphe  ano-bulbosa  202. 

—  penis  190. 

—  perinei  15,  136, 189,  558, 
651. 

—  Gabelung  560. 

—  scroti  136,  190,  390. 
Recessus  pubicus  foss. 

ischiorectalis  194. 
Recessus  pararectales  271, 

418,  445,  448. 
Rectum,   Entwicklung  641, 

646. 
Rectum  d.  Mannes  261. 


Rectum  des  Mannes,  Ab- 
scesse  281. 

—  Altersunterschiede  279. 

—  Anomalien  der  Kothent- 
leerung  281. 

—  Aufnahme  von  Nahrung 
und  Medikamenten  durch 
dasselbe  286. 

—  Arterien  271. 

—  Befestigungen  271. 

—  Entzündungsformen  281. 

—  Fisteln  282. 

—  Fremdkörper  281. 

—  Lage  276  ff. 

—  Lymphgefässe  274. 

—  Maasstabelle  279. 

—  Nerven  275. 

—  Neubildungen  285. 

—  Pathologische  Zustände 
281. 

—  physiologische  Bemer- 
kungen 280. 

—  Strikturen  285. 

—  Theile  262. 

—  pars  perinealis  262. 
pelvina  262,  348. 

—  flexura  sacralis  262. 
perinealis  262. 

—  Untersuchung  285. 

—  Venen  272. 

—  Verletsiungen  281. 

—  Zona  columnaris  267. 

cutanea  267. 

intermedia  267. 

Rectum  des  Weibes  445. 

—  Beziehungen  zum  Bauch- 
felle 445  f. 

—  Pathologische  Zustände 
450. 

—  Syntopie  448. 
Rectuslinie  7. 

Regio  analis  des  Mannes  193, 
207. 

—  Hautmuskeln  208. 

—  Schichtenfolge  196. 
Regio  analis  des  Weibes  429. 

—  Haut,  Hautmuskeln  429. 

—  Oberflächliche  Nerven 
u.  Gcfässe  430. 

Regio  coxae  157,  421  f. 
s.  Hüftgegend. 

—  glutaea  157,  421  f. 
s.  Gesässgegend. 

—  inguinalis  170,  421  f. 

—  s.  Leistengegend. 

—  perinealis  188,  422  f. 

—  —  s.  Dammgegend. 

—  pubica  220,  431  f. 
s.  Schossgegend. 

—  pudendalis  220,  436  f. 

—  —  s.  a.  Schamgegend. 

—  sacralis  148,  410  f. 
s.a.Kreuzbeingegend« 

—  170,  421  f. 

~  subinguinalis  454. 

—  s.  a.  ünterleistengegend. 


Regio  trochanterica  157, 

421  f. 

s.  a.  Rollhügelgegend. 

Regio  urogenitfilis  des 

Mannes  193,  198. 

—  Gefässe  199. 

—  Haut  198. 

—  Lymphgefässe  200. 

—  Schichtenfolge  195. 

—  subfasciale  Nerven  und 
Gefässe  199. 

Regio  urogenitalis  des 
Weibes  422. 

—  Haut  424. 

—  subfasciale  Muskeln  425. 
Nerven  u.  Gefässe  425. 

—  Tela  subcutanea  424. 

—  tiefes  (subseröses)  Lager 
429. 

—  Tunica  dartos  424. 
Regiones  dorsales  pelvis  3. 

—  inferiores   pelvis  mulie- 
bris  4. 

virilis  4. 

—  ventrales  pelvis  3. 
Reitknochen  182. 
Ren  Primarius  641. 
Resectio  penis  671. 
Rete  testis  (Halleri)  376. 
Retentio  infantis,  foetus, 

ovuli  614. 

—  placentae  614,  617. 

—  testis  395. 
Retentionscysten  525. 
Retinacula  cutis  136. 
Rhabdomyome  501. 
Rhabdosphincter  urethrae 

406,  459  f. 

Ringvene  d.  Uterus  477. 

Robert'sches  Becken  115. 

Rollhügelgegend  d.  Mannes 
157. 

~  Allgemeines,  Zugehörig- 
keit 157, 

~  äusseres  Bild,  Abgren- 
zung 157. 

—  pathologische  Verhält- 
nisse 167. 

—  Schichten  und  topogra- 
phische Uebersicht  162. 

Rollhügelgegend  d.  Weibes 
421. 

Romberg's  Sympton  187. 

Rosenmüller'sche  Lymph- 
drüse 82. 

Rudimentum  Processus 
vaginalis  385,  658  e. 

Rugae  vaginales  534. 

Rumpflast  56,  97. 


S. 

Sacculi  recti  265. 
Saccus  praeputialis  clitori- 
dis  565. 


feegister. 


Saccus    tunicae    vaginalis 

propriae  386.  387. 
Sakraldreieck  121. 
Sakraliudex  27. 
Sakralkrümniung  101. 
Sakralparasit  663. 
Sakralteratome  128. 
Sakraltrichosis  123. 
Sakraltumoren  128. 
Sakralwinkel  90. 
Saktosalpinges  525. 
Salpingocele  523. 
Samenblasen  343. 

—  Altersverschiedenheiten 
346. 

—  Entwicklung  655. 

—  Gefüsse  345. 

—  Kapsel  315. 

—  Missbiidung  665. 
-~  Lage  346. 

—  Nerven  345. 

—  physiologische  u.  patho- 
logische Verhältnisse  350. 

Samenfäden  376,  655  e. 
Samenleiter  351. 

—  Gefässe  352. 

—  Nerven  352. 
Saraenproduktion,  Einfluss 

V.  Erkrankungen  auf  397. 
Samensteine  351. 
Samenstrang  382. 

—  Gefässe  u.  Nerven  384. 

—  Hüllen  384. 

—  Inhalt  384. 

—  Lage  391. 

—  Operationen  672. 
Samenstrangcysten  386. 
Sarcoma  deciduale  615. 
Schädellagen  602. 
Schambein  61. 
Schambeinbalken  20. 
Schambeinnische  194. 
Schamberg  5,  555,  556. 
Schamfurche  5. 
Schamgegend  d. Mannes  220. 

—  Ueb  ersieht  d.  Lage  Ver- 
hältnisse 231. 

—  des  Weibes  431. 

—  Fascia  superficialis  432. 

—  Hautschicht  432. 

—  subfasciale    Bildungen 
432. 

Schamhaar  143. 
Schamlippen  grosse  555. 

—  Behaarung  555. 

—  Entwicklung  650. 

—  Gefässe  556. 

—  Lagebeziehungen  556. 

—  Lymphgefässe  556. 

—  Nerven  556. 

—  Verschiedenheiten   indi- 
vid.,  Rassen-  556. 

Schamlippen,  kleine  557. 

—  Bau  557. 

—  Blutgefässe  557. 

—  Entwicklung  650. 


Schamlippen,  kleine, 
Lymphgefässe  558. 

—  Nebenfalten  558. 

—  Nerven  557. 

—  Verschiedenheiten  indi- 
vid.,  Rassen-  558. 

Schanilippenbändchen   558. 
Schamlippenkommissuren 

558. 
Scheide  534. 

—  Altersveränderungen 
541. 

—  Bau  535. 

—  Entwicklung  654. 

—  Gefässe  537. 

—  Lage  u.  Richtung  539. 

—  Lymphgefässe  538. 

—  Maasstabelle  542. 

—  Missbildungen  ^ijß. 

—  Nerven  538. 

—  pathologische  Zustände 
542. 

—  physiologische  Bemer- 
kungen 542. 

—  Schleimhauti.d.  Schwan- 
gerschaft 606. 

—  Sy Utopie  539. 
Scheidengewölbe  465,  534, 

536. 
Scheidenhaut,  gemeinsame 

384. 
Scheidenhautzotten  389. 
Scheidenportion  d.  Uterus 

534, 
Scheidenvorhof  534,  552. 
Scheinzwitterbildung  667. 
Schenkelbeugungsfurche  5. 
Schenkelgesässfurche  9. 
Schnabelbecken  115. 
Schossgegend  d.Mannes220. 

—  Schichtenfolge  220. 

—  des  Weibes  431. 

—  Hautschicht  432. 

—  subfasci«ale  Bildungen 
432. 

Schultze'sche  Stellung  der 
Placenta  610. 

Schwangerschaft,  anatomi- 
sche Veränderungen  der 
übrigen  Organe  d.Weibt^s 
während  derselben  606. 

—  Dauer  607. 

—  ektopische  612. 

—  intraligamentäre  612. 

—  pathologische  Zustände 
612. 

—  Pigmentirung  der  Haut 
bei  Schwangeren  607. 

—  tuboabdominale  612. 
Schwellgewebe  d.  Penis  358. 
Schwellkörper  427  f. 
Schwanzbildungen  123. 
Schwänze,    angewacfisene 

127. 

—  freie  127. 
Schwanzfaden  124. 


Schwerpunkt  56. 
Scrotum  382,  386,  389. 

—  Lage  391. 
Sectio  alta  313,  670. 

—  —  subpubica  341. 

—  perinealis  313,  671. 
Secundinae  610. 
Selb.stentwicklungd.  Kindes 

604. 
Selbstwendung  des  Kindes 

604. 
Septula  testis  374. 
Septum  bulbi  urethrae  359. 

—  corp.  cavernosum  565  f. 

—  glandis  360. 

—  pectiniforme  penis  358. 

—  penis  355. 

—  scroti  390,  391. 

—  —  Entwicklung  650. 

—  rectovaginale  422. 

—  transversales  d.Perineal- 
muskeln  189. 

—  transversum      musculo- 
rum  perinei  219. 

~  urethrovaginale  428,454, 
458. 

Entwicklung  653. 

Seröse  Hülle  581. 
Sexualstränge  655  e. 
Sinus  epididymidis  371. 

—  fossae  navicularis  404. 

—  rectales  265. 

—  urogenitalis  637,  651. 

—  —  ektodermaler  652. 
Sitzbalken  57. 
Sitzbeinbalken  20. 
Sitzpolster  136. 
Sitzpunkt  17,  167. 
Skeletotopie  67  (Anm.). 
Skene'sche  Gänge  561. 
Skrotalanlage  657. 
skrotaler  Spaltraum  (Disse) 

390. 
Skrotalhöhle  386. 
Smegma  clitoridis  135,  361, 

566  f. 
Sömmerring'scher  Nerv  218. 
Spaltbecken  119. 
Spatia  conjunctivalia  pelvis 

618. 
Spatium  intercrurale   lum- 

bosacrale  63. 

—  perivesicale  228. 

—  praerectale  269. 

—  praevesicale  226,  228. 

—  retroinguinale  177,  632. 

—  retrorectale  269. 

—  subperitonaeale  vesicae 
229. 

—  suprapubicum  praefas- 
ciale  226,  227. 

—  -retrofasciale  227. 
Specialfascien  der  Becken- 

u.  Dammmuskeln  628. 
Spermatocele  394. 
Spermatogonien  655  e. 


ReßMster. 


689 


Spermien  Produktion  392. 
Spermiocysten  894. 
Sphinctor  ani  internus  267. 

—  rccti  431. 

—  urethrae  205. 

membranaceae.  407. 

—  —  proKtatieae  407. 

—  —  striatus  406. 

—  va^inae  428. 

—  vaf»"inourethralis  428. 

—  vcsicae  int.  405. 
Spina   (seil.   Spinae)   bifida 

occulta  123. 

—  —  saeralis  664. 

—  iliaca  anterior  inferior  60. 
superior  60,66,78. 

—  ischiadica  62. 
Lao-e  78. 

—  ischiadicae  61. 
Spondylolysis  113. 
Stachelbecken  119. 
Statik  des  Bänderbecken  55. 
Steatopvgie  12. 
Steinkinder  613,  614. 
Steissbein  27. 

—  Lage  78. 
Steissbeinbrüche  131. 
Steissdrüse  154,  250. 
Steissh  Ocker  126. 
Steissla^en  603. 
Steisswirbel,  Zahl  27. 
Stig-ma  folliculi  510. 
Stirnlagen  603. 

Stratum  iliomusculare  sub- 
peritonaeale  632. 

—  suprapubicum    praefas- 
ciale  632. 

retrofasciale  632. 

—  vasculare  uteri  467. 
Striae  gravidarum  607. 
Strikturen  d.  Harnröhre 414. 
Stroma  ovarii  508. 

Sulci  laterales  colliculi  401. 
-—  nervosi  ossis  sacri  60. 
Sulcus  bulbi  urethrae  359. 

—  coxae  10. 

—  flexorius  femoris  5. 

—  genitofemoralis  5. 

—  glutaeoperinealis  11. 

—  glutaeus  2,  9, 

—  inguinalis  5. 

—  interlabialis  554» 

—  nervosus  n.  lumb.  V  62. 

—  nymphohymenalis  563. 

—  obturatorius  36, 

—  pubis  5. 

—  retroglandularis356,357. 

—  saeralis  dorsalis  65. 

—  tuberogienoidalis  G(}. 

—  urethralis  penis  354. 
Symphysis  oss.  pubis  33, 229. 
~  Gelenkhöhle  34. 

—  Lockerung  i.  d.  Schwan- 
gerschaft 607. 

Symphysenblindsack  456. 
Symphysenmaasse  33. 

Wfildcyer,  Das  Bcckoit. 


Symphyseneingang:  96, 
Svmphvsenspalt,  Auftreten 

'  95. 
Symphyseotomie  674. 
Syncytioma  615. 
Syncytium  584. 
Svnostosis  ischiopubica  62, 

■^66,  91. 
Syntopie  67  (Anni.). 

T. 

Taeniae  coli  265. 
Taille  hypogastrique  313. 
Tela  conjunctiva  pelvis  618. 
Tela  subcutanea  penis  361. 
Tendo    intercruralis   566  f., 

691. 
Terminalebene  90. 
Testis  pediculatus  396. 
Theca  folliculi  509. 
Torus  (seil.  Tori)  interure- 

tericus  295. 

—  clitoridis  552. 

—  genitales  646. 

—  uterinus  496. 
Tractus  iliotibialis  83. 
Trigonum  inguinale  7. 
~  Lieutaudi  295. 

—  rectourethrale  334. 

—  urogenitale  82,  192,  193, 
203,  427  f. 

—  vesicae  295,  452  f.,  653  e. 
Triplicitas(Missbildung)662. 
Trochantergrube  9,  10. 
Trochantervorsprung  9. 
Truncus  epigastricoobtura- 

torius  179. 

—  lumbosacralis  252. 

—  Iymphaticuslumbalis251. 

—  sympathicus  pelvinus 
256. 

Tubauterina  (Falloppii)502. 
Tube  s.  a.  Muttertrompete. 
Tube,  Adhäsionen  524. 
--  Beweglichkeit  519. 

—  Blutungen  524. 

—  Entwicklung"  654. 

—  entzündliche  Verände- 
rungen 524. 

—  Ergüsse  524. 

~  Missbildung-en  606,  607. 

—  Neubildungen  526. 

—  Retentionscysten  525. 

—  Sondirung-  672. 

—  Traumen  525. 
Tuben  an  hänge  528. 
Tubenlabyrinth  503. 
Tubenöffnungen,   überzäh- 
lige 504. 

Tubenriss  613. 
Tubensäcke  525. 
Tubenschenkel  517. 
Tubenschlängelungen  504. 
Tubenschwangerschaft  612, 

—  intramurale  613. 


Tubenschleife  517. 

Tubenwinkel  463. 

Tuber  glutaeum  anterius  20. 

posterius  20. 

Tubera  ischiadica  62,  74. 
Lage  78. 

—  glutaea  67. 
Tubercula  obturatoria  39. 
Tubercules  anales  651. 
Tuberculum  genitale  646. 

—  pubicum  61. 
Tuberositas  iliaca  60. 
Tuboovarialcyste  525. 
Tuboo  variaisch  wanger- 

schaft  612. 
Tubuli  seminiferi  375, 655  e, 

656  e. 
Tunica  albuginea  penis  354. 

—  dartos  198,  390. 
labialis  555. 

—  erythroides  testis  374. 

—  vaginalis  communis  384. 

propria  testis  387, 388. 

Tyson 'sehe  Drüsen  135, 361. 

U. 

Uebergangswirbel  25. 
Unterbindung  d.  a.  hypo- 
gastrica  669. 

—  a.  obturatoria  669. 

—  a.  circumflexa  ilium  pro- 
funda 669. 

Unterleisten gegend  des 
Mannes  170. 

—  Abgrenzung,  äusseres 
Bild  170. 

—  Schichtenfolge  173. 

—  Topographische   Ueber- 
sicht  171. 

—  Zugehörigkeit.    Allge- 
meines 170. 

Unterleistengegend  des 

Weibes  421. 
Urachus  327. 
Ureter  des  Mannes  165,  328. 

—  Beziehung  zuVasa  iliaca 
245. 

—  Gefässe  330. 

—  Lage  330,  348. 

—  Maasstabelle  334. 
--  Nerven  330. 

—  Physiologische  u.  patho- 
logische Verhältnis.se  334. 

Ureter  des  Weibes  543  f. 

—  Beziehungen   z.  A.  ute- 
rina 544. 

—  —  zur  Blase  546. 
zur  Cervix  uteri  545. 

—  ~  zum  Eierstocke  545, 
zu  den  Ligg.   latum 

et  teres  .545. 

zum  Rectum  547, 

zur  Scheide  546. 

—  —  zu  dem  venösen 
Backenplexus  545. 

44 


690 


Register. 


Ureter  des  Weibes,  Kreu- 
zung mit  der  A.  uterina 
474,  475. 

--  Punctum  fixum  547. 

Ureter,  Aufsuchung  des 669. 

—  Entwicklung  653. 
Ureterenmündungen  311. 
Ureterlage  z.  Uterus  485. 
Ureterstichverletzung  170. 
Urethra  d.  Mannes  397. 

—  anterior  414, 

—  anterior  et  posterior  400. 

—  fixa  399. 

—  mobilis  399. 

—  pars  cavernova  403. 

intranuiralis  400. 

libera  458. 

membranacea  s.  trigo- 

nalis. 
praediaphragmatica 

403  Anm. 

praetrigonalis  402. 

Lagebeziehungen  412. 

—  ^  prostatica  400. 

superior  (libera)  458. 

trigonah's  402. 

Lagebeziehung  411. 

—  posterior  414. 

—  virilis  397. 

Urethra  des  Weibes  457  f. 
Urethralgänge  561. 
Urethralmündung  560  f. 
Urethrotomia  externa  671. 
Ureter  508. 

Urgeschlechtzellen  508,644e. 
Urniere  640,  641. 
Urnierengang  641. 
Ursamenzellen  655  e. 
Uterus  461. 

—  Entwicklung  654. 

—  Funktion  461. 

—  Missbildung  666. 
-—  arcuatus  666. 

—  bicornis  unicollis  666. 

—  bitoris  supra  simplex  666. 

—  bilocularis  ßßß. 

—  didelphys  666. 

—  duplex  bicornis  c.vagina 
septa  666. 

—  duplex  separatus  c. 
vagina  separat.  666. 

—  foetalis  666. 

—  foetalis  bicornis  666. 

—  foetalis  imperforatus  666. 

—  incudiformis  666. 

—  infantilis  666. 

—  septus  duplex  666. 

—  subseptus  unicollis  666. 

unicorporeus  666. 

uniforis  666. 

—  masculinus  338. 

—  Sondirung  672. 
Uteruskrebs,  Verbreitung 

500. 
Uterusmyome  501. 
Uterinsegment  unteres  608. 


Uterovaginalkanal  655  e. 
Uteruswinkel  451. 
Uteruswulst  496. 
Utriculus  prostaticus  337, 

656  e. 
Uvula  vesicae  295,  452  f. 

V. 

Vagina  534. 

—  septa  666. 
Vaginismus  570. 
Valvtila  fossae  navicularis 

404. 
Valvulae  Hobokeni  589. 
Varicocele  394. 
Vasa  circumflexa  femoris 

med.  (Lage)  162. 

—  dorsalia  penis  (Lage)  204. 

—  epig.  inferior,   rami  pu- 
bici  230. 

superficialia  222. 

—  haemorrhoidalia  media 
249. 

—  hypogastrica  247. 

—  iliaca  244. 

Theilungsstelle  246. 

Varietäten  247. 

—  lymphatica  circumflexa 
ilium  prof.  251. 

obturatoria  251. 

recti  274. 

spermatica  int.  251. 

—  pudenda,  Lage  165,  162. 

—  retropubica  436. 

—  sacralia  lateralia  249. 
media  249. 

—  spermatica  interna  250. 

—  vesicalia  infer.  249. 

—  vitellina  582. 

Vena  bulbi  urethrae  363. 

—  circumflexa  ilium  super- 
ficialis 141. 

—  circumflexae  penis  363. 
~  cutaneae  femoris  post. 

et  lat.  141. 

—  dorsalis  penis  139. 

subcutanea  355, 364. 

subfascialis355,364. 

—  epigastrica  inf.  378. 

—  glutaeae  141. 

—  haemorrhoidales  273. 
inf.  140,  141. 

—  obturatoria  179,  180. 
Anastomosen  139. 

—  ovaricae  512. 

—  penis  363. 

—  profundae  penis  216. 

—  pudenda  interna  139, 
214,  216. 

—  pudendae  internae  363. 

—  saphena  magna  139. 

—  spermaticaeexternae391, 
.  495. 

interna  378. 

—  spinalis  anterior  140. 


Vena  subcutaneae  clitoridis 
566. 

—  —  penis  363. 

—  subfascialis  clitoridis  566. 

—  testicularis  377,  378. 

—  umbilicalis  582. 

—  urethrales  363. 

—  uterinae  476. 
Vertex  coccygeus  146. 
Vesica  duplex  664,  665. 

—  urinaria  287,  451  f. 
Vesicula  germinativa  509. 

—  umbilicalis  582. 
Vesiculae  seminales  343. 
Vestibulum  vaginae  534. 

—  Entwicklung  652. 

—  Schleimdrüsen  561. 
Villi  placentales  581. 
Viragines  521. 
Vitellus  509. 
Vorhaut  356. 

—  Bau  362. 
Vorhautbändchen  357. 
Vorhautsteine  369. 
Vorniere  640,  641. 
Vornierengang  640,  641, 

655,  656. 
Vornierenkanälchen  641. 
Vorhofszwiebel  567. 

—  Bau  567. 

—  Grösse,  Lage  567. 

—  Gefässe  u.  Nerven  567. 
Vorsteherdrüse  335. 
Vulva  551. 

W. 

Wehen  608. 
Weichenwulst  9. 
White  line  624. 
Wilson'scher  Muskel  408. 
Wirbelschwanz  126. 
WolflP'scher  Gang  640.  641. 
WolfF'sche  Körper  655. 

—  Urnierentheil  641. 

—  Sexualtheil  641,  656. 
Wurmfortsatz  260. 

X. 

Xiphodymus  664. 

Z. 

Zeit,     menstruelle,     prae-, 

post-,  inter-  575. 
Zona  pellucida  509. 

—  vasculosa  ovarii  512. 
Zotten  581. 

—  fötale,    Verhältniss   zur 
mütterlichenPlacenta583. 

Zottenepithel,  Herkunft  584. 
Zwerchfellsband  derUrniere 

644. 
Zwergbecken  109. 
Zwillinge,  eineiige  682. 
Zwillingstubarschwanger- 

schaften  613. 
Zwitterbildung  667. 


Berichtigungen. 


Im  Texte  linden  sich  folgende  störende  Druckfehler: 

1)  S.  42  in  der  Erklärung  der  Figur  23  steht  zweimal  ^Tuberc.  obt,  in  f."; 
einmal  (rechtsseitig)  muss,  statt  „in f.",  „sup."  gelesen  werden. 

2)  S.  65,  Alin.  IT,  Z.  2  v.  o.  ist  hinter  Fossa  sacroiliaca  das  „m*'  zu  streichen. 

3)  S.  139  unter  „Venen"  der  Regio  pudendalis  ist  die  Fig.  78  zu  Unrecht 
citirt;  diese  Figur  zeigt  die  Vena  dorsalis  clitoridis  subfascialis,  nicht  die 
Vena  dorsalis  subcutanea.  Zu  Vena  dorsalis  penis  (clitoridis)  ist  an  der- 
selben Stelle  „subfascialis"  zu  ergänzen. 

4)  S.  168,  Alin.  II,  Z.  10  v.  o.  lies  „ovarica",  statt  „ovarii*;  derselbe  Fehler 
findet  sich  S.  515,  Z.  7  v.  u. 

5)  S.  168,  Z.  3  V.  u.  ist  das  Wort  „erste"  zu  streichen. 

6)  S.  341  lies  statt  „Denonvillers",  „Denonvilliers"  (zweimal). 

7)  S.  441,  in  der  Figurenunterschrift,  lies  „virginis"  statt  „virgines**. 

8)  S.  446  in  Alin.  I  lies  statt  „Ligamenta  rectouterina",  Ligamenta  utcro- 
sacra"  (zweimal). 

9)  S.  501,  Alin.  III,  Z.  7  v.  o.  lies   „Veranlassung"   statt  „Vermeidung". 
Unbedeutendere  Sachen,  wie  S.  17  „Punk"   statt  „Punkt",   S.  387  „Bindewebc" 

statt   „Bindegewebe"    und    einige    Interpunktionsfehler    wird    man    ohne 
Weiteres  verbessern. 
Unrichtige  Citate  in  Seitenzahlen  und  Figuren  finden  sich  folgende: 

1)  S.  128,  Anm.  3  hinter  „Ecker"  statt  [S.  407]  lies  [S.  128]. 

2)  S.  154,  Alin.  IV,  lies  Fig.  84  statt  Fig.  84A. 

3)  S.  156,  Z.  4  V.  o.  lies  Figg.  84  und  84a  statt  Figg.  84A  u.  B. 

4)  S.  255,  Z.  1  V.  0.  lies  S.  140  statt  S.  138  und  S.  161  statt  S.  160. 

5)  S.  263,  Alin.  II  (am  Ende),  lies  S.  280  statt  S.  279. 

6)  S.  269,  Alin.  III,  Z.  4  v.  o.  lies  Fig.  118  statt  Fig.  114. 

7)  S.  269,  Alin.  II,  Z.  7  v.  o.  lies  (hinter  Qu6nu)  S.  286  statt  S.  285;  letzteres 
ebenso  S.  270,  Alin.  II  v.  unten. 

8)  S.  348,-  Anm.,  statt  [S.  628]  lies  [S.  844]. 

9)  S.  359,  Anm.  4,  statt  [S.  401]  lies  [S.  408]. 

10)  S.  394,  Anm.  2,  hinter  „Poirier",  statt  [S.  880]  lies  (S.  881]. 

11)  S.  497,  Anm.,  Z.  1,  statt  S.  779  lies  S.  496. 

12)  S.  518,  Z.  6  V,  0.  lies  Fig.  85  statt  Fig.  84. 

13)  S.  521,  Anm.  bei  „Farre",  lies  [S.  Ö06]  statt  [S.  507]. 

14)  S.  526,  Z.  8  V.  u.  lies  S.  499  statt  S.  500. 

15)  S.  526,  Z.  12  V.  u,  lies  S.  501  statt  S.  502. 

Im  Uebrigen  gibt  das  Litteraturverzeichniss  überall  die  richtigen  Hinweise. 


UniversitätH-Buchdruckcrei  von  Carl  Gcor^i  in  Bonn. 


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008 900730S1899    gw  |  |  |  |  I  I  I  I  I  I  I  I  I  I  I  I  lger|d 

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035  I  a  (SAZTEC)156004760 

035  I  a  (OCoLC)ocml4774728 

040  IcSAZTEC 

1001  laWaldeyer-Hartz,  Wilhelm  von,  |d  1836-1921. 

24514  I  a  Das  becken.  |  b  Topographisch-anatomisch  mit  besonderer  berücksichtigung  der 

Chirurgie  und  gynäkologie,  |  c  dargestellt  von  W.  Waldeyer  ... 

260  I  a  Bonn,  |  b  F.  Cohen,  |  c  1899. 

300  I  a  xxvii,  690,  [1]  p.  |  b  illus.  (part  col.)  pl.  |  c  26  l/2cm. 

500  I  a  "Sonderausgabe  aus  Jössel- Waldeyer,  Lehrbuch  der  topographisch-chirurgischen 

anatomie." 

504  |a  "Litteraturverzeichniss":  p.  [xix]-xxvii. 

998  IcUTL  |s9662 


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